Klimaveranderung – Treibhauseffekt oder … · Aerosole H 2 O und CO ... Der Wasserkreislauf kann...

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Astronomie + Raumfahrt im Unterricht, 39, 5, 31–35, 2002 (Manuskript) Klimaver¨ anderung – Treibhauseffekt oder Sonnenaktivit¨ at? D. Schmitt and M. Sch ¨ ussler Max-Planck-Institut f¨ ur Aeronomie, Max-Planck-Str. 2, 37191 Katlenburg-Lindau Auf der Erde ist es in den letzten 100 Jahren im Mittel ein halbes Grad w¨ armer geworden. Wie sich aus der Fieberkur- ve f ¨ ur die Erde ergibt, vollzog sich diese Erw¨ armung in zwei Etappen. In der ersten H¨ alfte des letzten Jahrhunderts stieg die Temperatur um gut 0.3 Grad an, war von 1940 bis 1970 im Mittel in etwa konstant, um seitdem erneut anzusteigen. Solche Temperaturschwankungen sind erdgeschichtlich ei- gentlich nichts ungew¨ ohnliches. Der rapide Anstieg um wei- tere 0.3 Grad in den letzten 30 Jahren scheint jedoch ohne Beispiel in den letzten 1000 Jahren zu sein. Sollte er sich fort- setzen, h¨ atte das weitreichende Konsequenzen f¨ ur die Um- welt und die menschliche Gesellschaft. Um sich rechtzeitig auf zuk¨ unftige Rahmenbedingungen einstellen zu k¨ onnen, are eine Vorhersage w¨ unschenswert. Daf¨ ur muss die Fra- ge nach der Ursache der Erw¨ armung beantwortet werden. Ist der Temperaturanstieg menschengemacht? Durch die vermehrte Verbrennung fossiler Stoffe ist die Konzentration des Kohlendioxids in der Atmosph¨ are seit Beginn der Indus- trialisierung Mitte des 18. Jahrhunderts um 30% angestiegen, das meiste davon in den letzten Jahrzehnten. Kohlendioxid ist ein Spurengas in der Atmosph¨ are mit einem Volumenan- teil von nur 0.3 Promille. Es tr¨ agt aber zum sog. Treibhaus- effekt bei. Bei einem weiteren Anstieg seiner Konzentration wird ein dramatischer Temperaturanstieg prognostiziert. Um dem entgegen zu wirken, m¨ ussten wir Menschen uns dra- stisch einschr¨ anken. Aber vielleicht liegt es nicht nur an uns Menschen. Wie sonst ließen sich die Temperaturschwankungen in der Ver- gangenheit, sicher ohne menschliches Zutun entstanden, er- kl¨ aren. Aufgrund ihrer st¨ arkeren magnetischen Aktivit¨ at ist die Sonne in den letzten 100 Jahren heller geworden. Der Helligkeitsanstieg ist nicht groß, nur etwa 0.2%, aber er ist, zumindest bis etwa 1970, gut korreliert mit dem Tempera- turanstieg auf der Erde. Tr¨ agt die variable Sonne zur Klima- ver¨ anderung bei? In diesem Beitrag konzentrieren wir uns auf den zwei- ten Aspekt, den m¨ oglichen Einfluss der Sonne. Wir stel- len unseren Beitrag bewusst in das Spannungsfeld Klima- ver¨ anderung – Treibhauseffekt oder Sonnenaktivit¨ at?“ und werden argumentieren, dass in der Vergangenheit m¨ oglicher- weise die Sonne, in j¨ ungster Zeit dagegen die anthropoge- ne Verst¨ arkung des Treibhauseffekts die dominante Rolle zu spielen scheinen. Die Sonne ist der Motor des irdischen Wetters und Kli- mas. Ihre Gesamtstrahlung betr¨ agt 3.85·10 26 W. In der mitt- leren Entfernung Erde – Sonne von 150 Mio km entspricht dies 1367 W pro Quadratmeter. Diese Gr¨ oße wurde fr¨ uher einfallende Sonnen- strahlung - Reflexion in den Weltraum 236 W/m 2 390 W/m 2 Turbulenz + Konvektion 110 W/m 2 STRATOSPHÄRE (~ 40 km) TROPOSPHÄRE (8-16 km) Wärmestrahlung 236 W/m 2 ohne Treibhaus- gase 236 W/m 2 STRATOPAUSE TROPOPAUSE 15°C -10°C -60°C -18°C N 2 O CO 2 CH 4 CFCs O 3 H 2 O Der Treibhauseffekt Abbildung 1. Die von der Sonne erw¨ armte Erde strahlt im langwel- ligen infraroten Spektralbereich W¨ arme in den Weltraum zur¨ uck. Ein Teil dieser Energie wird durch Treibhausgase in der Atmo- sph¨ are absorbiert und zur H¨ alfte wieder zum Erdboden zur¨ uckge- strahlt. Dadurch erw¨ armt sich die Erde weiter. Dieser nat¨ urliche Treibhauseffekt wird verst¨ arkt, wenn sich die Konzentration der Treibhausgase erh¨ oht, etwa die des Kohlendioxids durch die Ver- brennung fossiler Stoffe durch den Menschen. Man spricht dann vom anthropogenen Treibhauseffekt (MPI f¨ ur Meteorologie, Ham- burg). Solarkonstante“ genannt. Wir werden aber sehen, dass sie nicht wirklich konstant ist. Da die Oberfl¨ ache der Erdkugel viermal gr ¨ oßer ist als ihr Querschnitt, entfallen im Mittel auf jeden Quadratmeter Erdoberfl¨ ache 342W. Davon werden et- wa 30% ungenutzt“ in den Weltraum zur¨ uckreflektiert, ver- bleiben also 240 W/m 2 , die teils in der Atmosph¨ are, teils am Erdboden, teils in den Ozeanen absorbiert werden und die Er- de aufheizen. Das Stefan-Boltzmann’sche Strahlungsgesetz sagt uns, dass sich die Erde damit auf -18 C erw¨ armt. So aufgew¨ armt strahlt die Erde im langwelligen Infrarot- bereich. Ein Teil dieser W¨ armestrahlung wird durch Spuren- gase in der Atmosph¨ are, haupts¨ achlich durch Wasserdampf, Kohlendioxid, Methan und andere Gase, absorbiert und heizt die Atmosph¨ are zus¨ atzlich auf. Diese strahlt ihre W¨ arme teil- weise wieder zur Erde zur¨ uck, wodurch sich die mittlere Temperatur am Boden auf angenehme +15 C einstellt. Dies ist der nat ¨ urliche Treibhauseffekt der Erdatmosph¨ are. Erh¨ oht sich die Konzentration der absorbierenden Spuren- gase, etwa des Kohlendioxids durch vermehrte Verbrennung fossiler Stoffe durch den Menschen, verst¨ arkt sich der Ef- fekt und f¨ uhrt zu einer weiteren Erw¨ armung. Es ist diese anthropogene Verst¨ arkung des Treibhauseffekts, welche die

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Astronomie+ Raumfahrt im Unterricht, 39, 5, 31–35, 2002 (Manuskript)

Klimaver anderung – Treibhauseffekt oder Sonnenaktivitat?

D. Schmitt and M. Schussler

Max-Planck-Institut fur Aeronomie, Max-Planck-Str. 2, 37191 Katlenburg-Lindau

Auf der Erde ist es in den letzten 100 Jahren im Mittel einhalbes Grad warmer geworden. Wie sich aus der Fieberkur-ve fur die Erde ergibt, vollzog sich diese Erwarmung in zweiEtappen. In der ersten Halfte des letzten Jahrhunderts stiegdie Temperatur um gut 0.3 Grad an, war von 1940 bis 1970im Mittel in etwa konstant, um seitdem erneut anzusteigen.Solche Temperaturschwankungen sind erdgeschichtlich ei-gentlich nichts ungewohnliches. Der rapide Anstieg um wei-tere 0.3 Grad in den letzten 30 Jahren scheint jedoch ohneBeispiel in den letzten 1000 Jahren zu sein. Sollte er sich fort-setzen, hatte das weitreichende Konsequenzen fur die Um-welt und die menschliche Gesellschaft. Um sich rechtzeitigauf zukunftige Rahmenbedingungen einstellen zu konnen,ware eine Vorhersage wunschenswert. Dafur muss die Fra-ge nach der Ursache der Erwarmung beantwortet werden.

Ist der Temperaturanstieg menschengemacht? Durch dievermehrte Verbrennung fossiler Stoffe ist die Konzentrationdes Kohlendioxids in der Atmosphare seit Beginn der Indus-trialisierung Mitte des 18. Jahrhunderts um 30% angestiegen,das meiste davon in den letzten Jahrzehnten. Kohlendioxidist ein Spurengas in der Atmosphare mit einem Volumenan-teil von nur 0.3 Promille. Es tragt aber zum sog. Treibhaus-effekt bei. Bei einem weiteren Anstieg seiner Konzentrationwird ein dramatischer Temperaturanstieg prognostiziert. Umdem entgegen zu wirken, mussten wir Menschen uns dra-stisch einschranken.

Aber vielleicht liegt es nicht nur an uns Menschen. Wiesonst ließen sich die Temperaturschwankungen in der Ver-gangenheit, sicher ohne menschliches Zutun entstanden, er-klaren. Aufgrund ihrer starkeren magnetischen Aktivitat istdie Sonne in den letzten 100 Jahren heller geworden. DerHelligkeitsanstieg ist nicht groß, nur etwa 0.2%, aber er ist,zumindest bis etwa 1970, gut korreliert mit dem Tempera-turanstieg auf der Erde. Tragt die variable Sonne zur Klima-veranderung bei?

In diesem Beitrag konzentrieren wir uns auf den zwei-ten Aspekt, den moglichen Einfluss der Sonne. Wir stel-len unseren Beitrag bewusst in das Spannungsfeld

”Klima-

veranderung – Treibhauseffekt oder Sonnenaktivitat?“ undwerden argumentieren, dass in der Vergangenheit moglicher-weise die Sonne, in jungster Zeit dagegen die anthropoge-ne Verstarkung des Treibhauseffekts die dominante Rolle zuspielen scheinen.

Die Sonne ist der Motor des irdischen Wetters und Kli-mas. Ihre Gesamtstrahlung betragt 3.85·1026 W. In der mitt-leren Entfernung Erde – Sonne von 150 Mio km entsprichtdies 1367 W pro Quadratmeter. Diese Große wurde fruher

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Max-Planck-Institutfür Meteorologie

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einfallende

Sonnen-

strahlung

-

Reflexion

in den

Weltraum

236 W/m2

390 W/m2

Turbulenz +

Konvektion110 W/m 2

STRATOSPHÄRE(~ 40 km)

TROPOSPHÄRE(8-16 km)

Wärmestrahlung236 W/m2

ohne

Treibhau

s-

gase

236 W

/m2

STRATOPAUSE

TROPOPAUSE

15°C

-10°C

-60°C

-18°C

N2OCO2

CH4CFCs O3

H2O

Der Treibhauseffekt

5 10 15 20 25 300.000

0.001

0.002

0.003

O3

H2O

H2O

CO2

Thermische Strahlung am Boden

Str

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ng

in W

/cm

≤µm

Wellenlänge in µm

Ausstrahlung der Erdoberfläche

Einstrahlung aus der Atmosphäre

5 10 15 20 25 300.000

0.001

0.002

0.003

O3

H2O

H2O

CO2

Nettowärmestrahlung

Str

ahlu

ng

in W

/m≤µ

m

Wellenlänge in µm

am Atmosphärenoberrand am Erdboden am Erdboden ohne

Treibhausgase (bei 15°C)

0.5 1.0 1.5 2.00.00

0.05

0.10

0.15

0.20

0.25

H2O

Moleküle undAerosole

H2O und CO

2

Solare Einstrahlung

Str

ahlu

ng

in W

/cm

≤µm

Wellenlänge in µm

am Atmosphärenoberrand

am Erdboden

Wichtige langlebige Treibhausgase, die durch den Menschen zunehmenCO2 CH4 N2O CFC-12 SF6

Konzentration (in ppm) 358 1.72 0.31 0.00032 4 10-6

Verweildauer einer zusätzlichen Menge(in Jahren)

100 12 120 100 3200

Konzentrationsanstieg (in %/a) 0.4 1.0 0.25 ~ 0 5Treibhauspotential nach 100 Jahrenim Vergleich zu CO2

1 24 360 10600 22200

Anteil am anthropogenenTreibhauseffekt (in %)

50 20 5 10 <<1

Elektromagnetische Strahlung

Materie sendet elektromagnetische Strahlung aller Wellenlängenin Form von Photonen aus (Emission), und zwar um so mehr je wär-mer der emittierende Körper ist. So sorgt z.B. die Emission von derca. 6000

°

heissen Sonne für das sichtbare Licht auf der Erde. Ande-rerseits wird einfallende elektromagnetische Strahlung von Materieverschluckt (Absorption) und trägt dadurch zur lokalen Energieerhö-hung bei, die sich meist in einer Erwärmung ausdrückt. So wird z.B.das Licht der Sonne in der irdischen Atmosphäre und am Erdbodenabsorbiert und erwärmt diese.

Bei den Temperaturen der Erde und der Atmosphäre findet dieEmission elektromagnetischer Strahlung (oft auch Wärmestrahlunggenannt) überwiegend im sogenannten thermischen Bereich desSpektrums zwischen 3 und 50

µ

m statt. Da diese Wellenlängen vielgrößer als die der einfallenden Sonnenstrahlung (zwischen 0.3 und 3

µ

m) sind, kann man die beiden Strahlungsarten und Spektralbereichegetrennt betrachten.

Emission und Absorption finden bei vielen Gasen, wie z.B. beiden wichtigsten Treibhausgasen Wasserdampf und CO

2

, in Spektral-linien und -banden (Ansammlungen von Linien) statt, die sehr starkvon der Wellenlänge abhängen. Dagegen absorbieren und emittierengerade die beiden Hauptgase der Atmosphäre Sauerstoff (O

2

) undStickstoff (N

2

) in den hier betrachteten Bereichen des Spektrums nurunwesentlich.

Der Treibhauseffekt

Bei einer Erde ohne Atmosphäre wäre die Oberflächentemperaturdurch die Bilanz zwischen eingestrahlter Sonnenenergie und dervom Boden abgestrahlten Wärmestrahlung festgelegt. Diese Ober-flächentemperatur würde im globalen Mittel etwa -20

°

C betragen.Selbst eine Atmosphäre nur aus Sauerstoff und Stickstoff würde dar-an wenig ändern, da diese Gase kaum strahlungsaktiv sind.

Dagegen absorbieren Wasserdampf und in geringerem Maßeauch CO

2

(und andere Spurengase) Teile der Sonnenstrahlung undgeben selbst Wärmestrahlung ab. In Richtung zum Erdboden über-trifft diese zusätzliche Wärmestrahlung aus der Atmosphäre die Ab-sorption der Sonnenstrahlung in der Atmosphäre stark und bewirktso am Erdboden eine höhere Energieeinstrahlung, als dies ohne sol-che Gase der Fall wäre. Diese vermehrte Einstrahlung führt zu einerErwärmung des Erdbodens und (infolge verschiedener Transport-vorgänge) auch der unteren Atmosphäre.

Diese Erwärmung des Bodens verursacht aber auch eine erhöhteAbstrahlung, die nur zum kleineren Teil direkt in den Weltraum ge-langt. Überwiegend wird sie durch die atmosphärischen Treibhaus-gase absorbiert, die dafür selbst Strahlung emittieren.

Diese ist aber wegen der Temperaturabnahme mit der Höhe in derAtmosphäre geringer als die des Erdbodens und sie gleicht daher dieStrahlungsbilanz am Aussenrand der Atmosphäre aus. Für diesenAusgleich ist vor allem das atmosphärische Strahlungsfenster ent-scheidend, der Spektralbereich bei 10

µ

m Wellenlänge innerhalbdessen die Strahlung von der Oberfläche bei wolkenloser Atmosphä-re nur leicht geschwächt in den Weltraum entweichen kann.

Zu dieser lebenserhaltenden Erwärmung trägt Wasserdampf(H

2

O) etwa zu zwei Drittel bei; es folgen Kohlendioxid (CO

2

) miteinem Anteil von ca. 15%, Ozon mit etwa 10% und schließlich Dis-tick-stoffoxid (N

2

O) und Methan (CH

4

) mit je etwa 3%. Darüberhinaus ist aber auch die Wirkung der Bewölkung und der Schwebe-teilchen (Aerosole) auf die Sonnen- und Wärmestrahlung zu beach-ten, deren Zunahme eine im Mittel abkühlende Wirkung auf dasKlimasystem hat.

Wegen der Analogie mit den Vorgängen in einem Treibhaus, des-sen Glasdach ebenfalls die Sonnenstahlung gut durchlässt, die Wär-mestrahlung von der Erdoberfläche aber nicht entweichen lässt, istdas hier beschriebene Phänomen auch als natürlicher Treib-hausef-fekt bekannt. Beim Gebrauch dieser Treibhausanalogie ist aber Vor-sicht geboten vor der allzu direkten Übertragung des Bil-des auf diereale Atmosphäre. Gerade die Vernachlässigung von gleichzeitigerAbsorption und Emission von Wärmestrahlung durch die Treibhaus-gase in verschiedenen Höhen der Atmosphäre führt hier immer wie-der zu Verwirrung. Ausserdem sind natürlich die Verhältnisse in derströmenden Atmosphäre mit Bewölkung viel komplizierter als imTreibhaus eines Gärtners.

Anthropogener Treibhauseffekt

Werden die natürlich vorhandenen Treibhausgase durch mensch-lichen Einfluß vermehrt oder um neue Stoffe (z.B. FCKW) ergänzt,so muss sich die Temperatur des Bodens und der unteren Atmo-sphäre weiter erhöhen.

Tatsächlich hat ja die Konzentration langlebiger Treibhausgase inden letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Hierdurch wird einelangfristige Erwärmung der unteren Atmosphäre und der Erdober-fläche angestoßen. Deren Ausmaß ist aber stark von der Reaktiondes Wasserkreislaufs (Wasserdampf, Bewölkung, Nieder-schlag,Verdunstung, Schneebedeckung, Meereisausdehnung, usw.) be-stimmt. Der Wasserkreislauf kann sowohl verstärkend als auchdämpfend eingreifen, weil viele seiner Zweige stark temperatur-ab-hängig sind. Die daraus folgenden Auswirkungen vermehrter Treib-hausgase auf das regionale und globale Klima können nur mitmöglichst vollständigen und daher aufwändigen Klimamodell-rech-nungen untersucht werden.

Wie funktioniert der Treibhauseffekt?

Abbildung 1. Die von der Sonne erwarmte Erde strahlt im langwel-ligen infraroten Spektralbereich Warme in den Weltraum zuruck.Ein Teil dieser Energie wird durch Treibhausgase in der Atmo-sphare absorbiert und zur Halfte wieder zum Erdboden zuruckge-strahlt. Dadurch erwarmt sich die Erde weiter. Dieser naturlicheTreibhauseffekt wird verstarkt, wenn sich die Konzentration derTreibhausgase erhoht, etwa die des Kohlendioxids durch die Ver-brennung fossiler Stoffe durch den Menschen. Man spricht dannvom anthropogenen Treibhauseffekt (MPI fur Meteorologie, Ham-burg).

”Solarkonstante“ genannt. Wir werden aber sehen, dass sie

nicht wirklich konstant ist. Da die Oberflache der Erdkugelviermal großer ist als ihr Querschnitt, entfallen im Mittel aufjeden Quadratmeter Erdoberflache 342 W. Davon werden et-wa 30%

”ungenutzt“ in den Weltraum zuruckreflektiert, ver-

bleiben also 240 W/m2, die teils in der Atmosphare, teils amErdboden, teils in den Ozeanen absorbiert werden und die Er-de aufheizen. Das Stefan-Boltzmann’sche Strahlungsgesetzsagt uns, dass sich die Erde damit auf−18◦C erwarmt.

So aufgewarmt strahlt die Erde im langwelligen Infrarot-bereich. Ein Teil dieser Warmestrahlung wird durch Spuren-gase in der Atmosphare, hauptsachlich durch Wasserdampf,Kohlendioxid, Methan und andere Gase, absorbiert und heiztdie Atmosphare zusatzlich auf. Diese strahlt ihre Warme teil-weise wieder zur Erde zuruck, wodurch sich die mittlereTemperatur am Boden auf angenehme+15◦C einstellt. Diesist der naturliche Treibhauseffekt der Erdatmosphare.

Erhoht sich die Konzentration der absorbierenden Spuren-gase, etwa des Kohlendioxids durch vermehrte Verbrennungfossiler Stoffe durch den Menschen, verstarkt sich der Ef-fekt und fuhrt zu einer weiteren Erwarmung. Es ist dieseanthropogene Verstarkung des Treibhauseffekts, welche die

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2 D. Schmitt and M. Schussler: Klimaveranderung – Treibhauseffekt oder Sonnenaktivitat?

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1830 1850 1900 1950 1990Jahr

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Solare Einstrahlung(kurzwellig)

Terrestrische Abstrahlung(langwellig)

AbsorptionReflexionEmission

Wind

Luft-OzeanWechselwirkung

VulkanischeGase + Partikel

Schnee + Eis

Seen + Flüsse

Zulauf

Strömung

Eis-OzeanWechselwirkung

Meereis

Luft-EisWechselwirkung

Wolken

Niederschlag

Land-LuftWechselwirkung

MenschlicheEingriffe

1700 1750 1800 1850 1900 1950 2000-1.0

-0.5

0.0

0.5

1.0

Tem

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(K)

ECHAM3-LSG Solarstrahlung nach Hoyt & SchattenECHAM3-LSG Solarstrahlung nach Lean et al.Beobachtungen

Einfluß der Solarstrahlung

Jahr

Modellergebnisse und Beobachtungen

Abschätzungen für Variationen der Solarstrahlung

1700 1750 1800 1850 1900 1950 2000

1368

1367

1366

1365

1364

1363

1362Sola

rstr

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W/m

2 )

Das Klimasystem der Erde unterliegt einer Vielzahl von na-türlichen Einflüssen und zeigt deshalb Schwankungen, diezeitlich wie räumlich und in ihrer Stärke variabel sind.

So führen z.B. die langzeitlichen Schwankungen der Erd-bahn beim Umlauf um die Sonne seit vielen 100.000 Jahren zueiner Abfolge von Eiszeiten und warmen Episoden dazwi-schen.

Weitere dieser durch externe Einflüsse verursachten Klima-schwankungen sind:

• Änderungen der Solarstrahlung (siehe nebenstehendes Beispiel)

• Hochreichende Vulkanausbrüche • Einschläge von Planetoiden, Komentenkernen und großen

Meteoriten

Hinzu kommen interne Wechselwirkungen im komplexenKlimasystem zwischen Ozean, Eis, Land und Atmosphäre, dieKlimaschwankungen auf Zeitskalen von Monaten bis Jahrtau-senden anregen können. Beispiele hierfür sind das sogenannte“ENSO” (El Niño - Southern Oscillation) Phänomen (siehePoster 5) oder die Nordatlantische Oszillation (siehe nebenste-hendes Beispiel).

Beispiel für externe Einflüsse: Änderungen der Solarstrahlung

Wird das Klimageschehen durch Veränderungen in derSonneneinstrahlung beeinflusst?

Die mögliche Rolle der Schwankungen der Solarstrahlungauf das Klima wird seit langem diskutiert. Die Sonneneinstrah-lung unterliegt Schwankungen, die mit der Sonnenfleckenakti-vität in Verbindung gebracht werden. Dabei bedeutet einehohe Sonnenfleckaktivität eine Zunahme der Sonneneinstrah-lung, gleichzeitig verbunden mit einer Verschiebung des Son-nenspektrums in den kurzwelligen (UV)-Bereich.

Es gibt zwei bekannte relevante Periodizitäten: zum einender sogenannte Schwalbe-Zyklus mit einer Periode von 11Jahren und einer Amplitude von ca. 0.1 %, zum anderen der so-genannte Gleissberg-Zyklus mit einer Periodizität von ca. 80Jahren und einer Amplitude von ca. 0.2 -0.3 %. Dieses bedeu-

tet, dass am Erdboden Schwankungen von ca. 0.6 W/m

2

auf-treten können (zum Vergleich: der Treibhauseffekt beträgt zurZeit ca. 2.4 W/m

2

). In den letzten 100 Jahren stiegt die Solar-konstante im Schnitt an und liegt zur Zeit etwa 0.25% höher alsvor 100 Jahren.

Wie stark beeinflussen jetzt diese solaren Schwankungendas Klima? Um diese Frage zu beantworten, wurden Rechnun-gen mit demselben Modell durchgeführt, mit dem auch dieKlimarechnungen zum Treibhauseffekt ausgeführt wurden.Diese Rechnungen zeigen, dass sich das Klima in den letzten100 Jahren durch den Anstieg in der Sonnenintensität erwärmthat, allerdings nur mit etwa 0.2 K. Dieses entspricht ungefähreinem Drittel des beobachteten Anstieges. Die Sonnenvariabi-lität alleine kann also nicht für den beobachteten Temperatur-anstieg der letzten 100 Jahre verantwortlich sein.

Beispiel für interne Wechselwir-kung: Die Nordatlantische Oszillation (NAO):

Die NAO ist eine großräumige Schwankung des Luftdruck-unterschiedes an der Meeresoberfläche zwischen dem Island-tief und dem Azorenhoch. Die NAO stellt die stärksteSchwankung von Jahr zu Jahr oder Jahrzehnt zu Jahrzehnt imBereich des Nordatlantiks dar. Sie ist in den Wintermonatenbesonders ausgeprägt.

Die beiden Extremphasen der NAO und einige ihrer klima-tologischen Auswirkungen sind in den beiden nebenstehendenAbbildungen zusammengefaßt.

Natürliche Klimaschwankungen

- Einige Beispiele -

Die Nordatlantische Oszillation

Positive Phase Negative Phase

Zeitreihe des winterlichen (Dezember bis März)NAO Index, basierend auf der normierten Luft-druckdifferenz zwischen Gibraltar und Island von1822/3 bis1998/9 (Jones, 1997, Intl. J. of Climatolo-gy, 17, 1433-1450). Die dicke Linie zeigt den tief-passgefilterten Druckgradienten (nach Osborn,2000, Climate Dynamics, im Druck).

Das Klimasystem und seine Wechselwirkungen

Die positive oder ‘high index’ Phase derNAO:

Die Westwindzirkulation über demNordatlantik ist verstärkt, was mildereund feuchtere Winter über Nordeuropazur Folge hat, während es im westlichenMittelmeer sehr trocken ist.

Die negative oder ‘low index’ Phase derNAO:

Die Westwindzirkulation über demNordatlantik ist abgeschwächt, was kältereund trockenere Winter über Nordeuropazur Folge hat, während es im westlichenMittelmeer zu stärkeren Niederschlägenkommt.

Beobachtete Verteilung der mittlerenNiederschlagsanomalien im Winter von1981-94 als Abweichung vom 1951-80Mittel (nach Eischeid et al. (1991) und J.Hurrell).

Extern angetriebene Klimaschwankungen:Änderungen der Solarstrahlung

Zwei Rekonstruktionen der solaren Einstrahlungfür die letzten 300 Jahre. Die beobachtetenSchwankungen zeigen im groben ähnliche Struk-turen und eine vergleichbare Variabilität. DieseDaten wurden dazu benutzt ein gekoppeltes Kli-mamodell (ECHAM3/LSG) anzutreiben, um denEinfluß der Schwankungen in der solaren Ein-strahlung zu studieren.

Beobachtete (schwarz) und simulierte Temper-aturanomalien (blau und rot) des oben beschrie-benen Experimentes. Beide Modellexperimentezeigen ein ähnliches Verhalten, stimmen aber mitden Beobachtungsdaten der letzten 150 Jahrenicht sehr gut überein. Insbesondere kann derbeobachtete Temperaturanstieg im 20. Jahrhun-dert nicht auf Variationen in der solaren Ein-strahlung zurückgeführt werden. (nach Cubaschet al, 1999).

Interne Klimaschwankungen:

Abbildung 2. Das Klima wird bestimmt durch die unterschied-liche Einstrahlung der Sonne, durch Winde und Meeresstromungenund deren komplexe Wechselwirkung mit der Litho- und Biosphare(MPI fur Meteorologie, Hamburg).

Diskussion um die Entwicklung des Klimas bestimmt. Ins-gesamt ist die Energiebilanz der Erde ausgeglichen, sie stahltwieder 240 W/m2 im Infraroten in den Weltraum ab und be-findet sich somit im thermischen Gleichgewicht.

Bisher haben wir nur Mittelwerte betrachtet. Tatsachlichhangt der Energieeintrag vom Winkel ab, mit dem die Son-nenstrahlen einfallen, da sich gleiche Strahlungmengen aufunterschiedlich große Flachen verteilen. Da die Rotations-achse der Erde schrag auf der Bahnebene ihres Umlaufs umdie Sonne steht, fallen die Sonnenstrahlen je nach Jahreszeitmal steiler und mal flacher ein. Je niedriger die Sonne amHimmel steht, umso weniger Strahlungsleistung entfallt aufeinen Quadratmeter Erdboden. So ergeben sich die bekann-ten Klimazonen von den Tropen um denAquator uber diegemaßigten Breiten hin zu den Polargebieten. Ferner sinduns allen die Rythmen von Tag und Nacht und der Jah-reszeiten vertraut. All diese unterschiedlichen Energieein-trage treiben Winde und Meeresstromungen an, die ihrerseitsin komplexer Wechselwirkung mit der Topografie und derBiosphare stehen und das großskalige Klima auf der Erdebestimmen.

Die Sonne strahlt ihre Energie in verschiedenen Wel-lenlangen ab. Das Maximum ihrer Strahlung liegt im sicht-baren Licht,uber 50% ihrer Energie sind hier und im nahenInfraroten. Annahernd strahlt die Sonne wie ein schwarzerKorper von 5800 K, der Photospharentemperatur der Sonne.Die verschiedenen Spektralbereiche werden in unterschied-lichen Hohen in der Erdatmosphare absorbiert. Rongten-strahlung wird in der hohen Atmosphare um 100 km zuruck-gehalten, die UV-Strahlung zum großten Teil in der Ozon-schicht der Stratosphare zwischen 10 und 50 km Hohe, dassichtbare Licht ebenso wie die Radiostrahlung erreichen denErdboden, das Infrarote wird in der unteren Atmospharen-schicht bis 10 km Hohe, der Troposphare, absorbiert.

Nachdem die Sonne der Motor des Klimas und Wetters ist,konnen Veranderungen der Sonnenstrahlung Veranderungendes Klimas verursachen? Im Laufe ihrer Entwicklungsge-schichteuber 5 Milliarden Jahre ist die Sonne etwa 30% hel-ler geworden. Dies entspricht einer Temperaturdifferenz vonungefahr 35 Grad auf der Erde. Fur eine solch kuhle Ver-gangenheit gibt es aber keine Hinweise. Im Gegenteil, die

Abbildung 3. Dunkle Sonnenflecken auf der Sonnenoberflache. Sietauchen haufig paarweise auf und haben Durchmesser von einigenTausend bis 50 000 km. Sonnenflecken erscheinen dunkel, weil ihreTemperatur mit ca. 4000 Grad um etwa 2000 Grad geringer als dieihrer Umgebung ist. Die Ursache dafur ist die Unterdruckung deskonvektiven Energietransports durch die bis zu 0.4 Tesla starkenMagnetfelder, die in den Flecken aus der Sonne austreten. Sonnen-flecken leben typischerweise mehrere Tage bis Wochen und

”wan-

dern“ durch die Rotation der Sonne auf der sichtbaren Scheibe vonOst nach West (High Altitude Observatory, NCAR, Boulder, Colo-rado).

Temperatur scheint ein standiges Auf und Ab durchgemachtzu haben. Es ist unklar, wie die Erde mit dem Problem derkuhlen jungen Sonne fertig wurde. In Frage kommen gerin-gere Ruckstrahlung oder ein starkerer Treibhauseffekt. Ge-hen wir nicht ganz so weit in die Vergangenheit, in der es pe-riodisch wiederkehrende Eis- und Warmzeiten gab. Die letzteEiszeit liegt 10000 Jahre zuruck. Das Auftreten von Eiszei-ten wird mit periodischen Veranderungen der Erdbahn undder Achsenneigung im Verlaufe von Zehntausenden von Jah-ren in Verbindung gebracht.

Wie steht es aber mit dem Einfluss von kurzfristenVeranderungen auf der Sonne selbst, die mit ihrer magne-tischen Aktivitat zusammenhangen. Zu Beginn des 17. Jahr-hunderts wurden dunkle Gebiete entdeckt, dieuber die sicht-bare Sonnenscheibe wanderten: die Sonnenflecken. Obwohlman noch nichtsuber die Natur dieser Flecken wusste, reg-ten sie Spekulationen an, ob sie eine Wirkung auf die Er-de und die Menschen haben konnten. Steckten die Sonnen-flecken vielleicht auch hinter den unberechenbaren Kaprio-len des Wetters? Die Diskussion wurde noch angeheizt, als inder Mitte des 19. Jahrhunderts klar wurde, dass die Zahl derSonnenflecken in einem regelmaßigen Rhythmus schwankt:etwa alle 11 Jahre gibt es besonders viele Sonnenflecken.Man durchforstete die Archive mit Temperaturmessungenund Niederschlagsmengen und fand Zusammenhange zwi-schen dem 11-Jahres-Zyklus der Sonne und der Temperatur,dem Pegelstand in großen Binnenseen oder der Haufigkeit

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D. Schmitt and M. Schussler: Klimaveranderung – Treibhauseffekt oder Sonnenaktivitat? 3

Abbildung 4. Eine Detailaufnahme eines Sonnenflecks zeigt einereichhaltige Struktur mit dem dunklen Kern, der Umbra, und denhelleren und filamentartigen Randgebieten, der Penumbra. Ausser-halb des Flecks sieht man die kornige Granulation, eine Auswir-kung der Konvektion imausseren Drittel der Sonne (C. Denker,Universitats-Sternwarte Gottingen).

von Wirbelsturmen. Ein Problem bei diesen verschiedenenStudien war jedoch, dass es an manchen Orten warmer zuwerden schien, wenn es mehr Sonnenflecken gab, an anderenaber kalter. Oft gab es einen eindrucksvollen Zusammenhanguber einige Jahrzehnte, doch dann verschwand der Gleich-klang in den Daten oder die Korrelationen kehrten sich garum. Beruhten die scheinbaren Zusammenhange nur auf Zu-fall und statistischen Tauschungen?

Messungen von Raketen und Satelliten aus ergaben, dassdie Temperatur in denausseren Schichten der Erdatmospharein Hohenuber 100 km im Verlaufe des Sonnenzyklus starkschwankt. Die Ursache ist, dass die Sonne in fleckenrei-chen Jahren erheblich mehr ultraviolette Strahlung als imAktivit atsminimum abstrahlt. Die obere Erdatmosphare wirddurch die Absorption dieser Strahlung erwarmt und dehntsich deshalb im Fleckenmaximum ein gutes Stuck weiter inden Weltraum aus. Siehe hierzu den Artikeluber das Welt-raumwetter im gleichen Heft. Aber auch niedrigeren Hohenpragt der Sonnenzyklus deutlich seinen Stempel auf. In derunteren Stratosphare in Hohenuber 10 km fanden Karin La-bitzke und Harry van Loon Temperatur- und Druckschwan-kungen, die im Gleichtakt mit dem Sonnenfleckenzyklussind.

Auch langerfristige Klimaschwankungen in Erdbo-dennahe laufen teilweise parallel zu entsprechendenVariationen der Sonnenaktivitat. So verschwanden in derzweiten Halfte des 17. Jahrhunderts die Sonnenfleckenpraktisch ganz, wahrend das Erdklima gleichzeitig einekuhle Periode durchlief. In dieser Zeit stieg auch dieKonzentration des radioaktiven Kohlenstoffs14C an, wieman anhand der Analyse von Baumringen feststellte.14Centsteht in der oberen Atmosphare durch den Einfall derkosmischen Strahlung, die in Zeiten hoher Sonnenaktivitatdurch die Magnetfelder im interplanetaren Raum teilweiseabgeschirmt wird.14C ist also ein indirekter Indikator fur dieStarke der Sonnenaktivitat, die man auf diesem Wege auch

Abbildung 5. Die Magnetfelder zwischen den Sonnenflecken rei-chen in weiten Bogen bis in die hohe Sonnenatmosphare und tragenzur Aufheizung der Korona aufuber eine Million Grad bei. Auf die-ser Aufnahme der Raumsonde TRACE sieht man heisses Gas, dassich entlang der magnetischen Kraftlinien ansammelt. Die Koronawird stark durch die Magnetfelder strukturiert (Lockheed MartinSolar and Astrophysics Laboratory, Palo Alto, California).

in die Zeit vor Beginn der systematischen Aufzeichnungvon Sonnenflecken zuruckverfolgen konnte. Man fand eineweitere Periode mit sehr geringer Sonnenaktivitat von 1450bis 1550, eine Zeit, in der ebenfalls ungewohnlich kalteWinter vorherrschten. Dagegen gab es besonders starkeSonnenaktivitat im 12. Jahrhundert, zeitgleich mit Berichtenuber ein ausgepragt warmes Klima. Einen deutlichen Zusam-menhang zwischen Sonnenaktivitat und Klima fanden auchEigil Friis-Christensen und Knud Lassen aus Kopenhagen,indem sie die Lange der einzelnen Sonnenfleckenzyklen unddie Landtemperatur in der nordlichen Hemisphare der Erdemiteinander verglichen: je kurzer die Fleckenzyklen sind, jeschneller also der

”magnetische Motor“ der Sonne lauft, um

so warmer ist es auf der Erde.

Deuten diese Zusammenhange also doch auf einen kausa-len Zusammenhang zwischen Sonnenaktivitat und Schwan-kungen des Erdklimas hin? In welchem Maße konnte dieim 20. Jahrhundert immer aktiver werdende Sonne an derglobalen Erwarmung um etwa 0.5 Grad seit 1900 beteiligtsein? Um diese Frage zu beantworten, muss man zunachstdie physikalischen Mechanismen finden und studieren, durchwelche die Sonnenaktivitat auf das Klimageschehen einwir-ken konnte. Warum sollten die dunklen Flecken ausgerech-net ein warmeres Klima bewirken? Eine mogliche Antwortliefern Messungen der von der Sonne auf die Erde einfal-lenden Strahlungsleistung, die seit 1978 von Satelliten ausvorgenommen werden. Die

”Solarkonstante“ von etwa 1.37

Kilowatt pro Quadratmeter erwies sich als leicht verander-lich. Wenn große Sonnenflecken auftauchen, verringert sichdie Strahlungsleistung erwartungsgemass kurzzeitig um bis

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4 D. Schmitt and M. Schussler: Klimaveranderung – Treibhauseffekt oder Sonnenaktivitat?

Abbildung 6. Die Zahl der Sonnenflecken schwankt in einem regelmaßigen Zyklus von etwa 11 Jahren. Die Maxima sind unterschiedlichstark ausgepragt. In der zweiten Halfte des 17. Jahrhunderts war die Sonne fast fleckenlos (H. Wohl, Kiepenheuer-Institut fur Sonnenphysik,Freiburg).

Abbildung 7. Wahrend der Wasserstand des zentralafrikanischenViktoriasees von 1900 bis 1924 im gleichen Takt mit dem Sonnen-fleckenzyklus schwankte, lasst sich in der darauffolgenden Zeit keinZusammenhang mehr feststellen (Hoyt und Schatten, S. 134).

zu 0.2%, insgesamt nimmt sie aberuberraschenderweise vonFleckenminimum zu Fleckenmaximum um 0.1% zu. DieSonne ist also im Mittel heller, wenn sie mehr dunkle Son-nenflecken zeigt! Fur das scheinbare Paradoxon sind beson-ders intensiv strahlende Regionen verantwortlich, welche dieSonnenflecken umgeben. Diese hellen

”Fackelgebiete“uber-

wiegenuber die dunklen Sonnenflecken, so dass die Sonneim Aktivit atsmaximum heller ist als im Minimum.

Konnen diese doch recht geringen Helligkeitsschwankun-gen der Sonne fur das Erdklima bedeutsam sein? Zunachsteinmal wusste man naturlich gerne, wie sich die Gesamt-strahlung der Sonne in den letzten 100 Jahren entwickelt hat,um dies mit den Klimadaten zu vergleichen. Aus der Zeit vor1978 gibt es aber keine direkten Messungen, so dass man die

Abbildung 8. Die Zeitreihen der elfjahrigen Sonnenaktivitat, hierdargestellt durch die Jahresmittel des Radioflusses bei 11,7 cm, undder dreijahrig gleitend gemittelten 30hPa-Hohen bei 30◦N/150◦Wzeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Sonnenzyk-lus und den Verhaltnissen in der Stratosphare der Erde (Labitzke,S. 150).

Helligkeit aus den Aufzeichnungenuber Sonnenflecken undFackelgebiete, die in den Archiven der Sonnenforscher lie-gen, naherungsweise rekonstruieren muss. Auf diese Weisegelang es, die Variation der

”Solarkonstanten“ fur die letzten

100 Jahre abzuschatzen. Man fand von 1900 bis 1940 einenAnstieg um 0.2% an, danach einen gleichbleibenden Wert bis1970, gefolgt von einem erneuten, aber nur leichten Anstiegbis heute. Bis 1970 ist dieser Verlauf grundsatzlich in guterUbereinstimmung mit der langfristigen Variation der mittle-ren Temperatur auf der Erde, ein Hinweis darauf, dass dieSonne unser Klima mitbestimmen konnte. Ab 1970 nimmtdie Erdtemperatur stetig zu, wahrend die solaren Parame-ter stagnieren; die Sonne kann also nicht fur den jungsten

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D. Schmitt and M. Schussler: Klimaveranderung – Treibhauseffekt oder Sonnenaktivitat? 5

Abbildung 9. John Eddy wies um 1970 erstmals auf die Zusam-menhange zwischen den niedrigen Temperaturen im 17. Jahrhun-dert und dem Fehlen von Sonnenflecken sowie der erhohten Kon-zentration von14C in Baumringen hin. Mit Hilfe des radioaktivenKohlenstoffisotops kann die solare Aktivitat weiter in die Vergan-genheit zuruckverfolgt werden. Wegen der langen Aufenthaltszei-ten von14C in der Atmosphare sieht man jedoch nicht die einzelnen11-Jahres-Zyklen, sondern nur die langfristigen Trends, quasi alsEinhullende des Fleckenzyklus. Die Buchstaben kennzeichnen dasmittelalterliche Maximum (a), das Wolf-Minimum (b), das Sporer-Minimum (c), das Maunder-Minimum (d), das Dalton-Minimum(e) sowie das gegenwartige Maximum (f). Eine moderne Rekon-struktion der globalen Erdtemperatur in den letzten 1000 Jahren,hier einem Tiefpassfilter unterworfen, zeigt deutliche Korrelationenzwischen der Sonnenaktivitat und dem Erdklima (J. Eddy, 1976,Science 192, 1189;14C: M. Stuiver and P.D. Quay, 1980, Science207, 11; Temperaturrekonstruktion: M.E. Mann, R.S. Bradley, M.K.Hughes, 1999, Geophysical Research Letters 26, 759).

Temperaturanstieg verantwortlich sein. Fur die”fleckenlose“

zweite Halfte des 17. Jahrhunderts ergaben weitere Studieneine gegenuber heute um bis zu 0.5% geringere Strahlungs-leistung der Sonne.

Um die Wirkung der gemessenen Helligkeitsschwan-kungen zu untersuchen, wurden sie in die aufwendigenProgramme eingebaut, mit deren Hilfe die Klimaforscherdas Klimageschehen auf dem Computer simulieren. SolcheRechnungen ergeben, dass der direkte Einfluss der Sonne et-wa ein Drittel des Temperaturanstiegs in den letzten 100 Jah-ren erklart, wahrend der grossere Teil auf den Treibhausef-fekt zuruckgefuhrt wird. Andererseits sind auch die numeri-schen Modelle, welche zwangslaufig das komplexe Klimage-schehen teilweise drastisch vereinfachen mussen, nichtuberjeden Zweifel erhaben. So ist etwa die Stagnation des Tem-peraturanstiegs zwischen 1940 und 1970 trotz erhohtem Aus-stoß von Kohlendioxid nur schwer mit dem Treibhauseffektin Einklang zu bringen, passt aber sehr gut mit dem Verlaufder Sonnenaktivitat zusammen. Insgesamt legen diese Mo-dellrechnungen den Schluss nahe, dass die Variabilitat derSonnenstrahlung zwar einen durchaus nennenswerten Ein-fluss auf die Klimaveranderung im letzten Jahrhundert hat-te, dass aber zumindest in den letzten Jahrzehnten der Treib-hauseffekt zu dominieren scheint.

Es gibt aber ausser der direkten Wirkung der verander-lichen Gesamtstrahlung auch eine Reihe von eher indirek-ten Effekten, mittels derer die Sonnenaktivitat das Klima

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1975 1980 1985 1990 1995

Aufhellung durchFackeln

Verdunklung durch

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Gemessene Helligkeit

Helligkeitszyklus

Jahr

der Sonne

Sonnenflecken

Gesamteffekt von

Abbildung 10. Helligkeitsschwankungen der Sonne im Aktivitats-zyklus. Im unteren Diagramm ist die gemessene Gesamthelligkeitder Sonne wahrend zweier Zyklen wiedergegeben, im oberen Teilsind die Beitrage von hellen Fackeln und dunklen Sonnenfleckengetrennt dargestellt. Die Fackelnuberwiegen die Sonnenflecken, sodass die Sonne im Aktivitatsmaximum um 0.1% heller ist als imMinimum. Wahrend der Maxima schwankt die Helligkeit aufgrundder haufig auftauchenden und verschwindenden Sonnenflecken be-sonders stark (J. Lean and C. Frohlich, 1998, in K.S. Balasubrama-niam, J.W. Harvey and D.M. Rabin (Eds.), Synoptic Solar Physics,ASP Conference Series).

beeinflussen kann. Einer davon betrifft die Rolle von Wol-ken. Henrik Svensmark und Eigil Friis-Christensen stelltenzwischen dem solaren Aktivitatsminimum in 1987 und demMaximum in 1990 einen Ruckgang der globalen Wolken-bedeckung um 3% fest. Da Wolken das einfallende Son-nenlicht reflektieren, bewirkt eine Abnahme von Wolken inder unteren Atmosphare einen Temperaturanstieg. Die bei-den Forscher stellten die Hypothese auf, dass die Sonnen-aktivitat auf dem Umweguber die kosmische Strahlung Ein-fluss auf die Wolkenbildung und damit auf das Klima nimmt.Die energiereichen Teilchen der kosmischen Strahlung er-zeugen

”Keime“, an denen Wasserdampf kondensieren und

Wolken bilden kann. Ist die Sonne sehr aktiv, verringert sichwegen der magnetischen Abschirmung im interplanetarenRaum die kosmische Strahlung, damit bilden sich wenigerWolken und die Temperatur steigt an. Bei geringer Sonnen-aktivitat kommt es entsprechend zu einer Abkuhlung. Aufdiesem Wege konnte die Sonne einen erheblich großerenBeitrag zur Erwarmung der Erde in den letzten 100 Jahrengeleistet haben, als man es von der Erhohung der Strahlungs-leistung alleine erwarten wurde. Die Physik der Wolken undihrer Wirkung auf das Klimageschehen ist aber sehr kom-plex, so dass es nicht verwunderlich ist, dass diese Hypo-these durchaus umstritten ist und auch andere Mechanismendiskutiert werden.

In diesem Zusammenhang ist die langfristige Entwick-

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6 D. Schmitt and M. Schussler: Klimaveranderung – Treibhauseffekt oder Sonnenaktivitat?

Abbildung 11. In der Umgebung der dunklen Sonnenflecken fin-det man helle Fackelgebiete. Beide Phanomene werden durch star-ke Magnetfelder auf der Sonnenoberflache bewirkt. In den großenFlecken behindert das Magnetfeld den Energietransport durchStromungen aus dem Sonneninnern, wodurch sie kuhler sind unddunkel erscheinen. Fackelgebiete dagegen bestehen aus vielen klei-nen Magnetfeldkonzentrationen, die durch Strahlung geheizt wer-den und hell erscheinen. Flecken und Fackeln tragen zur Verander-lichkeit der Gesamtstrahlung im Verlaufe des 11-Jahres-Zyklus bei(G. Scharmer, Stockholm).

lung des interplanetaren Magnetfelds von Bedeutung. Hierergeben neuere Studien eine Verdoppelung des magnetischenFlusses in den letzten 100 Jahren, die auf die solare Akti-vitat zuruckgefuhrt werden konnte. Damit im Einklang istdie beobachtete Abnahme der Konzentration von10Be, ei-nem radioaktiven Isotop, dasahnlich wie14C durch kosmi-sche Strahlung gebildet wird und ein (antikorreliertes) Maßfur die Sonnenaktivitat darstellt. Ein starkeres interplaneta-res Magnetfeld bedeutet weniger kosmische Strahlung, da-mit moglicherweise weniger Wolkenbildung und warmeresKlima.

Ein weiterer Weg, auf dem die Sonne moglicherweise Ein-fluss auf das Klimageschehen nehmen kann, ist die erhohteBildung von Ozon in der Stratosphare durch die verstark-te ultraviolette Strahlung bei erhohter Sonnenaktivitat. DasOzon wiederum absorbiert andere Bereiche des ultraviolettenLichtes und heizt so die Stratosphare. Klimamodelle, die die-sen Effekt berucksichtigen, reproduzieren qualitativ die vonKarin Labitzke und Mitarbeitern gefundenen Schwankungender atmopharischen Zirkulation im Rhythmus des Sonnenzy-klus.

Obwohl noch viele Fragen offen sind, scheint die Sonne

Abbildung 12. Der Verlauf der mittleren Temperatur auf der Erde(rot) stimmt von 1860 bis 1970 gut mit der rekonstruierten solarenHelligkeit (blau)uberein. Die roten und blauen Flachen zeigen un-terschiedliche Temperaturmittelungen bzw. deuten die Unsicherhei-ten in der Bestimmung der Sonnenhelligkeit an. Der deutliche Tem-peraturanstieg auf der Erde seit 1970 lasst sich nicht mehr auf dieSonnenhelligkeit zuruckfuhren und ist ein Indiz fur den anthropo-genen Treibhauseffekt (S.K. Solanki, M. Fligge, N. Krivova, 2002,Preprint).

beim globalen Temperaturanstieg im letzten Jahrhundert zu-mindest ein Stuck weit im Spiel zu sein. Man wurde deshalbgerne wissen, was wir in Zukunft von ihr zu erwarten ha-ben. Wir verstehen die Sonne und ihre Aktivitat immer nochviel zu wenig, um Vorhersagen machen zu konnen. Aller-dings haben die Sonnenphysiker gegenuber den Klimafor-schern einen Vorteil: wir kennen bisher nur einen Planetenwie die Erde, aber sehr viele Sterne, die der Sonneahnlichsind. Man kann solche Sterne beobachten, um zu erforschen,was wir moglicherweise von der Sonne zu erwarten haben.Es zeigt sich einuberraschendes Ergebnis: Sterne mit ei-nem vergleichbaren Maß an Aktivitat wie die Sonne zeigenfast durchweg wesentlich starkere Helligkeitsvariationen imVerlauf ihres Aktivitatszyklus als die Sonne. Ist die Sonneein aussergewohnlicher Stern oder durchlauft sie gerade einePhase, in der ihre Helligkeit recht schwach variiert? Spiegelndie Kapriolen des Klimas in der Erdgeschichte eine sehr vielstarker veranderliche Sonne wieder?

Fassen wir den heutigen Kenntnisstand zusammen. Der11-jahrige Aktivitatszyklus der Sonne taucht da und dort,mal mehr und mal weniger deutlich in den verschiedenenKlimadaten auf, global gesehen scheinen jedoch andere Ein-flusse von großerer Bedeutung.Uber langere Zeitraume hin-weg jedoch deuten die Daten auf einen merklichen Ein-fluss der veranderlichen Sonne auf das Klimageschehen hin,auch wenn dessen genaues Ausmaß und die Wirkungsme-chanismen selbst noch unklar sind. Die Frage, wer dennnun der Verursacher der globalen Erwarmung der letztenhundert Jahre ist, Sonne oder Kohlendioxid, ist vermutlichfalsch gestellt: beide

”Verdachtige“ scheinen die Hand im

Spiel zu haben. Wir konnen allerdings ziemlich sicher sein,dass bei weiter zunehmenden Emissionen von Kohlendioxidder Treibhauseffekt dieUberhand gewinnt und es gibt guteHinweise dafur, dass dies seit etwa 1970 bereits geschehen

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Abbildung 13. Im oberen Teilbild ist der magnetische Fluss im in-terplanetaren Raum von 1868 bis 1996 dargestellt. Er wurde auserdmagnetischen Aktivitatsindizes gewonnen, von 1964 an bestatigtdurch direkte Satellitendaten. Der elfjahrigen zyklischen Variati-on uberlagert ist eine Verdoppelung der Starke des interplanetarenMagnetfelds in den letzten 100 Jahren. Einahnliches Bild ergibtsich fur den gesamten magnetischen Fluss der Sonne, der aufgrundvon Sonnenfleckendaten von 1610 an rekonstruiert wurde. Das zu-nehmende Magnetfeld fuhrt zur vermehrten Abschirmung der kos-mischen Strahlung und einer Abnahme der Konzentration von10Be,dessen Variation im Verlauf der Jahre aus gronlandischen Eisbohr-kernen gewonnen wurde (unteres Teilbild) (M. Lockwood, R. Stam-per, M.N. Wild, 1999, Nature, 437; S.K. Solanki, M. Schussler, M.Fligge, 2002, Astronomy and Astrophysics; J. Beer, G.M. Raisbeck,F. Yiou, 1991, in The Sun in Time).

ist. Aber wir durfen die Wirkung der Sonnenaktivitat nichtaus dem Auge verlieren; auch wenn wir die Sonne nichtbeeinflussen konnen, mussen wir doch die Ursachen ihrerVeranderlichkeit und ihren Einfluss auf das Klima besser ver-stehen lernen, um zu wissen, was wir in Zukunft moglicher-weise von ihr zu erwarten haben.

Die physikalische Natur des Aktivitatszyklus

Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte der amerikanischeAstronom George Hale, dass Sonnenflecken stark magne-tisierte Gebiete auf der Sonnenoberflache sind. Die mitHilfe des Zeeman-Effektes von Spektrallinien gemessenen

Abbildung 14. Das Magnetfeld der Sonne zwischen 1992 (links)uber 1996 (hinten) bis 1999 (rechts). Die beiden Polaritatendes Magnetfelds sind auf blauem Hintergrund als dunkelblau bisschwarz und als hellblau bis weiss dargestellt. Deutlich zu sehen istdie Variation der Starke des Magnetfelds vom abnehmenden letztenZyklus zum zunehmenden neuen Zyklus. Ferner fallen die unter-schiedlichen Polaritaten zwischen Nord- und Sudhalbkugel sowiezwischen den beiden Zyklen auf. Siehe dazu auch den Kasten

”Die

physikalische Natur des Aktivitatszyklus“ (National Solar Observa-tory, Kitt Peak, Arizona).

Abbildung 15. Die Sonne im Rontgenlicht im gleichen Zeitraum,aufgenommen vom japanischen Satelliten Yokhoh. Im Gegensatzzur geringen Veranderung der Gesamthelligkeit schwankt die Ront-genstrahlung der Sonne im Verlauf des Aktivitatszyklus um einenFaktor 100. Die Rontgenstrahlung stammt aus der heissen Korona,sie tragt aber verschwindend wenig zur Gesamtstrahlung der Son-ne bei (Lockheed Martin Solar and Astrophysics Laboratory, PaloAlto, California).

Feldstarkenubertreffen das Erdmagnetfeld um das Zehntau-sendfache. Wenig spater fand man, dass die Richtung derMagnetfeldlinien in den meist paarweise auftretenden Son-nenflecken unterschiedlich ist, in einem treten sie aus derSonne aus, im anderen in sie ein. Die Fleckenpaare sind dabeibevorzugt in ost-westlicher Richtung auf der Sonne angeord-

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8 D. Schmitt and M. Schussler: Klimaveranderung – Treibhauseffekt oder Sonnenaktivitat?

+ - -

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+

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Zyklus n Zyklus n+1

Nordhalbkugel

Südhalbkugel

Polaritätsregeln

Abbildung 16. Polaritatsregeln.

Dynamo

Abbildung 17. Dynamo (M. Ossendrijver, Kiepenheuer-Institut furSonnenphysik, Freiburg).

Konvektionszone

magnetische

Dynamoschicht

Atmosphäre

Sonnenflecken

Flussröhre

Flussröhrenaufstieg im Äquatorschnitt

Abbildung 18. Flussrohrenaufstieg imAquatorschnitt (P. Caligari,Kiepenheuer-Institut fur Sonnenphysik, Freiburg).

net. Ihre Polaritatsmuster sind wahrend eines Zyklus und aufder Nordhalbkugel stets gleich, also hat beispielsweise derostliche Fleck positive und der westliche Fleck negative Po-laritat. In der Sudhalbkugel ist diese Reihenfolge aber gera-de umgekehrt. Im nachfolgenden Sonnenfleckenzyklus keh-ren sich die Polaritaten um, so dass dem elfjahrigen Flecken-zyklus folglich ein 22jahriger magnetischer Zyklus zugrundeliegt.

Das Magnetfeld wird im unteren Bereich der Konvektions-zone der Sonne durch komplexe Bewegungen des leitfahigenPlasmas nach dem Prinzip eines selbsterregten Dynamos in-duziert. Durch differentielle Rotation (die Sonne rotiert inihrer Aquatorregion um etwa 30% schneller als an den Po-len) wird aus einem Dipolfeld ein starkes azimutales (d.h.entlang den Rotationsbewegungen ausgerichtetes) Magnet-feld

”aufgewickelt“, das in der Nord- und Sudhalbkugel ent-

gegengesetzt gerichtet ist (linkes Teilbild). Durch die Rota-tion der Sonne erhalten die konvektiven Bewegungen in derSonne einen bevorzugten Schraubensinn (ahnlich zu Zyklo-nen und Antizyklonen in der Erdatmosphare); dieuberlager-te Wirkung einer Vielzahl solcher helikalen Stromungen aufdas azimutale Magnetfeld fuhrt auf ein Dipolfeld mit einergegenuber dem anfanglichen Feld umgekehrten Feldrichtung(rechtes Teilbild). Die ursprungliche Dipolpolaritat wird erstnach einer erneuten Umpolung in einem weiteren 11-Jahres-Zyklus erreicht, so dass es zu einem 22jahrigen magneti-schen Zyklus kommt.

Wenn das azimutale Feld stark genug ist, verliert es seinGleichgewicht und Bundel von Feldlinien brechen zur Ober-flache hin aus. Dort entsteht ein Paar von Sonnenflecken mitentgegengesetzter magnetischer Polaritat. Die Magnetfeldli-nien zwischen den Sonnenflecken reichen in weiten Bogenbis hoch in die Korona.

Literaturhinweise

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