König innen der Lüfte v on A bis Z - ciando.com · Thérèse Peltier Die erste...

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Ernst Probst Königinnen der Lüfte von A bis Z Biografien berühmter Fliegerinnen, Ballonfahrerinnen, Luftschifferinnen, Fallschirmspringerinnen und Astronautinnen Sprachen

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Ernst Probst

Königinnen der Lüfte von A bis Z

Biografien berühmter Fliegerinnen, Ballonfahrerinnen,Luftschifferinnen, Fallschirmspringerinnen undAstronautinnen

Sprachen

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Ernst Probst

Königinnen der Lüfte von A bis Z

Biografien berühmter Fliegerinnen, Ballonfahrerinnen, Luftschifferinnen,Fallschirmspringerinnen und Astronautinnen

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1

Ernst Probst

Königinnen der Lüfte

von A bis Z

Biografien

berühmter Fliegerinnen,

Ballonfahrerinnen,

Luftschifferinnen,

Fallschirmspringerinnen

und Astronautinnen

2

3

Inhalt

Vorwort

Seite 15

Dank

Seite 17

Aida de Acosta

Erster Alleinflug mit

einem lenkbaren Luftschiff

Seite 21

Elsa Andersson

Die erste Pilotin

in Schweden

Seite 25

Jacqueline Auriol

Sie durchbrach

als erste Europäerin

die Schallmauer

Seite 31

Liesel Bach

Deutschlands erfolg-

reichste Kunstfliegerin

Seite 35

Pancho Barnes

Amerikas

erste Stuntpilotin

Seite 43

Maryse Bastié

Die Fliegerin,

die acht Weltrekorde brach

Seite 49

Jean Batten

Neuseelands

berühmteste Pilotin

Seite 55

Melli Beese

Die erste Deutsche

mit Pilotenlizenz

Seite 65

Elly Beinhorn

Die erste Frau,

die alle Erdteile überflog

Seite 73

Vera von Bissing

Eine Kunstfliegerin

der 1930-er Jahre

Seite 83

Sophie Blanchard

Die erste professionelle

Luftschifferin

Seite 89

Adrienne Bolland

Die erste Frau,

die über die Anden flog

Seite 97

4

Hélène Boucher

Die französische

„Wunderfliegerin“

Seite 101

Kalpana Chawla

Die erste Inderin

im Weltall

Seite 107

Jacqueline Cochran

Die „schnellste Frau

der Welt“

Seite 111

Bessie Coleman

Die erste Afro-Amerikanerin

mit Pilotenschein

Seite 121

Eileen Collins

Die erste

Raumfähren-Pilotin

Seite 127

Hélène Dutrieu

Die erste Pilotin

in Belgien

Seite 137

Amelia Earhart

Die erste Frau, die zwei Mal

den Atlantik überflog

Seite 141

Ruth Elder

Die erste Frau,

die den Flug über den

Atlantik versuchte

Seite 151

Marga von Etzdorf

Die erste Kopilotin

der „Deutschen Luft Hansa“

Seite 155

Margret Fusbahn und

Ludwig Werner Fusbahn

Das „fliegende Ehepaar“

Seite 165

Elise Garnerin

Die „Venus im Ballon“

Seite 169

Sabiha Gökçen

Die erste

türkische Pilotin

Seite 173

Frances Wilson Grayson

Tragischer Flug

über den Atlantik

Seite 177

Hilda Hewlett

Die erste

britische Fliegerin

Seite 181

5

Maryse Hilsz

Die Rekordefliegerin

aus Frankreich

Seite 185

Luise Hoffmann

Die erste

deutsche Einfliegerin

Seite 189

Kara Spears Hultgreen

Die erste „F-14 Tomcat“-

Kampfpilotin

Seite 195

Laura Ingalls

Die erste Amerikanerin,

die über Südamerika flog

Seite 205

Carol Mae Jemison

Die erste afro-

amerikanische Astronautin

Seite 211

Amy Johnson-Mollison

Englands erste

Flugzeugmechanikerin

Seite 217

Thea Knorr

Die deutsche

Afrikafliegerin

Seite 227

Raymonde de Laroche

Die erste Pilotin

der Welt

Seite 233

Ruth Law

Erste Luftpost

für die Philippinen

Seite 237

Anne Morrow Lindbergh

Die erste Amerikanerin

mit Segelflugschein

Seite 243

Anne

Löwenstein-Wertheim

Die fliegende Prinzessin

Seite 247

Shannon Lucid

Der längste Raumflug

einer Frau

Seite 251

Rita Maiburg

Einer der ersten weiblichen

Linienflugkapitäne

Seite 255

Beryl Markham

Die erste Berufspilotin

in Ostafrika

Seite 259

6

Marie Marvingt

Die „Mutter

der Luftambulanz“

Seite 269

Christa McAuliffe

Die amerikanische

Nationalheldin

Seite 273

Victoria van Meter

Die jüngste Fliegerin

der Welt

Seite 279

Jerry Mock

Im Alleinflug

um die Erde

Seite 285

Matilde Moisant

Eine frühe Fliegerin

in den USA

Seite 289

Käthe Paulus

Deutschlands

erste Luftschifferin

Seite 293

Thérèse Peltier

Die erste Flugzeug-

passagierin der Welt

Seite 299

Harriet Quimby

Die erste Amerikanerin

mit Flugschein

Seite 303

Bessica Medlar Raiche

Eine der ersten

Fliegerinnen in den USA

Seite 309

Barbara Allen Rainey

Die erste

Marinepilotin der USA

Seite 313

Thea Rasche

Die erste Deutsche

mit Kunstflugschein

Seite 317

Marina Raskowa

Eine fliegende „Heldin

der Sowjetunion“

Seite 331

Wilhelmine Reichard

Die erste Ballonfahrerin

in Deutschland

Seite 341

Hanna Reitsch

Die Pilotin

der Weltklasse

Seite 347

7

Sally Kristen Ride

Die erste

Amerikanerin

im Weltall

Seite 357

Swetlana Jewgenjewna

Sawizkaja

Die erste Spaziergängerin

im All

Seite 363

Lisl Schwab

Eine Kunstfliegerin

aus den

1930-er Jahren

Seite 369

Blanche Stuart Scott

Die erste Amerikanerin,

die ein Flugzeug flog

Seite 373

Melitta Schenk

Gräfin

von Stauffenberg

Deutsche Heldin

mit Gewissensbissen

Seite 377

Katherine Stinson und

Marjorie Stinson

Die fliegenden Schwestern

Seite 383

Kathryn Dwyer Sullivan

Rekordspaziergängerin

im Weltall

Seite 391

Walentina Tereschkowa

Die erste Frau

im Kosmos

Seite 397

Élisabeth Thible

Die erste Passagierin

einer Montgolfière

Seite 403

Kathryn Thornton

Berühmte Spaziergängerin

im Weltall

Seite 407

Sabine Trube

Die deutsche

Düsenjet-Kommandantin

Seite 413

Beate Uhse

Deutschlands

erste StuntpilotinSeite

Seite 417

Nancy Bird Walton

Australiens erste

und jüngste Verkehrspilotin

Seite 427

8

Weitere

„Königinnen der Lüfte“

Clara Adams 435

Lotfia Al-Nada 436

Andrea Amberge 437

Eudocie V. Anatra 438

Anoushe Ansari 438

Vernice Armour 439

Rosemary Arnold 439

Allana Arnot 440

Anne Bridge Baddour 441

Lady Mary Bailey 442

Ellen Louise Shulman

Baker 443

Mary Utterback Barr 443

Barbara Barrett 444

Ann G. Baumgartner 445

Mary du Caurroy

Herzogin von Bedford 446

Martha Behrbohm 447

Edith Berg 447

Susanne Bernard 448

Fiorenza de Bernardi 448

Lena Bernstein 449

Susanna Ferrari

Billinghurst 451

Rosella Bjornson 452

Lilian Bland 452

Maude Rose („Lores“)

Bonney 453

Caro Bayley Bosca 454

Elisabeth Boselli 455

Janet Harmon Bragg 456

Dee Brasseur 457

Tiny Broadwick 457

Laura Bromwell 459

Janice Lee Brown 459

Alys McKey

(„Tiny“) Bryant 460

Millicent Maude Bryant 461

Jekaterina Budanova 461

Ursula Bühler-Hedinger 462

Winnie Buller 464

Beverly Lynn Burns 464

Jean Burns 465

Lucie Byczkowsky 466

Elena Caragiani-Stoenescu

466

Ann Shaw Carter 466

Marie Therese Rossi

Cayton 467

Touria Chauoi 467

Willa Brown Chappell 468

Madeleine Charneaux 469

Katherine Cheung 470

Marcelle Choisnet 470

Julia Clark 471

Julie E. Clark 471

Mary Louise Cleave 472

Geraldine („Jerrie“) Cobb

472

Catherine Grace Coleman

473

Edith Maud Cook 473

Edna Mae Cooper 474

Linda Corbould 474

Rhonda Cornum 474

9

Marvel Crosson 475

Nancy Jan Sherlock Currie

475

Lettice Curtis 476

Carmen Damedoz 476

Jan Davis 477

Sarah Deal 477

Lorna DeBlicquy 478

Nadeshda Degtereva 478

Prinzessin Sophie

Alexandrowna

Dolgorunaya 479

Mariya Dolina 479

Marie Louise Driancourt

481

Rosemarie Dröscher 482

Bonnie Jeanne Dunbar 482

Galina Iwanowna

Dzhunkovskaya 482

Regula Eichenberger 483

Betty Skelton Frankman

Erde 484

Joanna Lillie Fay 485

Claire Fahy 486

Ilse Fastenrath 487

Rosina Ferrario 487

Linda Finch 488

Anna Lee Fisher 488

Edith Foltz 489

Claudia Jakolewna

Fomicheva 489

Cornelia Clark Fort 490

Wally Funk 490

Anna Marie Scott Fuqua 492

Ljuba Galanschikoff 492

Lillian Gatlin 493

Margaret („Maggie“) Gee

494

Viola Gentry 494

Agathe Gerdes 495

Betty Huyler Gillies 495

Linda Maxine Godwin 496

Therese Görgen 497

Pauline Gower 497

Walentina Stepanowna

Grisodubowa 498

Hertha von Gronau 499

Doris Grove 499

Claudie Haigneré 500

Marylise Ben Haim 501

Mary („Mae“) Haizlip 503

Marion Rice Hart 504

Elisabeth Hartmann 505

Else Haugk 505

Hay Drummond-Hay,

Grace Marguerite 506

Gloria Heath 507

Lady Mary Heath 508

Käthe Heidrich 509

Susan J. Helms 510

Sonja Hertig 510

Jeanne Herveux 511

Joan Elizabeth Miller

Higginbotham 512

Helen Harris Hodge 512

Lotte Hogeweg 513

Jeanne Holm 514

Leda Richberg Hornsby 514

10

Jean Ross Howard-Phelan

514

Millie Elizabeth Hughes-

Fulford 515

Tadashi Hyodo 515

Anne-Marie Imbrecq 515

Marsha Sue Ivins 516

Gidsken Jakobsen 516

Marion S. Jayne 517

Anna Alexandrowna

Jegorowa 517

Tamara Elizabeth Jernigan

519

Evelyn Brian Johnson 519

Nina Kamnewa 520

Svetlana Kapanina 520

Rayna Kasabova 521

Janet Lynn Kavandi 521

Tamara Kazarinova 522

Peggy Kelman 523

Gaby Kennard 523

Leslie F. Kenne 524

Cecil („Teddy“) Kenyon 524

Valeria Dmitrievna

Khomyakova 524

Kwon Ki-ok 525

Olga Klepikowa 526

Florence Klingensmith 527

Brooke Knapp 527

Jelena Wladimirowna

Kondakowa 528

Hanna Kunath 528

Opal Kunz 529

Bozena Láglerová 530

Evi Lausmann 530

Wendy Barrien Lawrence

531

Deborah Jane Lawrie 531

Hazel Ying Lee 532

Anna Leska 533

Janina Lewandowska 533

Anneliese Lieben 534

Elizabeth Lion 535

Lydia Litvyak 535

Clara Livingston 538

Doris E. Lockness 539

Ila Loetscher 540

Vera Lomako 540

Nancy Harkness Love 541

Nicole Lunemann 542

Nancy Lynn 543

Marie-Luise Maar 543

Mary von Mach 544

Anésia Pinheiro Machado

544

Angelika Machinek 545

Elsie Mackay 546

Sandra Hall Magnus 548

Eva Mahlkuch 548

Pelagia Majewska 549

Nicole Malachowski 550

Leyla Mammadbeyova 550

Karin Mannesmann 551

Rosemary Bryant Mariner

551

Frances Harrell Marsalis

552

Teresa de Marzo 552

11

Angela Masson 553

Katarina Matanovic-

Kulenovic 554

Katherine Megan

McArthur 554

Lois McCallin 554

Helen McCloskey 555

Martha McSally 556

Natalya Meklin 556

Pamela Ann („Pam“)

Melroy 557

Martha Mendel 558

Marta Bohn Meyer 558

Bernetta Adams Miller 559

Betty Miller 560

Jessie Maude („Chubby“)

Miller 560

Robin Miller 563

Violet Milstead 564

Charlotte („Lotte“) Möhring

564

Barbara Morgan 565

Denise Moore 565

Katrina Mumaw 566

Sully D. Murphy 567

Jennifer Murray 567

Gabrielle Musy-Lüthi 568

Mary Myers 569

Erika Naumann 569

Judith Ann Neuffer 570

Ruth Rowland Nichols 570

Marthe Niel 572

Lisa Nowak 572

Blanche Noyes 573

Karen Lujean Nyberg 574

Ellen Ochoa 574

Jane Skiles O’Dea 575

Gladys O’Donnell 576

Elizabeth A. Okoreeh-Baah

577

Susan Oliver 577

Phoebe Fairgrave Omlie

578

Marion Alice Orr 579

Lotte Orthband 580

JoEllen Drag Oslund 581

Polina Denissowna

Ossipenko 581

Gudrun-Maria Osterkamp

581

Jeanne Pallier 582

Tamara Pamyatnykh 583

Neva Findley Paris 583

Jacquelyn Susan („Jackie“)

Parker 584

Park Kyung-won 584

Julie Payette 585

Felicity Peake 586

Ivy May Pearce 587

Dorothy Rice Peirce 588

Margaret Perry 589

Elizabeth („Betty“) Pfister

589

Gaétane Picard 590

Jeannette Piccard 590

Ursula Pielsticker 591

Jadwiga Pilsudska 592

Martha Pix 593

12

Hélène de Plagino 593

Rosalie Poitevin 594

Judith Resnik 595

Marthe Betenfeld Richer

596

Helen Richey 596

Rosl Richter 597

Beatrix de Rijk 598

Margaret Ray Ringenberg

598

Elfriede Riotte 599

Lynn Rippelmeyer 600

Else Roos 600

Jewgenija Rudneva 600

Louise Sacchi 601

Helena P. Samsonova 601

Eva Schmidt 602

Feodora („Dolly“) Schmidt

603

Henny Schmidt 604

Margret Schmidt 604

Lola Schröter 605

Christl-Marie Schultes 605

Sheila Scott 608

Margaret Rhea Seddon 609

Florenz Seidell 609

Prinzessin Eugenie

Michailowna

Shakhovskaya 610

Helen Patricia Sharman 611

Evelyn Sharp 612

Dolly Shepherd 612

Elinor Smith 613

Joan Merriam Smith 614

Neta Snook 615

Irena Sosnowska-Karpik

616

Winifred Spooner 616

Cheryl Stearns 617

Lilly Steinschneider 618

Susan Leigh Still-Kilrain 619

Cheridah de Beauvoir

Stocks 620

Antonie Straßmann 620

Marie Surcouf 621

Lidija Swerewa 622

Louise Thaden 623

Irma Thomas 626

Freda Thompson 627

Bonnie Tiburzi 627

Nancy Hopkins Tier 628

E. Lillian Todd 629

Mutz Trense 630

Evelyn („Bobby“) Trout 630

Ruthy Tu 632

Polly Vacher 633

Nezihe Viranyah 633

Gretel Völker 633

Eileen Vollick 634

Janice Elaine Voss 634

Pat („Patty“) Wagner 635

Patty Wagstaff 636

Diana Barnato Walker 636

Vera Dawn Walker 637

Margrit Waltz 638

Emily Howell Warner 639

Mary E. Weber 639

Gisela Weinreich 640

13

Ann Welch 640

Fay Gillis Wells 641

Tony Werntgen 643

Marie-Luise Wessel 643

Inge Wetzel 643

Peggy Whitson 644

Edna Gardner Whyte 645

Turi Wideroe 646

Sunita Lyn („Suni“)

Williams 646

Stephanie Wilson 647

Iris Wittig 648

Ann Wood-Kelly 649

Jessie E. Woods 650

Olga Yamshchikova 650

Jeana Yeaeger 652

Hanadi Zakaria al-Hindi 653

Liesel Zangemeister 653

Jekaterina Zelyenko 654

Berta Zeron 654

Daten und Fakten

Seite 655

Literaturverzeichnis

Seite 684

Bildquellen

Seite 691

Der Autor

Seite 693

14

15

Königinnen der Lüfte

Die Französin Jacqueline Auriol flog als erste Europäerin

schneller als der Schall. Sie und die Amerikanerin Jacqueline

Cochran erkämpften sich abwechselnd den Ruf, die „schnellste

Frau der Welt“ zu sein. Die Deutsche Hanna Reitsch wurde

erster weiblicher Flugkapitän, flog als erste Frau einen Hub-

schrauber und stellte mehr als 40 Rekorde aller Klassen und

Flugzeugtypen auf. Ihre Landsmännin Elly Beinhorn führte

ein legendenumwobenes Leben und prägte die sportlichen

Anfän-ge der Fliegerei. Die Russin Valentina Tereschkowa war

die erste Frau im Weltall.

Diesen und anderen „Königinnen der Lüfte von A bis Z“ aus

aller Welt ist das gleichnamige Taschenbuch gewidmet. Es

berichtet nicht nur von strahlenden Erfolgen, sondern auch

von schmerzlichen Ereignissen. Bei Abstürzen verloren viele

Pilotinnen – wie Maryse Bastié, Amelia Earhart, Christa

McAuliffe, Phoebe Omlie und Melitta Schenk Gräfin von

Stauffenberg – sowie die Ballonfahrerin Madeleine Sophie

Blanchard – ihr Leben.

Ergänzt wird das Taschenbuch durch eine ausführliche Liste

mit Daten weiterer berühmter Fliegerinnen, Ballonfahrerinnen,

Flugzeugpassagierinnen, Fallschirmspringerinnen, Astronau-

tinnen und Kosmonautinnen.

Wie ein „roter Faden“ zieht sich durch das Taschenbuch, wie

schwer es früher Frauen von Männern gemacht wurde, das

Fliegen zu lernen und in der Luftfahrt Fuß zu fassen. Bis in

jüngste Zeit hatten Pilotinnen weltweit unter Vorurteilen zu

leiden.

Ernst Probst

16

17

Dank

Für Auskünfte, kritische Durchsicht von Texten

(Anmerkung: Etwaige Fehler gehen zu Lasten

des Verfassers), mancherlei Anregung, Diskussion

und andere Arten der Hilfe danke ich herzlich:

Eric G. Ackermann, Special Collections,

University Libraries, Virginia Tech, Blacksburg, USA

Otto Bauer jun., Oberstudienrat, Schongau

Otto Bauer sen., Orgelbaumeister, Schongau

Vladislav A. Arhipov, Ufa, Russland

Vernice Armour, Pilotin, USA

Jacqueline Auriol †, Pilotin, Frankreich

Jürgen Becker,

Spacefacts.de, www.spacefacts.de,

Mainz-Laubenheim

Elly Beinhorn †, Pilotin, Deutschland

Fiorenza de Bernardi, Pilotin, Italien

Werner Bittner, Deutsche Lufthansa AG,

Public Relations Dienste, Firmenarchiv, Köln

Regula Eichenberger, Pilotin, Schweiz

18

Josef Eimannsberger, Flugzeughistoriker, München,

Bayerische Flugzeug-Historiker. e.V., Oberschleißheim

Knut Hentzschel,

Mitglied des Vorstandes Förderverein Bücker-Museum

Rangsdorf e.V.

Henry M. Holden, Pilot und Autor, USA

Bette Davidson Kalash,

Jesse Davidson Aviation Archives, USA

Dr. David Lam, Luftfahrthistoriker,

Everberg, Belgien

Günter Lang, Diplom-Kaufmann, München,

Nachlassverwalter der Fliegerin Thea Knorr

Theo Lederer, Luftfahrthistoriker,

Bad Heilbrunn

Luftfahrt-Bundesamt, Braunschweig

Darryl Lund, Wellington, Neuseeland

Horst Lutter, Autor

Ian Mackersey, Autor, Auckland, Neuseeland

Alois Maiburg, Architekt, Wesseling

Waltraud Moog, Troisdorf

Präsidentin von

Ninety Nines, Deutsche Sektion

19

Norman G. Richards,

Archives Reference Team, Smithsonian National Air

and Space Museum, Washington

Professor Dr. med. Bernd Rosemeyer, München

Susanne Schödel,

1. Vorsitzende Dr.-Angelika-Machinek-Förderverein e.V.,

Kirchheim

Dr. Horst-Walter Schwager,

1. Vorsitzender Luftsportclub Bad Homburg, Usingen

Karl-Dieter Seifert, Berlin

Stadt Ingolstadt

Cris Takacs,

Collections Manager, International Women’s Air and Space

Museum, Cleveland (Ohio), USA

Sabine Trube, Flugkapitän, Neuss

Beate Uhse †, Beate Uhse Deutschland AG, Flensburg

20

21

Die erste Frau, die einen Alleinflug mit einem lenkbaren

Luftschiff wagte, war die Amerikanerin Aida de Acosta

(1884–1962), die nach zwei Ehen Aida de Acosta Root

Breckinridge hieß. Sie erkrankte später an Grauem Star, wurde

auf einen Auge blind und ermöglichte als großzügige

Spenderin die Gründung der ersten Augenklinik und der ersten

Augenbank in den USA.

Aida de Acosta kam am 28. Juli 1884 in Elberon im US-

Bundesstaat New York zur Welt. Ihr Vater Ricardo de Acosta

stammte aus Kuba und war Geschäftsführer einer Dampf-

schiffgesellschaft. Ihre Mutter Micaela Hernandez de Alba y

de Alba soll eine Nachfahrin der berühmten Herzogsfamilie

Alba in Spanien gewesen sein. Geschwister von Aida waren

die späteren Autorinnen Mercedes de Acosta (1893–1968) und

Rita de Acosta Lydig (1875–1929).

Im Alter von 18 Jahren reiste Aida de Acosta mit ihrer Mutter

nach Paris. In der französischen Hauptstadt lernte sie den

brasilianischen Luftfahrtpionier Alberto Santos-Dumont

(1873–1932) kennen, der ihr sein Luftschiff zeigte. Santos-

Dumont war damals eine Attraktion in Paris. Er flog oft mit

seinem Luftschiff in die Innenstadt zu seinem Lieblings-

Aida de Acosta

Erster Alleinflug mit einem

lenkbaren Luftschiff

22

Restaurant und parkte sein Luftschiff auf der Straße, während

er sein Abendessen einnahm. Aida war von Santos-Dumont

begeistert und wagte am 9. Juli 1903 einen Alleinflug mit dessen

Luftschiff. Sie segelte oben durch die Lüfte, er fuhr unten mit

dem Fahrrad und dirigierte sie mit seinen Armen und Zurufen.

Der erste Flug von Aida de Acosta endete auf einem Polo-

Spielfeld am nördlichen Ende des Parks Bois de Boulogne

während eines Spiels zwischen einer amerikanischen und einer

britischen Mannschaft. Zuschauer des Polo-Spiels helfen Aida

aus dem Korb des Luftschiffes. Nach einigen Polo-Spielen

von Alberto stieg die junge Frau wieder in den Korb des

Luftschiffes und flog zurück nach Neuilly St. James, wo die

anderhalb Stunden lange Luftreise endete.

Aida de Acosta erzählte später, Alberto Santos-Dumont habe

sie nach ihrer ersten Landung gefragt, wie es ihr während des

Fluges ergangen sei. Sie antwortete, es sei sehr schön gewesen.

Daraufhin erklärte ihr der brasilianische Luftfahrtpionier, sie

sei die erste Frau, die alleine in einem lenkbaren Luftschiff

geflogen sei. Und diese Feststellung war vollkommen richtig:

Denn die Brüder Orville Wright (1871–1948) und Wilbur

Wright (1867–1912) unternahmen 1903 erst einige Monate

später den ersten gesteuerten Motorflug mit einem Doppel-

decker.

Als die Eltern vom aufsehenerregenden Flug ihrer Tochter

Aida erfuhren, waren sie entsetzt. Sie befürchteten, dass kein

Mann eine Frau, die so etwas getan habe, sie noch heiraten

würde. Aus diesem Grund bewahrte die Familie Stillschweigen

über die ungewöhnliche Flugreise in Frankreich.

Aida de Acosta und Alberto Santos-Dumont haben sich aus

den Augen verloren. Es heißt aber, Santos-Dumont habe auf

seinem Schreibtisch ein Bild von Aida aufbewahrt. Aus diesem

Grund spekulierten Biographen des Flugpioniers Santos-

Dumont, nach dem die brasilianische Stadt Santos Dumont

benannt ist, eine romantische Beziehung zwischen beiden. Aida

23

soll aber nach seinem Tod gesagt haben, dass sie diesen Mann

kaum gekannt habe. So etwas sagen aber Frauen nicht

selten ...

Alberto Santos Dumont wird im Online-Lexikon „Wikipedia“

als brasilianischer Luftschiffer, Motorflugpionier und Erfinder,

der den Beginn der motorisierten Luftfahrt vor allem in seinem

Schaffensland Frankreich mit prägte, gewürdigt. Nach meh-

reren Fahrten mit verschiedenen selbstgebauten Luftschiffen

führte er 1906 auch den ersten öffentlichen Motorflug der

Welt mit einem Flugzeug durch. Oft wird er als „Vater der

Luftfahrt“ bezeichnet. Ihm zu Ehren hat man den lokalen

Flughafen von Rio de Janeiro als „Aeroporto Santos Dumont“

bezeichnet.

1908 heiratete Aida de Acosta den Neffen Oren Root des

amerikanischen Staatsmannes Elihu Root (1845–1937), der

1912 den Friedensnobelpreis erhielt. Aus dieser Ehe gingen

der Sohn Oren Root jr. (1911–1995) und die Tochter Alva de

Acosta Root (geb. 1914) hervor.

1922 war für Aida de Acosta kein gutes Jahr. Damals endete

ihre erste Ehe und erkrankte eines ihrer Augen an Grauem

Star (Glaukom). Ihr Augenarzt war kein Geringerer als William

Holland Wilmer (1863–1936), den das „Time-Magazine“ für

den größten Augenchirurgen, den die USA jemals hatten,

bezeichnete. Aida verlor auf einem Auge ihr Sehvermögen,

aber der berühmte Augenarzt konnte zumindest das andere

Auge retten.

Auf Anregung von Dr. Wilmer spendete Aida de Acosta 1925

drei Millionen Dollar für die Errichtung des „Wilmer Eye

Instituts“ im „John Hopkins Hospital“ in Baltimore (Mary-

land), der ersten Augenklinik in den USA. 1945 gründete sie

die erste Augenbank der USA und wurde deren Direktorin.

1947 schloss Aida de Acosta ihre zweite Ehe mit Oberst Henry

S. Breckinridge. Ihr Ehemann arbeitete als Anwalt und vertrat

zum Beispiel den amerikanischen Luftpionier Charles A.

24

Lindbergh (1902–1974) während der Entführung von dessen

Baby.

Erst in den 1930-er Jahren erzählte Aida de Acosta Root

Breckinridge ihrem zweiten Ehemann und einem jungen

Marine-Offizier namens Lieutenant George Calnan von ihrem

Flugabenteuer in Frankreich. Ihre zweite Ehe wurde 1947

geschieden.

Am 26. Mai 1962 ist Aida de Acosta Root Breckinridge in

Bedford im Bundesstaat New York im Alter von 77 Jahren

gestorben. Ihren Namen findet man heute in den Annalen

der Luftfahrt und der Augenmedizin.

25

Die erste Pilotin und die erste Fallschirmspringerin Schwe-

dens war Elsa Andersson (1897–1922). Im Volksmund

hat man diese aus Schonen (Skana) stammende Fliegerin und

Fallschirmspringerin als „Die verwegene Schonin“ (schwe-

disch: „Den käcka Skanskan“) bezeichnet. Sie kam in jungen

Jahren bei einem Auftritt als Fallschirmspringerin in ihrem

Heimatland auf tragische Weise ums Leben.

Elsa Andersson wurde 1897 als ältestes von sechs Kindern

auf dem Bauernhof Petersgard bei Vegeholm auf Schonen

geboren. Ihre Familie zog später in das nicht weit davon

entfernte Dorf Strövelstorp unweit von Ängelholm auf

Schonen. Strövelstorp wird in der Literatur oft irrtümlich als

ihr Geburtsort bezeichnet. Der Bauernhof Petersgard bei

Vegeholm, in dem Elsa tatsächlich zur Welt kam, hieß später

Sandakra und wurde 1926 abgerissen.

Elsa war die Tochter des Bauern Edvard Andersson und dessen

Ehefrau Alma Svensson. Ihr Vater betätigte sich auch als

Schöffe, Treuhänder, Auktionator und Jäger. Ihre Mutter starb

früh bei der Geburt von Elsas jüngerer Schwester Stina. Dieser

Schicksalsschlag traf die kleine Elsa 1903 im Alter von sechs

Jahren. Stina war als Erwachsene eine beliebte Kranken-

Elsa Andersson

Die erste Pilotin

Schwedens

26

schwester. Ihr Bruder Sture wanderte als Erwachsener in die

USA aus.

Im Kindesalter konnte Elsa gut zeichnen und malen. Außer-

dem liebte sie die Musik. 1913 erlebte sie als Teenager eine

Luftschau des schwedischen Flugpioniers und Flugzeugkon-

strukteurs Enoch Thulin (1881–1919), wobei ihr Interesse für

die Fliegerei erwachte. Ein anderes Mal sah sie eine Luftschau

in Ljungbyhed. Die bei diesen Veranstaltungen fliegenden

Maschinen waren kleine und klapprige Konstruktionen aus

Holz, Leinwand und Klavierdraht und hatten nur eine Motor-

leistung von 20 bis 25 PS.

Ab 3. Juli 1919 besuchte Elsa Andersson die seit 1915

bestehende Flugschule von Enoch Thulin in Ljungbyhed.

Thulin hatte vor dem Ersten Weltkrieg (1914–1918) mehrere

vielbeachtete Langstreckenflüge – zum Beispiel von Paris nach

Landskrona – unternommen. In Landskrona gründete er eine

Flugzeugfabrik, in der verschiedene Flugzeugtypen konstruiert

wurden, und plante die Herstellung von Autos und Motor-

rädern. Doch er konnte seine Pläne nicht mehr verwirklichen,

weil er am 14. Mai 1919 bei einem Flugzeugabsturz in Lands-

krona im Alter von nur 38 Jahren ums Leben kam.

Eine Pilotenausbildung war damals ein teures Vergnügen, das

sich fast nur Flugschüler aus reichen Familien leisten konnten.

Jeder Flugschüler musste insgesamt 4.000 schwedische Kronen

aufbringen, wovon eine Hälfte auf den Studienbeitrag entfiel

und die andere Hälfte für eine eventuelle Instandsetzung des

Flugzeugs hinterlegt werden musste. Diese Kosten hat

angeblich der Vater von Elsa Andersson übernommen.

Am 30. Mai 1920 erhielt Elsa Andersson ihren Pilotenschein

( Lizenz Nr. 203). Damit war sie die erste schwedische Pilotin

und mit der Nummer 101 die letzte Frau, die Thulins

Flugschule besuchte. Ruth Bergman, die vor Elsa bei Thulin

in die Lehre gegangen war, hatte ihre Ausbildung nicht

abgeschlossen.

27

Im August 1920 erschien in der Publikation „Flying“ ein

Pressebericht, in dem Elsa Andersson über ihre Ausbildung

zur Pilotin erzählte. Ein weiterer Pressebericht im Sommer

1920 schilderte einen Flug von Elsa mit einem Journalisten

als Passagier von Ljungbyhed nach Göteburg. Ihr Passagier

fühlte sich dabei krank, litt unter dem Motorenlärm und

wunderte sich darüber, dass die Pilotin offenbar keine Nerven

hatte. 1920 entstand auch eine Zeichnung mit dem Porträt

von Elsa Andersson, die ihre Freundin, die in Vegeholm

aufgewachsene Malerin und Modeschöpferin Astrid Dahl,

angefertigt hat.

Nach dem Erhalt des Pilotenscheins wollte sich die unab-

hängige, mutige und unkonventionelle Elsa Andersson in

Schweden zur Fallschirmspringerin ausbilden lassen. Doch

dazu kam es nicht, weil sich der einzige auf diesem Gebiet

tätige schwedische Experte, der Fallschirmspringer Raoul

Thörnblad (1891–1956), weigerte, eine Frau zu unterrichten.

Elsa ließ sich dadurch nicht entmutigen, reiste nach Deutsch-

land, besuchte dort die Fallschirmspringerschule des Luft-

schiffbau-Ingenieurs Otto Heinecke in Berlin und erhielt theo-

retischen Unterricht. Ihre praktische Ausbildung erhielt sie von

der holländischen Fallschirmspringerin Lisa Bamberg. Am 28.

September 1921 nahm Elsa glücklich ihr Zertifikat über die

im Elsass zugelassene Fallschirm-Ausbildung entgegen.

Elsa Anderssons erster Fallschirmsprung in Schweden erfolgte

bereits am Sonntag, 2. Oktober 1921, bei einem Flugtag auf

dem Truppenübungsplatz Boden Nasby in Kristianstad. Bei

herrlichem Herbstwetter sprang sie vor Tausenden von

Zuschauern/innen aus rund 700 Meter Höhe ab und landete

feucht, aber völlig unversehrt am Meeresstrand. Damit war

sie auch die erste schwedische Fallschirmspringerin.

Eine Woche später wagte Elsa Andersson am Sonntag, 9.

Oktober 1921, einen zweiten Absprung bei einem Flugtag in

Helsingborg, bei dem sie sich einen Fuß verstauchte. Vorher

28

hatten sich ein deutscher und ein schwedischer Pilot

geringschätzig über ihren Fallschirm geäußert, den sie abfällig

– nach seinem Erfinder Otto Heinecke – als „Heinecke-

Tasche“ bezeichneten. Der Deutsche wollte diesen Fallschirm

nicht für eine Millon benutzen, der Schwede nur in Todes-

gefahr.

Vor mehr als 4.000 Zuschauern unternahm Elsa Andersson

am Sonntag, 22. Januar 1922, bei einem von der Örebro-

Fluggesellschaft organisierten Flugtag über dem zugefrorenen

Alsen-See bei Askersund ihren dritten Fallschirmsprung. Sie

sprang aus einer Höhe von etwa 700 Metern aus dem von

dem Piloten Carl Albin Lundberg gesteuerten Flugzeug ab,

wobei sich unglücklicherweise die Leinen des Fallschirms

verhedderten. Kurz über Baumwipfeln in etwa 50 Meter Höhe

konnte Elsa zwar noch den Fallschirm öffnen, aber dies war

zu spät und sie schlug nahezu ungebremst im bergigen Gelände

neben dem See auf und war sofort tot.

Einige Tage später wurde Elsa Andersson am Montag, 30.

Januar 1922, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf

dem Kirchenfriedhof von Strövelstorp beigesetzt. An der

Beisetzung nahmen Tausende von Menschen teil. Die Fahnen

standen auf Halbmast und die Straße vor ihrem Geburtshaus

bei Vegeholm und vor der Kirche in Strövelstorp war mit

Tannenzweigen geschmückt. Königin Victoria (1862–1930)

von Schweden schickte dem Vater von Elsa Andersson ein

Telegramm und drückte ihm darin ihr tiefes Bedauern über

den Tod seiner Tochter aus. Dieses Telegramm blieb bis heute

erhalten. Auf dem Friedhof in Strövelstorp wird das Grab

von Elsa häufig besucht und oft mit frischen Blumen ge-

schmückt.

Elsa Andersson ist in Strövelstorp unvergessen. Alte Briefe,

Fotos, vergilbte Zeitungsausschnitte, der Ausbildungsvertrag

an der Flugschule von Enoch Thulin und ein kleines Notizbuch

von ihr werden wie Reliquien sorgfältig aufbewahrt. In das

29

Notizbuch hatte sie mit schöner Handschrift 49 Rätsel und

Antworten eingetragen. Der Platz für das 50. Rätsel blieb leer.

Vier Jahre nach dem tödlichen Fallschirmsprung von 1922

errichtete der königliche schwedische Aero-Club 1926 am

Sterbeort von Elsa Anderssson einen drei Meter hohen

Gedenkstein in Form eines Obelisken.

1996 veröffentlichte der schwedische Autor Jacques Werup

den Roman „Den ofullbordade himlen“ („Der unvollendete

Himmel“, in dem er das Leben von Elsa Andersson schilderte.

Basierend auf diesem Roman entstand 2001 der 154 Minuten

lange Film „Sa vit som en snö“ („So weiß wie der Schnee“), in

dem die schwedische Schauspielerin Amanda Ooms (geboren

1964) die Rolle der schwedischen Luftfahrtpionierin spielte.

Am 16. Februar 2001 feierte dieser Film in Schweden seine

Premiere.

Die Handlung dieses Films, der 2001 bei den „Nordischen

Filmtagen Lübeck“ gezeigt wurde: Elsa Andersson wächst zu

Beginn des 20. Jahrhunderts auf einem schwedischen

Bauernhof auf. Sie ist ein einfühlsames und rebellisches Kind,

das nie verwinden kann, dass die Mutter bei der Geburt der

jüngeren Schwester Stina gestorben ist und der Vater bald

darauf die Haushälterin Frida Bengtsson geheiratet hat. Mit

22 Jahren wird Elsa als erste Frau an der Fliegerschule in

Ljungbyhed aufgenommen. Viele Männer verehren sie, aber

der, den sie liebt, kommt bei einem Flugzeugabsturz ums

Leben. Sie folgt einem deutschen Fallschirmfabrikanten nach

Berlin und lässt sich von der Holländerin Lise Bamberg im

Fallschirmspringen ausbilden. Zurück in Schweden fordert sie

als Fallschirmspringerin bei Schausprüngen das Schicksal

heraus.

Regie bei dem Film „So weiß wie der Schnee“ führte der

schwedische Regisseur Jan Troell. Er kam 1931 in Linhamn

bei Malmö im südschwedischen Schonen zur Welt. In dieser

Landschaft, aus der – wie erwähnt – auch Elsa Andersson

30

stammt, spielen viele seiner Filme. Dort arbeitete er zunächst

neun Jahre lang als Lehrer und drehte gleichzeitig seine Kurz-

und Dokumentarfilme. 2002 wurde „So weiß wie der Schnee“

von den schwedischen Filmkritikern mit dem „Guldbagge“

als bester schwedischer Film des Jahres ausgezeichnet.

Im „Ängelholm Flygmuseum“ in Ängelholm erinnert eine

Gedenkausstellung an das Leben der ersten schwedischen

Pilotin und Fallschirmspringerin Elsa Andersson.

31

Die erste Europäerin, die schneller als der Schall flog, war

die französische Pilotin Jacqueline Auriol (1917–2000),

geborene Jacqueline Marie-Thérèse Suzanne Douet. Sie stellte

einige Weltrekorde auf, war mehrfach – abwechselnd mit

Jacqueline Cochran – „die schnellste Frau der Welt“ und galt

international als eine der besten Pilotinnen.

Jacqueline Marie-Thérèse Suzanne Douet wurde am 5.

November 1917 in Challans Vendée als Tochter des Holz-

händlers Pierre Douet geboren. Sie besuchte die katholische

Klosterschule „Blanche-de-Castille“ in Nantes sowie das „Col-

lege Lycée Prives Notre-Dame-de-Sion“ und die Hochschule

„École du Louvre“ in Paris. Im Februar 1938 heiratete die 20-

Jährige den nahezu gleichaltrigen Paul Auriol (1918–1992), den

Sohn des späteren Präsidenten der französischen Republik.

Aus dieser Ehe gingen 1938 der Sohn Jean-Claude und 1941

der Sohn Jean-Paul hervor.

1947 begegnete die 29-Jährige bei einem Dinner im Prä-

sidentenpalais dem französischen Flieger Raymond Guillaume.

Er schwärmte: „Beim Fliegen bleibt alles am Boden zurück.

Es gibt nur zwei Dinge dort oben: Leben und Tod“. Seine

Jaqueline Auriol

Sie durchbrach als erste

Europäerin die Schallmauer

32

Worte fielen bei der zweifachen Mutter auf fruchtbaren Boden.

Denn die High Society und Repräsentationspflichten an der

Seite ihres Mannes, der als Sekretär seines Vater arbeitete,

füllten sie nicht aus. Die Kinder sind bereits dem Babyalter

entwachsen gewesen.

Ihr Gatte, der früher selbst Kampfflieger gewesen war, zeigte

sich von der Idee Jacquelines begeistert, der Schwiegervater

dagegen weniger. Als sich zeigte, dass Jacqueline eine große

Begabung für die Fliegerei besaß, ließ sie sich auch im Kunstflug

ausbilden. Zwischen 1948 und 1954 erwarb sie sechs ver-

schiedene Pilotenscheine für sämtliche Flugzeugtypen, auch

für Segelflugzeuge. Aufgrund ihres fliegerischen Könnens

konnte sie bald als Einfliegerin und Testpilotin arbeiten.

Im Juli 1949 startete Jacqueline Auriol in Paris als einzige Frau

unter 20 männlichen Kunstfliegern. Nach diesem Auftritt als

tollkühne Luftakrobatin verlieh man ihr den Spitznamen „La

Lionne“ („die Löwin“). Eine Woche später stürzte Jacqueline

am 11. Juli 1949 als Kopilotin in einem Wasserflugzeug in die

Seine. Sie überlebte das Unglück, erlitt aber schwere Ge-

sichtsverletzungen. Danach musste sie eine Stahlmaske tragen,

monatelang flüssig ernährt werden und fast anderthalb Jahre

in Kliniken verbringen. Selbst ihre eigenen Kinder erkannten

sie nicht mehr.

Um sich von den Unfallfolgen abzulenken, studierte die ans

Bett gefesselte und entstellte Jacqueline Auriol eifrig Aero-

nautik, Algebra und Trigonometrie. In den USA gelang es

Schönheitschirurgen, innerhalb von zwei Jahren mit 22

Eingriffen das ehedem liebreizende und photogene Gesicht

wiederherzustellen. Später erzählte Jacqueline, sie sei sich zwölf

Jahre lang beim Blick in den Spiegel fremd vorgekommen.

Gleich nach ihrer letzten Operation in den USA absolvierte

Jacqueline Auriol ihr Diplom als Hubschrauberpilotin. Nach

ihrer Gesundung wollte sie den von der amerikanischen

Fliegerin Jacqueline Cochran (1906–1963), einer Freundin von

33

ihr, gehaltenen Geschwindigkeitsrekord für Frauen brechen.

Dieses Vorhaben gelang ihr am 11. Mai 1951 auf dem Flugplatz

Villacoublay bei Paris mit einem britischen „Vampire“-

Düsenjäger: Mit 818,181 Stundenkilometern wurde sie die

„schnellste Frau der Welt“. Im September 1952 erhielt

Jacqueline in Frankreich das „Kreuz der Ehrenlegion“.

Der amerikanische Präsident Harry Spencer Truman (1884–

1972) verlieh Jacqueline Auriol im November 1952 im „Weißen

Haus“ in Washington die „Internationale Harmon Trophy“

für hervorragende fliegerische Leistungen. Diese „Harmon

Trophy“ wird seit 1926 alljährlich international in drei

Kategorien vergeben: 1. an einen herausragenden Flieger, 2.

an eine herausragende Fliegerin und 3. an Aeronauten

(Ballonfahrer oder Luftschiffer). Die vierte Kategorie ist die

„National Trophy“ in jedem der Mitgliedsstaaten. Der Name

der „Harmon Trophy“ erinnert an den amerikanischen

Ballonfahrer und Piloten Clifford B. Harmon (1866–1945),

den wohlhabenden Sponsor dieser Auszeichnung. Die

„Internationale Harmon Trophy“ als „beste Fliegerin der Welt“

erhielt Jacqueline auch 1951, 1953, 1955 und 1956.

Am 21. Dezember 1952 glückte Jacqueline Auriol ein neuer

Weltrekord für Frauen: Mit einer „Mistral 76“ erreichte sie

zwischen Avignon und Istres über 100 Kilometer Flugstrecke

eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 856 Stunden-

kilometern. Damals trugen Jacqueline Auriol und Jacqueline

Cochran abwechselnd den Ehrentitel „schnellste Frau der

Welt“.

Als erste Europäerin durchbrach Jacqueline Auriol am 15.

August 1953 mit einem Düsenjäger des Tpys „Mystère-IV-N“

die Schallmauer (Mach 1): Sie erreichte 1.195 Stunden-

kilometer. Ein neuer Geschwindigkeits-Weltrekord für Frauen

folgte am 31. Mai 1955: Nun überbot Jacqueline Auriol mit

einem Düsenjäger vom Typ „Mystère IV“ mit 1.200 Stunden-

kilometern den Rekord von Jacqueline Cochran.

34

Mitte der 1950-er Jahre besaß der Titel „Schnellste Frau der

Welt“ nur noch repräsentative Bedeutung. Denn vom 1. Juli

1955 bis Anfang 1956 hatte der „Internationale Luftsport-

verband“ den Geschwindigkeits-Weltrekordtitel für Frauen

abgeschafft.

Am 26. August 1959 übertraf Jacqueline Auriol ihre eigene

Bestleistung vom Mai 1955 deutlich: Sie schaffte mit einem

Düsenjäger vom Typ „Mirage III“ eine Rekordgeschwindigkeit

von 2.150 Stundenkilometern. Der Flug fand über dem

Flughafen Istres statt. Drei Jahre später, am 22. Juni 1962, brach

Jacqueline mit einem neuen französischen Düsenjäger, dem

„Mistral III“, mit 1.849 Stundenkilometern erneut den

internationalen Schnelligkeitsrekord für Frauen über eine

Strecke von 100 Kilometern.

Mit einer „Mirage III-R“, glückte Jacqueline Auriol am 14. Juni

1963 in Istres ein neuer Rekord. Dabei erreichte sie 2.038,7

Stundenkilometer. 1964 gelang ihr ein weiterer Rekord.

Nach ihrem folgenschweren Absturz vom Juli 1949 absolvierte

Jacqueline Auriol unfallfrei noch mehr als 4.000 Flugstunden.

Insgesamt flog sie als Testpilotin rund 100 verschiedene

Militärflugzeuge. Sie rauchte und lachte gerne und war auf

ihren ältesten Sohn stolz, der bereits im Alter von 17 Jahren

seinen Pilotenschein erworben hat.

1967 endete die 1938 geschlossene Ehe von Jacqueline Auriol

und Paul Auriol mit der Scheidung. Doch 1987 entschlossen

sich beide zur Wiederheirat.Am 26. April 1992 betrauerte

Jacqueline den Tod ihres Ehemannes Paul.

Jacqueline Auriol starb am Abend des 11. Februar 2000 im

Alter von 82 Jahren in ihrer Pariser Wohnung. 2003 wurde sie

von der „Women in Aviation International“ („WAI“) anlässlich

des Jubiläums „Centennial of Flight Woman in Aviation“ als

eine der 100 wichtigsten Frauen in der Luft- und Raum-

fahrtindustrie geehrt.

35

Die erfolgreichste deutsche Kunstfliegerin zwischen 1930

und 1970 dürfte Liesel Bach (1905–1992) gewesen sein.

Zu ihren herausragendsten fliegerischen Leistungen gehört der

erste Flug einer Frau über den Himalaja im Jahre 1951.

Elisabeth Bach kam am 14. Juni 1905 in Bonn am Rhein als

Tochter eines Fabrikanten zur Welt. Statt Elisabeth wurde sie

immer Liesel genannt. Sie war – laut ihren eigenen Erinne-

rungen – ein wildes und ungestümes Kind. Wenn Nachbars-

kinder nach ihr fragten, antwortete ihre Mutter oft, Liesel sei

unten im Hof oder auf einem Baum.

Einmal löste Liesel im Auto ihres Vaters die Handbremse und

das Fahrzeug kam erst an einem Baum zum Stehen. Ein

anderes Mal kletterte sie auf den Bock des Bierwagens, den

der Kutscher vor dem Haus ihrer Eltern abgestellt hatte, und

lenkte den Wagen durch die Straßen, wobei die Pferde immer

schneller wurden. Zum Glück konnte ein mutiger Passant, der

unter Lebensgefahr den Pferden in die Zügel griff, die rasante

Fahrt stoppen.

Liesel Bach war erst elf Jahre alt, als ihre Mutter viel zu früh

starb. Ihr Vater heiratete danach wieder. Ihren aus der zweiten

Liesel Bach

Deutschlands erfolgreichste

Kunstfliegerin

36

Ehe hervorgegangenen Halbbruder Guido liebte Liesel sehr.

Der Vater schickte Liesel in ein Pensionat, damit sie endlich

ein gesittetes Leben beginnen sollte. Dort war das intelligente

und sportliche Mädchen trotz zahlreicher Streiche eine gute

Schülerin. Beim Abschied von Liesel aus dem Pensionat sagte

dessen Direktor, nun werde es in seinem Haus ja wieder ruhig

werden.

Nach der Rückkehr ins Elternhaus war Liesel sportlich sehr

aktiv. Sie schwamm gerne, sprang vom Zehnmeter-Turm,

wurde Mitglied in der „Deutschen Turnerschaft“ und gewann

als Jugendschwimmerin im 5-Kilometer-Stromschwimmen

ihren ersten Lorbeerkranz.

Auf Wunsch ihres Vaters machte Liesel in einem Mode-Atelier

für Damen eine dreijährige Lehre und schloss diese mit einem

Gesellenbrief ab. Danach arbeitete sie zwei Jahre lang als

Schneiderin, kündigte dann unerwartet und trat in ein Tur-

nerinnenseminar ein. Sie bestand das Examen als Turn- und

Sportlehrerin und nahm als vielseitige Sportlerin an Wett-

kämpfen verschiedener Sportarten teil. Bei den Schwimm-

Meisterschaften der „Deutschen Turnerschaft“ wurde sie

Siegerin im Turmspringen, dies war ihre erste „Deutsche

Meisterschaft“, der weitere folgten.

Nachdem sie erstmals mit einem Bekannten, der sich ein

Flugzeug gekauft hatte, in Bonn-Hangelar mitfliegen durfte,

interessierte sich Liesel Bach auch für die Fliegerei und wollte

Pilotin werden. Von diesem Wunsch ließ sie auch nicht ab, als

die Maschine, in der sie zum ersten Mal geflogen war, zwei

Tage später bei einem Flugtag abstürzte und dabei der Pilot

sowie mehrere Besucher starben.

Spontan wurde Liesel Bach das einzige weibliche Mitglied im

Ortsverein des „Deutschen Leichtathlektik-Verbandes“

(„DLV“) und in der dortigen Segelfliegergruppe. Fortan war

sie oft auf dem Flughafen Bonn-Hangelar zu Gast. Als sie

dort eines Tages in einem Raum mit Sportgeräten am Barren

37

turnte, bemerkte sie, dass der Fluglehrer der Kölner Flieger-

schule, Jakob Möltgen (1888–1975), mit einem Schüler auf

dem Rollfeld landete. Sie rannte in kurzen Turnhosen zur

Maschine und fragte Möltgen atemlos, ob er sie in Köln schulen

könnte. Er sah sie an, nickte dann und kümmerte sich nicht

mehr weiter um sie.

Bald danach fuhr Liesel Bach zum Kölner Flughafen, wo sich

Möltgen an sie erinnerte, mit ihr einen kurzen Probeflug

unternahm und ihr einen Freiflugschein der Lufthansa zum

großen Rhön-Segelflugwettbewerb auf der Wasserkuppe

schenkte. Möltgen hatte mit sicherem Blick das sportliche

Talent von Liesel erkannt.

Kurze Zeit nach dem Wettbewerb in der Rhön erhielt Liesel

Bach von Willy Kanstein, dem Leiter der Kölner Polizei-

flugwache, einen der wohl wichtigsten Briefe ihres Lebens.

Darin stand, dass sie beim „Kölner Klub für Luftfahrt“ für

insgesamt 500 Reichsmark geschult werden könne. 200

Reichsmark müsse sie sofort anzahlen, weil dies die Prämie

für die Versicherung sei. Wenn sie sich gut anstelle, sei der

Club bereit, ihr die restlichen 300 Reichsmark zu erlassen,

müsse sich dann aber verpflichten, bei Veranstaltungen des

Clubs zu fliegen.

Am 10. September 1929 begann die zierliche Liesel Bach, die

den Spitznamen „Bachstelze“ trug, in Köln mit dem Flug-

unterricht. Nach 14 Stunden flog sie erstmals allein. Am 26.

November 1929 schloss sie mit einem Überlandflug von Köln

über Frankfurt am Main nach Bonn und zurück nach Köln

die Prüfung für den A2-Schein ab. Ein Bonner Pilot hatte

geunkt, wenn eine Frau nach Frankfurt finde, wolle er Michel

heißen. Obwohl das Wetter hundsmiserabel war und sie sich

anfangs „verfranzte“, fand Liesel schließlich doch den

richtigen Weg am Rhein entlang und landete sicher in Frankfurt

am Main. In Köln wartete ihr Fluglehrer Möltgen wie auf

Kohlen auf seine Schülerin und war sehr erleichtert, als Liesel

38

mit ihrer „Klemm“ in Köln eintraf. Sie war nun die erste Kölner

Pilotin.

Im April 1930 erwarb Liesel Bach auch den Kunstflugschein.

Zuvor hatte sie unter der Anleitung von Möltgen gelernt,

Steilkurven, den „Turn“ (eine hochgezogene Kehrtkurve), den

„Slip“ links und rechts sowie einen Looping zu fliegen. Der

Kunstflug war nun eine Leidenschaft, die sie nicht mehr

losließ.

Mit einem vom Klub ausgeliehenen Flugzeug des Typs

„Klemm L 26a“ (D-1798) meldete sich Liesel Bach für die

„Deutsche Kunstflugmeisterschaft für Damen“ am 29. Mai

1930 in Bonn-Hangelar an. Obwohl sie erst drei Wochen einen

Kunstflugschein besaß und somit ein Neuling war, gewann

sie bei einem Wettbewerb gegen ihre acht teilweise merklich

erfahreneren Konkurrentinnen. Als Siegespreis erhielt sie ein

funkelnagelneues Auto der Marke Opel, das sie mit nach

Hause nehmen durfte. Ihren Titel konnte sie in den folgenden

Jahren mehrfach erfolgreich verteidigen. Bei ihren ersten

Wettbewerben flog sich noch mit einer ausgeliehenen Ma-

schine, bald aber mit einer eigenen „Klemm L 26a“, die ihren

Namen trug.

Im Juni 1931 gewann Liesel Bach in Mailand die Europa-

meisterschaft im Damenkunstflug. Am 10. August 1931 wurde

sie – laut „Munzinger-Archiv“ – die erste Frau in Deutschland,

welche die Genehmigung zur Fliegerausbildung erhielt. Einige

Wochen später hatte sie erneut Grund zur Freude, als sie am

6. September 1931 auf dem Flugplatz Berlin-Tempelhof zum

zweiten Mal die „Deutsche Kunstflugmeisterschaft für Da-

men“ gewann.

Ende 1931 wagte Liesel Bach ihren ersten Fernflug mit Ziel

Sardinien. Weil sie wegen schlechten Wetters nicht auf dieser

Mittelmeerinsel landen konnte, flog sie nach Italien zurück.

Dort musste sie wegen Treibstoffmangels in Rom eine

Außenladung machen. In den 1930-er Jahren wandte sie sich

39

dem Nationalsozialismus zu, den sie bei ihren Auslandsreisen

verteidigte.

1930 und 1931 gewann Liesel Bach in Mailand den noch

inoffiziellen Titel als „Internationale Kunstflugmeisterin“. Am

28. April 1934 siegte sie mit einer „Klemm K1 28 XIV (D-

2495) in Vincennes bei Paris bei der „Internationalen Damen-

Kunstflugmeisterschaft“ („Coupe Féminines“), was damals der

Weltmeisterschaft entsprach. Einzige ernsthafte

Konkurrentin war die Französin Hélène Boucher (1908–

1934), weil die Deutsche Vera von Bissing (1906–2002) wegen

Krankheit und die Französin Adrienne Bolland (1896–1975)

wegen techni-scher Probleme an ihrem Flugzeug nicht

teilnehmen konnten. Auch diesen Titel konnte sie ein Jahr

später in Rouen erfolg-reich verteidigen.

1935 nahm Liesel Bach an der „Deutschen Kunstflugmei-

strerschaft“ teil und erkämpfte dabei als einzige Frau unter

den Teilnehmern einen respektablen dritten Platz. Weil ihre

Klemm auf einem von Jakob Möltgen durchgeführten Über-

führungsflug nach einer Notlandung verbrannt war, hatte sie

Gerhard Fieseler (1896–1987) dessen „Raka RK 26a Tiger-

schwalbe“ (D-1616) abgekauft und damit mehrere Flugtage

und Wettbewerbe bestritten.

Anlässlich der Olympiade 1936 in Berlin fanden auch zwei

Kunstflugveranstaltungen statt: Erstens der Damen-Kunst-

flugwettbewerb zur Eröffnung des Flugplatzes in Rangsdorf

im Juli 1936, wo Liesel Bach nach knapper Führung in der

Pflicht am Ende den Sieg noch Vera von Bissing überlassen

musste. Zweitens der Großflugtag in Tempelhof einige Tage

später, wo das Publikum als Bewerter die beiden Fliegerinnen

in genau umgekehrter Reihenfolge beurteilte, Liesel Bach also

zur Siegerin erkor.

Beim „IV. Internationalen Flugmeeting 1937“ in Zürich traten

Liesel Bach und Vera von Bissing lediglich im Schauprogramm

auf. Dabei flog Liesel mit einer „Bü 133 Jungmeister“.

40

Ein neuer sportlicher Wettstreit zwischen Liesel Bach und Vera

von Bissing folgte 1938 beim Zuverlässigkeitsflug der Sport-

fliegerinnen. Dabei flogen alle 13 Teilnehmerinnen mit einer

Maschine des Typs „Klemm K1 25“. Siegerin war Melitta

Schiller (1903–1945). Im Jahr darauf gewann Liesel Bach

mit einer „Bücker Bü 180 Student“ wieder diesen Wettbe-

werb.

Laut Online-Lexikon „Wikipedia“ ist über die Tätigkeit von

Liesel Bach während des Zweiten Weltkrieges (1939–1945)

wenig bekannt. Zunächst soll sie für die Luftwaffe als Kunst-

fluglehrerin gearbeitet, später als Angehörige des „Über-

führungsgeschwaders 1“ Flugzeuge zu den Flugparks

überführt haben. Es seien Maschinen bis zur „Junkers JU 87“

gewesen, für die ihr B2-Schein ausreichte, erklärte sie.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges glichen Überführungs-

flüge in Westdeutschland wegen Lufthoheit der Alliierten oft

Himmelfahrtskommandos. Liesel Bach war zwar für den

Notfall bewaffnet, aber es war nicht ihre Aufgabe, Luftkämpfe

auszutragen, sondern Feindberührung zu vermeiden und die

jeweilige Maschine heil an Ort und Stelle zu bringen. Deswegen

flog sie meistens dicht über Wäldern und verschwand bei

Sichtung von Feindfliegern in irgendeiner Waldschneise.

Einmal geriet sie bei der Überführung eines „Stukas“ nach

Köln im Nebel in eine Sperrzone mit Fesselballonen und wurde

beinahe von der eigenen Flak abgeschossen. Nur dank ihrer

Kunstflugakrobatik kam sie heil aus dem Gewirr von Drähten

und Seilen seitwärts heil heraus.

Vor Kriegsende setzte sich Liesel Bach mit ihrem Über-

führungsgeschwader aus dem eingeschlossenen Berlin ab. Über

Flensburg gelangte sie auf den Flughafen Leck in Nord-

friesland. Weihnachten 1945 war sie wieder zu Hause im

zerstörten Köln.

1950 erhielt Liesel Bach vom Präsidenten des indischen Aero-

Clubs eine Einladung. Sie sollte einige Monate in Kalkutta als

41

Gast des Clubs verbringen. In Indien durfte man damals im

Gegensatz zu Deutschland fliegen. Liesel flog Weihnachten

1950 von Düsseldorf aus nach Kalkutta. In Indien gab man

ihr die Möglichkeit, den indischen und den internationalen

Flugschein zu erwerben. Statt drei bis vier Monate – wie

ursprünglich geplant – blieb sie insgesamt drei Jahre in diesem

Land.

Im Februar 1951 trat Liesel Bach mit einer „Tiger Moth“ auf

dem Flugplatz Kampur vor rund 100.000 Zuschauern zum

„Asiatischen Kunstflugwettbewerb“ an und siegte. Der da-

malige Präsident der indischen Republik, Rajendra Prasad,

überreichte ihr die Siegestrophäe.

Um Liesel Bach einen Traum zu erfüllen, stellte ihr der

Chiefminister der Vereinigten Provinzen, Sir Govind Ballabh

Pant, sein zweimotoriges Flugzeug „Beech 18“ zur Verfügung.

Mit dieser Maschine startete sie Ende März 1951 auf dem

Flugplatz Halvani an der Grenze zu Nepal zum ersten Flug

einer Frau über den Himalaja. Nach zweieinhalb Stunden

kehrte sie wieder zurück. Die „Indische Luftwaffe“ erlaubte

ihr sogar, einige Platzrunden mit einer Spitfire zu drehen,

wenngleich in einer zweisitzigen mit Sicherheitspilot, der aber

nie eingreifen musste.

1952 konnte Liesel Bach auf Ceylon (Sri Lanka) ihren Kunst-

flugtitel erfolgreich verteidigen. Dabei musste sie in der

Herrenklasse antreten, weil keine eigene Damenkonkurrenz

geflogen wurde. In der Gesamtwertung kam sie auf den

zweiten Platz, als Frau auf den ersten Rang.

Vor ihrer Rückehr nach Deutschland wurde Liesel Bach 1953

vom Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru (1889–1964),

genannt Pandit Nehru, empfangen. In ihrem Heimatland

feierte sie ihr silbernes Flieger-Jubiläum und erhielt sie von

der „Divina-Film GmbH“ das Angebot, für deren Film „Sterne

über Colombo“ (1954) Flugszenen zu drehen und in einer

kleinen Rolle selbst aufzutreten.

42

1955 erhielt Deutschland wieder die Lufthoheit zurück. Nun

konnte sich Liesel Bach ein neues Flugzeug zulegen. Nämlich

eine „Klemm Kl 35 B“ mit einem 160 PS starken Motor. Mit

dieser Maschine beteiligte sie sich an verschiedenen

Wettbewerben, beispielsweise Deutschlandflügen und an der

„10. Deutschen Kunstflugmeisterschaft“ und 1963 an der

„Europameisterschaft für Damen“, die sie gewann. Dieses

Flugzeug steht jetzt im „Deutschen Technikmuseum“ in Berlin.

Bis zum Alter von 70 Jahren ist Liesel Bach geflogen. Danach

spielte sie wieder Tennis, was sie bereits als junges Mädchen

getant hatte. Aus diesem Grund zog sie in eine entsprechende

Anlage nach Bandol-Var in Südfrankreich, wo sie am 21. Januar

1992 im Alter von 86 Jahren starb.

43

Die erste amerikanische Stuntpilotin war die Fliegerin

Florence „Pancho“ Barnes (1901–1975), geborene

Florence Leontine Lowe. In der goldenen Zeit der Fliegerei

in den USA genoss sie einen glänzenden Ruf als Pilotin. Nicht

wenige Amerikaner betrachten sie als eine der wichtigsten

Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.

Florence Leontine Lowe wurde am 29. Juli 1901 in San Mario

(Kalifornien) geboren. Ihr Vater war Thaddeus Lowe II (1870–

1955), ihre Mutter hieß Florence Max (Dobbins) Lowe. Ihr

Großvater Thaddeus Sobieski Coulincort Lowe hatte sich

während des Amerikanischen Bürgerkrieges (1861–1865) mit

der Gründung des „Union Army Balloon Corps“ hervorgetan.

Das Corps war die erste militärische Luftwaffeneinheit.

Die Lowes waren eine wohlhabende Familie in Pasadena

(Kalifonien). Florence sollte zu einer Dame der Gesellschaft

erzogen werden, entwickelte sich aber immer mehr zu einem

regelrechten Wildfang. Sie war ein sehr sportliches Mädchen,

das gerne jagte, campte, angelte und ritt, was ihr alles vom

Vater beigebracht wurde.

1919 heiratete die lebhafte 18-jährige Florence Leontine Lowe

den Reverend C. Rankin Barnes aus South Pasadena. Aus der

Pancho Barnes

Amerikas

erste Stuntpilotin

44

Ehe ging der Sohn William E. Barnes hervor. Das ruhige

Leben als Ehefrau eines Geistlichen behagte Florence nicht

beson-ders. Nach dem Tod ihrer Mutter 1924, welche die Ehe

mit dem Reverend sehr befürwortet hatte, und einer Erbschaft

führte Florence ab 1928 wieder ihr extravagantes und eigen-

sinniges Leben, was später (1941) zur Scheidung führte.

Florence verließ 1928 Ehemann und Kind und versteckte sich

als Mann verkleidet auf einem Frachtschiff, das nach Mexiko

fuhr. In San Blas (Mexiko) verließ sie mit einem Besatzungs-

mitglied das Frachtschiff. Mit diesem Mann zog sie auf dem

Rücken eines Esels durch Mexiko. Ihr damaliger Gefährte

nannte sie „Pancho“. Dabei unterlief ihm allerdings ein kleiner

Irrtum, denn die entsprechende Person in der Novelle „Don

Quichote“, an die er sich erinnert fühlte, hieß „Sancho Pansa“.

Trotzdem behielt sie den Spitznamen „Pancho“ ihr Leben lang.

Nach einigen Monaten auf den Straßen von Mexiko kehrte

Pancho Barnes 1928 nach San Mario zurück.

Im Frühling 1928 lernte Pancho Barnes von ihrem Cousin

Dean Banks das Fliegen. Nach sechs Stunden Unterricht hob

sie noch am ersten Übungstag in die Luft ab. Als sie Pilotin

wurde, gab es in den USA nur etwa zwei Dutzend Fliegerinnen.

Bald flog sie so gut, dass sie sich an Wettbewerben beteiligte.

Beim legendären „Powder-Puff-Derby“ vom 18. bis 26. August

1929 von Santa Monica (Kalifornien) nach Cleveland (Ohio)

hatte Pancho Barnes noch Pech und stürzte ab. Doch bei einem

anderen Wettbewerb am 4. August 1930, bei dem die „Union

Oil Company“ ihr Sponsor war, hatte sie Glück und gewann.

Dabei brach sie mit ihrem Flugzeug „Mystery Ship“ mit 315,7

Stundenkilometern den Geschwindigkeitsrekord der legen-

dären amerikanischen Fliegerin Amelia Earhart (1897–1937).

Damals bezeichnete man Pancho als „schnellste Frau der

Welt“. Diesen respektvollen Titel erkämpften im Laufe der

Zeit mit immer höheren Geschwindigkeiten auch andere

Pilotinnen.

45

In der Folgezeit arbeitete Pancho Barnes als erste ameri-

kanische Stuntpilotin in großartigen Stumm- und Tonfilmen.

Oft erwähnt wird ihre Rolle als Stuntpilotin in dem Film „Hell’s

Angels“ („Höllenflieger“) des legendenumwobenen amerika-

nischen Industriellen, Filmproduzenten und Erfinders Howard

Hughes (1905–1976). Dieser Streifen schildert die Abenteuer

von Flugpionieren des „Royal Flying Corps“ im Ersten

Weltkrieg (1914–1918) und hatte am 27. Mai 1930 Premiere

in Los Angeles.

Für die Flugszenen dieses Films wurden ehemalige Kampf-

piloten verpflichtet, die sich nach drei Todesfällen weigerten,

die von Hughes geplante Schlussszene zu drehen. Aus diesem

Grund übernahm Hughes diese Aufgabe selbst, verunglückte

dabei, erlitt aber nur leichte Verletzungen. Der Film „Hell’s

Angels“ beeindruckt weniger durch seine Handlung als durch

die perfekten Luftaufnahmen.

Pancho Barnes hatte gute Kontakte nach Hollywood. Ihr enger

Freund George Hurrell (1904–1992) beispielsweise arbeitete

als Leiter für Porträtfotos bei den MGM-Studios. Ihn hatte

sie zunächst nur engagiert, damit er ein Foto von ihr für ihre

Pilotenlizenz anfertigen sollte. Aber Hurrell machte auch

weiterhin gerne Fotos von ihr, besonders jene, die sie

glamourös aussehen ließen. Pancho hat Hurrell in seiner

Anfangszeit als Fotograf gefördert und bei vielen Freunden

in Hollywood empfohlen. Ein weiterer guter Freund von

Pancho war der mexikanisch-amerikanische Schauspieler

Ramón Novarro (1899–1968), der erste Latino-Superstar des

amerikanischen Films. Sie schloss schnell Freundschaften mit

berühmten Filmstars.

Von Zeitgenossen wurde Pancho Barnes wegen ihrer Indivi-

dualität, Kreativität, ihrem Unternehmungsgeist und wegen

ihres Humors sehr geschätzt. Ihr Lebensmotto hieß sinnge-

mäß: „Wenn Sie die Wahl haben, wählen Sie das Glück“.

46

Die clevere Pancho Barnes gründete im September 1931 zu-

sammen mit anderen Piloten eine der ersten Gewerkschaften

in Hollywood. Diese erhielt den Namen „Associated Motion

Picture Pilots“ („AMPP“) und existiert heute noch.

Während der „Großen Depression“, der schweren Wirt-

schaftskrise in den USA, die am 24. Oktober 1929 begann

und die 1930-er Jahre dominierte, sowie wegen Streitigkeiten

mit ihrer Familie verlor Pancho Barnes viel Geld. Im März

1935 verkaufte sie ihr Apartment in Hollywood und erwarb

noch im selben Jahr 32 Hektar Land in der Mojave-Wüste im

Antelope Valley in Südkalifornien. Dort gründete sie den

„Happy Bottom Riding Club“ – auch bekannt als „Rancho

Oro Verde Fly-Inn Dude Ranch“. Außer ihrer 380 Hektar

großen Ranch betrieb Pancho auch eine florierende Rinder-

und Schweinezucht. Unweit ihres Clubs entstand ein Flugplatz

(Air Base), wo bald frühere Testpiloten arbeiteten, die Pancho

gut kannte.

Mitglieder dieses noblen Clubs konnten mit dem eigenen

Flugzeug auf dessen Landebahn an- und abreisen, im Rodeo-

Stadion reiten, in einem großen Pool schwimmen, in der Dance

Hall tanzen sowie im Restaurant beste Steaks essen und an

der Bar trinken. Dem Club traten mehr als 9.000 Mitglieder

bei. Gäste des Clubs waren Politiker, hohe Militärs, Schauspieler

und Schauspielerinnen, die gerne das Leben genossen.

1940 gründete Pancho Barnes die Firma „Barnes Aviation of

Lancaster“. Dieses Unternehmen wurde später von ihrem

erwachsenen Sohn Bill geführt. 1941 wurde die erste Ehe von

Pancho mit dem Geistlichen C. Rankin Barnes geschieden.

Pancho war danach noch dreimal verheiratet.

Wegen zunehmender Flüge auf der Air Base und der

Landebahn des „Happy Bottom Riding Club“ gab es ab 1952

ständig Konflikte. Pancho weigerte sich, ihr Land an die

Regierung zu verkaufen, um der Air Base eine Verlängerung

der Start- und Landebahn zu ermöglichen. Es wurde sogar

47

behauptet, der Club sei ein Bordell, obwohl die Bestimmungen

Panchos für das weibliche Personal streng waren. Schließlich

verbot die Air Base den Soldaten den Besuch des Clubs. Am

13. November 1953 brannten Club und Ranch nach einem

mysteriösen Feuer nieder. Reste dieses Clubs kann man heute

noch nahe der „Edwards Air Force Base“ in Kalifornien sehen.

Pancho war so empört über die Zerstörung ihres Clubs bzw.

ihrer Ranch, dass sie an einem anderen Standort einen

Neuanfang plante. Ein neuer Club bzw. eine neue Ranch sollte

in Cantil (Kalifornien) entstehen. Weil sie sich von ihrem

Grund und Boden bei der „Edwards Air Force Base“

vertrieben fühlte, reichte sie eine Klage vor Gericht ein und

erhielt 375.000 Dollar Entschädigung. Ihre Verteidigung hatte

unter anderem darauf hingewiesen, dass Panchos Großvater

die „United States Air Force“ gegründet hat. Nach dieser für

sie günstigen Entscheidung galt Pancho bald wieder als „Mutter

der Edwards Air Force Base“ und bald heilten alle Wunden

dieses Streites.

Pancho Barnes war beim alljährlichen „Antelope Valley Aero

Museum’s annual Barnstormers Reunion“ am 5. April 1975

als Hauptrednerin vorgesehen. Doch als ein Freund bei ihr

am 30. März 1975 anrief, konnte er sie nicht erreichen. Ihr

Sohn Bill fand sie tot in ihrem Haus. Der Leichenbeschauer

stellte fest, dass Pancho Barnes einige Tage früher einem

Herzinfarkt erlegen war.

Panchos vierter Ehemann „Mac“ McKendry lebte nach dem

Tod seiner Frau noch viele Jahre in Cantil. Ihr Sohn Bill verlor

im Oktober 1980 nahe des „Happy Bottom Riding Club“ bei

der Erprobung eines „P51 Mustang“ sein Leben. Seit 1980

gibt es alljährlich einen „Edwards Air Force Base Pancho

Barnes Day“, bei dem gegrillt, gegessen, getrunken, musiziert

und getanzt wird.

Das „Pancho Barnes Trust Estate Archiv“ bewahrt zahlreiche

Fotos, Negative, Filme, Tonaufnahmen, Briefe und Do-

48

kumente auf, die das Leben dieser ungewöhnlichen Frau

dokumentieren. Ihr Leben lieferte Stoff für den Film „The

Right Stuff“ (1983) von Tom Wolfe. Darin wurde Pancho

Barnes von Kim Stanley (1925–2001) sympathisch dargestellt.

2003 ehrte „Women in Aviation International“ sie als eine der

100 wichtigsten Frauen in der Luftfahrt.

49

Frankreichs berühmteste Fliegerin war Maryse Bastié (1898–

1952), geborene Marie-Louise Bombec. Sie erwarb 1928

als erste Französin den Führerschein für Passagierflugzeuge

und stellte in den 1930-er Jahren acht Weltrekorde auf. 1952

kam die tüchtige Pilotin auf tragische Weise bei einem

Flugzeugabsturz ums Leben. Zu ihren Lebzeiten bezeichnete

man sie respektvoll als „Sprinterin der Luft“, „Himmels-

Trumpf“ oder „Dauerläuferin am Firmament“.

Marie-Louise („Maryse“) Bombec kam am 27. Februar 1898

gegen sieben Uhr abends als letztes von drei Kindern des

Eisengießers Joseph Bombec (1866–1908) und seiner Ehefrau

Céline Filholaud (1873–1951) in Limoges (Département Haute

Vienne) zur Welt. Das erste Kind war eine Tochter namens

Jeanne, die 1894 noch im Jahr der Geburt starb. Als zweites

Kind folgte der Sohn Pierre (1896–1916).

Im Alter von neun Jahren betrauerte Maryse den Tod ihres

Vaters, der am 17. Februar 1908 in Limoges starb. Danach

musste die Restfamilie finanziell ums Überleben kämpfen. Als

Mädchen soll Maryse ungestüm und stur gewesen sein. Nach

dem Verlassen der Schule arbeitete sie mit 14 Jahren in einer

Schuhfabrik, wo sie Leder nähte. Nachdem die Schuhfabrik

Maryse Bastié

Die Fliegerin,

die acht Weltrekorde brach

50

1914 geschlossen wurde, betätigte sich Maryse als Näherin in

einer Fabrik, die Militärblusen herstellte.

Gegen den Willen ihrer Familie heiratete die 16-jährige Maryse

Bombec am 11. Februar 1915 den Porzellanmaler Baptiste

Gourinchas. Aus dieser Ehe ging der Sohn Germain (1915-–

1935) hervor. 1917 unternahm Maryse in Limoges mit einem

Freund den ersten Flug in einem Motorflugzeug. Dabei lernte

sie den aus Fiac bei Toulouse stammenden Piloten Louis Bastié

kennen. Bastié war gegen Ende des Ersten Weltkrieges ein

Brieffreund von Maryse.

Ab 1918 arbeitete Maryse Gourinchas als Schreibkraft in der

Elektrizitätsgesellschaft von Limoges. Ihre erste Ehe endete

im Dezember 1920 mit der Scheidung.

Am 22. Mai 1922 schloss die geschiedene Maryse Gourinchas

ihre zweite Ehe mit dem ehemaligen Militärpiloten und

entlassenen Fliegerleutnant Louis Bastié (1897–1926). Zu-

nächst führten Maryse und Louis ein Schuhgeschäft in Cognac.

Später arbeitete ihr Mann als Fluglehrer in Bordeaux-Mérignac.

Durch ihren Gatten begeisterte sich auch Maryse Bastié für

die Fliegerei. Ihr Mann konnte ihr mit einem Militärflugzeug

nicht das Fliegen beibringen. Statt dessen gab ihr der private

Fluglehrer Guy Bart (1898–1983) Flugunterricht. Am 29.

September 1925 erhielt Maryse in Bordeaux-Teynac den

Pilotenschein. Die frischgebackene Pilotin flog am 6. Oktober

1925 mit einer „Caudron G3“ unter den Kabeln der

Hängebrücke „Pont transbordeur de Bordeaux“ in Bordeaux

durch. In sechs Etappen wagte sie am 13. November 1925

einen Flug von Bordeaux nach Paris.

Vor den Augen von Maryse Bastié stürzte am 15. Oktober

1926 ihr Ehemann Louis während eines Probefluges in

Bordeaux tödlich ab. Der Tod ihres Mannes schreckte sie nicht

davor ab, weiterhin zu fliegen.

1927 arbeitete Maryse Bastié bei der Flugschule Pilain in Orly

bei Paris sechs Monate lang als Fluglehrerin. Von ihren letzten

51

Ersparnissen kaufte sich Maryse 1927 ein gebrauchtes kleines

Flugzeug des Typs „Caudron C109“, das sie liebevoll

„Trottinette“ („Radelrutsch“) nannte. Weil sie kein Geld für

Treibstoff zum Fliegen hatte, unterstützte sie der Pilot Maurice

Drouhin (1891–1928) finanziell.

Ihren ersten Rekord stellte Maryse Bastié am 13. Juli 1928 in

ihrer zweisitzigen „Caudron C109“ zusammen mit Maurice

Drouhin bei einem 1.058 Kilometer langen Flug von Paris

nach Treptow in Pommern auf. Für diese Leistung erhielten

die Beiden zusammen 25.000 Francs. Drouhin und der

Mechaniker André Lanet kamen kurz darauf im August 1928

bei einem Testflug mit einer „Couzinet 27“ in Paris-Le Bourget

ums Leben, während der Pilot Louis Magnard überlebte.

Als erste Frau in Frankreich erwarb Maryse Bastié am 11. Ok-

tober 1928 den Führerschein für Passagierflugzeuge. Ab 1928

trug sie auch offiziell den Vornamen Maryse statt Marie-

Louise.

Ein Rekord nach dem anderen glückte Maryse Bastié im

Frühjahr und im Sommer 1929. Am 29. April 1929 erkämpfte

sie auf dem Flughafen Orly in ihrer „Caudron C109“ mit einem

Flug über 10 Stunden 30 Minuten einen französischen Rekord

für Frauen. Mit 24 Stunden 24 Minuten gelang ihr am 20. und

21. Juli 1929 ein französischer Dauerflug-Rekord. 26 Stunden

48 Minuten lang kreiste sie am 28. und 29. Juni 1929 mit ihrer

„Caudron C109“ über dem Pariser Flughafen Le Bourget,

brach damit den Alleinflug-Dauerrekord für Frauen und erhielt

hierfür 10.000 Francs. Die russischstämmige Pilotin Lena

Bernstein (1906–1932) blieb am 2. Mai 1930 mit 35 Stunden

45 Minuten noch länger mit ihrer Maschine in der Luft als

Maryse.

Mit ihrem deutschen Leichtflugzeug des Typs „Klemm KL25“,

das einen 40-PS-Motor hatte, erkämpfte sich Maryse Bastié

am 1. April 1930 in 22 Stunden 40 Minuten die Urkunde für

den „Internationalen Rekord in geschlossener Bahn“. Ein

52

weiterer Rekord für Kleinflugzeuge folgte am 17. August 1930

mit einem Flug über 26 Stunden. Vom 2. bis 4. September

1930 triumphierte Maryse über Lena Bernstein, als sie mit ihrer

„Klemm KL25“, ohne zu tanken, 37 Stunden 55 Minuten flog.

Damit stellte sie für Frauen einen neuen „Internationalen

Dauerrekord für Einsitzer“ auf. Dabei kämpfte sie bis zur

Erschöpfung gegen die Kälte, den Mangel an Schlaf und

Abgase des Motors. Nach dem Aussteigen aus ihrer Maschine

erklärte sie, um nichts in der Welt würde sie dies wieder tun.

Im Oktober 1930 kaufte Maryse Bastié eine „Caudron C-230

Luciole“ mit 40-PS-Motor. Mit dieser Maschine startete sie

am 28. Juni 1931 zu einem 2.976 Kilometer weiten Direktflug

von Frankreich (Paris-Le Bourget) über Deutschland nach

Russland (Urino bei Nishni Nowgorod in Sibirien). Dabei

brach sie mit 30 Stunden 30 Minuten den bis dahin von Lena

Bernstein gehaltenen „Weltstreckenrekord für Frauen über

3.000 Kilometer“ und stellte den „Internationalen Strecken-

rekord für Einsitzer der Klasse III“ auf. Fortan galt sie als

berühmte Fliegerin und konnte von den Einnahmen, die ihr

die Flüge mit der eigenen Maschine sowie Werbung ein-

brachten, leben.

1931 erhielt Maryse Bastié als erster Franzose die renommierte

„Internationale Harmon Trophy“ als „beste Fliegerin der Welt“.

Die „Union des républiques socialistes soviétiques“ („URSS“)

bedachte Maryse 1931 mit der Auszeichnung „Ordre de l’etoile

rouge“. Die „Internationale Flieger-Liga“ verlieh ihr 1932 den

offiziellen Weltmeistertitel für Frauen.

In manchen Biografien heißt es irrtümlich, Maryse Bastié sei

1934 als erste Frau von Paris nach Tokio (Japan) und zurück

geflogen. Tatsächlich hat aber ihre Landsmännin Maryse Hilsz

(1903–1946) im April 1934 mit einer „Breguet 33R“ diesen

Rekordflug über rund 30.000 Kilometer zurückgelegt.

Ein schwerer Schicksalsschlag traf Maryse Bastié am 6. Juni

1935. An jenem Tag starb ihr Sohn Germain, der bei der

53

französischen Marine diente, im Krankenhaus in Bizerte

(Tunesien) im Alter von nur 20 Jahren an Typhus.

Zusammen mit Guy Bart gründete Maryse Bastié im August

1935 auf dem Flugplatz Orly die Flugschule „Maryse Bastié

Aviation“. Diese Flugschule bestand nur kurze Zeit.

Laut Online-Lexikon „Wikipedia“ arbeitete Maryse in den

1930-er Jahren auch als Verkaufsdirektorin bei einem Motoren-

und Flugzeughersteller.

Kurz nach dem Verschwinden des französischen Fliegers Jean

Mermoz (1901–1936) über dem Atlantik krönte Maryse Bastié

ihre fliegerische Leistung am 30. Dezember 1936. Durch Nebel

und Gewitterwolken flog sie mit einem geliehenen Eindecker

„Caudron Simoun“ – nur mit einem Kompass für die Navi-

gation ausgerüstet – von Dakar in Westafrika über den Süd-

atlantik nach Natal in Brasilien. Dabei legte sie in 12 Stunden

5 Minuten insgesamt 3.173 Kilometer zurück. Damit war sie

eine Stunde schneller als die bisherige Rekordhalterin Jean

Batten (1909–1982) aus Neuseeland und erreichte eine

Durchschnittsgeschwindigkeit von 264 Stundenkilometern.

Nach der triumphalen Heimkehr von Maryse verlieh ihr der

Luftfahrtminister 1937 den Titel eines „Offiziers der Ehren-

legion“ („Chevalier de la Légion d’honneur“).

Im Sommer 1937 flog Maryse in einer erneut vom Luft-

fahrtministerium ausgeliehenen „Caudron Simoun“ zusammen

mit der französischen Pilotin Suzanne Tillier von Paris nach

Krasnojarsk in Sibirien und zurück.

Von November 1937 bis März 1938 unternahm Maryse Bastié

mit einer „Caudron Simoun“ eine Vortragsreise in Südamerika.

1937 veröffentlichte sie ihre Autobiographie „Ailes ouvertext:

carnet d’une aviatrive“. Der Maler Luigi Corbellini (1901–1968)

fertigte 1937 ein Aquarell mit ihrem Porträt an. 1937 hat man

Maryse Bastié geradezu mit Auszeichnungen überhäuft.

Im Zweiten Weltkrieg (1939–1945) meldete sich Maryse Bastié

freiwillig als Pilotin zur französischen Luftwaffe (Versor-

54

gungsstaffel). Sie konnte aber als Frau wegen der damaligen

Bestimmungen nicht angenommen werden und wurde statt

dessen Fahrerin eines Ambulanzwagens. Während der deut-

schen Offensive im Mai 1940 arbeitete sie für das „Rote

Kreuz“ und half vor allem französischen Kriegsgefangenen

im Lager Drancy. Bei der Abfahrt eines Zuges mit Kriegs-

gefangenen nach Deutschland wurde Maryse von einem

deutschen Wachtposten gestoßen, brach sich dabei den rech-

ten Ellenbogen und behielt fortan eine Behinderung. Unter

dem Deckmantel des „Roten Kreuzes“ sammelte sie Infor-

mationen über die Insassen des Lagers. Damals gehörte sie

der französischen Widerstandsbewegung („Résistance“) an.

1944 wurde sie von der deutschen „Geheimen Staatspolizei“

(„Gestapo“) festgenommen. Nach der Befreiung von Paris trat

sie der „Women’s Auxiliary“ der „Air Force“ bei und hatte

den Rang eines Leutnants. 1946 wurde sie entlassen. 1947

erhielt sie als erste Frau den Rang eines Kommandanten der

Ehrenlegion („Commandeur de Légion d’honneur“).

Ab 1951 arbeitete Maryse Bastié für die PR-Abteilung des

Testflug-Centers Brétygny. Am 6. Juli 1952 verlor sie im Alter

von 54 Jahren auf dem Flugplatz Lyon-Bron ihr Leben. Sie

befand sich an Bord des Prototyps eines zweimotorigen mili-

tärischen Transportflugzeuges „Nord 2501 Noratlas“, dessen

rechtes Triebwerk während des Fluges ausfiel. Die Maschine

stürzte aus rund 200 Metern Höhe ab und fing Feuer. Maryse

wurde unter den Trümmern begraben und erschlagen. Auch

die fünfköpfige Besatzung starb.

Die berühmte Fliegerin wurde in Paris auf dem Montpar-

nasse-Friedhof beigesetzt, wo ihr Grab noch heute erhalten

ist. In Frankreich tragen viele Schulen den Namen von Maryse

Bastié. 1955 wurde sie mit ihrem Porträt auf einem fran-

zösischen Luftpost-Stempel geehrt. Der Bildhauer Félix Joffre

(1903–1989) schuf ein Denkmal, das man zu ihren Ehren auf

dem Platz Carlo Sarrabezolles in Paris aufgestellt hat.

55

Neuseelands berühmteste Pilotin war Jean Gardner Batten

(1909–1982). Ihre Glanzzeit hatte diese kühne und

erfolgreiche Fliegerin in den 1930-er Jahren, als sie Strecken-

und Dauerrekorde im Alleinflug aufstellte. In der Literatur

bezeichnete man sie poetisch als „The Garbo of the Skies“

(„Die Garbo des Himmels“). Die legendäre Fliegerin starb

einsam, verlassen und unbeachtet.

Jean Batten wurde am 15. September 1909 in Rotorua auf der

Nordinsel von Neuseeland als viertes Kind des Zahnarztes

Frederick Harold Batten und seiner Ehefrau Ellen („Nellie“)

Blackmore geboren. Von ihren drei Brüdern ist einer im

Kindesalter gestorben. Wie ihre Großmutter taufte man sie

auf den Vornamen Jane, aber daraus wurde später Jean. Ihre

Mutter war eine verhinderte Schauspielerin mit feministischen

Ansichten und soll herrisch und besitzergreifend gewesen sein.

Die kleine Jean liebte die Natur, Pflanzen und Tiere. Beide

Elternteile achteten darauf, dass sich ihre Tochter viel in der

freien Natur aufhielt. Außerdem förderten sie ihre musikalische

Begabung. Als Jean vier Jahre alt war, zog ihre Familie 1913

mit ihr nach Auckland. Mit fünf Jahren ging sie im Stadtteil

Parnell zur Schule.

Jean Batten

Neuseelands

berühmteste Pilotin

56

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges (1914–1918) trat

der Vater von Jean in die Britische Armee ein und wurde in

Europa stationiert. Die in Europa vom Vater geschriebenen

und nach Neuseeland geschickten Karten und Briefe sollen

bei seiner Tochter ein unstillbares Fernweh geweckt haben.

Ferne Länder und Reisen spielten fortan in ihrer kindlichen

Phantasie eine wichtige Rolle. Deswegen las sie gerne

Abenteuergeschichten und Reiseberichte sowie im Alter von

zehn Jahren auch die Berichte über die Brüder Keith Smith

(1890–1955) und Ross Smith (1892–1922), die 1919 die erste

Flugreise von Australien nach England unternommen hatten.

Der Vater kehrte 1919 aus Europa zu seiner Familie nach

Neuseeland zurück. Während seiner Abwesenheit hatte sich

seine Frau zur Herrin des Hauses entwickelt und war nicht

mehr bereit, auf diese Rolle zu verzichten. Das Ehepaar stritt

sich oft, trennte sich 1920 und die Kinder mussten sich

entscheiden, bei wem sie fortan leben wollten. Jean blieb bei

ihrer Mutter, zu der sie eine enge und intensive Beziehung

hatte.

Mit finanzieller Unterstützung ihres Vaters besuchte Jean im

Vorort Remuera von Auckland das Pensionat „Ladies College“.

Sie war in vielen Fächern eine gute Schülerin und gewann Preise

in verschiedenen Disziplinen. Es heißt, sie sei eine hochin-

telligente und einsame Einzelgängerin gewesen, mit der man

nicht leicht warm werden konnte.

Ab Ende 1924 besuchte die 15-jährige Jean Batten eine

Sekretariats-Schule. Nebenher nahm sie Ballett- und Klavier-

unterricht. Sie übte mit großer Ausdauer am Klavier und hatte

vorübergehend den Wunsch, Konzertpianistin zu werden.

Doch dann flammte das Interesse von Jean Batten an der

Fliegerei wieder auf. Ausgelöst wurde dies 1928, als Bert

Hinkler (1892–1933) mit seinem legendären Rekordflug von

England nach Australien Schlagzeilen machte. Als 1928

Charles Kingsford Smith (1897–1935) von Amerika über den

57

Pazifik nach Australien flog und im selben Jahr auch noch

von Neuseeland über die Tasmanische See nach Australien,

war Jean davon hingerissen. Nun wollte sie unbedingt selbst

Pilotin werden und fieberte dem Tag entgegen, am dem sie

Kingsford Smith erstmals treffen würde.

Eines Tages überredete Jean Batten ihren Vater dazu, mit ihr

zu einem festlichen Abendessen in Auckland zu gehen, bei

dem Kingsford Smith der Ehrengast war. Bei dieser Gelegen-

heit erklärte Jean dem Flieger und ihrem Vater, dass sie fliegen

lernen wolle.

Der Vater, der im Ersten Weltkrieg viele Flugzeugunglücke

gesehen hatte, war von diesem Wunsch seiner Tochter gar

nicht begeistert. Dies sei zu gefährlich und zu teuer und komme

deswegen für sie nicht infrage, erklärte er. Daraufhin verkaufte

Jean ihr Klavier, um ihre Flugausbildung finanzieren zu

können.

1929 begegnete Jean Batten bei einem Besuch in Australien

wieder Charles Kingsford Smith, der sie in seiner Maschine

„The Southern Cross“ mitfliegen ließ. Beim Flug über die

„Blauen Berge“ fühlte sie sich in der Luft wie zuhause und

war vollkommen überzeugt in ihrem Element zu sein. Danach

gewann Jean – nach vielen Diskussionen – ihre Mutter dafür,

mit ihr 1930 nach England zu reisen, um dort eine Flugschule

zu besuchen.

Angetan von sehr preisgünstigen Tarifen trat Jean Batten beim

„London Aeroplane Club“ auf dem Flugplatz Stag Lane als

Mitglied ein und lernte dort das Fliegen. Bei ihren Flugstunden

soll sie angeblich eine Bruchlandung hingelegt haben, bei der

sie auf einen Zaun traf und sich überschlug. Bald machte die

21-Jährige ihren ersten Alleinflug für ihren A-Schein als

Privatpilotin.

Voller Elan suchte die frischgebackene Pilotin nach Geld-

gebern, die ihr ein Flugzeug und einen Langstreckenflug von

England nach Australien fianzieren sollten. Doch sie stieß bei

58

Firmen und Zeitungen auf taube Ohren. Deshalb reiste sie

nach Neuseeland zurück und erhoffte sich dort bessere

Chancen. Ihre Eltern betrachteten ihr Vorhaben als Hirnge-

spinst und baten sie, davon Abstand zu nehmen.

Unbeirrt davon kehrte Jean Batten nach London zurück. Dort

lebte sie allein mit ihrem Bruder, der als Schauspieler erfolg-

reich war. Nach einem Streit gingen beide getrennte Wege und

sprachen nie mehr miteinander.

In London verliebte sich der neuseeländische Pilot Fred

Truman in Jean und wollte sie heiraten. Er gab ihr großzügig

seine gesamten Ersparnisse in Höhe von 500 Pfund, die Jean

für den Erwerb des B-Scheins für Verkehrspiloten benötigte.

Jean wurde Flugzeugmechanikerin, studierte Meteorologie und

meisterte eine Teilprüfung nach der anderen. Durchfallen

durfte sie bei keiner Prüfung, weil sie sich das finanziell nicht

leisten konnte. Im Dezember 1932 bekam sie endlich den B-

Schein. Danach sah Fred Truman weder Jean noch sein Geld

wieder. Er war nicht der einzige Liebhaber, der ihre Projekte

finanzierte und den sie abservierte.

Danach lernte Jean Batten den jungen Engländer Victor Dorée

kennen. Er gab ihr 400 Pfund Sterling, die er von seiner Mutter

geliehen hatte, zum Kauf eines gebrauchten Flugzeuges des

Typs „De Havilland Gipsy Moth DH-60“. Bedingung war,

dass sie sich vertraglich verpflichtete, nach einem erfolgreichen

Langstreckenflug eine Vortragsreise durch Australien zu

machen und ihrem Teilhaber die Hälfte der Einnahmen

abzutreten.

Im April 1933 startete Jean Batten auf dem Flugplatz Lympne

an der englischen Kanalküste zum ersten Mal zu ihrem

geplanten Langstreckenflug nach Australien. Zuerst zwang sie

ein Sandsturm über dem Irak zu einer Notlandung, bei welcher

der Propeller ihrer Maschine beschädigt wurde. Später – nach

dem Austausch des Propellers und einem Flug über weitere

100 Kilometer – versagte der Motor über Belutschistan (Pa-

59

kistan). Eine Pleuelstange brach ab und durchstieß mit einem

Knall seitlich das Kurbelwellengehäuse.

Nach diesem Missgeschick saß Jean Batten unverletzt, aber

ohne Geld, in Belutschistan fest und wusste nicht, wie sie von

dort wieder nach England gelangen sollte. Als Retter in der

Not trat der reiche Ölmagnat Charles Wakefield (1859–1941)

auf, der ihre Rückreise nach London bezahlte, wo Jean und

ihre Mutter schäbig wohnten.

Nach ihrer Rückkehr wollte Jean ihren Freund Victor Dorée

dafür gewinnen, ihr ein neues Flugzeug – wieder eine „Moth“

– zu kaufen, doch er wollte nicht und ihre Beziehung war

beendet. Bald danach war Jean mit dem Londoner Börsen-

makler Edward Walter verlobt. Bei der Suche nach dem

Finanzier eines neuen Flugzeuges erwies sich der Ölmagnat

Wakefield, der von Jean’s Mut und Glamour beeindruckt war,

erneut als Helfer in der Not.

Im April 1934 ging Jean Batten zum zweiten Mal an den Start

zu einem Flug von England nach Australien und hatte wieder

Pech. Als ihr über Rom das Benzin ausging, musste sie in der

Dunkelheit durch ein Gewirr von Funkmasten fliegen und

auf einem kleinen freien Platz am Rand der italienischen

Hauptstadt notlanden. Sie kam unverletzt davon, aber ihr

Flugzeug wurde so schwer beschädigt, dass Jean nach England

zurückkehren musste.

Als Jean Batten mit den Vorbereitungen zu einem dritten

Versuch für einen Flug von England nach Australien begann,

spotteten große britische Zeitungen „Versuch’s noch einmal,

Jean.“ Im Mai 1934 startete sie mit einer „Gipsy Moth“ und

gelangte bei Bilderbuchwetter problemlos quer über Europa

und Indien bis nach Rangun (Birma). Beim Weiterflug am

nächsten Tag nach Victoria Point an der Südspitze Birmas

geriet sie nach fünf Stunden in eine schwarze Regenwand,

vor der sie nicht umkehren konnte, weil ihr Benzinvorrat dies

nicht mehr erlaubte.

60

Jean Batten berichtete später: „Der Regen trommelte wie

Millionen winziger Kugeln auf die Tragflächen meines

Flugzeugs, und die Sicht war so schlecht, dass die Flügelenden

nicht mehr auszumachen waren und die Küstenlinie völlig im

Nebel verschwand. Es war, als wäre man vom Tag in die Nacht

hineingeflogen.“ Der Motor ihres Flugzeuges stotterte und

spuckte wegen des Regens und das offene Cockpit lief schnell

voll Wasser. Glücklicherweise entdeckte Jean den kleinen

Flugplatz von Victoria Point auf Anhieb und die Landung

verlief problemlos.

Am Tag darauf musste Jean Batten stundenlang die von Piloten

gefürchtete Timor-See überfliegen. Angestrengt saß sie hinter

dem Steuerknüppel, lauschte prüfend jedem Ton des Mo-

torgeräusches und kämpfte sich mit ihrer Maschine gegen den

starken Südostwind ihrem Ziel entgegen.

Am 13. Mai 1934 landete Jean Batten überglücklich in Port

Darwin (Australien). Sie hatte eine Flugstrecke von 10.500

Meilen in 14 Tagen 22 Stunden 30 Minuten geschafft. Das

waren vier Tage weniger als die Flugzeit von Amy Johnson

(1903–1941) und von Bert Hinkler (1892–1933), also ein neuer

Rekord! Kein Wunder, dass der neue Stern am Pilotenhimmel

in Austalien und in ihrem Heimatland Neuseeland wie eine

Heldin gefeiert wurde.

In Sydney verliebte sich Jean Ende 1934 in den australischen

Piloten Beverly Shepherd. Damals brach sie ihre Verlobung

mit dem Londoner Börsenmakler Walter. Letzterer schickte

ihr wütend eine Rechnung für eine Flugzeugreparatur, für die

er Jean Geld geliehen hatte.

Beim Rückflug von Port Darwin nach England im April 1935

hätte Jean Batten beinahe schon am zweiten Tag in der Timor-

See ihr Leben verloren. Sie war rund 400 Kilometer vom

Festland entfernt, als der Motor ihrer „Gipsy Moth“ stotterte

und aussetzte und die Maschine rapide sank. Doch dicht über

dem Wasser sprang der Motor dröhnend wieder an und Jean

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konnte das Flugzeug erneut auf die Höhe von 2.000 Metern

bringen. Drei Stunden später landete sie erleichtert auf der

Insel Timor. Das rätselhafte und beängstigende Aussetzen

und Wiederanspringen des Motors erfolgte während der

Rückreise noch mehrfach.

Am 29. April 1935 landete Jean Batten endlich wohlbehalten

auf dem Flugplatz Croydon bei London. Den Flug von

Australien nach England hatte sie in 17 Tagen 15 Stunden

bewältigt. Damit gebührte ihr die Ehre, als erste Pilotin den

Hin- und Rückflug nach Australien geschafft zu haben. Nach

diesem Abenteuer verkaufte sie ihre kleine „Gipsy Moth“. Zu

ihrem 26. Geburtstag im September 1935 schenkte sie sich

selbst für 2.000 Pfund ein einmotoriges Kabinenflugzeug des

Typs „Percivall Gull 6“ mit 200 PS, das mit Zusatztanks

ausgerüstet war.

1935 konnte sich Jean Batten erstmals über die „Internationale

Harmon Trophy“ als „beste Fliegerin der Welt“ freuen. Diese

begehrte Trophäe erhielt sie auch 1936 und 1937.

Im November 1935 startete Jean Batten mit ihrer „Percivall

Gull 6“ zu einem spektakulären Flug von England über den

Südatlantik nach Brasilien. Sie schaffte die Strecke von 5.000

Meilen in 61 Stunden 15 Minuten, womit sie den Weltrekord

von Jim Mollison (1905–1959) bei dessen Flug von England

nach Brasilien brach. Vor ihr war noch keine Frau von England

nach Südamerika geflogen. Für kurze Zeit wohnte Jean

zusammen mit ihrer Mutter in einem gemieteten Ferienhaus

bei Hatfield (Herfordshire) in England.

Im Oktober 1936 wagte Jean Batten mit ihrer „Percival Gull“

einen Flug von England über Australien nach Neuseeland.

Sie bewältigte die Strecke von 14.224 Meilen in 11 Tagen 45

Minuten. Darin eingerechnet war ein zweieinhalbtägiger

Aufenthalt wegen schlechten Wetters in Sydney. Bei der

Ankunft in Auckland am 16. Oktober 1936 wurde sie von

6.000 Menschen begeistert empfangen. In ihrem Geburtsort

62

Rotorua ehrte man sie im Federmantel eines Maori-Häuptlings

mit dem Titel „Hine-O-Te-Rangi“ („Daughter of the Skies“,

deutsch: „Tochter des Himmels“).

Der Rummel blieb nicht ohne Folgen: Jean erlitt während einer

Vortragsreise in Neuseeland einen Nervenzusammenbruch.

Als sie sich davon erholt hatte, reiste sie im Februar 1937 nach

Sydney, wo sie ihren Verlobten Beverly Sheperd treffen wollte.

Doch der einzige Mann, den sie wirklich geliebt hatte, starb

am Tag ihrer Ankunft bei einem Flugzeugabsturz. Nach dem

Tod ihres Verlobten versank sie in tiefe Depression.

Im Oktober 1937 flog Jean Batten mit ihrer „Percival Gull“ in

Rekordzeit von Australien nach England. Für diesen Flug

benötigte sie 5 Tage 18 Stunden 15 Minuten. Sie war nun der

erste Mensch, der in beiden Richtungen – England nach Au-

stralien und Australien nach England – jeweils einen Welt-

rekord aufgestellt hatte.

Während des Zweiten Weltkrieges (1939–1945) war es für Jean

Batten nicht mehr möglich, das Fliegen beruflich auszuüben.

Ihr Flugzeug wurde für den Kriegseinsatz der „Royal Air

Force“ („RAF“) beschlagnahmt. Zeitweise fuhr sie einen

Krankenwagen, arbeitete drei Jahre lang am Fließband in einer

Munitionsfabrik in Poole (Dorset) und sammelte ab 1943 in

England Geld für Waffen und Flugzeuge. In dieser Zeit

verliebte sie sich in einen Bomberpiloten der „RAF“, von dem

nur der Vorname Richard bekannt ist. Offenbar wollten beide

heiraten, aber Richard verlor bei einem Einsatz in Europa sein

Leben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Jean Batten zusammen mit

ihrer Mutter in vielen Gegenden der Welt, aber nicht mehr in

Neuseeland. Ab 1946 wohnten die beiden Frauen in Jamaika,

1953 kehrten sie nach Europa zurück, 1960 kauften sie eine

Villa im spanischen Fischerdorf Los Boliches bei Malaga.

Ende 1965 machten sie einen längeren Urlaub auf den

Kanarischen Inseln und in Nordafrika.

63

Am 19. Juli 1966 starb die Mutter in den Armen von Jean im

Alter von 89 Jahren in San Marcos auf Tennerifa.

Anschließend erwarb Jean eine kleine Wohnung in Puerto de

la Cruz, wo sie die nächsten 16 Jahre lebte. Sie erkrankte aus

Kummer und erklärte, dass sie die Insel Tennerifa nicht ohne

die Knochen ihrer Mutter verlassen werde. Ihre Depressionen

dauerten mehr als drei Jahre. Ende 1969 kehrte die 60-Jährige

mit einem Facelifting, tiefschwarz gefärbten Haaren und mit

einem Minirock wieder ins öffentliche Leben zurück. Zu ihrer

Enttäuschung glaubten damals viele Menschen, sie sei bereits

gestorben.

1970 flog Jean Batten nach Neuseeland und buchte in Auckland

unter falschem Namen ein Motel. In ihrem Heimatland wurde

die 61-Jährige von den Medien entdeckt und gefeiert.

Freunde von Jean Batten hatten den Verdacht, dass diese in

finanziellen Schwierigkeiten sei und appellierten an den

neuseeländischen Premierminister Robert Muldoom, ihr zu

helfen. In Wirklichkeit besaß sie noch ein kleines Vermögen.

1969, 1979 und 1977 reiste Jean Batten kurz nach England

und Australien, wo sie nicht mehr viele Menschen kannten.

Die Welt hatte sich inzwischen stark verändert. In den 1960-

er Jahren soll sie Gerüchte über eine Affäre und über zwei

Heiratsanträge genossen haben. 1977 trug sie blond gefärbte

Haare.

Die tüchtige Fliegerin Jean Batten ist oft geehrt worden.

Beispielsweise erhielt sie den „Fredom of the City of London“

und den „Chevalier Légion d’honneur“.

Am 22. November 1982 ist die allein und unbeachtet lebende

Jean Batten im Alter von 73 Jahren auf Mallorca gestorben.

Sie war einem Lungenabszess erlegen, den ein Hundesbiss

auf ihrem täglichen Spaziergang ausgelöst hatte. Es rächte sich,

dass sie ärztliche Behandlung verweigert hatte. In ihrem

Testament hatte sie bestimmt, dass ihr Leichnam in London

verbrannt und ihre Asche über dem „Auckland International

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Airport“ verstreut werden sollte. Doch statt dessen hat man

sie in Palma in einem Armengrab bestattet. Ihr Flugzeug

„Percival Vega Gull“ befindet sich auf dem „Auckland Inter-

national Airport“ im „Jean Batten International Terminal“.

1999 erschien das Buch „Jean Batten – The Garbo of the

Skies“ aus der Feder von Ian Mackersey. Greta Garbo (1905–

1990), mit der Jean Batten verglichen wurde, war eine Kultfigur

des Films und wurde „Die Göttliche“ genannt. „Women in

Aviation International“ wählte 2003 Jean Batten zu einer der

100 wichtigsten Frauen in der Luftfahrt.

65

Als erste Frau, die in Deutschland die Prüfung zum Erwerb

der Pilotenlizenz ablegte, ging die gebürtige Sächsin

Amelie Hedwig Boutard-Beese (1886–1925), geborene Beese,

in die Geschichte der Luftfahrt ein. Besser bekannt ist sie

allerdings unter ihrem Rufnamen Melli Beese.

Amelie Hedwig Beese kam am 13. September 1886 als einzige

Tochter eines Architekten in Laubegast bei Dresden zur Welt.

Von ihren wohlhabenden Eltern wurde sie auf vielen Gebieten

gefördert. Von 1906 bis 1909 studierte Melli an der „Kö-

niglichen Akademie der freien Künste“ in Stockholm Bild-

hauerei.

In Schweden begeisterte sich Melli für das Hochseesegeln.

Sie war aber auch fasziniert von den Berichten und technischen

Fortschritten in der so genannten „Aviatik“ (Flugkunst). Aus

diesem Grund las und sammelte sie Berichte über die Flug-

versuche der berühmten Brüder Wilbur Wright (1867–1912)

und Orville Wright (1871–1948).

Im November 1910 kehrte Melli Beese nach Deutschland

zurück und hörte am „Technikum Dresden“ (heute „Tech-

nische Universität“) externe Lesungen in Mathematik,

Schiffbau und Flugmechanik.

Melli Beese

Die erste Deutsche

mit Pilotenlizenz

66

Noch 1910 suchte Melli Beese auf dem Flugplatz Johannisthal

bei Berlin einen Fluglehrer. Zunächst versuchte sie bei den

Albatros-Flugzeugwerken ihr Glück. Dort wurde sie wegen

mangelnder Erfahrung mit weiblichen Schülern abgelehnt und

zur „Flugmaschine Wright GmbH“ weitergeschickt, wo bereits

die Ballonfahrerin Käthe Paulus (1868–1935) Flugstunden

genommen hatte. Aber Paul Engelhardt (1868–1911) weigerte

sich, noch einmal eine Frau zu unterrichten und empfahl Melli,

sich an die „Ad Astra Fluggesellschaft“ zu wenden. Zur großen

Freude von Melli nahm deren Fluglehrer Robert Thelen (1884–

1968) sie als Schülerin an.

Damals mussten Flugschüler manchmal wochenlang in den

Hallen eines Flugplatzes warten, bis sich endlich eine

Gelegenheit für einen Start bot. Denn man wagte nur dann

einen Flug, wenn ein entfaltetes, in die Luft gehaltenes

Taschentuch sich nicht bewegte. Männliche Flugschüler

betrachteten Melli Beese als unwillkommene Konkurrentin

und versuchten, ihren ersten Flug zu verhindern. Erst als sie

ihren Fluglehrer zur Rede stellte, durfte sie 1910 erstmals in

die Luft aufsteigen.

Bei Melli’s zweiter Flugstunde am 12. Dezember 1910 setzte

der Motor des Wright-Doppeldeckers wenige Augenblicke

nach dem Start aus. Die Maschine stürzte mit Fluglehrer und

-schülerin aus rund 20 Metern Höhe zu Boden. Thelen blieb

unverletzt, aber Melli erlitt einen komplizierten Knöchelbruch.

Wegen ihrer starken Schmerzen behandelte man sie mit

Morphin, was eine lebenslange Sucht auslöste. Wenige Tage

nach diesem Unfall erlag der Vater von Melli einem Herz-

infarkt.

Mitte Januar 1911 kehrte Melli Beese – immer noch mit

Krücken gehend – auf den Flugplatz Johannisthal zurück

und hörte dort Unerfreuliches. Für ihren Fluglehrer Robert

Thelen war ihre Bruchlandung vom 12. Dezember 1910 der

Beweis dafür, dass „Frauen im Flugzeug eben Unglück