Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im...

178
Dieser Leitfaden beinhaltet die Ergebnisse aus dem Forschungsvorhaben „Ökologische Gebäudekonzepte für den ostasiatischen Markt – exemplarische Entwicklungen für repräsentative japanische Klimazonen“. Dieses Vorhaben wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) gefördert. Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein Leitfaden

Transcript of Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im...

Page 1: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Dieser Leitfaden beinhaltet die Ergebnisse aus dem Forschungsvorhaben „Ökologische Gebäudekonzepte für den ostasiatischen Markt – exemplarische Entwicklungen für repräsentative japanische Klimazonen“. Dieses Vorhaben wurde durch das Bundesministerium

für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) gefördert.

ÖkologischeGebäudekonzepte

für Japan

Ein Leitfaden

Page 2: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig
Page 3: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Ökologische Gebäude-konzepte für Japan

Ein Leitfaden

Dieser Leitfaden entstand in Zusammenarbeit von

Fraunhofer-Institut für Holzforschung

Wilhelm-Klauditz-Institut WKI

Fraunhofer-Institut für Brauphysik IBP

Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits-,

Energietechnik UMSICHT

Bauhaus-Universität Weimar

Fakultät Bauingenieurwesen

Die Untersuchungen und Projekte zu diesem Leitfaden wurden mit Mitteln des Bundesministeriums

für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereini-

gungen (AiF) gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt der Veröffentlichung liegt bei den Autoren.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung, vorbehalten. Kein Teil des

Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schrift-

liche Genehmigung der Autoren reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbei-

tet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Eine Haftung für den Inhalt kann trotz sorgfältigster Bearbeitung und Korrektur nicht übernommen

werden.

© 2010 Fraunhofer WKI

ISBN 978-3-00-031751-4

Page 4: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig
Page 5: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan

∙∙∙ Inhalt

∙∙∙ Vorworte ...................................................................................................................................... 5

1∙ Einführung .................................................................................................................................... 8

2∙ Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan .............................................................. 9

2.1∙ Klimaverhältnisse .................................................................................................................. 9

2.2∙ Kosten und Verfügbarkeiten ............................................................................................. 15

2.2.1∙ Strom ............................................................................................................................ 15

2.2.2∙ Erdgas / Propangas ........................................................................................................ 17

2.2.3∙ Heizöl ............................................................................................................................ 18

2.2.4∙ Solarenergie ................................................................................................................... 18

2.2.5∙ Holz (Waldrestholz, landwirtschaftliche Reststoffe etc.) .................................................. 19

2.2.6∙ Kohle ............................................................................................................................. 20

2.2.7∙ Geothermie ................................................................................................................... 20

2.2.8∙ Fernwärme / Fernkälte ................................................................................................... 21

2.2.9∙ Biomasse und Ersatzbrennstoffe ..................................................................................... 22

2.3∙ Kulturelle Besonderheiten ................................................................................................. 23

2.3.1∙ Architektur .................................................................................................................... 23

2.3.2∙ Gebäudetypen und Aufteilung ....................................................................................... 25

2.3.3∙ Heizung ......................................................................................................................... 27

2.3.4∙ Zentralheizungen ........................................................................................................... 28

2.3.5∙ Kühlung ......................................................................................................................... 29

2.3.6∙ Warmwasserbedarf ........................................................................................................ 30

2.3.7∙ Lüften ............................................................................................................................ 30

2.3.8∙ Gebäudehülle ................................................................................................................ 30

2.4∙ Standards und Richtlinien .................................................................................................. 31

2.4.1∙ Standards und Gesetze .................................................................................................. 31

2.4.2∙ Gütesiegel Energie ......................................................................................................... 36

2.4.3∙ Regularien ..................................................................................................................... 37

2.4.4∙ Staatliche Organisationen, NGO‘s................................................................................... 38

2.5∙ Gebäudestruktur und Bauabwicklung .............................................................................. 41

2.5.1∙ Bauformen und Materialien............................................................................................ 41

2.5.2∙ Holzbau ......................................................................................................................... 43

2.5.3∙ Gebäudehülle ................................................................................................................ 47

2.5.4∙ Ausbauformen ............................................................................................................... 48

2.5.5∙ Außen liegender Sonnenschutz ...................................................................................... 48

2.5.6∙ Fenster ........................................................................................................................... 48

2.5.7∙ Genehmigungsverfahren für den Hochbau ..................................................................... 49

2.5.8∙ Überwachungspflichtige Gebäudetypen während des Baus ............................................ 50

2.5.9∙ Der japanische Renovierungsmarkt ................................................................................. 51

2.6∙ Erdbebensicherheit und Brandschutz, Wind und Schnee ................................................ 52

2.6.1∙ Erdbebensicherheit ........................................................................................................ 52

2.6.2∙ Brandschutz ................................................................................................................... 63

2.6.3∙ Wind ............................................................................................................................. 69

2.6.4∙ Schnee ........................................................................................................................... 72

2.7∙ Marktsituation – derzeitig verwendete Technologien ..................................................... 75

2.7.1∙ Energie .......................................................................................................................... 75

2.7.2∙ Haus- und Gebäudetechnik ............................................................................................ 78

2.8∙ Neueste Markttrends und mittelfristige Perspektiven ..................................................... 80

2.8.1∙ Eco-Cute ........................................................................................................................ 80

2.8.2∙ All-Denka ....................................................................................................................... 80

Page 6: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan6

2.8.3∙ Zero-Energy-Haus .......................................................................................................... 80

2.8.4∙ Eco-Ice ........................................................................................................................... 80

2.8.5∙ Eco-Jozu ........................................................................................................................ 81

2.8.6∙ Eco-Will – Kraftwärmekopplung ..................................................................................... 81

2.8.7∙ Luftkollektoren .............................................................................................................. 81

3∙ Ökologisches Gesamtkonzept ................................................................................................... 83

3.1∙ Zielstellung und Inhalte ..................................................................................................... 83

3.1.1∙ Ökologisches Bauen und integrale Planung .................................................................... 83

3.1.2∙ Das ökologische Gesamtkonzept .................................................................................... 83

3.1.3∙ Teilkonzepte und Schwerpunkte des Forschungsprojekts ................................................ 84

3.1.4∙ Übergeordnete Zielstellung ............................................................................................ 85

3.2∙ Ökologisches Stufenprogramm ......................................................................................... 85

3.3∙ Ausblick: Ökologische Gebäudekonzepte und die Ecocity .............................................. 86

3.4∙ Teilkonzept „Architektur und Nutzung“ .......................................................................... 87

3.4.1∙ Zielstellung .................................................................................................................... 87

3.4.2∙ Konzeptansätze für die Gebäudeplanung ....................................................................... 87

3.4.3∙ Gebäudekonzept – Umsetzung am konkreten Beispiel ................................................... 90

3.5∙ Teilkonzept „Baustoffe / Konstruktion“ ........................................................................... 96

3.5.1∙ Zielstellung .................................................................................................................... 96

3.5.2∙ Konstruktionskonzept .................................................................................................... 96

3.5.3∙ Baustoffkonzept .......................................................................................................... 102

3.6∙ Teilkonzept „Energie“ ...................................................................................................... 105

3.6.1∙ Zielstellung .................................................................................................................. 105

3.6.2∙ Energiekonzept: Energetische Gebäudeplanung ........................................................... 107

3.6.3∙ Energiekonzept: Gebäudetechnik ................................................................................. 124

4∙ Optimierung der Gebäudehülle .............................................................................................. 125

4.1∙ Optimierung unter Betrachtung der Erdbebensicherheit .............................................. 125

4.2∙ Bauphysikalische Optimierung der Gebäudehülle ......................................................... 127

4.2.1∙ Feuchtetechnische Betrachtung der Außenwand .......................................................... 128

4.2.2∙ Feuchtetechnische Betrachtung des Daches .................................................................. 134

4.2.3∙ Feuchtetechnische Betrachtung der Dachterasse .......................................................... 141

4.3∙ Optimierung des Energiebedarfs ..................................................................................... 142

4.3.1∙ Energetische Betrachtung am Standort Sapporo ........................................................... 143

4.3.2∙ Energetische Betrachtung am Standort Tokyo .............................................................. 145

4.3.3∙ Energetische Betrachtung am Standort Kagoshima ....................................................... 147

4.4∙ Zusammenfassung ............................................................................................................ 149

∙∙∙ Anhänge ................................................................................................................................... 150

∙∙∙ Quellennachweis ...................................................................................................................... 170

∙∙∙ Bildnachweis ............................................................................................................................ 172

∙∙∙ Impressum ................................................................................................................................ 174

Page 7: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Ökologische Gebäudekonzepte für den ostasiatischen Markt – ein Forschungsvorhaben, gefördert mit

Mittel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über die Arbeitsgemeinschaft

industrieller Forschungsvereinigungen (AiF), durchgeführt von namhaften deutschen Instituten. Dieses

Vorhaben hat im Laufe der Bearbeitung nicht nur den Beteiligten viele neue, interessante Einblicke

in andere Kulturen geöffnet. Dieses Vorhaben hat einen Leitfaden hervorgebracht, den es in diesem

Umfang bisher noch nicht in Deutschland gegeben hat. Er stellt ein Standardwerk für alle dar, die

sich mit dem Bauen in Ostasien, speziell in Japan, beschäftigen wollen. Er erweist sich als interessante

Wissensquelle für alle, die sich mit Japan beschäftigen, jedoch noch nie mit dem Bau in Berührung

gekommen sind und er erweitert auch den Horizont aller, die sich mit dem Bauen in Deutschland und

Europa beschäftigen.

Japan ist selbst in der globalisierten Welt sehr weit entfernt von Europa. Nicht nur räumlich, sondern

auch kulturell. Die Baukultur ist geprägt von extremen Beanspruchungen durch Erdbeben und Tai-

funen. Das Land erstreckt sich über eine Länge von rund 4000 km und umschließt unterschiedliche,

teils extreme Klimazonen. Im Norden gibt es strenge und sehr schneereiche Winter – im Süden des

Landes herrschen tropisch feucht-heiße Bedingungen. Während für Deutschland ein Standardhaus

gebaut werden könnte, welches an allen Standorten die gesetzlichen Anforderungen erfüllen könnte,

ist dies in Japan, schon allein wegen der extremen klimatischen Unterschiede nicht möglich. Dieser Leit-

faden gibt auch Auskunft darüber, wie diese klimatischen Extreme berücksichtigt werden und bietet

somit auch für Bauten in anderen Klimazonen nützliche Hilfestellungen.

Prof. Dr. Rainer Marutzky

Institutsleiter Fraunhofer WKI

Braunschweig im Mai 2009

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan 7

∙∙∙ Vorworte

Page 8: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Das Forschungsvorhaben „Ökologische Gebäudekonzepte für den ostasiatischen Markt – exempla-

rische Entwicklungen für repräsentative japanische Klimazonen“ wurde von einem dreizehnköpfigen

projektbegleitenden Ausschuss, dem ich als Vorsitzender vorstand, über die Jahre der Bearbeitung be-

gleitet. Der Ausschuss hat die bearbeitenden Institute dabei unterstützt, möglichst praxisreife Lösungen

für den japanischen Baumarkt zu erarbeiten.

Mit diesem Leitfaden ist den bearbeitenden Instituten ein hervorragendes Werk gelungen, das nicht

nur dem „Japan-Neuling“, sondern auch erfahrenen Praktikern interessante und wichtige Informa-

tionen über das Bauen in Japan liefert. Die Zeit der Bearbeitung hat für alle Beteiligten neue Erkennt-

nisse gebracht, die auf aktuellem Stand in übersichtlicher Form in diesem Leitfaden zusammengefasst

wurden.

Dieser Leitfaden ist gedacht für Unternehmen der Baubranche, die sich gedanklich mit einem Enga-

gement in Japan befassen. Auch wenn dieser Leitfaden nicht die überaus wichtigen Kontaktpersonen

vor Ort ersetzen kann, so ist er ein sehr informatives Nachschlagewerk und eine wichtige Entschei-

dungshilfe.

Prof. Dr. Bernhard Schwarz

Vorsitzender der Projektbegleitenden Ausschusses

Holzkirchen im Mai 2009

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan8

Page 9: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Zwei Jahre der Bearbeitung des Forschungsvorhabens „Ökologische Gebäudekonzepte für den ost-

asiatischen Markt – exemplarische Entwicklungen für repräsentative japanische Klimazonen“ liegen

hinter uns und die Ergebnisse dieses Vorhabens sind in diesem Leitfaden zusammengefasst.

Dieses Vorhaben und somit auch diesen Leitfaden könnte es ohne die Förderung durch das Bundes-

ministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) über die Arbeitsgemeinschaft industrieller For-

schungsvereinigungen (AiF) nicht geben – somit gilt der Dank in erster Linie dem BMWi, der AiF

und dem Internationalen Verein für technische Holzfragen (iVTH), der als Mitgliedsvereinigung der

AiF die Förderung und finanzielle Abwicklung gemeistert hat.

Der ganz besondere Dank gilt Frau Stephanie Luge, die als Architektin bei der Bauhaus-Universität in

Weimar erheblich dazu beigetragen hat, dass die Ergebnisse dieses Vorhabens nicht nur ingenieur-

mäßig richtig, sondern auch architektonisch und ökologisch wertvoll sind.

Weiterer Dank gilt Beate Schafaczek und Daniel Zirkelbach vom Fraunhofer IBP, die sich um die bau-

physikalischen Belange intensiv kümmerten, Peter Schwerdt und Astrid Pohlig vom Fraunhofer

UMSICHT, die die gesamte Anlagentechnik und Energieversorgung bearbeiteten, Silvio Sperbeck vom

Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB) in Braunschweig, der die erdbebenrelevanten

Arbeiten durchführte und natürlich allen Kolleginnen und Kollegen des Fraunhofer WKI, die dazu bei-

getragen haben dass die Ergebnisse in der hier vorliegenden Form entstehen konnten.

Ein weiterer ganz besonderer Dank gilt meiner Kollegin Manuela Lingnau, die für die Gestaltung dieses

Leitfadens verantwortlich ist und die mit übermäßiger Geduld das gesammelte Wissen so dargestellt

hat, dass es zudem auch noch eine überaus ansprechende und übersichtliche Form bekommen hat.

Die Faszination der japanischen Kultur hat im Laufe der Zeit alle Beteiligten dieses Vorhabens ergriffen

und ich hoffe, dass der Funke der Begeisterung auch auf die Leser dieses Leitfadens überspringt.

Norbert Rüther

Projektleiter

Braunschweig im Mai 2009

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan 9

Page 10: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Dieser Leitfaden bietet dem Leser einen Überblick über die Bausituation in Japan – von den gesetz-

lichen Regelwerken, über kulturelle, geographische und klimatische Besonderheiten bis hin zu Stati-

stiken über das Baugeschehen. Er beschreibt die Möglichkeiten, des aus deutscher Sicht optimierten

Bauens, jedoch zugeschnitten auf japanische Verhältnisse.

Dieser Leitfaden beinhaltet eine große Fülle an Informationen, die jeder wissen muss, der sich mit dem

Bauen in Japan beschäftigen will und er ist aufgrund seiner Fülle an Informationen wahrscheinlich

einzigartig. Trotz dieser Informationsfülle können die Themen nur auf das Wesentliche komprimiert

dargestellt werden, so dass zur Vertiefung der Japankenntnisse in einzelnen Fachgebieten wie z. B.

der Architektur, des Lifestyles und der Historie andere, vertiefende Literatur empfohlen wird.

Dieser Leitfaden löste im Laufe der Erarbeitung viel Verwunderung aus. Beispielhaft hier die Frage nach

den konkreten Bedingungen die erfüllt sein müssen, um in Japan bauen zu können. Diese Frage kann

nicht konkret und allgemein gleichzeitig beantwortet werden, da in jeder Präfektur und dort wiederum

in jedem Gebiet andere Bedingungen erfüllt sein müssen. Dies schreckt vorerst ab und verunsichert, ist

jedoch in Deutschland nahezu identisch. Auch in Deutschland erstellt jede Gemeinde, jede Stadt eigene

Bauvorschriften, teilweise bis hin zu Farbe der Dacheindeckung. Und was in Sachsen-Anhalt gebaut

werden darf, muss in Berlin noch lange nicht auch gebaut werden dürfen.

Dieser Leitfaden gibt dem Leser einen sehr guten Überblick darüber, auf was er sich einstellen muss,

mit welchen Anforderungen zu rechnen ist und an wen er sich wenden kann, wenn die Planungen

konkreter werden. Jedoch darf an diesen Leitfaden nicht die Erwartung gestellt werden, dass der

Leser nach dessen Studium in der Lage ist, in z. B. der Präfektur Tokyo ein Mehrfamilienhaus bauen zu

können.

Darum sei an dieser Stelle noch einmal der Hinweis gegeben, für alle Personen, die sich geschäftlich in

Japan engagieren wollen: Suchen Sie, nach dem Studium dieses Leitfadens, Kontaktpersonen in Japan

und / oder deutsche Institutionen mit Japanerfahrung (z. B. Fa. ECOS GmbH / Osnabrück) auf. Hierbei

haben die einheimischen Kontaktpersonen in Japan natürlich oberste Priorität.

Dieser Leitfaden soll nach Möglichkeit stets aktuell gehalten werden. Er kann jedoch niemals sämtliche

Neuerungen tagesaktuell widerspiegeln. Auch kann er die überaus wichtigen Kontakte vor Ort nicht

ersetzen.

10 Einführung

1∙ Einführung

Page 11: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Sapporo liegt in der Nähe des 43. nördlichen Breitengrades und ist die Hauptstadt der Insel und der

Region Hokkaido, die den nördlichen Abschluss der japanischen Inselkette bildet. Die Insel Hokkaido

entspricht der Klimaregion I (s. Abb. 2.1). Trotz der geringen Entfernung zum Meer und einer Lage

nur wenig nördlicher als Rom, wird es hier im Winter recht kalt mit Monatsmittelwerten bei -5 °C. Die

entsprechenden Werte im Sommer liegen bei knapp über 20 °C. Die relative Feuchte ist während des

ganzen Jahres im Mittel im Bereich zwischen 70 und 80 % r.F.. Die Strahlungssummen betragen im

Sommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-

mengen sind einigermassen gleichmäßig über das Jahr verteilt. Der Wind weht hauptsächlich aus

Nordwest oder Südost. Schlagregen trifft am meisten die Nordwestfassade. Die Verhältnisse in Sapporo

sind in etwa mit kälteren Regionen Deutschlands vergleichbar. (s. Abb. 2.2)

Japan besteht im Wesentlichen aus den vier Hauptinseln Honshu, Kyushu, Shikoku und Hokkaido so-

wie etwa 3900 weiteren (kleineren) Inseln. Das Land erstreckt sich über eine Länge von beinahe

4000 km zwischen dem 20. und dem 45. nördlichen Breitengrad. Diese extreme Ausdehnung bringt

mit sich, dass in Japan von Norden bis Süden sehr unterschiedliche klimatische Bedingungen herr-

schen. Während der Norden relativ kalt ist und hier strenge und u. U. schneereiche Winter die Regel

sind, weist der große Mittelteil Japans warm-gemäßigte Verhältnisse mit eher milden Wintern und

warmen Sommern auf, ganz im Süden sind sogar tropisch feucht-heiße Bedingungen anzutreffen. Es

gibt in Abhängigkeit vom jeweiligen Fokus verschiedene Einteilungen Japans in klimatische Regionen,

je nachdem, ob es schwerpunktmäßig beispielsweise um Vegetation, Unwetterschäden oder z. B.

gebäudeenergetische Aspekte geht. Die hier vorgestellte Einteilung wurde im Gesetz „The Rational

Use of Energy” (siehe Kapitel 2.4.1) vorgenommen und umfasst sechs Regionen, wie in der folgenden

Karte dargestellt. Für die einzelnen Regionen sind dabei unterschiedliche Bemessungsgrundlagen z. B.

für Heizung, Kühlung oder Dämmstandard angegeben.

Die hier verwendeten AMeDAS Klimadaten

stammen vom Architectural Institute of Japan und

wurden mit dem Ziel erstellt, für Gebäude kri-

tische Belastungen anhand von typischen Jahren

zu erfassen. Sie unterschieden sich infolgedessen

unter Umständen von den sonst verfügbaren

langjährigen Monatsmittelwerten. Die AMe-

DAS Datenbank umfasst 842 Standorte auf die

bei Bedarf zurückgegriffen werden kann. Hier

werden jedoch als Auswahl für die sechs klima-

tischen Regionen die am häufigsten verwendeten

größeren Städte Sapporo, Morioka, Niigata,

Tokyo, Kagoshima und Naha als Referenzklimata

ausgewählt. Die Darstellung erfolgt aus Gründen

der besseren Übersichtlichkeit in Monatsmit-

telwerten für Temperatur, relative Feuchte und

Windgeschwindigkeit sowie als Monatssumme

für Strahlung und Regen. Die Windrichtungsver-

teilung in der Windrose ist jeweils in Prozent auf

das Gesamtjahr bezogen angegeben.

Abb. 2.1

Übersichtskarte der sechs

Klimaregionen Japans

11

2∙ Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan

2.1∙ Klimaverhältnisse

Page 12: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die Klimaregion II umfasst den nördlichsten Teil der Hauptinsel Honshu. Hier liegt im Bereich des 39.

nördlichen Breitengrades die Stadt Morioka. Besonders im Winter herrscht ein etwas milderes Klima als

in Sapporo. Die Monatsmittelwerte liegen dann nur geringfügig unter 0 °C, im Sommer beträgt das

mittlere Maximum 23 °C. Die relative Luftfeuchte liegt ebenfalls ganzjährig im Bereich zwischen 70

und 80 % r.F., wobei im Winter die Verhältnisse etwas trockener sind als während der Regenzeiten im

Sommer und Herbst, wo die Luftfeuchten in Anbetracht der hohen Temperaturen schon bemerkens-

wert hoch sind. Die sommerlichen Taifune sowie die Regenzeiten führen im Sommer zu entsprechend

höheren Niederschlagsmengen als im Winter. Die Hauptwindrichtungen sind Nord und Süd und in

etwas geringerem Maße West, wobei die Hauptschlagregenbelastung auf der Nordfassade liegt.

Morioka kann ebenfalls noch mit deutschen Standorten verglichen werden. Die Temperaturen und

besonders die relative Luftfeuchte sind im Sommer etwas höher, im Winter dagegen etwas niedriger

als an ansonsten vergleichbaren deutschen Standorten. (s. Abb. 2.3)

Die Klimaregion III umfasst den mittleren bis nordöstlichen Teil von Honshu. Hier liegt zwischen dem

37. und 38. nördlichen Breitengrad die Stadt Niigata – ca. 300 km nördlich von Tokyo und etwa auf

der Höhe von Sizilien. Das Klima hier ist bereits deutlich wärmer als in Morioka. Im Mittel beträgt die

Temperatur im Winter etwa 3 bis 4 °C und im Sommer ca. 27 °C! Die relative Feuchte ist auch hier

ganzjährlich im Bereich knapp unter 75 % r.F.. Die Region ist besonders im Winter relativ windig. Im

Monatsmittel werden Windgeschwindigkeiten von fast 4 m/s erreicht, wobei keine Windrichtung ein-

deutig vorherrschend ist. Schlagregen kommt dabei allerdings hauptsächlich von Westen. (s. Abb. 2.4)

Die Hauptstadt Tokyo liegt in etwa in der Mitte der japanischen Hauptinsel Honshu. Die Region um

Tokyo hat heiße Sommer mit Monatsmitteltemperaturen bis 27 °C und milde Winter mit Werten um

etwa 5 °C, was durch das ausgeprägte großstädtische Lokalklima noch verstärkt wird. Auffallend sind

in Tokyo die recht geringen Niederschlagsmengen und daraus resultierend auch niedrige Luftfeuchten

im Winter mit im Monatsmittel nur etwa 50 % r.F..

Links, Abb. 2.2

Klimadaten für Sapporo

(Klimaregion I)

Rechts, Abb. 2.3

Klimadaten für Morioka

(Klimaregion II)

12 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 13: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Während der Regen- und Taifunzeit im Sommer steigt die relative Luftfeuchte parallel zu den Tempera-

turen auf ein Maximum von im Monatsmittel etwa 75 %. Der Wind kommt in Tokyo fast ausschließlich

aus Nordwest. Die hauptsächliche Schlagregenbelastung tritt während der Taifunzeit ebenfalls für die

nach Norden und Westen orientierten Fassaden auf, während die Südfassade weitgehend geschützt

ist. Tokyo liegt in der Klimazone IV, die den kompletten südlichen Teil von Honshu sowie Shikoku und

die nördliche Hälfte von Kyushu umfasst. Dieser Teil Japans ist mit Abstand der bevölkerungsreichste

(allein die Tokyo Metropolitan Area hat etwa 40 Millionen Einwohner) und stellt somit auch die in der

Praxis wichtigste Klimazone dar (s. Abb. 2.5).

Kagoshima liegt im Süden von Kyushu und somit in der Klimazone V die sich auf die Südhälfte dieser

Insel bezieht. Hier bleiben die mittleren Temperaturen auch im Winter im Bereich von etwa 10 °C. Im

Sommer werden im Mittel noch fast 30 °C erreicht. Die Luftfeuchte im Sommer steigt ebenfalls in den

Bereich von 75 %, die Wintermonate sind allerdings mit minimal etwa 60 % nicht so trocken wie in

Tokyo. Die Regen- und Taifunzeit ist hier mit sehr großen Niederschlagsmengen im Sommer und Früh-

herbst verbunden – im einem Monat kann Niederschlag von deutlich über 300 mm fallen. Während ein

großer Teil des Windes aus Nordwest kommt, ist die Schlagregenbelastung für alle Orientierungen fast

gleichmäßig hoch bei etwa 300 l pro Jahr. (s. Abb. 2.6)

Naha ist die Hauptstadt der Insel Okinawa, die gleichzeitig die Klimaregion VI darstellt und liegt weit

im Süden von Japan in der Nähe des 26. nördlichen Breitengrades. Die klimatischen Verhältnisse sind

hier beinahe tropisch. Die Temperaturen liegen selbst im Winter im Monatsmittel bei nur wenig unter

20 °C. Im Sommer werden im Mittel über 28 °C erreicht. Auch hier sind im Sommer und Frühherbst

die größten Niederschlagsmengen mit ebenfalls über 300 mm pro Monat zu verzeichnen. Die Luft-

feuchten im Sommer steigen noch etwas höher bis auf etwa 85 % im Sommer, die Winter bleiben mit

etwas unter 70 % immer noch feucht. (s. Abb. 2.7)

Links, Abb. 2.4

Klimadaten für Niigata

(Klimaregion III)

Rechts, Abb. 2.5

Klimadaten für Tokyo

(Klimaregion IV)

13Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 14: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die klimatischen Verhältnisse in Japan sind somit im nördlichen Drittel noch vergleichbar mit mitteleu-

ropäischen Verhältnissen. Hier sind die Winter so lang und kalt, dass über ein halbes Jahr lang geheizt

werden muss. Auf der dem japanischen Meer zugewandten Westküste Japans können im Winter

große Schneemengen fallen (manche Regionen weisen insgesamt bis zu 40 m Schneefall pro Winter

auf und sind somit die schneereichsten Gebiete weltweit).

Diese Schneemengen liegen über die Wintermonate oft direkt an den Außenbauteilen der Gebäude an

und können zu gesteigertem Feuchteeintrag führen. Die dem Pazifik zugewandte Ostseite ist während

des Winters dagegen eher niederschlagsarm und trocken. Die Sommer bleiben in einem Temperatur-

bereich, der eine Klimatisierung in der Regel nicht erforderlich macht.

Die südlicheren Bereiche weisen dagegen relativ milde Winter auf, so dass nur einige Wochen bis we-

nige Monate eine Beheizung erforderlich wird. Aufgrund der hohen Temperaturen im Sommer ist hier

jedoch eine sommerliche Klimatisierung meist unumgänglich. Nach der etwa einmonatigen Regenzeit

steigt im Sommer zusätzlich zu den hohen Temperaturen auch die relative Feuchte stark an. Diese

Verhältnisse führen zu einem deutlichen Dampfdruckgefälle von außen nach innen – während solche

Bedingungen in Mitteleuropa allenfalls kurzfristig auftreten, sind sie in Japan so maßgeblich, dass die

Konstruktionen entsprechend ausgelegt werden müssen. Weiterhin führen die hohen Luftfeuchten

dazu, dass im Sommer z.T. häufig und massiv Probleme mit Schimmelpilzbildung im Innenraum auf-

treten. Einer Entfeuchtung der Zuluft oder ggf. einer Feuchtepufferungsmasse im Innenraum kommen

eine entsprechend große Bedeutung zu.

Links, Abb. 2.6

Klimadaten für Kagoshi-

ma (Klimaregion V)

Rechts, Abb. 2.7

Klimadaten für Naha

(Klimaregion VI)

14 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 15: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Erdreichtemperaturen

Das Architectural Institute of Japan stellt auch

Jahresverläufe der Erdreichtemperaturen in

verschiedenen Tiefen von 0,25 bis 4 m zur Ver-

fügung. Diese sind ggf. für die hygrothermische

Bemessung von Erdreich berührenden Bauteilen

oder die Auslegung von Wärme- bzw. Kälte-

pumpen erforderlich.

Die folgende Tabelle listet die in verschiedenen

Tiefen maximal und minimal erreichten Tempera-

turen, sowie die jeweiligen Jahresmittelwerte auf.

Die gleichen Daten als Grafik verdeutlichen

im Folgenden die Abnahme der Spreizung der

Maximalwerte mit zunehmender Tiefe infolge

der Dämpfung durch die Wärmespeicherung des

Erdreichs.

Tab. 2.1

Minima und Maxima sowie Jahresmittel der Erdreichtemperaturen

Abb. 2.8

Geographische Lage von

Sapporo, Fukuoka und

Tokyo

Abb. 2.9

Abnahme der Erdreich-

temperaturspreizung mit

zunehmender Tiefe

0,25 m 0,50 m 1,00 m 2,00 m 4,00 m

Max Sapporo 28,4 24,1 21,1 17,7 13,6

Tokyo 31,5 28,0 26,1 21,0 20,3

Fukuoka 32,0 28,8 27,0 24,6 20,9

Min Sapporo -7,2 -3,8 -0,6 2,7 6,8

Tokyo 1,3 4,3 6,6 9,1 12,7

Fukuoka 2,3 5,5 8,4 10,5 12,9

Annual Sapporo 10,0 10,0 10,0 10,0 10,0

average Tokyo 16,1 16,1 16,1 16,2 16,3

Fukuoka 17,5 17,5 17,5 17,5 17,4

SD Sapporo 9,01 8,35 7,46 6,01 3,91

Tokyo 7,82 7,21 6,42 5,14 3,32

Fukuoka 7,80 7,19 6,51 5,14 3,35

15Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 16: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die Erdreichtemperaturen entsprechen an allen Standorten oberflächennah weitgehend den Tagesmit-

tewerten der Lufttemperatur. Mit zunehmender Tiefe nimmt die Dämpfung zu und es kommt zusätz-

lich zu einer Phasenverschiebung von etwa einem Monat in 2 m und zwei Monaten in 4 m Tiefe.

Für die Nutzung der Erdreichtemperaturen beispielsweise in Wärme- oder Kältepumpen ist noch zu

beachten, dass in Tokyo in einigen Gebieten das Pumpen von Grundwasser aus statischen Gründen

untersagt ist. Hier besteht u. U. die Gefahr von Verwerfungen oder Bodensenkungen.

Abb. 2.10

Jährlicher Verlauf der

Erdreichtemperaturen in

Sapporo in verschiedenen

Tiefen

Abb. 2.11

Jährlicher Verlauf der

Erdreichtemperaturen in

Tokyo in verschiedenen

Tiefen

Abb. 2.12

Jährlicher Verlauf der

Erdreichtemperaturen in

Fukuoka in verschiedenen

Tiefen

16 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 17: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

In diesem Kapitel werden die Kosten und Verfügbarkeiten von Energie (Strom, Wärme, Kälte), von fos-

silen Energieträgern (Heizöl, Erdgas etc.) und regenerativen Energieträgern (Holz, Biomasse, Geother-

mie, Solare Strahlung, Ersatzbrennstoffe) in Japan für Privatkunden vorgestellt.

Dabei spiegelt die Reihenfolge der Unterkapitel die Bedeutung der Energieträger für die privaten Haus-

halte wieder.

Japan gehört zu den führenden Wirtschaftsmächten der Welt mit einem Bruttoinlandsprodukt von

4.302 Mrd. US $. Der Energieverbrauch pro Kopf liegt mit 4,1 Tonnen Heizöläquivalenten (Stand 2000)

dementsprechend hoch. Im Wohngebäudebereich ist jedoch der Pro-Kopf-Verbrauch im Vergleich zu

Mitteleuropa geringer, da klima- und gewohnheitsbedingt weniger geheizt wird.

Die Energiepreise in Japan für Strom, Gas und Öl waren unter den OECD-Ländern einige Jahrzehnte

lang die Höchsten, bei einem allgemein hohen Kosten- und Lohnniveau und einer besonderen geogra-

phischen Situation, die durch Insellage und stark bewaldete Gebirgsketten im Landesinneren geprägt

ist. Komplexe Distributionsstrukturen, staatliche Steuerung und regulierte Märkte wirkten zusätzlich

preistreibend. In den letzten Jahren haben sich die Preise aufgrund der Umrechnungskurse von Yen in

Dollar oder Euro den europäischen Verhältnissen angenähert. Die Haupt-Energieträger Uran, Öl, Gas

und Kohle müssen weitgehend importiert werden.

Strom ist in ganz Japan verfügbar, von schwer zugänglichen Hochgebirgsregionen abgesehen. Hoch-

spannungsleitungen mit 150 bis 500 kV und neuerdings auch 1.000 kV verbinden das Land, im Nahbe-

reich wird Strom mit 66 bis 275 kV transportiert.

Die Stromerzeugung wird durch Kernkraft, Wasserkraft und thermische Kraftwerke (Gas, Öl, Kohle

und Müll) gedeckt, die Nutzung von Geothermie liefert nur eine geringe Strommenge. Seit kurzem

kommt die sogenannte „grüne Energie“ hinzu, worunter hauptsächlich Photovoltaik und Windenergie

verstanden werden.

Die Privathaushalte werden mit einer Spannung von 100 V versorgt, Anschlüsse mit 200 V sind bei

entsprechendem Abgriff eine Option für einzelne Geräte. Die Frequenz beträgt 50 Hz in Ostjapan mit

Tokio, und 60 Hz in Westjapan mit Osaka und

Nagoya. Diese Trennung hat historische Gründe.

Zwischen Tokio und Nagoya verläuft die Grenze

beider Frequenzgebiete.

Den Markt teilen sich 10 regionale Versorgungs-

unternehmen, die vom METI gesteuert werden

(METI: Ministerium für Ökonomie, Transport und

Industrie, Nachfolger des MITI). Eine Deregulie-

rung des Marktes begann 1995 und wurde in

einer zweiten Stufe 2000 weitergeführt, vorerst

jedoch beschränkt auf den Großabnehmerkreis

unter den Industriekunden. Neue Stromversorger

müssen an die bestehenden regionalen Versorger

Netzgebühren abführen.

Abb. 2.13

Frequenzgebiete in Japan

17Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.2∙ Kosten und Verfügbarkeiten

2.2.1∙ Strom

Page 18: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die Strompreisstruktur wird durch das METI festgelegt und überprüft, regionale Abweichungen sind

eher gering. So gilt zum Beispiel japanweit, dass Nachtstromtarife zu 30 % der Allgemeintarifhöhe an-

geboten werden und von Privathaushalten erzeugter, ins Netz eingespeister Solarstrom bei Abschluss

eines entsprechenden Sondervertrags zu 30 % über der Allgemeintarifhöhe verkauft werden darf, dann

aber auch bei Bedarf zu diesen Kosten gekauft werden muss.

Neben einer Grundgebühr, die sich nach der freigegebenen Amperezahl richtet, sind verbrauchs-

abhängige Beiträge zu entrichten, deren Höhe pro Kilowattstunde in drei Stufen gestaffelt mit dem

Verbrauch ansteigt (bis 120 kWh, 120 kWh bis 300 kWh, über 300 kWh). Diese Staffelung wurde im

Juni 1974 nach der ersten Ölkrise eingeführt, um die Verbraucher zur Sparsamkeit anzuhalten.

Die Strompreise sind in den siebziger Jahren stark angestiegen und seit Anfang der Achtziger Jahre

des letzten Jahrhunderts – anders als in Europa – stetig im Fallen begriffen. Sie betrugen im Jahr 2006

70 % des Niveaus von 1981. Für den Rückgang der Strompreise dürfte anfangs insbesondere die starke

Aufwertung des Yens verantwortlich gewesen sein, später waren Deregulierungsdruck und Rationali-

sierungseffekte ausschlaggebend. Im Januar 2005 sind weitere Gebührensenkungen in der Größenord-

nung von 4 % trotz gestiegener Ölpreise (20%) durchgeführt worden. Für Privatkunden sind Kosten

von JPY 23 pro kWh Allgemeintarif üblich. (Die Grundgebühr für den üblichen 30 oder 40 Ampere-

Anschluss hebt sich in etwa mit dem Kostenvorteil für die ersten 300 Kilowattstunden pro Monat auf.)

Strom wird zur Beleuchtung, zum Betrieb verschiedener Elektrogeräte wie Kühlschrank, Staubsauger,

TV, Audio, PC, aber auch zum Heizen und Kühlen, Luftbe- und -entfeuchtung und zur Lüftung ver-

wendet. Bei einem EFH-Haushalt mit vier Personen kann von einem Verbrauch von 300 bis 500 kWh

pro Monat und Kosten in einer Größenordnung von JPY 10.000 pro Monat ausgegangen werden.

Modellannahmen in der Literatur weichen hier stark von einander ab, je nach Annahmen und Region

und je nachdem welche Ziele verfolgt werden. PV-Anlagenhersteller rechnen mit bis zu 750 kWh

monatlichem Verbrauch.

Der Verbrauch ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen.

Für den Sommer 2003 wurden Engpässe in der Versorgung vorhergesagt, da sämtliche Kernkraftwerke

in der Region Tokyo aufgrund von verstärkten Auflagen abgeschaltet werden mussten. Der Sommer

blieb jedoch ungewöhnlich kühl und regnerisch, die gefürchteten Spitzenlasten durch den Betrieb von

Klimaanlagen trafen nicht ein. Die Kernkraftwerke sind wieder am Netz und der ungewöhnlich heiße

Sommer 2004 stellte für das Elektrizitätsnetz in Japan ebenfalls kein Problem dar.

Versorgungssicherheit ist in Japan ein sehr wichtiges Thema, welches zwei Problemfelder umfasst. Zum

einen geht es um die Abwendung möglicher Versorgungsengpässe durch „Peak Shift“-Maßnahmen,

und zum anderen um die langfristige Versorgungssicherheit. Aufgrund des steigenden Bedarfes

allgemein und der zunehmenden Spitzennachfrage an den heißesten Sommertagen des Jahres gegen

15 Uhr hat die Elektrizitätswirtschaft lange Zeit den Bau neuer Anlagen (Speicherkraftwerke, etc.)

gefordert. Mit der Deregulierung wurden kostspielige Großprojekte vorerst zurückgestellt. Vielmehr

geht es zur Zeit darum, die vorhandene Kapazität besser auszunutzen. In Japan wird die vorhandene

Stromerzeugungskapazität jährlich nur zu 58 % ausgelastet, in Europa liegt sie bei 60 bis 70%. Den

Schwerpunkt stellt hierbei, auch im Hinblick auf die CO2-Emissions-Reduzierung, ein verstärkter Einsatz

der Kernkraftwerke dar. Deren installierte Kapazität beläuft sich auf 40%, sie erzeugen jedoch nur

28 % des jährlichen Stromverbrauchs. Dazu müssen die Tagesverlaufskurven mit ihrem Maximum am

Tag und den niedrigen Verbrauchswerten in der Nacht mittels „Peak-Shift“-Maßnahmen stärker aus-

18 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 19: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

geglichen werden. Das Verhältnis zwischen sommerlichem Tages-Maximum (Peak) und winterlichem

Nacht-Minimum beträgt 4 : 1. Nur in den Regionen Hokkaido und Tohoku kann ein gewisses Winter-

Maximum festgestellt werden.

Im Rahmen der „Peak-Shift“-Maßnahmen wird bei Privathaushalten (z. B. mit „Eco Cute“ s.u.) und

in der Industrie der Verbrauch von Nacht- und Winterstrom beworben. Über allgemeine Energiespar-

maßnahmen und neue Technologien (Eco Ice, Co-Generation, Eco Will), den weiteren Ausbau von

Fernkälte und Fernwärme, bessere Wirkungsgrade und besseres Geräte-Management wird versucht,

den Gesamtverbrauch und den Verbrauch von Sommer-Tagesstrom zu verringern. In der Großindustrie

besteht inzwischen die Pflicht einen Energiesparbeauftragten zu beschäftigen, Großgebäude müssen

einige formale Nachweise in bezug auf Energiesparmaßnahmen liefern.

Zur langfristigen Gewährleistung der Versorgungssicherheit setzt Japan auf Atomstrom mit einer

Wiederaufbereitung des spaltbaren Materials. Dieses wird in Japan von einigen Interessengruppen

aufgrund der Wiederaufbereitungsmöglichkeit als „regenerative“ Energiequelle dargestellt. Japans

Schwerpunktsetzung deckt sich mit den Ergebnissen verschiedener Studien weltweit, wonach mit

regenerativen Energiequellen auf absehbare Zeit hin nicht der Gesamtbedarf gedeckt, oder, in pessimi-

stischeren Studien, nicht einmal ein nennenswerter Beitrag zur weltweiten Energieversorgung geleistet

werden kann. Einen interessanten, und sehr optimistischen Kontrapunkt setzt dahingegen die Studie

des ISUSI (Institute for Sustainable Solutions and Innovations) in Aachen (www.energyrichjapan.info/).

Ein Großteil der 45 Millionen Haushalte (Japan hat 127 Millionen Einwohner) wird mit Gas versorgt, da

dieses herkömmlich als Energiequelle zum Kochen verwendet wurde. Zusätzlich dient es zur Warm-

wasserbereitung und zum Heizen. 27 Millionen Haushalte sind an eines der etwa 230 zum Teil sehr

weitläufigen Gasleitungsnetze angebunden. In den letzten Jahren wurden viele dieser Netze von Pro-

pangassorten auf Erdgas umgestellt, so dass inzwischen über 90 % der Netze Erdgas mit einem Brenn-

wert von 45,000 – 46,047 MJ/m3 führen. Erdgas wird als LNG (liquid natural gas) in Tankern importiert.

Haushalte, die nicht von einem Gasleitungsnetz versorgt werden, können sich Gas in Form von Propan-

gasflaschen in verschiedenen Größen und Qualitäten anliefern lassen.

Für Erdgas betrug das Handelsvolumen der landesweit 231 städtischen Gasnetze im Haushaltsjahr

2008 (April 2008 bis März 2009) 31,501 Mrd. m3 (bei einer Umrechnung von 41,8605 MJ/m3), was

einer Steigerung von 2,7 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Seit 1976 wird ein kontinuierlicher Zu-

wachs verzeichnet. Bei den Privathaushalten wurde wegen der höheren Wintertemperaturen und dem

resultierenden geringeren Bedarf an Heißwasser und Heizenergie gegenüber dem Vorjahr lediglich ein

Zuwachs von 0,3 % verzeichnet. 29,21 Mio. Haushalte (61 %) sind zur Zeit an das Gasnetz angeschlos-

sen, 1,4 % mehr als im Vorjahr (Quelle: NIHON GAS KYOUKAI, THE JAPAN GAS ASSOCIATION: www.

gas.or.jp/).

Die Kosten für Propangas bezogen auf den m3 werden geringer bei zunehmender Abnahme. Sie betra-

gen im Landesdurchschnitt 3.926 Yen/5 m3, 6.040 Yen/10 m3, 10.873/20 m3 und 36.732 Yen/100 m3

(Stand: April 2008) und unterliegen starken regionalen Schwankungen (Kochi 3.469 Yen/5m3, Hok-

kaido 4.596 Yen/5 m3). Der Großhandelspreis liegt bei 210,9 Yen/m3 (Quelle: Oil Information Center,

oil-info.ieej.or.jp/).

19Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.2.2∙ Erdgas / Propangas

Page 20: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Öl wird in japanischen Einfamilienhäusern zum Heizen und zur Warmwasserbereitung eingesetzt.

Heizöl der Klasse 1, ist in JIS K2203 genormt. Es heißt auf Japanisch „toyu“, in Abgrenzung zum Ober-

begriff „sekiyu“ für Erdöl, und wird in der englischen Umschreibung als „Kerosene“ bezeichnet. Dabei

müssen 99,7 % des benötigten Heizöls importiert werden, Hauptanbieter hierfür ist der Mittlere Osten,

aus dem 90 % der Heizölmenge stammen.

70 % aller Haushalte verfügen über Ölheizgeräte. Die Abluft wird in den Raum geblasen (die meisten

Häuser verfügen nicht über einen Kamin), aus diesem Grund muss der Schwefelgehalt unter 0,008 %

liegen. Ölheißwassergeräte sind hauptsächlich in den kälteren Gegenden im Einsatz, sonst sind Gasge-

räte üblicher. Der allgemeine Trend geht jedoch zur Warmwasserbereitung mittels Nachtstrom-betrie-

bener Wärmepumpe („Eco-Cute“ s.u.).

Unterirdische Tanks zur Lagerung wie in Europa findet man in Japan an Einfamilienhäusern nicht vor

(es gibt normalerweise keinen Keller), besonders in den kälteren, heizungsintensiveren Gegenden sind

hingegen oberirdische, aufgeständerte Stahlblechtanks vor dem Haus mit unterschiedlichen Fassungs-

vermögen geläufig (gängige Größen sind 45 l, 90 l, 200 l und 400 l). Eine Ölleitung verbindet den

Tank mit dem Heißwassergerät. Ölleitungen zu festinstallierten Heizgeräten gibt es zuweilen, üblicher

ist es, die geräteeigenen Ölkartuschen von Hand durch Abzapfen vom Öltank oder mit einer kleinen

Einfachstpumpe aus dem Plastikkanister zu befüllen. Heizöl wird auch, vor allem in den wärmeren Ge-

genden, in einem oder mehreren tragbaren Plastikkanistern (bis 18 l) vor dem Haus oder im Schuppen

gelagert.

Heizöl kann in Geschäften oder an Zapfsäulen in der Nachbarschaft erworben werden – in diesem Fall

werden eigene Vorratsbehälter mitgebracht. Eine Anlieferung ist ebenfalls möglich, ein Tankwagen

befüllt dann den Öltank vor dem Haus oder die eigenen Plastikkanister. Anlieferung ist gegenüber Ab-

holung um etwa 25 % teurer. Die Preise lagen bei Abholung bis etwa 2007 stabil bei 40 Yen pro Liter,

sind in den letzten Jahren jedoch auf 60-70 Yen pro Liter gestiegen. In Modellrechnungen kann man

mit Kosten von JPY 6 bis 8 pro kWh rechnen.

Im Unterschied zu deutschen Wintern sind in Japan die Wintertage nicht ganz so kurz und das Wetter

wird in weiten Teilen von stabilen Hochwetterlagen bestimmt. Ausnahmen bilden die weniger bevöl-

kerten Regionen an der Korea und China zugewandten Küste, wo sich aus Sibirien kommende Tiefs

abregnen und abschneien, was die klaren und milderen Winter auf der Rückseite der Bergketten im

Inneren des Landes auf der bevölkerungsreichen Pazifikküstenseite bedingt. Aber selbst im nördlich

gelegenen, kalten und schneereichen Hokkaido gibt es Modellsiedlungen, in denen jedes Hausdach mit

PV-Anlagen bestückt ist.

In Japan ist die Sonneneinstrahlung mit 1.273 kWh/m2 pro Jahr im Vergleich zu Deutschland etwa ein

Fünftel höher und zusätzlich gleichmäßiger über die Jahreszeiten verteilt.

Richtet man die Kollektoren nach Süden mit einem Neigungswinkel zwischen 15 und 45 Grad aus, so

lassen sich im Jahresmittel etwa 10 % bessere Ausbeuten erzielen, im Winter sogar um 50 %. Auf diese

Weise betragen die Werte selbst im Winter 2,3 bis 3,5 kWh/(m2·d) (Quelle: www.artsolarmall.com).

2.2.3∙ Heizöl

20 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.2.4∙ Solarenergie

Page 21: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Solarenergie kann zur Erzeugung von Strom (Photovoltaik) und zur Wärmegewinnung (Solarthermie)

z. B. in Form von Warmwasser genutzt werden. Beide Formen finden in Japan ihre Anwendung. Eine

Preisübersicht für die Anlagen befindet sich im Anhang. Die Solarthermie zur Warmwasserbereitung

erlebte nach den beiden Ölkrisen der siebziger Jahre in Japan einen Boom. Damals wurden 7 Millio-

nen Geräte installiert, von denen zur Zeit noch 4,5 Millionen Geräte im Einsatz sind. Man kann bei 45

Millionen Haushalten von einer Marktdurchdringung von über 10 % sprechen, wobei es zu bedenken

gilt, dass nicht alle Haushalte EFH sind und der Einsatz alternativer Energien im Nicht-EFH-Bereich, also

in Apatos (Reihenhäuser in Einfachstausführung) oder Mansions (Wohnhochhäuser) bisher keine Ver-

breitung gefunden hat. Im Bereich der Photovoltaik als Nutzung der Solarenergie ist Japan führender

Produzent von Solarzellen.

Japan ist zu zwei Dritteln mit Wald bedeckt, versorgt sich mittlerweile jedoch nur noch zu weniger

als 20 % mit heimischem Holz, 80 % des Bedarfs werden importiert. Viele früher forstwirtschaftlich

genutzte Wälder werden nicht mehr gepflegt, das heißt es wird nicht genügend Holz geschlagen um

einen gesunden und hochwertigen Bestand nachhaltig sicherzustellen, was auch in den japanischen

Medien thematisiert wird. Es gibt inzwischen sogar Gruppen von Freiwilligen, die Schwachholz

schlagen gehen. Dabei wird das geschlagene Holz oft einfach liegengelassen, da der Abtransport und

Verkauf als hochwertiges Bauholz nicht lohnt. Auf diesen Sachverhalt wird im Zusammenhang mit

Holzpellets immer wieder hingewiesen.

Mit Holz wurde traditionell geheizt bis Kohle, dann Öl und Gas das Holz verdrängt haben. Noch vor

50 Jahren brachten die Schulkinder in ländlichen Regionen morgens einige Stücke Feuerholz mit in

die Schule. Inzwischen wird der Markt für Holz wieder größer vor allem in den höheren Gesellschafts-

schichten: Feuerholz in Scheiten findet Verwendung in den Holzöfen und Kaminen, die in gehobenen

Ferien- und Wohnhäusern mit großzügig geschnittenem Wohnzimmer immer beliebter werden und

wird als Bioenergie gefeiert. In ländlichen Gegenden, wie den Präfekturen Iwate und Nagano, werden

seit kurzem Pelletöfen gefördert. Mit der neuerlichen Förderung des Brennstoffs Holz werden zusätz-

liche Ziele im Bereich Umweltschutz (Waldpflege, regenerativer Brennstoff) und Stärkung der lokalen

Wirtschaft und Beschäftigungssituation in der Provinz verfolgt. Die Überlegungen gehen bis hin zur

Kraft- Wärme-Kopplung sowie zur Erzeugung von Flüssigbrennstoffen durch die Holznutzung.

Holzscheite werden nach einem halben Jahr Lagerung zur Trocknung als 40 oder 50 cm große Scheite

in vielen Geschäften verkauft. Die Berechnung erfolgt nach dem Volumen und als Maß dafür gelten

individuelle Gefäße. Holzpellets hingegen werden schon ab 28 Yen pro Kilo (bei 1.000 Kilo Abnahme,

in kleineren Mengen für 40 bis 60 Yen pro Kilo) angeboten. Der Energieinhalt schwankt je nach

Feuchtegrad des Holzes und den Ursprungs-Baumarten zwischen 2,9 und 4,5 kWh/kg. Holzpellets sind

somit preislich attraktiv und mit Heizöl vergleichbar.

Die Präfektur Iwate im Norden Japans gilt als Vorreiter im Bereich Holz-Biomasse, wo die Entwicklung

von Pellet- und Hackschnitzelöfen massiv vorangetrieben wird und es gibt an zwei Standorten Produk-

tionseinrichtungen für Holzpellets.

Auch die Präfektur Nagano im Zentrum Japans fördert die Holznutzung. Der dortige Gouverneur

Tanaka weist immer wieder persönlich auf das umweltfreundliche Potenzial und die Möglichkeiten für

die lokale Wirtschaft hin. Auf seine Veranlassung fand 2004 eine Ausstellung im Eingangsbereich der

21Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.2.5∙ Holz (Waldrestholz, landwirtschaftliche Reststoffe etc.)

Page 22: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Präfekturverwaltung zu diesem Thema statt. Die Stadt Ina in Nagano fördert Holzpellets, indem sie

mitgebrachtes Holzmaterial unentgeltlich zu Holzpellets verarbeitet.

Noch 1970 wurden 17,5 % des privaten Energiebedarfs durch feste Brennstoffe vor allem in Form von

Kohle gedeckt. 1999 wurde Kohle dagegen in den Privathaushalten nicht mehr verwendet (JYURI).

Drei der Stromversorgungsunternehmen nutzen einheimische Kohle, bzw. aus Vietnam oder China

(DENA).

Schätzungen zufolge entfallen 10 % der weltweiten vulkanischen Energie auf Japan, da es sich auf

einer Subduktionszone befindet (DENA). Zusätzlich weisen die Boden- und Gesteinsschichten hohe

Durchlässigkeiten auf, wodurch die Voraussetzungen zur Nutzung der geothermischen Energie sehr

gut sind.

Trotzdem erzeugen geothermische Kraftwerke (Tiefengeothermie) gerade einmal 530 MW (DENA). Das

größte Kraftwerk besitzt eine Leistung von 110.000 kW, neuere Kraftwerke 20 – 30.000 kW. 1925

entstand das erste japanische Geothermiekraftwerk zu Versuchszwecken, 1966 begann mit dem Bau

des Matsugawa-Geothermiekraftwerks in der Präfektur Iwate die kommerzielle Nutzung (NEDO). Die

Erforschung der tiefengeothermischen Potenziale wird massiv von der Regierung über NEDO gefördert.

Japan ist bekannt für seinen Reichtum an Thermalquellen, die hauptsächlich in öffentlichen Bädern,

Hotels oder Pensionen zur Anwendung kommen. Gelegentlich findet ihre Nutzung auch in Schwimm-

bädern, für die Heizung von Gewächshäusern und das Schneefreihalten von Straßen statt. Nur in

Ausnahmefällen haben die Bewohner von Thermalbadeorten Anschluss an das heiße Thermalwasser

gegen eine monatliche Pauschalgebühr.

Die Nutzung oberflächennaher Geothermie findet

in Japan im Gegensatz zu anderen Industrie-

staaten, in denen geothermische Wärmepumpen

seit den 80er Jahren verkauft werden, bisher

nicht statt. In Amerika sind über 400.000 geo-

thermische Wärmepumpen im Einsatz, in

Schweden und Deutschland je 50.000, 20.000 in

der Schweiz, 13.000 in Dänemark, gefolgt von

Finnland, Frankreich und Kanada. Für die Zukunft

wird Japan von der Forschungsgemeinschaft

„Geo-Heat Promotion Association of Japan“ als

neuer Markt in diesem Bereich betrachtet (Quelle:

www.geohpaj.org/introduction/disadv.htm).

Allerdings sind Luft/Luft-Wärmepumpen in Form

von Airconditionern und das geförderte „Eco-

Cute“ (Stromnutzung zur Warmwasserbereitung)

bereits weit verbreitet, so dass die Einführung der

geothermischen Wärmepumpen auf Konkurrenz

stoßen wird.

Abb. 2.14

Verbreitung von Wär-

mepumpenanlagen zur

Nutzung von oberflächen-

naher Geothermie

22 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.2.6∙ Kohle

2.2.7∙ Geothermie

Page 23: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die Vorteile der „Geo Heat Pump“-Systeme werden von der Forschungsgemeinschaft wie folgt ange-

geben:

1. Sie ist in ganz Japan einsetzbar.

2. Die letztendliche Wärmemenge beträgt mehr als 3,5 mal der eingesetzten Elektrizitätsmenge.

3. Auch Temperaturen von unter –15 Grad stellen kein Problem dar. Wärmepumpen mit Luft als

Wärmequelle (Airconditioner) können bei diesen Verhältnissen nicht mehr eingesetzt werden.

4. Leiser Betrieb, da kein Außengerät als Wärmetauscher benötigt wird.

5. Geringe Umweltverschmutzung, da der geothermische Wärmetauscher-Kreislauf geschlossen ist.

6. Keine Wärmeabgabe an die Außenluft, daher geringere Auswirkungen auf den Wärmeinsel-Effekt

in Innenstädten.

Bei einer Podiumsdiskussion am 12.4.2002 der noch sehr jungen Forschungsgemeinschaft wurden u.a.

folgende Themen besprochen: Mangelnde Kostengünstigkeit, Umweltverträglichkeit, Fokussierung

und Strategie. Eine Potenzial-Karte (mit Größen wie Bohrfreundlichkeit, Grundwasserströmung, etc.),

wie sie seiner Zeit NEDO für die Windenergie erstellt hat, wäre wünschenswert für die Geothermie.

Die Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen mit Wasser als Kältemittel habe ihre Grenzen. Die Nutzung

von Fundamentpfeilern aus Beton bei größeren Gebäuden für den Wärmeaustausch wurde diskutiert.

Allgemein rechnete man sich Chancen für Gebäude im Bereich von 800 m2 bis 5000 m2 aus.

Das ECCJ (The Energy Conservation Center, Japan; www.eccj.or.jp) gibt eine vierteljährliche Zeitschrift

„Chinetsu“ (Geothermie) heraus. Dort werden neben Tiefengeothermie auch Beispiele aus der oberflä-

chennahen Geothermie behandelt. Auch hierbei handelt es sich vor allem um Einzelfälle und Demons-

trationsvorhaben. Der Einsatz von Geothermie zu Schneefreihaltezwecken von Durchgangsstraßen

wird regelmäßig behandelt. Tiefengeothermie habe hingegen, trotz des anerkannt großen Potenzials

Schwierigkeiten sich zu etablieren, da ein negativer Einfluss (Versiegen, Vermischen) auf die Thermal-

wasserqualität der „Onsen“ (Thermalbäder und -orte) befürchtet werde.

Fernwärme/Fernkälte wird auf Japanisch mit „chiiki-reidanbo“ (wobei die Silben „rei“ für Kälte und

„dan“ für Wärme stehen) oder auch „district heating and cooling“ bezeichnet. Eine getrennte Ver-

wendung dieser Begriffe findet kaum statt. Die ersten Fernwärme/ Fernkälte-Projekte wurden 1970 in

Osaka zur Weltausstellung, in Tokio (Verwaltungsviertel Shinjuku) und in Sapporo zur Winterolympiade

1972 realisiert. Inzwischen sind es über 150 Netze mit etwa 90 Betreibern, Tendenz weiter steigend.

Es handelt sich bei den angeschlossenen Gebäuden fast ausschließlich um mehrstöckige Nicht-Wohn-

gebäude in Innenstadtbereichen (siehe Fotos: www.dhcjp.or.jp/what.pdf.). Man verspricht sich eine

positive Wirkung gegen den Wärmeinsel-Effekt1 und Energieeinsparungen dank Abwärmenutzung so-

wie Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung (Quelle: Japan District Heating and Cooling Association, www.

dhcjp.or.jp). Im Verwaltungsviertel von Shinjuku, dem Stadtviertel Tokios, in dem neben der

1 In dicht verbauten Stadtgebieten kommt es zu einer Überwärmung der Stadt gegenüber dem Freiland.

So wird die Wärme über Tag gespeichert, abends und nachts dann langsam an die Umgebungsluft abge-

geben, was zu einer Verringerung der Abkühlungsrate sowie einer insgesamt gedämpften Temperaturam-

plitude führt.

23Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.2.8∙ Fernwärme / Fernkälte

Page 24: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Verwaltung der Stadt Tokio, Hotels und Büros in mehreren Hochhäusern untergebracht sind, befindet

sich inzwischen nach einigen Erweiterungen das mit 207 MW leistungsstärkste Fernwärmenetz der

Welt (Quelle: Tokyo Gas).

Im Wohngebäudebereich (Mansion, Apato, Einfamilienhaus) hingegen ist Fernwärme/Fernkälte zur

Zeit kaum ein Thema. Ein Ausnahmebeispiel ist hier die Hokkaido District Heating Co. Ltd, die mehrere

Wohngebiete mit Einfamilienhäusern und Wohnhochhäusern (Mansions) mittels Fernwärme für Heiz-

wärme und Warmwasser versorgt. Die Kosten für diese Häuser werden wie folgt angegeben: Heizwär-

me JPY 9,1 pro Quadratmeter Wohnfläche und Tag Heizperiode, Warmwasser JPY 1.483 Grundgebühr

pro Monat und JPY 71 pro hundert Liter. Umgerechnet ergeben sich daraus für eine 75 m2 Wohnung

mit 300 Liter Warmwasserbedarf pro Tag monatlich etwa 150 Euro Heizkosten im Winterhalbjahr und

zusätzlich etwa 50 Euro Warmwasserkosten (Quelle: www.chidan.co.jp).

Außer Holz in Form von Scheiten oder als Pellets ist derzeit in den Privathaushalten keine Biomasse-

nutzung üblich.

In einem kleinen Teil der Müll-Verbrennungsanlagen wird Strom erzeugt und ins Netz eingespeist. Da

sich die Anlagen im allgemeinen außerhalb der Städte befinden, muss der Müll über weite Strecken

transportiert werden. Nach einer existierenden Technologie werden Müll-Pellets („RDF“: refuse

derived fuel) gepresst, die aufgrund des geringeren Wassergehalts etc. gleichmäßiger verbrennen. Für

die Nutzung in Privathaushalten gelten die Pellets bisher aufgrund der ungelösten Abgasreinigungs-

problematik als ungeeignet.

24 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.2.9∙ Biomasse und Ersatzbrennstoffe

Page 25: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Kulturelle Besonderheiten hinsichtlich der Wohnarchitektur in Japan werden durch eine sehr lange und

sorgfältige Holzbautradition sowie ein enormes Wirtschaftswachstum in den 1980 er Jahren geprägt.

Michiko Rico Nosé gibt in seinem Buch „Wohnarchitektur in Japan“, Callwey Verlag, einen sehr um-

fangreichen Einblick in das Thema und hat recht deutlich auf die Eigenheiten in Japan hingewiesen.

Im weitesten Sinne haben sich in Deutschland ähnliche Prozesse gebildet, die ihre jeweils eigenen,

gleichen Ursachen hatten. Beide Staaten haben eine sehr ausgeprägte Baukultur mit hochwertigem

altem Baubestand gehabt. In den Nachkriegsjahren des zweiten Weltkriegs mussten beide Staaten die

Folgen des Krieges verarbeiten und beide haben einen blühenden Wirtschaftsaufschwung mit allen

seinen positiven und negativen Folgen erfahren. Während in Deutschland die schlimmsten Bausünden

in den Jahren des Wirtschaftswunders begannen

und sich bis etwa in die 1980er Jahre hineinge-

zogen haben, hat Japan im letzten Jahrzehnt des

vergangenen Jahrhunderts mit einem Kollaps den

Höhenflug einer überhitzten, Schwindel erregend

erfolgreichen Wirtschaft verkraften müssen.

In beiden Staaten musste während der Hoch-

konjunktur der Wirtschaft architektonisch und

kulturhistorisch wertvoller Baubestand Zweck-

bauten weichen. In Japan waren die Resultate der

1980er-Jahre sehr hohe Bodenpreise, schäbige

Wohnsiedlungen und der allgemeine Wunsch, so

westlich wie möglich zu sein. Westlicher Baustil

war das wenn auch geschickt entlehnte Nonplus-

ultra derjenigen, die es sich leisten konnten. Die

Konsequenz waren Betonbauten und Festungen,

die dem Brutalismus strenger entsprachen als

ihre europäischen, von Le Corbusier und anderen

stammenden Vorbilder (Abbildung 2.15). Hier

zeichnet sich das für viele asiatische Länder auch

heute noch zu beobachtende Phänomen ab,

dass Änderungen massiv, schnell und teilwei-

se ohne Rücksicht auf Verluste vorgenommen

werden. Dadurch trat ein erhebliches Schwinden

japanischer Traditionen ein und es entstanden

chaotische, in ihrer Hässlichkeit nicht zu übertref-

fende städtische Wohngebiete (Abbildung 2.16).

In Deutschland sind ähnliche Prozesse besonders

in den Plattenbausiedlungen zu beobachten

gewesen, wobei hier nicht die in Japan zu beo-

bachtenden chaotischen Verhältnisse eingetreten

sind. Ein absolutes Extrem und für deutsche

Verhältnisse schwer vorstellbar ist heute noch

im Großraum Tokio zu beobachten. Nahezu ein

Fünftel der Bevölkerung Japans lebt in der Bucht

von Tokio, und vom ästhetischen Gesichtspunkt

Abb. 2.15

Typisches Wohnsilo Tokios

Abb. 2.16

Betonbau als Mehrfamili-

enwohnhaus

25Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.3∙ Kulturelle Besonderheiten

2.3.1∙ Architektur

Page 26: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Auch wenn sich viele Parallelen zwischen Japan und Deutschland bilden lassen, so gibt es jedoch viele

Tendenzen, die sich ausschließlich in Japan wiederfinden. Dazu zählen in erster Linie der washitsu- oder

tatami-Raum und die Größeneinheit „tatami“. Der tatami-Raum ist definiert durch einen Bodenbelag

aus Strohmatten von genau festgelegter Größe (tatami) und wird barfuß oder in Socken begangen.

Der Raum ist wenn überhaupt nur sehr sparsam möbliert und verkörpert auch heute noch in nahezu

allen Wohngebäuden die japanische Wohnkultur. Die Größe „tatami“ beträgt etwa 90 cm x 180 cm

sind deren Wohnbezirke eine Katastrophe, die

durch die winzigen Grundstücksgrößen noch

verschlimmert (Abbildung 2.17). Dies gilt analog

für andere Großstädte in etwas abgeschwächter

Form. Für ein Volk, das stolz ist auf sein Kunst-

empfinden, seine Sensibilität für Kultur und seine

ausgefeilten Umgangsformen, ist dies ein nicht

gerade leicht zu ertragender Zustand. Doch ist

es ein besonderer Aspekt japanischer Wesensart,

aus widrigen Umständen das Beste zu machen

(siehe auch Michiko Rico Nosé: „Wohnarchitektur

in Japan“, Callwey Verlag).

Mit Ende des rasanten Wirtschaftsaufschwungs

setzten neue architektonische Entwicklungen ein,

die sowohl eine Reaktion auf frühere Exzesse als

auch eine Neubewertung japanischer Lebensart

sind. Gemäß Nosé wurden die gegensätzlichen

Tendenzen, die sich in den letzten Jahren der 20.

Jahrhunderts herausbildeten von Terunobu Fuji-

mori (Professor für Architekturgeschichte an der

Universität Tokio und praktizierendes Mitglied der

neuen Architektur- und Designszene) als „Weiße

Schule“ und „Rote Schule“ bezeichnet. Während

die „Weiße Schule“ die Nachfolge der nackten

Betonkultur antritt, werden die Gebäude der

„Roten Schule“ als „dynamisch, vital, zum Teil

geradezu erdverbunden und in einem Selbstver-

ständnis konkreter Existenz fußen“ bezeichnet.

Sie nimmt dabei häufig Bezug auf regionale und

volkstümliche Bauweisen. In Abbildung 2.18 ist

im Hintergrund ein typisches Gebäude der soge-

nannten Weißen Schule zu sehen, dass in Glas

und Metall leichter, durchsichtiger und geschlif-

fener wirkt und mit einer dezenten Farbpalette

in Weiß, Silber und Grau typisch für die Weiße

Schule ist. Atsushi Ueda, ein weiterer Architekt

und Gelehrter, beschreibt gemäß Michiko Rico

Nosé die Weiße Schule als „das Streben nach

Leichtigkeit in der japanischer Architektur“ und

Teil einer „tief verwurzelten Tradition der Unbe-

schwertheit“.Abb. 2.18

Im Hintergrund moderne

Wolkenkratzer nach der

„Weißen Schule“

Abb. 2.17

Typische Wohn- und

Geschäftshäuser Tokios

auf sehr kleinen Grund-

stücken

26 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 27: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

und ist somit so groß, wie ein erwachsener Japaner Platz zum Liegen benötigt („eine halbe Matte

zum Stehen, eine ganze zum Schlafen“). Die Wohnfläche oder Nutzfläche von Gebäuden und Zim-

mern wird auch heute noch üblicherweise in „tatami“ angegeben. Gemäß Michiko Rico Nosé ist „der

washitsu voller Tradition und Bedeutungsnuancen und bietet dem modernen Designer eine nicht zu

unterschätzende Herausforderung. Diese besteht darin, innerhalb der Regeln zu arbeiten, dabei die

Essenz, das typisch Japanische einzufangen und dennoch mit ganz neuen Ideen zu füllen. Yasuo Kon-

dos Version aus OSB, Ken Yokogawas Lycra-überdachte Räume hoch oben unter den Dachbalken und

Kunihiko Hayakawas zylindrische „Apparatur“ sind nur einige der bemerkenswerten Experimente in

diesem Genre. Andere Bereiche, in denen sich Traditionen wieder aufgreifen lassen, sind die Raum-

trennung durch leichte shoji- oder fusuma-Schiebetüren (eine alte japanische Kunst), die Anlehnung an

die Holzständerkonstruktion der minka-Bauernhäuser und die wechselseitigen Beziehungen zwischen

Innen- und Außenbereich und Natur.“

Der Bezug zur Natur (ecology) und die Suche nach Individualität nimmt weiterhin einen sehr großen

Bereich in Anspruch. Dies ist auch durch die riesigen Wohngebiete der Ballungszentren verursacht. Bei-

dem wird dadurch Rechnung getragen, dass sich so gut wie keine Reihenhäuser bilden, die in Deutsch-

land einen guten Kompromiss zwischen Individualität und geringem zur Verfügung stehendem Platz

bilden. Wohngebiete in Japan sind geprägt von frei stehenden Einfamilienhäusern, die bei sehr hohen

Bodenpreisen auch so dicht gebaut werden, dass zwischen den Häusern nur noch etwa ein Meter oder

weniger Platz zur Verfügung steht. Und dies wohl bemerkt zu allen drei Seiten – die vierte Seite steht

direkt an der Straße. Mit Hilfe des Internets kann man sich heute einen sehr realistischen Eindruck über

den Zustand in anderen Ländern verschaffen und es wird an dieser Stelle empfohlen, diese Möglich-

keiten zu nutzen.

Während der Trend zur Individualität mit Hilfe der optischen Eindrücke aus dem Internet sehr gut ver-

mittelt werden kann, ist dies mit dem Bezug zur Natur leider nicht möglich. Dieser Bezug zur Natur, der

in Japan gerne mit dem Begriff „ecology“ beschrieben wird, ist nicht gleichzusetzen mit unberührter

wilder Natur. Michiko Rico Nosé beschreibt den Trend eher so, dass „der japanische Garten und der

sukiya-Baustil mit seiner Betonung von Bescheidenheit, Schlichtheit und Rustikalität beide Ausdruck

einer Liebe zur Natur und zu natürlichen Materialien sind. Nach der kalten Dusche der Rezession ent-

deckt heute eine zunehmende Zahl von Menschen diese Werte neu. Manche wenden sich vom Indus-

triedesign ab und statt dessen modern interpretiertem handverarbeitetem Holz, Papier, Seil und Stoff

zu. Andere sind auf die Begrünung ihrer direkten Umgebung bedacht, sei es, indem sie den wenigen

vorhandenen Raum so gestalten, dass Bäume Platz finden oder indem sie Hauswände und -dächer der

lebendigen Natur erschließen, wie bei Terunobu Fujimoris und Naoypki Shirakawas erstaunlichen Bau-

werken. Die Stadtbegrünung mag zwar ein internationales Phänomen sein, doch die Japaner nehmen

dabei Bezug auf ihre eigene Geschichte.“

Bei 127 Millionen Einwohnern gibt es in Japan über 45 Millionen Haushalte, die Zahl der Single- Haus-

halte steigt stetig. Die Eigenheimquote ist im internationalen Vergleich sehr hoch und beträgt in länd-

licheren Gegenden bis zu 75 % der Haushalte, im Schnitt etwa 60 %.

Neben Büro- und Kaufhäusern, Fabriken, Werkstätten, Läden, öffentlichen Gebäuden, Firmenwoh-

nungen, Wohnheime etc. und 1-Zimmer-Behausungen aller Arten, lassen sich die Wohngebäude in

Japan in die folgenden drei großen Gruppen einteilen: EFH, Aparto und Mansion sowie Danchi.

27Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.3.2∙ Gebäudetypen und Aufteilung

Page 28: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

• Danchi sind in den 60er und 70er Jahren als Sozialwohnungen in Betonplattenbauweise errichtet

worden; Ihre Anzahl heute ist vergleichsweise gering.

• Apartos sind ein- bis zweistöckige überwiegend sehr einfache Mietunterkünfte mit oft zwei bis

drei Zimmern mit 40 bis 60 m2 Wohnfläche.

• Mansions sind mehrstöckige bis vielstöckige Stahlbetonkomplexe, die in Eigentums- oder Miet-

wohnungen unterteilt sind und sich in den Ballungszentren zur Zeit großer Beliebtheit erfreuen,

nachdem das Land für EFH immer teurer, kleiner, enger und weiter außerhalb in den Vorstadt-

vororten zu liegen kommt.

• EFHer sind überwiegend Eigentum. In den Ballungsgebieten haben EFH eine durchschnittliche

Wohnfläche von weniger als 85 m2, auf dem Land hingegen sind sie von vergleichbarer Größe mit

deutschen EFH. Die Häuser sind jedoch nicht unterkellert. Vielmehr sind sie etwa 40 cm (Empfeh-

lung der „Kinyukoko“, der staatlichen Bausparkasse) über dem Boden etwas erhöht aufgestellt.

Dies soll vor Feuchtigkeit, Regen und Ungeziefer schützen.

Die Zimmergröße, Flurbreite, etc. richtet sich im allgemeinen noch nach den herkömmlichen Normmas-

sen beim Bau minus Wanddicken. Man drückt auch bei Nicht-Tatami-Zimmern die Größe und Form

in Tatamieinheiten aus. Ein Tatami hat eine Größe von 90 x 180 cm. Die häufigste Zimmergröße ist

das 6-Tatami-Zimmer, das mit 2,55 m mal 3,60 m eine Grundfläche von etwa 9 m2 aufweist. Weitere

klassische Größen sind 3 (sehr selten) – 4,5 (quadratisch) – 7,5 (länglicher als 6) – 8 (quadratisch) – 9

(länglicher als 7,5) – 10 und 12 Tatami- Zimmer. Im Eingangsbereich befindet sich eine etwa 20 cm

hohe Stufe, die den beschuhten und den unbeschuhten Gehraum trennt.

Das Bad befindet sich im Standardhaus mit Küche und Wohnzimmer im Erdgeschoss („first floor“) und

zwei bis vier Schlafzimmer und eine Zweit-Toilette befinden sich im ersten Stock, („second floor“), der

anders als in Deutschland meist nicht durch Dachschrägen gekennzeichnet ist. Das Bad ist fast im-

mer in das Badewannenzimmer mit Wasch- und Duschbereich vor der Badewanne, das angrenzende

Waschbeckenzimmer (und Umkleidezimmer) mit oder ohne Aufstellung der Waschmaschine und das

separate Toilettenzimmer unterteilt.

Wasserrohre verlaufen im allgemeinen nicht unter dem Haus, sondern werden in der Nähe der Ver-

brauchspunkte außerhalb des Hauses aus der Erde geführt und auf Höhe der Verbrauchspunkte seitlich

durch die Außenwand des Hauses ins Hausinnere geführt, das Heißwasser wird zuvor durch einen

außenseitigen Boiler (Gas, Öl, Elektro) geführt, der die evtl. anfallenden Verbrennungsabgase durch

Schlitze an die Außenluft abgibt. Einem Eindringen der noch wenig verdünnten Abgase ins Hausinnere

wird nicht konsequent vorgebeugt, es bleibt dem Zufall überlassen.

Häuser werden im allgemeinen ohne Kühl- und Heizvorrichtung abgenommen. Es werden lediglich

runde Wanddurchbrüche vorbereitet und mit Schutzkappen abgedeckt in der Wand oberhalb einer

Fensterecke zur wahlweise nachträglichen Installation eines Airconditioners, dessen raumseitiger und

außenseitiger Wärmetauscher mit Gebläse über zwei in einem Plastikschlauch geführte Kältemittel-

leitungen durch diesen Wanddurchbruch verbunden sind. Wird neuerdings gleich beim Hausbau eine

elektrische oder Sole-Fußbodenheizung eingebaut, dann fast immer nur im Wohnzimmerbereich. Häu-

ser haben folglich im allgemeinen keine Schornsteine. Abgase und Abluft werden, wenn sie abgeführt

werden, durch die Seitenwand abgeführt.

Häuser haben im allgemeinen einfachverglaste Schiebefenster. Neuerdings werden auch dichte Schie-

befenster, zweifachverglaste Schiebefenster und zuweilen auch Nichtschiebefenster in verschiedenen

Ausführungen angeboten. Fliegengitter sind weit verbreitet und das klassische einfache Sturm-Schie-

28 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 29: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

befenster aus Blech vor Schiebefenster und Fliegengitter wird aus Platz- und Designgründen mehr und

mehr weggelassen oder durch Rollläden ersetzt.

Die Häuser wechseln selten die Hand, sie werden im Durchschnitt alle 27 Jahre abgerissen nach dem

Scrap&Build-Prinzip und an gleicher Stelle mit modischerem Design und Features wieder neu aufge-

baut. Zu diesem Zeitpunkt sind sie oft durchgefault und einsturzgefährdet oder neigen sich durch

ungleichmäßiges Einsinken des Fundaments im weichen Erdreich über die Jahre, aber manchmal wird

auch nur so aus einer Laune heraus „gebauwechselt“ (tatekaeru). Verstirbt der Eigentümer, sind die

Erben nicht selten gezwungen aufgrund der 66 % Erbschaftssteuer mit sehr niedrigen Freibeträgen

den Besitz zu veräußern, wobei ein Grundstück ohne Haus auf dem Markt mehr erzielt als das gleiche

Grundstück mit Haus bebaut. Wer es sich leisten kann, lässt das Haus abreißen bevor er das Grund-

stück veräußert. Eine Variante bei entsprechend großem Grundstück ist es, zu parzellieren oder einen

Aparto-Mietwohnblock errichten zu lassen und von den Mieteinnahmen den Kredit für die Erbschafts-

steuer abzubezahlen, eine Variante die zukünftig den Erben derer, die bereits auf einem runterparzel-

lierten Grundstück von 100 m2 wohnen nicht mehr offen stehen wird.

Für die Dauer der Heizperiode werden drei bis vier Monate angenommen, in den kälteren Gegenden

beträgt die Heizperiode bis zu neun Monate, wobei der Heizverbrauch je nach den individuellen Ge-

wohnheiten und der Bausubstanz variiert. Traditionell herrschen in Japan Leichtkonstruktionen vor. Der

Massivbau war früher kaum verbreitet und hat erst in Form von Stahlbeton bei der Errichtung hoher

Gebäude nach dem Krieg eine gewisse Bedeutung erhalten.

In japanischen Einfamilienhäusern wird ein Raum typischerweise nur bei gleichzeitigem Aufenthalt

beheizt. Der Heizverbrauch wird demzufolge als eine Funktion der Anzahl unabhängig von einander

agierender Personen im Haus gesehen. Dazu wird keine deinstallierte, rechnerisch ausgelegte Einrich-

tung, sondern eine Gruppe individuell zusammengestellter, überwiegend tragbarer Geräte verwendet.

Als Faustformel gilt: Es wird weniger als die Hälfte der Wohnfläche zu weniger als der Hälfte der Ta-

geszeit geheizt, darüber hinaus besteht eine traditionelle Bereitschaft und Sympathie für eine gewisse

„Abhärtung“. Bei den eher gering gedämmten Häusern ist es üblich, den Wärme-(Kälte-)strahl auf die

anwesenden Personen zu richten, damit die Wärme „ankommt“ bevor sie abgeleitet wird. Ein vollstän-

dig geheizter Raum wird daher im allgemeinen eine hohe Temperatur (25 bis 30 Grad) aufweisen, um

Strahlungsverluste an die kalten Umgebungsflächen auszugleichen.

Das Heizen ist durch eine Aufheizphase und eine Temperaturhaltephase, in der die Temperatur lang-

sam abdriftet, so dass hin und wieder regulierend eingegriffen werden muss, gekennzeichnet. Nach

Verlassen des meist gering gedämmten und massearmen Raumes sinkt die Temperatur rasch ab,

gleichmäßige Raumtemperaturen stellen sich daher nicht ein. In den sogenannten „warmen“ Häu-

sern entweicht die Wärme in die ungeheizten Räume. Dadurch sind Kondensationsprobleme und in

deren Folge auch Schimmelbefall möglich (s. Anhang). Für Zugerscheinungen gibt es kein Begriffsfeld

außer „irgendwie kalt hier“. Beispielsweise haben in den Büros die Inhaber von Fensterplätzen an den

einfachverglasten Fensterwänden meist eine Wolldecke bereit liegen. Der Begriff der Wärmebrücke (im

Japanischen werden die Begriffe „cold bridge“ oder „heat pass“ verwendet) ist bekannt, aber deren

Vermeidung ist kein aktuelles Thema.

Im Winter lässt man den Innenraum nachts deutlich abkühlen – so sind Lufttemperaturen um die

5 °C im Innenraum keine Seltenheit - lediglich Frosttemperaturen werden aufgrund möglicher Schäden

29Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.3.3∙ Heizung

Page 30: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

z. B. an der Installation immer vermieden. Meist ungeheizt sind Eingang, Flure, Küche, Bad, Wasch-

beckenzimmer und WC, daher die weite Verbreitung der elektrisch angewärmten Klobrille. Über Nacht

werden die Heizgeräte ausgestellt, man greift bei Bedarf auf elektrische Heizdecken zurück. Morgens

sollen die genutzten Räume dann wieder recht schnell aufgeheizt sein. Die angebotenen Heizgeräte

lassen sich aus diesem Grund in die „schnellen Starken“, und die „sparsamen Sanften“ einteilen. Meist

erfolgt ein kombinierter Einsatz. Beliebt sind „Hot Carpet“ (Heizteppich), „Kotatsu“ (beheizter Tisch),

elektrische Fußbodenheizung und Heizlüfter, Infrarotstrahler und Ölradiatoren als sanfte Quellen; Öl-

und Gasöfen als schnelle Quellen. Der Kotatsu (niedriger Tisch mit übergeworfener Decke zwischen

zwei Tischplatten und Heizquelle unter der Tischplatte, Abbildungen im Anhang) erinnert an eine zen-

trale Feuerstelle. Er ist auch beliebt bei ansonsten kompletter Heizkombination. Klimaanlagen vereinen

zwei Vorteile, sie sorgen für eine schnelle sowie sanfte Beheizung und sind zusätzlich regelbar. Zum

Heizen werden sie trotzdem eher ungern eingesetzt, da sie aufgrund der Positionierung unterhalb der

Decke die Luft am Boden weniger heizen.

Die Öl- und Gasöfen geben das – durch Katalysatoren von Kohlenmonoxid und Stickoxiden weitge-

hend gereinigte – Abgas (CO2 und H2O) an die Raumluft ab. Nur in den kälteren Regionen Hokkaido

und Nagano sind auch „FF-Heater“ verbreitet, die an der Wand festinstalliert sind und über zwei Ge-

bläse (englisch = fan) verfügen. Das eine Gebläse verteilt die erhitzte Luft im Raum und das zweite gibt

die Abluft über ein koaxiales Rohr durch die Außenwand nach draußen ab. Eine leichte Neigung des

Rohres nach unten stellt sicher, dass das Kondensat ebenfalls nach außen gelangt. Allen Öfen, ob nun

mit oder ohne Gebläse, ist gemeinsam, dass sie hohe Maximalleistungen aufweisen und auf die Hälfte

der Leistung herunter regelbar sind. Die Geräte verfügen häufig über Mikroprozessoren, Zeitschalt-

uhren, Thermostate und CO2-Warnsignale, die eigentliche Heizfunktion kann jedoch kritisch betrachtet

werden: Im Raum variieren die Temperaturen von nahe der Außentemperatur in wand- und fensterna-

hen Bereichen zu über 70 Grad nahe der Austrittsöffnung der Heizgeräte.

Die Höhe der monatlichen Heizkosten ist den Japanern meist nicht bewusst, was nicht zuletzt mit der

Fragmentierung des Heizens zusammenhängt. Wer die Möglichkeit hat, heizt wie oben beschrieben,

ansonsten wird in kälteren Räumen gelebt. Die Kombination verschiedner Heizgeräte bewirkt einen

hohen Verbrauch an Energieträgern. Da jedoch nur der gerade genutzte Raum geheizt wird, ist der

Energieverbrauch zur Heizwärmeerzeugung in Japan insgesamt sehr viel geringer, als in anderen Indus-

triestaaten: Um in japanischen Häusern den gleichen Heizgrad wie z. B. in Deutschland zu erreichen,

müsste bei einer konservativen Schätzung mehr als doppelt soviel Energie aufgewendet werden im

Vergleich zu heute.

Während die Zahlen und Fakten in Japan für einen wesentlich höheren Heiz- gegenüber dem Kühlbe-

darf sprechen, ist dies im Bewusstsein der Japaner eher nicht verankert. Ansätze zur Betrachtung der

Heizgradtage sind in Japan wenig geläufig. Es wird gern eine alte chinesische Weisheit zitiert, wonach

man gut daran tue, ein Haus für die Belastungen durch Hitze und Feuchtigkeit im Sommer auszulegen.

Häufig werden die nicht gekühlten europäischen Häuser als rückständig angesehen und die Europäer

wegen des klimatisch-bedingten umfangreichen Heizens bedauert.

Das Thema „Wasserleitungen im Wohnbereich“ ist in Japan häufig mit negativen Assoziationen belegt.

Warmwasserheizungen in Schulen und Häusern gab es in den 70er Jahren, aber diese seien seinerzeit

sehr störanfällig gewesen und hätten hohe Betriebskosten verursacht. Mögliche Gründe sind: Hand-

werklich niedriges Niveau, Unvertrautheit der Installateure und Betreiber mit dieser damals neuartigen

30 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.3.4∙ Zentralheizungen

Page 31: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Technologie, Auslegungsfehler, Probleme mit Rost und Kondensation an den Leitungen im Sommer

sowie das Zufrieren im Winter und ungedämmte Gebäude.

Es gibt „Warmwasser“-Heizungen auf dem Markt (Anbieter: Corona, Noritsu, Morikawa, etc.). Diese

Systeme werden auch von den Hausbaufirmen als kostspielige Option angeboten, allerdings dann als

Import aus Europa. Auch Morikawa baut nicht selbst, sondern vertreibt Importe aus Europa. Die Markt-

durchdringung ist gering (weit unter 10%, selbst in kalten Gegenden deutlich unter 20%).

Die Heizkörper werden über ein Leitungsnetz an einen einfachen, für diese Aufgabe ausgelegten

Gas- oder Ölboiler angeschlossen (was mehr oder weniger dem Erwärmen nach dem Durchlaufprinzip

entspricht). Die Vorlauftemperatur beträgt 80 Grad Celsius, auch bei Fußbodenheizungen, Noritsu

bietet neuerdings die Option 50 Grad an und wirbt mit geringeren Verlusten der (üblicherweise we-

nig gedämmten) Leitungen in dem mittelbar (über Lüftungsöffnungen im Betonfundamentband) in

Kontakt mit der Außenluft stehenden Bereich unter dem Fußboden. Statt Warmwasser ist immer eine

Frostschutzlösung im Umlauf, da bei Außentemperaturen unter Null Grad über Nacht ein Zufrieren der

Heizkörper und Leitungen durch Minustemperaturen auch in den Wohnräumen nicht ausgeschlossen

werden kann. Auslegungsmaßstäbe, Berechnungsverfahren etc. konnten nicht ermittelt werden. Sie

scheinen zumindest den Handwerkern nicht bekannt zu sein.

Fußbodenheizungen lassen sich im allgemeinen in drei oder vier Stufen regeln, aufgrund der 80 Grad

Vorlauftemperatur ist jedoch keine wirklich angenehme Temperatur wie z. B. 30 Grad erreichbar. Ohne

die hohen Verluste wäre solch eine Heizung nicht erträglich. Dies gilt auch für elektrische Fußboden-

heizungen. Es werden in kleinem Umfang Luft-Zentralheizungen bzw. Ganz-Haus-Klimaanlagen nach

amerikanischem Vorbild angeboten, diese gelten jedoch als sehr teuer.

Einige kleinere Hausbaufirmen haben eigene Konzepte zur Heizungsunterstützung entwickelt.

„Hokushin“ z. B. dämmt den Unterfußbodenbereich und stellt ein Heizgerät unter dem Fußboden auf,

dessen Wärme durch die Hohlräume der außengedämmten Außenwände hochsteigt und für ange-

nehme Strahlungswärme sorgt.

In EFH wird im Regelfall (in der Mitte und im Süden Japans) gekühlt und getrocknet, und erst in

zweiter Linie geheizt. Gekühlt wird herkömmlich durch Verschattung, Luftzug, Fächer und elektrisch

betriebene Standventilatoren. Eine „Siesta“ wie in den südeuropäischen Ländern, d.h. eine längere

Mittagsruhe mit Verlagerung der aktiven Tageszeiten in die Abendstunden ist nicht üblich. Die Hitze

lässt in Japan auch abends nur vergleichsweise wenig nach. Die Entwicklung von Klimageräten ist von

längs in die entsprechend geöffneten Schiebefenster geklemmten Kompaktgeräten mit zu den heute

üblichen Klimageräten fortgeschritten. Diese sind mit getrennten Wärmetauschern, welche nach dem

Prinzip einer Luft-Luft-Wärmepumpe die Funktionen Kühlen, Trocknen („Amenity-Dry“) und Heizen

umfassen, mit Fernbedienung und Zeitschaltuhrfunktionen ausgestattet. Deren COP („Coefficient Of

Performance“ übersetzt Leistungszahl) weist sehr gute Werte auf bei relativ geringen Temperaturun-

terschieden zwischen außen und innen, wie sie meist über das Jahr hinweg in weiten Teilen des Landes

vorherrschen.

Nicht jeder Haushalt ist mit einem Airconditioner ausgerüstet, aber wenn, dann zuerst einmal im

Wohnzimmer. Die Anzahl der Haushalte mit mehreren Klimageräten steigt. Dabei ist es theoretisch

möglich, zwei und mehr Innengeräte über ein entsprechend ausgelegtes Außengerät laufen zu lassen,

aber das wird nur selten umgesetzt. Jährlich werden zur Zeit 7 Mio. Geräte gekauft, die Marktdurch-

dringung liegt bei 70 %.

31Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.3.5∙ Kühlung

Page 32: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Warmwasser wird üblicherweise in Küche und Badezimmern (Waschbecken- und Badewannenzimmer)

benötigt. Das tägliche Bad der Japaner läuft folgendermaßen ab: Man wäscht sich auf einem Schemel

sitzend vor der Badewanne, ein entsprechender Wasser- und Duschanschluss ist natürlich an der Stelle

vorhanden, duscht sich dann ab und besteigt die etwas kürzere, dafür tiefere Badewanne mit 200 l

Volumen. Das Badewasser wird von allen Familienmitgliedern geteilt und durchgängig auf einer Tem-

peratur von 40 bis 44 Grad gehalten.

Anders als in Deutschland ist es unüblich gewohnheitsmäßig zu lüften, wenn man vom Lüften der Fu-

tons sowie dem Aufhängen der Wäsche und dem damit verbundenen Öffnen der Balkontüren absieht.

Der Luftaustausch durch Fugen und Ritzen war im allgemeinen bisher ausreichend.

Aufgrund der enormen, jäh aufgekommenen „Sick-House-Problematik“ mit der Verbreitung der neuen

sogenannten hochdichten Häuser ist seit 2004 eine mechanische Lüftungsvorrichtung bei Neubauten

Pflicht. Es genügt, wenn alle Räume (passive) Lüftöffnungen haben und die Luft an einer Stelle, gün-

stigstenfalls im Badezimmer, aus den anderen Räumen angesaugt und über einen Ventilator nach au-

ßen abgegeben wird. Es werden aber auch komplexere Systeme, zum Teil mit Wärmerückgewinnung

angeboten. Hier lautet das Stichwort „24h Lüften“.

Aufgrund der zuvor beschriebenen Innenraumbedingungen schien bisher eine stärkere Isolierung der

Gebäude nicht unbedingt erforderlich – lediglich wenige Zentimeter Innendämmung aus PU-Schaum

oder Leichtkonstruktionsdämmung aus Mineralwolle werden normalerweise eingesetzt. Selbst wenn

das bisher übliche Heizverhalten nicht verändert würde, bietet eine bessere thermische Isolierung der

Gebäudehülle ein deutliches Energieeinsparpotential. Allerdings ist in den letzten Jahren auch eine Ten-

denz hin zu gleichmäßiger temperierten Gebäuden erkennbar. Diese begründet sich zum einen aus der

Übernahme westlicher Standards, zum anderen gab es Berichte denen zufolge zumindest bei älteren

Menschen die großen Temperaturunterschiede z. B. bei Verlassen des oft über 40 °C heißen Bades

in den kalten Raum zu Blutdruck- und Kreislaufproblemen, in zahlreichen Fällen auch mit Todesfolge

führen können. Ohne eine thermische Verbesserung der Gebäudehülle würde eine solche Umstellung

zu einem vielfachen des bisher üblichen Energiebedarfs für Heizung und Kühlung führen.

Die häufig eingesetzte Innendämmung ist für extrem im Süden gelegene Regionen eine günstige

Lösung. In den meisten Gebieten – inklusive der großen Ballungszentren – wäre dagegen eine Au-

ßendämmung sinnvoller, da die möglichen winterlichen Tauwassermengen während der Heizperiode

die sommerlichen Tauwassermengen infolge der (meist moderaten) Klimatisierung in der Regel weit

übersteigen. Bei der Verwendung von Außendämmung wäre zudem das Problem der Wärmebrücken

leichter in Griff zu bekommen als bei Innendämmungen.

32 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.3.6∙ Warmwasserbedarf

2.3.7∙ Lüften

2.3.8∙ Gebäudehülle

Page 33: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

„Building Standard Law“ (BSL)

Wie der Name schon sagt, enthält das vom „Building Center of Japan“ im Auftrag vom „Ministry of

Land, Infrastructure and Transport“ MLIT 1950 herausgegebene „Building Standard Law“ alle wesent-

lichen Japan-weit gültigen Vorschriften für den Hochbau, angefangen vom Genehmigungsverfahren,

über Art und erforderlichen Umfang der Planungsunterlagen bis hin zu baulichen Details wie bei-

spielsweise Anforderungen an Toiletten und Kellerräume. Es wurde verordnet, um das Leben und die

Gesundheit der Menschen zu schützen, indem man die minimalen Standards hinsichtlich des Aufstell-

ortes, der Gebäudestruktur, der Gebäudeausrüstung und des Gebrauches der Gebäude zur Verfügung

stellte, zur Förderung des Auftrages der Öffentlichkeitsfürsorge. Um die Sicherheit der Gebäude zu

gewährleisten, sind unter anderem technische Standards erstellt worden, die auf den Erfahrung aus

Katastrophen wie Erdbeben, Taifunen und Feuer, basieren.

Seit 1950 wurde es fortwährend angepasst, um Änderungen in der Technologie zu reflektieren und

um sicherzustellen, dass das Building Standard Law of Japan nicht vom allgemeinen technischen

Niveau der japanischen Gesellschaft abweicht.

Das Gesetz beschreibt auch Begrenzungen hinsichtlich der Gebäudehöhe, der -fläche, des -volumens,

der -struktur sowie des Innen- und Außenausbaus, einschließlich des Gebrauchs der Gebäude (ein-

schließlich Wohnhäuser), die in den Stadtplanungsbereichen gebaut werden. Die im Gesetz nieder-

gelegten Vorschriften sind für alle Gebäude verbindlich. Darüber hinaus können von den regionalen

Baubehörden zusätzliche Vorschriften oder Anforderungen erlassen werden.

The Law Concerning the Rational Use of Energy

Das „The Law Concerning the Rational Use of Energy” enthält verschiedene Vorschriften mit Hilfe

derer ein sparsamer Umgang mit Energie im privaten und öffentlichen Bereich (Industrielle Fertigung,

Gebäudenutzung, Maschinen, Verkehr) erreicht werden soll. Das eigentliche Gesetz ist relativ knapp

gehalten und wird durch die „Fundamental Policies for Rational Use of Energy“ (Anhang 3) genauer

ausgeführt sowie durch zusätzliche Standards und Richtlinien für die einzelnen Bereiche ergänzt.

Die erste Fassung des Gesetzes wurde nach der Ölkrise 1979 auf den Weg gebracht. Seitdem gab es

zahlreiche Ergänzungen und Überarbeitungen. Im Bereich des Hochbaus hatte das Gesetz im Wesent-

lichen über mehr als zwei Jahrzehnte nur Empfehlungscharakter. Von staatlicher Seite konnte dabei

von Bauherrn ein Bericht über die Energieeinsparmaßnahmen bei Neubauten angefordert bzw. eigene

Inspektionen durchgeführt werden. Zuständig dafür waren die regionalen Büros des „Ministry of Land

and Infrastructure“. Wenn die Überprüfungen zeigten, dass die gesetzlichen Empfehlungen deutlich

verfehlt wurden, erfolgte eine Veröffentlichung dieser Ergebnisse – also sozusagen ein „an den Pran-

ger“ stellen.

Da diese Form der Sanktion nicht zu den gewünschten Ergebnissen führte, wurde in einer größeren

Revision im Jahre 2002 das Gesetz derart erweitert, dass die Vorschriften nun rechtlich verbindlichen

Charakter bekamen – bei gewerblichen und öffentlichen Gebäuden allerdings erst ab einer Nutzfläche

von 2000 m²; der private Bereich bleibt weiterhin vollständig ausgespart (s. Abbildung 2.19). Durch die

Neuregelung sind die Bauherren nun verpflichtet, die Energieeinsparmaßnahmen nach dem Gesetz zu

dokumentieren und der zuständigen Behörde (neuerdings die kommunalen Baubehörden, welche

33Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.4∙ Standards und Richtlinien

2.4.1∙ Standards und Gesetze

Page 34: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

auch für die Baugenehmigungen zuständig sind) Rechenschaft abzugeben (Nichtbeachtung wird

mit Geldbußen geahndet). Wiederum werden bei Bedarf die Maßnahmen behördlich überprüft. Bei

Nichteinhaltung der Vorschriften werden wie zuvor die Ergebnisse der Untersuchungen veröffentlicht,

jedoch zusätzlich Geldbußen verhängt sowie die Durchführung von erforderlichen Nachbesserungen

angeordnet. Bei Gebäuden mit einer geringeren Nutzfläche als 2000 m² besteht keine Meldepflicht der

Maßnahmen, allerdings kann wie bereits früher die zuständige Behörde von sich aus aktiv werden und

Verfehlen der Standards entsprechend publik machen.

Im Gesetz wird der Q-Wert, der den Energieverbrauch eines Hauses pro Quadratmeter Wohnfläche in

W pro m2 und Kelvin ausdrückt, definiert. Den meisten Verbrauchern und sicherlich einigen Fachleuten

ist dieser Faktor unbekannt. In der Praxis wird nicht ernsthaft versucht, die Empfehlungen umzusetzen.

(Misawa Homes z. B. bietet nur einen Häusertyp in seinem Programm an, der die Empfehlungen knapp

verfehlt, die anderen Typen bleiben weit dahinter zurück.)

Handwerker und Hausbauer stellen ihren Kunden oft die Frage, ob sie ein „warmes“ Haus (nicht näher

definiert, oft wenige Zentimeter Glaswolle-Dämmung zwischen den Trägern und Balken), oder gegen

einen erheblichen Aufpreis ein Haus wie eine „Thermoskanne“ (mit der Konnotation Erstickungsäng-

ste) wünschen. Die meisten Angesprochenen entscheiden sich dann für ersteres. (Quelle: aus zahl-

reichen Einzelinterviews einer Autorin mit Verkäufern, Handwerkern und Betroffenen in den Präfek-

turen Tokio, Kanagawa und Nagano).

Es gibt positive Beispiele unabhängig von den staatlichen Bemühungen: Marktführer Sekisui Homes

(Marktanteil 5%) wird künftig landesweit doppelverglaste Fenster zum Einsatz bringen (Firmenstan-

dard), U-Wert über 2 W/m2K. (Quelle: Sekisui Homepage).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Umsetzung des Gesetzes „Rational Use of Energy“ nur in

sehr geringem Maße erfolgreich ist. Dies hängt zunächst damit zusammen, dass viele Gebäude (alle be-

reits bestehenden Gebäude, alle neuen Wohngebäude, alle neuen Gebäude mit weniger als 2000 m²

Nutzfläche) von den verbindlichen Vorschriften ausgenommen sind. Für sie stellen die Bestimmungen

des Gesetzes lediglich Empfehlungen dar. Die staatlichen Anreize in Form von günstigen Krediten für

Wohngebäude bei Einhaltung der Vorschriften sind offensichtlich nicht sehr attraktiv und werden nur

wenig in Anspruch genommen. Weiterhin sind die Vorschriften so komplex, dass sich nur wenige Ar-

chitekten selbst damit befassen - meist werden externe spezialisierte Büros beauftragt, die Einhaltung

der Vorschriften bei Entwürfen zu überprüfen und zu gewährleisten. Weiterhin ist die Kontrolle durch

Abb. 2.19

Die gesetzlichen Rege-

lungen zur Kontrolle der

durchgeführten Energie-

einsparmaßnahmen in

Gebäuden (ohne Wohn-

gebäude).

Links: Regelung vor 2002.

Rechts: Regelung seit

2002.

34 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 35: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

die zuständigen Behörden nur dürftig, da auch hier oft das für eine effiziente Überprüfung erforder-

liche Detailwissen nicht vorhanden ist. Um eine bessere Umsetzung von Energieeinsparmaßnahmen im

Hochbaubereich zu erzielen, scheinen sowohl allgemein verbindliche und vereinfachte Mindeststan-

dards für alle neu errichteten Gebäude als auch Vorschriften für energetische Verbesserungen beste-

hender Gebäude unumgänglich zu sein.

Next Generation Standard (Wärmedämmempfehlungen)

Bei dem sogenannten „Next Generation“-(Energy Saving)-Standard handelt es sich um ein Gesetz und

Richtlinien aus dem Jahr 1999 zur Wärmedämmung von Wohnhäusern mit dem Ziel des Energiespa-

rens. Die im Standard enthaltenen Bestimmungen variieren für die sechs Klimazonen. Der Next-Gene-

ration-Standard baut auf dem „New“-Energy Saving Standard von 1992 auf, der wiederum auf dem

ersten „Energy Saving“-Standard von 1980 basiert. Alle drei Standards haben lediglich empfehlenden

Charakter. Man spricht von einer 20 %igen Verschärfung der Wärmedämmempfehlungen zwischen

den drei Standards. Der Next-Generation-Standard reicht in etwa an die US-amerikanischen und bri-

tischen Bestimmungen heran. Weitere Ausfüh-

rungen befinden sich im Anhang 4.

Im Großen und Ganzen legt der Standard

Wärmedämmdicken in cm Glaswolle einer be-

stimmten Qualität für die verschiedenen Bereiche

(Außenwand, Dach, Fußboden) und Wärme-

dämmfunktionen für Fenster und Haustüren fest.

(Alternative Dämmmaterialien in alternativen

Dicken werden bei nachweislich gleicher Funktion

auch anerkannt). Strukturelemente wie Wand-

und Fensterrahmen sind aus der Betrachtung

herausgenommen, sie werden als Wärmebrü-

cken bezeichnet und in die Berechnung nicht

integriert. Hierbei ist notwendig zu wissen, dass

Außendämmung in Japan immer noch eine Aus-

nahme gegenüber der an traditionelle Bauweisen

angelehnten Innendämmung darstellt, bei der es

sich um eine Dämmung der Kassetten zwischen

der Strukturelementen handelt. (Die Verarbei-

tung durch nicht eingewiesenes Personal weist

ein weiteres Problemfeld auf, auf das zuweilen

in der Literatur hin gewiesen wird. Man spricht

davon, dass die Dämmwirkung eines Hauses mit

dem Setzen der Wärmedämmung aufgrund von

Schwerkrafteinflüssen etc. rasch nachlässt und

nach zehn Jahren einen kleinen Bruchteil des

ursprünglichen Wertes erreicht). Da Glaswolle bei

Feuchtigkeitsaufnahme bis zu zwei Drittel seiner

Dämmfunktion einbüßt, sind Luftspalten vor dem Dämmmaterial in bestimmten Dicken vorgesehen,

die ein Abtrocknen des Dämmmaterials gewährleisten sollen.

Zur Zeit werden 10 % aller Neubauten nach dem Next-Generation-Standard ausgeführt. Diese Zahl

soll in den nächsten Jahren auf 50 % angehoben werden, Maßnahmen die darauf hinwirken sind im

Abb. 2.20

Standards zur Energieeffi-

zienz, mehrere Staaten im

Vergleich

35Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 36: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Moment noch nicht eingeleitet worden bzw. bekannt gemacht worden. Bisher stellten gestaffelte

Zusatzkredite (Größenordnung 10 %, bzw. 25 %) der staatlichen Bausparkasse („Government Housing

Loan Corporation“) einen Anreiz dar, nach dem Standard von 1992 oder 1999 zu bauen. Häuser, die

dem Standard von 1980 nicht genügen, werden nicht mehr gefördert. Der Ausdruck „energiesparsame

Häuser“ bezieht sich auf Häuser, die dem Standard von 1992 oder darüber genügen.

Die staatlich geförderten Bemühungen im nationalen Interesse Energiespareffekte im Wohnbereich zu

erzielen, bewegen sich in drei Richtungen:

- Werben für energiesparsameres Verbraucherverhalten (Fernsehwerbung etc.)

- Bemühungen um energiesparsamere Geräte (Top Runner Programm)

- Bemühungen um besser gedämmte, dichtere Wohnungen (eher im Hintergrund)

Dabei ist in Fachkreisen die Frage, ob Häuser dichter oder gerade weniger dicht sein sollten umstritten.

Eine ganzheitliche Betrachtung und Abstimmung der drei obigen Komponenten aufeinander steht in

der Öffentlichkeit (öffentlichen Diskussion) noch aus. Diese Abstimmung dürfte verschärft erforderlich

werden, wenn sich mit zunehmendem Heizen und geringerer Ausgleichsmechanismen die Konden-

sationsproblematik weiter verstärkt. Allerdings kann die vorgeschriebene mechanische Lüftung zur

Linderung der Problematik beitragen.

Barrier Free

Bei der „Barrier Free“-Problematik handelt es sich um Bemühungen in Wohnungen die Anzahl und

Höhe der Übergänge z. B. zwischen unterschiedlichen Bereichen und Zimmern zu reduzieren. In-

zwischen sind die vielen Stufen wegen der großen Unfallgefahr besonders für gehschwache Familien-

angehörige (vor dem Hintergrund der rasant fortschreitenden Überalterung der japanischen Bevölker-

ung) in Verruf geraten. Es gibt aber Kredite für den barrierefreien, möglichst auch rollstuhlgerechten

Umbau der Wohnung. Ein Problem sind dabei u.a. die herkömmlichen Flurweiten von gut 70 cm.

Neben den Stufen geht es auch darum, Griffe und Geländer an nützlichen Stellen anzubringen. Für

öffentliche Einrichtungen gibt es zum einen den Standard „Barrier Free Wohnungen für Rentner und

Pensionäre“ von der Foundation for Pension Home Financing and Welfare (www.njk.or.jp/NJK/top.htm)

und zum anderen den Standard „Zuschlagskredite für den Bau von Barrier Free Wohnungen“ von der

Government Housing Loan Corporation (www.jyukou.go.jp/). Standard 1 beinhaltet höhere Anforde-

rungen an die Bauherren. Für Barrier Free Wohnungen werden zusätzliche Kredite und eine niedrige

Verzinsung gewährt. Dieses Konzept existiert seit Anfang der 90er-Jahre.

Heat Shock

Bei der „Heat Shock“-Problematik (auch als „Temperaturdifferenzen im Haus“-Problematik umschrie-

ben) handelt es sich um das Phänomen, dass jährlich im Winter einige Tausend Menschen mehr im

Badezimmer sterben als im Sommer, insbesondere in den kalten Gegenden. Bei Verlassen des über

40 Grad heißen Badewassers in Richtung ungeheiztes Waschbecken und Umkleidezimmer schnellt der

Blutdruck in die Höhe, was akute gesundheitliche Komplikationen auslösen kann. Vorgebeugt werden

soll dem durch das Nachrüsten eines Badezimmerheizgeräts. Hier werden inzwischen verschiedenen

Geräte, zum Teil mit bis zu fünf kombinierten Funktionen (Heizen, Trocknen, Lüften, Umwälzen und

Kühlen) angeboten. Sie werden stark beworben.

Hochwärmegedämmte/hochdichte Häuser

Es handelt sich um eine neue Kategorie (japanisch „kodannetsu/kokimitsu jutaku“ zu Deutsch „hoch-

36 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 37: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

wärmegedämmte/hochdichte Häuser“), deren Bezeichnung ungeschützt und nicht genau definiert ist.

Verwendet wird sie von Hausbaufirmen. Allerdings sind auch diese Häuser zuweilen noch recht zugig,

was nicht zuletzt in der Qualität der Fenster begründet ist. Die hochwertigsten Fenster am Markt wei-

sen z. B. nur die Hälfte der Wärmedämmfunktion vergleichbar positionierter deutscher Fenster auf.

Gutachtersystem

Für Einfamilienhäuser gibt es staatlicherseits ein Gutachtersystem mit 10 Jahren Garantie, das für 10 %

der Baukosten Pfusch am Bau vermeiden helfen soll. Es verbreitet sich allerdings aufgrund der invol-

vierten Mehrkosten für Verbraucher und Hausbaufirmen kaum. Viele Verbraucher dürften noch nie

davon gehört haben.

Bisher waren Hauseigentümer gegen Pfusch am Bau („kekkan jutaku“) äußerst ungeschützt, nachträg-

liches Klagen half nicht, die Prozesse sind meist verloren gegangen. Pfusch am Bau ist nun seit April

2000 stark thematisiert und geächtet worden. Beliebte Fernsehsendungen mit Unterhaltungscharakter

hatten monatelang begleitend die schlimmsten Fälle dokumentiert, in denen Häuser auch schon mal

vor dem Einzug oder im ersten Jahr als unbewohnbar bezeichnet werden mussten, und die Eigentümer

das Nachsehen hatten. Die Government Housing Loan Corporation hat 2004 ein Buch mit Skizzen und

Bildern herausgegeben, in dem der Bauablauf in allen Schritten erklärt wird, damit der Bauherr Quali-

tätskontrollen durchführen kann. Tägliche Anwesenheit auf der Baustelle wird empfohlen. Sonst dürfe

man sich nicht wundern, wenn tragende Strukturelemente-verbindende Schrauben nicht angezogen

oder erst gar nicht eingesetzt sind etc..

Für Leute mit wenig Zeit und viel Geld gibt es ein Gutachtersystem, das eine 10-Jahres Garantie

beinhaltet. Es ist eines der drei Pfeiler des Gesetzes gegen Pfusch am Bau („jutaku hinkaku ho“). Ein

weiterer Pfeiler sind Prozessabwicklungsbestimmungen. Da Vorbeugung sinnvoller ist, begleitet der

Gutachter den Hausbauprozess von der Prüfung der Zeichnungen an.

Die Bewertung der Qualität (dritter Pfeiler) erfolgt in neun Kategorien:

1. Erdbebenfestigkeit

2. Brandsicherheit

3. Festigkeit der Pfeiler und des Fundaments

4. Wartungsleichtigkeit der Versorgungsleitungen (Wasser, Gas, Abwasser)

5. Energiesparmassnahmen (Wärmedämmung, Fenster, etc.)

6. Sick-House-Maßnahmen und Lüften

7. Fensterflächengröße (damit soll fensterlosen Räumen vorgebeugt werden, wie sie nicht selten

waren für Küchen, und selbst Wohnräume)

8. Schallschutz (Option für Gemeinschaftswohnhäuser („kyodo jutaku“))

9. Eignung für Alte und Behinderte

Da das Gutachtersystem mit Mehrkosten und Mehraufwand für Verbraucher und Haftungsrisiken

für Handwerker verbunden ist, findet sich ein Hinweis darauf nur in den Unterlagen der Government

Housing Loan Corporation, Hausbaufirmen schweigen sich hier aus. Auch die Government Housing

Loan Corporation räumt ein, dass das System bisher wenig angenommen wurde.

Standard zur Anerkennung von Wohnungen in Harmonie mit der Umwelt (Environmentally

Symbiotic Housing = ESH)

Das „Institute for Building Environment and Energy Conservation“ (www.ibec.or.jp/) führt ein Aner-

kennungsverfahren für Wohnungen in Harmonie mit der Umwelt durch. Grundsätzlich müssen alle

37Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 38: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

folgenden Punkte aus dem Artikel 2

1. Energiesparsamkeit

2. Dauerhaftigkeit

3. Wartung

4. Wassersparsamkeit

5. Berücksichtigung des geographischen Standorts (z. B. bei Pflanzenauswahl)

6. Barrier Free

7. Raumluftqualität (Sick House)

und mindestens zwei der folgenden in Artikel 3 vorgeschlagenen Punkte

1. Energiesparsamkeit (auf einem höheren Niveau im Vergleich zu Artikel 2)

2. Effektivere Nutzung der Ressourcen

3. Anpassung an die Region und Harmonie mit der Umwelt

4. Gesundheit, Annehmlichkeit, Sicherheit, Geborgenheit

erfüllt werden. Für die Punkte 1, 2 und 6 des Artikels 2 gelten die Standards der Government Housing

Loan Corporation, für die anderen Punkte wurde ein eigener Standard entwickelt (Ausgabe 2004).

CASBEE (Comprehensive Assessment System for Building Environmental Efficiency)

Der CASBEE-Standard ist ein Werkzeug zur Einschätzung der Umweltfreundlichkeit und wurde außer-

dem auch als Werkzeug für das Umweltlabeling entwickelt. Er findet für Gebäude mit einer Gesamtflä-

che von über 2.000 m2 Anwendung, wobei freistehende Wohnhäuser ausgenommen sind. Beantragt

werden kann CASBEE vom Planer, Bauherrn oder der ausführenden Firma. Die Prüfung kosten bei einer

Fläche von weniger als 10.000 m2 420.000 Yen, bei einer Fläche von über 10.000 m2 525.000 Yen.

Top Runner, Energy Saving Labeling Program” (ESLP)

Das Top Runner Programm wurde im Rahmen einer Revision des „Law concerning the Rational Use of

Energy“ eingeführt. Bestimmte Haushaltsgeräte wie z. B. Waschmaschinen, Airconditioner oder Ölöfen

(insgesamt 33 Produktgruppen) werden im Hinblick auf ihre Energieeffizienz mit Hilfe des Energy

Saving Labeling Program (ESLP) beurteilt. Nur Produkte die festgelegte Kennzahlen wie den Wirkungs-

grad oder den Energieverbrauch einhalten, werden positiv mit einem „e“ auf grünem Hintergrund

ausgezeichnet (Abbildung 2.21 links). Wenn die Kennzahlen nicht eingehalten werden, bekommen die

Produkte das „e“ auf orangefarbigem Hintergrund (Abbildung 2.21 rechts). Ab einem festgelegten

Zeitpunkt dürfen nur noch Produkte mit dem grünen „e“ neu auf den Markt gelangen. So soll dem

Verbraucher – auch im Hinblick auf die künftig zu erwartende Stromrechnung - die Kaufentscheidung

erleichtert werden. Die Kennzahlen werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls dem Stand der

Technik angepasst (ECCJ).

Im Anhang 5 befindet sich eine Aufstellung

sämtlicher Produktgruppen des Top Runner

Programms.

Abb. 2.21

Links: ESLP mit einge-

haltenen Kennzahlen;

Mitte und rechts: Die

Kennwerte werden nicht

eingehalten

38 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.4.2∙ Gütesiegel Energie

Page 39: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

JIS Normen (Japanese Industrial Standards)

Zur Standardisierung werden ähnlich den DIN-Normen in Japan JIS Normen erstellt und angewen-

det. Über 5.000 JIS Normen aus den unterschiedlichsten Fachgebieten sind derzeit vorhanden, eine

thematische Gliederung erfolgt in den ca. 80 Fachbüchern. Die JIS Normen sind unterteilt in folgende

Bereiche (Divisions):

A. Civil Engineering and Architecture (490 Normen)

B. Mechanical Engineering

C. Electronic and Electrical Engineering

(...)

G. Ferrous Materials and Metallurgy

H. Non-ferrous Metals and Metallurgy

K. Chemical Engineering

L. Textile Engineering

(...)

P. Pulp and Paper

Q. Management System

R. Ceramics

S. Domestic Wares (172 Normen)

(wörtl.: Waren des alltäglichen Gebrauchs,

umfasst auch Brenner und Boiler)

(...)

X. Information Processing

Z. Miscellaneous (720 Normen)

Nur von einigen JIS-Normen sind offizielle englischsprachige Versionen herausgegeben worden. Grund-

sätzlich sind jedoch die Normen-Titel und viele Fachbegriffe auch auf Englisch festgelegt und an den

entsprechenden Stellen angegeben.

Zur thematischen Übersicht wurden bisher 75 meist einbändige JIS Handbücher herausgegeben, zuletzt

der Band „Shoene“ (Energiesparen). Daneben sind folgende Handbücher von Interesse:

„Kenchiku 1, 2“ (Architektur eins und zwei), „haikan“ (Versorgungsleitungen), „sick house“ (Sick

Building). Zusätzlich sind die allgemeinen Normen zu Elektrotechnik und Maschinenbau zu nennen, die

jedoch in zunehmendem Maße mit internationalen Normen übereinstimmen.

Über die Webseite www.jisc.go.jp (Japanese Industrial Standards Committee) kann man auf eine

JIS-Normen-Datenbank mit Suchfunktionen zugreifen, die das Einsehen der Normen (kein Kopieren,

Runterladen oder Drucken) gewährt.

JIS-Mark

Vergleichbar dem deutschen Siegel für Geprüfte Sicherheit (GS), gibt es in Japan das JIS-Mark: Elek-

trische Produkte und Verfahrenstechnologien werden unter Berücksichtigung der JIS Normen mit

diesem Siegel versehen (Abbildung 2.22). Zur Zeit sind etwa 12.000 Produkte aus 532 Gruppen zerti-

fiziert.

Japan ist neben Deutschland, England, Amerika, etc. eines der zwölf Mitgliedsstaaten des CAB

(Conformity Assessment Board) der IEC (International Electrotechnical Commission). Innerhalb dieser

Organisation werden festgelegte Prüfverfahren und Normen gegenseitig anerkannt.

Abb. 2.22

Links: JIS-Mark für Pro-

dukte; rechts: JIS-Mark für

Verfahrenstechnologien

39Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.4.3∙ Regularien

Page 40: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Building Center of Japan – BCJ

Aufgrund der schnell wachsenden Baunachfrage in Japan und der daraus folgenden Notwendigkeit

nach modernen, schlanken Fertigungsproduktionen, hat das Ministerium für Bautechnik das Council

on the Modernisation of Building Production (Rat zur Modernisierung der Gebäudefertigung) 1962

eingerichtet.

Der Rat schlug vor, dass ein Building Center eingerichtet werden sollte, was dann 1965 mit der Gestal-

tung des Building Center of Japan (BCJ) 1965 als gemeinnützige Gesellschaft unter der Federführung

des Ministeriums für Bautechnik erfolgte. Seit seiner Gründung hat das BCJ eine aktive Rolle einge-

nommen, indem es die zahlreichen technologischen Fortschritte förderte. Technische Durchbrüche sind

mit den Fundamentdämpfungssystemen zur Realisierung erdbebensicherer Konstruktionen, Wolken-

kratzern aus Stahlbeton und Kuppeln mit einziehbaren Dächern erfolgt. Das BCJ nimmt aktiv an der

technischen Entwicklungsarbeit und Forschung, an der technischen Auswertung, der Verbreitung der

Informationen und an internationalen Austauschprojekten teil.

Administrative Organisationen im Wohnungsbau und ihre wichtigen Aufgabenbereiche

Die folgende Grafik liefert eine Zusammenfassung.

Abb 2.23

Überblick der administra-

tiven Organisationen im

Wohnungsbau

40 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.4.4∙ Staatliche Organisationen, NGO‘s

Page 41: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Government Housing Loan Corporation

Die „Government Housing Loan Corporation“ wurde 1950 gegründet, um den privaten Hausbau mit

günstigen Krediten staatlich zu unterstützen. Diese Kredite wurden bis heute beim Bau von etwa

18 Millionen Häusern (etwa 30 % des Gesamtbe-

stands) in Anspruch genommen.

Nach Inkrafttreten des „Energy Conservation

Standards“ im Jahr 1980 wurde durch die Ver-

gabe von noch billigeren Krediten bei Einhaltung

der im Standard vorgeschlagenen Energieeinspar-

maßnahmen dessen Umsetzung gefördert. Heute

kann man von der GHLC einen Kredit für den

Hausbau nur noch dann in Anspruch nehmen,

wenn man zumindest die Vorgaben aus dem Jahr

1980 erfüllt. Bei Einhaltung der Vorgaben von

1992 erhält man zusätzlich zum normalen Kredit

ein zinsfreies Darlehen von 1 Million Yen, bei

Einhaltung der Vorgaben von 1999 zusätzlich

2.5 Millionen Yen als zinsfreies Darlehen. Diese

Anreize sind im Vergleich zu den zusätzlich ent-

stehenden Kosten für die Einhaltung der Stan-

dards offensichtlich nicht hoch genug. Im Jahr

1999 wurden die Vorgaben von 1992 von etwas

mehr als der Hälfte der neu errichteten Wohnhäuser eingehalten, gar nur knapp 5 % erfüllten den

Standard von 1999. Drei Jahre Später ist die Zahl der Neubauten, die den Standard von 1992 erfüllten

sogar noch etwas zurückgegangen, der Anteil der Gebäude, die den 1999er Standard erfüllten dage-

gen auf etwa 15 % gestiegen. Insgesamt bleiben damit aber fast die Hälfte der Neubauten sogar hinter

dem vergleichsweise niedrigen Standard von 1992 zurück.

Der Einfluss der Government Housing Loan Corporation, die im Moment umgebaut wird, im Rahmen

der Privatisierungsbemühungen und Umstrukturierungsmaßnahmen verschiedener staatlicher Insti-

tutionen („sanmi ittaika“) der Koizumi-Regierung ist in den letzten zwei Jahren stark gefallen. Nicht

zuletzt aufgrund der stabilen Zinssätze von 2 % für Baukredite bei Konkurrenz-Banken. Wurden 2002

noch 30 % aller Neubauten ganz oder teilweise mit einem Kredit der Organisation finanziert, so sind

es inzwischen nur noch 11 % mit einer weiter fallenden Tendenz. Inzwischen wurde ein „New Housing

Loan“-Programm aufgelegt, welches den Antragsaufwand reduziert, und in diesem Rahmen auch die

Zusatzkreditklauseln (finanziellen Anreize) für energiesparend ausgeführte Häuser wegfallen lassen hat.

NEDO

NEDO steht für „New Energy and Industrial Technology Development Organization“. Diese halb-öf-

fentliche Organisation wurde 1980 von der Regierung unter Einbeziehung der Industrie gegründet. Sie

untersteht dem METI (Ministry of Economy, Trade and Industry) und verfügt über einige Außenstellen

in anderen Staaten wie den USA, Australien, Frankreich, Thailand, Indonesien und China.

Die vier große Arbeitsbereiche der Organisation lauten:

1. New Energy and Energy Conservation Technologies: Forschung im Bereich der regenerativen

Energien inklusive Brennstoffzellentechnologie, Weiterentwicklung der Kohleverbrennung,

Abb. 2.24

Prozentsatz der in Japan von 1996 bis 2002 neu erstellten Wohngebäude die die

Vorgaben des „Energie Conservation Standard“ in den Versionen von 1992 bzw.

1999 erfüllen

41Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 42: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit;

2. Industrial Technology: Informations- und Biotechnologie, Materialforschung, Medizintechnik,

Recycling, Weltraumforschung, Umwelttechnik;

3. International Cooperation: Verbund- und Modellprojekte;

4. Other NEDO Activities: Support für den Kohleabbau, die Bearbeitung von Bergsenkungsschäden

und generelle Probleme durch den Kohleabbau, die kontinuierliche Versorgung mit Ethanol für

industrielle Prozesse;

Insgesamt standen als Budget 274,6 Mrd. Yen im Fiskaljahr 2001 zur Verfügung. Sehr umfangreich

werden Projekte zur Energieeinsparung (mit 75,6 Mrd. Yen), die Erstellung von Studien (mit 25,8 Mrd.

Yen) und Maschinenbau bzw. Raumfahrt (23,2 Mrd. Yen) unterstützt.

NEF

Die NEF (New Energy Foundation) wurde ebenfalls 1980 nach den beiden großen Ölkrisen durch die

Energieversorger und private Stiftungen gegründet. Schwerpunkte der Organisation sind Öffentlich-

keitsarbeit in Form von Messen, Foren sowie Wettbewerben (New Energy Award), die Erhebung von

Studien und die finanzielle Förderung vor allem im Bereich der Solarenergie. Der Förderetat stammt

vom METI, vor allem PV-Anlagen und in geringem Umfang solarthermische Anlagen können Zuwen-

dungen erhalten.

Zu den verschiedenen Energieerzeugungs-Techniken bestehen folgende Arbeitsgruppen:

1. Planning Committee

2. Planning Sub-Committee

3. Fuel Cell Committee

4. Coal Energy Committee

5. Cogeneration Committee

6. Wind Energy Committee

7. Waste Power Generation Committee

8. Biomass Committee

9. Solar Energy Committee

10. Indigenous Energy Committee Hydroelectric

11. Power Committee

12. Geothermal Energy Committee

ECCJ

Das ECCJ (Energy Conservation Center Japan) ist eine staatliche Einrichtung, dessen Schwerpunkt die

Energieeinsparung durch Effizienzsteigerung bei technischen Produkten darstellt. Durch das ECCJ wird

das Top-Runner-Programm und das Energy Saving Labeling vergeben (s. Kapitel 2.4.2). Zusätzlich ist

das ECCJ für die Organisation der ENEX Messe zuständig, die jährlich im Februar in Tokyo Big Site etwa

60.000 Besucher anzieht.

JYURI

Das private Forschungszentrum JYURI (Jyukankayo Research Institute Inc.) wurde 1973 gegründet.

Thematische Schwerpunkte sind Energieverbrauch und erneuerbare Energien. Das Institut berät die

Regierung, regionale Parlamente, Städte und Firmen.

42 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 43: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die Zahl neu errichteter Häuser erreichte im Finanzjahr 1996 erstmals 1,63 Million Einheiten, das

erste Mal seit 1990, dass das Niveau von 1,6 Millionen Einheiten überstiegen wurde. Dies lag an den

niedrigen Zinssätzen, dem Wiederaufbau nach dem Erdbeben von Kobe 1995 und an der erhöhten

Nachfrage im Hinblick auf eine Erhöhung der Verbrauchssteuer. Seit Beginn des Finanzjahres 1997

jedoch, sind Verbraucher hauptsächlich wegen der Rezession zurückhaltender geworden. Die Zahl der

Neubauten ist auf ca. 1,2 Millionen Einheiten zurück gegangen. Wegen der demographischen Entwick-

lung wird davon ausgegangen, dass die Zahl der Neubauten bis zum Jahr 2010 auf etwa eine Millio-

nen Einheiten pro Jahr zurück gehen wird. Ähnlich wie in Deutschland ist auch in Japan eine stetige

Tendenz zu Haushalten mit weniger Kindern zu verzeichnen. Die Zahl von einer Millionen Einheiten pro

Jahr ist aber weiterhin sehr hoch. In Deutschland liegt die Zahl der neu erbauten Wohnhäuser bei etwa

250.000 pro Jahr und selbst aus den USA mit etwa doppelt so vielen Einwohnern wie Japan wird eine

Zahl von 1,569 Millionen Einheiten im Jahr 2000 genannt. Es wird ein starker Wandel von der Quanti-

tät zur Qualität beobachtet, was besonders für deutsche Unternehmen mit hochwertigen Artikeln den

japanischen Markt attraktiv werden lässt.

Die Wohnhäuser der Ballungszentren Japans sind nahezu ausschließlich klein im Vergleich zu deut-

schen Ansprüchen, was hauptsächlich durch die sehr hohen Grundstückspreise verursacht wird. Man

versucht die fehlende Grundfläche durch höhere Häuser wieder gut zu machen. Erstaunlich erscheint

die Tatsache, dass trotz der sehr hohen Grundstückpreise eine sogenannte verdichtete Bebauung

durch z. B. Reihenhäuser sehr unüblich ist. Die Einfamilienhäuser sind in der Regel freistehende Häuser,

die dann aber so dicht gebaut werden, dass kein Platz für einen Garten mehr besteht. In ländlichen

Gegenden werden großzügigere Gebäude gebaut, die dem japanischen Bedürfnis nach Nähe zur Natur

mehr entsprechen, als die Gebäude in den Ballungszentren.

Es erscheint in Japan auch eher unüblich, dass

die junge Generation Häuser in Eigenleistung

erstellt oder über Jahre hinweg an einem alten

Haus gebaut und gleichzeitig gewohnt wird. Das

Gebäude wird einmal in möglichst kurzer Zeit ge-

baut und soll dann für die nächsten zwei bis vier

Jahrzehnte nicht mehr renoviert oder umgebaut

werden müssen. Dies stellt auch den Nutzungs-

zeitraum eines normalen Einfamilienwohnhauses

dar. Nach der Nutzung werden die Gebäude

üblicherweise zerstört, was einen kontinuierlich

hohen Bedarf an neuen Wohnhäusern mit sich

zieht und der Bauwirtschaft eine ständig hohe

Auftragslage beschert.

Weiterhin verursacht die relativ kurze Nutzungs-

dauer mit dem anschließenden Totalabriss ein

sehr hohes Volumen an Bauschutt. Daher wird

auf die Möglichkeit, die Baumaterialien später

recyceln zu können ein sehr hoher Wert gelegt.

Abb. 2.25

Typische Einfamilien-

häuser

Abb. 2.26

Das Tor der Universität in

Tokyo

43Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.5∙ Gebäudestruktur und Bauabwicklung

2.5.1∙ Bauformen und Materialien

Page 44: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

In den letzten Jahren werden auch vermehrt Baumaterialien aus recycelten Materialien unter dem

Schlagwort Ökologie angeboten. So werden immer mehr Fassadenpaneele mit Holz- oder Steinoptik

aus recyceltem Kunststoff angeboten. Selbst das Tor in traditioneller japanischer Architektur an der

Universität Tokyo enthält kein Stück Holz, sondern ist aus Stahl, Beton und Kunststoff gefertigt.

Innerhalb der Nutzungsdauer von ca. 30 Jahren muss das Haus möglichst pflegeleicht und wartungs-

arm sein. Der japanische Drang nach Sauberkeit spiegelt sich auch in der Gebäudeaußenhülle wieder.

Die vorgenannten Fassadenpaneele aus recyceltem Kunststoff erfüllen somit mehrere wichtige Krite-

rien:

• Sie werden aus recyceltem Material gefertigt und können somit unter der Vorsilbe „Öko“

vermarktet werden.

• Sie müssen über einen Zeitraum von ca. 30 Jahren wahrscheinlich nicht nachbehandelt werden

wie z. B. Holzfassaden und werden dann aber auch die voraussichtliche Nutzungsdauer abge-

schlossen haben.

• Sie können sehr leicht gereinigt werden.

Von 1973 bis 1998 ist die Zahl der Wohnungen in Japan von 25 auf 42 Millionen gestiegen. Einfamili-

enhäuser stellen dabei einen sehr großen Anteil an der Gesamtwohnfläche. Im folgenden Bild sind die

neu errichteten Gebäude getrennt nach Ein- und Mehrfamilienhäusern und der Geschosszahl sowie

den verschiedenen Konstruktionstypen dargestellt. Stahlbeton und andere Bauweisen haben bei Ein-

familienhäusern nur einen sehr geringen Anteil von etwa 5 %. Bei Mehrfamilienhäusern ist der Anteil

der Holzkonstruktionen bei zweigeschossigen Gebäuden ebenfalls noch bei etwa 60 %, bei höheren

Gebäuden kommt dann fast ausschließlich Stahlbeton zum Einsatz. Im Mittel haben Mehrfamilien-

bzw. Apartmenthäuser 4,7 Etagen.

Der Anteil an Stahlbetonkonstruktionen ist zudem abhängig von der Region in der gebaut wird. Im

waldreichen Norden sind Holzkonstruktionen besonders beliebt. Weiter Richtung Süden nimmt der

Anteil an Stahlbeton auch aufgrund der höheren Steifigkeit der Konstruktionen (sommerliche Taifune)

zu. In Okinawa erreicht Stahlbeton einen Anteil von fast 90 %; hier sind die Taifune besonders heftig.

Weiterhin ist der Anteil an Stahlbeton in den größeren Städten deutlich höher als auf dem Land –

ebenso wie hier der Anteil an Mehrfamilien- und Apartmenthäusern höher liegt. Ingesamt ist der Anteil

an Stahlbeton beim Wohnungsbau von 1973 bis 1998 von 12 % auf 32 % angestiegen.

Abb. 2.27

Neu errichtete Wohn-

gebäude in Japan nach

Nutzung, Geschosszahl

und Konstruktionstyp

44 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 45: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die durchschnittliche Wohnungsgröße lag 1998 bei etwa 90 m² gegenüber 80 m² fünfzehn Jahre

zuvor. Tendenziell sind die Wohnungen im Norden und an der Westküste (Japanisches Meer) größer

(in den Präfekturen Toyama, Fukui, Niigata, Ishikawa, Akita und Yamagata im Mittel etwa 130 m²) in

den großen Ballungsräumen dagegen kleiner (in Tokio, Osaka und Fukuoka etwa 70 m²) als im Durch-

schnitt. Am oberen Rand der Bandbreite liegt dabei die Präfektur Toyama mit 155,7 m² am unteren

Rand Tokyo mit im Mittel 61,9 m². Mit zunehmender Wohnungsgröße nimmt mit einer Korrelation

von 95 % auch die Zimmeranzahl zu. Der Zusammenhang mit einer zunehmenden Fläche pro Raum ist

dagegen nur bei 89 %. Einzelne größere Räume sind somit offensichtlich weniger gefragt als zusätz-

liche Zimmer. Auch hier sind die regionalen Unterschiede ziemlich groß. So hat bei der bereits oben

aufgeführten Präfektur Toyama eine Wohnung im Schnitt 6.8 Zimmer à 22,8 m² in Tokyo dagegen nur

3.5 Zimmer mit 17,8 m².

Der japanische Markt für Einfamilienhäuser in Holzbauart ist im Vergleich zu Deutschland groß. So

werden ca. 80 % aller Einfamilienhäuser in Japan in einer Holzbauart hergestellt. Dies entspricht etwa

630.000 Wohneinheiten. Bei den Mehrfamilienhäusern beträgt der Anteil an Holzhäusern nur etwa

13,8 % und entspricht ca. 115.000 Wohneinheiten. In Deutschland beträgt der Marktanteil der Einfa-

milienhäuser aus Holz am Gesamtwohnungsmarkt etwa 10 % und wird mit ca. 22.000 Wohneinheiten

beziffert. Hier wird das sehr große Potential deutlich.

Hölzerne Wohngebäude Japans können grob in fünf vom prinzipiellen Aufbau und vom Vorfertigungs-

grad sich unterscheidende Systemstrukturen gegliedert werden:

• Die traditionelle Post and Beam Konstruktion

• Die Nordamerikanische 2 x 4 Konstruktion

• Die vorgefertigten Großtafeln

• Die Raumzellensysteme

• Die Blockbauart

Dabei haben alle Systeme ihre Eigenheiten, die im Folgenden näher beschrieben werden.

Traditionelle Post and Beam Konstruktionen

Die Post and Beam Konstruktionen zeichnen sich dadurch aus, dass senkrechte und waagerechte

stabförmige Hölzer (Pfosten und Balken) an den Kreuzungspunkten miteinander verbunden werden

und die Tragstruktur bilden. In der traditionellen Fertigung wurden sehr aufwendige Knotenpunkte

über die Jahrhunderte entwickelt, die dem Gebäude eine ausreichende Steifigkeit gegen horizontale

Kräfte wie Wind und Erdbeben geben. Die Knotenpunkte werden somit biegesteif ausgeführt, haben

aber eine so große Elastizität, dass Erdbebenlasten in der Regel „abgefedert“ werden können. Da die

Fertigung geeigneter Knotenpunkte sehr aufwendig ist, ist die Art des Bauens in den 1980er Jahren in

Abb. 2.28

Neu errichtete Wohn-

gebäude in Japan nach

Präfektur und Konstruk-

tionstyp

45Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.5.2∙ Holzbau

Page 46: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

den Hintergrund gekommen. Mit der Entwicklung der CNC-Maschinen im Holzbau hat die Post and

Beam Methode wieder sehr an Popularität gewonnen, da die Knotenpunkte, sind sie erst einmal im

Computer entwickelt, von den CNC-Maschinen kostengünstig gefertigt werden können.

Große Fertighaushersteller haben sich darauf spezialisiert, Bausätze zu fertigen, die dann von den Zim-

mereien vor Ort montiert werden. Die Bausätze bestehen dann aus exakt gefertigten und durchnum-

merierten Hölzern mit hoher Maßgenauigkeit. Da für die sehr hohe Fertigungsgenauigkeit auch Hölzer

mit hoher Maßhaltigkeit verwendet werden müssen, ist der zunehmende Anteil an Brettschichtholz als

Importware zu erklären.

In der Vergangenheit hat man versucht, die sehr

aufwendigen Holz-Holz-Knotenpunkte durch

einfachere Konstruktionen zu modifizieren. Daher

sind zur Aussteifung gegen Horizontallasten oft

Diagonalstreben montiert worden, die sich aber

unter Erdbebenlasten als sehr unsicher erwie-

sen haben, da sich die Kräfte bei einem solchen

System an wenigen Punkten konzentrieren und

dort schnell zum Versagen führen. Dies hat einen

Kollaps des gesamten Tragsystems zur Folge.

Aufgrund vorgenannter Erfahrungen sind Ver-

binder aus Metall konstruiert worden, die keine

aufwendigen Holz-Holz-Verbindungen fordern,

sondern einfach zu montieren sind, aber unter

Erdbebenlasten eine Flexibilität des gesamten

Systems gewährleistet. Diese Variante der Post

and Beam Konstruktion wird häufig als „hybrid“

Konstruktion bezeichnet.

Nordamerikanische 2 x 4 Konstruktion

Die 2 x 4 Konstruktion ist dadurch gekennzeichnet, dass auf der Baustelle Rahmen aus Vollholz mit

kleinen Holzabmessungen (2“ x 4“) relativ eng (30 bis 62 cm) gefertigt und dann mit plattenförmigen

Werkstoffen wie Sperrholz, OSB, Spanplatten oder Gipsbauplatten beplankt werden. Der Rahmen

hat ohne Beplankung keine nennenswerte Steifigkeit gegenüber horizontalen Beanspruchungen wie

Erdbeben und Windlasten. Erst durch die Beplankung bildet sich eine Tafel mit einer sehr hohen Stei-

figkeit.

Die absolut meisten der importierten Häuser

werden in der 2 x 4 Konstruktion gebaut. Der

Vorfertigungsgrad beschränkt sich darauf, dass

stumpf auf Länge abgelängte Standartholzquer-

schnitte gefertigt werden. Die Beplankung wird

in der Regel als ganze Platte im Paket geliefert,

die an Fenstern, Türen und anderen Ausschnitten,

sowie an Gebäudeecken nach Bedarf auf der

Baustelle zugeschnitten wird.

Die Konstruktionen haben sich bei Erdbeben als

sehr sicher erwiesen und erfreuen sich aus die-

sem Grund, aber auch weil die Fertigung relativ

einfach und somit kostengünstig und schnell ist,

einer großen Beliebtheit.

Abb. 2.30

DIe 2 x 4-Bauweise

Abb 2.29

Die Post and Bean Bau-

weise

46 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 47: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Vorgefertigte Großtafeln

Die traditionelle Post and Beam und die 2 x 4 Konstruktion werden in der Regel in Einzelteilen auf

die Baustelle geliefert und dort montiert. Vorgefertigte Großtafeln besitzen einen in der Regel relativ

hohen Vorfertigungsgrad. Der Grad der Vorfertigung kann aber sehr stark schwanken und reicht von

einseitig beplankten Tafeln, die auf der Baustelle noch mit Dämmung, Fassade, Installationen usw.

versehen werden müssen bis hin zu fertigen Wänden, in denen bereits Elektro- und Wasserinstalla-

tionen montiert sind, die Fassade und die innere Beplankung mit z. B. Fliesen ebenso. Die tragende

Holzkonstruktion kann entsprechend der 2 x 4 Konstruktionen, die dann weitestgehend der deutschen

Holztafelbauart gleicht oder der hybrid Konstruktion ausgeführt werden. Die Tafeln sind in Japan mit

der Bezeichnung „Wooden Panel“ bekannt.

Raumzellensysteme

Mit Raumzellensystemen kann der weiteste Vorfertigungsgrad erzielt werden. In der Regel werden in

Japan die Raumzellen aus Stahlrahmen gefertigt, die dann mit „Steel Modular“ bezeichnet werden.

Raumzellen aus Holz werden mit „Timber Frame Modular“ bezeichnet. Die Raumzellensysteme werden

wegen der sperrigen Transportabmessungen in der Regel nur in großen Neubaugebieten angewen-

det, wo ausreichend Platz für den Transport zur Verfügung steht. Die Raumzellensysteme stellen eine

hochentwickelte Bauart dar, sind aber vom prozentualen Anteil her eher als vernachlässigbar zusehen.

Nahezu alle Raumzellensystem werden in Japan selber gefertigt und in der Regel nicht importiert.

Blockbauart

Die Blockbauart stellt ebenso wie die Raumzellensysteme eine Minderheit unter den hölzernen Kon-

struktionen dar. Im Gegensatz zu den Raumzellen werden aber nahezu alle Blockhäuser importiert.

Hauptlieferant ist Finnland. Bei der Blockbauart werden massive Holzquerschnitte waagerecht lie-

gend übereinander gestapelt und in den Ecken

miteinander verkämmt, so dass sich ein stabiles

Gefüge ergibt. Blockhäuser sind in Japan sehr be-

liebt, da sie eine Nähe zur Natur vermitteln und in

der Regel ein angenehmes Raumklima aufweisen.

Sie entsprechen aber nicht so sehr der Forderung,

pflegeleicht zu sein und werden wahrscheinlich

immer ein Nischenprodukt sein.

Die Zulassung neuer Baustoffe und Bauarten

Zulassungen und Zertifizierungen erfolgen durch

das Ministerium für Bautechnik, gutachterliche Stellungnahmen durch das Building Center of Japan.

1. Zustimmung und Zertifizierungen durch das Ministerium für Bautechnik

Neue Baustoffe und Bauarten sind häufig nicht im Anwendungsbereich des aktuellen BSL oder sie

passen nicht zu den Anforderung, die bereits im BSL vereinbart sind. Um flexibel dem Fortschritt im

Hochbau gerecht zu werden, ist in Artikel 38 des BSL vereinbart, dass neue Baustoffe und -arten

verwendet werden können. Voraussetzung ist aber, dass das Ministerium für Bautechnik den Baustoff

oder die Bauart zugelassen hat. Die neuen Baustoffe und -arten müssen dabei besser oder gleichwertig

mit den Anforderungen, die im BSL festgeschrieben sind, sein.

Betreffend Feuerschutz und Schalldämmung dürfen neue Baustoffe nicht verwendet werden, solange

sie nicht vom Minsiterium für Bautechnik als „feuerhemmende Baustoffe“ oder „Baustoffe für den

Abb 2.31

Die Blockbauart

47Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 48: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Schallschutz“ anerkannt worden sind. Ihre geforderten Leistungseigenschaften werden durch die BSL-

Durchführungsbestimmungen festgelegt und ihre Testmethoden durch die Mitteilungen des Ministe-

riums. Bei der Beantragung von Zulassungen und Zertifizierungen beim Ministerium für Bautechnik

für neue Baustoffe und –arten, genauso wie für „feuerhemmende Baustoffe“ und „Baustoffe für den

Schallschutz“, müssen Antragsteller als Grundlage für die Bewertung die gutachterliche Stellungnahme

des Sachverständigenausschusses des Building Center of Japan (siehe 2.) überreichen.

2. Die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigenausschusses vom Building Center of Japan

hat die Aufgabe, die Verwendbarkeit im Bau zu beurteilen. Sie erfordert ganz und ausschließlich die

Übereinstimmung des Sachverständigenausschusses, dessen Mitglieder sich auf den jeweiligen Fach-

gebieten des Bauwesens spezialisiertes Fachwissen angeeignet haben. Der Sachverständigenausschuss

setzt sich aus Professoren, Mitarbeitern von Forschungseinrichtungen und Beamten des Bauministeri-

ums zusammen. Normalerweise trifft sich der Sachverständigenausschuss einmal im Monat. Der Sach-

verständigenausschuss diskutiert die Leistungsanforderungen für jede Anwendung. Alle Schriftstücke

sind in japanischer Schrift zu verfassen und vom Antragsteller einzureichen. wann immer es notwendig

erscheint, kann der Ausschuss verlangen, dass weitere ausführliche Erklärungen (z.B. Prüfberichte) zur

Verfügung gestellt werden. Nachdem die Ausschussmitglieder eine Vorprüfung der Anwendungen

durchgeführt hat, bildet der Vorsitzende Unterausschüsse, die eine ausführliche Begutachtung der re-

levanten Leistungsmerkmale durchführt. Nachdem der Ausschuss der Stellungnahme zugestimmt hat,

erfolgt die Übersendung der gutachterlichen Stellungnahme an den Antragsteller.

Gewerbliche Baustruktur im Holzbau

Der japanische Wohnbaumarkt ist geprägt von wenigen großen Fertighausherstellern, die System-

häuser anbieten, einigen hundert „precut factories“ und von einer Vielzahl kleiner Zimmereibetriebe.

Die handwerklich arbeitenden Zimmereien können mit den in den letzten Jahren entwickelten Me-

tallverbindern auch wieder die traditionelle Post and Beam Konstruktionen aus eigener Fertigung

marktgerecht anbieten, haben sich in der Regel aber darauf konzentriert, die vorgefertigten Bausätze

der „precut factories“ auf der Baustelle zu montieren und die zusätzlichen Arbeiten durchzuführen.

Zimmereien, die vorgefertigte Tafeln herstellen sind, anders als in Deutschland, in Japan sehr selten.

Die Rationalisierung in der konventionellen Post and Beam Fertigung hatte zur Folge, dass die Zahl der

Zimmerer seit ca. 1980 dramatisch weniger wurde. So gab es 1980 noch ca. 930.000 Zimmerleute,

1990 hingegen nur noch ca. 710.000, was einen jährlichen Rückgang von ca. 20.000 darstellt. Dieser

Rückgang hatte zur Folge, dass der Zimmererberuf für junge Leute sehr unattraktiv wurde, nur noch

sehr wenige eine Zimmererausbildung durchführten und der Altersdurchschnitt der Zimmerer in den

zehn Jahren bis 1990 stark anstieg.

Bis ca. 1960 wurden die absolut meisten Wohnhäuser von Zimmereien oder anderen kleinen Bauun-

ternehmen in der konventionellen Post and Beam Konstruktion gefertigt. Die recht stabile Situation

auf dem Markt änderte sich in den 1960er Jahren, als man damit begann, den Vorfertigungsgrad zu

erhöhen. Viele der ersten Fertighausunternehmen sind aus anderen Industriezweigen wie z. B. der che-

mischen Industrie, der Stahlindustrie oder der Elektronikbranche entstanden und es wurden anfangs

hauptsächlich Stahlkonstruktionen wie Stahlrahmen oder Raumzellen aus Stahl gefertigt. Neben diesen

wurden einige Holzkonstruktionen wie Holztafeln oder Raumzellen aus Holz angeboten. Der Wirt-

schaftsaufschwung in den 1960er Jahren hatte eine schnell steigende Nachfrage nach Wohnhäusern

zur Folge, so dass sich ein sehr großer Markt nach Fertighäusern entwickelte. Da viele Personen aus

ihrer gewohnten Umgebung heraus in den Ballungszentren zogen, war die persönliche Bindung zum

traditionellen Zimmereibetrieb gebrochen, so dass sich eine mächtige Fertighausindustrie entwickeln

konnte. Die meisten der Fertighausunternehmen fertigen weit je mehr als 10.000 Hauseinheiten pro

48 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 49: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Jahr. Im Vergleich dazu sei erwähnt, dass in Deutschland etwa 20.000 bis 25.000 Holzfertighäuser

insgesamt jährlich gefertigt werden. Die meiste Forschung und Entwicklung in der Fertighausindustrie

wird in die Entwicklung von „Handelsprodukten“ investiert.

Diese „Handelsprodukte“ sind standardisierte Haustypen, die für einzelne Zielgruppen entsprechend

des Kundeneinkommens, des Familienstandes, der Generation usw. entwickelt werden und von denen

jeder Fertighaushersteller eine Vielzahl gleichzeitig im Programm hat und sich immer einige in der Ent-

wicklung befinden. Die Standardisierung bezieht sich dabei aber nicht auf Prototypen die immer gleich

sind und bei denen der Grundriss und das Design nicht variiert werden kann. Die Standardisierung der

einzelnen Haustypen bezieht sich hingegen auf einen „Typ“, der vom Produktionssystem, einem festen

Preis pro m² Wohnfläche, einem Ausstattungsniveau und grundsätzlichen Planungsgesetzen festge-

setzt ist. In den Verkaufsbüros werden die Häuser entsprechend der Wünsche jedes Kunden geplant

und später gebaut. Nähere Erläuterungen finden sich auch im Anhang.

Wie bereits erwähnt wird in Japan bisher relativ wenig und auch häufig auf der Innenseite gedämmt.

Die klimatischen Verhältnisse sind jedoch auf das gesamte Jahr gesehen derart, dass lediglich unter

den subtropischen Verhältnissen auf Okinawa eine Innendämmung bauphysikalisch sinnvoll ist. In den

übrigen Regionen Japans ist im Winter eine Beheizung des Innenraums erforderlich. Bei einer Tempe-

ratur im Innenraum von etwa 20 °C liegen die dabei auftretenden Temperaturdifferenzen zwischen

außen und innen je nach Region zwischen etwas über 10 °C auf Kyushu und deutlich über 20 °C auf

Hokkaido. Die Zeit in der im Sommer gekühlt wird ist sowohl kürzer als auch die auftretenden Tempe-

raturdifferenzen geringer. Somit ergibt sich auch für Japan ein größeres Risiko von Tauwasser während

der Heizperiode im Winter als während des Sommers infolge von Sommerkondensation.

Diese Tatsache ist in Japan auch soweit bekannt, als bei Leichtkonstruktionen die Dampfbremse eben-

falls immer auf der Innenseite und nicht auf der Außenseite der Dämmung angeordnet wird. Somit

ist für diese klimatischen Bedingungen aber auch eine Außendämmung günstiger als eine Innendäm-

mung, da die Dämmung soweit möglich nicht auf der Seite des höheren Wasserdampfpartialdrucks

liegen sollte. Die Anordnung auf der meist glatten Außenseite des Gebäudes ermöglicht eine leichte

Vermeidung von Wärmebrücken, die bei Deckenanschlüssen und einbindenden Innenwänden bei der

Innendämmung nur relativ aufwändig verringert werden können. Die Außendämmung hat darüber

hinaus den Vorteil, dass sie die Unterkonstruktion durch die kapillarbrechende Wirkung der Dämm-

schicht sehr gut vor Schlagregen schützt; dies wäre insbesondere in den Regionen mit starker Schlag-

regenbelastung infolge von Regenzeit und Taifunen eine günstiger Nebeneffekt.

Die bereits erwähnte Tendenz weg von der lokalen Beheizung des Aufenthaltsorts hin zu einer gleich-

mäßigeren Temperierung des gesamten Raumes oder Gebäudes spricht ebenfalls für die Außendäm-

mung, da dem Innenraum mehr thermische und sorptive Masse zur Verfügung steht um die Verläufe

von Temperatur und relativer Feuchte im Innenraum zu puffern und kurzfristige Spitzen ohne energe-

tischen Aufwand zu vermeiden. Insgesamt ist also die Verbesserung der thermischen Isolierung durch

stärkere Dämmstoffdicken bei gleichzeitiger hygrothermischer Optimierung und Feuchteprobleme

auszuschließen, ein mit Sicherheit interessanter und auch bereits jetzt nach ersten Kontakten mit Bau-

firmen vor Ort nachgefragter Aufgabenbereich. Die Brandeigenschaften und das Emissionsverhalten

von deutschen Baumaterialien sind im jeweiligen Einzelfall zu untersuchen, da die Anforderungen in

diesem Bereich in Japan besonders hoch sind.

49Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.5.3∙ Gebäudehülle

Page 50: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Trotz der hohen Grundstückspreise sind nur 2 % der Häuser unterkellert und sehr wenige verfügen

über ein ausgebautes Dach. Die Nutzung dieser Räume ist zwecks einer besseren Nutzung des teuren

Baugrunds mit Wohnraum aber durchaus interessant. Die Probleme beim Dachausbau und der Bewoh-

nung von Kellern schrecken jedoch bisher die meisten Bauherrn und Baufirmen ab. Da in Deutschland

beim auch thermisch hochwertigen Ausbau von Dächern bereits jahrzehntelange Erfahrung besteht,

die auch zu sehr ausgereiften System und Produkten geführt hat, sollte man versuchen mit diesen Er-

fahrungen auch auf dem japanischen Markt neue Lösungen anzubieten. Bei der Benutzung des Kellers

hat man in Japan ein besonderes Problem, da die Sommer sehr viel wärmer und vor allem feuchter sind

als in Deutschland. Da normale Fensterlüftung in Japan sehr beliebt ist, führt dies schon bei normalen

Räumen, die im Sommer etwas kühler sind als die Außenluft sehr schnell zu extrem hohen Raumluft-

feuchten, da die relative Feuchte der Luft bei Abkühlung noch weiter ansteigt. Dies führt zu extremen

Problemen mit Schimmel in Gebäuden, besonders im Bereich von Fußböden und kühleren Innenwän-

den. In Kellerräumen würden sich aufgrund der noch niedrigeren Temperaturen derartige Probleme in

noch größerem Maße einstellen. Die Nutzung von Kellern ist somit sehr eng verbunden mit der Lösung

der Feuchteprobleme in Gebäuden während der feucht heißen Sommermonate. Hier gibt es noch

einigen Untersuchungsbedarf.

In Japan werden aufgrund der sommerlichen Taifune wenig außen liegende Sonnenschutzmaßnahmen

eingesetzt. Um eine zu starke Erwärmung des Innenraums zu vermeiden ist ein außen liegender Son-

nenschutz allerdings besonders günstig. Da in Deutschland diese Systeme eher die Regel als die Aus-

nahme sind, könnte man auf bereits weit entwickelte System zurückgreifen und diese möglicherweise

durch leichte Modifikationen an die stärkeren Belastungen durch Taifune anpassen und so für einen

Einsatz in Japan tauglich machen. Bedarf und Interesse hierfür scheint offensichtlich vorhanden zu sein.

Japanische Häuser sind üblicherweise mit Schiebefenstern ausgestattet. Die Qualität dieser Fenster

bezüglich Dichtheit bei Schlagregen, Dauerhaftigkeit und Einbruchschutz scheint nicht besonders hoch

zu sein. Jedenfalls gab es bei Kontakten nach Japan auch immer wieder Anfragen nach deutschen Fen-

stern, die in Japan ebenfalls einen sehr guten Ruf haben. Einbruchsicherheit war bisher in Japan weder

besonders aktuell noch nachgefragt. Nicht zuletzt aufgrund der wirtschaftlichen Krise der letzen Jahre

hat aber auch die Kriminalität in diesem Bereich zugenommen. Auch hier sollte es einfach sein, auf den

bestehenden Technologien aufzubauen ggf. für die Bedingungen unter Taifunen einzelne Details noch

etwas zu verbessern und so einen relativ einfachen Einstieg in den japanischen Markt zu ermöglichen.

50 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.5.4∙ Ausbauformen

2.5.5∙ Außen liegender Sonnenschutz

2.5.6∙ Fenster

Page 51: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Es ist notwendig, bestimmte Verfahren in Übereinstimmung mit dem BSL durchzuführen, wenn man

ein Gebäude in Japan erstellen will. Wenn z. B. ein Erbauer beabsichtigt, ein Gebäude zu konstruieren,

das größer als eine im BSL spezifizierte Größe ist, muss der Erbauer die notwendigen Dokumente bei

der Baubehörde im Voraus einreichen, die den Bereich betreut, in dem das Gebäude gebaut werden

soll. Die Beamten der Baubehörde überprüfen dann die Dokumente, um festzustellen, ob der Gebäu-

deplan und die Konstruktion mit den Bestimmungen des BSL und den jeweiligen lokalen Vorschriften

konform sind. Dieses Verfahren wird Building Confirmation genannt. Abbildung 2.32 zeigt einen

Ablaufplan des Genehmigungsverfahrens im Hochbau.

Abb. 2.32

Genehmigungsverfahren

im Hochbau

51Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.5.7∙ Genehmigungsverfahren für den Hochbau

Page 52: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Das Bauvorschriftgesetz und das Gesetz Kenchikushi vereinbaren, dass in Japan bei Gebäuden be-

stimmter Größe und Struktur die Planung und Ausführung von Kenchikushi d.h. genehmigten Archi-

tekten oder Bauingenieuren, geleitet und überwacht werden muss. Tabelle 2.2 gibt einen Überblick

darüber, für welchen Gebäudetyp entsprechende Qualifikationen erforderlich sind.

Tab. 2.2

Qualifikationen von Gebäudetypen (Quelle: Japan Housing Information Dial)

52 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.5.8∙ Überwachungspflichtige Gebäudetypen während des Baus

Page 53: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Der japanische Renovierungsmarkt ist groß und wird auf einige Trillionen Yen geschätzt. Verglichen mit

den USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien ist der Anteil des Renovierungsmarktes an den

Gesamtinvestitionen im Hausbau relativ gering. Es wird sich aber auch hier ein sehr starker Wandel hin

zu hochwertigen Qualitätsprodukten vollziehen. Der japanische Markt hat einige interessante Punkte

denjenigen zubieten, die hochwertige Produkte für den Renovierungsmarkt anbieten können.

Der Anteil an Investitionen im Wohnungsbau beträgt in Industrieländern etwa 4 % des Bruttoinland-

produktes. Der Renovierungsmarkt macht dabei mehr als 40 % der Gebäudeinvestitionen in den USA

und Europa aus. In Japan hingegen wird der Anteil des Renovierungsmarktes an den Gesamtwoh-

nungsbauinvestitionen auf nur etwa 10 % geschätzt. Dies wird damit erklärt, dass die Gebäude nur

eine Nutzungsdauer von etwa 25 Jahren aufweisen und danach abgerissen und neu gebaut werden.

Die enorme Menge an Bauschutt bereitet aber mehr und mehr Probleme, so dass mit einem Wandel in

der Bauwirtschaft zu rechnen ist. Es werden wahrscheinlich mehr hochwertige Häuser und Materialien

verbaut, so dass sich eine Renovierung eher „lohnen“ wird. Weiterhin sind in der Statistik Renovie-

rungsmaßnahmen und Erneuerungen unter 10 m² nicht erfasst worden, so dass der tatsächliche Anteil

wesentlich größer sein wird.

Unter Federführung des Economic Affairs Bureau, Research and Information Division of the Ministry of

Construction (Ministry of Land, Infrastructure, and Transport) wurde ein Statusbericht mit Ausblick auf

das Jahr 2010 mit dem Titel „New Construction Market Outlook to 2010 – Forecasts for Home Impro-

vement and Renovation” erstellt. Dieser Bericht präsentiert eine Prognose hinsichtlich der Verbesse-

rungen im japanischen Wohnungsbau und im Renovierungsmarkt und ist unterteilt in den Wohnungs-

bau und den Nicht-Wohnungsbau. Im Hausbaumarkt 1995 war der Neubausektor der größte, gefolgt

vom Renovierungs- und Wartungsmarkt. In 2010 werden diese Bereiche ihre Stellung nicht wesentlich

verändern. Der Neubausektor wird gemäß dieses Berichte mit einer jährlichen Steigerungsrate von

1,9 % wachsen. Der Renovierungs- und Wartungsmarkt wird mit einer jährlichen Steigerungsrate von

ca. 1,2 % bis 1,5 % steigen. Der gesamte Wohnungsbaumarkt wird somit mit einer Steigerungsrate

von jährlich etwa 1,6 % wachsen, so dass er 2010 einen Wert von ca. 9,3 Trillionen Yen aufweisen

wird.

53Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.5.9∙ Der japanische Renovierungsmarkt

Page 54: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Um erdbebensicher zu konstruieren, ist zunächst ein bestimmtes Grundwissen und Verständnis von

Zusammenhängen erforderlich, was in diesem Kapitel in aller Kürze gegeben werden soll. Der inte-

ressierte Leser findet sehr detaillierte Informationen in beispielsweise „Meskouris, Hinzen 2003“ oder

„Kramer 1996“. Darüber hinaus erfolgt hier eine Fokussierung auf die Besonderheit des japanischen

Raumes und auf Holzbauten.

Beanspruchungen durch Erdbeben

Hauptursache von Erdbeben sind Bewegungen der tektonischen Platten der Erdkruste, was insbesond-

re an den Plattenränder zu Spannungen und schließlich Brüchen führt. Solche spontanen Versetzungen

von Gesteinsmassen entlang von Bruchlinien und der damit verbundene Spannungsabbau haben ein

Freiwerden von Energie zur Folge. Ein Teil davon, die sog. seismische Energie breitet sich in Form von

Wellen konzentrisch über die gesamte Erde aus. Mit zunehmender Entfernung werden die Wellen

abgedämpft. Im Gebiet Japans treffen mehrere tektonische Platten aufeinander, wodurch die Erdbe-

bengefahr sehr groß wird. Abbildung 2.33 zeigt eine seismische Gefährdungskarte Japans.

Abb. 2.34

Maximale Bodenbeschleunigung in [m/s²] für

10 % Überschreitenswahrscheinlichkeit in 50 Jahren

Abb. 2.33

Spitzengeschwindigkeit

[cm/s] an der Erdober-

fläche für eine Überschrei-

tenswahrscheinlichkeit

von 10 % in 50 Jahren

54 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.6∙ Erdbebensicherheit und Brandschutz, Wind und Schnee

2.6.1∙ Erdbebensicherheit

Anmerkung:

Dieses Kapitel kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, ist und ersetzt keine Gesetze,

Zulassungen, Genehmigungen oder Ähnliches. Es dient vielmehr zur Fokussierung der Aufmerk-

samkeit auf einige wichtige Punkte. Für die Konstruktion und Errichtung von Bauwerken sind die

geltenden Gesetze und Vorschriften in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen! Vor dem Anwenden

vorstehender Empfehlungen ist zu prüfen, ob jene vollständig im Einklang mit aktuellen geltenden

Gesetzen stehen!

Page 55: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Hinsichtlich seismischer Beanspruchung ist der dynamische Charakter dieser Belastungsart zu unter-

streichen. Anders als bei allgemein bekannten Konstruktionsgrundsätzen für statische Belastungen,

unterscheiden sich die konstruktiven Regeln. Dies gilt insbesondere für Starkbebengebiete wie Japan.

Später wird ausführlich auf solche Regeln und Zusammenhänge eingegangen. Die Erdbebenlasten,

welche auf ein Tragwerk wirken, hängen nicht nur vom Erdebeben selbst, sondern auch von der Trag-

werksantwort – somit vom Bauwerk selbst – ab. Wichtige Eigenschaften sind diesbezüglich die Masse,

die Dämpfung und die Duktilität eines Tragwerks. Je kleiner die Masse, umso geringer die Erdbeben-

last. Hohe Dämpfung und große Duktilität bewirken geringere seismische Belastung des Bauwerks.

Normative Regelung der Lasten in Japan und Europa

Neben dem Building Standard Law of Japan (BSL 2002) ist die Japanische Norm Structural provisions

for building structures des Building Center of Japan (BCJ 1997) grundlegend für die Tragwerksbe-

messung. Wie der Eurocode 8 für die Erdbebenbemessung in Europa basiert auch die Bemessung nach

den japanischen Normen auf zwei Stufen der Erdbebeneinwirkung, nämlich für die Schadensbegren-

zungsbedingung (Level 1) und für die Standsicherheitsbedingung – Grenzzustand der Tragfähigkeit –

(Level 2).

Bezüglich Level 2 (Referenz-Erdbebeneinwirkung) schlagen sowohl europäische als auch japanische

Normung eine Referenz-Überschreitungswahrscheinlichkeit PNCR von 10 % in 50 Jahren vor, was einer

Referenz-Wiederkehrperiode TNCR von 475 Jahren entspricht. Für Level 1 empfiehlt der Eurocode

eine Überschreitungswahrscheinlichkeit PR von 10 % in 10 Jahren. Das bedeutet eine mittlere Wieder-

kehrperiode TR von 95 Jahren. In Japan werden hierfür allerdings 50 % Überschreitungswahrscheinlich-

keit in 30 Jahren, d.h. eine mittlere Wiederkehrperiode TR von 43 Jahren, angesetzt.

In beiden Normen wird die seismische Bodenbewegung mithilfe von elastischen Pseudo-Bodenbe-

schleunigungs-Antwortspektren darstellt, nachfolgend als elastische Antwortspektren bezeichnet.

Jenes Diagramm stellt die Erdbebenlast in Abhängigkeit der Eigenperiode des Bauwerks T (horizontalen

Achse) dar, wie Abbildung 2.35 zeigt.

Die elastischen Antwortspektren hängen stark

von den Baugrundklassen (dem anstehende

Boden) ab. Harte Böden (nach EC 8 Typ A; nach

BCJ Typ I) führen im Allgemeinen zu geringen

Erdbebenlasten, während bei weichen Böden

meist höhere Lasten auftreten. Die Klassifizierung

ist in den Normen unterschiedlich, wie Abbildung

2.36 zeigt.

Abb. 2.35

Elastische Antwortspek-

tren für die verscheiden

Baugrundklassen (links:

Level 1; rechts: Level 2)

Abb. 2.36

Vergleich der Baugrund-

klassen nach europäischer

und japanischer Normung

55Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 56: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die Erdbebenlast wird im EC 8 auf der vertikalen Achse des Spektraldiagramms mithilfe des elastischen

horizontalen Bodenbeschleunigungs-Antwortspektrums Se ausgedrückt, welches den Bemessungs-

wert der Bodenbeschleunigung ag zugrunde legt und weiterhin den Bodenparameter S, sowie den

Dämpfungskorrekturbeiwert η berücksichtigt. Dies geschieht für die „Eckpunkte der Kurve“ an den

markanten Eigenperioden TB, TC, TD, welche wiederum von den Baugrundklassen abhängen (siehe EC 8

Tab. 3.2 und Tab. 3.3), mit nachstehenden Gleichungen.

Der Bemessungswert der Bodenbeschleunigung ag ergibt sich aus dem Produkt von Referenz-Spitzen-

wert der Bodenbeschleunigung agR und dem Bedeutungsbeiwert γI. Der Referenz-Spitzenwert der Bo-

denbeschleunigung (für die Baugrundklasse A) agR kann mithilfe von Erdbebenkarten für die jeweiligen

Länder und Erdbebenzonen, die in seinem nationalen Anhang zu finden sind, festgelegt werden. Der

Bedeutungsbeiwert γI wird im EC 8 mit 0,8; 1,0; 1,2 und 1,4 in Abhängigkeit der Bedeutungsklasse I

bis IV des Bauwerks empfohlen, welche in Tab. 4-3 des EC 8 definiert werden. Die Japanische Norm

sieht keinen Bedeutungsbeiwert vor.

Nach BCJ wird auf der vertikalen Achse des Spektraldiagramms das elastische Antwortspektrum mit

Rt bezeichnet, unter Bezugnahme auf die maximale Bodenbeschleunigung (PGA) von 0,4g (3,92m/s²),

welche für fast ganz Japan festgelegt wird. Für Deutschland beträgt der maximale Wert (Erdbebenzone

3) 0,082g (0,8m/s²) gemäß [DIN 4149]. Der Spektralwert Rt ist als Teil der Erdschwerebeschleunigung g

gegeben. Der Kurvenverlauf ergibt sich aus folgenden Gleichungen, welche von der Periode TJ abhän-

gen, die bei der Baugrundklasse I 0,4 s beträgt, bei Klasse II 0,6 s und bei Klasse III 0,8 s.

Für den Vergleich der Antwortspektren beider Normen, wie oben abgebildet, liegen folgende Ein-

gangsparameter zugrunde: Bedeutungsbeiwert γI = 1,0; Referenz-Spitzenwerte der Bodenbeschleuni-

gung agR = 0,4g (gleich dem des BCJ); Dämpfungskorrekturbeiwert η = 1 (d.h. 5% viskose Dämpfung).

Das rechte Spektraldiagramm bezieht sich auf Nachweis der Standsicherheit (Level 2), das linke

Diagramm auf die Schadensbegrenzungsbedingung (Level 1). Letzteres ergibt sich aus Multiplikation

der Ordinate des elastischen Antwortspektrums mit einem Abminderungsbeiwert ν von 0,5 (normale

Gebäude) für den EC 8, bzw. mit dem Standard-Schubkoeffizienten 1C0 von 0,2 gemäß BCJ. Nach EC

8 kann der Abminderungsbeiwert ν auch 0,4 für strategisch wichtige Bauwerke genutzt werden, bzw.

für Gebäude mit größeren Menschenansammlungen.

Für Starkbeben (rechtes Diagramm) ergeben sich nur geringe Unterschiede der Spektren von europä-

ischer und japanischer Normung. Im Fall der mittleren Beben (linkes Diagramm), die für die Bemessung

der Schadensbegrenzungsbedingung mithilfe linear elastischer Ansätze durchgeführt wird, zeigen sich

Abweichung um den Faktor 2 bis 3. Diese signifikanten Unterschiede sind schlussendlich der Grund für

die großen Abweichungen hinsichtlich der Festigkeiten und Steifigkeiten beider Normen.

56 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 57: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Um aus den Antwortspektren Kräfte zu erhalten, wird im Eurocode folgender Weg beschritten. Für

Tragwerke, welche die Anforderungen der Regelmäßigkeit im Aufriss erfüllen, deren Eigenschwingdau-

er T1 kleiner gleich TC und 2 Sekunden ist, kann das Vereinfache Antwortspektrenverfahren angewen-

det werden. Hierbei wird die dynamische Antwort mit einer statischen Berechnung abgeschätzt, bei

der Kräfte über die Höhe des Gebäudes aufgebracht werden. Die Gesamterdbebenkraft Fb in horizon-

taler Richtung wird nach folgender Formel berechnet.

Wobei Sd die Ordinate des Bemessungsspektrums bei der Periode T1 ist, m die Gesamtmasse des

Bauwerks oberhalb der Gründung, und λ der Korrekturbeiwert. Letzter berücksichtigt den Effekt, dass

bei mehrgeschossigen Häusern die effektive Modale Masse der Eigenschwingung kleiner ist als die

Gesamtmasse. Bei Gebäuden mit mehr als 2 Stockwerken, T1 < 2TC darf λ = 0,85 angesetzt werden,

andernfalls λ = 1,0. Der Wert des Bemessungsspektrums Sd ergibt sich unter Einbeziehung des Verhal-

tensbeiwertes q, welcher die verschiedenen Duktilitäten ausdrückt.

Die aufzubringenden horizontalen Erdbebenkräfte an den Stockwerken sind wie folgt zu berechnen:

Fi ist die am Stockwerk i angreifende Horizontalkraft, und zi bzw. zj die Höhe der Stockwerksmassen

mi und mj über der Ebene, in der die Erdbebeneinwirkung angreift (Fundamentebene oder Oberkante

eines starren Kellergeschosses).

Auch nach der japanischen Normung sind Gebäude für Starkbeben (Level 2) so auszulegen, dass die

horizontale Grenztragfestigkeit der Stockwerke unter Einbeziehung plastischer Tragreserven größer

ist als die Erdbebenbemessungslast auf das Stockwerk. Für gewöhnliche Bauwerke wird gemäß dem

Artikel 82-4 (BSL 2002) verlangt, dass die erforderliche horizontale Tragfähigkeit jedes Geschoßes Qum

mit nachstehender Gleichung berechnet werden muss.

Hierin charakterisiert der Faktor Ds die Tragwerkseigenschaften jedes Stockwerks, wie Dämpfung und

Duktilität. Er entspricht dem Umkehrwert des Verhaltensbeiwerts q des EC 8. Fes repräsentiert Eigen-

schaften jedes Stockwerks bezüglich Steifigkeits- und Exzentrizitätsverhältnis. Die an jedes Geschoss

angreifende horizontale Erdbebenlast wird mit Qud bezeichnet. Sie ergibt sich für Beben des Level 2

mithilfe der Gleichung

aus dem Gewicht für die seismische Bemessung ωj des j-ten Stockwerks, sowie dem seismischen

Stockwerks-Schubkoeffizient für Level 2 (seismic story shear coefficient) 2Ci, welcher wie nachstehend

berechnet wird.

57Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 58: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Der Erdbebenzonenfaktor Z beträgt für Zonen mit hoher Erdbebengefahr 1,0. Rt ist der Ordinatenwert

des elastischen Antwortspektrums – wie bereits oben erklärt – bei der zugehörigen Bauwerkseigen-

schwingperiode T1, und Ai ist der Höhenverteilungsfaktor. Der Wert für den Standard-Schubkoeffizient

2C0 für dieses Lastlevel soll 1,0 oder größer betragen.

Für mittlere Erdbeben (Level 1) schreibt auch die japanische Normung vor, dass die auftretenden Span-

nungen nicht größer sein dürfen als die zulässigen Spannungen. Hierfür gelten nachstehende Berech-

nungsansätze.

Der seismische Stockwerks-Schubkoeffizient für Level 1 1Ci wird analog wie folgt bestimmt.

Der Wert für den Standard-Schubkoeffizient 1C0 wird in Artikel 88 zu 0,2 (ein fünftel von 2C0) oder

größer festgelegt. Für Holzbauwerke in Gebieten mit besonders weichem Boden wird 0,3 oder größer

empfohlen. Mit Ausnahme der Holzbauten, welche die Kriterien von Artikel 46 Absatz 2 Punkt 1 erfül-

len.

Erdbebenwiderstand

Da in Japan Bauwerke gegen hohe seismische Beanspruchungen auszulegen sind, werden an dieser

Stelle wichtige Grundsätze zusammengefasst und ggf. kurz beschrieben. Zunächst wird auf allgemeine

konstruktive Regeln eingegangen, wie sie sich zum Beispiel in DIN 4149, Eurocode 8, SIA 160, SIA 260,

SIA 261 oder in der Richtlinie des BWG (Bachmann 2002) finden. Danach werden einige Besonder-

heiten für Japan aufgeführt, welche aus dem Building Standard Law of Japan (BSL 2002) hervorgehen.

Allgemeine konstruktive Grundsätze und Erläuterung für den erdbebengerechten Entwurf

von Häusern

1. Wahl einer Gründungskonstruktion, die eine einheitliche Verschiebung der Gründungsteile bei

Erdbeben sicherstellt

2. Einfachheit des Systems mit eindeutigen und direkten Übertragungswegen der Erdbebenkräfte

3. Keine weichen Erdgeschosse anordnen

Ein häufiger jedoch fundamentaler Konstruktionsfehler ist die Anordnung vieler Stützen im Erdgeschos-

sen, während in den darüberliegenden Geschossen wesentlich mehr Aussteifungselemente – wie z.B.

Wände – vorhanden sind. Das führt zu einem weichen Erdgeschoß bezüglich der steiferen Oberge-

schosse. Ein gefährlicher kinematischer Stockwerksmechanismus resultiert aus plastischen Gelenken,

welche sich am unteren und oberen Ende der Stützen bilden. Darüber hinaus kann es ggf. auch zum

kompletten Versagen der empfindlichen Stützen kommen. Wobei eine solche kinematisch verschieb-

liche Kette allein schon völlig ausreichend ist, um einen Einsturz zu verursachen. Ein solches System

gleicht einem Betonklotz, der auf Spagettistangen steht. Der Klotz erfährt während eines Erdbebens

kaum Deformationen, verschiebt sich aber beträchtlich, bedingt durch die großen horizontalen Verfor-

mungen in den Spagettistangen (s. Abb. 2.37).

58 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 59: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

4. Keine weichen Zwischengeschosse anordnen

Auf gleiche Art und Weise verhalten sich Häuser, die ein weiches Zwischengeschoß aufweisen (s. Abb.

2.38). Dort bilden sich die plastischen Gelenke im Erdbebenfall auch wieder an den Enden der Stützen

des weichen Zwischengeschoßes. Die darüber- und darunterliegenden steifen Geschosse mit vielen

Wänden, verformen sich kaum, umso mehr aber das Zwischengeschoß. Einstürze solcher Systeme sind

vorprogrammiert. Die horizontale Steifigkeit sollte also über alle Geschosse möglichst gleich verlaufen.

5. Durchgehende starke Stützen und weiche gelenkig anschließende Decken bzw. horizontale Balken

Da eine Erdbebenbelastung von mehrgeschossigen Häusern hauptsächlich in horizontaler Richtung

signifikant ist, muss man sich die Stützen als Kramarm – eingespannt im Boden – vorstellen. Es ist

leicht einsichtig, dass diese Kramarme für den Abtrag der Erdbebenlasten zuständig sind. Laufen die

Stützen bis oben hindurch, werden zum einen Schwachstellen vermieden. Zum andern verhindert ein

gelenkiger Anschluss von Deckenscheiben bzw. horizontale Balken, das Einleiten von Biegemomenten

in die Stützen. Es gibt somit keine Sprünge im Momenten- oder Steifigkeitsverlauf der wichtigen tra-

genden Stützen. Auf jeden Fall sollten weiche Stützen vermieden werden die biegesteif an starke steife

Deckenplatten oder ebensolche horizontale Balken angeschlossen sind. Jene Rahmensysteme führen

zu großen Momenten an den Rahmenecken, also zu hohen Lasten an den Stützenenden. Häufig ist ein

Versagen die Folge.

6. Vermeidung großer Massen in oberen Geschossen

Da die entstehenden Erdbebenkräfte stark von Trägheitskräften abhängen (sie gehen einher mit der

Masse der Konstruktion) und das Gebäude vereinfacht wie ein Kragarm trägt, sollten insbesondere im

oberen Teil keine großen Massen angeordnet werden. Solche würden würden zu großen Trägheitskräf-

ten führen, welche mit einem großen Hebelarm enorme Belastungen verursachen.

7. Keine unsymmetrischen Aussteifungen anordnen

Eine häufige Einsturzursache bei Erdbeben sind

unsymmetrische Aussteifungen. Gebäudegrund-

risse haben einen Masseschwerpunkt M, in

welchem die Trägheitskräfte wirken. Der Biege-

widerstand aller vertikalen Tragelemente kann

ebenenfalls in einem Punkt W zusammengefasst

werden. Zudem existiert ein Schubmittelpunkt S.

8. Wahl von aussteifenden Tragwerksteilen mit

ähnlichen Steifigkeiten und Tragfähigkeiten in

jede der Hauptrichtungen

Links, Abb. 2.37

Rechts, Abb. 2.38

Abb. 2.39

59Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 60: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

9. Keine Versetzungen von Aussteifungen anordnen

Durch eine unterschiedliche Lage der Aussteifungselemente im Aufriss und/oder Grundriss über die

Höhe des Gebäudes entstehen horizontale Versetzungen von Aussteifungen. Im Falle solcher Verset-

zungen können die Biegemomente und die Querkräfte der Aussteifungen oft nicht einwandfrei über-

tragen werden. Die Versetzungen stören den direkten Kraftfluss, schwächen den Tragwiderstand und

verringern die Duktilität der Aussteifungen. Außerdem bewirken sie große Zusatzbeanspruchungen

und Verformungen auch in anderen Tragelementen. Versetzungen von Aussteifungen sind unbedingt

zu vermeiden, da sie im Vergleich zu kontinuierlich über die ganze Gebäudehöhe laufende Ausstei-

fungen zu einer größeren Vulnerabilität führen. (s. Abb. 2.40)

10. Sprünge bei Steifigkeiten und Widerständen möglichst vermeiden

Wenn sich über die Höhe von Gebäuden die Aussteifungsquerschnitte diskontinuierlich ändern, führt

das zu Sprüngen im Verlauf der Widerstände und Steifigkeiten, was unterschiedliches dynamisches

Verhalten, Zusatzbeanspruchungen und lokale Kraftübertragungsprobleme zur Folge haben kann.

Besonders ungünstig ist der abgebildete Fall bei dem die Steifigkeit nach oben zunimmt. Ein Verringern

der Steifigkeit von oben nach unten ist besonders ungünstig. Zur Bemessung von Systemen mit Sprün-

gen und zur konstruktiven Umsetzung der Anschlüsse ist ein höherer Aufwand und große Sorgfalt

nötig! (s. Abb. 2.41)

11. Vermeidung unterschiedlicher Höhenlagen horizontal benachbarter Geschosse

Es wird im Allgemeinen nährungsweise davon ausgegangen, dass die Trägheitskräfte hauptsächlich auf

Höhe der Geschoßdecken wirken (Masseschwerpunkt). Wenn im Erdbebenfall diese Geschoßdecken

gegen Stützen und Aussteifungswände – gar mit Biegung um die schwache Achse dieser Aussteifungs-

elemente – schlagen, kann es schnell zu Einstürzen kommen.

12. Duktile Tragwerke mit möglichst großer Energiedissipation

Verhält sich ein Tragwerk nach Erreichen seiner Traglast duktil (zäh), hat das meist viele Vorteile ge-

genüber sprödem Tragverhalten. Bauwerke mit letzterer Eigenschaft würden jenseits des elastischen

Bereiches, auf welchen sie bemessen sind, schnell versagen. Eine solche elastische Bemessung führt zu

hohen Erdbebenlasten, während sich duktile Tragwerke durch ihre Verformung quasi der Belastung

entziehen. Das führt zu geringeren Erdbebenlasten. Die Kapazitätsbemessung nutzt beispielsweise

solche Vorteile. Bei jener Methode sagt man dem Bauwerk wo es plastifizieren darf und wo nicht.

Darüber hinaus verhindert man ein plötzliches Versagen ohne Vorankündigung. Duktiles Verhalten,

besonders in Kombination mit hoher Energiedissipation („Zerstreuung/Umwandlung/Verbrauch“ von

Energie im Bauwerk), führt zu höherer Dämpfung, woraus wiederum eine weitere Reduzierung der

Erdbebenlasten resultiert.

13. Stabilitätsgefährdete und imperfektionsempfindliche Bauteile und Konstruktionen vermeiden,

deren Standsicherheit schon bei kleinen Auflagerverschiebungen gefährdet ist.

Links, Abb. 2.40

Rechts, Abb. 2.41

60 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 61: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

14. Keine kurzen Stützen anordnen

Bei gedrungen, dicken Stützen (s.g. kurze Stützen) die oftmals in hohe starke Balken eingespannt sind,

(wie z. B. Pfeiler zwischen Fenstern) ist in der Regel ein Schubversagen zu beobachten. Der Grund ist

die sehr große Biegekapazität solcher Stützen von Rahmentragwerken und der resultierende Momen-

tengradient, die große Querkräfte zur Folge haben. Bevor die plastischen Momente an den Stützen-

enden erreicht werden, tritt meist schon der Schubbruch auf.

15. Keine Brüstungen in Rahmen anordnen

Der vorstehend beschriebene Effekt von kurzen Stützen kann entstehen, wenn steife hohe Brüstungs-

scheiben ohne fachgerechte Fugen angeordnet werden. Es ist mit Schubversagen der Stützen zu

rechnen.

16. Geschossdecken als Scheiben ausbilden, um die horizontalen Trägheitskräfte auf die aussteifen-

den Elemente zu verteilen.

17. Tragwerk und nichttragende Bauteile aufeinander abstimmen

Dieser Grundsatz ist besonders bei weichen Tragwerken zu beachten. Bei Nichteinhaltung können

einerseits verformungsempfindliche nichttragende Bauteile, wie z.B. Fassadenelemente und Trenn-

wände stark beschädigt werden. Andererseits könnte es passieren, dass die Verformung des weichen

Tragwerks durch die nichtragenden Bauteile behindert wird und somit ein ganz anderes Verhalten als

der Berechnung zugrunde gelegte Auftritt. Abstimmung des Verformungsverhaltens oder Anordnung

ausreichender Fugen kann Abhilfe schaffen.

18. Fachwerke sorgfältig wählen und bemessen

Wenn Fachwerke zu Aussteifungszwecken gewählt werden, müssen diese sorgfältig bemessen

werden. Schlanke Diagonalstäbe und zentrische Anschlüsse in deren Kreuzungspunkten können bei

zyklischer Belastung sehr ungünstig sein. Insbesondere Diagonalstäbe aus Stahl fließen unter Zug, d.h.

sie werden länger, bei Druckbeanspruchung besteht Knickgefahr. Bei dynamischen Lasten sinkt somit

deren Steifigkeit. Deshalb sollten solche Fachwerke nur elastisch oder mit sehr niedriger Duktilität be-

messen werden. Zudem ist das unterschiedliche Verformungsverhalten der Fachwerksaussteifung und

der anderen Bauteile zu beachten. Wesentlich besser als mit zentrischen Anschlüssen und schlanken

Stäben verhalten sich Fachwerke mit exzentrischen Anschlüssen und gedrungenen Stäben [Bachmann

2002a].

19. Tragwerk in dynamisch unabhängige Einheiten mittels Fugen aufteilen, falls erforderlich

Gebäude können einstürzen oder große Schäden erleiden, wenn Gebäudeteile oder benachbarte Ge-

bäude zusammenprallen, deren Geschossdecken gegeneinander schlagen oder gar gegen aussteifende

Bauteile. Ebenso kann es gefährlich sein gegen vor- und nachstehende Konstruktionsgrundsätze wie

Kompaktheit, Symmetrie usw. zu verstoßen. Oft-

mals ist es angebracht ein Gebäude dann mittels

Fugen in dynamisch unabhängige Einheiten zu

gliedern. Abbildung 2.42 zeigt einen Grundriss

und die Ansicht eines Beispielgebäudes mit

unregelmäßiger und nicht kompakter Form, in

der linken Bildhälfte die ungünstige Ausführung

ohne Fugen. In der rechten Hälfte ist eine Auf-

teilung dieses Gebäudes in dynamisch unhab-

hängige Einheiten dargestellt, um beispielweise

exzentrische Belastungen zu vermeiden. Abb. 2.42

61Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 62: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

20. Fugen zwischen benachbarten Gebäuden und dynamisch unabhängigen Einheiten fachgerecht

ausbilden.

21. Durch die Deckenscheiben den Zusammenhalt sichern und die Kräfte verteilen

Zum einen muss gewährleistet werden, dass die Decken als quasi starre Scheiben wirken. Jenes kann

bei Holzdecken mit einem umlaufendem Zug- und Druckgurt erreicht werden. Zum anderen ist eine

Übertragung der Kräfte aus der Decke in sämtliche vertikalen Tragelemente mittels schubfester Ver-

bindungen sicherzustellen. Daher müssen die Anschlüsse sorgfältig konstruiert und bemessen werden.

Andernfalls funktioniert das Gesamttragwerk nicht mehr als Kragarm gegen die horizontalen Lasten.

22. Keine Aussparungen und Öffnungen in hochbeanspruchten Bereichen anordnen

Häufig werden auf der Baustelle Öffnungen und Aussparung für beispielweise Installationsleitungen

ohne Rücksprache mit dem Planer angebracht oder nachträglich geschaffen. Wenn diese Fehlstellen

in hochbeanspruchten Bereichen von wichtigen Tragwerkselementen liegen, kann es zu erheblichen

Schädigungen und Einstürzen kommen.

23. Kompakte Grundrisse anstreben

Dieser Grundsatz geht einher mit dem Nachstehenden, zielt aber speziell auf das Schubtragverhalten

von Querschnitten ab. Geschlossene Querschnitte haben beispielsweise einen viel höheren Torsionswi-

derstand als offene. Unnötige und unklare Kraftflüsse werden vermieden. Überdies entstehen an den

Verbindungen zwischen Gebäudeteilen mit unterschiedlichem Schwingverhalten sehr große Beanspru-

chungen, was kostenträchtige Bemessungs- und Baumaßnahmen nach sich zieht.

24. Regelmäßige Grund- und Aufrisse

Regelmäßige Grund- und Aufrisse sind unregelmäßigen vorzuziehen, da erste einfacher und somit

kostengünstiger nachweisbar sind, ein geringeres Fehler- und Schadenspotenzial durch besseres Trag-

verhalten aufweisen.

a) Kriterien für regelmäßige Grundrisse:

– Das Gebäude ist im Grundriss bezüglich der Horizontalsteifigkeit und der Massenverteilung

um zwei zueinander senkrechte Achsen nahezu symmetrisch.

– Die Grundrissform des Gebäudes ist kompakt, d.h. sie weist keine gegliederten Formen auf.

– Rückspringende Ecken oder Nischen im Grundriss sind möglichst zu vermeiden oder in ihren

Abmessungen zu begrenzen, damit das Aussteifungssystem und die Steifigkeit der Decke in

ihrer Ebene nicht beeinträchtigt wird.

– Die Steifigkeit der Decken in ihrer Ebene muss im Vergleich zur Horizontalsteifigkeit der durch

die Decke gekoppelten Stützen und Wände ausreichend groß sein, so dass sich die Verformung

der Decke nur unwesentlich auf die Verteilung der horizontalen Kräfte auf die aussteifenden

Bauteile auswirkt.

– Die einzelnen Geschosse müssen über einen ausreichenden Widerstand gegen Torsions-

wirkungen verfügen.

b) Kriterien für regelmäßige Aufrisse:

– Alle an der Aufnahme von Horizontallasten beteiligten Tragwerksteile (z. B. Kerne, tragende

Wände oder Rahmen) verlaufen ohne Unterbrechung von ihren Gründungen bis zur Oberkante

des Gebäudes.

– Sowohl die Horizontalsteifigkeit als auch die Masse der einzelnen Geschosse bleiben konstant

oder verringern sich nur allmählich ohne große sprunghafte Veränderungen mit der Bauwerks-

höhe.

62 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 63: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Vereinfacht kann man zusammenfassen, dass ein regelmäßiges Bauwerk vorliegt, wenn die Steifig-

keiten und Massen sowohl im Auf- als auch Grundriss gleichmäßig verteilt sind und die Steifigkeits-

und Massenschwerpunkte nährungsweise übereinander liegen. Torsionsbeanspruchungen werden auf

diese Weise verringert.

Spezielle Grundsätze für die bauliche Ausbildung sehr duktiler Holzbauten

In Gebieten mit bereits mittlerer Erdbebenstärke sollte das Beplankungsmaterial für Holztafeln, die Erd-

bebenlasten durch Scheibenwirkung aufnehmen und daher folgende zusätzlich Bedingungen erfüllen:

– OSB-Platten, Spanplatten sowie Kunstharz- und zementgebundene Holzwerkstoffplatten sollten

mindestens 12 mm dick sein.

– Baufurniersperrholzplatten sollten mindestens 5-lagig und mindestens 9 mm dick sein.

– Die Eignung von Mehrschichtplatten und deren Verbindungsmitteln zur Aufnahme von Lasten und

Verformungen infolge Erdbebeneinwirkungen muss nachgewiesen werden. Der Anteil von Holz-

faserplatten und Plattenwerkstoffen auf Gipsbasis an der Ableitung der Scheibenkräfte sollte unter

10 % liegen. Diese Platten sollten nur in Kombination mit uneingeschränkt anwendbaren Beplan-

kungsmaterialien verwendet werden.

Alle Verbindungen und Details bzgl. Aussteifung und Lagesicherung von Bauteilen, die durch Scheiben-

wirkung zur Abtragung der Erdbebenlasten beitragen, müssen so konstruiert und ausgelegt werden,

dass die Übertragung der Kräfte auch durch die im Erdbebenfall auftretenden Wechselverformungen

nicht behindert wird und die Funktion der dissipativen Bereiche sichergestellt ist. Jenes gilt insbesonde-

re für die Übertragung und Weiterleitung der Scheibenkräfte bei den Anschlüssen von Dach-, Decken

und Wandtafeln untereinander.

Druckbeanspruchte Bauteile und ihre Verbindungen (z. B. Versätze), die infolge zyklischer Belastung

bzw. daraus resultierenden Verformungen versagen können, sind so auszulegen, dass ein Stabilitäts-

versagen verhindert wird und der Trennung der Teile vorgebeugt ist. Ziel ist ein Erhaltenbleiben der

Integrität des Gesamttragwerks nach einem Bemessungsbeben.

Wird eine Verbindung über den elastischen Bereich hinaus belastet, wird sowohl das Holz unter

dem Verbindungsmittel, als auch das Verbindungsmittel plastisch verformt. Abbildung 2.43 zeigt die

Last-Verformungs-Diagramme bei wechselnder Beanspruchung für zwei verschiedene Verbindungs-

mitteldurchmesser. Die eingeschlossene Fläche

entspricht der dissipierten Energie. Es ist deutlich

erkennbar, dass schlanke stiftförmige Verbin-

dungsmittel, aufgrund ihrer besseren plastischen

Verformbarkeit, mehr Energie „vernichten“ als

gedrungene. Daher sollte bei Holztafeln, die zur

Abtragung von Erdbebenlasten durch Scheiben-

wirkung herangezogen werden, der Durchmesser

d der Verbindungsmittel zur Befestigung der

Beplankung ca. 3 mm nicht überschreiten.

In die gesamte Energiedissipation gehen u.a. die

Anteile der einzelnen Verbindungsmittel, der Rei-

bungseinflüsse, der plastischen Holzverformung

ein.

Abb. 2.43

Verbindungen bei

zyklischer Belastung

a) dünner Stabdübel

b) gedrungener Stab-

dübel

[Ceccotti, A. 1995]

63Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 64: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Einige Regelungen des Building Standard Law (BSL) Japans:

Wie die Regelwerke vieler anderer Nationen fordert auch das BSL (speziell im Teil „Enforcement

Order“, 3. Kapitel) dass:

– die Tragsicherheit und Beständigkeit des Bauwerks gegen ständige und veränderliche Lasten, wie

Schnee, Wind, Erd- und Wasserdruck sowie Erdbeben, Schwingungen und Anprall gegeben sind,

– ausreichender Widerstand der Bauteile vorhanden ist, um im Gleichgewicht mit der Belastung zu

stehen,

– ausreichende Steifigkeit gegen Verformungen und ausreichende Duktilität gewährleistet ist, um

plötzliches Versagen zu vermeiden,

– Dauerhaftigkeit der Tragelemente, usw..

Überdies wird in Artikel 38 untersagt, verschiedene Gründungstypen für ein Bauwerk zu nutzen.

Artikel 39 besagt, dass Dach-, inneres und äußeres Material, Dekorations- und Werbetürme sowie Vor-

hangwände und ähnliche Gebäudeteile nicht durch Wind, Erdbeben und Anprall abgetrennt werden

dürfen.

Der Abschnitt 3 dieses Kapitels umfasst die Artikel 40 bis 49, welche sich speziell auf Holzkonstruk-

tionen beziehen. Nach Artikel 41 müssen tragende Holzbauteile frei von Fehlern, wie Astlöchern,

Fäulnis, Drehwuchs usw. sein, welche die Festigkeit nachteilig beeinträchtigen. Die kleinste Breite von

Stützen ist in Artikel 43 geregelt. Artikel 45 und 46 beziehen sich detailliert auf Horizontalaus-

steifungen was hier nicht vollständig aufgeführt werden kann. Grundkenntnisse zur Ausführung

von Holzverbindungen werden sehr kurz in Artikel 47 angeschnitten. So müssen demnach tragende

Elemente mit Schrauben, Klammern, Holznägel usw. so verbunden werden, dass die vorhandenen

Spannungen vollständig übertragen werden können. Artikel 49 dient zur Sicherstellung der Dauer-

haftigkeit von Holzbauteilen in knapper und allgemeiner Form durch Schutzmaßnahmen gegen Fäulnis,

Insekten usw.

Grundlagen zur Bemessung werden im Abschnitt 8 dieses 3. Kapitels behandelt. Klausel 1 enthält

generelle Vorschriften, wie zulässige und nötige Nachweismethoden für die verschiedenen Bauwerke,

sowie Regeln zu Lastfallkombinationen (Artikel 82). Weiterhin wird für seismische Lasten hier der

Stockwerksverschiebungswinkel (storey drift angle) als Verhältnis der Stockwerksverschiebung zur

Stockwerkshöhe definiert und auf 1/200 bzw. 1/120 limitiert. Letzter Grenzwert gilt nur für Verschie-

bungen von tragenden Bauteilen die wahrscheinlich nicht zu beträchtlichen Schäden am Bauwerk und

jeglichem seiner Teile führen. Hinsichtlich oben bereits erwähnter Effekte aus Steifigkeitssprüngen

und Bauwerksverdrillungen macht das BSL Angaben für einzuhaltende Grenzwerte in Artikel 82-3.

So soll das Steifigkeitsverhältnis Rs jedes Geschosses (was mithilfe des Reziprokes des Stockwerks-

verschiebungswinkels des jeweiligen Geschoßes zum Mittelwert des Reziprokes des Stockwerksver-

schiebungswinkels von allen Stockwerken definiert wird) größer gleich 6/10 erfüllen. Bezüglich des

Exzentrizitätsverhältnisses jedes Stockwerks, berechnet aus Exzentrizität (Abstand aus Projektionen von

Masseschwerpunkt und Steifigkeitszentrum) und Quadratwurzel des Quotienten von Torsionssteifig-

keit und horizontaler Steifigkeit, sind 15/100 nicht zu überschreiten. Genaue Berechnungsformel und

Definitionen sind diesem Artikel des BSL zu entnehmen.

In Artikel 82-6 wird kurz auf die Berechnungsverfahren Antwort- und Grenzkapazitätsmethode (dort

genannt: response and limit capacity methode) eingegangen. Punkt 3 bezieht sich auf Level 1, hier

wird vorgeschrieben, dass Stockwerksverschiebung (storey drift), Eigenperiode des Bauwerks im Scha-

densgrenzzustand Td (natural period at damage limit of the building) und horizontal auf jedes Stock-

werk wirkende Erdbebenkräfte Pdi bei Anwendung dieser Berechnungsverfahren zu ermitteln sind. Es

ist sicherzustellen, dass die Erdbebenkräfte nicht zu einem Überschreiten der Schadensgrenzfestigkeit

führen. Punkt 5 bezieht sich auf Level 2, die horizontale Grenztragfähigkeit darf somit nicht überschrit-

ten werden. Detaillierte Angaben zur Anwendung der „response and limit capacity methode“ finden

sich im Teil „Notification of the Ministry of Land Infrastructure and Transport“ unter der Notification

64 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 65: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

No. 1457, welche im Rahmen dieses kurzen Beitrags nicht sinnvoll dargestellt werden können.

Klausel 2 bezieht sich auf die Lastannahmen, in welcher wie bereits erwähnt auch die Bestimmung der

seismischen Lasten geregelt wird (speziell in Artikel 88). Genauere Angaben zu dessen Berechnung

wurden bereits im ersten Teil dieses Kapitels gegeben.

Besonderheiten im Holzbau

Holzbauten sind nicht grundsätzlich besonders gut gegen Erdbebenbeanspruchungen geeignet. Ledig-

lich die geringe Masse dieses Materials gegenüber vielen anderen Baustoffen, führt im Allgemeinen

zu geringen seismischen Beanspruchungen. Der Erdbebenwiderstand von Holzbauwerken hängt aber

nicht nur von den einzelnen Bauweisen sondern auch von der Dimensionierung und der Ausführung

ab.

Ein wesentlicher Faktor für den tatsächlich vorhandenen Erdbebenwiderstand sind die Verbindungen.

Hierbei ist nicht nur die Art der Verbindungs- und Befestigungsmittel, sondern auch der Anzahl sowie

die praktische Ausführung der Verbindung bzw. Befestigung entscheidend, beispielsweise die Anzahl

von Schrauben oder Klammer zur Befestigung von Beplankungen.

Des Weiteren sind die Verbindungen nicht nur unbedingt kraftschlüssig auf Zug und Druck auszulegen,

sondern auch duktil. Es reicht also nicht aus, nur eine Beplankung gegen Erdbebenlasten nachzuwei-

sen, sondern es müssen auch alle erforderlichen Verbindungen entsprechend dimensioniert werden.

Als Beispiel sei hier die Verankerung von Schubwänden mit der Bodenplatte genannt. Jede noch so si-

chere Schubwand ist undienlich, wenn resultierende Schub-, Zug- und Druckkräfte nicht ebenso sicher

in die Bodenplatte geleitet werden.

Eine Überwachung der praktischen Ausführung gemäß der Berechnungen ist von sehr hoher Wich-

tigkeit, da den Bauausführenden dessen Bedeutung oft nicht bewusst ist und aufgrund von Gewinn-

interessen in der Praxis häufig billige Verbindungen in unzureichender Anzahl verwendet werden. Es

ist sicherzustellen, dass ein durchgängiger Kraftfluss der aus Erdbeben resultierenden Kräfte bis in den

Baugrund nicht nur theoretisch sondern auch praktisch gewährleistet wird.

Da Japan traditionell dem Holzbau sehr verbunden und weil in den Ballungszentren eine sehr dichte

Bebauung üblich ist, werden relativ hohe Anforderungen an den Brandschutz gestellt. Grundsätzlich

ist Japan dem Holzbau jedoch sehr positiv gegenüber eingestellt, so dass die in Deutschland teilweise

diskriminierende Einstellung gegenüber dem Holzbau nicht in Japan zu erkennen ist. Japan hatte noch

im 19. Jahrhundert ein überaus strenges Gesetz für den vorbeugenden Brandschutz. Nach diesem

wurde jedem japanischen Bürger der Kopf abgeschlagen, in dessen Haus Feuer ausgebrochen war. Die-

se Zeiten sind nun zwar vorbei, der vorbeugende Brandschutz wird jedoch noch immer mit sehr hoher

Priorität behandelt.

Die in Deutschland gebräuchliche Unterscheidung in

• vorbeugenden Brandschutz

– baulichen Brandschutz

– anlagentechnischen Brandschutz

– organisatorischen Brandschutz

• abwehrenden Brandschutz

ist auch in Japan üblich.

65Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.6.2∙ Brandschutz

Page 66: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Vorbeugender anlagentechnischer und abwehrender Brandschutz

In Japan wird der Kontrolle der zuvor aufgeführten Brandschutzmaßnahmen ein sehr hoher Stellen-

wert gegeben. Hinsichtlich des vorbeugenden anlagentechnischen und abwehrenden Brandschutzes

ist das Japan Fire Equipment Inspection Institute [JFEII] das zentrale Institut für die Durchführung von

Kontrollen und Prüfungen, sowie die Ausstellung von Zertifikaten. Die technischen Standards, die von

den Brandschutzmaßnahmen eingehalten werden müssen, werden vom Ministry of Internal Affairs

and Communications erstellt. Dieses Ministerium erteilt dann auch eine Zulassung aufgrund der von

den Organisationen (z.B. JFEII) durchgeführten Prüfungen. Das JFEII führt dann weitere Kontrollen und

Prüfungen während der Fertigung durch. Artikel, die die Kontrollen und Prüfungen bestanden haben,

werden abschließend mit dem Zeichen der Zulassung gekennzeichnet. Somit ist das grundsätzliche

Prinzip dem in Deutschland üblichen vergleichbar. In Tabelle 2.3 sind die Zeichen mit den dazugehö-

rigen Artikeln aufgeführt, in Abbildung 2.44 ist das Verfahren grafisch verdeutlicht.

Produkte, die wesentlich andere (bessere) Eigenschaften haben, als in den vom Ministry of Internal

Affairs and Communications erlassenen technischen Regeln benötigen eine gesonderte Begutachtung

durch den Technical Appraisal Board of experts, die wiederum an das Ministry of Internal Affairs and

Communications berichten. Das Ministerium ist dabei nicht an die Aussage des Expertengremiums

Zeichen Artikel Zeichen Artikel

Feuerlöscher, Detektoren

und manuelle Feuer-

melder, Transmitter,

Steuerung und Anzeige,

elektrische Feuermelder,

metallische Fluchtleitern

Feuerlösch-

schläuche

Descending lifelines Sprinklerköpfe

Löschmittel für Feuer-

löscher, Schaummittel

Sprinklerventile

Kupplungen (Schläu-

che, wasserführende

Amaturen)

Tab. 2.3

Qualifikationen von Gebäudetypen (Quelle: Japan Housing Information Dial)

66 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 67: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Baulicher Brandschutz

Der bauliche Brandschutz ist wiederum relativ gut vergleichbar organisiert, wie in Deutschland, wobei

dem Architekten eine wesentlich zentralere Rolle zufällt und die Kontrollen der Baustellen sehr genau

und formell durchgeführt werden. In Japan ist der Archtiekt der Fachplaner und muss je nach zu

bauendem Gebäude eine entsprechende Qualifikation vorweisen (siehe auch Kapitel 2.5.8 und Tabelle

2.2). Während der 1st class Kenchiku-shi alle Gebäude gestalten und überwachen darf, ist der 2nd

class Kenchiku-shi auf „small buildings“ beschränkt und der Mokuzo Kenchiku-shi ausschließlich auf

kleine Häuser mit hölzerner Tragstruktur. Der Begriff „small buildings“ ist im weitesten Sinne mit dem

in Deutschland üblichen Begriff „Gebäude geringer Höhe“ vergleichbar.

Hinsichtlich der Bauteile von Gebäuden werden Unterscheidungen zwischen „fire-resistive“, „quasi-

fire-resistive“, „fire preventive“ und „others“ vorgenommen. Zu den „others“ werden auch Bauteile

mit „Quasi-fire Projective Performance“ gezählt.

Bei den Materialien werden Unterscheidungen zwischen „noncombustible“, „quasi-noncombustible“,

„fire retardant“ und „wood or other material“ vorgenommen. Bei den brennbaren Materialien findet

somit nicht die in Deutschland und Europa übliche weitere Unterteilung statt.

Ob ein Gebäude aus Bauteilen bestehen muss, die „fire-resistive“ (feuerbeständig), „quasi-fire-resisi-

tive“, „fire preventive“ (feuerhemmend) sind oder ob es keine Anforderungen gibt, hängt vorrangig

davon ab, wie das Baugebiet klassifiziert wurde, in dem das Gebäude erstellt wird. Zudem ist die Ge-

bäudegröße und -nutzung von Bedeutung. Die Beschreibung der Klassifizierung der Baugebiete („Land

Use Zones“) wird in Artikel 48 des Building Standard Law vorgenommen. Es erfolgt dort die Aufteilung

in die Land Use Zones A bis K, wobei in A im weitesten Sinne die ländliche Bebauung mit niedrigen

Einfamilienhäusern, in I der innerstädtische Bereich von Großstädten mit hohen Gebäuden und in L

Industriegebiete, mit Lagerung von gefährlichen Stoffen, beschrieben wird. Die lokalen Baubehörden

legen für ihre Baugebiete fest, ob diese z.B. zu sogenannten Feuerschutzzonen erklärt werden. Aus

dieser Kombination zwischen Art des Baugebietes, Nutzung und Größe des Gebäudes und ggf. beson-

deren weiteren örtlichen Vorschriften (Artikel 50) ergeben sich die brandschutztechnischen Anforde-

rungen an die Bauteile eines Gebäudes.

Die relevanten Aussagen zum baulichen Brandschutz werden wiederum in den entsprechenden Kapi-

teln der Enforcement Order (Durchführungsbestimmungen) geregelt. Während das gesamte Kapitel III

der Enforcement Order die Vorschriften behandelt, die das Tragverhalten der Gebäudstruktur berüh-

ren, wird der vorbeugende bauliche Brandschutz im Kapitel IV geregelt. Kapitel IV umfasst die Artikel

gebunden, sondern kann frei entscheiden. In der

Regel wird jedoch dem Rat des Expertengrmiums

gefolgt. Auch hier ist das Verfahren prinzipiell

vergleichbar mit dem in Deutschland etablierten.

Adresse des Japan Fire Equipment Inspection

Institute:

Japan Fire Equipment Inspection Institute [JFEII]

Zip.182-0012

4-35-16 Higashimachi Jindaiji Chohu city Tokyo

Tel. 0422-44-7471

Fax. 0422-47-3991

Abb. 2.44

Verfahren des Zulassungs-

und Kontrollsystems

67Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 68: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

107 bis 116 und verweist in diesen jedoch teilweise wieder auf weiterführende Gesetze und Erlasse.

In der Regel wird der Begriff des „normal fire“ verwendet, worunter in Deutschland die Einheitstem-

peraturkurve zu verstehen ist. Das „normal fire“ in Japan und die deutsche Einheitstemperaturkurve

sind jedoch nicht identisch. Die thermische Belastung aus einem „normal fire“ ergibt sich aus dem

gesamten Zusammenhang des geplanten Gebäudes. Deshalb steht der Begriff des „normal fire“ auch

in der Regel nicht allein, sondern immer im Zusammenhang mit den Umegbungsbedingungen eines

Bauteils („… the heat of a normal fire occurring in the surroundings of a building…“).

Die planmäßigen Beanspruchungen aus einem „normal fire“ werden in der Notification No. 1433 des

Ministry of Construction beschrieben. Im Kapitel I wird über die Art und Menge der in einem Raum

vorhandenen Gegenstände der mögliche Brennwert in Megajoule ermittelt. Art, Größe und Höhe eines

Gebäudes sowie die Baustoffklasse und Art der Oberflächen wird mittels diverser Faktoren berücksich-

tigt. Kapitel II beschäftigt sich mit Ermittlung des Brennwertes pro Zeiteinheit, bei der dann vor allem

die Oberfläche der Materialien mit berücksichtigt wird, aber auch die Raumgeometrie. Je größer die

Oberfläche eines brennbaren Materials / Gegenstandes ist, desto schneller ist die Brandausbreitung. Im

Kapitel III erfolgt dann die Berechnung der Feuerwiderstandsdauer von Bauteilen, aufgegliedert wiede-

rum nach Materialien, für die Brandbeanspruchung von der Raumseite:

(1) tragende Wände

(a) Stahlbeton

(b) andere

(2) nicht tragende Wände

(a) Stahlbeton

(b) andere

(3) Stützen

(a) Stahl

(b) Stahl mit Dämmung (Mineralfaser oder

CaSi-Platten)

(c) Stahlbeton

(d) Holz

(e) andere

(4) Fußböden

(a) Stahlbeton

(b) andere

(5) Balken

(a) Stahl

(b) Stahl mit Dämmung (Mineralfaser oder

CaSi-Platten)

(c) Stahlbeton

(d) Holz

(e) andere

(6) Dächer

(7) Treppen

Das Prinzip zur Berechnung der Feuerwider-

standsdauer ist bei allen Bauteilen und Mate-

rialien vergleichbar, jedoch mit großen Unterschieden im Detail. Da die Feuerwiderstandsdauer von

Stützen und Balken aus Holz identisch berechnet wird und das Verfahren bei Holz sehr einfach ist, wird

das Prinzip am Beispiel Holz wie nachstehend verdeutlicht:

Wenn die Mindestbreite 20 cm beträgt, berechnet sich die Feuerwiderstandsdauer wie folgt:

In die Berechnung des Temperaturanstiegs-Koeffizienten gehen Materialparameter wie die Wärme-

leitfähigkeit, Rohdichte und Wärmekapazität ein, aber auch geometrische Parameter des Raumes, die

eine Feuerausbreitung beeinflussen (Ventilation). Beim lokalen Temperaturanstiegs-Koeffizienten wird

zudem noch die Lage des Bauteils im Raum berücksichtigt.

α: Temperaturanstiegs-Koeffizient

αl: lokaler Temperaturanstiegs-Koeffizient

mit

tfr: Feuerwiderstandsdauer

68 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 69: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Im Kapitel IV wird die Berechnung der Feuerwiderstandsdauer von Bauteilen beschrieben, die von der

Außenseite brandbeansprucht werden, jedoch ausschließlich Wände. Kapitel V befasst sich mit Feuer-

schutztüren.

Die häufigste Anwendung von Holzhäusern ist in den Land Use Zones A und B gegeben. Die maximale

Gebäudehöhe ist dort auf 10 m bzw. 12 m, gemessen von Geländeoberkante bis zum höchsten Punkt

des Daches, festgelegt. Hier sind auch die Anforderungen an den baulichen Brandschutz relativ gering,

je nach Land Use Zone auch ohne Anforderungen. Im Artikel 109-6 werden die technischen Anforde-

rungen an Bauteile mit „Quasi-fire Projective Performance“ wie folgt beschrieben:

1. Tragende Außenwände, die mit der Hitze eines „normal fire“ beansprucht werden, sollen 20 Mi-

nuten nach Beginn der Erhitzung nicht verformt, geschmolzen oder gerissen sein und keine anderen

Schäden aufweisen, die die Tragfähigkeit herabsetzen.

2. Alle Außenwände, die mit der Hitze eines „normal fire“ beansprucht werden, sollen 20 Minuten

nach Beginn der Erhitzung an keiner Oberfläche, mit Ausnahme der Oberfläche, die der Hitzequelle

zugewandt ist, die Zündtemperatur des Oberflächenmaterials überschreiten.

Als Zündtemperatur, die nicht überschritten werden darf, wird in der Notification No. 1432 of the

Ministry of Construction 200 °C an der heißesten Stelle und 160 °C als Mittelwert, der der nichtexpo-

nierten Oberfläche, beschrieben.

In Notification No. 1358 des Ministry of Construction werden Konstruktionsprinzipien von Bauteilen

beschrieben, die quasi-fire-resistive sind, Notification No. 1359 behandelt fire preventive Konstrukti-

onen. Weiterhin sind die Notificationen No. 1362 (Teile von Außenwänden hölzerner Gebäude, die

die Brandausbreitung eingrenzen), 1365 (Dächer von Gebäuden in Fire Protection Zone und Quasi-fire

Protection Zone), 1367 (Dächer von Gebäuden, mit Eigenschaften, die vergleichbar sind mit Gebäuden,

die quasi-fire-resistive sind), 1369 (Schutzmaßnahmen für Öffnungen (Anm.: im weitesten Sinne Feuer-

schutztüren)), 2563 (wie 1369, jedoch bei Verwendung in Brandabschnitten), 2564 (wie 2563, jedoch

mit zusätzlichen Eigenschaften hinsichtlich Vermeidung von Rauchausbreitung), 1380 (Konstrukti-

onsmethoden von Bauteilen bei Gebäuden, die keine fire-resistive Eigenschaften aufweisen), 1399

(Konstruktionsmethoden für fire-resistive Bauteile) und 1439 (Oberflächen, die die Forderungen an fire

retardant materials erfüllen), hinsichtlich des baulichen Brandschutzes von Bedeutung.

Nachstehend aufgeführte Tabelle aus Articel 107 der Enforcement Order gibt die zeitlichen Bedin-

gungen für fire-resistive Bauteile an, die mit der Hitze eines „normal fire“ beansprucht werden. Die

aufgeführten Bauteile dürfen nach dieser Zeit „nicht verformt“, geschmolzen oder gerissen sein und

keine anderen Schäden aufweisen, die die Tragfähigkeit herabsetzen.

69Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 70: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Abb. 2.45

Tab. 2.4

70 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 71: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Zur Berücksichtigung der Windlasten sind Artikel 87 der Enforcement Order und die Notification

1454 und 1458 des Ministerium of Land, Infrastructure and Transport maßgebend. Artikel 87 gibt

an, dass sich die Windlast aus der Multiplikation des Windkraftkoeffizienten Cf mit dem Staudruck q

ergibt. Beide Werte werden mit den Angaben der Notification 1454 ermittelt. Die Notification 1458

gibt zusätzlich Kriterien und Methoden zur Berechnung des Tragverhaltens von einzelnen Dach- und

Fassadenteilen unter Windbeanspruchung an. Für die in diesem Vorhaben berücksichtigten Gebäude

sind die Methoden zur Berchnung unbedeutend, da diese nur angewendet werden müssen, wenn sich

die entsprechenden Teile mehr als 13 Meter über Geländeoberfläche befinden, was bei üblichen Ein-

familienhäusern nicht der Fall ist.

Abweichend zur Verwendung der Tabellenwerte der Notification No. 1454 und 1458 besteht immer

die Möglichkeit eines genaueren Nachweises, in der Regel aufgrund von Versuchsergebnissen im Wind-

kanal.

Notification No. 1454

Staudruck

Als Gleichung für die Berechnung des Staudrucks wird q = 0,6EV02 genannt. Die Windgeschwindigkeit

V0 ist ausschließlich von der Region abhängig und nicht, wie in Deutschland, als Funktion der Gebäude-

höhe. Die Masse der Luft wird über den Faktor 0,6 berücksichtigt. Der Faktor E berücksichtigt die Ge-

bäudegeometrie, Gebäudehöhe und die Geländeformation. Die Geländeformation ist unter physischen

Kriterien in vier Kategorien aufgeteilt.

Die Werte der Windgeschwindigkeit werden je nach Region zwischen 30 m/s und 46 m/s angegeben.

Der Faktor E aus der o.g. Gleichung wird dort mit

E = Er2 * Gf

beschrieben, wobei Er die Einflüsse aus der Geländeformation beschreibt und Gf die aus der Gebäude-

höhe in Abhängigkeit der Geländeformation.

Für die Feststellung von Er sind widerum zwei Kriterien angesetzt

und die zur Berechnung erforderlichen Faktoren Gf, Zb, ZG und α werden in den entsprechenden Ta-

bellen in Notification Nr. 1454 angegeben (siehe unten), ebenso wie die anzusetzende Windgeschwin-

digkeit V0 in Abhängigkeit der Region. Der Wert H wird gemäß nachstehender Gleichung gebildet als

Mittelwert aus der Gebäudehöhe und der Traufhöhe:

71Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.6.3∙ Wind

Page 72: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Nachstehendes Beispiel zeigt die Ermittlung des Staudrucks:

Es soll ein Hochhaus der Höhe 62 m, wobei die Gebäudehöhe wegen des Flachdaches identisch ist mit

der Traufhöhe, im Zentrum Tokios (fällt unter die Geländekategorie IV) gebaut werden. Die Windge-

schwindigkeit beträgt in dieser Region 32 m/s (vgl. Notification No. 1454, Tabelle, S. 597). Der Stau-

druck ergibt sich zu q = 0,6EV02.

Mit

Zb = 10 mZg = 550 m α = 0,27Gf = 2,3V0 = 32 m/s

in diesem Fall:aus Tabellen:

Tab. 2.5

72 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 73: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Windkraftkoeffizient Cf

Der Windkraftkoeffizient Cf berücksichtigt konkrete Gebäuderandbedingungen wie z.B. die Gebäu-

dehöhe, Dachform, Dachneigung, den Rand- und Eckbereich, eventuelle Gebäudeöffnungen, und die

Gebäudeform. Cf wird dabei entweder mit Hilfe der Druckkoeffizienten für den Außenbereich und den

Innenbereich ermittelt oder, bei z.B. Fachwerk- oder Netzstrukturen und freistehenden Schornsteinen

oder Dächern, mit Hilfe eines Faktors kz. Zur Ermittlung der Werte sind diverse Tabellen und Abbil-

dungen, zur Erläuterung, wie folgt beispielhaft aufgeführt sind.

Abb. 2.46

Abbildung 1, S. 602, Noti-

fication No. 1454

Fläche

Luv

(windzugewandte

Fläche)

Randbereich Lee

(windabgewandte

Fläche)innerhalb

0,5a

außerhalb

0,5a

Cpe 0,8 kz -0,7 -0,4 -0,4

Tab. 2.7

Tabelle 1, S. 603, Notification No. 1454

Tab. 2.6

73Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 74: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Der zur Ermittlung von Cf benötigte Faktor kz ergibt sich in Abhängigkeit der mittleren Gebäudehöhe

Ist diese kleiner oder gleich Zb, beträgt der Faktor 1,0.

Ist H größer als Zb, so sind zwei weitere Bedingungen zu untersuchen:

Z = Höhe des zu untersuchenden Bauteils

über Geländeoberfläche

Zb, α = Werte aus Tabelle wie oben genannt

Notification 1458 – Sicherung von Dach- und Fassadenelementen gegen Wind

Die Notification 1458 verweist in den Grundzügen auf die Notification 1454, gibt jedoch für die

Berechung der Windlast geringfügig andere Werte an. In Deutschland wird die Windlast für Einzeltrag-

glieder auch anders bemessen, als die für die Bemessung der Gesamtstruktur.

Zusätzlich zu den entsprechenden Faktoren werden Festigkeiten für diverse Gläser zur Berechnung von

Vorhangfassaden angegeben.

Zur Berechnung der Windlasten sind folgende Gleichungen genannt:

W = q*Cf mit

q = 0,6Er2V0

2 Er und V0 aus Notification 1454

Cf wird ermittelt aus Cpe und Gpe, die wiederum in diversen Tabellen der Notification genannt wer-

den. Cpe berücksichtigt dabei die Dachform (Satteldach o. ä.) und Dachneigung und Gpe die Gebäu-

dehöhe in Abhängigkeit der Geländeformation.

^–

In Article 86 wird beschrieben, dass jeder Zentimeter gefallener Schnee mit einer Last von 20 N/m²

anzusetzen ist. Allerdings kann die jeweilige anerkannte Verwaltungsbehörde, die sog. Designated

Admnistrative Agency, unter Kriterien vom Minister of Land, Infrastructure and Transport bestimmte

Schneelastzonen festlegen, in denen eine andere Last angesetzt werden muss.

Grundsätzlich wird die Schneehöhe berechnet mit der Gleichung

d = α*ls + β*rs + γ

Zur Berechnung des Wertes rs wird eine Gesamtfläche mit einem Radius gebildet, der auch in der Ta-

belle des Anhangs der Notification 1455 beschrieben wird. Die innerhalb dieser Gesamtfläche befind-

liche Wasserfläche wird ins Verhältnis zur Gesamtfläche gesetzt und ergibt dann den Wert rs.

mit

d : Schneehöhe [m]

α, β, γ : Werte gemäß der Tabelle im Anhang der Notification 1455

ls : Höhenlage über NN [m]

74 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.6.4∙ Schnee

Page 75: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Eine gesonderte Schneelastzone, in der dann eine andere Schneelast angesetzt werden kann, kann

gebildet werden, wenn

• entweder nach der zuvor genannten Gleichung eine Schneehöhe von einem Meter oder mehr

ermittelt wird

• oder der Schnee über mindestens 30 Tage oder mehr kontinuierlich fällt und mindestens die Hälfte

der jeweiligen Fläche bedeckt.

Das folgende Beispiel soll an der Region Akita-shi in der Präfektur Akita die Ermittlung der Schneehöhe

verdeutlichen:

Die Werte α, β, γ und R für Akita-shi werden der Tabelle im Anhang der Notification No. 1458, S. 609,

Zeile 15 entnommen:

α = 0,0308β = –1,88γ = 1,58Radius = 20 km

Bei einem angenommenem Wasseranteil im Verhältnis zur Gesamtfläche von 3/5 wird rs = 0,6. Als

Höhe über NN sei +20m angenommen.

Somit ist

d = α*ls + β*rs + γ ⇒ d = 0,0308*20m + (-1,88)*0,6 + 1,58 d = 1,068m

Die Schneehöhe beträgt somit mehr als einen Meter, so dass die lokalen Verwaltungsbehörden andere

Schneelasten als 20 N/(m²*cm) ansetzen können.

Um Schneelasten auf Dächern zu errechnen, werden über entsprechende Faktoren diverse Randbedin-

gungen wie z.B. Dachneigung, ob mit oder ohne Schneefanggitter, Dachform, Dachbeschaffenheit,

Schneeart berücksichtigt. Der wichtigste Faktor ist der sogenannte Dach-Form-Koeffizient µb, der den

Einfluss aus der Dachneigung beschreibt. Dieser wird nach folgender Formel errechnet:

μb = √cos (1,5β)

mit

β = Dachneigung [°Grad]

Weil Unebenheiten auf Dächern zu unterschiedlichen Schneeanhäufungen führen, müssen diese ggf.

auch berücksichtigt werden.

75Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 76: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Artikel 86 lässt auch die Möglichkeit zu, die rechnerische Schneelast bis auf eine minimale Schneehöhe

von einem Meter abzumindern. Diese Möglichkeit besteht beispieltweise, wenn der Schnee planmä-

ßig durch konstruktive oder organisatorische Maßnahmen entfernt wird. Wird diese Möglichkeit der

Reduzierung in Anspruch genommen, so sind an den Eingängen, in bewohnbaren Räumen und an-

deren auffälligen Gebäudeteilen Hinweise dahingehend anzubringen, dass eine reduzierte Schneelast

angesetzt wurde und welche Maßnahmen getroffen werden müssen, damit die Schneelast nicht höher

wird, als die rechnerisch angesetzte.

76 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 77: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Im folgenden werden die derzeit in Japan verwendeten Geräte zum Heizen und Kühlen vorgestellt.

Heizen

Wie bereits beschrieben erfolgt die Erzeugung von Heizenergie dezentral, wobei eine Vielzahl von

Geräten zum Einsatz kommt, welche im Anhang detailliert vorgestellt werden sollen. An dieser Stelle

erfolgt eine kurze Übersicht.

Tab 2.8

Übersicht, der in Japan verwendeten Heizgeräte

Schnelle Quellen Sanfte Quellen

Ölöfen Kotatsu

Gasöfen Hot Carpet (Heizteppich)

FF-Heater Heizlüfter

Infrarotstrahler

Ölradiator

Auf dem Markt vorherrschend sind Ölöfen. Jährlich werden 7 Mio. Geräte verkauft, die Marktdurch-

dringung beträgt 70 %. Für die dezentrale Heiztechnik finden durchaus auch in Deutschland unge-

wöhnliche Geräte wie z. B. elektrisch beheizte Pantoffeln und Handschuhe, Sitzkissen, Knie- und

Rückenwärmer Käufer. Es kommen viele kombinierte Geräte mit Zusatzfunktionen auf den Markt.

Mit einer geschätzten Marktdurchdringung von über 50 % gehören elektrische Heizteppiche und der

Kotatsu zum Standard.

In den wärmeren Gegenden lassen sich die Betriebskosten für ein typisches offenes Ölheizgerät im

Hauptaufenthaltsraum unter der Annahme 3 kW Leistung, acht Heizstunden pro Tag (z. B. morgens

von 6 bis 9, und abends von 17 bis 22 Uhr) mit JPY 3.600 (25 Euro) pro Heizmonat abschätzen. Tags-

über genügt es dank der einfallenden Sonnenstrahlung und der sich rasch aufheizenden thermisch-

massearmen Baustruktur, sich mittels elektrischem Heizteppich oder Heiztisch mit etwa 400 W die

untere Hälfte des Körpers warm zuhalten, wenn man nicht gerade in Bewegung ist, was noch einmal

grob JPY 3.000 im Monat Stromkosten verursachen dürfte. Heizdecken für die Nacht dürften bei 70 W

und acht Stunden Betrieb 15 Yen pro Person und Nacht verursachen, also bei einem Vierpersonenhaus-

halt zu weiteren Stromkosten von etwa JPY 1.800 pro Heizmonat führen. Für die Dauer der Heizperi-

ode werden drei bis vier Monate angenommen.

Strombetriebene Klimageräte (Airconditioner) werden zur Kühlung und Heizung verwendet. Im Jahr

2002 wurden in Japan 7.546.000 Geräte verkauft, was mehr als einem Siebtel des weltweiten Verkaufs

entspricht. Davon sind ca. 650.000 Geräte für den Industriebedarf, so dass auf die privaten Haushalte

immer noch ungefähr 6.900.000 entfallen. In dieser Zahl sind auch die mit einer Wärmepumpe arbei-

tenden Geräte, die sowohl zum Kühlen als auch zum Heizen eingesetzt werden können, eingeschlos-

sen. Man rechnet mit einem gleichbleibenden Bedarf von etwa 6.800.000 Einheiten pro Jahr. Es gibt

zwei verbreitete Typen: Zum einen werden Klimageräte in Fenster eingebaut und zum anderen gibt es

die separate Aufstellung (Abbildung 2.47).

Abb. 2.47

Im Fenster eingebautes

Klimagerät

77Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.7∙ Marktsituation – derzeitig verwendete Technologien

2.7.1∙ Energie

Page 78: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Warmwassererzeugung

Es gibt elektrische Boiler, darunter auch Eco-Cute (s.u. Luft-Wärmepumpe), Gas- und Ölboiler auf dem

japanischen Markt. Diese haben folgende mögliche Funktionen: Das gewöhnliche Warmwasser, den

Badewannenkreislauf (Furogama) und/oder eine Frostschutzlösung zu Heizzwecken zu erwärmen. Es

gibt Geräte, die mehrere oder alle Funktionen in sich vereinen, nicht selten sind jedoch zwei oder mehr

Boiler vor dem Haus angebracht. Vom Gesichtspunkt der Störanfälligkeit her raten viele Handwerker

von Kombigeräten ab.

Die Boiler werden im allgemeinen an der Außenwand eines Hauses, häufig der Nordseite, ange-

bracht. Die Wasserzuleitung führt aus dem Erdreich in den Boiler, von dort wird das Warmwasser an

der Außenwand entlang geleitet und durchbricht jeweils im Bereich der Küche und des Badezimmers

die Wand in der Nähe der innenseitigen Entnahmestelle. Die Kaltwasserleitungen bilden ein eigenes

System ebenfalls mit Durchbruchsstellen in den Wänden.

In den kalten Gegenden werden die Außenleitungen mit Isoliermaterial und einem eingebetteten Heiz-

draht umwickelt. Dieser Draht heizt bei Außentemperaturen unter 0° C die Rohre elektrisch auf. Der

dabei entstehende Stromverbrauch ist beträchtlich, Energiesparversionen dieser Systeme werden nur

mit Einschränkungen und dem Hinweis angeboten, dass keine Haftung bzgl. der Funktion übernom-

men wird. An der Außenwand des Hauses ist immer eine Außensteckdose in Boilernähe vorgesehen.

Hier werden die Heizdrähte angeschlossen, im Sommer erfolgt eine Unterbrechung der Stromzufuhr.

Selbst in den warmen, südlichen Gegenden Japans kommt es gelegentlich zu Zwischenfällen mit einge-

frorenen Leitungen an den kältesten Tagen des Jahres.

Gas-Boiler sind üblicher in den warmen Gegenden, Öl-Boiler finden dagegen eher in den kalten Re-

gionen Verwendung. Aus diesem Grund sind in den warmen Regionen kaum Öltanks vor dem Haus

anzutreffen. Spezielle Gas-Boiler mit einer sehr geringen Größe sind in den Wohnhochhäusern (den

sogenannten „Mansions“) weit verbreitet.

Bei der typischen Nordseitenanbringung ist ein interessantes Phänomen zu beobachten, an dem sich im

allgemeinen niemand stört. Die Abgase treten bei Gasboilern durch Schlitze an der Frontseite oder bei

Der Verbrauch ist von individuellen Präferenzen

abhängig und variiert zwischen 0 und 50.000

Yen pro Kühlmonat mit einem Schwerpunkt im

Tausende-Yen-Bereich.

Ein steigender Bedarf ist auch bei den gasbetrie-

benen Wärmepumpenklimageräten zu vermer-

ken. 1994 wurden 27.794 Einheiten mit einer

Gesamtleistung von 646.000 kW verkauft, 2003

waren es bereits 41.523 Einheiten mit 1.614.000

kW.

Der Markt für Klimageräte ist sehr groß. Inzwi-

schen werden fast nur noch solche mit reversiblen

Wärmepumpen zum Kühlen und Heizen verkauft

(Abbildung 2.48)

Abb. 2.48

Entwicklung der Verkaufs-

zahlen für Klimaanlagen

78 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 79: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Ölboilern durch einen Rohrstummel an der Oberseite des Geräts aus. Besonders im Sommer führt das

Druckgefälle zwischen der schattigen Nordseite und der aufgeheizten Südseite des Hauses und der da-

raus entstehenden Sogwirkung dazu, dass die Abgase, leicht gehemmt durch den Dachvorsprung, zu

einem gewissen Anteil durch die Ritzen an Fenstern und Wänden ins Haus geleitet werden. Aufgrund

der gedrängten Bauweise können zusätzlich die Abgase der Nachbarhäuser eindringen.

Herkömmliche elektrische Boiler, die so geschaltet sind, dass sie mit günstigem Nachtstrom in 5 (1

Uhr bis 6 Uhr) oder 8 (23 Uhr bis 7 Uhr) Nachtstunden einen Warmwasservorratsspeicher erwärmen,

spielen eher eine Außenseiterrolle. Elektrische Durchlauferhitzer gibt es auch, zahlenmäßig bedeu-

tender dürfte jedoch der im Vergleich zu Mitteleuropa noch große Restbestand an Einfachst-Woh-

nungen gänzlich ohne Warmwasser, insbesondere bei Untermietzimmern sein. Ebenso hat nicht jeder

Mittelstands-Haushalt einen gesonderten geschlossenen Badewannenkreislauf, der ein Nachwärmen

und Konstanthalten der Badetemperatur über eine längere Zeitspanne oder sogar 24 Stunden am Tag

ermöglicht. Diese Technik erfreut sich jedoch großer Beliebtheit.

Solarenergie

• Sonnenlicht zur Beleuchtung

Beleuchtungssysteme mit Tageslicht spielen eine untergeordnete Rolle, sind aber ein interessanter An-

satz (The League of Sunlighting System, www.sun.or.jp/). Durch Spiegel und Prismaspiegel oder auch

Linsen und Fiberglaskabel wird das Tageslicht ins Innere der Gebäude geleitet. Hersteller und Vertreiber

sind die Firmen Tecnet (System für Wohnhäuser, (www.tecnet.ne.jp/natulight.html), Mitsui Engineering

and Shipbuilding, Laforet Engineering (System für Wohnhäuser, www.himawari-net.co.jp/) und Ryoko

(System für größere Gebäude, www.kkryoko.co.jp/).

• Photovoltaik (PV)

Japan ist der weltweit führende Produzent von PV-Modulen, die vier größten Anbieter sind Sharp,

Kyocera, Sanyo und Mitsubishi (s. Anhang).

Angeboten werden Kollektoren aus amorphem und kristallinem Silizium zur Aufdach- und weniger

häufig zur Indachmontage. Die derzeit käuflichen Systeme sind fast ausschließlich auf die Einspeisung

von überschüssigem Strom ins allgemeine Netz ausgelegt und enthalten dafür neben den Kollektoren

die entsprechenden Komponenten wie einen Power Conditioner (der den Gleichstrom in Wechselstrom

umwandelt), einen Verteiler, eine Anzeige im Haus und einen Zähler, der den ans Elektrizitätswerk ver-

kauften Strom misst. Autarke Systeme mit Speicherbatterie gibt es auch auf Anfrage, sie spielen aber

eine untergeordnete Rolle. Eine Kostenübersicht befindet sich im Anhang.

Die Anbringung von Photovoltaik-Anlagen wird bezuschusst: Landesweit gibt es pro kW 100.000 Yen

vom Staat (NEF - New Energy Foundation) und von manchen lokalen Gebietskörperschaften weitere

Leistungen (z. B. Odawara und Ebina 50.000 Yen, Sagamihara 60.000 Yen - Stand: 2002). Insgesamt

kann man mit bis zu 20 % Fördergeldern rechnen. Die Gesamtsumme aller Förderungen ist budge-

tiert. Gehen mehr Anträge ein als vorgesehen, wird gelost. Diese Auslosung unter den eingegangenen

Anträgen findet staatlicherseits zweimal jährlich statt. Teilweise werden auch günstige Kredite gewährt

(Quelle: Solar System Development Association, www.ssda.or.jp/assist/1_1.pdf).

Im Rahmen von All Denka und Nullenergiehäusern (s.u.) werden Photovoltaik-Anlagen beworben

und unterstützt, die Nachfrage liegt im 1 bis 2 Prozentbereich bei Neubauten. Im Vergleich zu dem

umfangreichen PR-Aufwand, ist diese Nachfrage eher verhalten, vermutlich aufgrund der Kosten. Ver-

käufer geben gern Amortisationszeiten von 20 Jahren und weniger an. Wenn gleichbleibende Strom-

preise vorausgesetzt werden, dürften 40 Jahre realistischer sein. Die bevorstehende Liberalisierung des

79Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 80: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Strommarktes in den nächsten Jahren dürfte zusammen mit Effizienzsteigerungen in der Verwaltung

etc. noch eine Weile preisdämpfend wirken, bevor aufgrund weltweit steigender Nachfrage nach

Primärenergien ein Preisanstieg zu erwarten ist. Momentan gelten die Richtwerte, dass 4.000.000 Yen

Investition für eine 4 kW Anlage (ca. 30 m2) inklusive hoher Montagekosten notwendig sind. Diese

Anlagen liefern etwa 4.000 kWh Strom pro Jahr, der dann für etwa 25 bis 30 Yen pro kWh verkaufen

werden kann, aber zu 20 Yen pro kWh gekauft werden könnte (Quelle: Kyocera, u.a.).

• Solarthermie

Solare Warmwasserkollektoren haben nach den Ölkrisen und 80er Jahren einen wahren Boom erlebt.

Man spricht von 4,5 Millionen momentan installierten Anlagen. Zur Zeit ist Solarthermie jedoch kein

Thema, geworben wird kaum und es werden nur noch 4.000 Anlagen pro Jahr gefördert. In das

JIS-Handbuch zum Thema Energiesparen wurde die „Solarthermie“ nicht aufgenommen. Allen voran

hatten in den 70er Jahren Asahi Solar und andere Firmen einen einfachen und preiswerten Typ mit

großem Aufwand vermarktet und waren dann in die negativen Schlagzeilen geraten: Die Geräte konn-

ten die Erwartungen nicht erfüllen und die Öl- und Strompreise sanken nach einem Hoch Anfang der

80er Jahre wieder deutlich ab.

Nach Abbildung 2.49 sind es fast 7 Millionen

Sonnenkollektoren, die in der Vergangenheit

insgesamt installiert wurden. Dabei unterscheidet

sich ein „Solar water heating system“ (solarer

Durchlauferhitzer mit integriertem Speicher-

tank) nur geringfügig von einem „Solar system“

(getrennter, geschlossener Kreislauf). Die Anlagen

werden immer noch vermarktet (Sonnenwärme-

warmwassergeräte mit natürlichem Kreislauf,

200.000 bis 400.000 Yen) und inzwischen im

allgemeinen einer weiteren Wärmequelle (Bren-

ner) vorgeschaltet, das Programm der Kollektoren

anbietenden Firmen ist aber ergänzt um weitere

Modelle mit zwei oder mehr Kreisläufen („solare

Systeme“), einem Geschlossenen forcierten mit Kälteschutzmittel zwischen Kollektor und separatem

Tank, einem getrennten Offenen für Warmwasser und evtl. weiteren für weitere Zwecke (400.000 bis

1.000.000 Yen). Hinzu kommen jeweils nicht unerhebliche Anschluss- und Montagekosten.

Die Förderhöhe beläuft sich auf etwa 10 bis 25 % der Gesamtkosten, wenn man bei der Auslosung

durch die NEF gezogen wird. Es werden Flach- und Vakuumröhrenkollektoren angeboten. Warmwas-

ser-Sonnenkollektoren zur Heizungsunterstützung werden nur in Einzelfällen realisiert.

Importierte Wohnhäuser machen weniger als ca. 1 % vom Neubau in Japan aus. Vor dem Hintergrund

des starken Wachstums erscheint diese Zahl sehr klein. Vor 10 Jahren jedoch betrug die Zahl der

importierten Häuser gerade mal ca. 1.000 und hatte einen Anteil am Neubauvolumen von weniger als

0,1 %. Erst um 1994 begann die Zahl der importierten Häuser drastisch zu wachsen. Der zu der Zeit

starke Yen begünstigte den Import, zu dem dann auch immer mehr Baumaterialien und auch gan-

ze Gebäude hinzu kamen. Mit schwächer werdendem Yen ist die Zahl der importierten Häuser und

Baumaterialien jedoch nicht gesunken, sondern kontinuierlich weiter gestiegen. Diese Tatsache ist,

Abb. 2.49

80 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.7.2∙ Haus- und Gebäudetechnik

Page 81: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

dem wachsenden Bewusstsein unter den Verbrauchern hinsichtlich der hohen Leistungsfähigkeit der

importierten Häuser zu verdanken. Eine gute Wärmedämmung, hohe Luftdichtigkeit, Funktionalität,

ein attraktives Design und ein durchdachtes Konzept bei ansprechendem Preis-Leistungsverhältnis

zeichnen die importierten Häuser aus. Weiterhin entsprachen die Häuser dem Lifestyle einer wachsen-

den Bevölkerungsschicht. Eine geschickte Vermarktungsstrategie der importierenden Agenturen hat

weiterhin zu den steigenden Zahlen der importierten Häuser geführt. Diese Hochkonjunktur wird nicht

auf importierte Häuser begrenzt. Leistungsstarke Materialien (wie Holzfenster oder Kunststofffenster

mit Isolierglas) und wenig emittierende Innenmaterialien haben auch begonnen, auf einer breiten Skala

importiert und benutzt zu werden. Vorgenannte Bedingungen werden auch in Zukunft zu steigenden

Importzahlen führen. Ein attraktiver Markt wird für ausländische Unternehmen geöffnet.

Seit den neunziger Jahren haben importierte Wohnhäuser große Aufmerksamkeit als leistungsfähiges

Verkaufsprodukt auf sich gezogen. Wegen deren Überlegenheit in den luftdichten Ausführungen und

in der thermischen Isolierung, des attraktiven Designs und der Kostenwettbewerbsfähigkeit erfreuen

sich Kanadische und Europäische Häuser immer steigender Beliebtheit. Als importierte Wohnhäuser

werden solche bezeichnet, die in Übersee gestaltet und komplett gefertigt werden. Sie werden als

einzelne Hauseinheit mit komplettem Materialsatz oder als großes Materialpaket standardisierter Bau-

materialien (2 x 4), aus denen dann Rohbauten erstellt werden, importiert. Werden in einem in Japan

gefertigten Haus nur wenige importierte Materialien verwendet, so fällt dies Gebäude nicht unter die

sogenannten „imported housing“.

Infolgedessen sind viele japanische Bauunternehmen in das Geschäft mit den importierten Häusern

eingestiegen und es werden immer mehr Immobilien mit europäischer oder amerikanischer Herkunft

angeboten. Die Zahl der importierten Häuser wird auf etwa 10.000 Einheiten geschätzt, was in etwa

dem Volumen der Deutschen Fertighausindustrie entspricht. Zusätzlich hat die Verbreitung der impor-

tierten Häuser auch zu einer bedeutenden Zunahme des Importes von Qualitätsbaumaterial insgesamt

geführt. Diese werden als „importierte Materialien“ bezeichnet. Obgleich sich die Zahl der importierten

Wohnhäuser und der importierte Materialien ständig erhöht haben, haben sich die Bedingungen, die

diese Importe umgeben, beträchtlich geändert. Es haben sich Änderungen in der Bauindustrie, ein-

schließlich der großen Änderungen im System von Gesetzen und von Regelungen mit weitreichenden

Neuausgaben am Bauvorschriftgesetz (Building Standard Law, BSL) ergeben. Die ersten Änderungen in

diesem Umfang seit den letzten 50 Jahren. Es wurde das „Housing Quality Assurance Law“ geschaf-

fen, Außenhandelssperren abgebaut, einzelne Regulierungen vereinfacht, aber auch andere Regulie-

rungen wie z. B. die Anforderungen hinsichtlich der Innenraumluftqualität verschärft. Für nach Japan

exportierende Unternehmen ist die Beschäftigung mit den Änderungen im japanischen Baugesetz eine

der Hauptaufgaben geworden.

Diese Situation hat die Außenhandelorganisation Japans (Japan External Trade Organization, JETRO)

dazu geleitet, Handbücher und weitere Informationen zur Verfügung zu stellen, die z. B. Informationen

zu Tendenzen auf dem japanischen Markt, zu den Aufsichts- und Kontrollsystemen und weitere Infor-

mationen beinhalten, die es nach Japan exportierenden Unternehmen erleichtern sollen, ihre Arbeit

auszuführen.

81Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 82: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Bei Neubauten und Nachrüstungen von Einfamilienhäusern ist zur Zeit Eco-Cute – die Erzeugung und

Speicherung von Warmwasser bei 90 °C mittels einer mit Nachtstrom betriebenen Wärmepumpe (CO2

als Kältemittel) - auch sehr beliebt. Die Anschaffung kostet ca. 5.000 Euro und wird zu 25 % bezu-

schusst. Bei ähnlichen Anschaffungskosten ist Eco-Cute teurer im Unterhalt als solarbetriebene Anla-

gen. Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen sind allerdings in Japan nicht üblich und für diese Technik wird

in großem Umfang geworben (Fernsehspots zu den Hauptsendezeiten, Plakate, Zeitschriftenwerbung,

etc.). Hier spielen Trends eine große Rolle. Die Geräte-Kombination besteht aus einem Außengerät

(Wärmetauscher), welches mit günstigem Nachtstrom betrieben wird und einem Warmwasserspeicher

mit Steuerung (300 Liter üblich, aber auch andere Größen), der außen oder auf Wunsch auch innen

aufgestellt werden kann. Bei der Innenaufstellung konkurriert der Warmwasserspeicher in der her-

kömmlichen EFH-Aufteilung mit der Waschmaschine um einen Aufstellplatz im Waschbeckenzimmer.

Die japanische Regierung fördert momentan die Umstellung vom privaten Gas- und Ölverbrauch auf

die Nutzung von Strom - genannt All-Denka. Ziel der Regierung ist es vor allem, die Abhängigkeit von

den Heizöl-Importen zu verringern. Zu diesem Zweck findet eine äußerst umfangreiche Werbekampa-

gne statt. Gasherde sollen durch elektrische IH-Cooker („Induktionsherde“) ersetzt werden, die Warm-

wasserbereitstellung soll von Gas, Öl und auch Sonne auf Eco-Cute umgestellt werden.

Das Zero-Energy-Haus, ein weiterer Trend für Neubauten, hat zusätzlich zu All-Denka und Eco-Cute

noch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach (die typische Leistung beträgt 3 bis 4 kW bei 24 bis 32

m2 Kollektorfläche, jährlich werden ca. 3.000 bis 4.000 kWh Strom erzeugt). Damit ist der durch-

schnittliche Energiebedarf einer Normfamilie nicht gedeckt, der Name Zero-Energy-Haus wird trotzdem

verwendet. Den erzeugten überschüssigen Tagstrom nehmen die Stromfirmen zum üblichen Abgabe-

preis ab. Es bietet sich in diesem Fall an, einen Tarif mit etwas verteuertem Tagstrom und drastisch

verbilligtem Nachtstrom zu wählen, der angeboten wird, aber bislang von weniger als zwei Prozent der

Haushalte gewählt wurde.

Es handelt sich bei Eco-Ice um einen Wärme/Kältespeicher für größere Gebäude, in dem nachts mit

Nachstrom Eis bzw. Warmwasser erzeugt wird, dessen gespeicherte Energie dann tagsüber genutzt

wird. Für Privathaushalte mit Büro oder Ladenbereich bietet sich die Kompaktausgabe Eco-Ice Mini an.

82 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.8∙ Neueste Markttrends und mittelfristige Perspektiven

2.8.1∙ Eco-Cute

2.8.2∙ All-Denka

2.8.3∙ Zero-Energy-Haus

2.8.4∙ Eco-Ice

Page 83: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Seit dem Jahr 2003 bietet u.a. die Firma Noritsu ein drei Funktionen vereinendes Gas-Boiler-Kombi-

gerät mit Brennwerttechnologie an. Es kostet etwa das Vierfache eines Einfach-Boilers. Für dieses

Konzept gibt es den Namen „Eco-Jozu“, „jozu“ bedeutet „geschickt“ auf Japanisch. Es gibt auch

Fördergelder. Andere große Boilerhersteller bieten entweder noch keine Brennwerttechnologie an

oder bewerben diese nicht.

Kraftwärmekopplung ist in Japan schon seit Jahren ein Thema bei den jährlichen ENEX Veranstaltungen

(Energy and Environment Exhibition). Laut Aussage der Fa. TESS, in ihrem derzeit laufenden Fernseh-

werbespot, ist die Firma Marktführer mit 1.500 installierten Anlagen (51,9 % des Marktes).

Für Privathaushalte wird Kraftwärmekopplung unter dem Namen „Eco-Will“ beworben. Während

„Eco-Cute“ das beworbene Produkt der Elektrizitätsfirmen ist, wird „Eco-Will“ von den Gasfirmen

angepriesen. Anfang 2004 waren Monitorprogramme ausgeschrieben (ab 2.000 Euro, Hokkaido-Gas).

Die Kosten für eine Eco-Will-Gerätekombination zur Verbrennung von Gas betragen etwa 6.000 Euro

(JPY 825.000). Diese verfügt über ca. 1 kW elektrische und 3,25 kW thermische Leistung. Auf diese

Weise werden Warmwasser, Heizwärme und auch Kälte bereitgestellt (Quelle: Shizuoka Gas, www.

shizuokagas.co.jp/katei/ecowill).

Die Firma Tokyo Gas stellt unter den Gasversorgern eine Ausnahme dar, da sie zur Zeit noch keine

Kraftwärmekopplung für Privathaushalte im Rahmen des Eco-Will-Programms anbietet, sondern ihre

Forschung ganz auf Brennstoffzellen-Kraftwärmekopplung konzentriert hat. Zur Eco-Products-Messe

vom 9. – 11.12. 2004 wurde als Weltpremiere die Aufnahme des Vertriebs von Brennstoffzellen mit

1 kW Leistung für Privathaushalte für den 8. Februar 2005 angekündigt. 200 Einheiten sollen im

Geschäftsjahr 2005 (bis Ende März 2006) in einer Art Monitorprogramm von Verbrauchern getestet

werden, um dann 2008 an den Markt zu gehen (Quelle: Presseerklärung, www.tokyo-gas.co.jp/

Press_e/20041206-2e.pdf)

Im Rahmen der Solarthermie werden eine Reihe Geräte und Systeme angeboten, der Markt ist stabil. Es

werden nur ca. 4.000 Anlagen pro Jahr gefördert, die Technologie verkauft sich darüber hinaus ohne

besondere Unterstützung und wird kaum beworben. (Bei Boiler- und Heizungshersteller Noritz auf der

Homepage nur noch unter Sonstiges zu finden). Bei 4,5 Millionen installierten Geräten dürften sich die

jährlichen Absatzzahlen in der Größenordnung zwischen 40.000 und 400.000 Geräten belaufen. Den

größeren Anteil stellen Durchlauferhitzer. Zu nennen sind weiterhin separat aufgestellte kleineren Spei-

chertanks mit 200 bis 400 Liter Volumen. Auffällig ist, dass das Potential der Solarthermie-Nutzung zur

Heizungsunterstützung bei den vorhandenen guten Voraussetzungen bislang kaum Beachtung findet.

Eine in Deutschland weniger bekannte Form der Solarenergienutzung sind Luftsonnenkollektoren (in

Deutschland siehe Angebot der Fa. Grammer). Luft erwärmt sich beim Vorbeiströmen an von der Son-

ne erwärmten Dach- und/oder Wandelementen und wird über einen Ventilator ins Hausinnere geleitet,

wo sie direkt oder indirekt zu Heizzwecken, und über einen unter dem Dach angebrachten Wärmetau-

scher zum Erzeugen von Warmwasser benutzt werden kann. Diese Anlagen werden im allgemeinen

83Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

2.8.5∙ Eco-Jozu

2.8.6∙ Eco-Will – Kraftwärmekopplung

2.8.7∙ Luftkollektoren

Page 84: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

nicht zum Nachrüsten angeboten, sondern bilden eine eigene Kategorie für den Hausbau (Hausanbie-

ter, führend sind: OM-Solar, Solar Circuit, u. a.; Anbieter von Elementen: Fa. Solarwall aus Kanada).

Das Konzept der Firma OM Solar (www.omsolar.co.jp) wenden mittlerweile landesweit 300 Haus-

baufirmen (Komuten) als Mitglieder der OM Solar-Gemeinschaft an. In den Hausbaukosten, die im

gewöhnlichen Rahmen liegen (550.000 bis 600.000 Yen pro „tsubo“ = 3,3 m2) ist der Sonnenwärme-

nutzen bereits enthalten. Eine eigene Finanzierungsgesellschaft liefert einen weiteren Anreiz. Zudem

gibt es NEF- und NEDO-Fördergelder und -Programme für diese Technologie.

Im Sommer wird die Sonnenwärme nicht ins Haus, sondern von unter dem Dach nach draußen abge-

führt, so dass sich das Haus im Sommer auch weniger aufwärmt. Zwischen Dezember und Februar ist

die Heizwirkung nicht unbedingt ausreichend, aber eine deutliche Senkung der Heizkosten wird erzielt,

zumal die laufenden Kosten für den Ventilator mit lediglich 1.200 Yen im Monat angegeben werden.

Die Marktdurchdringung der Technologie ist noch nicht überwältigend (über 25.000 Häuser im Dez.

2003), aber sie genießt auf dem Hausbaumarkt einen guten Ruf und Bekanntheitsgrad.

84 Rahmenbedingungen für Ökohauskonzepte in Japan

Page 85: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Zur Bewältigung von nachhaltigen Bauaufgaben kann ein ökologisches Gesamtkonzept als metho-

disches Prinzip für eine integrative Planung und einem ganzheitlichen Ansatz dienen. Die Strukturie-

rung des Gesamtkonzepts in Teilkonzepte ermöglicht über den gesamten Planungs- und Umsetzungs-

prozess hindurch den mehrfachen Perspektivenwechsel zwischen der Betrachtung von Teilaspekten

und dem Gesamtprojekt mit allen erwünschten und unerwünschten Wechselwirkungen, die es zu

optimieren gilt. Mit der Formulierung der Aufgabenstellung sowie der übergeordneten Zielstellung

werden der Betrachtungsrahmen und der inhaltliche Schwerpunkt gesetzt.

Ökologisches Bauen bedeutet die Entwicklung und Umsetzung von Gesamtkonzepten in ganzheit-

lichen und integrierenden Planungs- und Bauprozessen mit dem Ziel, ein Höchstmaß an Lebensqualität

mit geringsten irreversiblen Eingriffen in die natürlichen Kreisläufe zu schaffen.

Die integrale Planung ist ein umfassender und ganzheitlicher Ansatz, der auf den gesamten Lebens-

zyklus und alle Aspekte der Nutzung des Gebäudes hin orientiert ist. Die integrale Planung erfordert

die Zusammenarbeit von Fachplanern im interdisziplinären Team über den gesamten Prozess hinweg.

Dabei sollten alle Aspekte des Gebäude-Lebenszyklus – Nutzungskonzept, Errichtung, Betrieb, Rück-

bau, Verwertung/Entsorgung – im Planungsteam kompetent vertreten sein. Unterstützend können bei-

spielsweise Kriterienkataloge sowie die Gebäudedokumentation und -bewertung angewendet werden,

um das Erreichen einer hohen Gesamteffizienz zu ermöglichen.

85

3∙ Ökologisches Gesamtkonzept

3.1∙ Zielstellung und Inhalte

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan

3.1.1∙ Ökologisches Bauen und integrale Planung

3.1.2∙ Das ökologische Gesamtkonzept

Abb. 3.1

Prinzip des Ökologischen

Gesamtkonzepts als

methodisches Hilfsmittel

Page 86: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

und natürliche Gewässer, lokale Emissionen und

Immissionen, etc.. Dies ist der Grund dafür, dass

einige sehr wichtige Teilkonzepte – wie z. B. das

Wasserkonzept – an dieser Stelle nicht behandelt

werden.

Das vorliegende Dokument hegt nicht den

Anspruch, die eine optimierte Lösung für ein

konkretes Problem zu finden und aufzuzeigen,

vielmehr geht es darum, eine ganzheitliche He-

rangehensweise an die Entwicklung ökologischer

Gebäudekonzepte sowie exemplarische Lösungen

zu erarbeiten und zusammenfassend darzustellen.

Dies unterscheidet dieses Ökologische Gesamt-

konzept von konkreten Bau- und Planungsaufga-

ben und erklärt somit die reduzierte Auswahl der

Teilkonzepte.

Mit der Entwicklung der Struktur des Ökologischen Gesamtkonzepts wird der formale und inhaltliche

Rahmen für die Erarbeitung der Konzeption und der Planung geschaffen. Es gilt, das Gesamtkonzept in

sinnvolle Teilkonzepte zu unterteilen. Dabei ist die Wahl der Teilkonzepte dem Planer in Abhängigkeit

von der Aufgabe (Städtebau oder Gebäudeplanung) und inhaltlichen Teilproblemen selbst überlassen.

Alle Aspekte, die für die jeweilige Planung relevant sind, müssen abgedeckt sein. Die Teilkonzepte

werden benannt und entsprechende Zielstellungen (Teilziele) formuliert.

Für das vorliegende Projekt wurden folgende Teilkonzepte für die Bearbeitung festgelegt:

1. Teilkonzept „Architektur und Nutzung“ (s. Kapitel 3.4)

2. Teilkonzept „Konstruktion und Baustoffe“ (s. Kapitel 3.5)

3. Teilkonzept „Energie“ (s. Kapitel 3.6)

Die Festlegung der Teilkonzepte erfolgte basierend auf der Forschungsaufgabe und den damit in Ver-

bindung stehenden Untersuchungsschwerpunkten. Das Forschungsthema beinhaltet die exemplari-

sche Entwicklung von ökologischen Gebäudekonzepten für den ostasiatischen Markt. Damit ist das

Projekt bis auf den japanischen Archipel und dessen verschiedene Klimazonen an keinen konkreten

Standort (Grundstück) gebunden. Das heißt, viele spezifische Rahmenbedingungen können in der Kon-

zeptentwicklung keine Berücksichtigung finden, da sie nicht bekannt sind. Dazu zählen beispielsweise

die Einbindung in den städtischen Kontext, vorhandene Flächenpotentiale, existierende Grünräume

Auf Basis der ziel- und ergebnisorientierten Analyse der Teilkonzepte werden Lösungsvorschläge

entwickelt. Diese werden mit den spezifischen Rahmenbedingungen, z. B. finanziellen oder ande-

ren situationsbedingten Zwängen abgestimmt. Im nächsten Schritt werden die Lösungsansätze der

Teilkonzepte über Rückkopplungen miteinander abgewogen und zu einem Gesamtkonzept optimiert.

Das Ökologische Gesamtkonzept berücksichtigt die strukturellen, funktionalen und stofflichen Ver-

knüpfungen innerhalb des Planungsobjektes und darüber hinaus mit dem angrenzenden Umfeld. Das

in sich stimmige, aber flexible Gesamtkonzept ermöglicht auch schrittweise Umsetzungen, was v. a. für

größere Bauaufgaben von Bedeutung sein kann.

Abb. 3.2

Ökologisches Gesamtkon-

zept und Auswahl aus

möglichen Teilkonzepten

86 Ökologisches Gesamtkonzept

3.1.3∙ Teilkonzepte und Schwerpunkte des Forschungsprojekts

Page 87: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Für die Entwicklung von Lösungsansätzen sollen für einen Teil der Planungsbereiche – wenn als sinnvoll

erachtet – zwei ökologische Stufen definiert und dafür entsprechend Umsetzungsmöglichkeiten vorge-

schlagen werden.

Die Grundstufe bildet die „Öko-Standard-Variante“. Hierfür sollen Lösungen aufgezeigt werden, die

aus wirtschaftlicher Sicht kostengünstiger und am deutschen bzw. europäischen Markt relativ einfach

erhältlich sind. Dies können vor allem bauliche und technische Möglichkeiten sein, die in Deutschland

bzw. Europa schon mehr oder weniger zum Standard bezüglich des (nachhaltigen) Bauens gehören

und keine High-Tech-Lösungen darstellen.

Eine Steigerung des ökologischen Konzepts kann dann mit der „Öko-Plus-Variante“ erreicht werden.

Diese Variante wird sich vorrangig auf die installierten Energietechniken beziehen. Dabei können Lö-

sungsalternativen vorgeschlagen werden, die weniger am deutschen / europäischen Markt verbreitet,

teilweise kostenintensiver und möglicherweise auch noch in der Experimentierphase sind.

Die nachfolgende Zielstellung trägt den Charakter eines Leitziels und bildet den grundsätzlichen Orien-

tierungsrahmen für die Entwicklung des Gesamtkonzepts.

Zu den Leitlinien nachhaltiger Stadt- und Gebäudeplanung gehört das langfristige und dauerhafte Pla-

nen, Bauen und Bewirtschaften. Nachhaltiges Bauen strebt für alle Phasen des Lebenszyklus von Ge-

bäuden über die Planung, die Erstellung, die Nutzung und Erneuerung bis zum Rückbau und der daran

anknüpfenden Verwertung und/oder Entsorgung eine Minimierung des Verbrauchs von Energie und

Ressourcen sowie eine möglichst geringe Belastung des Naturhaushalts an. Ressourcen stehen regional

je nach klimatischen und geologischen Gegebenheiten in unterschiedlicher Menge und Qualität zur

Verfügung. Nachhaltigkeit bedeutet, auf die regionale Situation einzugehen und entsprechende Prio-

ritäten zu setzen. Es sollen zeitgemäße, vielfältige Gebäude mit hoher ästhetischer Qualität entstehen,

die sich schonend in das Landschafts- und Siedlungsbild einfügen und mit hohen bauökologischen

Standards ein gesundes Wohnen und Arbeiten ermöglichen.

Die übergeordnete Zielstellung wird in den einzelnen Teilkonzepten durch entsprechende Teilziele

untermauert und konkretisiert. Diese sind zu Beginn des jeweiligen Kapitels zu finden.

Abb. 3.3

Ökologisches Stufen-

programm

87Ökologisches Gesamtkonzept

3.2∙ Ökologisches Stufenprogramm

3.1.4∙ Übergeordnete Zielstellung

Page 88: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Ökologische Gebäude erhalten Ihren vollständigen Sinn erst im größeren Zusammenhang. Deshalb

nachfolgend an dieser Stelle einige Prinzipien für die Umsetzung im Siedlungsbereich.

Das in diesem Rahmen entwickelte Gebäude soll die Basis für eine abwechslungsreiche und flexible

städtebauliche Struktur darstellen, die es ermöglicht, verschiedenen Nutzern und deren Ansprüchen

gerecht zu werden. Dabei sollen unterschiedliche städtebauliche Dichten durch verschiedenartiges Fü-

gen der Gebäude (z. B. Reihung, Höfe, Einzelgebäude, etc.) erreicht werden. Flächensparendes Bauen

durch eine hohe Dichte ist ein vorrangiges Planungsziel. Der Raum sollte möglichst intensiv genutzt

werden.

Ein mögliches Siedlungsgebiet sollte öffentliche, halböffentliche und private Nutzungsbereiche be-

rücksichtigen und durch verschiedenartig gestaltete Grünzonen („wilde“ Naturräume bis zum gestalte-

ten Mietergarten) strukturiert werden. Diese grünen Freiräume sind miteinander vernetzt und bieten

verschiedene und vor allem flexible Nutzungsmöglichkeiten für die Bewohner. Außerdem können

Quartiersparks oder gemeinschaftlich genutzte Innenhöfe die Identifikation mit dem Umfeld und nach-

barschaftliche Beziehungen fördern. Als Richtwert werden 10 bis 30 % der Gesamtfläche als Grünzo-

nen angenommen.

Im Sinne einer nachhaltigen Planung wird für die Siedlungsstruktur eine Verknüpfung von Wohnen,

Arbeiten und Erholung angestrebt. Das heißt, „Monokulturen“ wie reine Wohngebiete es sind, werden

vermieden, z. B. durch die Integration von Schulen, Kindertagesstätten, Sporthallen, Verwaltungsein-

richtungen, nicht störendem Gewerbe, Einkaufsmöglichkeiten, etc..

Weiteres großes Teilgebiet der städtebaulichen Planung ist der Verkehr. Das Verkehrskonzept sollte auf

eine „Stadt der kurzen Wege“ ausgerichtet sein. Dieses Ziel steht in engem Zusammenhang mit der

funktionalen Mischung im Quartier. Dazu gehört zum Beispiel, das Stadtgebiet gut an die Innenstadt

und die übrigen Stadtteile anzubinden und ein gut organisiertes und schnell erreichbares öffentliches

Verkehrsnetz anzubieten. Um die Aufenthaltsqualität im Quartier zu erhöhen, sollte der motorisierte

Verkehr möglichst aus dem Gebiet herausgehalten werden (nur Belieferung oder im Notfall). Dazu

bieten Sammelparkierungen am Siedlungsrand eine gute Alternative und der Verkehrsflächenanteil

im Gebiet verringert sich. Weiterer wichtiger Ansatzpunkt ist die grundsätzliche Trennung von Au-

toverkehr, Fahrradverkehr und Fußgängern. Eine gut ausgebautes Rad- und Fußwegenetz sollte das

Siedlungsgebiet durchziehen.

88 Ökologisches Gesamtkonzept

3.3∙ Ausblick: Ökologische Gebäudekonzepte und die Ecocity

Page 89: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die Lösungsansätze im Bereich „Architektur und Nutzung“ werden für die 3 Klimazonen gemeinsam

behandelt, da es sich hier grundsätzlich um gestalterische, bauliche sowie funktionale Ansätze als

Reaktion auf die japanischen Wohn- und Lebensbedürfnisse handelt. Die energetische Optimierung

des Gebäudes in Reaktion auf die verschiedenen Klimazonen wird im Teilkonzept „Energie“ behandelt.

Dort werden Lösungsansätze bezüglich der verschiedenen Aspekte wie z. B. Gebäudehülle, -ausrich-

tung, solarer Gewinne, Schutz vor sommerlicher Überhitzung, etc. in Abstimmung auf die spezifischen

klimatischen Bedingungen erarbeitet.

Ausgangslage und gesellschaftliche Entwicklung

In Japan wird in großem Maße moderner, westlich ausgestatteter und hochqualitativer Wohnraum

nachgefragt. Entscheidend für den Erwerb von Wohneigentum ist dabei weniger die absolute Größe

des Objekts. Vielmehr ausschlaggebend sind die Bodenpreise, die Entfernung des Grundstücks zum

Stadtzentrum (Lage und Verkehrsanbindung), die Größe der Wohnung bzw. des Hauses und die Aus-

stattung und Qualität des Objekts.

Nachfolgend einige Statistikdaten1 zum Wohneigentum in Japan:

• Zahl an Räumen in Wohneigentum: 6.02

• Wohnfläche pro Wohneinheit allgemein: 92.43 m² (ähnlich Deutschland 2006: 90.2 m²)

• Wohnfläche im Wohneigentum: 122.74 m²

• Personenzahl pro Raum im Wohneigentum: 0.54

• Personen/Haushalt: 2.79 (Deutschland 2006: 2.1)

• Wohnfläche/Person: 32.8 m² (Deutschland 2006: 42.9 m²)

Die Rahmenbedingungen für das Teilkonzept „Architektur und Nutzung“ beziehen sich zum größten

Teil auf die Ergebnisse der vorangestellten Analyse in Kapitel 2. Zur Erläuterung spezieller Konzept- und

Entwurfsansätze werden einzelne Anforderungen und Entwicklungen der japanischen Wohn- und

Lebensweise herausgestellt, die im Gebäudekonzept Berücksichtigung finden müssen.

Leitziel des Architektur- und Nutzungskonzepts soll es sein, die speziellen Nutzeransprüche sowie den

besonderen Wohn- und Lebensstil der Japaner zu berücksichtigen, denn auch ein ökologisches Kon-

zept ist nur überlebensfähig, wenn es von den zukünftigen Nutzern akzeptiert und angenommen wird.

Nachhaltig bauen steht in enger Verbindung mit einer langen Lebensdauer von Gebäuden. Diese Lang-

lebigkeit ist zum einen geknüpft an die Qualität der Baustoffe sowie Konstruktion, zum anderen aber

auch an die Gebrauchstauglichkeit des Gebäudes in seiner Funktion. Aus diesem Grund ist ein wei-

teres Leitziel des architektonischen Konzepts die Anpassungsfähigkeit des Gebäudes an sich ändernde

Lebensverhältnisse, verbunden mit Schlagworten wie Flexibilität und Multifunktionalität.

Ein drittes übergeordnetes Leitziel ist die energetisch optimierte Gebäudeplanung. Dabei steht der

defensive Weg der Energieeinsparung im Mittelpunkt. Einzelne Ansätze zum energieoptimierten Planen

sowie deren Einfluss auf das architektonische Konzept sind im Teilkonzept „Energie“ näher beschrie-

ben.

89Ökologisches Gesamtkonzept

3.4∙ Teilkonzept „Architektur und Nutzung“

3.4.1∙ Zielstellung

3.4.2∙ Konzeptansätze für die Gebäudeplanung

1 Ministry of Internal Affairs and Communications, Japan, Housing and Land Survey 1998

Page 90: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

In Japan sind ganz ähnliche Entwicklungen im Bereich Wohnen zu erkennen wie in Deutschland. Die

Wohnfläche pro Person erhöht sich stetig und es ist eine Zunahme der Zahl der Haushalte, insbeson-

dere der Ein- und Zweifamilienhaushalte (je ca. 20%) zu verzeichnen. Nur noch 60 % der Haushalte

passen in das Schema der klassischen „Kernfamilie“. Vielmehr entsteht das Prinzip der Familie als

Gruppe mit wechselnden Konstellationen und Lebensabschnitten. Wie in vielen Industrieländern gibt es

viele Alleinerziehende, unverheiratete Paare und andere nicht-traditionelle Auffassungen von Familie.

Weiterhin ist einer Veränderung des Lebensstils durch die stärkere Einbindung der Frau in den Beruf-

salltag verbunden mit einer späteren Familiengründung ablesbar. Aufgrund hoher Mietpreise leben

viele junge Japaner längere Zeit – meist bis zur Hochzeit – bei ihren Eltern. Aus diesem Grund sind viele

Häuser so ausgelegt, dass sie zwei getrennte Wohneinheiten besitzen.

Japan ist wie viele andere Industrienationen von einem starken demografischen Wandel betroffen. Die

Bevölkerung schrumpft und die Bevölkerungspyramide verzerrt sich. Ist der Anteil der über 65-Jährigen

mit 21 % an der Gesamtbevölkerung heute bereits ein Rekord für die Industriestaaten, wird für das

Jahr 2050 sogar ein Anteil von 33 % prognostiziert. Die Überalterung der Bevölkerung verlangt dem-

entsprechend nach speziellen Angeboten und Konzepten im Bereich des Wohnens.

Tradition und zeitgenössische Realität

In Japan ist ein Nebeneinander von traditionellen und „modernen“, westlich beeinflussten Wohn-

formen zu erleben – sowohl im städtebaulichen Kontext als auch im Inneren der Wohnung. Das tradi-

tionelle japanische Haus mit seinen Schiebeelementen zum Öffnen und Querlüften ist heute für die

meisten Japaner keine wirkliche Alternative mehr, schon allein um die Funktionstüchtigkeit der Klima-

anlage zu garantieren. Der Erhalt traditioneller Formen des Wohnens spielt in Japan eine viel geringere

Rolle als der Einfluss der Modernisierung und Verwestlichung. Jedoch bietet das traditionelle Haus viele

Vorteile, welche neu interpretiert eine hohe Funktionsfähigkeit des Hauses erzeugen können. Dabei

können vor allem Aspekte der passiven Heizung, Kühlung, Lüftung und Belichtung eine Rolle spielen.

Die Verknüpfung von Tradition und zeitgenössischen Entwicklungstendenzen der japanischen Architek-

tur soll aus gebäudeplanerischer Sicht als Leitidee fungieren.

Raumelemente und Raumprogramm

Städtische Durchschnittswohnungen in Japan und ihre Ausstattung orientieren sich heute vorwiegend

an amerikanischen und europäischen Vorgaben. Die Integration von typisch „Japanischem“ erfolgt

meist nur noch durch die Ausstattung. Japanische Häuser können eher als private Orte des Rückzugs

gesehen werden, wo selten Fremde ein- und ausgehen. Japaner selber verbringen einen großen Teil

ihrer Freizeit in der eigenen Wohnung.

Aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen ist der klassische n-LDK-Grundriss (n-Wohnräume plus

Living-Dining-Kitchen) heute nicht mehr zeitgemäß. Neben den westlichen Einflussfaktoren lässt sich

jedoch ein bestimmtes Raumprogramm mit speziellen japanischen Raumelementen, die auf der ganz

eigenen Wohn- und Lebensweise basieren, erkennen.

Das Herz des Hauses bildet oft das chanoma – ein kombinierter Küchen-Wohn-Ess-Bereich als Treff-

punkt für gemeinschaftliche Aktivitäten der Familie. Diese werden heute oft mit Holz- oder Teppichbo-

den ausgestattet. Das Mobiliar besteht entweder aus Sitzkissen (zabuton) oder westlichen Stühlen, ist

aber auf jeden Fall beweglich und entsprechend den Bedürfnissen veränderbar.

In einer 1998 durchgeführten Studie fand man in 91 % der Häuser einen washitsu (traditioneller

Tatami-Raum)2. Dieser war jedoch meist nicht Teil eines gesamtarchitektonischen Konzepts, sondern

2 Nosé, Michiko Rico (2001)

90 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 91: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

verstand sich eher als ein Ausstattungselement – ein großes Möbelstück – innerhalb der westlichen

Architektur.

Der genkan als Eingangsfoyer mit Höhenunterschied und Schuhwechsel ist immer noch ein wichtiger

Bereich, um Besucher zu begrüßen, ohne die Privatsphäre des Hauses zu verletzen.

Das Bad spielt in Japan eine ganz besondere Rolle. Das ofuro zeichnet sich meist durch einen ge-

trennten Bade- und WC-Bereich aus. Dabei zählt das Bad als „reine“ und das WC als „unreine“ Funk-

tion. Das eigentliche Bad ist „wasserfest“ und beinhaltet neben der Badewanne noch eine Waschmög-

lichkeit. Das ofuro liegt vorrangig im Erdgeschoss des Hauses. Ein zweites Bad gibt es in aller Regel

nicht.

Viele, vor allem traditionelle Häuser werden durch vorgelagerte Terrassen – die sogenannten enga-

wa – verschattet und erlauben so eine Vergrößerung des Wohnraumes nach außen und eine engere

Verknüpfung zwischen Innen- und Außenraum. Weiterhin sorgen verschattete grüne Innenhöfe für

Frischluft und einen natürlichen Kühleffekt.

Innen-Außen-Bezug

Die Beziehung zwischen Innen- und Außenraum spielt für das japanische Haus und dessen Bewohner

eine wichtige Rolle. Hier ist die Balance zwischen dem Kontakt nach außen und dem Schutz der Privat-

sphäre entscheidend. Das traditionelle japanische Haus zeichnet sich durch eine gestalterische Einheit

von Garten und Haus aus. Es besteht eine enge Verbindung zwischen dem Gebäude und der natür-

lichen Umgebung, welche die geistige Verknüpfung und Einheit von Mensch und Natur in Anlehnung

an die Zen-Philosophie widerspiegelt. Heute ist dieser Ansatz in Japan aufgrund des Platzmangels und

hoher baulicher Dichten jedoch kaum umsetzbar. Wohnungen besitzen aber mindestens einen Balkon,

um Wäsche zu trocknen und Futons zu lüften. Viele Gebäude orientieren sich aufgrund dieser Rah-

menbedingungen nach Innen, z. B. in Form von begrünten Innenhöfen oder Atrien.

Flexibilität und Multifunktionalität von Räumen bzw. Gebäuden

Der japanische Wohnungsmarkt ist mit einer Reihe von Problemen konfrontiert. Dazu zählen bei-

spielsweise die Flächenknappheit, hohe Bevölkerungs- und Baudichten, enormer Wachstumsdruck, d.

h. eine konstante Ausdehnung des städtischen Raumes sowie eine stark ausgeprägte Flächennutzungs-

konkurrenz. Dies alles ist verbunden mit einer hohen Umweltbelastung, weiten Fahrzeiten und hohen

Bodenpreisen. Fertighaushersteller haben am derzeitigen Eigenheimmarkt einen großen Anteil und

bieten Häuser aus dem Katalog, auf Webseiten oder im Showroom an. Jedoch können diese Häuser

nur schwer auf unregelmäßige Grundstücke oder wechselnde Lebensbedingungen reagieren.

Aufgrund dieser Rahmenbedingungen, verbunden mit den hohen Kosten für Bodenpreise und Mieten,

muss damals wie heute die Organisation des Grundrisse und die Ausstattung maximale Flexibilität

erlauben. Für viele Bauherren ist die Möglichkeit, das Haus zu vergrößern, zu verkleinern und umzu-

gestalten, ein wichtiges Planungsziel. Da Anbauten auf den begrenzten Grundstücken meist nicht

möglich sind, steht die Flexibilität im Grundriss und deren Berücksichtigung von Anfang an im Vorder-

grund. Dabei kann eine Rückbesinnung auf den traditionellen japanischen Grundriss geschehen. Dieser

zeichnet sich durch ein Höchstmaß an Flexibilität aus – beispielsweise durch die Anpassung an unter-

schiedliche Wohnbedürfnisse bei Tag und bei Nacht und die mögliche Reaktion auf unterschiedliche

Bewohnerbedürfnisse.

Zeitgemäße Grundrisse sollten sich aus funktional selbständigen, flexibel nutzbaren Räumen aufbau-

en. Die Flexibilität des Gebäudes bzw. Grundrisses kann innerhalb der Planungs-, aber auch für die

Nutzungsphase von Bedeutung sein. Es ist sinnvoll, Gebäude zu entwickeln, die bereits in der Pla-

nungsphase an verschiedene Nutzerbedürfnisse (für verschiedene Familientypen, Haushaltsgrößen,

Lebensstile, etc.) angepasst werden können. Diese Anforderung erfüllen Gebäudesysteme mit modu-

91Ökologisches Gesamtkonzept

Page 92: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

larem Charakter. Flexibilität in der Nutzungsphase bezieht sich auf das Gebäude, das im Lebenszyklus

entsprechend sich ändernden Lebensverhältnissen veränderbar ist und zum Beispiel auf Familienzu-

wachs, Auszug der Kinder, Betreuung der Eltern im Rentenalter, etc. reagieren kann. Die Lebensdauer

von Gebäuden kann durch die Planung ihrer Nutzungsflexibilität verlängert werden. Gebäude mit

offenem Grundriss und variablem Innenausbau sind zur Umnutzung eher geeignet. Auch die Erschlie-

ßung kann eine wichtige Rolle spielen, um später eine räumliche Trennung des Gebäudes in separate

Nutzungseinheiten zu erlauben.

Die gemischte Gebäudenutzung bietet die Möglichkeit der Verknüpfung von Wohnen und Arbeiten

und entspricht somit der Leitidee der gemischten Quartiersentwicklung. So werden vor Ort kleine Ver-

sorgungspunkte angeboten, die Verkehr und Lärm reduzieren sowie Energie einsparen können. Die

Integration von Dienstleistungen und kleinen Läden ist in Japan üblich und sollte von Anfang an als

Planungsaspekt Berücksichtigung finden.

Altersgerechtes und barrierefreies Wohnen

Zur angesprochenen Veränderung der demografischen Struktur kommt hinzu, dass Eltern traditionell

oftmals auch im höheren Alter bei ihren Kindern wohnen bleiben und gewöhnlich nicht in ein Senio-

renheim ziehen. Die Gebäudeplanung muss daher die Ansprüche älterer Menschen berücksichtigen,

die unabhängig oder zusammen mit ihrer Familie in Mehrgenerationenhäusern leben werden. Der

Aspekt der Barrierefreiheit, auch in Form technischer oder konstruktiver Maßnahmen, wie z. B. Aufzü-

gen, Treppenliften, Rampen, etc. ist somit bei der Planung besonders zu beachten.

Energetische Gebäudeplanung

Die energetisch optimierte Gebäudeplanung wird im Teilkonzept „Energie“ gesondert behandelt.

An dieser Stelle sollen die vorangehend aufgeführten allgemeinen Planungsansätze exemplarisch

umgesetzt und erläutert werden. Hierfür wurde im Rahmen des Forschungsprojekts ein Gebäude in

Systembauweise entwickelt, welches die Grundlage für die Detaillierung und Durcharbeitung von Lö-

sungsansätzen innerhalb des ökologischen Gesamtkonzepts bildet.

Ziel des Gebäudekonzepts war es, ein „Baukastensystem“ zu entwickeln, welches möglichst flexibel

vielen Nutzerwünschen gerecht werden kann. Dieses modulare System beruht auf einzelnen Elemen-

ten, z. B. dem Erschließungskern, kleinen und großen Wohnmodulen, die beliebig zusammensetzbar

sind. Durch Kombination verschiedener Modulgrößen und -formen sowie durch unterschiedliche An-

zahl und Anordnung der Geschosse ergeben sich abwechslungsreiche Gestaltungsmöglichkeiten für

das Gebäude. Einzelne Module können je nach Bedarf, z. B. entsprechend Familiengröße und Ansprü-

chen, miteinander kombiniert werden. Weiterhin ist es möglich, mehrere Gebäude zu einem Doppel-

haus oder einer Reihung zusammen zu schließen. Je nach baulichen und klimatischen Gegebenheiten

können Flachdächer oder geneigte Dachformen zum Einsatz kommen. Aufgrund starker Regenfälle, v.

a. in Kagoshima, wird für das exemplarische Gebäude ein Pultdach anstelle eines Flachdaches vorgese-

hen

92 Ökologisches Gesamtkonzept

3.4.3∙ Gebäudekonzept – Umsetzung am konkreten Beispiel

Page 93: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Abb. 3.4

Baukastensystem

Abb. 3.5

Nutzervariabilität

93Ökologisches Gesamtkonzept

Page 94: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Das Gebäude in Holzrahmenbauweise setzt sich aus dem Erschließungskern und den angedockten

Modulen zusammen. Der zentrale und räumlich abgesetzte Erschließungskern erlaubt ein beliebiges

„Stapeln“ der Geschosse je nach Bedarf (ein bis drei Geschosse, einseitig oder beidseitig) und lässt

somit eine relativ freie Gestaltung der Gebäudekubatur zu. Aus energetischer Sicht kann der Erschlie-

ßungskern als eine Art Lüftungsschacht (Kaminprinzip) fungieren, um zusätzliche natürliche Luftbewe-

gungen in den Übergangsjahreszeiten zu erzeugen. Der zu den Wohnmodulen versetzt angeordnete

Erschließungskern erlaubt weiterhin Zugangsmöglichkeiten in das Gebäude von den verschiedensten

Seiten her.

Das Konzept sieht eine Trennung von nutzungsbestimmten „festen“ (Bad, Erschließung) und nut-

zungsveränderlichen „flexiblen“ Funktionen (Wohn- und Schlafräume) vor, um die Variabilität im Sinne

verschiedener Nutzer bzw. veränderter Lebensbedürfnisse zu erhöhen und somit die Lebensdauer des

Gebäudes zu verlängern.

Das Gebäude verfügt über eine weitgehend offene Grundrissgestaltung, v. a. mit dem Ziel der natürli-

chen Querlüftung (entsprechend Hauptwindrichtung in den Übergangsjahreszeiten) sowie einer

möglichst großen Flexibilität in der Nutzung. Die Lage von Küche, Essen, Wohnen kann frei bestimmt

werden, nur das japanische Bad ist als festes Element im Erdgeschoss angeordnet. Auch in den Ober-

geschossen wurde darauf geachtet, die Räume möglichst offen und großzügig zu gestalten, die Wand-

schränke nicht senkrecht zur Hauptwindrichtung anzuordnen und gegenüberliegende Fensteröffnun-

gen für eine mögliche Querlüftung vorzusehen.

Zurückgesetzte Veranden, Terrassenbereiche und Dachgärten sind je nach Wunsch und Grundstücks-

lage im Erdgeschoss sowie in den Obergeschossen in verschiedenen Himmelsrichtungen möglich.

Die Verknüpfung zwischen Innen und Außen erfolgt durch großzügige Verglasungen. Vorgelagerte

Terrassen schaffen fließende Übergänge zwischen Innen- und Außenraum. Diese Terrassen können in

subtropischen Bereichen in Form von Veranden mit Überdachung als Sonnenschutz dienen.

Während der Entwicklung des Gebäudesystems

wurde bereits an eine mögliche städtebauliche

Verdichtung gedacht. Die sehr differenzierte

Gestaltung des Baukörpers führt zu Abwechs-

lungsreichtum in der gesamtstädtischen Struk-

tur, wobei der „Erschließungskern“ (zwei- bzw.

dreigeschossig) immer als statisches, einheitliches

Element eine gewisse Kontinuität darstellt.

Abb. 3.6

Zentraler Erschließungs-

kern

Abb. 3.7

Verdichtete Siedlungs-

entwicklung

94 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 95: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Abb. 3.8

Raumbausteine

95Ökologisches Gesamtkonzept

Page 96: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Abb. 3.9

Gebäude-Grundrisse und

-Schnitt

96 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 97: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Abb. 3.10

Gebäudeansichten

97Ökologisches Gesamtkonzept

Page 98: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Das wesentliche Ziel einer nachhaltigen Baustoffwahl ist, die Gesundheit des Menschen und die Qua-

lität der Umwelt nicht zu beeinträchtigen. Eckpunkte eines Materialkonzeptes sind deshalb der Res-

sourcen schonende Umgang mit Materialien, die Führung von Materialien im Kreislauf, die Verwen-

dung nachwachsender Rohstoffe und die Vermeidung von toxischen Stoffen für den Menschen und

die Umwelt. Die Produktherkunft und die Produktionsbedingungen sind kritisch zu hinterfragen. So ist

im Falle des Einsatzes von Holz beispielsweise auf die Einhaltung der Kriterien nachhaltiger Holzwirt-

schaft zu achten (z. B. mittels anerkannter Zertifikate).

Grundsätzlich wird für das Gebäude von einer Konstruktion in Holztafelweise ausgegangen, wobei

andere Konstruktionen prinzipiell möglich sind. Als Alternative wird die Holzmassivbauweise auf einen

möglichen Einsatz für die verschiedenen Standorte hin geprüft und Vorteile und Nachteile der Kon-

struktionen aufgezeigt. Eine vertiefende Untersuchung sowie Optimierung der Konstruktion wird für

die Massivholzbauweise jedoch in diesem Rahmen nicht durchgeführt.

Die Wahl der Holzleichtbauweise hat gegenüber der Massivbauweise den Vorteil des geringeren Pri-

märenergieeinsatzes aufgrund geringer Masse und des nachwachsenden Rohstoffs. Außerdem besitzt

Holz ein relativ gutes Feuchteausgleichsvermögen. Die Konstruktion ermöglicht auf einfache Weise

hohe Dämmstärken und ermöglicht den Einsatz natürlicher Dämmstoffe bzw. Recycling-Dämmstoffe.

Innerhalb dieses Projekts wird auf Holzfaserdämmstoffe zurückgegriffen.

Abb. 3.11

Ökologisches Stufen-

modell unter Berücksich-

tigung der Klimazonen

für das Baustoffkonzept

98 Ökologisches Gesamtkonzept

3.5∙ Teilkonzept „Baustoffe / Konstruktion“

3.5.1∙ Zielstellung

3.5.2∙ Konstruktionskonzept

Page 99: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Entsprechend den klimatischen Verhältnissen in den drei verschiedenen Klimazonen sowie den üb-

lichen Nutzungsbedingungen in Japan wurden die entwickelten Außenbauteile rechnerisch für den

sommerlichen und winterlichen Wärmeschutz optimiert und auf ihr hygrothermisches Langzeitverhal-

ten untersucht. Weitere Informationen dazu befinden sich in den Lösungsvorschlägen für die einzelnen

Klimazonen.

Kriterien zur Konstruktionswahl

Zu den Grundsätzen bei der Entwicklung der Gebäudekonstruktion gehören eine Vielzahl von As-

pekten, die eng mit der Baustoffwahl verknüpft sind und deshalb nicht getrennt betrachtet werden

können. Neben der Wahl der eingesetzten Materialien spielen demzufolge auch deren sorgfältiger Ein-

satz in der Konstruktion und die tragwerksplanerische Optimierung, die Ausbildung der konstruktiven

Details, deren Verarbeitung und die Rückbaubarkeit eine wichtige Rolle.

Eine intelligente Konstruktionswahl wird bestimmt durch eine Kombination aller bauphysikalischen,

konstruktiven, architekto-nischen, ökologischen und nutzerspezifischen Komponenten. Ein wichtiger

Grundsatz ist, möglichst einfach, effizient und mit ge-ringem Materialaufwand zu bauen. Nachfolgend

sind grundlegende Kriterien zur Planung von Konstruktionen zusammengestellt:

• Reduzierung des Stoff- und Energieeinsatzes

Durch sparsame Konstruktionen und durch gezielten Baustoffeinsatz kann der Stoff- und Energie-

einsatz grundlegend reduziert werden. Die Lebens-dauer von Bauteilen ist eine ungewisse Größe mit

gewichtigem Einfluss auf ökologische Bilanzierungen. Durch kompakte Bauweisen reduziert sich die

Gebäudehüllfläche und somit der Materialeinsatz. Sinnvoll ist der Einsatz von Konstruk-

tionen mit hohem standardisierten, werksseitigen Vorfertigungsgrad. Da der Energieverbrauch in der

Nutzungsphase für die Ge-bäudeheizung 10mal höher ist als die Herstellungsenergie von Baustoffen,

ist die Erstellung von Niedrigenergiegebäuden grund-sätzlich wichtiger als die Verwendung „energie-

armer“ Baustoffe.

• Langlebigkeit

Bei der Gebäudekonstruktion steht die Langlebigkeit im Vordergrund, auch wenn – oder gerade weil

– dies in Japan bis jetzt keine vordergründige Rolle spielt. Aus ökologischer Sicht, d. h. beispielswei-

se im Hinblick auf den Ressourcenverbrauch bei der Gebäudeerstellung oder dem Abriss, bedeutet

Langlebigkeit auch Energie- und Ressourceneinsparung und rechtfertigt eventuell auch einen höheren

Primärenergieaufwand von speziellen Baustoffen.

Die Verlängerung der Gebrauchstauglichkeit von Bauteilen, insbesondere Holz, kann und sollte kon-

struktiv geschehen. Vor allem im Bereich Dach und Fassade sind die Witterungsbeständigkeit, die War-

tung und Unterhaltung von Bedeutung. Gerade in den Regionen mit starker Niederschlagsbelastung

(z. B. Tokio und Kagoshima) spielt der konstruktive Holzschutz eine entscheidende Rolle. Chemischer

Holzschutz sollte vermieden werden.

• Nutzungssicherheit

Einer der wichtigsten Aspekte bei der Langlebigkeit ist die Gewährleistung der Nutzungssicherheit.

Dazu gehört die Vermeidung von Schwachstellen in der Konstruktion, z. B. bezüglich Luft-/Wind-

dichtigkeit, Wärmebrücken usw., da es sonst zu einem hohen Energieverbrauch sowie Behaglich-

keitseinschränkungen kommen kann. Fehlende Winddichtigkeit führt außerdem zu Luftströmen, die

Feuchteschäden und damit Schimmelpilzbildung verursachen können. Die Gebäudehülle sollte einen

ausreichenden sommerlichen und winterlichen Wärmeschutz gewährleisten und Wärmebrücken

vermeiden. In Japan gehört zur Nutzungssicherheit vor allem auch die Standsicherheit im Falle von

Erdbeben.

99Ökologisches Gesamtkonzept

Page 100: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

• Behaglichkeit und Nutzungsqualität

Gebäude müssen in erster Linie der komfortablen Nutzung dienen. Für die Nutzungsphase steht des-

halb die Aufenthaltsqualität für die Bewohner im Vordergrund. Die Behaglichkeit im Innenraum wird

bezüglich der Konstruktion durch verschiedene Aspekte bestimmt, z. B. den Dämmstandard und die

Luftdichtigkeit der Gebäudehülle (Temperaturen, Luftbewegung, etc.) oder die Oberflächen bzw. die

Beschaffenheit der Innenbaustoffe (Wärmestrahlung, Raumluftqualität, Schadstoffe, etc.).

• Kreislauf- und recyclinggerechtes Planen

Die Bauteile sollten entsprechend ihrem Lebenszyklus getrennt austauschbar sein. Schwer lösbare

Materialverbunde sollten vermieden und flexible und wartungsfreundliche Konstruktionen bevorzugt

werden. Das Berücksichtigen der Recyclingfähigkeit von Konstruktionen und Bauteilen sollte von An-

fang an in den Planungsprozess integriert werden. Die Reduzierung der Materialvielfalt erleichtert die

Zerlegung und die Wirtschaftlichkeit des Recyclings. Ist die konstruktive Trennung / Demontierbarkeit

der Bauteile gewährleistet, können die Materialien nach der Demontage sortenrein erhalten werden.

Die Vermeidung von Verbundbaustoffen aus verschiedenen Materialien vereinfacht die Zerlegbarkeit

der Bauteile in einzelne kreislauffähige Stoffe.

• Wartungsfreundlichkeit

Mit dem Vorausblick auf mögliche Betriebs-, Wartungs- und Reparaturaufwendungen kann die Kon-

struktion so ausgebildet werden, dass jene minimal bleiben. Bauteilelemente sollten entsprechend ihrer

Lebensdauer erneuert werden können, wie z. B. Beläge, Fassaden, Trennwände und Installationen,

ohne die Langlebigkeit der Bauteile selbst zu gefährden. Dies ist bereits im Planungsprozess zu berück-

sichtigen.

• Einsatz ökologischer Baustoffe

Konstruktionen sollten so entwickelt und ausgewählt werden, dass sie den Einsatz umweltverträglicher

Baustoffe erlauben. Je klarer die Funktionen und die Anforderungen an das Baumaterial in der Kon-

struktion festgelegt und limitiert sind, umso einfacher lassen sich ökologische Baustoffe integrieren.

Werden die Anforderungen in Grenzen gehalten, erweitert sich der Handlungsspielraum. So erzwingen

beispielsweise hohe statische Anforderungen den vermehrten Einsatz von Metallen zu Bewehrungs-

zwecken. Auch hohe Brandschutzanforderungen, die planerisch nicht berücksichtigt wurden, können

ökologisch sinnvolle Baustoffe ausschließen. Neben den technischen müssen auch die ökologischen

Anforderungen genau festgelegt werden.

Holztafelbauweise

• Konstruktionsprinzip

Der Holztafelbau ist gekennzeichnet durch flächige Wand-, Dach- und Deckenelemente, die wiede-

rum durch unterschiedliche Schichten gestaltet werden. Dabei hat oftmals jede Schicht entsprechende

Aufgaben zu erfüllen.

Grundsätzlich besteht ein Holztafelelement aus einem tragenden Holzrahmen, der in Wandebene

instabil ist und erst durch die aufgebrachten flächigen Plattenwerkstoffe ausgesteift wird. Die Rippen

der Holzrahmen können je nach statischer oder wärmetechnischer Erfordernis dimensioniert werden.

Dieser Holzrahmen hat ausschließlich die Aufgabe, die mechanischen Lasten abzutragen und einen

entsprechenden Hohlraum zur Aufnahme der Wärmedämmung zu bilden. Der Holzrahmen wird in der

Regel von beiden Seiten mit weiteren Schichten versehen, so dass weitere Anforderungen hinsichtlich

z. B. Feuchteschutz, Schallschutz, Brandschutz, Optik und Luftdichtheit erfüllt werden können. Die Auf-

zählung sämtlicher Kombinationsmöglichkeiten würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Hinsicht-

100 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 101: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

lich der Befestigung dieser Schichten bestehen die Möglichkeiten der mechanischen Befestigung mit z.

B. Klammern und Nägeln oder der Verklebung, wobei der mechanischen Befestigung in der Regel der

Vorzug gegeben wird, da diese Verbindungen duktiler und somit „gutmütiger“ sind als Verklebungen.

Üblicherweise werden als Beplankung zur Bildung eines flächigen Bauteils Holz- und Gipswerkstoff-

platten verwendet. Mit Folien oder textilen Bahnen lassen sich zusätzliche Funktionsschichten einbrin-

gen, die in der Regel den Feuchtehaushalt maßgeblich beeinflussen.

Die Decken werden meist erst auf der Baustelle zusammengefügt. Dabei werden die Deckenbalken

auf die Wandelemente aufgelegt, befestigt und anschließend mit Holzwerkstoffen beplankt. Durch

die Beplankung entsteht eine starre Deckenscheibe, welche die Aussteifung sowie die Abtragung von

Windlasten sowie vertikaler Lasten übernimmt. Es ist ebenfalls möglich, massive Holzkonstruktionen für

die Decken zu wählen, z. B. Brettstapel- und Brettschichtholzelemente.

Dächer können konventionell als Pfetten- bzw. Sparrendach oder aber auch als vorgefertigte Elemente

ausgeführt werden.

• Tragverhalten / Anschlüsse / Details

Das Tragverhalten in der Wandebene wird vor allem durch die Art der Beplankung und die Art der

Befestigung der Beplankung auf den Holzrahmen beeinflusst. Im Vergleich zum Holzständerbau sind

Holztafeln jedoch als wesentlich steifer zu betrachten und haben erfahrungsgemäß ein sehr gutes

Verhalten in Erdbebensituationen. Als vorteilhaft gelten Holztafeln, die durch mechanische Verbin-

dungsmittel mit Holzwerkstoffen, wie z. B. Sperrholz und OSB, beplankt worden sind, da diese ein sehr

elastisches Tragverhalten aufweisen.

Durch den grundsätzlich gegebenen mehrschichtigen Aufbau, sind Anschlüsse und Details ingenieur-

mäßig zu planen und auszuführen. Aufgrund der enormen Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten

können wohl Detailvorschläge erarbeitet werden, die jedoch niemals einen Anspruch auf Vollständig-

keit hinsichtlich der Variationsmöglichkeiten haben.

• Bewertung

Durch die Vielzahl der Kombinationsmöglichkeiten können Holztafelelemente als Ingenieursprodukte

bezeichnet werden, die auf die jeweiligen Anforderungen bemessen werden können. Aus gestalte-

rischer Sicht ist der Holztafelbau ein völlig offenes System, so lange das übliche Konstruktionsraster

der Wände und Decken eingehalten wird und die üblichen Deckenspannweiten bis 5,50 m verwendet

werden. Das System erlaubt die verschiedensten Wandstärken und damit Dämmstärken der Außenbau-

teile. So kann durch die Erhöhung der Dämmstärken, z. B. durch eine zusätzlich gedämmt Installations-

schicht, Niedrigenergie- bzw. Passivhausstandard erreicht werden. Der Holztafelbau als System ist nicht

an bestimmte Produkte gebunden. Als Dämmstoffe können sowohl mineralische Faserdämmstoffe als

auch Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt werden. Der Holztafelbau zeichnet sich

durch eine hohe Flexibilität aus und lässt sich mit anderen Holzbauweisen, z. B. Holzskelettbau, auf

vielfältige Weise kombinieren. Für die Langlebigkeit der Fassaden ist konstruktiver Holzschutz entschei-

dend.

Aufgrund des hohen Anteils an Holz in der Konstruktion sowie den Einsatz von Holzfaserdämm-

stoffen ist der Einfluss auf den Treibhauseffekt gering. Die Konstruktion besteht aus einem tragenden

Wandkern auf Gebäudelebenszeit. Die Nutzungsdauer der Konstruktion kann durch Feuchteschäden

beeinträchtigt werden, deshalb ist hier ein geeigneter konstruktiver Holzschutz vorzusehen. Da die

Außenschichten mechanisch miteinander verbunden sind, können Reparatur- und Austauschmaß-

nahmen einfach und unkompliziert erfolgen. Die ausgetauschten Schichten stellen kein ökologisches

Belastungsmaterial dar.

Bezüglich der Entsorgung können die Einzelbauteile, da sie vorwiegend mechanisch verbunden sind,

relativ leicht voneinander getrennt werden. Wieder verwendbar sind Holz sowie die Holzfaserplatten.

Von entscheidender Bedeutung für die Wiederverwendung und Wiederverwertung von Holz und

101Ökologisches Gesamtkonzept

Page 102: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Holzwerkstoffen ist grundsätzlich eine etwaige Kontamination mit chemischen Holzschutzmitteln. Die

Holzständer sowie die Lattung sind je nach Imprägnierung verwertbar, da sie einen niedrigen Ver-

schmutzungsgrad aufweisen und nahezu zerstörungsfrei ausgebaut werden können.1

Die Schadstoffabgabe kann aus dem Fasereintrag aus den Anschlussfugen und aus der Oberflächen-

behandlung erfolgen.2 Nähere Informationen zu möglichen Schadstoffemissionen einzelner Baustoffe

sind im Baustoffkonzept aufgeführt.

• Konstruktionsdetails – Standardaufbauten

Nachfolgend sind Standardaufbauten für Außenwand, Dach und Dachterrasse aufgeführt. Diese Auf-

bauten wurden in bauphysikalischer Hinsicht für die Klima- und Nutzungsbedingungen der drei exem-

plarischen Standorte in Japan optimiert. Die Ergebnisse sind in den Kapiteln für die Standorte Sapporo,

Tokio und Kagoshima zu finden.

1, 2 IBO: Ökologischer Bauteilkatalog. S. 59

Abb. 3.12a

Standardaufbau

Außenwand

Abb. 3.12b (rechts)

Standardaufbau

Dach

Abb. 3.12c

Standardaufbau

Dachterasse

102 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 103: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Massivholzsystembau (exemplarisch: Brettstapelbau)

• Konstruktionsprinzip

Die so genannten flächigen Holzbausysteme bestehen meist aus Massivholzbauteilen, seltener aus

Holzwerkstoffen. Sie bilden entweder einer geschlossenen, oftmals massiven plattenförmigen Quer-

schnitt oder sie sind zu einem statisch optimierten kasten- oder schalenförmigen Flächentragwerk

zusammengesetzt. Zu den wichtigsten Systemen gehören die Brettstapel- oder Dübelholzelemente,

Leimholzelemente (BS-Holz), Vielholzelemente (Massivhölzer mit zimmer-mannsmäßiger Verbindung),

Brettsperrholzelemente, Kasten- oder Schalenelemente sowie Elemente aus Holzwerkstoffen (mehr-

schichtig verleimt). Ergänzend können Holz-Beton-Verbundbauweisen als mögliche Kombination von

flächigen Holzbausystemen mit Aufbeton genannt werden. Exemplarisch soll an dieser Stelle die Brett-

stapelbauweise herausgegriffen und näher betrachtet werden.

Die flächenbildenden, tragenden Grundelemente der Massivholzkonstruktion bestehen in Abhängig-

keit von Knicklänge und Belastung aus einer ca. 80 bis 200 mm starken Holzwand in der Regel aus

Fichte. Dieses Holzelement ist in der Regel aus einzelnen Lamellen (bis zu 60 mm breite Bretter)

zu-sammengesetzt, die mit unterschiedlichen Verbindungsmitteln zu dem flächigen Grundelement ver-

bunden werden. Die Verbindungsmittel können aus Holz (Holzdübel), Stahl, Aluminium oder Klebstof-

fen bestehen und werden innerhalb dieses Projekts nicht weiter betrachtet.

Wohngebäude können komplett in massiver Holzbauweise errichtet werden (Dach-, Decken- und Wan-

delemente). Die Wandelemente können tragend und/oder aussteifend oder auch nicht tragend sein.

In der Regel sind die Elemente geschosshoch, können aber auch über mehrere Geschosse ausgeführt

werden. Deckenelemente können als Einfeldträger bis zu 6,00 m, als Durchlaufträger bis 7,50 m über-

spannen. Die Elementdicken betragen für Wände 80 bis 120, für Decken und Dächer 120 bis 240 mm.

Das Grundelement kann von einer oder beiden Seiten Sichtqualität aufweisen, so dass nicht zwangs-

läufig eine zusätzliche raumseitige Schicht (Gipsbauplatte) angebracht werden muss. Weiterhin wird

das Grundelement mit einer Dämmung aus Holzfaserdämmplatten mit erforderlicher Dicke auf der

sinnvollen Seite (innen oder außen) gedämmt. Erscheint eine Innendämmung sinnvoll, so wird diese

natürlich raumseitig mit einer Gipsbauplatte versehen.

Von außen wird die gesamte Konstruktion mit einer hinterlüfteten, nicht saugenden Fassade versehen.

Diese Bauweise ermöglicht durch ihre feuchteadaptiven Eigenschaften eine diffusionsoffene Bauweise.

Das Dach bleibt konventionell (entsprechend Holztafelbauweise), könnte bei Bedarf jedoch auch mit

Massivholzkonstruktionen ausgeführt werden. Da die genagelten bzw. gedübelten Elemente in der

Fläche luftdurchlässig sind, ist es notwendig, eine vollständige Luftdichtheitsschicht einzubauen.

• Tragverhalten / Anschlüsse / Details

Die Konstruktion ist in der Wandebene in der Regel sehr steif ohne sprödes Versagen und ist deshalb

sehr gut in Erdbebenregionen geeignet. Die Anschlüsse (Wand-Wand, etc.) müssen entsprechend

dimensioniert werden.

• Bewertung

Dadurch, dass sich die Konstruktion im Wesentlichen auf zwei flächige Elemente (Trag-, Grundele-

ment und Dämmebene) konzentriert, ist das Prinzip denkbar einfach und (somit in der Regel) sicher zu

berechnen und auszuführen. Es besteht die Möglichkeit, komplette Gebäude witterungsunabhängig in

einer Werkstatt vorzufertigen und anschließend innerhalb kürzester Zeit auf der Baustelle zu montie-

ren. Die Bauteilhöhen sind meist geringer als im Holztafelbau. Die Herstellung von Massivholzkonstruk-

tionen ist jedoch mit dem Einsatz großer Mengen des Baustoffes Holz verbunden. Hierbei muss der

Bezug zur Walderhaltung und der Aufforstung von Bäumen hergestellt werden.

Holzfeuchteschwankungen können durch den nachgiebigen Verbund der nebeneinander gestapelten

Bretter verhältnismäßig gut ausgeglichen werden, da jedes Brett für sich schwindet. Diese Konstrukti-

103Ökologisches Gesamtkonzept

Page 104: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

onen können relativ große Mengen Feuchtigkeit puffern und werden so wahrscheinlich erheblich dazu

beitragen, Spitzen der relativen Luftfeuchte zu dämpfen. Durch eine hohe Temperaturamplituden-

dämpfung und eine ausgeprägte Phasenverschiebung wird ein behagliches Wohnklima unterstützt.

Durch das bessere Wärme-Speichervermögen der Massivholzkonstruktionen kann ein guter sommer-

licher Wärmeschutz gewährleistet werden. Aufgrund der außen liegenden, durchgehenden Dämm-

schicht ergeben sich keine bzw. nur geringe Wärmebrücken.

Kriterien zur Baustoffwahl

Aus den in der Zielstellung genannten Eckpunkten folgen an dieser Stelle eine Reihe von Grundsätzen

bei der Auswahl von Materialien, ihrer Kombination in der Baukonstruktion und der Möglichkeit des

Recyclings nach der Nutzungsphase.

Grundsätzlich müssen Materialien frei von bedeutenden Schadstoffen in der Kurzzeit- und Langzeit-

perspektive sein, ohne wesentliche Umweltbelastung hergestellt werden, langlebig und entsprechend

ihrem unterschiedlichen Lebenszyklus austauschbar und recycelfähig sein. Eine einseitige Optimierung

auf bestimmte Parameter wie den CO2-Ausstoß im Zusammenhang mit einer positiven Energiebilanz

ist in der Regel kein Garant für die Verwendung eines ökologischen Baustoffs und daher allein nicht

aussagekräftig genug. Ein Vergleich verschiedener Materialien im Entscheidungsprozess kann nach

bestimmten Methoden mit einem Referenzgebäude sinnvoll durchgeführt werden. Alle Materialien

sind vollständig zu deklarieren.

Das Baustoffkonzept kann mit einer Vielzahl von Materialien günstig ausgestaltet werden. Sie stehen

zwischenzeitlich dem Markt in einer breiten Palette zur Verfügung. Eine einseitige Festlegung auf

bestimmte Gesichtspunkte wie Naturbaustoffe oder nachwachsende Rohstoffe ist nicht sinnvoll, da

hierbei das Potential des ökologischen Bauens unnötig eingeschränkt wird.

Zu einem Materialkonzept gehört auch die Kreislaufführung von Abfällen. Hier stehen die Methoden

der Materialtrennung und des Recyclings zur Verfügung, die berücksichtigt werden müssen.

Bei der Baustoffwahl kann die Zertifizierung von Produkten mit anerkannten ökologischen Gütezei-

chen (z. B. Österreichisches Umweltzeichen, Blauer Engel, natureplus etc.) eine wichtige Entschei-

dungshilfe darstellen. Hier ist jedoch darauf zu achten, dass die mit den Gütezeichen verbundenen

Qualitäten unterschiedlich sein können und ein Interpretationsspielraum gegeben ist. Umweltzeichen

sollten ihre sämtlichen Prüfkriterien und Grenzwerte transparent veröffentlichen, eine umfassende

Volldeklaration aller Inhaltstoffe auflisten, neben einer Ökobilanz inkl. Energiebilanz strenge Anforde-

rungen an Emissionen und Allergene nachweisen und eine permanente Wiederholung von Prüfungen

vorschreiben.1

1 Spritzendorfer, Josef: Nachhaltiges Bauen mit „wohngesunden“ Baustoffen. C.F. Müller Verlag, Heidel-berg 2007, S. 7f.

Umweltzeichender EU

Der Blaue Engel(Deutschland)

Das ÖsterreichischeUmweltzeichen

Der nordische Schwan(Skandinavien)

Europ. Umwelt-Qualitätszeichen für Bauprodukte

Abb. 3.13

Verschiedene nationale

und internationale Um-

weltgütezeichen

104 Ökologisches Gesamtkonzept

3.5.3∙ Baustoffkonzept

Page 105: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Nachfolgend sind noch einmal grundlegende Kriterien zur Baustoffwahl zusammengestellt:

• Rohstoffe

Rohstoffe müssen umweltgerecht und ressourcenschonend gewonnen sein: Es sollten vordergründig

regenerative bzw. langfristig verfügbare Rohstoffe gewählt werden, die gleichzeitig mit wenig Abraum,

weitgehend verwertbaren Nebenprodukten und ohne die Schädigung der Biosphäre einhergehen.

• Energieaufwand

Der Energieaufwand zur Gewinnung und Herstellung sollte so gering wie möglich sein, der Energie-

aufwand für Einbau, Abriss und Recycling sollte trotz untergeordneter Rolle gleichzeitig berücksichtigt

werden. Die Bedeutung der Baustoffe sollte im Gesamtenergieszenario (vgl. Heizenergieverbrauch,

Stromverbrauch) berücksichtigt werden.

• Transportwege

Transportwege von Rohstoffgewinnung zum Verbraucher und von dort zur Verwertung müssen kurz

und in der Art umweltschonend sein, dies hält zum einen den Transportenergieaufwand gering,

erleichtert aber auch gleichzeitig, einen lokalen Stoffkreislauf zu führen. Der Transport von Baustoffen

muss sich im Gesamtverkehrsszenario einfügen.

• Schadstoffe

Viele Bauprodukte emittieren über verschiedene Lebenszyklusphasen Schadstoffe. Hier muss eine sorg-

fältige Produktauswahl getroffen werden, um Schadstoffemissionen bei der Herstellung, Verarbeitung,

Nutzung, Entsorgung und während einer Havarie, z. B. bei Brand, zu vermeiden. Dazu werden mög-

lichst eine Volldeklaration der Inhaltstoffe eines Bauprodukts sowie aktuelle Emissionsprüfungen aner-

kannter Institute benötigt, die jedoch nicht in jedem Falle von den Herstellern bereitgestellt werden.

• Kreislauffähigkeit

Der Baustoff muss wiederverwendet, recycelt oder zumindest umweltfreundlich entsorgt werden

können. Damit wird ausgeschlossen, dass ein fertiges Produkt Sondermüll darstellt. Ziel ist es für den

Baustoff ein möglichst hohes Qualitätsniveau zu erreichen und zu erhalten.

• Langlebigkeit

Der Baustoff muss langlebig sein: Die Lebensdauer wirkt als Faktor auf die Gesamtbilanzierung.

Doppelte Lebensdauer bedeutet dann beispielsweise halber Energieaufwand zur Rohstoffgewinnung,

Herstellung, Einbau, Abriss und Entsorgung. Ist ein Baustoff recyclingfähig, bedeutet dies gleichzeitig

eine unbegrenzte Lebensdauer.

Ökologische Beschreibung der eingesetzten Baustoffe

Sämtliche Baustoffe und Installationsmaterialien sollten bereits vor ihrem Einbau hinsichtlich ihrer öko-

logischen Eigenschaften beschrieben und bewertet werden. Dies beinhaltet die Aufstellung genereller

gesundheitlich-ökologischer Anforderungen an die Bauprodukte vor Beginn der Ausschreibungen. Um

Baustoffe ausreichend dokumentieren zu können, ist die Beschaffung von Datenblättern zur ökologi-

schen Produktdeklaration von den Herstellern / Lieferanten notwendig. Weiterhin ist zu prüfen, ob es

Empfehlungen unabhängiger Prüfinstitute bzw. Labels für den Einsatz der Baustoffe gibt.

Nachfolgend wird eine Auswahl der im Projekt zum Einsatz kommenden Baustoffe in ihren techni-

schen sowie ökologischen Eigenschaften beschrieben. Dazu wurde eine Matrix entwickelt, die den Bau-

stoff mit dessen Anwendungsgebieten, Inhaltstoffen und technischen Eigenschaften beschildert.

105Ökologisches Gesamtkonzept

Page 106: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Weiterhin wird untersucht, ob für den Baustoff Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer

Engel, etc.) vorhanden bzw. geplant sind. Den Kern der Baustoff-Matrix bildet die Beschreibung der

zum Einsatz kommenden Ressourcen verbunden mit eventuellen Umweltbelastungen, dem Trans-

portaufwand, dem Primärenergieverbrauch, möglichen Schadstoffemissionen über den gesamten

Lebenszyklus, der Beständigkeit und Lebensdauer sowie Aussagen zu einer möglichen Wieder- oder

Weiterverwendung bzw. Entsorgung.

Die beschriebenen Baustoffe werden in die übergeordneten Bereiche Konstruktion, Bauplatten,

Dämmstoffe, Folien & Abdichtungen, transparente Bauteile, Wand- und Dachbekleidungen im Außen-

bereich, Innenausbau sowie Farben & Lacke gegliedert (siehe auch Anhang 6).

1. Konstruktion

Konstruktions-Vollholz

2. Bauplatten

Bau-Furniersperrholzplatten

OSB-Platten

MDF-Platten

Gipsbauplatten

3. Dämmstoffe

Holzweichfaser

Mineralfaser (alternativ als „Öko-Standard“)

4. Folien & Abdichtungen

Baupapier

Polyolefin-Folie

Polyamid-Folie (feuchtevariable Dampfbremse)

5. transparente Bauteile

Holzfenster (Rahmen und Verglasung)

Rahmen aus PVC (alternativ als „Öko-Standard“)

6. Wand- und Dachbekleidungen im Außenbereich

Dachziegel

7. Innenausbau (Wand- und Deckenbekleidung, Putze, Tapeten, Beschichtungen, Boden-

beläge, etc.)

Bodenbelag: Linoleum

Bodenbelag: Teppichboden aus Naturfasern

Wandbekleidung: Lehmputz

8. Farben & Lacke:

Alkydharzlacke (lösemittelverdünnbar)

Dispersionslackfarben (wasserverdünnbar)

106 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 107: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die übergeordneten Ziele für das Teilkonzept Energie teilen sich in die Bereiche Energieeffizienz und

die Nutzung regenerativer Energien. Die folgenden Unterziele – auf städtebaulicher und Gebäude-

ebene – stehen in enger Verbindung mit diesen Ober- bzw. Leitzielen.

Ziele auf städtebaulicher Ebene

Handlungsansätze zur Verminderung des nationalen Energieverbrauches bzw. zur Erhöhung der Ener-

gieeffizienz bieten sich nicht erst auf der Ebene der Gebäudeplanung. Bereits auf Stadtplanungsebene

werden Entscheidungen getroffen, die wesentlichen Einfluss auf den Energieverbrauch der Siedlung

und der Einzelgebäude haben. Die städtebauliche Planung darf und kann daher nicht ohne Berück-

sichtigung der baulichen Ausführung der Einzelgebäude festgelegt werden.

Zwei übergeordnete Aspekte bezüglich energieoptimierter Planung sind z. B. die Entscheidung über

den Standort und die Ausrichtung der Gebäude bzw. die Stadtstruktur.

Die Stadtplanung hat zahlreiche Ziele zu verfolgen wie den Landschaftsschutz, Arten- und Biotop-

schutz, den Schutz von Wasser und Boden, die Erschließungssicherheit und Schaffung einer hohen

Lebensqualität für die Bewohner. Der rationelle Umgang mit Energie stellt nur ein Kriterium unter

vielen dar.

Der Energieverbrauch von Gebäuden ist außer von bauphysikalischen Gegebenheiten von einer Reihe

weiterer Parameter abhängig. Bestimmend ist neben dem Gebäude, seiner thermischen Bauqualität

und Bauausführung insbesondere das lokal vorherrschende Mikroklima. Jeder Kleinklimaraum hat

aufgrund der Landschaft, Topographie, Vegetation, Nachbarschaft zu Gewässern usw. seine typischen

Eigenschaften, die selbst bei gleichen Gebäuden Unterschiede des Energieverbrauchs verursachen.

Mindestanforderung an eine nachhaltige Raumplanung, die auf möglichst umfangreiche Nutzung von

Sonnenenergie zielt, ist die Berücksichtigung der Besonnungs- bzw. Verschattungsverhältnisse. Dies

erfordert eine Analyse der örtlichen räumlichen sowie klimatischen Gegebenheiten.

Die stadtplanerischen Entscheidungen bei Definition von Vorschriften bzgl. Gebäudetyp, Gebäude-

stellung, Dachform, Gebäudeabstand und auch Stellung von Bäumen beeinflussen entscheidend den

solaren Wärmebeitrag und damit den Heizenergieverbrauch sowie die Wohnqualität der geplanten

Bebauung. Eine nur nach Besonnung optimierte Baustruktur birgt jedoch die Gefahr einer zu gleich-

mäßigen Verteilung der Baumassen auf dem Grundstück. Dies stände im Widerspruch zur erwünsch-

ten städtebaulichen Differenzierung. Zudem kann die Forderung nach exakter Südausrichtung aus

städtebaulicher Sicht problematisch werden, wenn dies zu einem starren Zeilenbau ohne Rücksicht

auf den stadträumlichen Kontext sowie zu einer unzureichenden inneren Raumdifferenzierung führt.

Aufgrund dessen ist ein abwägender Entwurfsprozess notwendig.

Das Ziel energiegerechter Planung muss – unter Berücksichtigung aller anderen Planungsaspekte – eine

gute Besonnung aller Grundstücke sein, um jedem Gebäude die Möglichkeit der passiven sowie auch

aktiven Solarenergienutzung zu sichern.

Zusammenfassend lassen sich folgende Ziele auf städtebaulicher Ebene festlegen:

• Solarer Städtebau mit dem Ziel der passiven Solarenergienutzung

• Verdichtete und damit energie- und flächensparende Baustruktur

• Schaffung eines lokalen/ regionalen Energiekreislaufes

• Ausbau der Nutzung regenerativer Energien

• Effiziente Nutzung fossiler Energien

107Ökologisches Gesamtkonzept

3.6∙ Teilkonzept „Energie“

3.6.1∙ Zielstellung

Page 108: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Ziele auf Gebäudeebene

Eine Ressourcenschonung im Bereich Energie zielt auf die Minimierung des Energiebedarfs über die ge-

samte Lebensdauer ab. Daher kann bei Gebäuden bezogen auf den Lebenszyklus zwischen folgenden

Energieaufwendungen unterschieden werden:

• Energieaufwand für die Baumaterialproduktion, inklusive der Rohstoffgewinnung und aller Trans-

porte

• Energieaufwand für die Errichtung des Gebäudes

• Energieaufwand für den Gebäudebetrieb (Heizen, Kühlen, Warmwasser, Beleuchtung usw.) und

die Gebäudewartung (inklusive Sanierung)

• Energieaufwand für Abbruch bzw. Rückbau, Verwertung und/oder Entsorgung.

In nachhaltigen Energiekonzepten ist das Leitziel, den Gesamtenergiebedarf der aufgeführten Berei-

che zu minimieren. Für die am längsten dauernde Nutzungsphase spielen v. a. die Minimierung des

Heiz- und Kühlenergiebedarfs, des Energiebedarfs zur Warmwasserbereitung und für den Betrieb

eine wichtige Rolle. Diese Minimierung ist eng geknüpft an die Reduzierung der Transmissions- und

Lüftungswärmeverluste sowie der Umwandlungs-, Speicherungs- und Leitungsverluste im Gebäude.

Weiterhin auf die Nutzungsphase bezogen besteht das Ziel zur Reduzierung des Stromverbrauchs für

die künstliche Beleuchtung und sonstige elektrische Installationen. Eine wichtige Voraussetzung ist

hierfür sicher die Kenntnis der Heizungs- und Kühlungsphasen während des Jahres und die gezielte

Maximierung der Phasen, in denen weder Heizung noch Kühlung erforderlich ist.

Nachhaltige Energie- und damit auch Wirtschaftskonzepte müssen die Anteile nicht erneuerbarer

Energieträger (fossile Energieträger, Kernenergie) minimieren bzw. soweit möglich durch erneuer-

bare Energieträger (Biomasse, Sonnenenergie, Wind- und Wasserkraft, Erdwärme usw.) ersetzen. Bei

Niedrigenergie- und noch stärker bei Passivhäusern ist der Energieaufwand für die Gebäudeherstellung

in etwa so hoch, wie für den Betrieb über einen Nutzungszeitraum von rund 80 Jahren erforderlich ist.

Aus diesem Grund sollten möglichst erneuerbare Energieträger über den gesamten Lebenszyklus von

Gebäuden zum Einsatz kommen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der passiven und aktiven

Solarenergienutzung zu, durch die Heizenergie und somit Heizkosten eingespart werden kann.

Auf Gebäudeebene können folgende Ziele zusammengefasst werden:

• Minimierung der „Grauen Energie“ zur Gebäudeherstellung

• Minimierung des Heizenergiebedarfs, des Energiebedarfs zur Warmwasserbereitung und für den

Betrieb durch

- Minimierung Transmissionswärmeverluste

- Minimierung Lüftungswärmeverluste

- Minimierung von Umwandlungs-, Speicherungs- und Leitungsverlusten

• Minimierung des Strombedarfs der künstlichen Beleuchtung und sonstiger elektrischer Installationen

• passive und aktive Solarenergienutzung

• optimale Deckung des Restenergiebedarfs

- mit regenerativen Energieträgern

- durch effiziente Nutzung fossiler Energieträger

108 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 109: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die Lösungsansätze für den Bereich Energetische Gebäudeplanung berücksichtigen verschiedene

Einflussfaktoren – ausgehend vom Gebäudestandort und der -orientierung über die Gebäudegeometrie

bis hin zur baulichen Hülle. Zu diesen Einflussbereichen werden nachfolgend planerische Grundprinzi-

pien aufgezeigt, die in abgewandelter Form entsprechend den klimatischen Besonderheiten umgesetzt

werden. Die Lösungen für die einzelnen Katego-

rien entsprechen der sogenannten „Öko-Stan-

dard-Variante“, da die energieeffizient orientierte

bzw. optimierte Gebäudeplanung bereits als

Standard gelten kann und keine Zukunftsvision

mehr ist, wie das Beispiel Deutschland zeigt.

Die „Öko-Plus-Variante“ im Teilkonzept Energie

bestimmt sich vorrangig durch spezielle Lösungs-

vorschläge im Bereich der Gebäudetechnik.

Gebäude müssen in erster Linie der komfortablen

Nutzung dienen. Eine gut gedämmte Hülle, gut

belichtete und besonnte Räume und ein opti-

maler Luftwechsel tragen nicht nur zu einem

angenehmen Raumklima bei sondern sind auch

Voraussetzung für einen geringen Energiebedarf.

Ökologisches Stufenprogramm

Die Entwicklung von Lösungsansätzen im Teilkonzept Energie soll auf zwei ökologischen Stufen – der

„Öko-Standard-Variante“ und der „Öko-Plus-Variante“ – erfolgen, für die entsprechend der klimati-

schen Rahmenbedingungen Umsetzungsvorschläge unterbreitet werden (siehe dazu auch Kap. 3).

Abb. 3.15

Einflussfaktoren der ther-

mischen Behaglichkeit

Abb. 3.14

Ökologisches Stufenmo-

dell unter Berücksichti-

gung der Klimazonen für

das Energiekonzept

109Ökologisches Gesamtkonzept

3.6.2∙ Energiekonzept: Energetische Gebäudeplanung

Page 110: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Einflussgrößen bzw. Planungsaspekte der energetischen Gebäudeplanung

Die folgenden Faktoren nehmen gleichermaßen Einfluss auf den Wärmebedarf wie auch den Kühl-

bedarf von Gebäuden:

• Natürliche Belichtung und passive Solarenergienutzung

- Solarer Städtebau

- Natürliche Belichtung

- Ausrichtung von Fassaden und transparenten Bauteilen

- Verglasung

- Räumliche Zonierung

• Natürliche Lüftung und Kühlung

- Querlüftung

- Passive Nachtkühlung

- Verschattung

- Wärmespeicherung

- Außenklima und Freiraum

• Baulicher Wärmeschutz

- Topografie des Standorts

- Gebäudegeometrie

- Gebäudedämmung

- Wärmebrücken

- Luftdichtigkeit

Natürliche Belichtung und passive Solarenergienutzung

• Solarer Städtebau

Bereits mit der städtebaulichen Planung werden grundlegende Festlegungen getroffen, die sich sowohl

auf den künftigen Heizwärmebedarf eines Gebäudes als auch auf die Möglichkeit der passiven Solar-

energienutzung auswirken. Der städtische Bebauungsplan nimmt Einfluss auf Gebäudetypologie (z. B.

Einzelhaus, Reihenhaus, Geschosswohnungsbau), Gebäudeabstände und deren Ausrichtung (Firstrich-

tung). Mit Hilfe einer durchdachten Planung kann die Verschattungsfreiheit eines Gebäudes und eine

optimale passive Solarenergienutzung garantiert werden. Um in den Übergangsjahreszeiten und in den

Wintermonaten Heizenergie einzusparen, sollte das Gebäude möglichst so auf dem Grundstück bzw.

in der Stadtstruktur angeordnet sein, dass eine optimale Nutzung der Solarenergie möglich ist. Hierbei

ist darauf zu achten, dass das Gebäude zu den entsprechenden Zeiten nicht durch Vegetation oder

Nachbarbebauung verschattet wird. Zwischen Gebäuden sollten dementsprechende Mindestabstän-

de für die Belichtung und Besonnung eingehalten werden. Dies ist für den Standort Sapporo für die

Wintermonate und Übergangszeiten sowie für die Klimazonen Tokio und Kagoshima vorrangig für die

Wintermonate von Bedeutung.

Abb. 3.16

Sonnenbahn im Jahres-

verlauf der nördlichen

Erdhalbkugel

110 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 111: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

• Natürliche Belichtung

Tageslicht ist für den Menschen lebensnotwendig und sollte deswegen in seiner originalen, spektralen

Zusammensetzung als natürliche Lichtquelle benutzt werden. Neben dem bauphysikalischem Aspekt

des Wärmegewinns über die Verglasung stellt eine Sichtverbindung nach außen für die natürliche

Tageslichtbeleuchtung der Räume eine wesentliche Voraussetzung dar. Der Einfluss von Tageslicht auf

die Raumatmosphäre und das menschliche Wohlbefinden ist un-bestritten, lässt sich aber zahlenmäßig

kaum bewerten.

Die Tageslichtverteilung in einem Raum ist

abhängig von:

• Größe und Anordnung der Fenster

• Verglasungsart

• Orientierung des Fensters

• sichtbarem Himmelsanteil

• Himmelslichtverteilung

• Position des Fensters bezüglich des Innen-

raumes

• Größe und Form des Raumes

• Farbe von Wänden, Decken sowie der

Möblierung

Abb. 3.17

Gebäudeabstände für

Verschattungsfreiheit in

Sapporo (a) und Kago-

shima (b)

Abb. 3.18

Natürliche Belichtung

111Ökologisches Gesamtkonzept

Page 112: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die Tageslichtnutzung kann durch die Anordnung und Größe der Glasflächen günstig beeinflusst

werden. Je mittiger die Glasfläche in der Raumbreite gelegen und je geringer ihr Abstand zur Decke

ist, desto besser ist die Breiten- und Tiefenausleuchtung des Raumes sowie die Lichtstreuung oder

-lenkung in der Verglasungsebene. Auf Über-Kopf-Verglasungen, die besonders gutes Himmelslicht

durchlassen, sollte in Japan aufgrund der Gefahr der sommerlichen Überhitzung verzichtet werden.

Sollten sie trotzdem erwünscht oder notwendig sein, sollte die direkte Sonneneinstrahlung abgeschirmt

oder reflektiert werden, um Blendungen und Überhitzungen zu vermeiden.

Tageslichtsysteme ermöglichen das Arbeiten im natürlichen Licht, ohne Blendung und unerwünschte

Wärmebelastung – sie nutzen die Vorzüge des Sonnenlichts und schließen seine Nachteile weitgehend

aus. Ziel ist die gleichmäßige und ausreichende Ausleuchtung des Raumes. Meist wird ein Überange-

bot an Sonnenlicht im Fensterbereich in den Raum umgelenkt. So kann das Tageslicht besser genutzt

werden.

Lichtstreuung und -lenkung kann durch Prismensysteme, Spiegelsysteme, reflektierende Lamellen usw.

sowie die indirekte Beleuchtung des Raumes durch eine reflektierende, mit Spiegelflächen versehene

Decke erreicht werden. Tageslichtsysteme werden unterschiedlich konzipiert und ausgeführt, je nach

ihren Anforderungen und Einsatzgebieten am Gebäude:

• als Sonnenschutz – die direkte Sonneneinstrahlung wird ausgeblendet und nur das allgemeine

Zenitlicht kommt in den Raum

• zur Lichtlenkung – das Licht kann z. B. über Schwerter oder Spiegelkonstruktionen gesammelt und

durch ein Umlenkprisma auf die Decke projiziert und dadurch gleichmäßig im Raum verteilt werden.

Reflektorisch ausgebildete Decken transportieren das einfallende Tageslicht in die Tiefe des Raumes.

Eine Kombination beider Systeme ist möglich. Dadurch wird neben der entscheidenden Verbesserung

der Lichtverhältnisse in der Tiefe des Raumes die Blendung reduziert, elektrische Energie für künstliche

Beleuchtung eingespart sowie der Überhitzungsschutz im Sommer gewährleistet.

Abb. 3.19

Unterschiedliche Prin-

zipien der Tageslichtnut-

zung

Abb. 3.20

Tageslichtlenkung

112 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 113: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

• Ausrichtung von Fassaden und transparenten Gebäudeteilen

Entsprechend dem Tagesverlauf der Sonne sowie in Abhängigkeit von der Jahreszeit trifft die Sonnen-

einstrahlung unterschiedlich auf die Oberflächen eines Gebäudes. Ostfassaden erhalten die intensivste

direkte Strahlung am Morgen, Westfassaden werden am intensivsten am Abend bestrahlt. Südfassa-

den werden im Sommer weniger als Ost- und Westfassaden beschienen – im Winter hingegen ist die

Einstrahlung auf die Südfassade größer als auf Ost- und Westfassade. Diese Strahlungsverhältnisse

erklären die Präferenz der Südfassade für passive Solarenergienutzung. Nordfassaden erhalten in den

gemäßigten Breiten nur im Sommer und nur kurz direkte Strahlung, hauptsächlich fällt durch Nord-

verglasungen diffuses Licht. Dachverglasungen lassen vor allem die steile Sommereinstrahlung pas-

sieren, was schnell zu Überhitzungen führen kann. Für die passive Solarenergienutzung ist vor allem

die Einstrahlung von Südost über Süd nach Südwest auf senkrechte Glasflächen vorteilhaft. Die solare

Strahlung trifft auf die innen liegenden Bauteilmassen (Wände, Decken, Mobiliar etc.) und wird durch

Absorption in Wärme umgewandelt. Diese Sonnewärme kann tagsüber in den Bauteilen gespeichert

und in den Abendstunden zeitverzögert an den Raum abgegeben werden.

Bei Niedrigenergiehäusern mit verringerten Transmissions- und Lüftungswärmeverlusten erhöht

sich der Anteil solarer Wärmegewinne in der Wärmebilanz eines Gebäudes beträchtlich. Durch eine

zweckmäßige Anordnung der Fensterflächen entsprechend der Sonneneinstrahlung können die solaren

Wärmegewinne den Jahres-Heizwärmebedarf eines Gebäudes – vor allem in kalt-gemäßigten Klimaten

wie in Sapporo – deutlich verringern. Aber auch in Tokio und Kagoshima ist die passive Nutzung der

Solarenergie ein wichtiges Thema, da hier im Winter die Durchschnittstemperaturen für 3 bis 4 Monate

unter 10 °C absinken. Durch die Nutzung der Sonnenwärme kann hier gegebenenfalls sogar auf die

heizungsgestützte Erzeugung von Raumwärme verzichtet werden bzw. eine relativ klein dimensionierte

Heizanlage zum Einsatz kommen. In allen Fällen dürfen jedoch die Belange des sommerlichen Wärme-

schutzes nicht vernachlässigt werden (siehe S. 116).

Abb. 3.21

Intensität der Sonnenein-

strahlung auf Gebäude-

flächen

113Ökologisches Gesamtkonzept

Page 114: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

• Verglasung

Die Fenster in ihrem konstruktiven Aufbau sowie der Art und Weise des Einbaus entscheiden in

großem Maße über die Wärmeverluste eines Gebäudes. Dabei spielen Faktoren wie die Dichtheit der

Bauteilanschlüsse, die Fugendurchlässigkeit sowie der Wärmedurchgangskoeffizient für die Verglasung

und den Fensterrahmen eine wichtige Rolle. In der Regel sind Verglasungen schlechter gedämmt als

Außenwände. Über die Anordnung von Scheiben, ihre Beschichtung und die Füllung des Scheibenzwi-

schenraums kann eine Steigerung der Wärmedämmung erreicht werden. Mit zunehmender Wärme-

dämmung ist allerdings eine Verminderung des g-Wertes, also der Solarenergiegewinne, verbunden.

Der große Technologiesprung bei der Glasherstellung ermöglicht jedoch, die verschiedenen Einflüsse

so zu kombinieren, dass optimale Lösungen erreicht werden können. In gemäßigten Breiten bedeutet

dies in der Regel eine gute Wärmedämmung (U-Wert), besonders für die sonnenarmen Tage und die

Nachtzeit, und gleichzeitig möglichst hohe Energiedurchlassgrade (g-Wert). Hochwertige Verglasungen

(mit UW = 0,8 W/m²K) erreichen eine positive Energiebilanz in der Heizperiode, d. h. es wird über diese

Bauteile mehr Wärme über Sonnenstrahlung gewonnen, als durch Transmission verloren geht.

Die zum Einsatz kommenden Fenster sollten vorrangig Mehrscheiben-Isolierverglasungen

(U ≤ 2,0 W/m²K) mit oder ohne Beschichtungen (aufgedampfte Metallschichten) und Edelgasfüllung

sein. Sie sollten weiterhin gut dämmende Rahmen aus Holz, Kunststoff oder wärmegedämmten

Metallprofilen, gut abgedichtete Fensterfugen sowie sorgfältig gedämmte Fensterlaibungen aufwei-

sen. In Sapporo – also den kälteren Klimaten – könnte der Wärmeschutz während der Nachtzeit durch

wärmegedämmte Rollläden und Rollladenkästen, Klapp- oder Schiebeläden verbessert werden. Soll

der Gebäudestandard sich eher dem Passivhaus annähern, müssen Dreischeiben-Isolierverglasungen

eingebaut werden. Hier können bei g-Werten von 0,35 bis 0,5 U-Werte von 0,4 bis 0,9 W/m²K erreicht

werden während die U-Werte von gasgefüllten Zweischeiben-Isolierverglasungen zwischen 0,6 und

1,4 W/m²K liegen.

• Räumliche Zonierung

Eine Maßnahme zur Energieeinsparung im Gebäude ist die Zonierung der Räume, entsprechend ihrer

Funktion und Nutzungszeit nach dem Verlauf der Sonne. Hierbei werden Räume mit gleichen Tem-

peraturen und Nutzungszeiten zu Zonen zusammengefasst. Da der Energieeinspareffekt durch eine

sinnvolle Zonierung gegenüber einer guten Wärmedämmung nur eine untergeordnete Rolle spielt,

Abb. 3.22

Übersicht über verschie-

dene Verglasungsarten

114 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 115: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

muss die Zonierung nicht unbedingt zum architektonischen Leitgedanken erhoben werden. Eine gute

thermische Zonierung kann zur Reduzierung der Wärmeverluste, zur Verringerung des Energiever-

brauches und zur Unterstützung der passiven Solarenergienutzung beitragen, sie kann allerdings eine

gute Wärmedämmung nicht ersetzen. Je besser der Wärmeschutz, desto geringer sind die Einsparef-

fekte durch eine Zonierung. Auch scheinbar besonders günstige Grundrissformen des Gebäudes, z. B.

in einer Trichterform, sind energetisch von geringem Einfluss. Für die Wohnqualität und die Belichtung

spielen Ausrichtung und Zonierung allerdings eine ganz entscheidende Rolle.

Für alle drei Klimate gilt gleichermaßen das Ziel, die Räume entsprechend ihrer Nutzung gut zu belich-

ten, in den Wintermonaten Solarenergie im Gebäude zu nutzen sowie in den Sommermonaten einer

Überhitzung der Räume vorzubeugen. Folgende Ansatzpunkte können hilfreich sein, den Grundriss des

Gebäudes in diesem Sinne zu strukturieren: Aufenthaltsräume wie Wohnzimmer, Küche, Arbeits- oder

Spielzimmer sollten aufgrund der gewünschten Belichtung und Besonnung möglichst an der Südost-,

Süd- oder Südwestseite angeordnet werden. Die eher kühlen und untergeordneten Funktionsräume

wie WC, Wirtschafts- und Technikräume orientiert man besser zur Nordost-, Nord- bzw. Nordwest-

seite. Für die Schlafräume sind Süd- und Westseite möglichst zu vermeiden, da es hier im Sommer

schnell zu Überhitzungen kommen kann. Pufferräume wie Geräteschuppen, Wäschetrockenraum und

Abstellräume werden vorzugsweise an den Außenwänden, jedoch nicht auf der Südseite angeordnet.

Aktiv gekühlte Räume sollten im kühlsten Bereich des Hauses liegen.

Abb. 3.23

Räumliche Zonierung von

Grundrissfunktionen

115Ökologisches Gesamtkonzept

Page 116: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Natürliche Lüftung und Kühlung

Um die thermische Behaglichkeit von Gebäuden im Sommer sicherzustellen, muss vor allem eine

Überhitzung vermieden werden. Künstliche Kühlung ist in den wärmeren Regionen Japans – wie die

Analyse zeigt – ein wichtiges Thema und kann in derselben Größenordnung wie der Heizenergiebedarf

in den kalt-gemäßigten Zonen zu Buche schlagen. Daher sollte hier versucht werden, den Kühlbedarf

möglichst zu reduzieren und den Zeitraum der aktiven Kühlung zu verkürzen. Natürliche Klimatisierung

erfordert die sorgsame Beachtung der sich einstellenden bauphysikalischen Randbedingungen.

• Querlüftung

Um den menschlichen Organismus in feuchtwarmen Klimaten von der ungünstigen Kombination aus

Wärme und hoher Luftfeuchte zu entlasten, kann es hilfreich sein, Luftbewegungen zur Unterstützung

der Wärmeabgabe über Hautverdunstung zu nutzen. Natürliche Luftströmungen können helfen, v. a.

in den Übergangsjahreszeiten auf eine künstliche Klimatisierung weitgehend zu verzichten und somit

die Kühlperiode zu verkürzen. Um die vorhandenen Luftbewegungen zur natürlichen Belüftung und

somit Kühlung nutzen zu können, muss das Gebäude in seiner Längsachse quer zur Hauptwindrich-

tung angeordnet sein. Die Luftbewegung sollte auch nicht durch bauliche oder natürliche Freiraume-

lemente blockiert werden und das Gebäudeinnere muss entsprechend offen und durchlässig gestaltet

sein (siehe dazu „Gebäudegeometrie / -orientierung / -zonierung“). Die Lufteintrittsöffnungen an

den Fassaden sollten beschattet sein. Dieser bauliche Ansatz ist vor allem für die warm-gemäßigten

sowie subtropischen Klimate von Bedeutung.

Windrosendiagramme können Auskunft über die

vorherrschende Windrichtung, -stärke und -häu-

figkeit geben. Die entsprechenden Diagramme

der untersuchten Standorte zeigen, dass die

Hauptwindrichtung in allen drei Fällen vorrangig

aus Nordwest ist.

Hauptwindrichtung

Sapporo: NW – SO

Tokio: NW – SO (vorrangig aus NW)

Kagoshima: NW – SO (vorrangig aus NW)

Abb. 3.24 (rechts)

Winddiagramme für

Sapporo (a), Tokio (b)

und Kagoshima (c)

Abb. 3.25

Prinzip Querlüftung und

natürliche Klimatisierung

116 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 117: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

• Außenklima und Freiraum

Im Tagesverlauf heizt sich der Stadtraum mit der zunehmenden Sonneneinstrahlung stark auf, unter-

stützt durch andere Wärmequellen wie Verkehr und Klimaanlagen. Grünzüge insbesondere mit Bäu-

men und Buschwerk kühlen und gleichen das Tag-/ Nachtgefälle durch Verschattung und Verdunstung

sowie die Kondensation von Wasser aus. Das günstige Mikroklima verbessert die örtliche Qualität und

vermindert Kühllasten der Gebäude. Außerdem heizen sich verschiedene Oberflächen innerhalb einer

Stadtlandschaft unterschiedlich stark auf.

Infrarot-Thermografie-Bilder können solche Effekte sichtbar machen. Gewässer und Grünflächen sind

am Morgen eines Sommertages die wärmsten Oberflächen einer Stadt, während am Abend große

versiegelte Flächen, Verkehrsflächen und dicht bebaute Gebiete die wärmsten Oberflächen aufweisen.

Grünzonen und weniger dicht bebaute Gebiete aber auch Gewässer sind dagegen kühler.

Für ein gutes Mikroklima im Außenbereich sorgen beispielsweise Fassadenbegrünung, Biotope, natur-

nahe Gartengestaltung und möglichst wenig versiegelte Flächen. Eine Dachbegrünung zur Redu-

zierung des Abflusses von Oberflächenwasser wirkt gleichzeitig vielen negativen Auswirkungen der

Oberflächenversiegelung entgegen. In Hauptwindrichtung vor dem Gebäude stehende Bäume sorgen

für eine Windberuhigung und dadurch Reduzierung der Wärmeverluste. Eine Fassadenbegrünung an

Nord-, Ost- und Westseite fungiert als natürliche Dämmung und gestalterisches Element.

Abb. 3.26

Beispielfotos für günstig

gestaltete Außenräume:

Fassadenbegrünung (a),

Biotop (b) und naturnahe

Gartengestaltung (c)

Abb. 3.27

Natürliche Klimatisierung

durch Außenraumgestal-

tung

ab c

117Ökologisches Gesamtkonzept

Page 118: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

• Passive Nachtkühlung

In Gebieten mit stetigen Winden und geringen Nacht- und Morgentemperaturen bietet sich die

Nutzung des Windes zur Konvektionskühlung an. Dabei wird in den warmen bzw. heißen Monaten

die kühlere Nachtluft in das Gebäude geleitet, um die massiven Bauteile im Inneren des Gebäudes

abzukühlen und ein angenehmes Raumklima zu schaffen. Der Kältetransport erfolgt bei der passiven

Nachtkühlung durch freie Lüftung (Thermik bzw. Querlüftung). Die passive Nachtlüftung ist abhängig

von Temperaturen, Wind und Wetterlage. Die Lufteintrittsöffnungen müssen zur vorherrschenden

Windrichtung orientiert sein. Die Gebäude sollten in Durchlüftungsrichtung eine geringe Gebäude-

bzw. Raumtiefe aufweisen. Für eine effiziente Nachtlüftung ist oft jedoch der Nutzer gefordert, um

durch zeitlich korrekte Bereitstellung der Öffnungsquerschnitte eine konsequente Durchströmung der

Räume zu ermöglichen. Da dies u.U. problematisch sein könnte, kann auch aktive Nachkühlung zum

Einsatz kommen. Dazu wird im einfachsten Fall die ggf. vorhandene Klimaanlage (Tokio und Kagoshi-

ma) im Lüftungsbetrieb zu Nachtkühlzwecken betrieben. Dies wird bei den aktiven Systemen im Kapitel

Gebäudetechnik gesondert behandelt.

• Verschattung

Um eine künstliche Klimatisierung von Gebäuden von vorneherein zu vermeiden bzw. deren Umfang

zu reduzieren, sollte der Sonnenlichteinfall in das Gebäude kontrolliert und reguliert werden. Diese

Methode des sommerlichen Wärmeschutzes ist in der Regel bei klimagerechten Gebäudeentwürfen

und geeigneten Baumaterialien für die Gebäudekühlung in Klimazonen mit sommerlichen Tagestempe-

raturen bis 30 °C ausreichend (z. B. Sapporo).

Der Sonnenschutz übernimmt wichtige Funktionen. Zum einen ermöglicht er optimale solare Gewinne

in der Heiz- bzw. Übergangsperiode, zum anderen vermeidet er eine Überhitzung der Räume im Som-

mer sowie Blendungen. Gleichzeitig sollte er jedoch eine maximale Tageslichtausbeute gewährleisten.

Es ist grundsätzlich zwischen Sonnen- und Blendschutz zu unterscheiden. Bei großflächiger Fassaden-

verglasung kann es durch die gewünschte passive Solarenergienutzung zu einer Überhitzung der Räu-

me im Sommer kommen. Aber auch an den Ost- und Westfassaden, wo die Sonne am Morgen und

am Abend fast senkrecht steht, ist das Vorsehen von Verschattungsmaßnahmen besonders wichtig.

Verschattungselemente können sowohl vertikal als auch horizontal angeordnet werden. Die

Anordnung der Elemente richtet sich nach der Orientierung der Fassade und der Lage zur Sonne.

Der horizontale Sonnenschutz schützt vor der hoch stehenden Sonne im Süden, während vertikale

Abb. 3.28

Nachtkühlung durch

Thermik (a), durch Quer-

lüftung (b), durch aktive

Lüftung (c)

118 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 119: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Sonnenschutzelemente vor der niedrig stehenden Sonne an den Ost- und Westfassaden schützen. Im

Beispielgebäude übernimmt der große Dachüberstand zum einen die Funktion der horizontalen Ver-

schattung vor der hoch stehenden Südsonne, zum anderen erfüllt er die Forderung nach konstruktivem

Holzschutz.

Grundsätzlich kann man verschiedene Arten von Sonnenschutz unterscheiden. Der außenliegende

Sonnenschutz besitzt einen erhöhten Wirkungsgrad, da die in Wärme umgewandelte, absorbierte

Sonnenstrahlung außerhalb der Gebäudehülle bleibt. Nachteilig kann die Reduktion der Energiege-

winne im Winter und der Übergangsperiode sein, wenn er gleichzeitig als Blendschutz genutzt wird. Es

können dabei starre (Dachvorsprünge, Loggien, Balkone, etc.) und bewegliche (Sonnensegel, Lamellen,

etc.) Elemente unterschieden werden. Der außenliegende Sonnenschutz ist Witterungseinflüssen aus-

gesetzt, wodurch eine periodische Reinigung und Wartung sowie die Verwendung witterungsbestän-

diger Materialien notwendig sein kann.

Der in Isoliergläser integrierte Sonnenschutz ist noch wenig verbreitet. Derzeit häufig verwendet

sind fest eingebaute oder bewegliche Lamellen und abrollbare Reflexionsfolien. Mit dieser Art des

Sonnenschutzes können zwar Witterungsschäden verhindert und der Reinigungsaufwand reduziert

werden, jedoch muss bei einem Defekt des Systems meist die gesamte Scheibe ausgewechselt werden.

Der innenliegende Sonnenschutz ist eher ein Blendschutz, da die solare Strahlung die Gebäudehül-

le passiert und im Rauminneren in Wärmestrahlung umgewandelt wird. Nachteilig ist daher, dass die

entstehende Wärme durch Lüftung oder Kühlung abgeleitet werden muss. Gebräuchliche Systeme wie

z. B. Rollos, horizontale Jalousien oder vertikale Lamellenstores sind jedoch einfach zu warten und zu

reinigen.

Für den Sonnenschutz haben sich bewegliche Sonnenschutzsysteme besser bewährt als starre

Systeme. Starre Konstruktionen erlauben keine Anpassung an die wechselnden Einstrahlungs- und

Beleuchtungsverhältnisse. Ihre Wirkung ergibt sich immer aus einem einmalig festgelegten Kompromiss

Abb. 3.29

Horizontaler (a), vertikaler

Sonnenschutz (b) bzw.

deren Kombination (c)

Abb. 3.30

Varianten außenliegender

Sonnenschutzeinrich-

tungen

119Ökologisches Gesamtkonzept

Page 120: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

zwischen Verschattung und Beleuchtung und damit auch zwischen Sonnenschutz im Sommer und

Sonnenenergiegewinn im Winter.

Tab. 3.1

Übersicht von Möglichkeiten des Sonnenschutzes (Beispiele)

Variable Verschattung Feste, unbewegliche Verschattung

innenliegend außenliegend integriert horizontal vertikal Kombination

Vorhänge,

Jalousien,

vertikale

Lamellenstores

Jalousien,

Rollläden,

Markisen

Lamellenrollos,

abrollbare Re-

flexionsfolien

Dach-

überstände,

Vordächer,

Lamellen

Vorsprünge,

Rücksprünge

gitterartige

Anordnung

Eine weitere Möglichkeit des Sonnenschutzes für das Gebäude ist die Bepflanzung des Außenraumes

Abb. 3.31 (a bis e)

Beispiele für Sonnen-

schutzeinrichtungen

a) c)b)

d) e)

120 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 121: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

mit Bäumen und Büschen. Bei richtiger Auswahl der Pflanzenart passt sich diese Variante der Verschat-

tung dem saisonalen Beschattungsbedarf an. Allerdings kann meist in den Monaten September und

Oktober die Solarstrahlung noch nicht wieder genutzt werden (noch kein Laubabwurf), obwohl bereits

Bedarf bestehen könnte. Auch während kühler Sommerperioden sind weniger solare Gewinne mög-

lich. Eine Regulierung des Sonnenschutzes durch eine Bepflanzung ist nicht möglich.

Bezüglich des sommerlichen Wärmeschutzes sollten die Gebäude in Tokio und Kagoshima nach

Möglichkeit nur wenige Gebäudeöffnungen in den strahlungsexponierten Außenflächen (Ost- und

Westfassaden) aufweisen. Zusätzlich sollte im Sommer eine Verschattung dieser strahlungsexponier-ten

Fassaden erfolgen. Im Winter wiederum sind solare Gewinne erwünscht. Aus diesem Grund sind hier

flexible Verschattungseinrichtungen sinnvoll. Prinzipielle Vorschläge für die Verschattung der verschie-

denen Fassaden je nach ihrer Orientierung sind in Abb. 3.18 (a-e) dargestellt.

Nordfassade: vorrangig diffuses Licht, wenig solare Einträge, keine Überhitzungsgefahr → keine Ver-

schattung notwendig, höchstens innen liegender Blendschutz, sofern erwünscht

Ost-/Westfassade: große solare Einträge v. a. im Sommer über flach stehende Sonne (Morgen- und

Abendstunden), die zu starkem Wärmeeintrag führen können → möglichst vertikale, bewegliche Son-

nenschutzeinrichtungen

Südfassade: hoch stehende Sonne im Sommer bringt große solare Einträge v. a. um die Mittagszeit

→ horizontale Verschattungseinrichtungen (feststehend oder beweglich), in Abstimmung mit ge-

wünschten solaren Gewinnen in Übergangsjahrezeiten und Winter (Sonnenstand beachten)

Abb. 3.32

Prinzipielle Verschat-

tungsvorschläge für die

verschiedenen Gebäude-

fassaden

121Ökologisches Gesamtkonzept

Page 122: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

• Wärmespeicherung

Übermäßige solare Gewinne können Räume im Sommer zu stark aufheizen. Begünstigt wird dieser

Prozess durch schlecht gedämmte, dunkle Außenbauteile, geringe innere Massen, große Glasflächen in

Ost- oder Westrichtung und geneigte Südflächen. Wärmespeichermassen wirken ausgleichend auf das

zeitlich schwankende Energieangebot der Sonne und dämpfen Temperaturunterschiede im Raum ab,

wodurch die Behaglichkeit im Raum verbessert wird. Gerade im Sommer kann ein gewisses Wärme-

speichervermögen vorteilhaft sein, weil die massiven Bauteile den Anstieg der Innenraum-Lufttempe-

raturen verzögern. Die wärmespeichernden Massen tragen bei schnell gesteuerter Heizung jedoch nur

unwesentlich zur Energieeinsparung bei.

Die Fähigkeit eines Gebäudes, Wärme zu speichern, hängt von der gewählten Bauweise ab. Bauten in

Leichtbauweise wärmen sich schneller auf und können bei entsprechend flexibler Heizungsregelung

bei einem günstigen Sonnenangebot schnell reagieren und die Heizleistung reduzieren. Durch eine

gute Durchmischung der Raumluft im Gebäude und offene Grundrisse insbesondere zu den nordseitig

liegenden Gebäudeteilen kann zu hohen sommerlichen Innentemperaturen entgegen gewirkt werden.

In den wärmeren Klimazonen Japans (Tokio und Kagoshima) besteht hier allerdings die Gefahr der

Taupunktunterschreitung bei Kondensation feucht-warmer Luft an kalten Oberflächen.

• Topografie des Standorts

Sowohl das Klima als auch die Topographie eines Standorts sind wichtige Einflussfaktoren für den

Energieverbrauch eines Gebäudes. Von besonderer Bedeutung hierbei sind die lokalen Windverhält-

nisse, die solare Strahlungsintensität und die topographische Lage eines Grundstückes bzw. Gebäudes.

Exponierte Lagen sind im Gegensatz zu geschützten Standorten durch wesentlich höhere Windge-

schwindigkeiten gekennzeichnet. Tallagen sind oft windarm und von Kaltluft umgeben, Kammlagen

windreich.

Starker Wind kann vor allem in weniger dicht bebauten Gebieten zu erhöhten Wärmeverlusten des

Gebäudes führen. Dies spielt in erster Linie in den kälteren Klimaten wie in Sapporo eine entscheidende

Rolle. In diesen Fällen sollten windgeschützte Lagen bevorzugt werden bzw. können bauliche wie auch

natürliche Windschutzeinrichtungen (z. B. Mauern oder Vegetation) dabei helfen, die Wärmeverluste

zu reduzieren. Besonders günstig wäre hier der Südhang in windgeschützter Lage mit sommerlicher

Teilverschattung durch Laubbäume und dadurch günstigem Mikroklima.

Abb. 3.33 (a-d)

Standortwahl für das

Gebäude: Ebene (a),

exponiert (b), Südhang (c),

Kessellage (d)

122 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 123: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

• Gebäudegeometrie

Der Temperaturaustausch zwischen dem Gebäude und seinem Umfeld wird von der Gebäudegeome-

trie und von der Orientierung des Gebäudes beeinflusst. Gebäude verlieren über die Gebäudehülle

während der Heizperiode Wärme (Transmissionswärmeverluste) und nehmen bei hohen Außentempe-

raturen Wärme auf, was für die Kühllasten bestimmend ist.

Da die Wärmeverluste bzw. der Wärmeeintrag proportional zur äußeren Hüllfläche steigen, sollte ein

möglichst geringes Verhältnis zwischen der Hüllfläche A und dem umbauten Volumen V (A/V-Ver-

hältnis) angestrebt werden. Günstige A/V-Verhältnisse liegen bei kleineren Wohnhäusern bei 0,7, bei

Geschossbauten etwa bei 0,3 bis 0,4. Eine Optimierung der Gebäudeform bezüglich der Kompaktheit

kann jedoch auch nachteilig für die Nutzung, Belichtung und möglicherweise auch die Gestaltung

des Gebäudes sein. Eine Gliederung des Gebäudes ist durchaus möglich, allerdings verursacht jede

zusätzliche Außenfläche größere Wärmeverluste, die eventuell durch einen verbesserten Wärmeschutz

kompensiert werden müssen. Um das A/V-Verhältnis gering zu halten, kann es ebenfalls sinnvoll sein,

die Geschosszahlen zu erhöhen bzw. Gebäudeteile aneinander zu reihen. Dies wirkt sich nicht nur posi-

tiv auf den Heiz- bzw. Kühlbedarf aus, sondern impliziert einen sparsamen Umgang mit Flächen und

Ressourcen, der v. a. in Japan eine wichtige Rolle spielt.

Für alle Gebäude in Japan – unabhängig vom Standort – wird ein kompaktes Gebäudevolumen zur Mi-

nimierung des Transmissionswärmestromes durch die Gebäudehülle angestrebt. Für Sapporo ist dieser

Ansatz vor allem im Winter (Heizsaison) von Bedeutung, für Tokio und Kagoshima vor allem im Som-

mer (Kühlsaison). Das A/V-Verhältnis für das Bespielgebäude erreicht bei einem Gebäudevolumen Ve

von ca. 860 m³ einen Wert von 0,71 – das entspricht einem guten Wert für kleinere Einfamilienhäuser.

Das Beispielgebäude ist so konzipiert, dass es sowohl als einzeln stehendes Gebäude wie auch als Dop-

pelhaus ausgeführt werden kann. Eine Reihung der Gebäudeelemente ist ebenfalls möglich, wodurch

der Heiz- bzw. Kühlenergiebedarf stark reduziert werden könnte. Das bauliche Konzept ist im Kapitel

3.1.3 Das Gebäudekonzept dargestellt.

• Gebäudedämmung

Zukunftsfähiges Bauen ist verbunden mit der Mindestforderung nach dem Niedrigenergiestandard für

Gebäude. Bei Einhaltung des Mindestwärmeschutzes werden mögliche Einwirkungen von Tauwasser

aus der Raumluft während der Heizperiode so begrenzt, dass Schäden (z. B. Schimmelbildung, Korro-

sion) am Gebäude vermieden werden. Oberstes Ziel aller Maßnahmen zum baulichen Wärmeschutz ist

die Verringerung des Heizwärmebedarfs von Gebäuden bzw. des Energiebedarfs für die Kühlung.

Abb. 3.34 (a-b)

A/V-Verhältnis verschie-

dener Gebäudetypen

(a) und verschiedener

Volumina (b)

123Ökologisches Gesamtkonzept

Page 124: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die Wärmedämmung muss das Gebäude gleichmäßig wie ein „Pelz“ einhüllen und ohne Schwach-

stellen ausgeführt werden. Dabei ist es unerheblich, ob das Gebäude beheizt oder künstlich gekühlt

werden muss. Energieverluste an schlecht gedämmten Bauteilen lassen sich an anderer Stelle nur mit

erhöhtem Aufwand bzw. gar nicht wettmachen. Sinnvolle Dämmschichten für Außenbauteile für

Niedrigenergiegebäude in europäischen Klimaten liegen zwischen 10 und 30 cm, zum Erdreich hin

bei 15 cm. Je nach Bauweise sind jedoch große Dämmstoffstärken unterschiedlich günstig für die

Konstruktion. Holzständerkonstruktionen und Dachsparren lassen beispielsweise größere Dicken zu

als massive Außenwandkonstruktionen. Für die drei exemplarischen Standorte in Japan werden die

Dämmstoffstärken entsprechend den klimatischen Bedingungen festgelegt und in den jeweiligen

Kapiteln im Teilkonzept „Baustoffe und Konstruktion“ vorgestellt.

• Wärmebrücken

In gut wärmegedämmten Gebäuden kann der Anteil der Transmissionswärmeverluste durch Wär-

mebrücken am gesamten Transmissionswärmeanteil beträchtlich sein. Bei einem gut gedämmten

Gebäude können über Schwachstellen wie Sockel, Ortgang, Traufe und Fensterlaibungen mehr als

50 % der Transmissionswärme verursacht werden. Im Bereich von Wärmebrücken sinkt im Winter die

raumseitige Oberflächentemperatur von Bauteilen ab. Bei Unterschreiten der Taupunkttemperatur fällt

Tauwasser aus, das zu Feuchteschäden und Schimmelbildung führen kann.

Man unterscheidet in geometrische und konstruktive Wärmebrücken. Geometrische Wärmebrücken

liegen vor, wenn die äußere Oberfläche wesentlich größer ist als die innere Oberfläche (z. B. Gebäude-

ecken). Derartige Wärmebrücken sind durch eine kompakte Bauweise zu reduzieren (siehe Gebäude-

geometrie). Konstruktive Wärmebrücken entstehen, wenn Bauteile nicht in die Wärmedämmung ein-

gebettet sind bzw. diese unterbrechen (z. B. auskragende Balkonplatte). Besonders problematisch sind

Abb. 3.35

Wärmedämmung am

Gebäude

124 Ökologisches Gesamtkonzept

Page 125: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

die Fälle, in denen geometrische und konstruktive

Wärmebrücken zusammen fallen. Wärmebrücken

können aber auch durch unsachgemäße Ausfüh-

rung entstehen, z. B. Lücken in der Dämmung

oder mangelhafte Anschlüsse beispielsweise

zwischen Außenwand und Fenster.

Durch sorgfältige Planung und Ausführung lassen

sich Wärmebrücken minimieren. Wärme sollte

möglichst nur eindimensional und nicht zwei-

oder gar dreidimensional abfließen können. Die

Flanken sind zu dämmen (z. B. Laibungen), damit

der Wärmefluss nur eine Richtung aufweist.

Schwachstellen sollten möglichst mit mindestens

6 cm dicken Dämmschichten mit einer Wärme-

leitfähigkeit von maximal 0,04 W/mK gegen die

Außenluft abgedeckt werden bzw. äquivalente

Wege für den Wärmeabfluss erzwingen. Am

einfachsten ist die Minimierung durch eine durch-

gehende Dämmschicht an der Außenseite des

Gebäudes zu erreichen.

Da Wärmebrücken oft im Bereich von Bauteilan-

schlüssen entstehen, kommt dem wärmebrücken-

freien Einbau von Fenstern große Bedeutung zu.

Dabei muss die Anschlussfuge unter Verwendung

dauer-elastischer Dichtungen sachgerecht ausge-

führt werden. Die optimale Einbauposition liegt

immer in der Dämmebene.

• Luftdichtigkeit

Mit zunehmenden Anforderungen an den Wärmeschutz erlangt die Luftdichtigkeit von Gebäuden

eine wachsende Bedeutung. Die Luftdichtigkeit der Gebäudehülle hat entscheidenden Einfluss auf den

Energieverbrauch und das raumklimatische Wohlbefinden. Leckagen in der Gebäudehülle können zu

gravierenden Bauschäden führen. Entweicht warme Raumluft durch die Außenbauteile, kann es zur

Kondensation der in der Luft enthaltenen Feuchtigkeit innerhalb der Wärmedämmung kommen. Das

dort lokal freigesetzte und nicht mehr abtrocknende Kondenswasser bildet in der Konstruktion einen

Nährboden für Mikroorganismen.

Die luftdichte Hülle sollte das gesamte beheizte Volumen vollflächig umschließen. Die gewünschte

Dichtheit der gesamten Hülle wird durch eine sorgfältige Ausführung der flächigen Bauteile und die

entsprechende Fügung der aneinanderstoßenden Konstruktionen erreicht. Geringe Anschlusslängen,

eine reduzierte Anzahl von Durchdringungen und ein mechanischer Schutz der im Leichtbau verwen-

deten Folien oder Pappen sind dabei Grundvoraussetzung. Typische Details, denen besondere Auf-

merksamkeit gebührt, sind in Abb. 3.37 dargestellt.

Abb. 3.36

Typische Wärmebrücken

a) Ortgang

b) Balkon

c) Kellersockel

125Ökologisches Gesamtkonzept

Page 126: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Kosten bzw. Mehrkosten energetisch

optimierter Gebäudeplanung

Bei der energetischen Optimierung der Gebäu-

dehülle gibt es diverse Parameter, an denen

Optimierungen vorgenommen werden können.

Hier sind besonders Fenster und die Dicke der

Dämmstoffe zu nennen, aber natürlich auch die

Größe und Anordnung von Fenstern. Je nach

Standort und Klimazone hat die Änderung eines

Parameters mehr oder weniger großen Einfluss

auf den Energieverbrauch. Hierzu empfiehlt sich

die in Kapitel 4.2 und 4.3 beschriebene Analyse

und Methode der Optimierung. Während z. B. in

nördlicheren, kalten Regionen besonders Wert

auf die Dämmung gelegt werden muss, sind in

südlichen Regionen Verschattungsmaßnahmen

effizient. Aus dieser Analyse ergeben sich Mehr-

kosten, die mit dem Einsparpotential gegen

gerechnet werden können.

Innerhalb des Energiekonzepts gibt es neben dem Bereich der energetischen Gebäudeplanung wei-

terhin das Gebiet der Gebäudetechnik. Hier werden nach technisch-wirtschaftlichen Kriterien poten-

ziell geeignete rationelle/regenerative Verfahren zur Beheizung, Lüftung, Kühlung/Klimatisierung und

Warmwasserbereitung für die drei Klimazonen in Japan zusammengestellt. Diese werden – soweit

möglich – konstruktiv und in ihrer Betriebsweise an die japanischen Klima- und Komfortbedingungen

sowie an die Gegebenheiten des exemplarisch entwickelten Gebäudes angepasst. Zusätzlich wird auf

spezielle Rahmenbedingungen hingewiesen, die erfüllt sein müssen, damit ein bestimmtes Gebäude-

technikkonzept funktioniert und sinnvoll ist. Auch hier wird in die „Öko-Standard-Variante„ und „Öko-

Plus-Variante“ unterschieden. Da die Lösungen für die drei Klimazonen I, II und III sehr differenziert zu

betrachten sind, werden sie im Kapitel 4.3 für die Standorte Sapporo, Tokio und Kagoshima getrennt

vorgestellt.

Auch in Deutschland wird immer wieder der Fehler gemacht, hinsichtlich des Energieverbrauchs nur

nach dem aktuellen Stand der Vorschriften zu bauen. Werden die Mindestanforderungen eingehalten,

bedeutet dies zwangsläufig, dass die Gebäude nach spätestens 5 bis 10 Jahren nicht mehr dem Stand

der Technik entsprechen. Dies muss bei der Gebäudeplanung mit einbezogen werden.

Die Rentabilität von energetischen Maßnahmen ist erheblich von den Energiekosten und von den zu

erzielenden Verbesserungen abhängig. Es empfiehlt sich, bei jedem Bauvorhaben individuell eine en-

ergetische Optimierung nach Kapitel 4 vorzunehmen. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass

sich sinnvoll geplante Mehrkosten innerhalb der ersten 10 Jahre amortisieren sollen. Bei der heutigen

Nutzungsdauer bei Wohngebäuden von etwa 25 Jahren sind keine Mehrkosten zu rechtfertigen, die

sich erst nach 20 Jahren amortisieren. Wird jedoch langfristig das eigentliche Ziel, werthaltige Gebäude

zu erstellen, die eine Nutzungsdauer von 50 Jahren und mehr aufweisen, erreicht, so ist dies in die Pla-

nung mit einzubeziehen. Bei einem solchen Haus ist so zu konstruieren, dass nach 10 Jahren die dann

vermutlich aktuellen Mindestanforderungen noch sicher eingehalten werden.

Abb. 3.37

Luftdichtigkeit – beson-

dere Problempunkte

126 Ökologisches Gesamtkonzept

3.6.3∙ Energiekonzept: Gebäudetechnik

Page 127: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Das in Kapitel 3 erarbeitete Gebäude weist die unter architektonischen Gesichtpunkten optimalen

Bedingungen auf. Im Zuge der Planung der Erdbebensicherheit sind je nach Erdbebenbeanspruchung

einzelne besondere Maßnahmen erforderlich, die auch eine Änderung architektonischer Details erfor-

derlich machen. In Anlehnung an geltende Erdbebennormschriften und den Stand der Technik sind

nachstehend aufgeführte Maßnahmen in Abhängigkeit der Erdbebenbeanspruchung zu überprüfen

und ggf. vorzunehmen.

Eine Teilunterkellerung ist in Erbebengebieten schwierig, da dadurch die Forderung nach einer einheit-

lichen Verschiebung der Gründungsteile nur mit großem technischen Aufwand erfüllt werden kann.

Sinnvoller sind voll unterkellerte Gebäude oder der Versicht auf einen Keller. (Abb. 4.1)

Die großzügigen Fensteröffnungen im Erdge-

schoss gewährleisten zwar die Erfüllung des

Bedürfnisses, mit der Umgebung und der Natur

zu harmonieren. Sie führen jedoch dazu, dass das

Erdgeschoss relativ weich wird. Besonders Pen-

delstützen sollten vermieden werden. (Abb. 4.2)

Die Optimierung unter Erdbebengesichtspunkten

führt verständlicherweise dazu, dass die architek-

tonischen Gesichtspunkte beeinträchtigt werden.

In der Praxis ist im Dialog mit den Bauherren ein

Kompromiss zu finden.

Die unteren Geschosse dürfen möglichst nicht

weicher sein, als die oberen Geschosse. Ideal ist,

wenn alle Geschosse gleich steif sind, gegebe-

nenfalls können die oberen Geschosse weicher

werden, als die unteren. (Abb. 4.3)

Abb. 4.1

Abb. 4.2

Abb. 4.3Abb. 4.1 bis 4.3

Verbesserung aus Sicht der Erdbebensicherheit

127Optimierung der Gebäudehülle

4.1∙ Optimierung unter Betrachtung der Erdbebensicherheit

4∙ Optimierung der Gebäudehülle

Page 128: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Lastabtragende Wände sind möglichst direkt übereinander anzuordnen, was in Erdbebengebieten eine

besondere Bedeutung hat. Hier sollten auch nicht tragende, leichte Trennwände nach Möglichkeit

übereinander angeordnet werden. Der Versprung der Trennwand im 1. OG führt zwar dazu, dass die

in Japan sehr beliebten Wandschränke in idealer Weise erstellt werden können. Die Ableitung von

horizontalen Lasten aus Erdbeben ist jedoch äußerst schwierig

Die aufgeführten Beispiele zeigen, dass in dem Spannungsfeld zwischen Wünschen des Bauherren,

architektonischen Gesichtspunkten, der technischen Machbarkeit und den Kosten ein Kompromiss

gefunden werden muss.

Abb. 4.4

128 Optimierung der Gebäudehülle

Page 129: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Während viele bautechnische Fragestellungen wie Statik, Schallschutz, Lichttechnik etc. weitgehend

unabhängig von den lokalen Verhältnissen weltweit gleich behandelt werden können, ist das hygro-

thermische Verhalten von Bauteilen und Gebäuden – also das Zusammenspiel von Wärme- und

Feuchtetransport und -speicherung – stark abhängig von den jeweiligen Außenklima- und Nutzungs-

bedingungen. Art und Aufbau geeigneter Konstruktionen können sich dabei deutlich unterscheiden.

Bei einem typischen Wohngebäude in Mitteleuropa ergibt sich im Jahresmittel beispielsweise ein

Wasserdampfpartialdruck von innen nach außen – dies bedeutet, dass eine Konstruktion von innen

nach außen diffusionsoffener ausgeführt werden sollte, um den Feuchteeintrag aus der Raumluft zu

minimieren und ein Trocknen nach außen zu ermöglichen. Das im Sommer deutlich wärmere und

feuchtere Außenklima in Japan bedingt dagegen in Kombination mit einem klimatisierten Innenraum

ein Partialdruckgefälle nach innen; eine wie in Deutschland aufgebaute Konstruktion könnte unter

diesen Bedingungen Feuchteakkumulationen aufweisen und gegebenenfalls versagen. Das Übertragen

von im heimischen Markt bewährten Konstruktionen auf völlig andere Randbedingungen und da-

raus resultierende Schäden haben bereits häufiger zum Scheitern des Markteintritts von Baufirmen in

anderen Ländern geführt. Mit Hilfe hygrothermischer Simulationen auf Basis gemessener Klimadaten

ist heute jedoch eine Prüfung von Konstruktionen auf Eignung bzw. eine Optimierung für beliebige

Klimate und Nutzungen vergleichsweise einfach möglich. Vorgehen und Ergebnisse bei der Anpassung

und Optimierung für die Verhältnisse in den drei ausgewählten japanischen Klimaregionen werden in

diesem Kapitel beispielhaft beschrieben.

Zu hohe Feuchtegehalte in Bauteilen sind Ursache von hygienischen Problemen wie Schimmel oder Al-

genbewuchs, Zerstörung oder Entfestigung von Baustoffen durch Fäulnisprozesse oder Frost, Zunahme

der Wärmeleitfähigkeit von Dämmstoffen oder vorzeitiger Alterung. Ziel einer hygrothermischen Bau-

teiloptimierung ist auf der einen Seite die Minimierung von Feuchtequellen wie Schlagregenabsorption

oder Wasserdampfdiffusion, auf der anderen Seite eine Maximierung des Trocknungspotentials sowohl

nach außen als auch nach innen. Es gilt also der Grundsatz, so diffusionsoffen wie möglich zu bauen,

damit die sich in einem Bauteil befindliche Feuchte austrocknen kann, aber auch so dicht wie nötig, um

zu verhindern, dass Feuchte in die Konstruktion eindringt.

Die zuvor beschriebene Bauteilsimulation und -optimierung erfolgt mit Hilfe des am Fraunhofer-Institut

für Bauphysik in Holzkirchen entwickelten Berechnungsverfahrens WUFI®, das die Simulation des

gekoppelten Wärme- und Feuchtetransports in Bauteilen unter realen gemessenen Klimabedingungen

ermöglicht. Das Modell entspricht internationalen Normen und Richtlinien, ist anhand zahlreicher

Freilandversuche umfassend validiert und wird auch in Japan selbst zur Bauteilbeurteilung eingesetzt.

Die für Bauteilbeurteilungen relevanten Klimawirkungen wie Niederschlag, Sonnenstrahlung, lang-

wellige Abstrahlung oder Windeinflüsse werden ebenso berücksichtigt wie die für die verschiedenen

Transport- und Speichervorgänge erforderlichen Materialkennwerte wie Feuchtespeicherfunktion,

Flüssigtransportkoeffizienten, Wärmekapazität oder feuchteabhängige Wärmeleitfähigkeiten und

Diffusionswiderstände. Mit Hilfe dieses Modells ist somit im Voraus eine realitätsnahe Berechnung der

beim Einsatz in Japan zu erwartenden Temperatur- und Feuchteverhältnisse in den Wand- und Dach-

konstruktionen möglich.

Für die im Rahmen dieses Projekts zu untersuchenden Bauteile kann auf die in der Materialdatenbank

hinterlegten Baustoffe zurückgegriffen werden. Ebenso wäre bei Bedarf das Messen und Einfügen

eigener Kennwerte möglich. Die benötigten Klimadaten können entweder ebenfalls aus der Datenbank

des Programms verwendet, selbst erworben oder gemessen und importiert werden. Für die Unter-

suchungen der Verhältnisse in Japan werden aus der Datenbank die drei Standorte Sapporo, Tokyo

und Kagoshima gewählt. Diese sind repräsentativ für die kalt-gemäßigte, die warm-gemäßigte und

129Ökologische Gebäudekonzepte für Japan

4.2∙ Bauphysikalische Optimierung der Gebäudehülle

Page 130: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

die subtropische Klimazone. Das Innenraumklima wird entsprechend in Japan gemessenen typischen

Wohnraumbedingungen mit einem sinusförmigen Verlauf der Temperatur zwischen 19 °C und 24 °C

und der relativen Feuchte zwischen 30 % und 70 % verwendet. Die aus hygienischer Sicht eher un-

günstigen hohen Raumluftfeuchten im Sommer sind dabei üblich und werden bisher noch allgemein

akzeptiert. Teilweise findet man sogar noch deutlich extremere Temperatur und Feuchteverhältnisse

mit Werten unter 10 °C im Winter und bis über 30 °C im Sommer, da Heizen und Klimatisieren im

privaten Bereich kulturell bedingt in Japan zurückhaltend eingesetzt wird. Als Anfangsfeuchte in den

verschiedenen Bauteilen wird jeweils der Ausgleichsfeuchtegehalt bei der mittleren Außenluftfeuchte

von in Japan 70 % relativer Feuchte angesetzt. Dieser Annahme liegt zugrunde, dass die Baumateri-

alien im Freien, jedoch geschützt vor Niederschlagswasser gelagert werden. Kann dies nicht gewähr-

leistet werden, wäre ein höherer Ausgleichsfeuchtegehalt zu wählen, wodurch die Trocknungsphase

des Bauteils verlängert wird.

Die Beurteilung der Konstruktionen erfolgt im eingeschwungenen Zustand. Dieser ist dann erreicht,

wenn sich die Feuchte nur noch im Jahresverlauf, jedoch nicht mehr von einem Jahr zum nächsten

ändert. Ergebnis der Berechnungen ist der zeitliche Verlauf der Temperatur- und Feuchtefelder im Bau-

teil. Aus diesen Feldern können die Wärme- und Feuchteströme, Temperaturen und relative Feuchten

an beliebigen Positionen, die flächenbezogene Gesamtfeuchte des Bauteils sowie der absolute oder

massebezogene Wassergehalt der verschiedenen Materialschichten abgeleitet werden. Die Beurteilung

der hier untersuchten Bauteile erfolgte anhand der berechneten Holzfeuchten sowie des Verlaufs der

relativen Feuchte über den Querschnitt. Ein Bauteilaufbau wird dann als besonders günstig beur-

teilt, wenn im eingeschwungenen Zustand die relative Feuchte über den Bauteilquerschnitt an keiner

Position Werte über 80 % erreicht, weil damit sowohl Holzfäuleprozesse als auch Schimmelpilzbildung

ausgeschlossen werden können. Für detaillierte Informationen wird auf den ausführlichen Forschungs-

bericht verwiesen.

Abbildung 4.5 zeigt einen für Deutschland üblichen Außenwandquerschnitt in Holzbauweise mit den

verwendeten Materialien sowie deren Schichtdicken. Dieser Aufbau, der nun für die drei repräsen-

tativen Standorte optimiert werden soll, wird zur Vereinfachung im Weiteren als „Standardaufbau“

bezeichnet. Die Installationsebene dient dem Verlegen von elektrischen Leitungen, Schaltern, Steckdo-

sen oder auch Heizungsrohren. In diesem Fall ist der verbleibende Hohlraum der Installationsebene mit

Dämmung versehen. Die Dampfbremse wird dahinter angeordnet, so dass sie bezüglich Luftdichtheit

und Diffusionsdichtheit keine Durchdringungen mehr aufweist. In der Luftschicht der hinterlüfteten

Fassade wird ein Luftwechsel von n = 50 h-1 angenommen.

Abb. 4.5

Schematische Darstellung

des „Standardaufbaus“

der Außenwand. Diesen

gilt es in bauphysikali-

scher Hinsicht für die drei

repräsentativen Standorte

in Japan zu optimieren.

130 Optimierung der Gebäudehülle

4.2.1∙ Feuchtetechnische Betrachtung der Außenwand

Page 131: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Optimierung des Außenwandquerschnitts am Standort Sapporo

Die Außenwand am Standort Sapporo wird für die Berechnung nach Nord Westen orientiert, da es sich

dabei um die vom Schlagregen am stärksten beanspruchte Richtung handelt. Das Berechnungsergebnis

zeigt für den „Standardaufbau“ das Feuchteprofil über den Querschnitt nach Abb. 4.6. In dem Dia-

gramm, das von WUFI® ausgegeben wird, ist die relative Feuchte über die einzelnen Bauteilschichten

dargestellt. Die Außenoberfläche der Bauteile ist dabei immer auf der linken Seite. Der hellgrüne

Bereich stellt die Schwankungsbreite der relativen Feuchte über das letzte Jahr der Berechnung nach

Erreichen des eingeschwungenen Zustands dar. Die dunkelgrüne Kurve zeigt die sich im Jahresmittel

einstellende relative Feuchte für denselben Zeitraum.

In Abb. 4.6 erkennt man, dass sich an der Trennschicht äußere OSB Platte / Holzfaserdämmplatte hohe

relative Feuchten einstellen. Diese erreichen auch im eingeschwungenen Zustand noch Werte bis 85 %,

so dass dort die Gefahr der Schimmelpilzbildung nicht ausgeschlossen werden kann. Da bei dem in

Sapporo herrschenden Klima das Wasserdampfpartialdruckgefälle hauptsächlich von innen nach außen

verläuft, ist eine nach außen hin diffusionsoffene Bauweise von Vorteil. Deshalb wird nun statt der

außenseitigen OSB Platte eine diffusionsoffenere Platte, zum Beispiel eine bautechnische MDF-Platte,

verwendet, so dass sich die Feuchte an dieser Stelle des Querschnitts weniger stauen kann.

Als eine weitere kritische Stelle ist die Trennschicht Dampfbremse / gedämmte Installationsebene zu

sehen, da die relative Feuchte hier ebenfalls regelmäßig die 80 % Marke übersteigt. Eine mögliche

Lösung ist die Reduzierung der gedämmten Installationsebene, da sich dadurch im Winter an der

Dampfbremse eine höhere Temperatur einstellt, in Folge derer die relative Feuchte sinkt. Aus diesem

Grund wird die Installationsebene auf 4 cm verringert, wodurch sie ihrer Funktion noch immer gerecht

werden kann. Durch diese beiden Maßnahmen stellt sich die in Abb. 4.7 dargestellte Verteilung der

relativen Feuchte über den Querschnitt ein.

Abb. 4.6

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt der Außenwand

am Standort Sapporo.

„Standardaufbau“ nach

Abb. 4.5.

Die roten Kreise kenn-

zeichnen die kritischen

Stellen im Querschnitt.

131Optimierung der Gebäudehülle

Page 132: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Sowohl an der Trennschicht bautechnische MDF-Platte / Holzfaserdämmplatte als auch an der Trenn-

schicht Dampfbremse / gedämmte Installationsebene bleibt die relative Feuchte unter dem kritischen

Wert von 80 %. Auf Grund dessen kann die Konstruktion so ausgeführt werden.

Eine weitere Verbesserung hinsichtlich der Feuchteverteilung über den Querschnitt kann erzielt

werden, wenn statt der bisher eingesetzten diffusionshemmenden Dampfbremse (sd-Wert = 20 m)

eine feuchteadaptive Dampfbremse eingebaut wird. Bei einer feuchteadaptiven Dampfbremse ist der

Diffusionswiderstand abhängig von der umgebenden Luftfeuchte und sie wird mit zunehmender rela-

tiver Feuchte durchlässiger. Der sd-Wert variiert zwischen ca. 4 m im trockenen Zustand und 0,1 m bei

Tauwasserbedingungen. Der Einbau dieser feuchteadaptiven Dampfbremse ist empfehlenswert, da sie

zusätzliches Trocknungspotential nach innen eröffnet und sich die Feuchte weniger stark an der Innen-

seite der Dampfbremse staut. Für den Standort Sapporo ergibt sich somit der in Abb. 4.8 dargestellte

optimierte Aufbau der Außenwand.

Abb. 4.7

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt der Außenwand

am Standort Sapporo.

Änderungen im Vergleich

zum „Standardaufbau“

nach Abb. 4.1:

– bautechnische MDF-

Platte außen

– gedämmte Installations-

ebene 4 cm

Abb. 4.8

Schematische Darstellung

des in bauphysikalischer

Hinsicht für den Standort

Sapporo optimierten Auf-

baus der Außenwand.

132 Optimierung der Gebäudehülle

Page 133: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Optimierung des Außenwandquerschnitts am Standort Tokyo

In Tokyo wird die Außenwand für die Berechnung nach Norden orientiert, da hier der Wind bei gleich-

zeitigem Niederschlag hauptsächlich aus dieser Himmelsrichtung kommt und somit dort die größte

Schlagregenbeanspruchung auftritt. Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass sich im eingeschwun-

genen Zustand im Querschnitt des „Standardaufbaus“ unter den Klimabedingungen von Tokyo das

Feuchteprofil nach Abb. 4.9 einstellt.

Abgesehen von der hinterlüfteten Fassade, deren Feuchtegehalt nahe dem des Außenklimas liegt,

erreicht die relative Feuchte in der Konstruktion zu keiner Zeit den kritischen Wert von 80 %. Somit

besteht kein Schimmelpilzrisiko und die Konstruktion könnte so ausgeführt werden.

Eine weitere Verbesserung ist zu erzielen, wenn entsprechend dem oben genannten Grundsatz die

Konstruktion nach außen hin diffusionsoffener gestaltet wird, indem die äußere OSB-Platte durch eine

bautechnische MDF-Platte ersetzt wird. Dadurch geht an der Trennschicht bautechnische MDF-Platte /

Holzfaserdämmplatte die relative Feuchte etwas zurück. Es wird nun aus den gleichen Gründen wie

am Standort Sapporo eine feuchteadaptive Dampfbremse eingebaut. Dadurch lässt sich die leichte

Feuchteansammlung an der Dampfbremse verhindern.

Da in der Region um Tokyo milde Winter und warme Sommer herrschen, kommt es öfter vor, dass

das Wasserdampfpartialdruckgefälle von außen nach innen verläuft und somit die Feuchte in Richtung

des Innenraums wandert. Dies kann bei einer stärkeren Klimatisierung, wie sie in westlichen Ländern

die Regel und in Japan auch zunehmend üblich ist, zu Problemen führen, da der Temperaturgradient

und somit der Feuchtestrom größer wird. Um die Konstruktion daraufhin zu überprüfen, wird ein

Innenraumklima von konstant 22 °C und 50 % relativer Feuchte sowie eine Orientierung des Bauteils

Abb. 4.9

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt der Außenwand

am Standort Tokyo.

„Standardaufbau“ nach

Abb. 4.5.

133Optimierung der Gebäudehülle

Page 134: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

nach Westen angenommen, da dort mit den größten Strahlungsgewinnen zu rechnen ist. Durch den

Feuchtestrom von außen nach innen steigt die relative Feuchte an der inneren OSB Platte an, erreicht

aber maximal 75 %. Ersetzt man die innere OSB-Platte ebenfalls durch eine diffusionsoffenere bautech-

nische MDF-Platte, stellt sich eine etwas günstigere Feuchteverteilung über den Querschnitt ein (siehe

Abb. 4.10).

Das Feuchteprofil dieser Konstruktion weist auch unter den japanischen Innenraumverhältnissen keine

kritischen Stellen mehr auf. Damit ergibt sich für den Standort Tokyo der in Abb. 4.7 dargestellte

optimierte Aufbau der Außenwand. Im Unterschied zu Sapporo ist in Tokyo aufgrund des wärmeren

Klimas eine nach außen und nach innen diffusionsoffenere Bauweise günstiger.

Abb. 4.10

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt der Außenwand

am Standort Tokyo.

Änderungen im Vergleich

zum „Standardaufbau“

nach Abb. 4.5:

– bautechnische MDF-

Platte außen

– PA Folie

– konstantes Innenraum-

klima: 22 °C, 50 % r. F.

– bautechnische MDF-

Platte innen

Abb. 4.11

Schematische Darstellung

des in bauphysikalischer

Hinsicht für den Standort

Tokyo optimierten Auf-

baus der Außenwand.

134 Optimierung der Gebäudehülle

Page 135: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Optimierung des Außenwandquerschnitts am Standort Kagoshima

Die Außenwand wird zur Berechnung nach Nord Westen orientiert, weil dies in Kagoshima der Haupt-

schlagregenseite entspricht. Für den „Standardaufbau“ am Standort Kagoshima ergibt sich die in

Abb. 4.12 dargestellte Verteilung der relativen Feuchte über den Querschnitt.

Betrachtet man nur die tragende Konstruktion, so steigt die relative Feuchte an keiner Stelle des Quer-

schnitts über 80 %. Die Konstruktion könnte auf diese Weise also bereits ausgeführt werden. Da der

Außenwandaufbau jedoch nach dem oben genannten Grundsatz optimiert werden soll, ist zu überprü-

fen, ob sich der Austausch der außenseitigen OSB Platte durch eine diffusionsoffenere bautechnische

MDF Platte günstiger auf den Verlauf der relativen Feuchte auswirkt. Der Verlauf der relativen Feuchte

an der Trennschicht bautechnische MDF-Platte / Holzfaserdämmplatte geht auf etwa 70 % zurück. Im

Gegenzug steigt sie an der Trennschicht Holzfaserdämmplatte / OSB-Platte etwas an, da in Kagoshima

die Feuchte hauptsächlich von außen nach innen diffundiert. Um diesen Effekt noch zu verstärken,

wird die Konstruktion wie in Tokyo noch einmal unter einem konstanten Innenraumklima von 22 °C

und 50 % relativer Feuchte untersucht. Dabei staut sich die Feuchte, die von außen nach innen dif-

fundiert, deutlich vor der inneren OSB Platte und erreicht regelmäßig Werte von über 80 %. Um diese

Feuchteansammlung zu verringern, wird die OSB Platte durch eine bautechnische MDF Platte ausge-

tauscht – in der Folge treten nur noch relative Feuchten von etwa 75 % auf.

Aus den bereits genannten Gründen wird wie schon in Sapporo und Tokyo auch in Kagoshima der

Einbau einer feuchteadaptiven Dampfbremse empfohlen, obwohl sich dadurch die Verteilung der

relativen Feuchte über den Querschnitt nicht nennenswert ändert. Das Feuchteprofil, das sich über den

optimierten Querschnitt einstellt, ist in Abb. 4.13 dargestellt.

Abb. 4.12

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt der Außenwand

am Standort Kagoshima.

„Standardaufbau“ nach

Abb. 4.5.

135Optimierung der Gebäudehülle

Page 136: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Bei der Feuchteverteilung über den Querschnitt unter üblichen japanischen Innenraumbedingungen

treten wie zu erwarten ebenfalls keine kritischen Stellen mehr auf. Somit ergibt sich für den Standort

Kagoshima der gleiche optimierte Aufbau der Außenwand wie am Standort Tokyo (Abb. 4.11).

Das Dach hat eine Neigung von 30° und ist für die Berechnung nach Norden orientiert, weil sich

dort aufgrund der geringsten Sonneneinstrahlung die Feuchtigkeit am längsten hält. Der Aufbau des

Daches, der nun feuchtetechnisch untersucht

wird, ist in Abb. 4.14 mit allen Materialien sowie

deren Schichtdicken dargestellt. Dieser wird im

Weiteren als „Standardaufbau“ bezeichnet. In

der belüfteten Luftschicht wird ein Luftwechsel

von n = 50 h-1 angenommen.

Abb. 4.13

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt der Außenwand

am Standort Kagoshima.

Änderungen im Vergleich

zum „Standardaufbau“

nach Abb. 4.5:

– bautechnische MDF-

Platte außen

– PA Folie

– konstantes Innenraum-

klima: 22 °C, 50 % r. F.

– bautechnische MDF-

Platte innen

Abb. 4.14

Schematische Darstellung

des „Standardaufbaus“

des Daches. Diesen gilt es

in bauphysikalischer Hin-

sicht für die drei repräsen-

tativen Standorte in Japan

zu optimieren.

136 Optimierung der Gebäudehülle

4.2.2∙ Feuchtetechnische Betrachtung des Daches

Page 137: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die äußere Lattung und die Ziegeleindeckung können bei der Berechnung vernachlässigt werden, da

sich unter den Ziegeln, wie aus Versuchen bekannt ist, im Wesentlichen Außenluftverhältnisse einstel-

len. Die Temperaturverhältnisse, die sich auf der Oberfläche der Ziegel einstellen, werden durch lang-

wellige Strahlung fast unverändert an das Unterdach weitergegeben. Die Strahlungsabsorption wird

also entsprechend den Ziegeln eingestellt und die Regenwasserabsorption manuell auf Null gesetzt, um

zu berücksichtigen, dass die Ziegeleindeckung das Regenwasser von der Konstruktion abhält.

Optimierung des Dachquerschnitts am Standort Sapporo

Für den „Standardaufbau“ stellt sich die Feuchteverteilung über den Querschnitt nach Abb. 4.15 ein.

Im Winter bei Diffusionstransport nach außen sammelt sich die relative Feuchte innenseitig vor der

Dampfbremse. Sie erreicht aber zu keiner Zeit Werte über 80 %, so dass diese Konstruktion derart aus-

führbar ist. Durch den Einbau einer feuchteadaptiven Dampfbremse kann unplanmäßig eingedrungene

Feuchte im Sommer auch zum Innenraum hin austrocknen, im Winter ist die Folie mit einem sd-Wert

von etwa 4 m diffusionsoffener als die Vergleichfolie mit 20 m, so dass an der betrachteten Stelle die

relative Feuchte etwas reduziert wird.

Ein weiterer Vorschlag zur Verbesserung des Dachaufbaus ist das Weglassen der Unterlüftung. Statt-

dessen wird der komplette Sparrenzwischenraum gedämmt. Da die Klimabedingungen in Sapporo mit

denen in Deutschland vergleichbar sind, kann man auf die Erfahrung zurückgreifen, dass sich Trock-

nung und Befeuchtung durch die Hinterlüftung im Jahresverlauf in etwa die Waage halten. Um die

Austrocknung der Feuchte nach außen hin nicht zu behindern, wird die OSB Platte durch eine bautech-

Abb. 4.15

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt des Daches am

Standort Sapporo.

„Standardaufbau“ nach

Abb. 4.14.

137Optimierung der Gebäudehülle

Page 138: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

nische MDF-Platte ausgetauscht. Dadurch sinkt die relative Feuchte an der Trennschicht bautechnische

MDF Platte / Holzfaserdämmplatte und erreicht maximal noch etwa 77 %.

Da bei einem Dachquerschnitt eine Installationsebene in der Regel nicht notwendig ist, wird diese

im nächsten Schritt weggelassen. Die zweite Gipskartonplatte, die zur Stabilität der gedämmten

Installations-ebene dient, wird nun nicht mehr benötigt. Dadurch steigt zwar die relative Feuchte an

der Trennschicht bautechnische MDF-Platte / Holzfaserdämmplatte wieder etwas an, bleibt aber unter

80 %. Abb. 4.16 zeigt die sich nach diesen Maßnahmen einstellende Feuchteverteilung über den Quer-

schnitt.

Die beiden Konstruktionen mit und ohne gedämmte Installationsebene können aus feuchtetechnischer

Sicht als gleichwertig betrachtet werden. Es muss also im Einzelfall entschieden werden, ob eine Instal-

lationsebene erforderlich ist. Hier wird die Kon-

struktion ohne gedämmte Installationsebene als

optimierter Dachaufbau für den Standort Sapporo

gewählt. Dieser ist in Abb. 4.17 dargestellt.

Abb. 4.17

Schematische Darstellung

des in bauphysikalischer

Hinsicht für den Stand-

ort Sapporo optimierten

Aufbaus des Daches.

Abb. 4.16

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt des Daches am

Standort Sapporo.

Änderungen im Vergleich

zum „Standardaufbau“

nach Abb. 4.14:

– PA Folie

– Luftschicht entfernt

– bautechnische MDF-

Platte außen

– gedämmte Installations-

ebene entfernt

138 Optimierung der Gebäudehülle

Page 139: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Optimierung des Dachquerschnitts am Standort Tokyo

Unter dem in Tokyo vorherrschenden Klima stellt sich im „Standardaufbau“ das in Abb. 4.18 darge-

stellte Feuchteprofil ein.

Die relative Feuchte an der Außenseite der Dämmung überschreitet im Spätsommer regelmäßig die

80 % Marke. Da es in Tokyo außen oft feuchter und wärmer ist als innen, wird dem Bauteil durch die

belüftete Luftschicht häufig Feuchte zugeführt. Deshalb wird an Stelle der Luftschicht eine Holzfaser-

dämmplatte und für die Diffusionsoffenheit außen eine bautechnische MDF Platte eingebaut. Dadurch

geht die relative Feuchte an der Trennschicht bautechnische MDF-Platte / Holzfaserdämmplatte auf

maximal etwa 65 % zurück. Bei Verwendung einer feuchteadaptiven Dampfbremse steigt bei Um-

kehrdiffusion im Sommer die relative Feuchte an der Außenseite der Dampfbremse weniger stark an.

Diese Variante kann ohne Probleme ausgeführt werden, da der Querschnitt keine kritische Stelle mehr

aufweist.

Wie auch in Sapporo wird im nächsten Schritt die Installationsebene weggelassen, da sie im Dach in

der Regel nicht notwendig ist und ihr Einbau mit mehr Aufwand verbunden ist. Dadurch steigt die re-

lative Feuchte an der Dampfbremse wieder etwas an, bleibt aber im unkritischen Bereich. Die sich nun

einstellende Feuchteverteilung über den Querschnitt ist in Abb. 4.19 dargestellt.

Abb. 4.18

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt des Daches am

Standort Tokyo.

„Standardaufbau“ nach

Abb. 4.14.

Der rote Kreis kennzeich-

net die kritische Stelle im

Querschnitt.

139Optimierung der Gebäudehülle

Page 140: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Da auch in Tokyo die Konstruktionen mit und ohne gedämmte Installationsebene etwa gleichwertig

sind, kann wiederum gewählt werden, welcher Variante der Vorzug gegeben wird. Die Wahl des

optimalen Dachaufbaus für den Standort Tokyo fällt ebenfalls auf die Konstruktion ohne Installationse-

bene, welche bereits in Abb. 4.17 dargestellt ist.

Abb. 4.19

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt des Daches am

Standort Tokyo.

Änderungen im Vergleich

zum „Standardaufbau“

nach Abb. 4.14:

– PA Folie

– Luftschicht entfernt

– bautechnische MDF-

Platte außen

– gedämmte Installations-

ebene entfernt

Abb. 4.20

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt des Daches am

Standort Kagoshima.

„Standardaufbau“ nach

Abb. 4.14

Die roten Kreise kenn-

zeichnen die kritischen

Stellen im Querschnitt.

140 Optimierung der Gebäudehülle

Page 141: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Optimierung des Dachquerschnitts am Standort Kagoshima

Unter dem subtropischen Klima in Kagoshima ergibt sich für den „Standardaufbau“ das Feuchteprofil

nach Abb. 4.20.

An der Außenseite der Dampfbremse überschreitet die relative Feuchte im Sommer regelmäßig die

85 % Marke. Um dort den Feuchtestau zu reduzieren, wird eine feuchteadaptive Dampfbremse einge-

baut. Letztere ermöglicht auch eine Austrocknung der Konstruktion zum Innenraum. Dadurch sinkt die

relative Feuchte an dieser Stelle auf etwa 80 %.

An der Außenseite der Dämmung werden die 80 % relative Feuchte zwar nur kurzzeitig im Sommer

überschritten, aber auch in Kagoshima ist es empfehlenswert, die belüftete Luftschicht durch eine

Holzfaserdämmplatte zu ersetzen, da die Außenluft sehr feucht ist und diese durch die belüftete Luft-

schicht in die Konstruktion gelangt. Gleichzeitig wird außen eine bautechnische MDF Platte verwendet.

Dadurch sinkt die Feuchte nicht nur an der Trennschicht bautechnische MDF-Platte / Holzfaserdämm-

platte, sondern auch außen an der Dampfbremse. Durch diese Maßnahmen ergibt sich das Feuchte-

profil nach Abb. 4.21.

Abb 4.21

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt des Daches am

Standort Kagoshima.

Änderungen im Vergleich

zum „Standardaufbau“

nach Abb. 4.14:

– PA Folie

– Luftschicht entfernt

– bautechnische MDF-

Platte außen

Auch hier wird aus den gleichen Gründen wie in Sapporo und Tokyo die gedämmte Installationsebene

weggelassen. Dadurch wird es an der Trennschicht Holzfaserdämmplatte / PA Folie im Sommer, wenn

im Innenraum klimatisiert wird, kühler und die relative Feuchte nimmt wieder etwas zu. Tauscht man

die bautechnische MDF-Platte außen wieder durch eine diffusionsdichtere OSB-Platte aus, gelangt we-

niger Feuchte von außen in die Konstruktion und die relative Feuchte geht wieder zurück. Die Ergeb-

nisse sind in Abb. 4.22 dargestellt.

141Optimierung der Gebäudehülle

Page 142: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Als optimierter Dachaufbau für den Standort Kagoshima wird die Variante ohne Installationsebene

gewählt, die in Abb. 4.23 dargestellt ist, obwohl dort die höheren Feuchten auftreten. Wie schon oben

Allgemein wird noch darauf hingewiesen, dass in Regionen mit subtropischem Klima im Außenbereich

generell gute Wachstumsbedingungen für Schimmelpilze herrschen. Um auf der sicheren Seite zu

liegen, wäre eine außenseitige Beplankung mit einem feuchteunempfindlicheren Material, wie zum

Beispiel einer Vollholzschalung, zu empfehlen.

erwähnt, muss man im Einzelfall entscheiden,

welche Konstruktionsvariante man vorzieht bzw.

ob eine Installationsebene im Dach benötigt wird.

Im Unterschied zu Sapporo und Tokyo ist es in

Kagoshima günstiger, nach außen hin etwas

diffusionsdichter zu bauen.

Abb. 4.22

Verlauf der relativen

Feuchte über den Quer-

schnitt des Daches am

Standort Kagoshima.

Änderungen im Vergleich

zum „Standardaufbau“

nach Abb. 4.14:

– PA Folie

– Luftschicht entfernt

– Innendämmung entfernt

Abb. 4.23

Schematische Darstellung

des in bauphysikalischer

Hinsicht für den Standort

Kagoshima optimierten

Aufbaus des Daches.

142 Optimierung der Gebäudehülle

Page 143: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Für die Dachterrasse werden folgende zwei Flachdachaufbauten vorgeschlagen, welche jeweils an allen

drei betrachteten Standorten ausführbar sind. Abb. 4.24 zeigt den Dachterrassenaufbau mit Holzboh-

len, die auf Metallträgern aufliegen. Aus feuchtetechnischer Sicht wäre als Unterdeckbahn eine diffusi-

onsoffene Bahn besonders geeignet – da diese jedoch unterhalb der Terrassenbohlen nur unzureichend

vor Beschädigung geschützt werden kann, kommt eine normale Dachbahn mit einem sd-Wert von

20 m zum Einsatz. Für die darunter liegende Beplankung wird eine Vollholzschalung empfohlen, da

diese weniger anfällig für Fäulnis und Schimmel-

pilzbildung ist als eine Holzwerkstoffplatte. In der

äußeren Luftschicht wird aufgrund des geringen

Dachgefälles (geringer thermischer Auftrieb) ein

niedriger Luftwechsel von 2 h-1 angenommen.

Alternativ zu dem Aufbau mit Holzbohlen, kann auch eine begrünte Dachterrasse ausgeführt werden

(Abb. 4.25). Auch hier empfiehlt sich aufgrund der Feuchtesituation im Winter eher eine Vollholzscha-

lung als eine Werkstoffplatte. Der Luftwechsel in der Unterlüftung ist gegenüber dem Terrassenaufbau

unverändert. Am Standort Kagoshima stellt sich mit der Verwendung einer PA-Folie auf der Innenseite

der Holzfaserdämmung eine noch etwas gün-

stigere Feuchteverteilung über den Querschnitt

ein.

Abb. 4.24

Schematische Darstellung

des in bauphysikalischer

Hinsicht für alle drei

Standorte optimierten

Aufbaus der Dachterrasse

mit einer Beplankung aus

Holzbohlen.

Abb 4.25

Schematische Darstellung

des in bauphysikalischer

Hinsicht für alle drei

Standorte optimierten

Aufbaus der begrünten

Dachterrasse.

143Optimierung der Gebäudehülle

4.2.3∙ Feuchtetechnische Betrachtung der Dachterasse

Page 144: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Die Energiebedarfsoptimierung erfolgt mit dem hygrothermischen Gebäudesimulationsmodell WUFI®

Plus. Dabei werden die instationären Innenraumbedingungen und die Wärmeverluste durch Kombina-

tion von energetischer Gebäudesimulation und hygrothermischer Bauteilsimulation berechnet und der

Energieverbrauch des Gebäudes bestimmt. Die Simulation basiert auf dem von der Bauhaus Universität

Weimar entworfenen Wohnhaus. Dieses Gebäude wird im Weiteren als „Japanhaus“ bezeichnet.

Um in dem Gebäude ein behagliches Innenklima zu gewährleisten, soll die Innenraumtemperatur

zwischen 19 °C und 24 °C und die relative Luftfeuchte zwischen 30 % und 60 % betragen. Die sich

im Gebäude einstellende CO2-Konzentration sollte den von Pettenkofer vorgeschlagenen Grenzwert

von 1000 ppm nicht überschreiten. Um die Wärme und Feuchteproduktion der Bewohner zu berück-

sichtigen, wird ein Tagesprofil angenommen, das in etwa auf eine 5 köpfige Familie (hohe Belegung)

mit zwei Erwachsenen und drei Kindern zutreffen könnte. Basierend auf Angaben aus der Literatur

wird zusätzlich von einer internen Wärmelast von 250 W (z.B. Abwärme von elektrischen Geräten) und

einer internen Feuchtelast von 160 g/h ausgegangen, die z. B. durch Abwaschen, Wäschetrocknen

und Duschen zustande kommt. Die einzelnen Maßnahmen zur Energieeinsparung, wie z. B. bessere

Wärmedämmung, Verschattung der Fenster oder variable Lüftung, werden auf ihre Wirksamkeit hin

überprüft, indem sie mit den Ergebnissen der „Standardvariante“ verglichen werden.

In der „Standardvariante“ sind die Fenster nicht verschattet und haben eine Verglasung mit einem

U-Wert von 2,0 W/m²K sowie einen Solar Heat Gain Coefficient (SHGC Wert) von 60 %. Letzterer

gibt an, wie viel Prozent der kurzwelligen Strahlungsenergie, die auf ein transparentes Bauteil trifft,

in den dahinter liegenden Raum gelangt. Der SHGC-Wert kann durch eine stärker reflektierende oder

absorbierende Beschichtung der Fenster reduziert werden. Der Luftwechsel wird über das ganze Jahr

konstant mit 0,5 h-1 angenommen. Bei der Lüftungsanlage werden 60 % der Wärme aus der Abluft

zurückgewonnen. Für die Außenwände, das Dach und die Dachterrasse werden die oben ermittelten

optimierten Bauteilaufbauten für die jeweiligen Standorte verwendet. Die Innenwände sind in Holz-

ständerbauweise ausgeführt.

Die Energiebedarfsoptimierung erfolgt nacheinander für die drei repräsentativen Standorte. Aus-

schlaggebend ist jeweils die Änderung des Energiebedarfs, das heißt der Mehr- oder Minderverbrauch

von Heiz und Kühlenergie im Vergleich zur „Standardvariante“. Dabei werden zuerst die einzelnen

Maßnahmen simuliert und dann im Rahmen des wirtschaftlich und ökonomisch Sinnvollen zu einer en-

ergetisch besten Variante zusammengefasst. Anschließend wird die Energieeinsparung dieser Variante

gegenüber der „Standardvariante“ ermittelt. Es wird dabei nur die Nettoenergie, dass heißt der reine

Kühl-, Heiz- und Entfeuchtungsenergiebedarf ohne Wirkungsgrade der technischen Anlagen, betrach-

tet.

Die Vorgehensweise und die Ergebnisse werden im Folgenden nur kurz beschrieben. Für nähere Infor-

mationen und detaillierte Ergebnisse wird auf den ausführlichen Forschungsbericht verwiesen.

144 Optimierung der Gebäudehülle

4.3∙ Optimierung des Energiebedarfs

Page 145: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

In Sapporo ist die Heizperiode aufgrund des kalt gemäßigten Klimas deutlich länger als die Kühlperio-

de. In Abb. 4.26 ist ein kleiner Ausschnitt der Bauteilkomponenten mit ihren jeweiligen Wärmegewin-

nen und verlusten dargestellt. Es ist zu erkennen, dass durch die Fenster die größten Gewinne und

Verluste verzeichnet werden. Um Energie zu sparen, müssen hauptsächlich die Wärmeverluste über die

Fenster im Winter (Wärmeleitung) verringert und die unerwünschten Wärmegewinne in den Sommer-

monaten (Wärmeleitung und Strahlungsgewinne) reduziert werden.

Für die „Standardvariante“ ergibt sich ein Heizwärmebedarf von ~12510 kWh pro Jahr und für die

Kühlung muss jährlich eine Energie von ~9160 kWh aufgewendet werden. Die Entfeuchtungslast

beträgt ~790 kWh im Jahr. Der Gesamtenergiebedarf beträgt somit in einem Jahr 22460 kWh. Die

monatliche Verteilung des Heiz- und Kühlbedarfs ist in Abb. 4.27 dargestellt.

In der Standardvariante hat die Außenwand eine Dämmung von 12 cm und eine Installationsebene

von 4 cm, deren Hohlraum gedämmt ist. Dies entspricht in etwa dem in Deutschland üblichen Dämm-

standard. Als erstes wird nun untersucht, wie viel mehr Energie man aufwenden müsste, wenn die

Außenwand mit nur 6 cm Dämmung versehen und die Installationsebene komplett weggelassen wird.

Dies entspricht eher dem momentanen Dämmstandard in Japan. Durch die dünnere Dämmung steigt

insbesondere der Heizenergiebedarf an; der Gesamtenergiebedarf erhöht sich jedoch nur um 16 % ge-

genüber der „Standardvariante“, obwohl die Dämmdicke um 60 % reduziert wurde. Es wird deutlich,

dass die Dämmung der Wände bei der Standardvariante nur einen geringen Einfluss auf den Gesamt-

energiebedarf hat (Abb. 4.26).

Abb. 4.26

Wärmegewinne und

verluste einiger Bauteil-

komponenten für die

„Standardvariante“ am

Standort Sapporo.

145Optimierung der Gebäudehülle

4.3.1∙ Energetische Betrachtung am Standort Sapporo

Page 146: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Aufgrund der hohen Wärmeverluste über die Fenster im Winter wird nun eine Wärmeschutzverglasung

mit einem U-Wert von 0,8 W/m²K verwendet. Durch die wesentlich bessere Dämmwirkung der Fenster

geht der Heizenergiebedarf auf ~4980 kWh zurück. Der benötigte Gesamtenergiebedarf reduziert

sich im Vergleich zur „Standardvariante“ um 21 %. Um die Einstrahlungsgewinne durch die Fenster

zu verringern, stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Zum einen können beschichtete Fenster ver-

wendet werden, die einen geringeren SHGC-Wert besitzen, wodurch weniger Strahlungsenergie durch

die Fenster in das Gebäude gelangt. Zum anderen können die Fenster mit einer Verschattung versehen

werden. Im Folgen-den sollen diese beiden Alternativen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden.

Werden Fenster mit einem SHGC-Wert von 40 % verwendet, geht die Kühlenergie zurück, da die uner-

wünschten Energiegewinne durch die Fenster in der warmen Jahreszeit reduziert werden. Doch parallel

dazu steigt der Heizenergie-bedarf an, weil die im Winter erwünschten solaren Gewinne durch die

Beschichtung ebenfalls verringert werden. Betrachtet man den gesamten Energiebedarf, der benötigt

wird, so stellt sich eine Verbesserung gegenüber der „Standardvariante“ von 7 % ein. Alternativ dazu

werden die Fenster, die nach Süden, Osten und Westen ausgerichtet sind, mit einer automatischen

Verschattung ausgestattet, welche ab einer Strahlungsintensität von 200 W/m² einsetzt. Auch durch di-

ese Maßnahme verringert sich der Bedarf an Kühlenergie deutlich. Die Verschattung bietet den Vorteil,

dass Sie selektiv eingesetzt werden kann: eine Nutzung nur im Sommer reduziert die unerwünschten

Strahlungsgewinne, während diese Gewinne im Winter zur Reduktion des Heizenergiebedarfs genutzt

werden können. Im Winter ist daher eine manuelle Bedienung vorteilhaft, da die Verschattung auch als

Blendschutz dient. Unter der Voraussetzung, dass die Fenster nur in den Sommermonaten verschattet

werden, kommt es zu einer Verringerung des Gesamtenergiebedarfs von 29 %.

Unter Einbeziehung der oben beschriebenen Ergebnisse sieht eine im bereits genannten Rahmen

energetisch optimierten Variante eine Dämmung der Außenwand von 12 cm, eine gedämmte Installa-

tionsebene von 4 cm, eine Wärmeschutzverglasung mit einem U-Wert von 0,8 W/m²K und eine auto-

matische Verschattung an den nach Süden, Westen und Osten orientierten Fenstern in den Sommer-

monaten vor. Dadurch besteht jährlich ein Heizenergiebedarf von ~4930 kWh. Der Kühlbedarf sinkt

auf ~3660 kWh und die Entfeuchtungslast auf ~770 kWh im Jahr. Der Gesamtenergiebedarf geht auf

9360 kWh pro Jahr zurück. Somit ergibt sich durch die Optimierung eine jährliche Energieeinsparung

von etwa 13100 kWh oder 58 % gegenüber der „Standardvariante“. Abb. 4.27 zeigt die Bedarfsvertei-

lung für Heizung und Kühlung über die Monate.

Abb. 4.27

Monatliche Verteilung

des Heiz- und Kühlbedarfs

des „Japanhauses“ für die

Standardvariante und die

optimierte Variante für

den Standort Sapporo.

146 Optimierung der Gebäudehülle

Page 147: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Da Sapporo der kühlste der drei Standorte ist, wird überprüft, welche Verhältnisse sich einstellen,

wenn auf den Einbau einer Kühlung komplett verzichtet wird. Es wird hierbei in Kauf genommen,

dass die Innenraumtemperaturen von maximal 24 °C nicht mehr eingehalten werden können. Um die

Schwankungen der Außenlufttemperaturen auszunutzen, wird immer dann vermehrt gelüftet, wenn

die Innenraum-temperatur höher ist als die Außenlufttemperatur. Zusätzlich wird die automatische Ver-

schattung so eingestellt, dass sie bereits ab einer Strahlungsintensität von 100 W/m² einsetzt. Dadurch

ergeben sich im Innenraum noch für etwa 90 Stunden im Jahr Maximaltemperaturen von 30 °C. Diese

treten meist tagsüber auf, wenn sich die Bewohner üblicherweise nicht im Gebäude befinden. Durch

das Erhöhen der Luftgeschwindigkeit können trotz hoher Temperaturen komfortable Verhältnisse

eingestellt werden. Wird die Verschattung nur im Sommer eingesetzt, beträgt der jährliche Heizbedarf

~4860 kWh und die Entfeuchtungslast ~10 kWh pro Jahr. Somit ergibt sich in einem Jahr ein Gesamte-

nergiebedarf von ~4870 kWh. Im Vergleich zu der oben genannten optimierten Variante entspricht das

einer jährlichen Energieeinsparung von 4490 kWh bzw. 48 %.

Zusammenfassend muss die Entscheidung, welche Maßnahmen sinnvoll sind, auf die Begebenheiten

und die Wünsche des Kunden abgestimmt werden. Eine Verschattung, die sich automatisch an die

Strahlungsbedingungen anpasst, wäre zweckmäßig, da sie meist in der Zeit, in der die Bewohner nicht

zu Hause sind, notwendig ist. Ist der Einbau einer Verschattung nicht möglich oder zu teuer, so emp-

fiehlt sich der Einbau von Fenstern, die durch eine Beschichtung die Strahlungsgewinne reduzieren.

Dies gilt auch für die im Folgenden betrachteten Standorte Tokyo und Kagoshima.

Das in Tokyo herrschende warm gemäßigte Klima hat zur Folge, dass die Heizperiode wesentlich kürzer

ist als die Periode, in der gekühlt werden muss. Doch auch hier zeigt die Auflistung der Wärmegewinne

und verluste der einzelnen Bauteilkomponenten, dass die meiste Energie über die Fenster verloren

geht.

Bei der „Standardvariante“ ergibt sich ein Heizbedarf von ~2450 kWh sowie ein Kühlbedarf von

~15400 kWh im Jahr. Die Entfeuchtungslast beträgt ~3210 kWh pro Jahr. Somit ergibt sich ein

jährlicher Gesamtenergiebedarf von 21060 kWh. Die Verteilung des Heiz- und Kühlbedarfs über die

Monate ist in Abb. 4.28 dargestellt.

Zunächst wird in Anlehnung an die üblichen japanischen Wandkonstruktionen die Dämmung der

Außen-wand von 12 cm auf 6 cm und die gedämmte Installationsebene von 6 cm auf 4 cm reduziert.

Dadurch steigt der Gesamtenergiebedarf lediglich um 2 % gegenüber der „Standardvariante“. Das Er-

gebnis, dass etwa 40 % weniger Wärmedämmung hier nur unwesentlich ungünstiger ist, scheint über-

raschend, kann aber auf Grundlage weiterer Simulationen wie folgt erklärt werden: In den Übergangs-

zeiten, in denen die Innenluft durch solare Einstrahlung wärmer ist als die Außenluft, kann ein Teil der

Wärme über die Gebäudehülle nach außen abgegeben werden. Dieser Wärmestrom ist umso gerin-

ger, je dicker die Dämmung der Außenwand ist. Somit steigt bei einer gut gedämmten Außenwand

der Kühlbedarf in den Übergangszeiten, da die Wärme des Innenraums hauptsächlich über Kühlung

abgeführt werden muss. Eine Alternative wäre ein stärkerer Luftwechsel unter diesen Bedingungen. Im

Gegenzug steigt bei einer weniger gedämmten Außenwand der Heizbedarf in den kalten Wintermo-

naten. Es gilt also, einen guten Mittelweg zwischen einer Optimierung für den Sommer- und den Win-

terfall zu finden. In Tokyo wäre demnach eine Konstruktion mit 8 cm Dämmung und einer 4 cm dicken

gedämmten Installationsebene möglich, welche energetisch fast gleichwertig mit der Außenwand der

147Optimierung der Gebäudehülle

4.3.2∙ Energetische Betrachtung am Standort Tokyo

Page 148: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

„Standardvariante“ ist. Eine feuchte-technische Untersuchung der geringer gedämmten Konstruktion

zeigt, dass keine kritischen Feuchtegehalte im Querschnitt zu erwarten sind.

Im nächsten Schritt werden auch in Tokyo Fenster mit einem SHGC-Wert von 40 % verwendet. Zwar

steigt der Heizbedarf in den Wintermonaten etwas an, im Sommer aber geht der Kühlbedarf zurück, so

dass der Gesamtenergiebedarf im Vergleich zur „Standardvariante“ um 19 % sinkt. Diese Maßnahme

stellt in Tokyo eine bessere Alternative zur Verschattung dar als am Standort Sapporo, da die Heizpe-

riode hier wesentlich kürzer ist als die Kühlperiode. Die Verschattung der Fenster nach Süden, Osten

und Westen in den Sommermonaten bringt eine Gesamtenergieeinsparung von 39 % gegenüber der

„Standardvariante“. Aus den schon bekannten Gründen steigt der Energiebedarf wieder an, wenn

die Fenster auch im Winter aus Gründen des Blendschutzes verschattet werden. Werden Fenster mit

einem U-Wert von 0,8 W/m²K verwendet, erhöht sich der Gesamtenergiebedarf um 1 % gegenüber

der „Standardvariante“. Dies lässt sich dadurch erklären, dass zwar im Winter der Heizbedarf zurück-

geht, weil weniger Wärme über die Fenster abgeleitet werden kann, gleichzeitig aber der Kühlbedarf

im Sommer aus dem gleichen Grund stark ansteigt. Um nun den geringeren Heizenergiebedarf durch

die Reduzierung des U-Wertes der Fenster auszunutzen und trotzdem den Kühlbedarf zu verringern,

werden die Fenster im Sommer zusätzlich verschattet. Dadurch verbessert sich der Gesamtenergiebe-

darf gegenüber der „Standardvariante“ um 48 %.

Zu den Maßnahmen der im bekannten Rahmen optimierten Variante zählen eine Dämmung der Au-

ßenwand von 8 cm und eine gedämmte Installationsebene von 4 cm, eine Wärmeschutzverglasung mit

einem U-Wert von 0,8 W/m²K, sowie eine automatische Verschattung der nach Süden, Westen und

Osten orientierten Fenster im Sommer. In Folge dessen sinkt der Heizbedarf auf ~660 kWh pro Jahr

und der jährliche Kühlbedarf beträgt nur noch ~7250 kWh. Die Entfeuchtungslast bleibt bei ~3210

kWh im Jahr. Dadurch sinkt der jährliche Gesamtenergiebedarf auf 11120 kWh. Es ergibt sich eine Ein-

sparung gegenüber der „Standardvariante“ von etwa 9940 kWh pro Jahr bzw. 47 %. Die Verteilung

des Heiz und Kühlbedarfs über die Monate ist in Abb. 4.28 dargestellt.

Da der Heizenergiebedarf in Tokyo nach diesen Maßnahmen nur noch gering ist, ist der Einbau einer

Zentralheizung dort wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll. Um den Heizbedarf noch weiter zu senken,

werden nun wieder die Dämmdicken der Standardvariante für die Außenwand angenommen. Dadurch

reduziert sich die benötigte Heizlast auf ~360 kWh pro Jahr. Um die Wärmeverluste im Winter zu

verringern, wird in dieser Jahreszeit nur mit einem Luftwechsel von 0,3 h-1 gelüftet. Dadurch sinkt der

Abb. 4.28

Monatliche Verteilung

des Heiz- und Kühlbedarfs

des „Japanhauses“ für die

Standardvariante und die

optimierte Variante für

den Standort Tokyo.

148 Optimierung der Gebäudehülle

Page 149: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

jährliche Heizwärmebedarf auf nur noch ~170 kWh - dieser kann am einfachsten elektrisch abgedeckt

werden. Der Kühlbedarf steigt leicht auf ~7350 kWh pro Jahr. Die Entfeuchtungslast ändert sich nicht

wesentlich. Damit erhält man einen jährlichen Gesamtenergieverbrauch von 10730 kWh. Dies bedeutet

eine energetische Einsparung gegenüber der oben genannten optimierten Variante von 390 kWh pro

Jahr bzw. 3 %, sowie die Einsparung der Kosten für eine Zentralheizung.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine große Dämmdicke in Tokyo nicht das Mittel

erster Wahl ist. Bei diesen Klimabedingungen sind Maßnahmen wie eine automatische Verschattung

oder Fenster mit einer Beschichtung, die die Strahlungsgewinne reduziert, wirkungsvoller, da diese we-

sentlich mehr zur Energieeinsparung beitragen. Möchte man jedoch die Kosten für eine Zentralheizung

sparen, so ist es sinnvoll, die Wärmedämmung der Außenwände auf die gewohnte Dicke zu erhöhen.

Gleiches gilt auch für den Standort Kagoshima.

In Kagoshima ist die Heizperiode aufgrund des subtropischen Klimas sehr kurz. Die Kühlperiode ist

dafür deutlich länger, so dass der Kühlbedarf den größten Teil des Energieverbrauchs ausmacht. Auch

am Standort Kagoshima sind die Wärmegewinne und verluste durch die Fenster größer als durch die

anderen Bauteile. Zuerst wird die „Standardvariante“ energetisch betrachtet. Es ergibt sich ein Heizbe-

darf von ~1480 kWh pro Jahr und ein jährlicher Kühlbedarf von ~20430 kWh. Die Entfeuchtungslast

ergibt sich zu ~5180 kWh im Jahr. Der Gesamtenergiebedarf beträgt somit jährlich ~27090 kWh. Die

Verteilung des Heiz und Kühlbedarfs ist in Abb. 4.29 dargestellt.

Auch in Kagoshima ist es möglich, mit weniger Dämmung auf einen vergleichbaren Gesamtenergie-

verbrauch zu kommen wie mit der „Standardvariante“. Die Gründe dafür wurden schon anhand

des Standorts Tokyo erläutert. In diesem Fall ist die Dämmung der Außenwand 6 cm dick und die

gedämmte Installationsebene 4 cm. Auch dieser Aufbau bringt feuchtetechnisch keine Probleme mit

sich. Der Einbau von Fenstern mit einem SHGC-Wert von 40 % bringt eine Verbesserung des Gesamte-

nergieverbrauchs um 23 % gegenüber der „Standardvariante“. Mit einer automatischen Verschattung,

die nur in den Sommermonaten eingesetzt wird, verringert sich der Gesamtenergiebedarf um 41 %

gegenüber der „Standardvariante“. Wird aus Gründen des Blendschutzes teilweise auch im Winter

verschattet, so steigt der Energieverbrauch wieder etwas an. Verwendet man Fenster mit einem U-Wert

von 0,8 W/m²K, erhöht sich der Gesamtenergieverbrauch im Vergleich zur „Standardvariante“ um

2 %. Der Grund dafür ist, dass zwar der Heizbedarf in der kalten Jahrszeit zurückgeht, aber dafür der

Kühlbedarf im Sommer ansteigt. Bei einem U-Wert von 1,1 W/m²K erhöht sich der Gesamtenergiebe-

darf nur noch um 0,5 %, da die Wärme in den Übergangszeiten, in denen die Innenluft durch solare

Einstrahlung wärmer ist als die Außenluft, leichter durch die Fenster nach außen gelangen kann. Es

wird nun versucht, den geringen Heizbedarf durch die Wärmeschutzverglasung der Fenster mit einem

U-Wert von 0,8 W/m²K mit dem geringeren Kühlbedarf durch eine automatische Verschattung der

Fenster im Sommer zu kombinierten. Dadurch verbessert sich der Gesamtenergiebedarf im Vergleich

zur „Standardvariante“ um 47 %.

Für die im bekannten Rahmen optimierte Variante am Standort Kagoshima werden folgende Ände-

rungen gegenüber der „Standardvariante“ vorgenommen. Die Außenwände besitzen eine Dämmung

von 6 cm und eine 4 cm dicke, gedämmte Installationsebene. In die Fenster wird eine Wärmeschutz-

verglasung mit einem U Wert von 0,8 W/m²K eingesetzt und die nach Süden, Westen und Osten orien-

tierten Fenster werden mit einer automatischen Verschattung ausgestattet. Unter der Voraussetzung,

dass die Verschattung nur im Sommer eingesetzt wird, ergibt sich ein Heizbedarf von ~340 kWh pro

149Optimierung der Gebäudehülle

4.3.3∙ Energetische Betrachtung am Standort Kagoshima

Page 150: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Jahr und der jährliche Kühlbedarf beträgt nur noch ~9000 kWh. Die Entfeuchtungslast steigt leicht

auf ~5210 kWh im Jahr. Der jährliche Gesamtenergiebedarf sinkt auf ~14550 kWh. Somit beträgt die

Gesamtenergieeinsparung 12540 kWh im Jahr bzw. 46 %. Abb. 4.29 zeigt den Heiz und Kühlbedarf,

der sich monatlich ergibt.

Da in Kagoshima die Heizlast noch geringer ist als am Standort Tokyo, können auch hier die Kosten für

eine Zentralheizung gespart werden. Zunächst wird die Dämmung der Außenwand wieder auf 12 cm

erhöht. Dadurch ist noch ein Heizbedarf von ~120 kWh pro Jahr aufzubringen. Um die Wärmeverluste

im Winter noch weiter zu reduzieren, wird während dieser Zeit nur mit einem Luftwechsel von 0,3 h-1

gelüftet. Danach ergibt sich noch ein jährlicher Heizbedarf von ~60 kWh, der von einer elektrischen

Heizung aufgebracht werden kann. Der Kühlbedarf steigt dabei leicht auf ~9150 kWh im Jahr an.

Die Entfeuchtungslast beträgt jährlich ~5220 kWh. Somit ergibt sich der Gesamtenergieverbrauch zu

14430 kWh pro Jahr. Im Vergleich zur oben genannten optimierten Variante ergibt sich lediglich eine

Ersparnis von 120 kWh bzw. 1 %.

Zusammenfassend ist noch zu sagen, dass sich die Gesamtersparnis durch die dickere Dämmschicht

in der Außenwand und der reduzierten Lüftung im Winter in Grenzen hält. Es ist auch möglich den

Heizbedarf der optimierten Variante von ~340 kWh pro Jahr mit einer elektrischen Heizung aufzubrin-

gen, wenn man diese öfter einsetzt und auch mal Temperaturen unter 19 °C, z. B. im Schlafzimmer,

akzeptiert.

Abb. 4.29

Monatliche Verteilung

des Heiz- und Kühlbedarfs

des „Japanhauses“ für die

Standardvariante und die

optimierte Variante für

den Standort Kagoshima.

150 Optimierung der Gebäudehülle

Page 151: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Da das hygrothermische Verhalten von Bauteilen und Gebäuden stark von den jeweiligen Außenklima-

und Nutzungsbedingungen abhängt, kann es bei Konstruktionen, die in Deutschland funktionieren,

unter japanischen Bedingungen gegebenenfalls Probleme geben. Doch auch in Japan selbst ist das

Klima inhomogen, so dass nicht immer eine pauschale Lösung für ganz Japan möglich ist. Auf Grund

dessen erfolgte die Optimierung für drei Standorte in Japan, die die verschiedenen Klimazonen reprä-

sentieren. Beim Außenwandaufbau zeigte sich, dass es in Sapporo, wo die Klimaverhältnisse mit denen

in Deutschland vergleichbar sind, günstiger ist, nach außen hin diffusionsoffen zu bauen. Dagegen

ist das Klima in Tokyo und Kagoshima im Sommer fast subtropisch und deshalb eine nach innen und

außen diffusionsoffene Bauweise vorteilhaft, da sich im Jahresverlauf jeweils über längere Zeiträume

ein Dampfdiffusionsstrom sowohl nach außen als auch nach innen einstellt – Trocknung sollte daher

in beiden Richtungen möglich bleiben. Beim Dachaufbau wurde an allen drei Standorten die belüftete

Luftschicht, durch welche auch immer wieder Feuchtigkeit in die Konstruktion eingebracht werden

kann, durch eine Holzfaserdämmplatte ersetzt und die gedämmte Installationsebene weggelassen.

In Sapporo und Tokyo wurde außenseitig eine diffusionsoffenere Platte eingesetzt. In Kagoshima ist

jedoch der sommerliche Feucheeintrag von außen beim Dach stärker als bei der Wand, so dass hier die

ursprüngliche diffusionshemmendere OSB-Platte zu einem günstigeren hygrothermischen Verhalten

führt als eine diffusionsoffene Platte. Bei der Dachterrasse wurden zwei Flachdachaufbauten vorge-

schlagen, die jeweils an allen drei Standorten funktionieren. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass

sich in der Unterlüftung zumindest ein geringer Luftwechsel von etwa 2 pro Stunde einstellen kann.

Es wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die Optimierung im Rahmen der Holzbauweise erfolgte

und bevorzugt Dämmstoffe aus nachhaltigen Rohstoffen Verwendung fanden.

Bei der energetischen Optimierung zeigte sich, dass die größten Wärmegewinne und -verluste bei Fen-

stern mit hohem U-Wert und fehlender Verschattung auftreten und deshalb das Augenmerk zunächst

auf Maßnahmen gelegt werden sollte, die diese Schwachstellen verbessern. So tragen eine automa-

tische Verschattung der nach Süden, Osten und Westen orientierten Fenster sowie die Reduzierung des

U-Werts der Fenster an allen drei betrachteten Standorten den größten Anteil zur Energieeinsparung

bei. Deutlich geringer ist der Einfluss der Dämmung der Außenwand. Während in Sapporo die ur-

sprüngliche Dämmdicke von 12 cm sinnvoll ist, kann sie in Tokyo und Kagoshima verringert werden, da

die Steigung des Energieverbrauchs vernachlässigbar gering ist. Aufgrund der Klimaverhältnisse ist es

in Sapporo gerade noch möglich, ohne Kühlung auszukommen, wenn die automatische Verschattung

bereits früher einsetzt und eine variable Lüftung gewährleistet werden kann. Im Gegensatz dazu ist in

Tokyo und Kagoshima der Einbau einer Zentralheizung wirtschaftlich nicht sinnvoll. Bei entsprechender

Dämmung der Außenbauteile und reduziertem Luftwechsel im Winter kann der verbleibende Heizbe-

darf ohne Probleme elektrisch abgedeckt werden. Letztendlich ist es jedoch wichtig, dass die einzelnen

Maßnahmen zur Energieeinsparung an die Wünsche und die Preisvorstellungen des Kunden sowie an

die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden.

151Optimierung der Gebäudehülle

4.4∙ Zusammenfassung

Page 152: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Konstruktion I Konstruktions-Vollholz

Materialbeschreibung

Holzerzeugnisse, die in ihrem Gefüge nicht oder nur wenig verändert wurden; üblicherweise stabförmiges Holz, das – sofern es aus mehreren Lagen besteht – keine Querlagen aufweist [infoholz 4.2.3]

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Vollholz für konstruktive Zwecke (tragend und aussteifend); Kanthölzer für Stützen, Träger, Balken, Pfetten und Sparren, Tiefbau; Bretter für tragende Zwecke: Dachhaut, aussteifende Dachschalung, Terassendecks, etc.

Inhaltstoffe

Holzarten: v. a. Douglasie, Fichte, Kiefer, Tanne, Lärche, Buche, Eiche, Teak, Bongossi, etc. [infoholz 4.2.3]

Technische Eigenschaften [infoholz 4.2.3]

Rohdichte Nadelhölzer für tragende Zwecke: 450–600 kg/m3

einheimische Laubhölzer für tragende Zwecke: ca. 700 kg/m3

überseeische Laubhölzer für tragende Zwecke: bis 1.000 kg/m3

Wärmeleitfähigkeit λ Nadelholz: 0,13 W/mK; Laubholz: 0,2 W/mK

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

zunehmender Wasserdampfdiffusionswiderstand mit abnehmender Holz-feuchte; Rechenwert: μ = 40

Baustoffklasse, Feuerwiderstand B2; bei entsprechender konstruktiver Ausführung F90

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

Natureplus: RL 0210 naturbelassenes Vollholz, RL 0205 Massivholzplatten, RL 0211 Holz und Holzleimbauteile für konstruktive Zwecke (in genannten RL Produkte zertifiziert); FSC-Siegel: Zertifizierung von einheimischem und Tropenholz

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Rohstoff Holz nachwachsend, auf nachhaltige Forstwirtschaft ist zu achten (starke Umweltschäden infolge Holz-raubbau)

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Verwendung einheimischer Hölzer; lange Transportwege für Tropenhölzer

Primärenergieverbrauch

PEI 300 kWh/t (inländisches Holz Dtl.) [Zwiener 06] PEI nicht erneuerbar 1.012 MJ/tatro, PEI erneuerbar ca. 9.293 MJ/tatro (z.B. Fichte, sägerau) [dataholz.com]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Holzstaub bei Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung (Eichen- und Buchenholzstaub: eindeutig krebser-zeugend, alle anderen Holzstäube: Stoffe mit begründetem Verdacht auf krebserzeugendes Potential [ECOBIS]; behandeltes Holz muss in Sonderabfallverbrennungsanlagen verbrannt werden

Beständigkeit / Lebensdauer

Kernholz meist resistenter gegen Schädlingsbefall als Splintholz; Wahl eines Holzes mit ausreichender natürli-cher Resistenz kann auch außerhalb der Gefährdungsklasse 0 auf einen vorbeugenden chemischen Holzschutz verzichtet werden; Lebensdauer (Beispiele) [BMVBW]: Hartholz, bekleidet in Außenwänden / Stützen: 80–120 Jahre Innenwände, Innenstützen Hartholz: 80–150 Jahre Holzdachstühle: 80–150 Jahre

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

biologisch abbaubar (Ausnahme: erschwerte biologische Abbaubarkeit bei Behandlung mit Holzschutzmittel); in Dtl. ist organisches Material nicht deponierbar; stoffliche Verwertung möglich, abhängig von Beschichtungen bzw. Holzschutzmitteln (v. a. bei Bauholz schwer nachzuweisen, deshalb meist Verzicht auf stoffliches Recyc-ling)

152 Anhänge

5.∙ Anhänge

Page 153: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Bauplatten I Bau-Furniersperrholzplatten (BFU)

Materialbeschreibung

Kreuzweise Anordnung und Verleimung von mind. drei Lagen Holzfurnier

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Bau-Furniersperrholz (BFU) und Bau-Furniersperrholz aus Buche (BFU-BU) für tragende und aussteifende Zwe-cke im Bauwesen (Beplankung Holztafelbau); Plattentypen: BFU 20, BFU 100, BFU 100G; Einsatz als Fassadenplatte (wenn geeignet und vom Hersteller empfohlen)

Inhaltstoffe

Holzarten: Buche, Fichte, Kiefer, Seekiefer, etc. (Europa); Douglasie, etc. (USA); Limba, Okume, Ayous, etc. (Tropenholz) Deckfurniere: Tanne, Eiche, Ahorn, Erle, Meranti, Macore etc. Bindemittel: für BFU 20 Harnstoffharze, für BFU 100 und 100G wasserbeständige alkalisch härtende Phenol-harze, Phenol-Resorcinharze und Resorcinharze [DETAIL Holzbau]; Bindemittelgehalt bis 12 % bei Furniers-perrholz [ECOBIS 2000] Härter / Härtungsbeschleuniger: geringe Anteile (0,5 bis 4 % des Leimharzes) Ammoniumchlorid (Salmiak), Ammoniumsulfat, Ammoniumnitrat, Ammoniumpersulfat, Schwefelsäure, Eisensulfat oder Aluminiumsulfat; mö-gliche Naturprodukte für Härtungsbeschleuniger: Tannine, Quebracho; Verkürzung der Presszeiten bei alkalisch kondensierten Phenolharzen: Kaliumkarbonat (Pottasche); Holzschutzmittel fungizid (Werkstoffklasse 100G): 0,6 – 0,7 % Kaliumhydrogenfluorid, Borsäure, Kaliumbifluorid;Hydrophobierungsmittel: 0,3 – 2 % Paraffine und Wachse; evtl. Flammschutzmittel (Verbesserung auf B1)

Technische Eigenschaften [infoholz 4.2.3]

Rohdichte 300–650 kg/m3 [DIN EN 12524]

Wärmeleitfähigkeit λ 0,09 W/mK (300 kg/m3) bis 0,24 W/mK (1000 kg/m3) [DIN EN 12524]

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

trocken 150 (für 300 kg/m3) bis 250 (für 650 kg/m3) feucht 50 (für 300 kg/m3) bis 110 (für 650 kg/m3) [DIN EN 12524]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand B2, bei Zusatz von Flammschutzmitteln B1

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: RL 0204 Sperrholz-Platten für das Bauwesen (Zertifizierung möglich); Blauer Engel: RAL-Umweltzeichen 76 (Emissionsarme Holzwerkstoffplatten), zulässige Bindemittel: Phenol-Formaldehydharze, PMDI-Harze, TF-Harze, Aminoplastharze und Polyvinylacetat-Leime (PVAc)

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Rohstoff Holz nachwachsend, auf nachhaltige Forstwirtschaft ist zu achten (starke Umweltschäden infolge Holz-raubbau); Erdöl begrenzt vorhanden

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Verwendung einheimischer Hölzer; lange Transportwege für Tropenhölzer; Erdöltransport

Primärenergieverbrauch

PEI nicht erneuerbar 9.392–11.115 MJ/tatro, PEI erneuerbar ca. 27.400 MJ/tatro [dataholz.com]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Holzanbau evtl. in Monokulturen mit Pestizid- und Düngemitteleinsatz; Erdölgewinnung/-transport: Schäden an Ökosystemen durch auslaufendes Erdöl; Holzstaub bei Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung (Eichen- und Buchenholzstaub: eindeutig krebser-zeugend, alle anderen Holzstäube: begründeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential [ECOBIS]; evtl. Schadstoffe der verwendeten Bindemittel, Härter bzw. Härtungsbeschleuniger (siehe Inhaltstoffe) Einbauzustand: Formaldehydemission je nach Bindemittelart möglich Brandfall: Chlorverbindungen evtl. aus Härtern, Dioxine & Furane bei PVC-Beschichtung

Beständigkeit / Lebensdauer

gegen Insekten unterschiedlich gefährdet, in der Regel weniger als Vollholz [ECOBIS]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

in Dtl. ist organisches Material nicht deponierbar; stoffliche Verwertung möglich, abhängig von Beschichtungen bzw. Holzschutzmitteln (v. a. bei Bauholz schwer nachzuweisen, deshalb meist Verzicht auf stoffliches Recycl.)

153Anhänge

Page 154: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Bauplatten I OSB-Platten (Oriented Strand Board)

Materialbeschreibung

OSB-Flachpressplatten bestehen aus gerichteten, rechteckigen Spänen; i. A. dreischichtig verklebt; wechselori-entierte Spanlage sorgt für gerichtete mechanische Eigenschaften in Längs- und Querrichtung

Anwendungsgebiete (Auswahl)

tragende und aussteifende Beplankungen und Bekleidungen von Wänden, Dach- und Deckenscheiben, sowie Trockenestrich und Innenausbau, Stege für zusammengesetzte Querschnitte

Inhaltstoffe

96 % aus Rundholz hergestellte Späne: Kiefer, Seekiefer, Douglasie, Oregon Pine, Erle, Pappel Bindemittel: Harnstoff-Formaldehyd-Harze, Phenol-Formaldehyd-Harze, modifizierte Melaminharze, Isocya-natklebstoffe (PMDI) [ECOBIS]; Bindemittelgehalt 2,2–10% [Ökoleitfaden] Härter / Härtungsbeschleuniger: geringe Anteile (0,5 bis 4 % des Leimharzes) Ammoniumchlorid (Salmiak), Ammoniumsulfat, Ammoniumnitrat, Ammoniumpersulfat, Schwefelsäure, Eisensulfat oder Aluminiumsulfat; mög-liche Naturprodukte für Härtungsbeschleuniger: Tannine, Quebracho;

Technische Eigenschaften [infoholz 4.2.3]

Rohdichte 550–700 kg/m3, je nach Holzart [ECOBIS]

Wärmeleitfähigkeit λ 0,15 W/mK [ECOBIS]

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

100/600 [DETAIL Holzbau]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand B2, bei Zusatz von Flammschutzmitteln B1 [ECOBIS]

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: RL 0203 OSB-Platten für das Bauwesen (Zertifizierung möglich); Blauer Engel: RAL-Umweltzeichen 76 (Emissionsarme Holzwerkstoffplatten), zulässige Bindemittel: Phenol-Formaldehydharze, PMDI-Harze, TF-Harze, Aminoplastharze und Polyvinylacetat-Leime (PVAc)

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Rohstoff Holz nachwachsend, auf nachhaltige Forstwirtschaft ist zu achten (starke Umweltschäden infolge Holz-raubbau), da Spanplatten zu ca. 60 % aus Rückstandsholz und Schwachholz hergestellt werden, können sie als Recyclingprodukt angesehen werden [Zwiener 06]; Erdöl begrenzt vorhanden

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Verwendung einheimischer Hölzer; lange Transportwege für Tropenhölzer; Erdöltransport

Primärenergieverbrauch

PEI nicht erneuerbar 4.868–5.476 MJ/tatro, PEI erneuerbar ca. 17.382–17.367 MJ/tatro [dataholz.com]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Holzanbau evtl. in Monokulturen mit Pestizid- und Düngemitteleinsatz; Erdölgewinnung/-transport: Schäden an Ökosystemen durch auslaufendes Erdöl; Holzstaub bei Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung (Eichen- und Buchenholzstaub: eindeutig krebser-zeugend, alle anderen Holzstäube: begründeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential [ECOBIS]; evtl. Schadstoffe der verwendeten Bindemittel und Härter bzw. Härtungsbeschleuniger (siehe Inhaltstoffe); deutlich erhöhtes VOC-Emissionspotential im Vgl. zu MDF- und Spanplatten; Einbauzustand: Spanplatten sind die bedeutendsten Quellen von Formaldehyd in Innenräumen. [Zwiener 06], daher auf Bindemittelgehalt achten Brandfall: Chlorverbindungen evtl. aus Härtern, Dioxine & Furane bei PVC-Beschichtung

Beständigkeit / Lebensdauer

Gegen Insekten sind Holzwerkstoffe unterschiedlich gefährdet, in der Regel weniger als Vollholz. Span- und Faserplatten werden von Holz zerstörenden Insekten nicht angegriffen (außer Termiten). [ECOBIS]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

in Dtl. ist organisches Material nicht deponierbar; bei der Kompostierung erhält man mikrobiologisch Kultursub-strate für Gartenbau und Landwirtschaft; bei mechanischer Befestigung rückbaubar; Wiederverwen-dung/Wiederverwertung möglich in Abhängigkeit von Beschichtungen bzw. Holzschutzmitteln; energetische Verwertung in genehmigungspflichtigen Feuerungsanlagen

154 Anhänge

Page 155: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Bauplatten I MDF-Platten (mitteldichte Faserplatten)

Materialbeschreibung

im Trockenverfahren aus Holzfasern unter Zusatz von synthetischen Bindemitteln hergestellt; je nach Rohdichte unterscheidet man in HDF, leichte MDF und ultraleichte MDF

Anwendungsgebiete (Auswahl)

im Holztafelbau als aussteifende Beplankung (Zulassung erforderlich) oder als Winddichtungsschicht bei diffusi-onsoffenen Konstruktionen; Möbelbau, Innenausbau

Inhaltstoffe

Resthölzer der Sägeindustrie sowie Durchforstungshölzer (meist Fichte, Kiefer, Lärche); diffusionsoffene MDF mit Bindemittel PMDI- oder Phenolformaldehydleim und Hydrophobierungsmittel Paraffin; mögl. Einsatz von Härtern, Formaldehydfängern, Feuerschutzmitteln, Fungiziden, etc. [Zwiener 06]

Technische Eigenschaften [infoholz 4.2.3]

Rohdichte 250–800 kg/m³ [DIN EN 12524]

Wärmeleitfähigkeit λ 0,07 W/mK (250 kg/m³) bis 0,18 W/mK (800 kg/m³) [DIN EN 12524]

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

trocken: 5 (250 kg/m³) bis 10 (800 kg/m³) feucht: 2 (250 kg/m³) bis 20 (800 kg/m³) [DIN EN 12524]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand B2

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: RL 0201 Poröse Holzfaserplatten > 230 kg/m³, RL 0207 MDF-Platten (Zertifizierung möglich); Blauer Engel: RAL-Umweltzeichen 76 (Emissionsarme Holzwerkstoffplatten), zulässige Bindemittel: Phenol-Formaldehydharze, PMDI-Harze, TF-Harze, Aminoplastharze und Polyvinylacetat-Leime (PVAc)

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Rohstoff Holz nachwachsend, auf nachhaltige Forstwirtschaft ist zu achten (starke Umweltschäden infolge Holz-raubbau), da zu ca. 60 % aus Rückstandsholz und Schwachholz hergestellt, könnten sie als Recyclingprodukt angesehen werden; Erdöl begrenzt vorhanden; Fertigung in energieaufwändigem Prozess

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Verwendung einheimischer Hölzer; lange Transportwege für Tropenhölzer; Erdöltransport

Primärenergieverbrauch

Energiebedarf pro m³ MDF: Energie 300 kWh; Gesamt-Energiebedarf 8,5 Mcal [ECOBIS 2000] Gesamtenergieeinsatz zur Herstellung (ohne Vorprodukte, ohne Erstellung von Gebäuden &Anlagen) 990 MJ/m³

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Holzanbau evtl. in Monokulturen mit Pestizid- und Düngemitteleinsatz; Erdölgewinnung/-transport: Schäden an Ökosystemen durch auslaufendes Erdöl; Holzstaub bei Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung (Eichen- und Buchenholzstaub: eindeutig krebser-zeugend, alle anderen Holzstäube: begründeter Verdacht auf krebserzeugendes Potential [ECOBIS]; evtl. Schadstoffe der verwendeten Bindemittel und Härtern (siehe Inhaltstoffe); Einbauzustand: Gefahr von Formaldehydemissionen Brandfall: Chlorverbindungen evtl. aus Härtern, Dioxine & Furane bei PVC-Beschichtung

Beständigkeit / Lebensdauer

Gegen Insekten sind Holzwerkstoffe unterschiedlich gefährdet, in der Regel weniger als Vollholz. Span- und Faserplatten werden von Holz zerstörenden Insekten nicht angegriffen (außer Termiten). [ECOBIS]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

in Dtl. ist organisches Material nicht deponierbar; bei der Kompostierung erhält man mikrobiologisch Kultursub-strate für Gartenbau und Landwirtschaft; Wiederverwendung/Wiederverwertung möglich in Abhängigkeit von Beschichtungen bzw. Holzschutzmitteln; energetische Verwertung in genehmigungspflichtigen Feuerungsanla-gen

155Anhänge

Page 156: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Bauplatten I Gipsbauplatten

Materialbeschreibung

Bauplatten bestehend aus Gips mit Fasern verstärkt oder eingefasst: Gipskartonplatte, Gipsfaserplatte, Gips-bauplatten mit Glasvlies

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Trockenestrich, Wand- und Deckenverkleidungen auf Unterkonstruktion oder als sog. Trockenputze; mittragende und aussteifende Beplankung von Wandtafeln im Holztafelbau; Feuerschutzplatten

Inhaltstoffe

Natur- oder REA-Gips verstärkt mit Karton, Zellulosefasern (Gipsfaserplatte) oder Glasfasern / Glasflies (Feuer-schutz-Gipskarton GKF); für imprägnierte Platten wird dem Gipskern wasserdispergierende Polysiloxane zuge-führt

Technische Eigenschaften [infoholz 4.2.3]

Rohdichte 900–1.000 kg/m³ (Gipskartonplatte) 880–1.250 kg/m³ (Gipsfaserplatte) [DETAIL Holzbau]

Wärmeleitfähigkeit λ 0,21 W/mK (Gipskarton) bis 0,36 W/mK (Gipsfaser) [DETAIL Holzbau]

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

8 (Gipskarton) 11 (Gipsfaser) [DETAIL Holzbau]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand A2 bzw. A1 für Gipsbauplatten mit Glasflies

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: RL 1001 Gipsfaserplatten, RL 1002 Gipsplatten, RL 1003 Gipsspanplatten, RL 1004 Gipswandbau-platten (Zertifizierung nach genannten RL möglich); Blauer Engel: RAL-Umweltzeichen 60 – Gipsbauplatten mit hohem Recyclinganteil (100 % REA-Gips, 100 % Altpapier bzw. Papier aus Abfall- und Schwachholz) [Zwiener 06]; IBO-Prüfzeichen: Gipskarton-Bauplatte RB und Feuerschutzplatte imprägniert RFI von Rigips Austria GmbH

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Naturgips: deutlich begrenzt vorhanden, Eingriffe in die Landschaft durch Abbau Tagebau bzw. Untertage, relativ hoher Energiebedarf (Strom, thermisch) REA- bzw. Chemiegips: schont natürliche Ressourcen

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Gipswerke i. d. R. nahe Rauchgasreinigungsanlagen bzw. direkt an Abbaugebieten

Primärenergieverbrauch

5,1 MJ/kg (900 kg/m³) = 1.275 kWh/m³ bei Gipskartonplatte [IBO] 3,8 MJ/kg (1.000 kg/m³) = 1.056 kWh/m³ bei Gipsfaserplatte [IBO]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

lokale Wirkungen durch Lärm- und Staubemissionen, Gips-Stäube können Atemwege und Augen reizen

Beständigkeit / Lebensdauer

Lebensdauer: 35–60 Jahre ∅ 50 [BMVBW]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

Deponierbarkeit als Bausschutt auf Baurestmassendeponien oder als Siedlungsabfall; Weiterverwendung bei schonendem Rückbau; bei sortenreiner Trennung von Gipsbauplatten (ohne Glasfasern) ist vollständige Wie-derverwertung von Produktions-, Baustellen- und Rückbauabfällen als Anhydrit möglich

156 Anhänge

Page 157: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Dämmung I Holzweichfaserplatten (poröse Holzfaserdämmplatte)

Materialbeschreibung

Platte aus Holzfasern, Herstellung meist im Nassverfahren

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Zwischensparrendämmung, Außendämmung von Dach, Decke und Wand hinter Bekleidung/Abdichtung, Innen-dämmung von Decke, Bodenplatte und Wand, Wanddämmung bei Holzrahmen- und Holztafelbauweise

Inhaltstoffe

> 90% Sägewerksresthölzer von Fichte, Tanne, Kiefer; Bindemittel: Lignine oder Bitumenemulsionen (10-15%) oder Latexemulsionen

Technische Eigenschaften

Rohdichte 130–450 kg/m3 [ECOBIS]

Wärmeleitfähigkeit λ 0,039–0,055 W/mK [infoholz 4.5.2]

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

5–10 [IBO]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand B2

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: RL 0104 Holzfaserdämmplatten mit einer Rohdichte < 230 kg/m³ (Produkte zertifiziert); Blauer Engel: RAL UZ 76: emissionsarme Holzwerkstoffplatten (Produkte zertifiziert);

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Resthölzer sind anderweitig schwer einsetzbar; als nachwachsender Rohstoff ausreichend vorhanden; energieaufwändiger Herstellungsprozess

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

i. d. R. werden lokale Holzabfälle genutzt, um den Transportaufwand gering zu halten

Primärenergieverbrauch

ca. 500–667 kWh/m3 [ECOBIS]; PEI nicht erneuerbar 15 MJ/kg [IBO]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Holzstäube bei der Herstellung, Einbau und Abriss; eine mögliche Schadstoffabgabe durch Bitumenemulsion spielt i.d.R. kaum eine Rolle, da der Anwendungsbereich von Bitumen-Holzfaserplatten auf der Außenseite von Dach- und Wandkonstruktionen liegt und ein direkter Kontakt der Innenraumluft in diesem Fall nicht besteht

Beständigkeit / Lebensdauer

Holzweichfaserplatte: nicht resistent gegen Feuchtigkeit und UV-Strahlen bituminierte Holzweichfaserplatte: resistent gegen Feuchtigkeit, Verrottung, Ungeziefer, Schimmelpilze Lebensdauer hängt von der Baufeuchte ab

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

können der energetischen Verwertung zugeführt werden und verhalten sich durch die geringen Anteile an Zusät-zen wie unbehandelte Holzwerkstoffe; nur bedingt kompostierbar, da z. B. unverrottbare Bestandteile wie Kleb-stoffe oder Bitumen zuvor entfernt werden müssen; bei zerstörungsfreiem Ausbau ist eine Wiederverwendung theoretisch möglich; stoffliche Verwertung ist theoretisch unter Berücksichtigung der Zusätze bzw. ggf. der Kleb-stoffe möglich, findet jedoch aufgrund fehlender Sammellogistik meist nicht statt

157Anhänge

Page 158: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Dämmung I Mineralfaser

Materialbeschreibung

Dämmstoff aus künstlichen Mineralfasern in Form von Glaswolle oder Steinwolle

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Matten, Platten, Filze, Formteile oder lose Fasern zur Wärme-, Brand- und Schalldämmung; Schräg- und Flach-dächer, Fassadenplatten, Trennwanddämmung, technische Isolierung

Inhaltstoffe

Glaswolle: 91–99,5 % Fäden aus Borosilikatglas (ggf. ersetzt durch bis zu 60 % Altglas und Abfälle aus eigener Produktion)0,5–9 % Bindemittel (Phenol-Formaldehyd- und Harnstoff-Formaldehydharze) Steinwolle: 95–98 % Gesteine (Diabas oder Basalt, Dolomit, Kalkstein, Zement, Koks, ggf. ersetzt durch ca. 30 % Briketts aus Zerfaserungsabfällen, Zement) 1–3 % Bindemittel Phenol-Harnstoff-Formaldehydharze mit Ammoniakzusatz beide: 1 % aliphatische Mineralöle / ggf. Silikonöle (Staubbindung und Hydrophobierung)

Technische Eigenschaften

Rohdichte 15–250 kg/m3 [ECOBIS]

Wärmeleitfähigkeit λ 0,030–0,060 W/mK [DIN V 4108-4]

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

1 [DIN V 4108-4]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand A1, A2, auch B1 – in Abhängigkeit vom Kunstharzanteil [ECOBIS]

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: aufgrund der MAK-Werte nicht vereinbar mit natureplus (keine zertifizierten Produkte) Blauer Engel: RAL-UZ 49 Baustoffe überwiegend aus Altglas (Produkte zertifiziert), RAL-Gütezeichen 388: Erzeugnisse aus Mineralwolle (frei von Krebsverdacht, KI>=40)

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

alle mineralischen Rohstoffe sind ausreichend vorhanden, Abbau im Tagebau (hoher Landschaftsverbrauch) oder unter Tage, hoher Energiebedarf für Schmelze (bei Einsatz von Altglas niedriger); Erdöl für Bindemittel begrenzt vorhanden; erhebliche Eingriffe in die Natur durch Erdölförderung

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Produktionsstätten meist lagerstättennah

Primärenergieverbrauch

Steinwolle (Rohdichte 30 kg/m³): 540 MJ/m³=150 kWh/m³; (Rohdichte 150 kg/m³): 2700 MJ/m³=750 kWh/m³ Glaswolle (50–70% Altglas, Rohdichte 12–80 kg/m³): 41 MJ/kg = 492–3.280 MJ/m³ (graue Energie) [ECOBIS]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Faserstäube, Phenol- und Formaldehyddämpfe bei der Herstellung; lungengängige Fasern → KI-40 Mineralwolle verwenden, da frei von Krebsverdacht; Fasern trotzdem reizend

Beständigkeit / Lebensdauer

resistent gegen Verrottung, Ungeziefer, Pilzbefall [ECOBIS]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

biologisch nicht abbaubar; Steinwolle kann aufgrund des geringeren organischen Anteils i.d.R. ohne weitere Behandlung auf Deponieklasse I + II abgelagert werden; Glaswolle muss zur Reduzierung des organischen An-teils (Bindemittel) vorher thermisch behandelt werden; aufgemahlene Steinwolle als Zusatzmittel für die Ziegel-herstellung [PCR Mineralwolle] [ECOBIS]

158 Anhänge

Page 159: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Folien & Abdichtungen I Baupapier / Baupappe

Materialbeschreibung

Winddichtung im Dachausbau und bei Leichtbaukonstruktionen, zwei Lagen verstärktes Spezialpapier

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Einsatz im Dach, Dachschräge, Decke, Wand, Boden; als Unterspannbahn müssen sie kurzfristig regendicht sein; Rieselschutz bei losen Schüttungen im Bodenbereich

Inhaltstoffe

Baupappen enthalten neben der Zellulose meist Zusatzstoffe (Wasser abweisende Eigenschaften), neben Wachsen und Paraffinen können auch Kunststoffe oder Bitumen aufgebracht sein, ggf. Flammschutzmittel und Pilzhemmende Mittel; 2 Lagen Baupapier, Polyethylenfilm, evtl. Armierung Glasseide [pro clima]

Technische Eigenschaften

Rohdichte ---

Wärmeleitfähigkeit λ ---

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

z.B. 12.557 [pavatex] z.B. 10.000 bzw. 40.000 [pro clima]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand B2

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

Natureplus: RL 1700 Abdichtungen aus nachwachsenden Rohstoffen, RL 1701 Luftdichtungsbahnen, RL 1702 Rieselschutzbahnen (Zertifizierung nach den genannten RL möglich); Ressourcen-R: für einige Produkte der Firma pro clima

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Recyclingzellulose [pro clima] durch Recycling von Altpapier und ggf. anschließender Bleiche [Zwiener 06]; Cel-lulose ist die Gerüstsubstanz aller Pflanzen und der Hauptbestandteil von Holz (nachwachsend); auf nachhaltige Forstwirtschaft (Primärprodukt) ist zu achten; ggf. Erdöl begrenzt vorhanden

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Transportaufwand für Altpapierrecycling, Transportaufwand für Primärprodukt, ggf. Erdöltransport

Primärenergieverbrauch

PEI nicht erneuerbar 19 MJ/kg [IBO]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Gewinnung: Sulfitlösung; evtl. Freisetzung von Chlor, Hypochlorit, Chlordioxid oder Sauerstoff und Peroxiden Verarbeitung: evtl. Lösemittel aus Klebstoffen; Nutzung: Baupappen, die mit der Innenraumluft Kontakt haben werden, sollten nur wenige oder naturnahe Zu-satzstoffe enthalten

Beständigkeit / Lebensdauer

Funktionsdauer hängt hauptsächlich von der Langzeitfunktion des Klebebandes ab, nicht beständig gegen Durchfeuchtung

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

sortenreine Wiedergewinnung möglich, Deponierung in Dtl. nicht erlaubt

159Anhänge

Page 160: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Folien & Abdichtungen I Polyolefin-Folie

Materialbeschreibung

Polyolefin ist der Sammelbegriff für Polymere aus Olefinen; Trägermaterialien aus Glas- oder Polyestervliesen; im Vgl. zu anderen Kunststoffen (PVC, PU) gelten sie als relativ umweltverträglich

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Dampfbremsen / Dampfsperren (Niederdruckpolyethylen HD-PE), Windsperren, Dachbelagsbahnen (Hoch-druckpolyethylen LD-PE) oder Abdichtungsbahnen [Zwiener 06]

Inhaltstoffe

Polyolefine bestehen aus Polyethylen PE oder Polypropylen PP; enthalten als Zusatzstoffe Stabilisatoren (Licht-schutzmittel, UV-Absorber, Konservierungsmittel), Antioxidantien, ggf. Flammschutzmittel und Pigmente; weich-macherfrei [Zwiener 06]; können mit Fasern verstärkt oder Bahnen kaschiert sein [Ökoleitfaden]

Technische Eigenschaften

Rohdichte 1.760–1.800 kg/m³ [ECOBIS]

Wärmeleitfähigkeit λ ---

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

400.000–1.750.000 [DIN-V 4108-4; 7/2004]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand B2

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

Natureplus: nach Basiskriterien nicht zertifizierbar

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Erdöl/Erdgas begrenzt vorhanden; hoher Energieverbrauch für Produktion von PE und PP [Zwiener 06]; Gesteinsmehle (Abbau im Tagebau) und Bauxit (Anlegen großflächiger Rotschlammdeponien notwendig) reich-lich verfügbar [ECOBIS]

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Erdöl-/Erdgastransport

Primärenergieverbrauch

114–136 MJ/m², das entspricht 31–38 kWh/m² [ECOBIS]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Kohlenwasserstoffemissionen bei Produktion von PE und PP; direkte Gewinnung der Monomere ohne toxikolo-gisch problematische Zwischenprodukte; humantoxikologisch im Bereich der Monomere relativ unproblematisch; bei PE-Herstellung Ethylen als Gefahrstoff (mögliche Erbgutveränderung beim Menschen); bei PP-Herstellung Propylen als Gefahrstoff (im Tierversuch krebserzeugend); in der Einbau- und Nutzungsphase toxikologisch nicht relevant; bei Zugabe von bromierten Flammschutzmitteln im Brandfall Entstehung von Dioxinen und Fura-nen [Zwiener 06]

Beständigkeit / Lebensdauer

hohe Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse, hohe Alterungsbeständigkeit [Sarnafil]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

unproblematische Entsorgung; gute Verwertbarkeit (Reinigung, Shreddern, Trennen nach Sorten und Wieder-einschmelzen); Verbrennung in Müllverbrennungsanlagen; Deponierung in Dtl. nicht erlaubt [Zwiener 06]; we-gen Verschleißerscheinungen und Verklebung nicht rückbaubar [Ökoleitfaden]

160 Anhänge

Page 161: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Folien & Abdichtungen I Polyamid-Folie (feuchteadaptive Dampfbremse)

Materialbeschreibung

Feuchteadaptive Dampfbremse aus Polyamid (Textilbereich: Nylon, Perlon) mit variablem Diffusionswiderstand (sd-Wert), aroma- und sauerstoffdicht, verschweißbar, kann Dampfdurchlässigkeit an wechselnde Feuchtebe-dingungen anpassen (Winter: Dampfbremse, Sommer: Austrocknung der Konstruktion)

Anwendungsgebiete (Auswahl)

z. B. als Dampfbremse und Wind- bzw. Luftsperre in belüfteten und nicht belüfteten Dächern nach DIN 4108 in Verbindung mit Klebeband, Dichtband und Dichtstoff. Besonders geeignet bei Konstruktionen mit Schalungen und möglicher erhöhter eingebauter Holzfeuchte sowie bei Sichtfachwerk-Außenwänden. [ISOVER]

Inhaltstoffe

Polyamid (= thermoplastischer Kunststoff); ggf. verstärkt mit Spezialvlies aus Polypropylen [ISOVER]

Technische Eigenschaften

Rohdichte 1,14 g/cm³ (Polyamid) [wikipedia]

Wärmeleitfähigkeit λ ---

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

0,2 ≤ sd ≤ 5,0 m (feuchtevariabel) [ISOVER]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand B1 (schwer entflammbar) [ISOVER]

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

Natureplus: nach Basiskriterien nicht zertifizierbar; IBO-Prüfzeichen: ISOVER Vario KM, Klimamembran aus Polyamid

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Herstellung aus fossilen, nicht erneuerbaren Rohstoffen unter hohem Energieaufwand [IBO]

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Erdöltransport

Primärenergieverbrauch

PEI nicht erneuerbar 63 MJ/kg [IBO]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

toxikologisch nicht relevant; Abfangen des Löschwassers im Brandfall empfohlen [IVC]; Erdölgewinnung/-transport: Schäden an Ökosystemen durch auslaufendes Erdöl

Beständigkeit / Lebensdauer

Die meisten technisch bedeutsamen Polyamide zeichnen sich durch hohe Festigkeit, Steifigkeit und Zähigkeit aus und besitzen eine gute Chemikalienbeständigkeit und Verarbeitbarkeit. [wikipedia]; Sperrwirkung gegen or-ganische Substanzen wie z. B. Holzschutzmittel [Zwiener 06]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

verrottungsbeständig und nicht abbaubar, Deponierung oder Verbrennung in geeigneten Verbrennungsanlagen [IVC]

161Anhänge

Page 162: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Materialbeschreibung

Fensterrahmen aus Vollholz, lamellierten oder keilgezinkten Profilen, Beschichtung obligatorisch; Floatglas (Natron-Kalk-Glas und Borsilikatglas);

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Fensterrahmen und Fensterglas bzw. Innenausbau

Inhaltstoffe

Holzrahmen: möglichst hochwertiges, astfreies Holz mit geringem Harzgehalt; überwiegend Verwendung folgen-der europäischer Hölzer: Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche, Eiche, Oregon Pine; Verwendung von Tropenhölzern seit Mitte der 60er Jahre: Mahagoni, Meranti, Teak, etc.; für lange Lebensdauer mehrfache Lackanstriche notwendig; ggf. Holzschutzmittel (z. B. Dichlofluanid → ge-sundheitsschädlich, umweltgefährlich); Beschichtungen: lasierender Anstrich oder deckendes Anstrichsystem, i. d. R. Acryllacke, Alkydharzlacke, Na-turharzlacke [Zwiener 06] Dichtstoffe, ggf. Dichtprofile; evtl. Holz-Metall-Verbund – wetterseitig aufgeklipste Alu-Profile; Klebstoffe für Eck-verbindungen bzw. Lamellierungen; Glas: Quarzsand, Soda, Kalkstein/Dolomit, Feldspat und Bormineralien sowie Glasbruch aus eigener Produktion (Glasscherbenanteil 20–25%)

Technische Eigenschaften

Rohdichte Laubholz: 0,45–0,70 g/cm³, Nadelholz ab 0,35 g/cm³ [infoholz 6.7.1] Floatglas: 2.500 kg/m³ [IBO]

Wärmeleitfähigkeit λ Laubholz: 0,2 W/mK, Nadelholz: 0,13 W/mK; Holz ist der beste Wärme-dämmer unter den konstruktiven Fensterwerkstoffen (U-Wert 1,4–1,7 W/m²K ) [infoholz] Glas: 1,0 W/mK [DIN EN 572 Teil1], wird deutlich verbessert durch Mehr-scheibenverglasung, Gasfüllungen, Beschichtungen und sind hersteller-spezifisch [IBO]

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

Holz: zunehmend mit abnehmender Holzfeuchte; Rechenwert: μ = 40 Glas: dampfdicht

Baustoffklasse, Feuerwiderstand Holz: B2, bei entsprechender konstruktiver Ausführung F90 Glas: A1, nicht brennbar

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

Natureplus: RL 0210 naturbelassenes Vollholz, RL 0211 Holz und Holzleimbauteile für konstruktive Zwecke (in genannten RL Produkte zertifiziert), RL 1500 Holzfenster (Richtlinie erarbeitet, kein Produkt zertifiziert) FSC-Siegel: Zertifizierung von einheimischem und Tropenholz

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Holz: Rohstoff nachwachsend, auf nachhaltige Forstwirtschaft ist zu achten (starke Umweltschäden infolge Holz-raubbau); Glas: Rohstoffe ausreichend vorhanden, durch Tagebau massive Eingriffe in den Landschaftsraum, hoher Ener-gieaufwand für Glasherstellung bei Verwendung von Klebstoff: Erdöl (begrenzt vorhanden); Rohstoffe für Beschichtungen, Holzschutzmittel, etc. (siehe Inhaltstoffe)

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Verwendung einheimischer Hölzer; lange Transportwege für Tropenhölzer; Fensterproduktion nahe Abbaugebie-ten; ggf. Erdöltransport

Transparente Bauteile I Holzfenster (Rahmen und Verglasung)

162 Anhänge

Page 163: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Transparente Bauteile I Holzfenster (Rahmen und Verglasung) – Fortsetzung

Primärenergieverbrauch

Glas: 15 MJ/kg (2.500 kg/m³) = 10.417 kWh/m³ bei beschichteten Glas [IBO] Holzfenster: PEI nicht erneuerbar 487 MJ/m² (Bsp. Fichte, Imprägnierung, Acryldispersionslack, Isolierglas U=1,1 W/m²K, Drehkippbeschlag, Olive, Neusilber; URahmen = 1,6 W/m²K, UFenster = 1,4 W/m²K) [IBO]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Holz: Holzanbau evtl. in Monokulturen mit Pestizid- und Düngemitteleinsatz; Holzstaub bei Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung (siehe Konstruktions-Vollholz); Schadstoffabgabe im Einbauzustand gering; Glas: Herstellung von Soda → Calciumchlorid-Lauge als Abfall, Staubentwicklung mit Oxiden, Schwefeloxiden und Halogeniden, bei Sonderglasherstellung können Schwermetalle im Staub enthalten sein; Beschichtungen: ggf. Erdölgewinnung/-transport: Schäden an Ökosystemen durch auslaufendes Erdöl;

Beständigkeit / Lebensdauer

Holz: Lebensdauer bei sachgerechter Pflege > 100 Jahre; regelmäßige Wartung und Instandsetzung der schüt-zenden Anstriche (Acrylabdecklacke außen alle 10, innen alle 20 Jahre, Lasuren außen alle 4, innen alle 8 Jah-re); konstruktiver Holzschutz wichtig [Zwiener 06] Glas: 40–70 Jahre ∅ 50 Jahre [BMVBW]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

Holz: biologisch abbaubar (Ausnahme: erschwerte biologische Abbaubarkeit bei Behandlung mit Holzschutzmit-tel); in Dtl. ist organisches Material nicht deponierbar; stoffliche Verwertung möglich, abhängig von Beschichtun-gen bzw. Holzschutzmitteln (v. a. bei Bauholz schwer nachzuweisen, deshalb meist Verzicht auf stoffliches Re-cycling); Weiterverwertung in Form von Holzschnitzeln für Spanplattenindustrie oder als Ausgangsmaterial zur Energiegewinnung; in Müllverbrennungsanlagen weitgehend problemlos thermisch verwertbar; Glas: prinzipiell recyclierbar, Metallanteile der Wiederverwendung zuführbar, Fenstergläser als Baurestmasse zu deponieren

163Anhänge

Page 164: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Transparente Bauteile I Fensterrahmen aus PVC

Materialbeschreibung

Kunststofffenster machen das drittgrößte Einzelsegment des PVC-Gesamtmarktes aus; bestehen aus PVC-Hohlkammerprofilen mit drei oder vier Kammern, teilweise ausgeschäumt [Zwiener 06]

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Fensterrahmen (in Dtl. fast 50% aller Fensterrahmen)

Inhaltstoffe

PVC (ca. 60%), Stabilisatoren (Blei- bzw. Ca/Zn-Stabilisatoren), Füllstoffe (getrocknete Gesteinsmehle), Pigmen-te (z. B. Titandioxid), Stahl (ca. 20%), Aluminium, Gummi, Nitrile und Sonstiges [Zwiener 06]

Technische Eigenschaften

Rohdichte 1.400 kg/m³ [IBO]

Wärmeleitfähigkeit λ 0,15 W/mK [DIN 52 612]

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

---

Baustoffklasse, Feuerwiderstand B2, brennbar

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: nach Basiskriterien nicht zertifizierbar

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Steinsalz in Maßen vorhanden (Abbau meist unterirdisch), Erdöl begrenzt vorhanden, Gesteinsmehle ausrei-chend vorhanden (Abbau im Tagebau)

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Erdöltransport; Transport gefährlicher Stoffe

Primärenergieverbrauch

PVC-Rahmen: PEI nicht erneuerbar 604 MJ/m² PVC-Fenster komplett (Isolierglas U = 1,1 W/mK): PEI nicht erneuerbar 1.438 MJ/m² [IBO]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Erdölgewinnung und -transport: Schäden durch auslaufendes Erdöl an Ökosystemen; hohes Toxizitätspotential durch Bleistabilisatoren (Reduktion um 100% bis 2015); Herstellung: Inhaltstoffe, zusätzlich Chlor, Ethylen, 1,2-Dichlorethan, Chlorwasserstoff und Vinylchlorid (krebser-zeugend, Funktionsstörungen von Leber und Lunge, wassergefährdend) Verarbeitung: PVC-Stäube (MAK-Wert liegt bei 5mg/m3) Brandfall: Entstehung von chlorhaltigen Gasen, Dioxinen und FCKW

Beständigkeit / Lebensdauer

nahezu wartungsfrei und unempfindlich gegen Verunreinigungen am Bau (Kalk, Gips, Zement), UV-Bestrahlung kann zu Verfärbungen führen, nicht lösemittelbeständig, hohe thermische Ausdehnung; Lebensdauer: 40–60 Jahre ∅ 50 [BMVBW]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

seit 2005 keine Deponierung möglich; bei PVC-Verbrennung entstehen chlor- und schwermetallhaltige Filter-stäube, die deponiert werden müssen (250g pro kg PVC), evtl. Dioxinentstehung [ECOBIS]; Wiederverwendung wird kaum praktiziert; Downcycling ist möglich, Fensterrahmen können zu 80% aus Recyclat hergestellt werden, problematisch sind Cadmium-Stabilisatoren [Zwiener 06]

164 Anhänge

Page 165: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Wand und Dachbekleidungen im Außenbereich I Dachziegel

Materialbeschreibung

flächiges, keramisches Bauelement in unterschiedlichen Formaten; die Oberfläche kann die natürliche Brennfar-be des Ziegels sein, sie kann engobiert (Überzug mit einer gefärbten Tonschlämme) oder glasiert sein

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Eindecken von geneigten Dächern

Inhaltstoffe

keramische Bindung von Lehm, Ton und tonigen Massen; mögliche Zusatzstoffe: Sand, Ziegelmehl, Asche, org. Stoffe; Glasuren können Schwermetalle (z. B. Blei) enthalten [Zwiener 06]

Technische Eigenschaften

Rohdichte ca. 1.800 kg/m³ [IBO]

Wärmeleitfähigkeit λ nicht relevant

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

nicht relevant

Baustoffklasse, Feuerwiderstand A1, nicht brennbar

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: RL 0501 Keramische Dachziegel (Produkte zertifiziert)

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Ton / Lehm / Mergel ausreichend vorhanden; im Tagebau gewonnen, dadurch indirekte Beeinträchtigung durch Landschafts- und Flächenverbrauch, nach Beendung des Abbaus Rekultivierung erforderlich; Energiebedarf je nach technischem Stand des Herstellerwerks und Qualität des Ton/Lehmgemisches [IBO]

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

geringer Transportaufwand, Rohstoffe verarbeitungsnah vorhanden

Primärenergieverbrauch

ca. 1.200 kWh/m³; PEI nicht erneuerbar 3,6 MJ/kg [IBO]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Herstellung: Emissionen durch den Brennvorgang (HF, SO2, SO3, NOx, CO, Stäube) Verarbeitung / Abriss: mineralische Stäube selten: radioaktive Eigenstrahlung des Materials möglich Verwertung: evtl. Schwermetallbelastung aus Glasuren

Beständigkeit / Lebensdauer

40–60 Jahre [BMVBW], Wartungsintensität und Lebensdauer abhängig von Objektlage

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

Deponierung und Nachnutzung problemlos möglich; Verwertung von Ziegelschutt als Füllmaterial und Zuschlag-stoff; sortenreines Ziegelmehl kann zu 10–20% in den Produktionsprozess rückgeführt werden, Aufschüttmateri-al für Sport- und Tennisplätze, Substratersatz für Dachbegrünung [Zwiener 06]

165Anhänge

Page 166: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Innenausbau – Bodenbeläge I Linoleum

Materialbeschreibung

Linoleumdeckmasse unter hohem Druck auf Jutegewebe gepresst; gehören zu den wenig Umwelt belastenden elastischen Bodenbelägen

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Bodenbeläge für Wohnungsbau, Verwaltungsbauten, Schulen, etc.; nicht für Feuchträume

Inhaltstoffe

Deckmasse: 35% Linoleumzement (Bindemittel aus 75–80% Leinöl und 20–25% Naturharz, z. B. Kolophonium), 29–35% Holz- oder Korkmehl, 23–28% mineralische Füllstoffe (v.a. Kreide), 6% Pigmente (z. B. Titandioxid) und Trocknungsstoffe auf Calcium-, Eisen- oder Manganbasis [Zwiener 06]; Trägermaterial Jute

Technische Eigenschaften

Rohdichte 750 kg/m³ (Korklinoleum) bis 1.200 kg/m³ (Linoleum) [ECOBIS 2000]

Wärmeleitfähigkeit λ 0,17 W/mK [DIN EN 12 524]

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

trocken 1.000, feucht 800 [DIN EN 12 524]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand B1, schwer entflammbar

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: RL 1201 Linoleum-Bodenbeläge (Produkte zertifiziert); Blauer Engel: RAL-UZ 38 Emissionsarme Produkte aus Holz und Holzwerkstoffen (Produkte zertifiziert)

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Jute: nachwachsender natürlicher Rohstoff Leinöl: aus dem Samen der Flachspflanze; nachwachsender natürlicher Rohstoff Naturharze: Baumharze, nachwachsender natürlicher Rohstoff Kork: nachwachsender natürlicher Rohstoff, aber nur begrenzt verfügbar, Gefahr von Monokulturanbau mit Dün-gemitteln und Pestiziden Kreide: mineralisch, in großen Mengen vorhanden, Abbau im Tagebau mit Eingriffen in Landschaft verbunden

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Korkeiche hauptsächlich aus Portugal, Jute aus Asien und Brasilien: hoher Transportaufwand

Primärenergieverbrauch

Primärenergieaufwand gesamt: 17–18 MJ/kg bzw. 42–85 MJ/m² [IBO / ECOBIS]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Herstellung / Verarbeitung: keine besondere Risiken Emissionsverhalten von Produkt zu Produkt sehr unterschiedlich, abhängig vom Trocknungsprozess gesundheitliche Belastung durch Klebstoffe: lösemittelfreie Klebstoffe verwenden (EMICODE EC-1 Klebstoffe)

Beständigkeit / Lebensdauer

Linoleum: 15–25 Jahre; Imprägnierung: 3–5 Jahre [BMVBW]; hohe mechanische und chemische Beständigkeit, empfindlich gegen starke Alkalien und in geringerem Maß gegen Wasser

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, Abbaubarkeit, Verbrennung, etc.)

energetische Verwertung = sinnvollster Entsorgungsweg [ECOBIS]; reines, geschrotetes Altlinoleum ohne Ver-unreinigungen kann als Zusatz (10–25%) zur Neuproduktion verwendet werden; Wiedereinbau alter Böden auf-grund von Versprödung und vollflächiger Verklebung meist nicht möglich

166 Anhänge

Page 167: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Innenausbau – Bodenbeläge I Teppichboden aus Naturfasern

Materialbeschreibung

textiler Bodenbelag aus Trägergeweben und Rückenschicht, vor allem als Auslegeware in Dicken von 5–12 mm

Anwendungsgebiete (Auswahl)

Teppichboden im Wohnbereich, in Firmen- und Verwaltungsgebäuden, öffentliche Einrichtungen usw.

Inhaltstoffe

meist Schafschurwolle, aber auch Sisal, Jute und Kokosfasern, Schutz gegen Insekten bei Wollteppichen: Behandlung mit Sulfonamiden bzw. Pyrethroiden / Permethrin, Trägergewebe: Syntheselatex oder Naturlatex, mineralische Füllstoffe in den Trägergeweben (getrocknete Ge-steinsmehle), teilweise mit Schaumrücken (z. B. Polyurethanschaum), Additive für spezielle Eigenschaften (z. B. Fluorverbindungen für Verringerung der Anschmutzbarkeit), Färbemittel: anorganische und organische Pigmente bzw. organische Farbstoffe

Technische Eigenschaften

Rohdichte

Wärmeleitfähigkeit λ

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

Baustoffklasse, Feuerwiderstand

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: RL 1400 Textile Bodenbeläge (derzeit keine Produkte zertifiziert) Blauer Engel: RAL-UZ 128 Emissionsarme textile Bodenbeläge (derzeit keine Produkte zertifiziert) GuT-Signet "Teppichboden schadstoffgeprüft" (Produkte zertifiziert) ETG-Teppich-Siegel: Certificate of Quality; GuT-Signet ist Voraussetzung (Produkte zertifiziert) Wollsiegel: Wollteppiche ohne zusätzliche Kunstfasern

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Schafschurwolle, Sisal, Jute und Kokosfasern sind nachwachsende Rohstoffe Trägergewebe bestehen ebenfalls aus nachwachsenden Rohstoffen (außer SBR-Kautschuk) Füllstoffe sind mineralischen Ursprungs und ausreichend vorhanden

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Schafschurwolle hauptsächlich aus Australien und Neuseeland → hoher Transportaufwand Jute, Sisal und Kokos stammen aus Indien, Brasilien und tropischen Küstenregionen → hoher Transportaufwand

Primärenergieverbrauch

Schurwolle mit SBR-Rücken (8–10 mm dick): 80–110 MJ/m² = 30–35 MJ/kg NR-Rücken o. Kokos-Sisal mit Jute-Flachs-Rücken (5–12 mm dick): 30–40 MJ/m² = 10–15 MJ/kg [ECOBIS]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Insektizide: Schutz vor Motten und Teppichkäferlarven (z. B. Permethrin) möglich: Additive (z. B. Fluorkohlenwasserstoffe als Antisoilingmittel) möglich: Farbpigmente auf der Basis von Schwermetallverbindungen (z. B. Titandioxid, Chromoxid) Verkleben: VOC-Emissionen möglich (Verwendung von emissionsarmen Dispersionsklebstoffen)

Beständigkeit / Lebensdauer

Teppichböden werden selten länger als 10 Jahre genutzt [ECOBIS]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

Energetische Verwertung: größere Mengen Rückstände aus Füllstoffen, Additiven und Schwefelverbindungen, trotzdem sinnvollster Entsorgungsweg; Teppichbodenbeläge aus Naturfasern ohne Kunststoffanteile können im Prinzip kompostiert werden. Aufgrund der möglichen Verarbeitungshilfsmittel und Additive ist die Kompostierung allerdings umstritten. [ECOBIS]

167Anhänge

Page 168: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Innenausbau – Wandbekleidung I Lehmputz

Materialbeschreibung

Mischung aus getrocknetem Lehm abgemagert mit Sand und pflanzlichen Fasern; (Lehm besteht aus den drei Kornfraktionen Ton als Bindemittel und Sand bzw. Schluff als Gerüstsubstanz)

Anwendungsgebiete (Auswahl)

zum Verputz von Wänden und Decken im Innenbereich (nicht unter Fliesen oder unbehandelt im Spritzwasser-bereich) und im schlagregengeschützten Außenbereich

Inhaltstoffe

20% Lehm, 75% Sand, Zusatzstoffe z. B. Stroh, Flachs, Hanf, Tierhaare, etc.

Technische Eigenschaften

Rohdichte 1.700 kg/m³ [IBO]

Wärmeleitfähigkeit λ 0,8 W/mK [IBO]

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

5–10 [DIN V 4108-4]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand min. B1, schwer entflammbar

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: RL 0803 Lehmputzmörtel (zertifiz. Produkte vorhanden), RL 0804 Stabilisierte Lehmputzmörtel

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Lehm und Sand regional verfügbar und ausreichend vorhanden; pflanzliche Rohstoffe: nachwachsend bzw. Abfall- oder Nebenprodukte der Landwirtschaft Lehm, Sand wird im Tagebau gewonnen → intensiver Sandabbau kann zum Absinken des Grundwasserspiegels führen und das Landschaftsbild stark verändern; geringer Energiebedarf für Gewinnung, kein energieintensiver Brennvorgang notwendig

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

kurze Wege, da regional verfügbar

Primärenergieverbrauch

Lehmputz natürlich getrocknet: 0,5 MJ/kg = 236 kWh/m³ [IBO]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Beitrag zu gesundem Raumklima, keine gesundheitsschädigenden Wirkungen bekannt; Radioaktivität möglich; Staubentwicklung bei Abriss

Beständigkeit / Lebensdauer

bei Außenanwendungen ist guter konstruktiver Feuchteschutz notwendig [Zwiener 06]; Rissbildung bei zu schneller Trocknung möglich [IBO]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

kann wieder als Putz verwendet werden; kann durch Wasserzugabe und mechanisches Aufbereiten beliebig oft (wenn in Reinform) verformt und neu eingesetzt werden kann der Erde ohne Transport auf die Deponie direkt zurückgegeben werden pflanzlichen Zuschläge biologisch abbaubar

168 Anhänge

Page 169: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Farben & Lacke I Alkydharzlacke (lösemittelverdünnbar)

Materialbeschreibung

Kunstharzlacke, die als Filmbildner Alkydharze (synthetische Polyester) enthalten; chemisches Syntheseprodukt

Anwendungsgebiete (Auswahl)

stark beanspruchte Holz- und Metallbauteile innen und außen wie z. B. Fenster, Türen, Fensterläden, Fassa-denverkleidungen, etc.

Inhaltstoffe

Lösemittel (25–30%): z. B. 1-Butanol, Isobutanol, meist Testbenzin, Toluol, Xylol, z. T. auch Wasser Bindemittel (25–40%): Alkydharze, Reaktionslacke aus Dicarbonsäuren und mehrwertigen Alkoholen [Scholz] Pigmente und Füllstoffe (30–45%) Zusatz von trocknenden und nicht trocknenden Ölen: z. B. Leinöl, Holzöl, Sojaöl, Erdnussöl [Scholz]

Technische Eigenschaften

Rohdichte ---

Wärmeleitfähigkeit λ ---

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

12.000–25.000 [ECOBIS]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand ---

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: nach Basiskriterien nicht zertifizierbar (da 40–50% fossile Rohstoffe) Blauer Engel: Qualifizierung für RAL-Umweltzeichen 12a – Schadstoffarme Lacke nicht möglich, da Lösemittel-gehalt immer > 8% und Trocknungsstoffe auf Kobaltbasis [ECOBIS]

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

Alkydharze können sowohl aus nicht erneuerbaren Ressourcen (mehrbasige Carbonsäuren umgesetzt mit mehrwertigen Alkoholen) als auch unter Verwendung nachwachsender Ressourcen (natürliche Fette und Öle) hergestellt werden. [ECOBIS], z. B. Leinöl, Rizinusöl [ZWIENER 06]

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

---

Primärenergieverbrauch

62–72 MJ/kg bzw. 20–24 MJ/m² [ECOBIS]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Verarbeitung: gesundheitsschädlich durch hohen Lösemittelgehalt (Toluol, Xylol); schnelleres Abklingen der Raumluftbelastung durch Lösemittel als bei Acrylharzen [ZWIENER 06]; Nutzung: durch Oxidationsprodukte der Fettsäuren (Aldehyde, Carbonsäuren) kann es nach der Anwendung noch einige Zeit zu Geruchsbelästigungen (Ölgeruch) kommen [Zwiener 06]; Schwermetallbelastungen durch leuchtende Pigmente [ECOBIS] Brandfall: wenig relevant, da Verwendung als Oberflächenbeschichtung oder Kleber [ECOBIS]

Beständigkeit / Lebensdauer

strapazierfähige Oberfläche, temperaturbeständig bis 120°C, beständig gegen Feuchtigkeit, Basen und Salze

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

Mit Alkydharzlackfarben behandelte Baustoffe werden in ihrer Recyclierbarkeit beeinträchtigt und führen zu Qua-litätseinbußen von Sekundärbaustoffen. [ECOBIS]

169Anhänge

Page 170: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Farben & Lacke I Dispersionslackfarben (wasserverdünnbar)

Materialbeschreibung

wasserverdünnbare Lackfarben, in denen das Bindemittel fein verteilt (dispergiert) in Wasser vorliegt, nach dem Trocknen entsteht zäher schlagfester Lackfilm, Alternative zu klassischen Kunstharzlacken [ECOBIS]

Anwendungsgebiete (Auswahl)

stark beanspruchte mineralische Untergründe (Wände) im Innenbereich sowie Holz und Holzwerkstoffe im In-nen- und Außenbereich (Holzfassaden), etc. [ECOBIS]

Inhaltstoffe [ECOBIS]

20–30% Bindemittel 20–35% Füllstoffe und Pigmente (Füllstoffe: Gesteinsmehle aus Kalk oder Feldspat) 30–40% Wasser 3–8% organische Lösemittel (Glykole, Glykolether, Alkohole) 1–6% Hilfsstoffe (Konservierungs- und Stabilisierungsmittel)

Technische Eigenschaften

Rohdichte ---

Wärmeleitfähigkeit λ ---

Wasserdampf-Diffusions- widerstandszahl μ

1.500–10.000 [ECOBIS]

Baustoffklasse, Feuerwiderstand ---

Zertifizierungen (z. B. natureplus, FSC-Siegel, Blauer Engel, etc.)

natureplus: nach Basiskriterien nicht zertifizierbar (da 30–40% fossile Rohstoffe); Blauer Engel: RAL-Umweltzeichen 12a – Schadstoffarme Lacke [ECOBIS]

Ressourcen (Vorräte, Eingriffe in die Landschaft, etc.)

30–40% Wasser, 20–35% mineralische Rohstoffe, 30–40% fossile Rohstoffe (begrenzt vorhanden), Pigmente werden in energieintensiven Prozessen aus Metallerzen gewonnen

Transport (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung)

Erdöltransport

Primärenergieverbrauch

11–14 MJ/m², Energieverbrauch vorrangig abhängig von Bindemittel- und Weißpigmentenmengen [ECOBIS]

Schadstoffe (Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung, Renovierung/Abriss, Havariefall)

Herstellung der Bindemittel in chemischen Syntheseprozessen, bei denen auch verschiedene Gefahrstoffe (z. B. Blausäure, Vinylchlorid, Ethylenoxid), z. T. mit krebserzeugender Wirkung, Verwendung finden [ECOBIS]; Erdölgewinnung und -transport: Schäden durch auslaufendes Erdöl an Ökosystemen; Verarbeitung: Gesundheitsschäden durch Einatmen der Dämpfe oder Aufnahme über die Haut [ECOBIS]; Nutzung: Schwermetallbelastungen durch leuchtende Pigmente [ECOBIS]

Beständigkeit / Lebensdauer

gute bis sehr gute Witterungsbeständigkeit, abriebfest, abwaschbar, hart und kratzfest; Lebenserwartung im Außen- und Innenbereich 10–25 Jahre [BMVBW]

Wiederverwendung / Wiederverwertung / Entsorgung (Deponierbarkeit, biologische Abbaubarkeit, Verbren-nung, etc.)

Mit Alkydharzlackfarben behandelte Baustoffe werden in ihrer Recyclierbarkeit beeinträchtigt und führen zu Qua-litätseinbußen von Sekundärbaustoffen. [ECOBIS]

170 Anhänge

Page 171: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

171Anhänge

Page 172: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Kapitel 2

www.energyrichjapan.info

NIHON GAS KYOUKAI, THE JAPAN GAS ASSOCIATION, www.gas.or.jp

www.geohpaj.org/introduction/disadv.htm

www.dhcjp.or.jp/what.pdf

Japan District Heating and Cooling Association, www.dhcjp.or.jp

www.chidan.co.jp

Nosé, Michiko Rico: Wohnarchitektur in Japan; Callwey Verlag

Solar System Development Association, www.ssda.or.jp/assist/1_1.pdf

Kyocera

Shizuoka Gas, www.shizuokagas.co.jp/katei/ecowill

www.tokyo-gas.co.jp/Press_e/20041206-2e.pdf

Kapitel 3

3.5∙ Teilkonzept „Baustoffe / Konstruktion“

www.blauer-engel.de

Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Leitfaden nachhaltiges Bauen

www.dataholz.com

Hugues, T. / Steiger, L. / Weber, J.: Holzbau. Details, Produkte, Beispiele. DETAIL Praxis, 1. Auflage,

Institut für internationale Architektur-Dokumentation, München, 2002

DIN EN 12524 – Baustoffe und -produkte – Wärme- und feuchteschutztechnische Eigenschaften –

Tabellierte Bemessungswerte. Deutsche Fassung EN 12524:2000

Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und der Bayerischen Architektenkammer:

ECOBIS 2000 – Ökologisches Baustoffinformationssystem

IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie und Bauökologie (Hrsg.): Ökologischer Bauteilkatalog –

Bewertete gängig Konstruktionen. Springer Verlag, Wien, 1999

Informationsdienst Holz: Konstruktive Vollholzprodukte, Holzbau-Handbuch, Reihe 4 Teil 2 Folge 3,

Juni 2000

Informationsdienst Holz: Holzfaserdämmstoffe. Eigenschaften – Anforderungen – Anwendungen.

Holzbau-Handbuch, Reihe 4 Teil 5 Folge 2, Dezember 2007

Informationsdienst Holz: Fenster – Grundlagen, Konstruktionen, Details. Holzbau-Handbuch,

Reihe 6 Teil 7 Folge 1, Dezember 1991

ISOVER – Technisches Datenblatt Vario KM Klimamembran und Vario KM Duplex Klimamembran,

Nr.: TDDH0049.doc, SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG, Ladenburg, Stand März 2006

IVC – Industrievereinigung Chemiefaser e.V.: Datenblatt zur Produktsicherheit für Fasererzeugnisse aus

Polyamid. Ausgabedatum 06. Februar 2008

www.natureplus.org

www.proclima.de

Produktdatenblatt Sarnafil TS 77-15 – Kunststoffbahn für Dachabdichtungen. Sika Deutschland GmbH,

Stuttgart, Ausgabe 08/2008

Scholz, W.: Baustoffkenntnis. 12. Auflage. Werner-Verlag. Düsseldorf 1991

Spritzendorfer, J.: Vortrag im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung „Lehrgang Fachplaner für Öko-

logisches Planen und Bauen“ am 5.2.2005 in Erfurt; Veranstalter: Bildungswerk für berufsbezogene

Aus- und Weiterbildung; Bereich Architekten, Ingenieure, Sachverständige (BWAW)

Spritzendorfer, J.: Nachhaltiges Bauen mit „wohngesunden“ Baustoffen. C.F. Müller Verlag, Heidel-

berg, 2007

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan172

∙∙∙ Quellennachweis

Page 173: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Umweltverband Vorarlberger Gemeindehaus (Hrsg.): Ökoleitfaden Bau. 2. überarb. Auflage, Dornbirn,

April 2001 (www.umweltverband.at)

Voigt: Die Zukunft von Holz- und Holz-Metall-Fenstern; Publikation in BAU, BM Bau- und Möbel-

schreiner und Exakt, 2004, über www.ift-rosenheim.de

www.wikipedia.org

Zwiener, G.: Ökologisches Baustoff-Lexikon, 2. Auflage, C.F. Müller Verlag GmbH, Heidelberg, 2006

3.6∙ Teilkonzept „Energie“

Ministry of Internal Affairs and Communications, Japan, Housing and Land Survey 1998

Nosé, Michiko Rico

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan 173

Page 174: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Abb. 2.1 Architectural Institute of Japan

Abb. 2.2 Fraunhofer IBP

Abb. 2.3 Fraunhofer IBP

Abb. 2.4 Fraunhofer IBP

Abb. 2.5 Fraunhofer IBP

Abb. 2.6 Fraunhofer IBP

Abb. 2.7 Fraunhofer IBP

Abb. 2.8 Architectural Institute of Japan

Abb. 2.9 Fraunhofer IBP

Abb. 2.10 Fraunhofer IBP

Abb. 2.11 Fraunhofer IBP

Abb. 2.12 Fraunhofer IBP

Abb. 2.13 DENA

Abb. 2.14 Geo-Heat Promotion Association

of Japan

Abb. 2.15 Fraunhofer WKI

Abb. 2.16 Fraunhofer WKI

Abb. 2.17 Fraunhofer WKI

Abb. 2.18 Fraunhofer WKI

Abb. 2.19 Fraunhofer WKI

Abb. 2.20 JYURI

Abb. 2.21 Energy Syving Labeling Program

Abb. 2.22 Japan Industrie Standardization

Abb. 2.23 Japan Housing Information Dial

Abb. 2.24 Japan Housing Information Dial

Abb. 2.25 Fraunhofer WKI

Abb. 2.26 Fraunhofer WKI

Abb. 2.27 Fraunhofer IBP

Abb. 2.28 Fraunhofer IBP

Abb. 2.29 Japan Housing Information Dial

Abb. 2.30 Japan Housing Information Dial

Abb. 2.31 Japan Housing Information Dial

Abb. 2.32 JETRO

Abb. 2.33 J-SHIS 2008

Abb. 2.34 Geology 1999

Abb. 2.35 Marino, Nakashima, Mosalam

2005

Abb. 2.36 Marino, Nakashima, Mosalam

2005

Abb. 2.37 Institut für Baustoffe, Massivbau

und Brandschutz iBMB

Abb. 2.38 iBMB

Abb. 2.39 iBMB

Abb. 2.40 iBMB

Abb. 2.41 iBMB

Abb. 2.42 iBMB

Abb. 2.43 Ceccotti, A. 1995

Abb. 2.44 JEFII

Abb. 2.45 The building standard law

of Japan

Abb. 2.46 The building standard law

of Japan

Abb. 2.47 Eco-Cute

Abb. 2.48 Eco-Cute

Abb. 2.49 www.apec-vc.or.jp/net/

enewenergy/newenergy/

page02_02_2.htm

Abb. 3.1 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.2 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.3 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.4 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.5 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.6 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.7 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.8 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.9 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.10 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.11 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.12a Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.12b Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.12c Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.13 www.svanen.nu (Euroblume,

Nordic Ecolabel), www.blauer-

engel.de/_img/logo-print.png

(Blauer Engel), www.umwelt

zeichen.at/imagecatalog

(Österreich. Umweltzeichen),

www.wwf.ch (natureplus)

Abb. 3.14 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.15 Ecobine

Abb. 3.16 Ecobine

Abb. 3.17 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.18 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.19 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.20 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.21 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.22 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.23 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.24 PROFIL-Studie

Abb. 3.25 Ecobine

Abb. 3.26 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.27 Ecobine

Abb. 3.28 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.29 Ecobine

Abb. 3.30 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.31 Bauhaus-Universität Weimar

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan174

∙∙∙ Bildnachweis

Page 175: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Abb. 3.32 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.33 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.34 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.35 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 3.36 Ecobine

Abb. 3.37 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 4.1 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 4.2 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 4.3 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 4.4 Bauhaus-Universität Weimar

Abb. 4.5 Fraunhofer IBP

Abb. 4.6 Fraunhofer IBP

Abb. 4.7 Fraunhofer IBP

Abb. 4.8 Fraunhofer IBP

Abb. 4.9 Fraunhofer IBP

Abb. 4.10 Fraunhofer IBP

Abb. 4.11 Fraunhofer IBP

Abb. 4.12 Fraunhofer IBP

Abb. 4.13 Fraunhofer IBP

Abb. 4.14 Fraunhofer IBP

Abb. 4.15 Fraunhofer IBP

Abb. 4.16 Fraunhofer IBP

Abb. 4.17 Fraunhofer IBP

Abb. 4.18 Fraunhofer IBP

Abb. 4.19 Fraunhofer IBP

Abb. 4.20 Fraunhofer IBP

Abb. 4.21 Fraunhofer IBP

Abb. 4.22 Fraunhofer IBP

Abb. 4.23 Fraunhofer IBP

Abb. 4.24 Fraunhofer IBP

Abb. 4.25 Fraunhofer IBP

Abb. 4.26 Fraunhofer IBP

Abb. 4.27 Fraunhofer IBP

Abb. 4.28 Fraunhofer IBP

Abb. 4.29 Fraunhofer IBP

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan 175

Page 176: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan

Ein Leitfaden

Beteiligte Institute

Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI

Bienroder Weg 54 E

38108 Braunschweig

Fraunhofer-Institut für Brauphysik IBP

Nobelstraße 12

70596 Stuttgart

Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits-, Energietechnik UMSICHT

Osterfelder Straße 3

46047 Oberhausen

Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Bauingenieurwesen

Bauhausstraße 7 B

99423 Weimar

Autoren

(in alphabethischer Reihenfolge)

Recep Bilgen

Dr.-Ing. Christian Dötsch

Prof. Dr.-Ing. Detlef Glücklich

Dipl.-Ing. Stefanie Luge

Dipl. Umwelt-Wiss. Astrid Pohlig

Dipl.-Ing. Norbert Rüther (Projektkoordinator)

Dipl.-Ing. Beate Schafactek

Dipl.-Ing. Peter Schwerdt

Dr.-Ing. Silvio Sperbeck

Dipl.-Ing. Daniel Zirkelbach

Konzeption

Norbert Rüther, Fraunhofer WKI

Redaktion

Norbert Rüther, Fraunhofer WKI

Umschlaggestaltung, Layout und Satz

Manuela Lingnau, Fraunhofer WKI

© 2010 Fraunhofer WKI

ISBN 978-3-00-031751-4

Ökologische Gebäudekonzepte für Japan176

∙∙∙ Impressum

Page 177: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig
Page 178: Ökologische Gebäudekonzepte für Japan Ein LeitfadenSommer Werte um 150 kWh/m²/Monat und im Winter etwa 50 kWh/m²/Monat. Die Niederschlags-mengen sind einigermassen gleichmäßig

Bauhaus-Universität Weimar · Fakultät Bauingenieurwesen

ISBN 978-3-00-031751-4