Können die Eigenschaften der Dunklen Materie aus denen ... · Erklärung...

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Können die Eigenschaften der Dunklen Materie aus denen spheroidaler Zwerggalaxien hergeleitet werden? Bachelorarbeit zur Erlangung des Grades eines Bachelor of Science der Fakultät Physik der Universität Bielefeld vorgelegt von Matthias Götte Betreuer und 1. Gutachter: Prof. Dr. Mikko Laine 2. Gutachter: Dr. Alexander Rothkopf Bielefeld, den

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Können die Eigenschaften der Dunklen Materie aus denenspheroidaler Zwerggalaxien hergeleitet werden?

Bachelorarbeit

zur Erlangung des Grades eines Bachelor of Scienceder Fakultät Physik

der Universität Bielefeld

vorgelegt von

Matthias Götte

Betreuer und 1. Gutachter: Prof. Dr. Mikko Laine2. Gutachter: Dr. Alexander Rothkopf

Bielefeld, den

Erklärung

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst und keineanderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen derArbeit, die wörtlich oder sinngemäß aus anderen Quellen übernommen wurden, sind alssolche kenntlich gemacht worden und die Arbeit wurde in gleicher oder ähnlicher Formnoch keiner Prüfungsbehörde vorgelegt.

Bielefeld, den

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 4

2 Grundlegendes zu Dunkler Materie 52.1 Simulationen von CDM-Halos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.2 Kandidaten für Dunkle Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.2.1 WIMPs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.2.2 Axionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.2.3 Sterile Neutrinos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

3 Eigenschaften spheroidaler Zwerggalaxien 103.1 Die Metallizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113.2 Dichteprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3.2.1 Die kollisionsfreie sphärische Jeans-Gleichung . . . . . . . . . . . . 133.2.2 Die stellare Dichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153.2.3 Modellierung der Massenprofile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

4 Implikationen der Eigenschaften der spheroidalen Zwerggalaxien für die derDunklen Materie 194.1 Direkte Rückschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

4.1.1 Die Masse der dSphs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194.1.2 Die Phasenraumdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

4.1.2.1 Untere Massengrenzen für sterile Neutrinos . . . . . . . . 204.2 Indirekte Beobachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

4.2.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214.2.2 Bestimmung des erwarteten Annihilationsflusses . . . . . . . . . . 22

5 Zusammenfassung 24

1 Einleitung

Die Frage nach der Beschaffenheit der Dunklen Materie ist einer der zentralen Punkte dermodernen Kosmologie und Teilchenphysik. Auch wenn die ersten Beweise für die Existenzvon Dunkler Materie bereits in den 1930er Jahren gefunden wurden, ist es bis heute,trotz intensiver Suche, nicht gelungen zu ermitteln woraus sie besteht. Es gibt jedochviele gut motivierte Kandidaten, von denen ein kaltes Dunkle Materie-Teilchen derzeitals das vielversprechendste angesehen wird, da sich damit die aktuellen Beobachtungenüberwiegend gut beschreiben lassen.Da Spheriodale Zwerggalaxien zu den am stärksten von Dunkler Materie dominier-

ten Objekten gehören und sie sich zudem in größerer Zahl in relativer Nähe zur Erdebefinden, scheinen sie ideale Ziele für die Untersuchung von Dunkler Materie zu sein.In dieser Arbeit soll untersucht werden, ob man anhand der beobachteten Eigenschaf-

ten der spheroidalen Zwerggalaxien die Eigenschaften der Dunklen Materie bestimmenkann, wozu in Kapitel 2 zunächst auf einige grundlegende Eigenschaften der DunklenMaterie eingegangen wird, die für die Strukturbildung und mögliche Nachweise wichtigsind. In Kapitel 3 werden dann die Eigenschaften der spheroidalen Zwerggalaxien be-trachtet, um in Kapitel 4 schließlich Möglichkeiten zu untersuchen, anhand derer man,aus diesen Eigenschaften, die Beschaffenheit der Dunklen Materie bestimmen kann.

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2 Grundlegendes zu Dunkler Materie

Erste Hinweise darauf, dass es neben der sichtbaren Materie noch andere Materie gebenmuss, fanden Smith und Zwicky 1930. Sie stellten fest, dass die Geschwindigkeiten derGalaxien im Virgo- und im Coma-Galaxienhaufen etwa zehnmal größer waren, als manauf Grund der sichtbaren Materie annehmen konnte. 1970 bestätigten Rubin, Freemanund Peeples diese Beobachtung anhand der Daten von vielen weiteren Galaxienhaufen[1]. Das gleiche gilt auch für Galaxien. Betrachtet man z.B. eine Spiralgalaxie, so nimmtdie Massendichte in Form von Sternen und Gas vom Zentrum aus ab und somit müsste,wegen der Gleichheit von Zentrifugal- und Gravitationskraft v(r)2

r = GM(r)r2 , auch die

Rotationsgeschwindigkeit abnehmen, wenn die gesamte Materie durch Sterne und Gasgegeben wäre. G = 6.673 · 10−11m3kg−1s−2 [2] ist hier und im Folgenden die Gravita-tionskonstante undM (r) die Masse innerhalb des Radius r. Beobachtungen haben jedochgezeigt, dass die Rotationsgeschwindigkeit bei großen Radien annähernd konstant bleibtund somit M(r) ∝ r ist. Die Rotationsgeschwindigkeit wird dabei aus der durch denDopplereffekt verschobenen 21 cm Emissionslinie von neutralem Wasserstoff bestimmt,da das Gas auch noch in größeren Entfernungen vom Zentrum existiert, wo es keine oderkaum sichtbare Sterne gibt. Weitere Hinweise für die Dominanz der Dunklen Materiekommen z.B. aus Untersuchungen mit dem Gravitationslinseneffekt, bei dem man dieAblenkung des Lichts von entfernten Objekten durch Galaxienhaufen oder Superhaufenmisst [3].Wenngleich die Existenz von Dunkler Materie (DM) und deren Dominanz gegenüber

sichtbarer Materie auf Grund diverser Beobachtungen als erwiesen gilt, so ist die Frageworaus die Dunkle Materie besteht noch unbeantwortet.Eine mögliche Überlegung wäre, dass es sich um die kalten Überreste von Sternen, d.h.

weiße Zwerge, Neutronensterne und schwarze Löcher, oder braune Zwerge handelt. DieseObjekte, MACHOs (MAssiv Compact Halo Objects) genannt, sind so lichtschwach, dassman sie nur sehr schwer finden kann, weshalb sie eine Form von baryonischer Dunk-ler Materie darstellen könnten. Untersuchungen mit Hilfe des Mikrolinseneffekts habenjedoch gezeigt, dass die meiste Dunkle Materie nicht aus MACHOs bestehen kann [4].Zudem liefern die Häufigkeit der leichten Elemente, Wasserstoff, Helium und Lithium, inder intergalaktischen Materie, die während der primordialen Nukleosynthese entstandensind, der Kosmische Mikrowellenhintergrund (CMB) und noch andere Untersuchungendie Erkenntnis, dass baryonische Materie nur einen kleinen Teil der gesamten Materieausmachen kann. Daher muss es einen großen Anteil von nicht-baryonischer Materiegeben [3, 5].Nach dem aktuellen Kosmologischen Standardmodell, dem ΛCDM-Modell, setzt sich

die Energiedichte Ω des Universums im Wesentlichen aus den Energiedichten von ba-ryonischer Materie Ωb = 0.044 ± 0.04, kalter Dunkler Materie Ωcdm = 0.27 ± 0.04 und

5

2 Grundlegendes zu Dunkler Materie

Dunkler Energie ΩΛ = 0.69±0.08, zusammen, wobei Ωi = ρiρcrit

das Verhältnis der Dichte

zur kritischen Dichte ρcrit = 3H20

8πG ist. Die Herkunft des größten Teils der Energiedich-te ist somit unbekannt und insbesondere besteht der größte Teil der Materie scheinbaraus Teilchen, die nicht elektromagnetisch wechselwirken. Da die Gesamtenergiedichteziemlich genau der kritischen Dichte entspricht ist das Universum (fast) flach [1].Auch wenn im Standardmodell kalte Dunkle Materie vorausgesagt wird, gibt es auch-

noch andere Dunkle Materie-Kandidaten. Hierbei unterscheidet man generell zwischenheißer (HDM), kalter (CDM) und warmer (WDM) Dunkler Materie, die jeweils unter-schiedliche Strukturbildungen zur Folge haben, da primordiale DM-Dichtefluktuationen,die kleiner als die freie Strömungslänge der DM-Teilchen sind, von diesen ausgeglichenwerden [5, 6].Heiße Dunkle Materie besteht aus leichten Teilchen, wie zum Beispiel massiven Neutri-

nos, die zur Zeit der Strukturbildung relativistisch waren [3, 6]. Durch ihr freies Wegströ-men aus Gebieten mit erhöhter Dichte wären alle ursprünglichen Dichtefluktuationendie kleiner als ein großer Galaxienhaufen waren, ausgeglichen worden. Dies hätte einsogenanntes “top-down scenario” zur Folge gehabt, bei dem sich zuerst Superhaufengebildet hätten, die sich dann in kleinere Strukturen hätten aufteilen müssen, bevor Ga-laxien hätten entstehen können. Da man aber schon Galaxien und Quasare bei großenRotverschiebungen gefunden hat und Superhaufen aktuell am kollabieren sind, kannHDM höchstens einen kleinen Teil der gesamten Dunklen Materie ausmachen [3]. Aktu-elle Daten besagen für Neutrinos, dass Ωνh

2 < 0.0076 ist, mit dem Hubble-Parameterh = 0.719± 0.027 [1].In Modellen mit kalter Dunkler Materie, die aus langsamen, meistens schweren Teil-

chen besteht, bilden sich zuerst die kleinsten Strukturen, die sich dann langsam zu grö-ßeren Strukturen zusammenfügen. In diesem “bottom-up scenario” können Dichtefluk-tuationen in der Dunklen Materie nach der Phase der Materie-Strahlungs-Gleichheitungehindert wachsen. Wenn dann die Baryonen und Photonen entkoppeln, fallen dieBaryonen in die bereits existierenden Potentialtöpfe der Dunklen Materie, wobei sieEnergie in Form von Photonen abstrahlen [3]. WIMPs (siehe 2.2.1) gehören hier zu denvielversprechendsten Kandidaten, aber auch kalte Axionen (siehe 2.2.2) könnten trotzsehr kleiner Masse zur CDM beitragen [7].Warme Dunkle Materie besteht aus Teilchen mit Geschwindigkeiten, die zwischen de-

nen der kalten und heißen Dunklen Materie liegen. Sie wurde in Betracht gezogen, daCDM zum Teil Schwierigkeiten hat gewisse Beobachtungen zu beschreiben und es bis-lang auch nicht gelungen ist CDM-Teilchen nachzuweisen. So sagen z.B. Simulationen mitCDM für eine Galaxie wie die Milchstraße wesentlich mehr Unterhalos voraus, als manbislang in Form von Satellitengalaxien beobachtet hat. Unterhalos sind Unterstruktu-ren im DM-Halo einer Galaxie. Sie sind Überbleibsel der hierarchischer Strukturbildungund enthalten zum Teil Satellitengalaxien. Außerdem scheinen die beobachteten DM-Dichteprofile eher flache Kerne zu haben, anstelle der auf Grund von CDM-Simulationenerwarteten Spitzen. WDM könnte diese Probleme lösen, da sie auf Grund der größerenfreien Strömungslänge die Bildung kleinerer Strukturen unterdrücken würde. Ein mög-licher Kandidat für WDM ist das sterile Neutrino (siehe 2.2.3) [5, 6, 8].

6

2 Grundlegendes zu Dunkler Materie

2.1 Simulationen von CDM-HalosIn N-Körper Simulationen versucht man den hierarchischen Aufbau von CDM-Haloszu simulieren. Die aus diesen Simulationen resultierenden Dichteprofile können dannbenutzt werden, um aus Vergleich mit Messdaten von Galaxien und GalaxienhaufenParameter abzuleiten. Ein weit verbreitetes Profil, dass durch N-Körper-Simulationengefunden wurde ist das Navarro-Frenk-White-Profil (NFW-Profil)

ρ (r) = ρs

(r/rs)γ (1 + r/rs)δ−γ(2.1)

mit γ = 1 der inneren Steigung des Profils und δ = 3 der äußeren Steigung. Der Ska-lierungsradius rs hängt über rVmax = 2.163rs vom Radius ab, bei dem das Profil derzirkularen Geschwindigkeiten Vc (r) =

√GM (r) /r sein Maximum hat. Die Skalierungs-

dichte ρs hängt mit der Entstehungszeit des Halos zusammen, d.h. je größer ρs ist, destoeher ist der Halo entstanden [5, 9].Neuere Simulationen mit mehr Teilchen, die Halos bis zu einem kleineren Radius auf-

lösen können, haben gezeigt, dass nicht alle Halos die gleiche innere Steigung haben,sondern überwiegend steiler als das NFW-Profil sind. Dies lässt sich zum Beispiel lösen,indem man den Parameter γ frei lässt. Generell gilt jedoch, dass die Profile wegen man-gelndem Auflösungsvermögen besonders in den inneren Bereichen noch unzureichenddefiniert sind. Außerdem werden die Einflüsse von baryonischer Materie in diesen Simu-lationen vernachlässigt [5].Ein weiteres Profil, das eine bessere Modellierung der inneren und äußeren Steigungen

ermöglicht ist

ρ (r) = ρs

(r/rs)a[1 + (r/rs)b

](c−a)/b , (2.2)

wobei a und c die asymptotische innere bzw. äußere Steigung und b den Übergangdazwischen parametrisieren [10].CDM-Simulationen sagen zudem eine große Zahl von Unterhalos in Galaxien wie der

Milchstraße voraus, wobei die Anzahl zu kleineren Massen hin zunimmt [11].

2.2 Kandidaten für Dunkle Materie2.2.1 WIMPsWIMPs (Weakly Interacting Massive Particles) mit einer Masse vonM ∼

[101 − 104]GeV

[9] sind vielversprechende Dunkle Materie-Kandidaten. Sie könnten im frühen Univer-sum, während der strahlungsdominierten Phase, bei Kollisionen von Standardmodell-Teilchen entstanden und auch wieder durch Paarannihilation χχ in andere Teilchen-Antiteilchen Paare, wie e+e−, qq, W+W−, usw. übergegangen sein.Bei Temperaturen, die deutlich höher als die WIMP-Massemχ waren, sind die WIMPs

im Gleichgewicht von Erzeugung und Vernichtung mit einer Annihilationsrate

Γann = 〈σannv〉neq . (2.3)

7

2 Grundlegendes zu Dunkler Materie

Diese hängt vom thermischen Mittel des Produktes von Wirkungsquerschnitt σann mitder relativen Teilchengeschwindigkeit v und der Teilchendichte im chemischen Gleich-gewicht neq ab. Durch die Ausdehnung des Universums und dem damit verbundenen Ab-nehmen der Temperatur, nimmt die Anzahl der produziertenWIMPs mit dem Boltzmann-Faktor e−mχ/T exponentiell ab, während gleichzeitig die Teilchendichte und damit dieAnnihilationsrate abnimmt. Sobald die Annihilationsrate kleiner ist als die Expansions-rate des Universums H, bleibt die Anzahl der WIMPs in einem mitbewegten Volu-men konstant. Der Zeitpunkt dieses “Ausfrierens” findet für WIMPs mit Massen mχ ?100MeV vor der primordialen Nukleosynthese statt und ist umso früher, je kleiner derWirkungsquerschnitt des WIMPs ist [5].Die verbliebene WIMP-Dichte

Ωh2 ≈ 3 · 10−27cm3s−1

〈σannv〉, (2.4)

ergäbe für schwacheWirkungsquerschnitte die richtige Größenordung der heutigen DunkleMaterie-Dichte (Ωcdmh

2 = 0.1131±0.0034 [5] ), weshalb WIMPs einen sehr interessantenKandidaten für kalte Dunkle Materie darstellen [5].Andere Möglichkeiten der Entstehung von WIMPs sind zum Beispiel der Zerfall an-

derer thermisch enstandener Teilchen oder im Fall von besonders schweren WIMPs,sogenannten WIMPZILLAs, gravitative Wechselwirkungen, während der Wiederaufhei-zungsphase nach der Inflation [5].Mögliche WIMP-Kandidaten, wie das leichteste supersymmetrische Teilchen (LSP)

kommen z.B. aus der Supersymmetrie (SUSY), einer möglichen Erweiterung des Stan-dardmodells, die eine Fermion-Boson-Symmetrie voraussagt, bei der es zu jedem Fermionund Boson des Standardmodells jeweils einen bosonischen bzw. fermionischen Super-partner gibt. Ein guter Kandidat für das LSP wäre das Neutralino, das im Allgemeineneine Linearkombination aus Photino, Zino und zwei Higgsinos, vier neutralen Spin-1/2SUSY-Teilchen, ist[7].

2.2.2 AxionenAxionen sind hypothetische Teilchen mit einer geringen Masse von

(10−3 − 10−6) eV , die

ursprünglich postuliert wurden, um die fehlende CP-Verletzung in der Starken Wech-selwirkung zu erklären. Trotz ihrer kleinen Masse können sie sowohl als HDM als auchals CDM auftreten, je nachdem wie sie erzeugt wurden. Sie können in zwei Photonenzerfallen, wobei die Lebensdauer jedoch wie bei allen DM-Teilchen sehr lang ist [7].

2.2.3 Sterile NeutrinosSterile Neutrinos (SN) sind hypothetische neutrale Leptonen, die im frühen Universumdurch Oszillationen aus aktiven Neutrinos entstanden sein könnten. Sie unterliegen wederder Starken, noch der Schwachen Wechselwirkung, können aber gravitativ mit andererMaterie wechselwirken. Da sie über die Neutrinooszillation an die aktiven Neutrinosgekoppelt sind, liegt hierin auch die vielversprechendste Möglichkeit des zweifelsfreien

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2 Grundlegendes zu Dunkler Materie

Nachweises ihrer Existenz. Zudem besteht die Möglichkeit, dass ein steriles Neutrino inein aktives Neutrino und ein Gammaquant zerfällt [6, 8].

9

3 Eigenschaften spheroidaler Zwerggalaxien

Spheroidale Zwerggalaxien sind diffuse Galaxien, mit einer näherungsweise sphärischenForm und einer Leuchtkraft von L > 3·107L. Sie treten im Allgemeinen, neben anderenZwerggalaxien, als Satellitengalaxien von größeren Galaxien, wie der Milchstraße oderAndromeda, auf [12].Die ersten Zwerggalaxien in der Milchstraße, die Große und die Kleine Magellansche

Wolke (GMW und KMW), wurden offiziell 1519 von Magellan entdeckt, auch wenndie erste dokumentierte Beobachtung der GMW schon bis ins zehnte Jahrhundert zu-rückreicht. Sie sind als irreguläre Galaxien klassifiziert und enthalten sehr viel neutralenWasserstoff (HI-Gas) und sowohl junge, als auch alte Sterne und Sternhaufen. Außerdemgibt es noch aktive Sternentstehungsgebiete [5, 12].Erst 1938 entdeckte Shapley Sculptor, die erste spheroidale Zwerggalaxie (dSph). An-

schließend fand man bis 1994 noch 8 weitere dSphs in der Milchstraße. Die Schwierigkeitder Entdeckung liegt dabei in der geringen Oberflächenhelligkeit, die mindestens ~100mal geringer ist, als die der Magellanschen Wolken. Diese geringe Oberflächenhelligkeitist jedoch auch, jedenfalls klassisch, ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber Kugelstern-haufen, die bei einer festen absoluten Helligkeit weniger weit ausgedehnt sind, also einenkleineren effektiven Radius (half-light radius) haben. Mit Hilfe des Sloan Digital Sky Sur-vey (SDSS) konnten seit 2005 mindestens 13 weitere Satelliten im Halo der Milchstraßeentdeckt werden, die alle leuchtschwächer sind, als die vorher gefundenen. Sie haben zumTeil effektive Radien, die zwischen denen der Kugelsternhaufen und der vor-SDSS dSphsliegen, was ihre Zuordnung schwieriger macht. Eine Zuordung ist jedoch wichtig, da sieHinweise auf die Eigenschaften von Dunkler Materie und Galaxienbildung auf kleinenSkalen gibt. Da der SDSS aber erst ca. ein Drittel des Himmels abgesucht hat und auchnur Objekte mit einer Oberflächenhelligkeit von mindestens 29mag arcsec−2 entdeckenkann, werden in Zukunft wohl noch viele weitere Satellitengalaxien gefunden werden[5, 12, 13]. In [13] erwartet man daher, auf Grund von Vollständigkeitsüberlegungen,mehr als 60 Satellitengalaxien.Im Gegensatz zu den Magellanschen Wolken gibt es in dSphs fast kein Gas und auch

keine kürzliche Sternentstehung. Die einzige Ausnahme ist Leo T, in der HI-Gas be-obachtet wurde. Leo T ist jedoch mit ~420 kpc auch die am weitesten von der Sonneentfernte dSph. Die anderen dSphs haben eine Entfernung von ~25-250 kpc zur Sonne.Daher ist es möglich, dass die anderen dSphs ihr Gas an den intergalaktischen Raum ab-gegeben haben. Außerdem könnten sie durch die Gezeitenkräfte der Milchstraße Materialan diese verloren haben. Dieser Prozess ist derzeit bei Sagittarius zu beobachten, dessenGezeitenschweif sich um die gesamte Galaxie erstreckt (siehe Abbildung 3.1) [5, 12]. Fürdie übrigen dSphs lässt sich berechnen, dass die inneren Gravitationskräfte etwa 100 malgrößer sind als die Gezeitenkräfte durch die Milchstraße, so dass man annehmen kann,

10

3 Eigenschaften spheroidaler Zwerggalaxien

Abbildung 3.1: Der Gezeitenschweif von Sagittarius; ermittelt aus den Daten vom SDSS.Die Farben geben die Entfernung zum Stern an, während die Intensitätdie Dichte widerspiegelt.[14]

dass sie momentan im dynamischen Gleichgewicht sind [10]. Da der SDSS noch vieleweitere bezugslose stellare Ströme und erhöhte Dichten im Halo der Milchstraße undvon Andromeda gefunden hat, ist zu vermuten, dass solche Akkretionen von kleinerenMassen üblich waren [5].

3.1 Die MetallizitätDSphs weisen eine gewisse Spannweite in der Metallizität [Fe/H] auf, was auf mehrereSternentstehungsphasen hindeutet. Sie sind aber im Mittel metallarm. Die Metallizitätist als

[Fe/H] = log10Z

Z(3.1)

definiert, wobei Z bzw. Z das Verhältnis von Eisen zu Wasserstoff im untersuchtenStern bzw. in der Sonne ist. Sie ist ein Hinweis auf den Ursprung des Sternmaterials,da schwere Elemente wie Eisen nur in Supernovae entstehen. [Fe/H] = 0 ist somit dieMetallizität der Sonne [12]. Die dSphs, die vor dem SDSS entdeckt wurden, zeigen einenlinearen Zusammenhang zwischen den Metallizitäten [Fe/H] und dem Logarithmus derHelligkeit, was sie von den Kugelsternhaufen unterscheidet, bei denen die Metallizitätenmehr über die Helligkeiten verstreut sind. Insbesondere scheinen die SDSS-Satellitendiese Abhängigkeit fortzusetzen, wodurch sie eher den dSphs zuzuordnen sind.[5, 15] Daes in einigen dSphs RR-Lyrae-Sterne gibt, die mindestens 10 Mrd. Jahre [16] brauchen,um diesen Entwicklungsstand zu erreichen, müssen sie früh Sterne gebildet haben undkönnten so alt sein wie große Galaxien wie z.B. die Milchstraße [12].

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3 Eigenschaften spheroidaler Zwerggalaxien

3.2 DichteprofileDie Massenbestimmung und das Erstellen von Dichteprofilen erfolgt mit Hilfe der Ge-schwindigkeitsdispersionen. Die Geschwindigkeitsdispersion entlang der Sichtlinie (lineof sight, los)

σlos =⟨

(vlos − 〈vlos〉)2⟩1/2

(3.2)

wird dabei aus den Sichtliniengeschwindigkeiten der einzelnen Sterne bestimmt, die an-hand der Dopplerverschiebung bestimmter Spektrallinien gemessen werden [2]. Die Ge-schwindigkeitsdispersion senkrecht zur Sichtlinie ist im Allgemeinen unbekannt, da siewegen der großen Entfernung zu den Sternen nur schwer gemessen werden kann [12]. DieGeschwindigkeitsdispersionen liegen bei den dSphs im Bereich ∼ 5− 15kms−1 und blei-ben für alle Radien etwa konstant. Die dSphs scheinen jedoch keine signifikante Rotationzu haben [5, 17, 10].Mit Hilfe des Virialsatzes lässt sich die Masse von kugelförmigen Systemen, die sich

im mechanischen Gleichgewicht befinden, leicht abschätzen. Der Virialsatz lautet

Ekin = −12Epot (3.3)

und ergibt, mit einer kinetischen Energie

Ekin = 12M

⟨v2⟩

(3.4)

und einer potentiellen Energie

Epot = −αGM2

rh, (3.5)

eine Gesamtmasse

M =⟨v2⟩ rhαG

. (3.6)

Dabei ist α ∼ 1 ein Parameter der von der Massenverteilung abhängt, rh ist der EffektiveRadius und

⟨v2⟩ = 3σ, unter der Annahme von Isotropie, die dreifache Sichtlinienge-

schwindigkeitsdispersion [2]. Da dSphs und Kugelsternhaufen beide Geschwindigkeitsdis-persionen von ∼ 5− 15km/s, bei stark unterschiedlichen effektiven Radien, haben, folgtaus dem Virialsatz, bei Vergleich mit der Gesamthelligkeit, dass Kugelsternhaufen vonSternen dominiert sind, während dSphs ein Masse-Licht-Verhältnis von ∼ 100ML habenund somit stark von Dunkler Materie dominiert sind. Das genaue Masse-Licht-Verhältnisvariiert von Galaxie zu Galaxie. [5]

12

3 Eigenschaften spheroidaler Zwerggalaxien

3.2.1 Die kollisionsfreie sphärische Jeans-GleichungUm ein Dichteprofil der dSphs zu erstellen verwendet man meistens die kollisionsfreie,radiale, sphärische Jeans-Gleichung. Diese lässt sich aus der kollisionsfreien Boltzmann-Gleichung [18]

∂f

∂t+

6∑α=1

ωα∂f

∂ωα= 0 (3.7)

herleiten, wobei f (~x, ~v, t) die Phasenraumdichte und w = (~x, ~v) = (ω1, ..., ω6) ein Punktim Phasenraum ist. f (~x, ~v, t) d3~xd3~v gibt die Anzahl der Sterne an, die im Volumen d3~xum ~x eine Geschwindigkeit haben, die im Bereich d3~v um ~v liegt. Die Ableitung vonw ist w=

(~x, ~v

)= (~v, −∇Φ). In Kugelkoordinaten lautet die kollisionsfreie Boltzmann-

Gleichung [19]:

∂f

∂t+ vr

∂f

∂r+ vθ

r

∂f

∂θ+ vφr sin θ

∂f

∂φ+(v2θ + v2

φ

r− ∂Φ∂r

)∂f

∂vr

+(v2φ cot θ − vrvθ

r− 1r

∂Φ∂θ

)∂f

∂vθ−(vφvr + vφvθ cot θ

r+ 1r sin θ

∂Φ∂φ

)∂f

∂vφ= 0 ,

(3.8)

mit vr = r, vθ = rθ und vφ = r sin θφ. Multipliziert man Gleichung (3.8) mit vr undintegriert dann über alle Geschwindigkeiten, so erhält man, mit der Teilchendichte

ν ≡ˆfd3~v , (3.9)

der mittleren Geschwindigkeitvi ≡

ˆvifd

3~v (3.10)

undvivj ≡

ˆvivjfd

3~v = σ2ij + vivj , (3.11)

∂ (νvr)∂t

+ ∂

∂r

(νσ2

rr + νv2r

)+ 1r

∂θ

(νσ2

rθ + νvrvθ)

+ 1r sin θ

∂φ

(νσ2

rφ + νvrvφ)− 1rν(σ2θθ + σ2

φφ + v2θ + v2

φ

)+21

rν(σ2rr + v2

r

)+ 1rν cot θ

(σ2rθ + v2

r v2θ

)= −ν ∂Φ

∂r.

(3.12)

σ2ij ist der Geschwindigkeitsdispersionstensor. Integriert man Gleichung (3.8) lediglich

über alle Geschwindigkeiten, so erhält man

∂ν

∂t+ ∂ (νvr)

∂r+ 1r

∂ (νvθ)∂θ

+ 1r sin θ

∂ (νvφ)∂φ

+ 2rνvr + 1

rνvθ cot θ = 0 . (3.13)

13

3 Eigenschaften spheroidaler Zwerggalaxien

Subtrahiert man nun vr mal Gleichung (3.13) von Gleichung (3.12), so ergibt sich schließ-lich die radiale Jeansgleichung [19]:

ν∂vr∂t

+ ν

(vr∂vr∂r

+ vθr

∂vr∂θ

+ vφr sin θ

∂vr∂φ

)+ ∂

(νσ2

rr

)∂r

+ 1r

∂(νσ2

)∂θ

+ 1r sin θ

∂(νσ2

)∂φ

+ ν

r

[2σ2

rr −(σ2θθ + σ2

φφ + v2θ + v2

φ

)+ σ2

rθ cot θ]

= −ν ∂Φ∂r

.

(3.14)

Analog kann man die beiden anderen Jeansgleichungen bestimmen, indem man bei derobigen Berechnung mit vθ bzw. vφ statt mit vr multipliziert. Für ein stationäres hy-drodynamisches Gleichgewicht

(∂∂t = 0, vr = 0

), sphärische Symmetrie (vθ = vφ = 0,

σ2rθ = σ2

rφ = σ2θφ = 0, σ2

θθ = σ2φφ ≡ σ2

θ), σ2rr ≡ σ2

r und eine einheitliche Sternenmasseν → ρ? wird Gleichung (3.14) zu [10, 19]

1ρ?

∂r

(ρ?σ

2r

)+ 2

(σ2r − σ2

θ

)r

= 1ρ?

∂r

(ρ?σ

2r

)+ β

rσ2r = −∂Φ

∂r= −GM (r)

r2 ,(3.15)

mit

β ≡ 1− σ2θ (r)σ2r (r) (3.16)

der Anisotropie der Geschwindigkeitsdispersion. Sie vereinfacht sich für eine isotropeGeschwindigkeitsdispersion zu [20]

1ρ?

∂r

(ρ?σ

2)

= −∂Φ∂r

= −GM (r)r2 . (3.17)

Hierbei ist ρ? das dreidimensionale stellare Dichteprofil, Φ das Gravitationspotential,M (r) die Masse innerhalb von r und σr, σθ und σ die Geschwindigkeitsdispersion inradialer, tangentialer bzw. beliebiger Richtung. ρ? lässt sich aus der projektierten Stern-verteilung I? (R) bestimmen, wobei R der auf die Himmelsebene projektierte Radius ist(siehe 3.2.2) [10, 17, 18, 19].Da jedoch nur die Sichtliniengeschwindigkeitsdispersion gemessen werden kann, muss

über die Lösung der Jeans-Gleichung integriert werden, um eine messbare Größe zuerhalten:

σ2los (R) = 2

I? (R)

ˆ ∞R

(1− βR

2

r2

)ρ?σ

2rr√

r2 −R2dr . (3.18)

Für die beiden dazu senkrechten Richtungen in der Himmelsebene (R und t) ergebensich entsprechend

σ2R (R) = 2

I? (R)

ˆ ∞R

(1− β + β

R2

r2

)ρ?σ

2rr√

r2 −R2dr (3.19)

14

3 Eigenschaften spheroidaler Zwerggalaxien

und

σ2t (R) = 2

I? (R)

ˆ ∞R

(1− β) ρ?σ2rr√

r2 −R2dr , (3.20)

welche jedoch aus oben genanntem Grund schlecht zu bestimmen sind, sodass β nichtgemessen werden kann [5, 10].Die sehr hellen dSphs haben eine etwa kugelsymmetrische Lichtverteilung und lassen

sich gut mit der sphärischen Jeans-Gleichung beschreiben. Die lichtschwachen dSphs sindjedoch deutlich elliptischer und erfordern daher eine nicht-sphärische Jeans-Analyse, dieaber auf Grund von zu wenig Messdaten noch recht große Fehler bei den dynamischenMassen ergibt [5].

3.2.2 Die stellare DichteDie Oberflächen-Helligkeitsprofile der dSphs werden im Allgemeinen mit einem King-Profil gefittet:

Iking (R) = k

(1 + R2

r2c

)−1/2

−(

1 + r2lim

r2c

)−1/22

(3.21)

Daraus resultiert die dreidimensionale stellare Dichte

ρking = k

πrc[1 + (rlim/rc)2

]3/2z2

[1zcos−1z −

√1− z2

], (3.22)

mit z2 =(1 + r2/r2

c

)/(1 + r2

lim/r2c

), k einer Normierungskonstante, rc dem Kernradius

und rlim der Roche-Grenze [9, 10].Eine Alternative, die besonders für die meisten neu entdeckten dSphs eine gute Be-

schreibung darstellt, ist das Plummer-Profil

Ipl (R) = 43

ρ0rpl[1 + (R/rpl)2

]2 (3.23)

mit dem Plummer-Radius rpl. Die entsprechenden Dichte ist

ρpl (r) = ρ0[1 + (r/rpl)2

]5/2 (3.24)

Die Konstanten k und ρ0 spielen bei der Jeansanalyse keine Rolle [10].

3.2.3 Modellierung der MassenprofileIn Abbildung 3.2 sind Profile dargestellt, die von Walker et al. [17] anhand von mehre-ren tausend Sichtliniengeschwindigkeiten für 7 dSphs erstellt wurden. Dabei haben siezunächst für die einzelnen Sterne die Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit zur Galaxie

15

3 Eigenschaften spheroidaler Zwerggalaxien

bestimmt. Die Sterne, die wahrscheinlich zur Galaxie gehören, haben sie dann zu Kugel-schalen mit gleicher Gesamtzugehörigkeitswahrscheinlichkeit zusammengefasst, um dannfür jede Kugelschale mittels einer Gaußschen Methode der größten Wahrscheinlichkeitdie Geschwindigkeitsdispersion zu bestimmen [17].Bei dieser Methode wird davon ausgegangen, dass die gemessenen Sichtliniengeschwin-

digkeiten der einzelnen Sterne vi (i = 1, ..., N) um den Mittelwert 〈u〉 der tatsächlichenGeschwindigkeiten ui normalverteilt sind. Die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsfunktion

p (v1, ..., vN) =N∏i=1

1√2π(σ2i + σ2

p

) exp

−12

(vi − 〈u〉)2(σ2i + σ2

p

) (3.25)

der vi ist das Produkt der einzelnen Wahrscheinlichkeitsdichten, wobei σi die Messunsi-cherheit von vi und σp die gesuchte Sichtliniengeschwindigkeitsdispersion ist. σp und 〈u〉lassen sich dann numerisch als die Werte bestimmen für die ln (p) maximal ist [21].Unter den Annahmen von Kugelsymmetrie, dynamischem Gleichgewicht, radial kon-

stanter Geschwindigkeitsanisotropie (Gl. 3.16) und einer mit dem Radius exponenti-ell abnehmenden Oberflächenhelligkeit haben sie schließlich mit der Jeans-Gleichungdie projektierten Geschwindigkeitsdispersionsprofile, unter der Annahme eines NFW-Profils, berechnet. Dabei waren die Geschwindigkeitsanisotropie β und die VirialmasseMvir (Masse innerhalb desVirialradius rvir, für den der Virialsatz gilt; im Allgemeinendie Masse innerhalb des Radius, innerhalb dessen ρ > 200ρcrit gilt [5]) die einzigenfreien Parameter. Auf der linken Seite von Abbildung (3.2) sind die projektierten Ge-schwindigkeitsdispersionen, das am besten passende NFW-Profil (durchgezogen) und dasKing-Profil (gepunktet), welches annimmt, dass die gesamte Masse aus sichtbarer Mate-rie besteht, gegen den Radius aufgetragen. Die rechte Seite zeigt die aus den gefittetenProfilen folgenden Dichte-, Masse- und M/L- Profile. Die durchgezogenen Linien folgendabei wieder aus dem NFW-Profil, während die gepunkteten Linien, mit den AnnahmenM/L=1 und einer exponentiell fallende Dichte für die Sternkomponente, die baryonischenDichten darstellen.Man erkennt, dass Modelle, in denen die gesamte Materie aus sichtbarer Materie be-

steht, eine schlechte Beschreibung der Messdaten bieten. Außerdem lässt sich durchIntegration bestimmen, dass die Masse innerhalb von 600 pc für alle dSphs im Bereichvon (2− 7) · 107M liegt, obwohl die Helligkeiten um etwa eine Größenordnung schwan-ken. Die Masse innerhalb des Virialradius liegt im Bereich Mvir ∼ 108 − 109M. DiedSphs haben also alle etwa gleich große Dunkle Materie-Halos [17].Auf ähnliche Weise erhalten Louis E. Strigari et al. [10] für fast alle dSphs eine ein-

heitliche Masse vonM300 ∼ 107M innerhalb von 300 pc, trotz einer Streuung von fast 5Größenordnungen bei den Leuchtkräften (siehe Abbildung 3.3) und eine zentrale Dichtevon ∼ 0.1M/pc

3. Dabei haben sie das Dichteprofil (2.2) für die Dunkle Materie unddas Dichteprofil (3.22) bzw. (3.24) für die stellare Materie verwendet. Außerdem habensie eine vom Radius abhängende Geschwindigkeitsanisotropie β benutzt. Der DunkleMaterie-Anteil nimmt also mit abnehmender Leuchtkraft zu. Der Radius 300 pc wurdegewählt, da er den ungefähren Mittelwert der stellaren Ausdehnung aller dSphs darstellt[10].

16

3 Eigenschaften spheroidaler Zwerggalaxien

Abbildung 3.2: Links: Die projektierten Geschwindigkeitsdispersionen, mit den NFW-Profilen (durchgezogene Linie) und den für King-Profile erwarteten Ge-schwindigkeitsdispersionsprofilen (gepunktet). Rechts: Die aus den Ge-schwindigkeitsdispersionen resultierenden Dichte- Massen- und M/L-Profile. Die durchgezogenen Linien stellen wieder die NFW-Profile dar,während die gepunkteten Profile die baryonischen Dichte- und Massen-profile darstellen. [17]

17

3 Eigenschaften spheroidaler Zwerggalaxien

Abbildung 3.3: Die Massen der dSphs innerhalb von 300pc in Vielfachen der Sonnen-masse gegen die Gesamtleuchtkraft in Vielfachen der Sonnenleuchtkraftaufgetragen. Die roten Kreise sind SDSS-dSphs und die blauen Quadra-te vor-SDSS-dSphs. Die Fehlerbalken entsprechen dem Wert bei demdie Massen-Wahrscheinlichkeitsfunktion auf 60,6% des Maximalwertsfällt.[10]

18

4 Implikationen der Eigenschaften derspheroidalen Zwerggalaxien für die derDunklen Materie

4.1 Direkte RückschlüsseDa unterschiedliche Dunkle Materie-Teilchen unterschiedliche Strukturen auf kleinenSkalen voraussagen kann man, indem man die beobachteten Eigenschaften der dSphsmit den für die unterschiedlichen DM-Teilchen vorausgesagten Strukturen vergleicht, dieEigenschaften der DM bestimmen oder zumindest gewisse Eigenschaften ausschließen.Wegen des großen DM-Anteils kann man die Sterne als Testteilchen ansehen, die demGravitationspotential der DM folgen und aus deren Geschwindigkeiten direkt die DM-Profile ableiten, da die Einflüsse der baryonischen Materie gering sind [5].

4.1.1 Die Masse der dSphsDa die minimale DM-Halomasse von der freien Strömungslänge der DM-Teilchen ab-hängt, kann man mit den beobachteten Halomassen die möglichen DM-Kandidaten ein-schränken. CDM-Teilchen wie WIMPs könnten Halos formen, die etwa in der Größen-ordnung der Erdmasse liegen (∼ 10−6M), während für WDM die minimale Halomassein der Größenordnung ∼ 108M liegt [5].Die einheitliche Masse der DM-Halos der dSphs in der Milchstraße innerhalb von 300

pc bietet verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Anhand von hochauflösenden CDM-Simulationen kann man berechnen, welche Masse Mtotal die Halos der dSphs hatten,bevor sie mit dem Halo der Milchstraße zusammengewachsen sind [10]:

M300 ≈ 107M(Mtotal/109M

)0.35(4.1)

Da alle bislang gefundenen dSphs diese gemeinsame Masse haben, könnte dies eine cha-rakteristische Größe sein, die für die Bildung von Galaxien und damit Sternen günstigist und unterhalb welcher die Bildung von Sternen unterdrückt wird [10].Eine andere Interpretation wäre, dass dies die minimale Halomasse ist die existiert,

was große Einschränkungen für die Teilcheneigenschaften der Dunklen Materie mit sichbringen würde. Es würden somit zum Einen Teilchenmodelle, die die Existenz kleinererHalos voraussagen, vor Schwierigkeiten gestellt und zum Anderen werden Teilchen defi-nitiv ausgeschlossen, die größere minimale Halogrößen erfordern. Die beobachtete MasseM ≈ 109M wäre zum Beispiel im Einklang mit einem WDM-Teilchen mit einer Massevon etwa 1 keV, wogegen solche mit geringerer Masse ausgeschlossen werden können [10].

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4 Implikationen der Eigenschaften der spheroidalen Zwerggalaxien für die der Dunklen Materie

Die zentrale Dichte von ∼ 0.1M im Halo, die für Modelle mit hierarchischer Struk-turbildung von der Zeit abhängt, zu der sich der Halo gebildet hat, lässt darauf schließen,dass die dSphs etwa zu der Zeit der Reionisierung des Universums, also weniger als 100Mio. Jahre nach dem Urknall, entstanden sind (z ? 12) [10].

4.1.2 Die PhasenraumdichteDie grobkörnige (makroskopische) Phasenraumdichte ist als

Q ≡ ρ

σ3 (4.2)

definiert, wobei ρ die Dichte und σ die eindimensionale Geschwindigkeitsdispersion derDunkle Materie-Teilchen ist. Die Geschwindigkeitsdispersion der DM-Teilchen kann je-doch nicht gemessen werden, weshalb im Allgemeinen die Annahme gemacht wird, dasssie der der Sterne entspricht, obwohl sie vermutlich größer ist [11].Da das Liouville-Theorem impliziert, dass für kollisionsfreie DM-Teilchen die grob-

körnige Phasenraumdichte immer kleiner sein muss, als die primordiale, feinkörnige,kann man die Dunkle Materie-Kandidaten einschränken, indem man das System mitder größten Phasenraumdichte sucht. Dies ist möglich, weil die feinkörnige Phasenraum-dichte von den Eigenschaften des DM-Teilchens abhängt [8, 11]. Kalte Teilchen wieWIMPs oder Axione haben große Phasenraumdichten, während wärmere Teilchen wiesterile Neutrinos kleinere Phasenraumdichten haben. Für manche WIMPs liegt die Pha-senraumdichte im Bereich Q ∼ 1015Mpc

−3 (km/s)−3 [5], während diese für ein warmesTeilchen so klein wie Q ∼ 10−5Mpc

−3 (km/s)−3 [5] sein kann. Daher hätten DM-Halosaus kalten Teilchen Dichteprofile, die zum Zentrum hin stark ansteigen, während warmeTeilchen Dichteprofile mit beobachtbaren, flachen Kernen erzeugen würden. Da jedochdie DM-Dichteprofile der dSphs zum Zentrum hin durch die Sichtliniengeschwindigkei-ten schlecht bestimmt sind, ist es bislang nicht möglich festzustellen, ob die DichteprofileSpitzen oder Kerne haben. Manche dSphs zeigen Indizien für Kernen, während andereeher steile Spitzen haben könnten. Bislang können nur Kerne mit ∼ 1kpc ausgeschlossenwerden [5].Da dSphs die größten bislang beobachteten Phasenraumdichten haben, konnten Si-

mon und Geha [11] aus den Dichten und Geschwindigkeitsdispersionen einiger dSphseine untere Grenze Q ? 10−3Mpc

−3 (km/s)−3 für die grobkörnige Phasenraumdich-te bestimmen, was eine große Einschränkung für Modelle mit warmer Dunkler Materiedarstellt [11].Würde man in anderen dSphs noch höhere Phasenraumdichten finden, so würde dies

die möglichen warmen DM-Kandidaten weiter einschränken, während das definitive Be-obachten von flachen Kernen gegen WIMPs und Axione sprechen würde [5].

4.1.2.1 Untere Massengrenzen für sterile Neutrinos

Für sterile Neutrinos (SN) lassen sich aus verschiedenen Annahmen für die maximalePhasenraumdichte minimale SN-Massen ableiten. Eine erste Methode basiert auf demPauli-Prinzip, wonach die Phasenraumdichte der SN die eines entarteten Fermigases

20

4 Implikationen der Eigenschaften der spheroidalen Zwerggalaxien für die der Dunklen Materie

nicht übersteigen kann. Geht man nun von einem kugelsymmetrischen DM-Halo mitRadius R und Masse M aus, so ergibt sich unter der Bedingung, dass die maximaleFermi-Geschwindigkeit die Fluchtgeschwindigkeit v =

√2GM/R nicht übersteigt, eine

minimale Masse

Mν >

( 9π4√

2MR3/2G3/2

)1/4. (4.3)

Dies ist eine relativ schwache Beschränkung der Masse, da sie nicht von der tatsächlichenursprünglichen Phasenraumdichte abhängt. Mittels aktueller Daten von dSphs erhältman auf diese Weise eine untere Massengrenze Mν > 0.4keV [5].Eine andere Methode benutzt wieder die Eigenschaft, dass die aktuelle Phasenraum-

dichte die primordiale nicht übersteigen kann, wobei die Geschwindigkeitsdispersion derSN mit einbezogen wird. Um dabei auf Annahmen zu verzichten, die eine Beziehung zwi-schen der Geschwindigkeitsdispersion der Sterne und der der SN herstellen, werden in [8]zunächst die Dichteprofile der DM-Halos von 7 dSphs aus den Sichtliniengeschwindig-keitsdispersionen der Sterne bestimmt. Dann werden, unter der Annahme, dass sich dieSN im hydrostatischen Gleichgewicht befinden, mit Hilfe der Zustandsgleichung für einteilweise entartetes Neutrinogas, die Geschwindigkeitsdispersionen der SN in Abhäng-igkeit vom Radius ermittelt. Der aktuelle Maximalwert für die Phasenraumdichte ist, fürGauß-verteilte Geschwindigkeiten mit Dispersion σν , ρν (r)

[2πσ2

ν (r)]−1.5 [8] und wird

Tremaine-Gunn-Grenze (TG) genannt. Die Autoren erhalten für diese Grenze schließlich

ρνs,TG (r) = 215(

1ev/c2

)4 (σν (r)c

)3Mpc

−3 (4.4)

und können damit, da bis auf die SN-Masse alle Werte bekannt sind, für die einzelnendSphs eine minimale SN-Masse bestimmen, indem sie diese Masse so variieren, dass dieTG-Grenze im Zentrum der Galaxie genau erreicht wird. Es ergibt sich eine minimaleSN-Masse von 270-280eV, die für alle betrachteten dSphs im Bereich einer Standardab-weichung liegt, während die Werte für die einzelnen dSphs im Bereich von 160-460eVliegen [8].

4.2 Indirekte Beobachtung4.2.1 MotivationDa in vielen Teilchenmodellen die DM-Teilchen in Standardmodell-Teilchen annihilieren,könnte es möglich sein, die entstehenden Teilchen zu detektieren. Dies gilt insbesonde-re, wenn bei der Annihilation Gammastrahlen entstehen, deren Energiespektrum mitaktuellen und zukünftigen Detektoren nachweisbar wäre [5].Theoretisch gibt es mehrere mögliche Ziele bei denen man diese Annihilationssignale

messen könnte. Darunter sind jedoch die dSphs, im Gegensatz zum galaktischen Zentrumoder der diffusen galaktischen oder extragalaktischen Emission, die vielversprechends-ten, auch wenn die Gammastrahlenflussdichte vom galaktischen Zentrum in der Regel

21

4 Implikationen der Eigenschaften der spheroidalen Zwerggalaxien für die der Dunklen Materie

größer ist. Der Vorteil liegt dabei, neben dem großen Dunkle Materie-Anteil, was relativgut modellierte DM-Profile ermöglicht, im geringen HI-Gas-Gehalt, wodurch die intrin-sische Emission von astrophysikalischen Gammastrahlenquellen vermutlich geringer istals beim galaktischen Zentrum [5]. Zudem befinden sich die dSphs in relativer Nähe derSonne und haben einen geringeren astrophysikalischen Gammastrahlenhintergrund, aufGrund der hohen galaktischen Breiten- und Längengrade [9]. Der Hintergrund, der ver-mutlich überwiegend von diffuser extragalaktischer Emission mit einem EnergiespektrumdN/dE ∼ E−2.7 herrührt, sollte gleichmäßig sein und sich daher gut aus den Messwertenherausrechnen lassen. Da die Dunkle Materie-Dichten im Zentrum für alle dSphs etwagleich groß sind, empfiehlt es sich die am nächsten gelegenen dSphs zu betrachten, daderen Flussdichten am größten sind [5].

4.2.2 Bestimmung des erwarteten AnnihilationsflussesDer Gammastrahlenfluss kann als das Produkt von zwei Teilen geschrieben werden,wobei der eine Teil (L) nur von der Dichteverteilung des Dunkle Materie-Halos und derEntfernung zum Halo abhängt, während der andere Teil (P) nur von den Eigenschaftendes Dunkle Materie-Teilchens abhängt:

dNγ

dAdt= 1

4πP [〈σv〉 , Mχ, dNγ/dE]L (ρs, rs, D) (4.5)

L =ˆ ∆Ω

0

ˆlosρ2 [r (θ, D, s)] ds

dΩ (4.6)

P =ˆ Mχ

Eth

∑i

dNγ,i

dE

〈σv〉iM2χ

dE (4.7)

Hierbei ist 〈σv〉 der Wirkungsquerschnitt, Mχ die Masse des DM-Teilchens, Nγ die An-zahl der Photonen, E die Energie, ρs und rs die Skalierungsdichte, bzw. der Skalie-rungsradius des Dichteprofils (2.1) und Eth die Schwellenenergie. Das Integral von Lwird entlang der Sichtlinie über einen Raumwinkel ∆Ω = 2π (1− cos θ) ausgeführt. DerIndex i bezeichnet die möglichen Endstadien der Annihilation [9].Das Trennen von L und P ermöglicht es den L-Teil anhand der Geschwindigkeitsdis-

persionsprofile festzulegen, so dass man von den beobachteten Flussdichten mittels Pleichter auf die Teilcheneigenschaften der Dunklen Materie schließen kann. Die Massedes DM-Teilchens lässt sich dann aus dem Energiespektrum ablesen [9].Die Parameter γ und δ parametrisieren die innere und äußere Steigung von Gl. (2.1)

und sind durch Simulationen zu δ ≈ 3 und 0.7 > γ > 1.2 bestimmt, während ρs und rseinen großen Wertebereich haben, mit denen sich die kinematischen Daten reproduzierenlassen. Unter den Annahmen eines NFW-Profils (δ = 3 und γ = 1), für das 90% desFlusses aus dem Inneren von rs stammt, D rs gilt und dass die Winkelausdehnung

22

4 Implikationen der Eigenschaften der spheroidalen Zwerggalaxien für die der Dunklen Materie

von rs kleiner als der interessante Raumwinkel ist, vereinfacht sich Gl. (4.6) nach einpaar Rechenschritten zu

L (ρs, rs) = 7π6 ρ2

sr3s . (4.8)

Änderungen von γ im oben angegebenen Bereich verkleinern, bzw. vergrößern diesenWert um einen Faktor ~6. Durch diese Umformung verringert sich der Faktor, um denL, auf Grund des großen ρs − rs Wertebereichs, schwankt, deutlich [9].Die obigen Gleichungen gelten für einen glatten DM-Halo. Es ist jedoch, auf Grund

der Simulationen von CDM Halos, zu erwarten, dass es in den Halos der dSphs, die Un-terstrukturen des Milchstraßen-Halos sind, weitere Unterstrukturen gibt. Diese würdenzu einer Erhöhung von L führen, während P unverändert bleibt. Dies lässt sich mit einemBoostfaktor B als

L (M) = [1 +B (M, m0)] L (M) = L (M) +ˆ M

m0

dN

dmL (m) dm (4.9)

schreiben, wobei L (M) den glatten Halo mit Masse M beschreibt. Der Boostfaktor Bhängt von der Masse M des glatten Halos und der minimalen Unterhalo-Masse mo ∼[10−13 − 10−2]M ab, die wiederum von der freien Strömungslänge der CDM Teilchenabhängt. Da numerische Simulationen noch weit davon entfernt sind CDM-Halos mit sohoher Auflösung berechnen zu können, kann man den Boost nur abschätzen. Louis E.Strigari et al. [9] erhalten unter der Annahme M = 108M einen Wert B (M) < 41 fürm0 = 10−13M und B (M) < 2 für m0 = 10−2M [9].Für das Beispiel des Supersymmetrischen Neutralinos erhalten sie für den P-Teil des

Gammastrahlen-Flusses, unter der Annahme der größtmöglichen Wirkungsquerschnit-te für die einzelnen Annihilationsmöglichkeiten und einer Masse des Neutralinos von ~46 GeV, einen maximalen Wert P ≈ 10−28cm3s−1GeV −2 . Damit ergibt sich für einenglatten Halo ein größtmöglicher Fluss von 3 · 10−11cm−2s−1 von der dSph Ursa Mi-nor, innerhalb eines Radius von 0.1 Grad um das Zentrum, welcher an der Grenze desSensitivitätsbereichs aktueller und zukünftiger Detektoren wie GLAST liegt [9].GLAST (Gamma-Ray Large Area Space Telescope) ist ein Hochenergie-Gammastrah-

lenteleskop, dass 2008 gestartet wurde. Es kann Gammastrahlen im Bereich von 20MeVbis über 300GeV detektieren [22].Um die Gammastrahlenflüsse genauer zu bestimmen, ist es somit wichtig, ein besseres

Verständnis für die Struktur der DM-Profile der dSphs zu erlangen. Die Geschwindig-keitsdispersionsprofile müssen also durch mehr Daten von weiteren Sternen verbessert,und sowohl die innere Steigung, als auch die Unterstrukturen der DM-Halos durch hö-herauflösende Simulationen genauer festlegt werden [5, 9].

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5 Zusammenfassung

Am Anfang dieser Arbeit wurden zunächst Eigenschaften der Dunklen Materie aufge-führt, die für die Betrachtung von DM-Halos wichtig sind und kurz mögliche Kandidatenvorgestellt, die allgemein in Betracht gezogen werden. Im zweiten Teil wurden dann dieEigenschaften der spheroidalen Zwerggalaxien betrachtet und dabei insbesondere dieMethoden zur Modellierung der Massen- und Dichteprofile. Die Betrachtung der Mög-lichkeiten mit denen man, anhand der Eigenschaften der dSphs, die Eigenschaften derDunklen Materie bestimmen kann, hat schließlich gezeigt, dass es sowohl direkte, alsauch indirekte Methoden gibt mit denen sich Rückschlüsse ziehen lassen. So lassen sich,sowohl durch die beobachteten Massen der dSph, als auch durch ihre Dichteprofile undPhasenraumdichten, die Teilcheneigenschaften der Dunklen Materie einschränken. Au-ßerdem bietet sich dadurch, dass viele DM-Teilchen zu Photonen annihilieren können,die Möglichkeit, die DM-Teilchen indirekt nachzuweisen.Schwierigkeiten, die einer genaueren Bestimmung der Eigenschaften der Dunklen Ma-

terie im Weg stehen, sind inbesondere, dass im Allgemeinen nur die Sichtliniengeschwin-digkeiten der Sterne in den Galaxien zur Verfügung stehen, jedoch nicht die Eigenge-schwindigkeiten, und die für die kürzlich entdeckten dSphs häufig noch geringe Anzahlan Messwerten. Dies führt insbesondere bei kleineren Radien zu großen Fehlern bei derBestimmung der dynamischen Massen. Bei der indirekten Beobachtung kommt nochdie mangelnde Sensitivität der aktuellen Detektoren und die sehr geringen Flussdichtenhinzu.Durch die Sichtliniengeschwindigkeiten lassen sich jedoch die Massen innerhalb eines

gewissen Radius relativ gut bestimmen und über diese sind Rückschlüsse auf die freieStrömungslänge der DM-Teilchen möglich. So können auf Grund der aktuellen Datenschon warme DM-Teilchen mit einer Masse von unter 1keV ausgeschlossen werden. Es istdaher zunächst wichtig alle dSphs im Halo der Milchstraße zu erfassen und ihre Massenanhand einer möglichst großen Anzahl von Sichtliniengeschwindigkeiten zu bestimmen.Um die Fehler, insbesondere bei den inneren Steigungen, der Dichteprofile zu verringernist es nötig die Eigengeschwindigkeiten einzelner Sterne aus ihrer geringen zeitlichenVerschiebung gegenüber “unbewegten” Referenzpunkten, wie z.B. entfernten Quasaren,zu bestimmen.Abschließend kann gesagt werden, dass sich die Eigenschaften der Dunklen Materie,

mit Hilfe der Eigenschaften der spheroidalen Zwerggalaxien, herleiten, oder wenigstenseinschränken lassen. Es ist jedoch erforderlich weitere Messungen durchzuführen, umverlässliche Ergebnisse zu erhalten.

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