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Einleitung/Hintergrund Ein totaler alloplastischer Kiefergelenk- ersatz besteht obligat aus 2 Komponen- ten: einem der Gelenkpfanne (Fossa arti- cularis) entsprechenden Gehäuse und einer Osteosyntheseplatte mit einem Aufsatz bspw. in Kugel- oder Walzen- form, der dem Gelenkfortsatz ein- schließlich des Gelenkkopfs gleicht. Eine Gelenkgrube ist notwendig, weil künst- liche Gelenkköpfe, die nicht nach kranial abgestützt sind, Gefahr laufen, in die mittlere Schädelgrube zu penetrieren [1]. Gelenkkopfaufsätze bzw. Condylar Add-ons an Rekonstruktionsplatten bie- ten daher immer nur eine temporäre Lö- sung und sollten möglichst nicht über eine Dauer von mehr als 2 Jahren in situ verbleiben. Bei komplexen Defekten, die neben dem Kiefergelenk weitere Unterkieferanteile und/oder die Jochbogen bzw. Jochbein- region betreffen, stellt sich die Frage nach der Rekonstruktion mit einem au- tologen Gewebetransfer, einem alloplas- tischen Ersatz oder einer Kombination daraus. Die beiden Grundelemente einer Kiefergelenkendoprothese lassen sich bei Maßanfertigungen (Custom-made Device) ausbauen, um assoziierte ske- lettale Defekte bis hin zum vollständigen Verlust der Unterkieferkontinuität zu schließen. Diese Möglichkeiten werden im Folgenden an exemplarischen Patien- tenbeispielen aufgezeigt. Kiefergelenke und Bewegungsabläufe Wie der Name sagt, stellen die Tempo- romandibular- bzw. Kiefergelenke (TM Joints) die Verbindung zwischen den beiden Dorsalenden der U-fömigen Mandibula und den Schläfenbeinen (Ossa temporalia) her. Die Gelenkpfan- nen befinden sich auf der Unterseite der Schläfenbeine und sind unmittelbar vor den äußeren Gehörgängen lokalisiert. Jede Pfanne wird von einem simsartigen Knochenvorsprung, dem Tuberculum ar- ticulare, nach vorne begrenzt. Die Aus- dehnung und Zirkumferenz der Gelenk- fläche (Facies articularis) ist deutlich größer als der walzenförmige Gelenk- kopf, sodass ein erweiterter Bewegungs- spielraum resultiert. Der Discus articula- ris, eine im Zentrum dünne faserknorpe- lige ovaläre Scheibe mit aufgewulsteten Rändern ist zwischen die gelenkführen- den Flächen geschaltet. Der Diskus be- deckt die Gelenkwalze bis an den Schei- tel wie ein Zeltdach. Da er in seiner ge- samten Zirkumferenz mit der Gelenk- kapsel verbunden ist, entsteht eine obere Gelenkkammer (zwischen Facies articu- laris und Diskus) und eine unterere Ge- lenkkammer (zwischen Diskus und Caput mandibulae). Dieses diskokapsu- läre System ist durch die elastisch dehn- bare bilaminäre Zone nach dorsal an der Schädelbasis befestigt. Nach vorne inse- rieren Fasern des M. pterygoideus latera- lis mit einem oberen Kopf in den Vorder- rand des Diskus und mit einem unteren Kopf direkt am Knochen in einer Grube Zusammenfassung Heutzutage gilt der totale alloplas- tische Kiefergelenkersatz bei Patholo- gien mit irreversiblen Form- und Di- mensionsänderungen des Processus condylaris mandibulae als verlässliche Behandlungsoption. Bei Defekten, die über den Gelenkfortsatz und die Ge- lenkgrube hinaus weitere Unterkiefer- einheiten und/oder die Jochbogen/ Jochbeinregion involvieren, lässt sich das Design individuell gefertigter En- doprothesen so gestalten, dass be- nachbarte Knochendefizite ausgegli- chen werden können. Alloplastische Rekonstruktionen dieser Art kommen infrage, wenn autologe Rekonstruk- tionsverfahren mit erheblichem Zu- satzaufwand verbunden oder nicht durchführbar sind. Während die ana- tomische Form und Konturgebung in ästhetisch und funktionell befriedi- gender Weise wiederhergestellt wer- den können, darf von einem alloplas- tischen Gelenkersatz mit Reduktion auf eine einfache Biomechanik von vornherein nicht erwartet werden, die Bewegungsabläufe und Interaktio- nen innerhalb des komplexen stoma- tognathen Systems vollkommen zu re- plizieren. Combination of Temporo Mandibu- lar Joint Replacement and Recon- structions in Mandibular Body or Zygoma Region with Extended, Custom-Made Endoprostheses Nowadays total alloplastic mandibular joint replacement is considered to be a reliable therapeutic option for pathol- ogies with irreversible changes in shape and dimensions of the mandib- ular condyle. For defects that involve further units of the lower jaw and/or the zygom or zygomatic region be- yond the articular process and the gle- noid fossa, individual prostheses can be so designed that neigbouring bone deficits are also compensated for. Allo- plastic reconstructions of this type may be taken into consideration when autologous reconstruction procedures would be very time-consuming or even impossible. Although the ana- tomic form and contours can be recon- structed in an aesthetic and function- ally satisfactory manner, one cannot expect from an alloplastic joint re- placement limited to simple biome- chanics that the motion sequences and interactions within the complex stomatognathic system will be com- pletely replicated. Kombination von Kiefergelenkersatz und Rekonstruk- tionen in der Unterkieferkorpus- oder Jochbeinregion mit erweiterten maßgefertigten Endoprothesen & n Carl-Peter Cornelius, Michael Ehrenfeld, Gerson Mast, Oliver Driemel, Anders Westermark, Christoph Leiggener OP-JOURNAL 2013; 29: 184199 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0033-1351014 184 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

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nach der Rekonstruktion mit einem au-tologen Gewebetransfer, einem alloplas-tischen Ersatz oder einer Kombinationdaraus. Die beiden Grundelemente einerKiefergelenkendoprothese lassen sichbei Maßanfertigungen („Custom-madeDevice“) ausbauen, um assoziierte ske-lettale Defekte bis hin zum vollständigenVerlust der Unterkieferkontinuität zuschließen. Diese Möglichkeiten werdenim Folgenden an exemplarischen Patien-tenbeispielen aufgezeigt.

Kiefergelenke und Bewegungsabläufe

Wie der Name sagt, stellen die Tempo-romandibular- bzw. Kiefergelenke (TMJoints) die Verbindung zwischen denbeiden Dorsalenden der U-fömigenMandibula und den Schläfenbeinen(Ossa temporalia) her. Die Gelenkpfan-nen befinden sich auf der Unterseite derSchläfenbeine und sind unmittelbar vorden äußeren Gehörgängen lokalisiert.Jede Pfanne wird von einem simsartigenKnochenvorsprung, dem Tuberculum ar-ticulare, nach vorne begrenzt. Die Aus-dehnung und Zirkumferenz der Gelenk-fläche (Facies articularis) ist deutlichgrößer als der walzenförmige Gelenk-kopf, sodass ein erweiterter Bewegungs-spielraum resultiert. Der Discus articula-ris, eine im Zentrum dünne faserknorpe-

Kombination von Kiefergelenkersatz und Rekonstruk-tionen in der Unterkieferkorpus- oder Jochbeinregionmit erweiterten maßgefertigten Endoprothesen

&n Carl-Peter Cornelius, Michael Ehrenfeld, Gerson Mast, Oliver Driemel,Anders Westermark, Christoph Leiggener

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Zusammenfassung

Heutzutage gilt der totale alloplas-tische Kiefergelenkersatz bei Patholo-gien mit irreversiblen Form- und Di-mensionsänderungen des Processuscondylaris mandibulae als verlässlicheBehandlungsoption. Bei Defekten, dieüber den Gelenkfortsatz und die Ge-lenkgrube hinaus weitere Unterkiefer-einheiten und/oder die Jochbogen/Jochbeinregion involvieren, lässt sichdas Design individuell gefertigter En-doprothesen so gestalten, dass be-nachbarte Knochendefizite ausgegli-chen werden können. AlloplastischeRekonstruktionen dieser Art kommeninfrage, wenn autologe Rekonstruk-tionsverfahren mit erheblichem Zu-satzaufwand verbunden oder nichtdurchführbar sind. Während die ana-tomische Form und Konturgebung inästhetisch und funktionell befriedi-gender Weise wiederhergestellt wer-den können, darf von einem alloplas-tischen Gelenkersatz mit Reduktionauf eine einfache Biomechanik vonvornherein nicht erwartet werden,die Bewegungsabläufe und Interaktio-nen innerhalb des komplexen stoma-tognathen Systems vollkommen zu re-plizieren.

nleitung/Hintergrund

n totaler alloplastischer Kiefergelenk-satz besteht obligat aus 2 Komponen-n: einem der Gelenkpfanne (Fossa arti-laris) entsprechenden Gehäuse undner Osteosyntheseplatte mit einemfsatz bspw. in Kugel- oder Walzen-rm, der dem Gelenkfortsatz ein-hließlich des Gelenkkopfs gleicht. Eine

-JOURNAL 2013; 29: 184–199Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkI http://dx.doi.org/10.1055/s-0033-1351014

Combination of Temporo Mandibu-lar Joint Replacement and Recon-structions in Mandibular Body orZygoma Region with Extended,Custom-Made Endoprostheses

Nowadays total alloplastic mandibularjoint replacement is considered to be areliable therapeutic option for pathol-ogies with irreversible changes inshape and dimensions of the mandib-ular condyle. For defects that involvefurther units of the lower jaw and/orthe zygom or zygomatic region be-yond the articular process and the gle-noid fossa, individual prostheses canbe so designed that neigbouring bonedeficits are also compensated for. Allo-plastic reconstructions of this typemay be taken into consideration whenautologous reconstruction procedureswould be very time-consuming oreven impossible. Although the ana-tomic form and contours can be recon-structed in an aesthetic and function-ally satisfactory manner, one cannotexpect from an alloplastic joint re-placement limited to simple biome-chanics that the motion sequencesand interactions within the complexstomatognathic system will be com-pletely replicated.

Gelenkgrube ist notwendig, weil künst-liche Gelenkköpfe, die nicht nach kranialabgestützt sind, Gefahr laufen, in diemittlere Schädelgrube zu penetrieren[1]. Gelenkkopfaufsätze bzw. CondylarAdd-ons an Rekonstruktionsplatten bie-ten daher immer nur eine temporäre Lö-sung und sollten möglichst nicht übereine Dauer von mehr als 2 Jahren in situverbleiben.

Bei komplexen Defekten, die neben demKiefergelenk weitere Unterkieferanteileund/oder die Jochbogen bzw. Jochbein-region betreffen, stellt sich die Frage

lige ovaläre Scheibe mit aufgewulstetenRändern ist zwischen die gelenkführen-den Flächen geschaltet. Der Diskus be-deckt die Gelenkwalze bis an den Schei-tel wie ein Zeltdach. Da er in seiner ge-samten Zirkumferenz mit der Gelenk-kapsel verbunden ist, entsteht eine obereGelenkkammer (zwischen Facies articu-laris und Diskus) und eine unterere Ge-lenkkammer (zwischen Diskus undCaput mandibulae). Dieses diskokapsu-läre System ist durch die elastisch dehn-bare bilaminäre Zone nach dorsal an derSchädelbasis befestigt. Nach vorne inse-rieren Fasern desM. pterygoideus latera-lis mit einem oberen Kopf in den Vorder-rand des Diskus und mit einem unterenKopf direkt am Knochen in einer Grube

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vorne unterhalb der Gelenkwalze (Foveapterygoidea). Die meisten Bewegungs-abläufe im Kiefergelenk sind kombinier-ter Natur. Die Kaumuskeln kontrahierensich nicht isoliert, sondern werden im-mer in einem koordinierten Zusammen-spiel aller Kaumuskelgruppen unter Be-zug auf Kontakte zwischen den Zähnenim Ober- und Unterkiefer (sog. Okklu-sion), bzw. die Stellung des Unterkiefersund die posteriore Gelenkführung (Kon-dylenbahn) aktiviert. Sofern eine Unter-kieferkontinuität besteht, fungieren Kie-fergelenke synchron im Sinne eines ab-hängigen Doppelgelenks und zwar bila-teral symmetrisch (Öffnen bzw. Schlie-ßen, Vorschub, Retrusion) oder asym-metrisch (Laterotrusion, Mediotrusion).Bei Seitwärts- und/oder Einwärts- bzw.Mahlbewegungen reagiert die Gegensei-te des Arbeitskondylus mit Ausgleichs-oder Balancebewegungen. Bei Kieferöff-nung und Schluss erfolgt eine Dreh-Gleit-Bewegung in den Kiefergelenken.Während der initialen Dreh- oder Schar-nierbewegung verbleiben Gelenkwalzeund Diskus formschlüssig in der Fossaarticularis. Zur weiteren Öffnung gleitetdie Gelenkwalze mitsamt des Diskus un-ter dem Zug des unteren Pterygoideus-lateralis-Kopfes nach vorne auf das Tu-berculum articulare, womit sich die Ro-tationsachse nach vorne verschiebt undihr Freiheitsgrad zunimmt. Die Schließ-bewegung ist durch einen Aktivitäts-anstieg im oberen Pterygoideus-latera-lis-Kopf gekennzeichnet. In Synergie mitden Elevatoren (Masseter/Pterygoideus-medialis-Schlinge und M. temporalis)sowie mit den Retraktoren (M. tempora-lis, posteriorer Teil, und suprahyoidaleMuskulatur) wird infolgedessen der Dis-cus articularis vorne gezügelt, was einenstabilisierenden Druck in Kaudalrich-tung auf die Gelenkwalze ausübt und da-mit das dünne knöcherne Fossadach ent-lastet [2].

Die Kiefergelenke sind vermutlich dieaktivsten Gelenke im menschlichen Or-ganismus. Außer beim Sprechen undKauen werden sie beim unbewusst ab-laufenden Schluckakt von 1,5–2 LiternSpeichel im 24-Stunden-Zyklus ca. 120–150‑mal eingesetzt. Ob der Kieferschlussbeim Schlucken außer einer stabilisie-renden Funktion für Zähne und Zahn-stellung im Zusammenhang mit Gleich-gewichtswahrnehmung, Raumorientie-rung und Körperhaltung steht, ist eineinteressante, aber weitgehend unbeant-wortete Frage [3].

Verfahren zum Kiefergelenkersatz

Historisch wurde über eine Reihe auto-loger Rekonstruktionsverfahren zum kli-nischen Kiefergelenkersatz– in Form vonfreien, nicht vaskularisierten oder – fallsanatomisch dazu geeignet –mikrovasku-lären Gewebetransfers – berichtet [4]:– Metatarsus (Mittelfußknochen) des

2. Strahles und Metatarsophalangeal-gelenk

– kostochondrale Transplantate– Beckenkamm– Calvaria/Schädeldach– Processus muscularis– Schlüsselbein, Sternoklavikulargelenk– Fibula/Fibulakopf

n Bei chronisch entzündlichen Arthritidenmit Kiefergelenkbeteiligung oder im An-schluss an einen fehlgeschlagenen allo-plastischen Kiefergelenkersatz habensich autologe Transplantationsverfahrenals grundsätzlich ungeeignet erwiesen,da mit großer Wahrscheinlichkeit erneutentzündliche Affektionen und Reankylo-sierungen auftreten [5].

Neben den Ersatzplastiken sind auchDistraktionsverfahren im Sinne einerSliding-Osteotomie [6] bzw. einer Trans-port-Osteogenese [7] des Ramushinter-rands nach kranial in die Fossa beschrie-ben.

Indikationen zum alloplastischenKiefergelenkersatz

– Rezidivierende Ankylose mit aus-geprägter heterotoper Knochenneu-bildung – refraktär gegenüber ande-ren Behandlungsverfahren

– Höhenverlust des aufsteigenden Un-terkieferasts (R. ascendens) mit massi-ver Malokklusion als Konsequenz von:– Entwicklungsstörungen/Fehlbil-

dungen (z.B. hemifaziale Mikroso-mie [HFM])

– idiopathische Kondylusresorption– Trauma (z.B. Schussverletzungen)– Tumoren (gutartig: Osteochon-

drom)– Mitbeteiligung bei entzündlichen Ar-

thritiden (z.B. rheumatoide Arthritis)– multipel voroperierte Kiefergelenke/

Endstadium

Bei Patientenmit HFM und ausgeprägtenHypo- oder Aplasien des Kiefergelenk-fortsatzes (Pruzansky Typ IIb/Typ III),die nach initial autologer Knochentrans-plantation infolge von Progression derGesichtsasymmetrie einer erneuten Re-konstruktion bedürfen, wurden mit Cus-

tom-made TMJ Total Replacement De-vices befriedigende Resultate erzielt [8–10].

n Essenziell für Langzeiterfolge ist der si-multane Einbau des Gelenkkopfersatzesund einer passenden Fossa-Komponen-te. Ein alloplastischer Gelenkopfersatzohne artifizielle Gelenkpfanne hat dieTendenz zu Knochenarrosionen in derFossa und zur Penetration in die mittlereSchädelgrube (Lindquist et al. 1993,Westermark et al. 2006). Ein alleinigeralloplastischer Gelenkkopfersatz, bspw.ein Condylar Add-on auf einer Rekon-struktionsplatte, gilt daher als temporä-re Lösung.

Die Indikationen zur Verwendung vonTMJ Total Joint Replacement (TMJ-TJR)Devices für die 2 im Folgenden gezeigtenPatientenbeispiele ergaben sich aus denunter Punkt 2 und 3 aufgelisteten Er-krankungsformen. Die Rekonstruktioneines Kiefergelenks mit einem alloplas-tischen Gelenkersatz ist immer als eineUltima-Ratio-Behandlung in Endstadiender Erkrankung zu sehen, was unabding-bar einen absolut kritischen Entschei-dungsprozess zur Voraussetzung hat.

Kontraindikationen

– Infektionen in der Implantationsregion– Unverträglichkeiten oder Allergien ge-

gen einen oder mehrere Materialbe-standteile des TMJ-TJR

– vorausgegangene Bestrahlung– Hypervalenz und Überfunktion der

Kaumuskulatur (z.B. therapierefrak-tärer Bruxismus)

Konfektionierter versus individualisierteralloplastischer Kiefergelenkersatz

Zum alloplastischen Kiefergelenkersatzgibt es 2 Kategorien von TMJ-TJR-Im-plantaten:– konfektionierte Systeme bzw. „Stock

TMJ Replacement Systems“ und– maßgefertigte Prothesen bzw. „Cus-

tom-made TMJ TJR-Devices“

Größe und Typen von Stock-Implantat-systemen orientieren sich an Durch-schnittswerten, Proportionen und typi-schen Konfigurationen im Kiefergelenk-bereich. In der Regel werden sie intra-operativ freihand an die gegebenen Ver-hältnisse angepasst. Zur Aufnahme derkonfektionierten alloplastischen Gelenk-pfanne wird es notwendig, den Knochenim Bereich von Gelenkpfanne und Tuber-culum articulare passgenau zu reduzie-ren. Um Kongruenz im R. ascendens zu

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erzielen, kann es erforderlich werden,einen Knochensupport mit autologemTransplantatmaterial aufzubauen, denndie Metallplatten am Prothesenschaftsind zu stark ausgelegt, um sie anzubie-gen.

Custom-made TMJ-TJR Devices sind pa-tientenspezifische Implantate (PSI), dieauf der Basis von CT-Datensätzen undmithilfe von Stereolithografie-(STL-)Mo-dellen oder in einem komplett virtuellenWorkflow exakt nach den individuellenanatomischen Verhältnissen gefertigtwerden. Es ist naheliegend, dass sichSTL-Modelle auch verwenden lassen,um Probleme bei der Anpassung vonStock-Prothesen zu antizipieren undVorbereitungen zu treffen [12].

Im Schrifttum sind seit 1945 mind. 10verschiedene Stock-Systeme zum kom-binierten Ersatz von Fossa und Kondylusbeschrieben worden. Diese Zahl steht ineinem gewissen Widerspruch zur selte-nen Anwendung von alloplastischenKiefergelenksrekonstruktionen (Über-sicht, s. [13]). Nach vorsichtiger Schät-zung werden in der BundesrepublikDeutschland deutlich weniger als 100TMJ-TJR Devices pro Jahr implantiert.Weltweit sind nur noch wenige TMJ-TJR-Systeme von den Gesundheitsbeh-örden zertifiziert. Genaue Daten zur An-wendungshäufigkeit sind nicht publi-ziert. Die zurzeit meist verwendetenTJR-Implantate sind angeblich das kon-fektionierte Biomet (-Lorenz) TMJ Repla-cement System (Biomet Microfixation,Jacksonville, FL, USA) und das individua-lisierte TMJ Concepts Patient-Fitted TotalTemporomandibular Joint Reconstruc-tion System (TMJ Concepts, Ventura, CA,USA).

Das Biomet-Lorenz-System besitzt 9 ver-schiedene Prothesenschaftvarianten (3Längen – small [45mm], medium[50mm], large [55mm] in 3 Breiten –narrow, standard, offset, jeweils für dierechte und linke Seite – sowie Fossa-gehäuse in 3 Größen zur Auswahl nachdem Baukastenprinzip für die bestmögli-che Adaptation. Der sphärisch geformteKondylenkopf besteht aus einer Cobalt-Chrom-Legierung. Die Unterseite bzw.mediale Oberfläche des Prothesen-schafts ist mit einem Titan-Plasma-Spraybeschichtet. Die Fossaprothese ist aus-schließlich aus Hochdruckpolyethylen(Ultra High Molecular Weight Polyethy-lene – UHMWPe) hergestellt, einemthermoplastischen Kunststoff, der für ei-nen besonders leichten Lauf bei gerings-

tem Abrieb sorgt. Gegenüber den natür-lichen Verhältnissen verlagert das Fossa-Design den Rotationspunkt des Kondylusnach kaudal, was auf der Bewegungs-bahn bereits einer Translationsstellungentspricht und eine größere interinzisaleÖffnung ermöglicht [14,15].

Eine nunmehr 10 Jahre alte Vergleichs-studie zwischen Stock-TMJ-TJR-Implan-taten (Christensen Prothese, TMJ Inc,Golden, Co, USA) und den Custom-madeTMJ-Concepts-Prothesen attestiert denindividualisierten Devices Überlegenheitnach subjektiven (Schmerzreduktion)und objektiven (z.B. maximale Interinzi-saldistanz) Kriterien. Eine kürzlich ver-öffentlichte Studie konnte anhand derSTL-Modelle von individuell geplantenTMJ-TJR allerdings zeigen, dass sich in77% der Fälle durchaus auch Stock-TMJ-Prothesenkomponenten aus dem Bio-met-Lorenz-System bei gleicher Passunghätten verwenden lassen [16]. Individu-ell angefertigte Kiefergelenkendoprothe-sen scheinen den im Vergleich zum kon-fektionierten Kiefergelenkersatz logisti-schen (s.u.) und finanziellen Mehrauf-wand (Materialkosten ca. 4500 € vs. ca.9000US$) nur in Sonderfällen zu recht-fertigen.

Falls mit der Erkrankung im Kieferge-lenkbereich erhebliche Deformationenoder Defektsituationen im benachbartenUnterkiefer und/oder im Gelenkgruben/Jochbogenbereich verbunden sind, istein solcher Fall gegeben.

Immer wieder hervorgehoben wird diepotenzielle intraoperative Zeitersparnisder Custom-made Endoprothesen, daein Anbiegen der vorgeformten Devicesnatürlich entfällt und beim Einschrau-ben in der Regel sofort Primärstabilitäterreicht wird [17].

TMJ Concepts Patient-FittedTotal Temporomandibular JointReconstruction System

Design und Herstellungsprozess –technische Details

Die von uns verwendete TMJ ConceptsPatient-Fitted Temporomandibular Joint(TMJ) Reconstruction Prosthesis (TMJConcepts, Ventura, CA) ist ein CAD/CAM-gefertigtes Implantat zum Ersatzdes kompletten Kiefergelenks.

Die Entwicklung des TMJ Concepts De-vice geht auf das Ende der 1980er-Jahreund die damalige Techmedia Endopro-

these (Techmedia, Camarillo, CA, USA)zurück, die vorwiegend für mehrfachvoroperierte Patienten mit mutilierterAnatomie der Gelenkregion konzipiertwar. Die artikulierende Gelenkflächeder Fossa, bestehend aus UHMWPe, wirdvon einer individualisierten engmaschi-gen Gitterstruktur aus kommerziell rei-nem Titan getragen. Das Titanmeshüberragt die Lateralfläche des Arcuszygomaticus und wird dort mit seitlichinserierten Schrauben befestigt. DieSchaftkomponente wird ebenfalls aufder Lateralfläche des Unterkiefers in derKorpus- oder Ramusregion angebracht.Der Schaft besteht aus einer Titanlagie-rung, während der Kondylenkopf ausChrom-Kobalt-Molybdän aufgebaut ist.

Während des Herstellungsprozessesder TMJ-Concepts-Custom-made-Endo-prothese wird dem Behandler ein aufBasis des CT-DICOM-Datensatzes her-gestelltes Stereolithografie-(STL-)Modelldes Gesichtsschädelskeletts zugesandt,das er zur OP-Simulation verwendet [5,18,19–21]. Die Modellmandibula wirdunter Berücksichtigung der Okklusionund der ästhetischen Konturgebung imUntergesicht positioniert und in dieserStellung mit zahnärztlichem Silikon-Ab-druckmaterial am Oberkiefer fixiert. So-fern nicht schon eine Defektsituation imKiefergelenkbereich vorliegt, wird eineResektion des Kiefergelenkfortsatzes(Kondylektomie) am Modell durch-geführt. Zur Anfertigung der Endopro-these geht das montierte STL-Modell anden Hersteller zurück. Auf dem STL-Mo-dell wird unter Verwendung konfektio-nierter Wachsreplikate für den Kon-dylenkopf und die Fossa articularis (Ge-lenkfläche aus UHMWPe inkl.), Freihandeine Wachsmodellation der zu ersetzen-den Knochen-/Gelenkpartien vorgenom-men (Abb. 1a). Vorweg müssen zur Ein-passung des Fossagehäuses oftmals nochRadierungen am STL-Modell durchge-führt werden, wobei die abgeschliffenenBereiche farbmarkiert werden. Zur stabi-len Verankerung der gelenktragendenSchaftkomponente werden zwischen 7und 10 Schraubenlöcher vorgesehen,die Fossakomponente erhält mindestens4 Löcher zur Fixierung.

Die Maße und Dimensionierung desWachsmodells werden dann in einetechnische Zeichnung übertragen(Abb. 1b) und die Daten zur Program-mierung einer CNC (Computerized Nu-merical Control)-Fräse verwendet. Diein einem automatisierten Fräsprozessform- und maßgenau hergestellten

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Werkstücke aus Titan und UHMWPewerden kontrolliert, zusammengefügtund erhalten ein Finish in Handbearbei-tung.

Die fertige TMJ-TJR-Endoprothese wirdin das STL-Modell reponiert und damitabschließend auf Passgenauigkeit über-prüft (Abb. 1c). Intraoperativ müssendie Form, Oberflächenkonturen undPosition der Knochen im Gelenkbereichdurch Resektion, Beschleifen bzw. Radie-rungen und Umstellung weitestmöglichin eine identische Konfiguration mitdem STL-Modell gebracht werden. Umeine gute Passform zu erreichen, könnenmehrfaches Nachschleifen und Einpro-bieren der TMJ-TJR-Komponenten nötigwerden.

Bei knöchernen Ankylosen mit aus-gedehnten Fusionen zwischen Gelenk-fortsatz und Schädelbasis muss diesesherkömmliche Prozedere evtl. abge-ändert werden. Um das Knochenlagerfür die Prothese genauer erfassen zukönnen, folgt bis dato das Planungs-CT

erst auf einen initialen OP-Schritt mitOstektomie und Remodellation zumTrismus-Release [22].

Mithilfe von intraoperativenNavigations-techniken oder auch mit im SelectiveLaser-Sintering-Verfahren hergestelltenCutting Templates/Resection Guides er-scheint ein einzeitiges Vorgehen mitUmsetzung einer vorgeplanten Kno-chenresektion durchaus möglich.

Operativer Zugang –Kombination von 2 Wegen

Die Insertion einer TMJ-TJR erfolgt in al-ler Regel über 2 getrennte Hautinzisio-nen und Dissektionsrouten, in der Ab-sicht, auf Höhe des Ohrläppchens eineWeichgewebebrücke (Haut, SMAS [su-perficial muscular aponeurotic system],Parotis, Masseteranteile) zu belassen,durch die der Hauptstamm des Gesichts-nerven (N. facialis-CN VII) bzw. der Ple-xus intraparotideus zur motorischen In-nervation der mimischen Muskulaturnach vorne führt (Abb. 2a und b). Dazu

werden die typischen Zugänge zur Kie-fergelenkregion in der (Prä-)Aurikulär-Schläfen-Region und in der Sub-/Retro-mandibular bzw. periangulären Regionmodifiziert – und den Größenverhältnis-sen ausgedehnter Implantate entspre-chend erweitert (Abb. 2c).

Während der Zugangsweg in der (Prä-)Aurikulär-Schläfen-Region zur Exposi-tion des Bereichs um den Gelenkkopf,die obere Collumregion und die Fossa ar-ticularis dient, wird über die sub-/ret-romandibuläre Route die Lateralflächedes Unterkiefers vom Kieferwinkel bis inden unteren Teil des Collums dargestelltund subperiostal ein Verbindungstunnelzwischen beiden Wundhöhlen geschaf-fen.

Zur Insertion extendierter TMJ TJRs las-sen sich die beiden Zugänge zusätzlicherweitern.

Zur Schonung der temporalen und wan-genwärts (Rr. zygomatici) ziehenden Fa-zialisäste sowie des Fazialishauptstammswird nach der präurikulären oder auri-kulären Inzision subfaszial bzw. sub-periostal präpariert. Nach der Haut-durchtrennung wird die Fascia temporo-parietalis (mit einzelnen in die Galeaaponeurotica einstrahlenden Muskelfa-sern – sog. M. epicranius) als Komponen-te des SMAS in Richtung auf die Tempo-rallinie durchtrennt, um auf das ober-flächliche Blatt (Lamina superficialis)der Fascia temporalis einzugehen unddas SMAS nach ventral abzuschieben.Durch das transparente temporale Fas-zienblatt schimmert dann bereits dertemporale Fettkörper (Temporal FatPad). Das Faszienblatt wird bogenförmigvon vorne oben nach hinten unten ent-lang des Fettkörper-Ober- bzw. -Hinter-rands inzidiert und der Jochbogenansatzfreigelegt. Zur Exposition der Knochen-strukturen und der Kiefergelenkkapselwerden die Weichgewebeschichten alsEinheit schließlich auf der Oberflächedes Fettkörpers und subperiostal überdem Jochbogen nach ventral abgescho-ben (Abb. 2d). Bei diesem Prozedere lie-gen der N. facialis und seine oberen Ästeebenso wie der N. auriculotemporalisund die Temporalgefäße immer außer-halb der Präparationsebene und werdennach vorne mobilisiert (Abb. 2d). Dieaurikuläre (ggf. auch transtragale) Inzi-sion hinterlässt noch weniger sichtbareNarben [23]. Sie wird innen auf der dor-salen Traguskante platziert (Abb. 2c),verläuft von dort nach dorsal um dasCrus helicis und weiter entlang der He-

Abb. 1a bis c Herstellungsprozess einer Kiefergelenkendoprothese – a Individuelles, aus CT-Daten generiertes Stereolithografie-(STL-)Modell des Gesichtsschädelskeletts mit Wachsmodel-lation eines TMJ-TJR, Ersatz der Kiefergelenkspfanne extendiert um den Jochbogen, Kondylen-kopf und R. ascendens; b technische Zeichnung; c CNC-gefrästes Endprodukt reponiert aufdem STL-Ausgangsmodell mit aufgedruckter Angabe der Schraubenlängen.

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Abb. 2a bis g Operativer Zugang zur Insertion von extendiertenTMJ-TJR/KG-Endoprothesen über die Kombination von 2 Inzisionen bzw. Routen –Schema und anatomische Grundlagen – a Chirurgische Anatomie mit der Temporomandibularregion mit N. facialis im Mittelpunkt; b korrelieren-des anatomisches Präparat mit Darstellung von Gelenkwalze und Beziehungen zum Fazialisgeflecht, durchtrenntem äußeren Gehörgang, Gefäßenund Parotis; c kraniale und kaudale Hautinzisionen im Schema – Erweiterungen gepunktet; d Prinzip des kranialen Zugangs (s.Text); e anato-misches Präparat – kranialer Zugang: Oberfläche des temporalen Fat Pads und Darstellung des Jochbein-/Jochbogen-Ensembles, beachte: N. zygo-maticotemporalis, Fazialisäste grün unterlegt; f anatomisches Präparat – kranialer Zugang: Darstellung von Kiefergelenkkapsel und oberer Gelenk-fortsatzregion, Fazialishaupstamm mit gelbem Gummi-Loop nach kaudal abgedrängt; g Prinzip des sub-/retromandibulären Zugangs am aufstei-genden Unterkieferast bis auf Höhe des Gelenkfortsatzes.

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lixkante bis kurz vor den Beginn der obe-ren Kurvatur und biegt in die behaarteSchläfenregion ab. Die aurikuläre Inzi-sion umfährt das Innervationsgebiet desN. auriculotemporalis.

Der sub-/retromandibuläre Zugang ori-entiert sich an den Hautfalten direkt un-terhalb bzw. um den Kieferwinkel (peri-angulär) und verläuft von dort aus nachkranial- und kaudalwärts (Abb. 2g).Nach Inzision der Haut wird auf dem Pla-tysma ca. 1 cm nach kaudal präpariertund der Muskel dort im Sinne einerWechselschnittführung durchtrennt.Medial der oberflächlichen Halsfasziewird der R./Plexus marginalis mandibu-lae des N. facialis (CN VII) sichtbar. Zu-sammen mit dem umgebenden Weich-gewebe wird das Marginalis-Nerven-geflecht nach kranial mobilisiert, bevordas Periost entlang des Unterkieferrandseingeschnitten und der M. masseter sub-periostal in Richtung auf den Gelenkfort-satz abgeschoben wird. Bei Ausdehnungdes Zugangs nach ventral in RichtungKinn oder bis auf die Gegenseite müssendie Fazialgefäße ligiert und durchtrenntwerden. Zur Erweiterung des Zugangsnach kranial bis unterhalb des Ohrläpp-chens wird das Platysma bis an sein überder Ohrspeicheldrüse liegendes Dorsal-ende verfolgt, wo es sich als SMAS fort-setzt. Bei der Eröffnung dieser Struktu-ren und Präparation um den Hinterrandder Drüse sollte der R. posterior desN. auricularis magnus abgedrängt undgeschont werden. Die Fascia parotidea-masseterica überzieht die Drüsenober-fläche und den Ramushinterrand undwird in der Rinne dazwischen mitsamtdem Periost durchtrennt.

Das gesamte Jochbein/Jochbogen-En-semble bis in der Bereich der Orbitarän-der, die Stirn und die Schläfenregionwird freigelegt, indem die obere Inzisionzur Bildung eines frontalen Skalplappensim Sinne eines Bügelschnitts nach krani-al über den Vertex bis auf die Gegenseiteverlängert wird (Abb. 2c, e und f).

Nur im seltenen Fall nach Tumorresek-tionen von Parotis und temporomandi-bulären Strukturen mit Opferung desN. facialis und seiner Äste ist die Präpara-tion einer durchgehenden Wundkavitätvom Unterkieferrand bis in die Schläfen-region zur Aufnahme einer extendiertenTMJ TJR möglich (Abb. 3).

OP-Sequenz

Im Unterschied zu Osteosynthesen beiFrakturversorgungen des Unterkiefersoder bei der Überbrückung von Unter-kieferdefekten mit Titanplatten dürfenKiefergelenkendoprothesen nicht mitder Mundhöhlenschleimhaut oder mitSpeichel in Kontakt kommen, damit dieGrenzflächen gar nicht erst von einembakterienhaltigen Biofilm bewachsenwerden [24].

Werden transorale Umstellungsosteoto-mien (z.B. Le-Fort-I-Osteotomie imOberkiefer oder z.B. sagittale Spaltungim kontralateralen R. ascendens des Un-terkiefers), mit der transfazial/transku-tanen Insertion von TMJ-TJRs kombiniert[25,27], so müssen die beiden Opera-tionsgebiete strikt voneinander getrenntbleiben, um eine Kontamination undspätere fremdkörperassoziierte Infektionzu vermeiden.

Die OP-Sequenz beginnt entweder mitden transoralen Schritten oder aber ex-tern mit dem transfazialen Eingriff. BeimStart der Operation in der Mundhöhlewerden alle auf diesem Wege möglichenOP-Teilschritte abgeschlossen und ggf.noch eine mandibulomaxilläre Immobi-lisationdurchgeführt. Anschließendwirddie Gesichts-Hals-Haut erneut desinfi-ziert und das Operationsgebiet neu sterilabgedeckt. Zusätzlich wird die Lippen-,Kinn- und Naseneingangsregion miteiner transparenten Inzisionsfolie (z.B.Tegaderm, 3M) versiegelt. Bei Beginnder Operation mit Insertion der TMJ-TJRvon extern muss auch dieser Teilschrittkomplett, d.h. einschließlich Wundver-schluss, zu Ende geführt werden.

Bei Extension des Endoprothesenschaftsbis in den Kinnbereich oder auf die Un-terkiefergegenseite kann eine sagittaleSpaltung des R. ascendens, anders alssonst üblich, auch von extraoral durch-geführt werden (Abb. 4).

Planung patientenspezifischer totaleralloplastischer Kiefergelenkersatz –TMJ TJR

Deformitäten und Defekte in der Tempo-romandibularregion gehen meistens mitOkklusionsstörungen, dentoalveolärenVeränderungen, Lageanomalien undFormabweichungen des Unterkiefers(v.a. Asymmetrien) sowie Anomaliendes Gesichtsskeletts (z.B. Über- oder Un-terentwicklung) einher [27].

Die morphologischen Veränderungenund Funktionsstörungen im Kieferge-lenksbereich sind entweder die Ursachevon dentalen und skelettalen Anomalienoder umgekehrt das Resultat derartigerVeränderungen, was als natürlicherKompensationsversuch zu werten ist.

Abb. 3 Kontinuierliche Inzision und Wundkavität vom Unterkiefer-korpus bis zur Schläfe nach totaler Parotidektomie (inkl. N.-facialis-Ge-flecht) und Resektion der Gelenkstrukturen zusammen mit dem Joch-bogen und vorderen Gehörgang. Extendierte TMJ-TJR in situ.

Abb. 4 Beispiel für eine sagittale Spaltung des R. ascendens rechtsüber einen extern/extraoralen Zugang.

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Neben einem alloplastischenTMJ-TJR zurBehebung ansonsten irreparabler Kiefer-gelenkdestruktionen (bspw. idiopathi-sche Kiefergelenkresorption, Kondylus-hypo- und -hyperplasien, Osteoarthrose,kongenitale Deformation oder Nicht-anlage, Ankylose) werden in integrativenBehandlungskonzepten deshalb opera-tive Korrekturen des Unter- und/oderOberkiefers in die Therapie einbezogen.Da im Herstellungsgprozess patienten-spezifischer TMJ-TJRs ohnehin CT-DI-COM-Datensätze und ein STL-Modell be-nutzt werden, bietet sich die OP-Simula-tion von Umstellungsosteotomien ineinem computerassistierten virtuellen„workflow“ mit 3-D-Visualisierung an(Abb. 5). Die Repräsentation der Zahn-reihen und Okklusalflächen ist jedochselbst in Feinschicht-CTs mit Slice In-crements von 0,6mm zur Okklusions-einstellung nicht präzise genug.

Um die Kiefersegmente exakt in die ge-wünschte neue Position bringen zu kön-nen, werden daher die hoch detailliertenokklusalen Oberflächen von Kiefermo-dellen aus Hartgips eingescannt und mitdem CT-Bilddatensatz (Abb. 5a und b)fusioniert (Methodik z.B. nach Zizel-mann et al. [28,29]). Am Bildschirmwer-den an diesem zusammengesetztenSchädelskelett-Kiefer-Modell zunächstdie Osteotomien angelegt und die Kiefer-segmente vom umgebenden Skelett se-pariert (Abb. 5c und d). Darauf folgt dieEinstellung der definitiven Okklusions-position, womit die zahntragenden Seg-mente im Ober- und/oder Unterkieferzugleich verschoben und in einem „man-dibulomaxillären Block“ [30] arrangiertwerden.Wie bei einer bignathen bzw. bi-maxillären Standardumstellung, d.h. LeFort I plus bilaterale sagittale Spaltungder aufsteigenden Unterkieferäste, wirddieser Block durch Translations- und Ro-

tationsbewegungen in den 3 Raumebe-nen ausgerichtet, bis harmonische Ver-hältnisse im Gesichtskelett hergestelltsind. Durch einen fehlenden Unterkiefer-kondylus und den daraus resultierendenMöglichkeiten zur Reposition des Unter-kiefers in Kombinationmit einer Le-Fort-I-Osteotomie ist eine analoge Situationzur bignathen Standardosteotomie gege-ben. Falls die Bewegungen über denSpielraum des kontralateralen Kieferge-lenks hinausgehen, muss der Unterkie-ferramus auf dieser Seite noch einer sa-gittalen Spaltung unterzogen werden(Abb. 5e und f). Die zur intraoperativenEinstellung der Segmente bzw. des Un-terkiefers notwendigen interokklusalenSplints (Anfangs-/Zwischen- und defini-tive Wafer) werden virtuell entworfen(Abb. 5g) und später im selektiven La-ser-Sintering-Verfahren produziert. Eineim Kondylusbereich notwendig werden-de Resektion lässt sich ebenso einfach

Abb. 5a bis l Virtuelle Planung einer Umstellungsosteotomie im Oberkiefer (Reoperation nach bilateraler sagittaler Spaltung im Unterkiefer) inKombination mit einer in den Unterkieferkorpusbereich extendierten TMJ-TJR rechts – Status nach 3-maliger Voroperation des Kiefergelenks rechtsmit Kondylusdefizienz – a Fusioniertes Gesichtsschädelskelett-Kiefermodell; b Topografie der Mandibularkanäle (rot) in Transparenzdarstellung; cund d Oberkiefersegment (rot) nach Le-Fort-I-Osteotomie; e und f Vorverlagerung und Rotation des Oberkiefersegments um eine Sagittalachse(„Roll“) zur Okklusionseinstellung (seitlich offener Biss beidseits in Vorbereitung einer prothetischen Neuversorgung), Nivellierung der Kauebenemit Derotation des Unterkiefers; g Skelettbezüglich korrekt ausgerichteter „mandibulomaxillärer Block“, virtueller definitiver interokklusaler Splintund resezierter Restkondylus; h STL-Hybridmodell mit umgestellten Kiefersegmenten und Wachsmodellation einer bis in den Unterkieferkorpus-bereich extendierten TMJ-TJR; i Kontrolle der patientenspezifischen TMJ Concepts TMJ-TJR auf dem STL-Hybridmodell; j Extendierte TMJ-TJR intra-operativ; k und l postoperative 3-D CTs – L-förmige Miniosteosyntheseplatten über den Pfeilerstrukturen in der Le-Fort-I-Ebene und TMJ-TJR rechtsin situ, ergänzend zur Planung wurde der R. ascendens links reosteotomiert (sagittale Spaltung), um eine Distraktion im Kiefergelenk auszuglei-chen. Der Hochdruckpolyethylenanteil der Fossa bildet sich röntgenologisch nicht ab.

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virtuell vornehmen wie die Umstellungder Segmente. Nach Beendigung der vir-tuellen Operationssimulation und Ab-schluss des Splint-Designs wird aus dendigitalen Datensätzen ein STL-Hybrid-modell der Sollsituation gebaut. Daraufwird von Hand die Wachsmodellationder TMJ-TJR-Endoprothese durchgeführt(Abb. 5h) und schließlich die Passgenau-igkeit der patientenspezifischen Endo-prothese kontrolliert (Abb. 5 i), bevordiese zum klinischen Einsatz kommt(Abb. 5 j bis l).

Ein vollständiger virtueller Workflowohne manuelle Zwischenschritte bzw.„analoge Lücken“ ist von der Firma TMJConcepts bisher noch nicht realisiert.

Einen Transfer digitaler Planungs- undDesigndaten ohne Umwege in Titanim-plantate, die im additiven Printing-Ver-fahren hergestellt werden, offeriert dieFirma Xilloc Medical BV, Maastricht,beim Unterkiefer/TMJ-TJR allerdingsnicht zusammen mit dem obligaten [1]Fossaersatz (www.xilloc.com/patients/stories/total-mandibular-implant).

Extendierte TMJ-Endoprothesen

Bei der Mehrzahl der inserierten TMJ-TJRs handelt es sich um streng auf dieKondylus/Fossaregion limitierte Implan-tate, für die gute Langzeiterfolge über 15Jahre und mehr beschrieben sind [31].

Seit einigen Jahren mehren sich Fall-berichte über extendierte TMJ-TJRs, mitdenen Knochendefekte oder Knochen-defizite im angrenzenden Unterkieferüberbrückt oder ausgeglichen wurden,bspw. bei HFM [9,10].

Hier werden die Planung extendierterTMJ-TJRs, die operative Vorgehensweisesowie die klinischen und radiologischenErgebnisse kasuistisch bei 2 Patientin-nen aufgezeigt.

Fall 1 – Osteosarkom des Unterkiefer-korpus/Kieferwinkels im Kleinkindesalter

Eine inzwischen 21 Jahre alte Patientinstellte sich mit dem Wunsch nach wei-teren funktionellen und ästhetischenVerbesserungen wieder vor, nachdembei ihr im Kleinkindesalter von anderenBehandlern wegen eines Osteosarkomseine bis in die Prämolarenregion rei-chende Mandibulektomie links mit Ex-artikulation des Kiefergelenks durch-geführt worden war (Abb. 6a). Im Altervon 9 Jahren war zur Unterkieferersatz-

plastik bereits ein revaskularisiertesBeckenkammtransplantat verpflanztworden (vgl. [32,33]), wobei der Weich-gewebeverlust in der Wange (Masseter/Pterygoideus-medialis-Schlinge) nichtaufgefüllt wurde. Die Knorpel-Knochen-Manschette von der Crista iliaca desTransplantats war in der Hoffnung, da-mit ein Wachstum zu induzieren, aufdas gelenknahe Transplantatende trans-poniert worden. (Abb. 6b bis c1). ZumZeitpunkt der Konsultation bestand eineAsymmetrie im Unter- und Mittelgesichtdurch eine großflächige Einziehung inder Präaurikular-, Wangen- und Hemi-mandibularregion links, eine Schrägstel-lung und Ptose der Unterlippe nachlinks, eine Deviation der Kinnmitte nachlinks mit frontal offenem Biss sowie eineleicht erweiterte Lidspalte („increasedscleral show“) links, verursacht durcheine Fazialisschwäche (Abb. 6d bis f).

Es fiel die Entscheidung, das Kieferge-lenk, die Hemimandibel und die Jochbo-gen/Jochbeinregion mit extendiertenKomponenten einer alloplastischen TMJ-TJR aufzubauen. Durch Überkonturie-rung der Ausleger zum Unterkiefer undJochbein sollte zugleich das Volumen-defizit der Weichgewebe kompensiertwerden. An 3-D-reformattierten CTswar das skelettale Defizit und die Defekt-situation detailliert einzuschätzen(Abb. 6g bis j). Ein Wachstum des revas-kularisierten Beckenkammtransplantatshatte offensichtlich nicht stattgefunden.Bei weitgehender Dimensions- undFormkonstanz war es nur zu einer Lage-änderung (Relokation) nach anterior mitGrößenzunahme des Defekts im tempo-rormandibulären Übergang gekommen.Als Ursache der Deformation und Hypo-plasie im Jochbein-Jochbogenbereichwurde hingegen eine Wachstumshem-mung vermutet. Die Planung der Endo-prothesen erfolgte unter Abgleich miteinartikulierten Kiefermodellen perHand an den CT-basierten STL-Modellen(Abb. 6k und l): nach einer paramedia-nen Osteotomie auf Prämolarenhöhelinks wurde der Unterkiefer rechts umeine Vertikalachse derotiert, um eineschlüssige Okklusionsbeziehung im Sei-tenzahngebiet zu erreichen. Die neueUnterkieferposition wurde mit seitlichaufgeschraubten Miniplatten eingefro-ren. Das Beckenkammsegment linkswurde lateralwärts reponiert und in die-ser Stellung über eine lingual angebrach-te Miniplatte eingefroren. Probatorischwurde zusätzlich der frontal offene Bissdurch eine Blockosteotomie (Regio 35bis 42) und Anhebung des Segments ge-

schlossen. Die Schaft-Gelenkkopf-Kom-ponente des TJRs inkorporierte einen bisin den Korpusbereich der Gegenseitereichenden Mandibularbogen, der zurStabilisierung des Gesamtkonstrukts annativem Knochen endständig 6 Schrau-benlöcher aufwies. Die Außenkonturendes Unterkieferkorpus wurden von derrechten Seite des vorbereiteten STL-Mo-dells gespiegelt.

Zum Aufbau des „Wangenknochens“reichte der Ausleger der Fossakompo-nente bis in den Bereich des Jochbein-körpers und der Crista zygomatico-alveolaris. Dabei besaß die laterale Ober-fläche der Extension in Fortsetzung derGelenkgrube eine Hochdruckpolyethy-len-(UHMWPe-)Beschichtung.

Die Exposition über einen koronarenund erweiterten submandibulären Zu-gang sowie die anschließende Insertionder Endoprothesenkomponenten verlie-fen unproblematisch (Abb. 6m). Von deranterioren Blockosteotomiewurde abge-sehen, um die Vaskularisation des Seg-ments nicht zu gefährden. Die Hoch-druckpolyethylen-Fossa ist zwar dorsalmit einer längeren Lamelle ausgestattet,die Luxationen des Gelenkkopfes nachposterior verhindern soll. Intraoperativwar aber bereits festzustellen, dassdurch die fehlende Masseter/Pterygoi-deus-Schlinge keine ausreichende Zug-wirkung in dorsokranialer Richtungmehr vorhanden war, um den Gelenk-kopf in der Grube zu halten. Zur Züge-lung wurde daher ein Goretex-Streifen(WL Gore & Associates, Flagstaff, AZ,USA) aus der Korpusregion links bis inden Kalottenbereich über der Temporal-linie mithilfe von 2 Miniplatten auf-gespannt (Abb. 6n). Die postoperativeWundheilung und Integration der exten-dierten TMJ TJR war regelrecht (Abb. 6obis q). Eine Traktionsparese des N. facia-lis war innerhalb von 3 Monaten bis aufden Ausgangsbefund rückläufig. Die Kie-feröffnung ist mit einer Interinzisaldis-tanz von 35mm seit nunmehr 4 Jahrennahezu uneingeschränkt. Translations-bewegungen sind nicht möglich, dem-entsprechend sind Protrusions- sowieLaterotrusons- und Mediotrusionsbewe-gungen aufgehoben bzw. erheblich kom-promittiert. Nach 2-maliger Fettgewebe-augmentation (Coleman Lipostructure –[34,35]) im Wangenbereich erscheintdas ästhetische Ergebnis trotz der wei-terbestehenden Fazialisschwäche akzep-tabel (Abb. 6r und s).

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Abb. 6a bis s Mandibulektomie links mit Exartikulation des Kiefergelenks im Kindesalter wegen eines Osteosarkoms – a Panoramaröntgen-schichtaufnahme (PSA) im Alter von 7 Jahren mit Unterkiefer/Kiefergelenkdefekt links; b und c Zst. nach Unterkieferersatzplastik mit einem revas-kularisiertem Beckenkammtransplantat im Alter von 9 Jahren, Fazialisschwäche links; c1 PSA wenige Tage nach Beckenkammtransplantation,Drahtbogen-Schienen noch in situ, beachte: Schraubenfixation der Knorpel-Knochen-Manschette am Dorsalende des Transplantats; d bis f Ge-sichtskonturen bei Wiedervorstellung mit 21 Jahren; g bis i 3-D-CTs zur Evaluation der Knochendefizienzen und des Defekts im Kiefergelenks-bereich; k und l STL-Modell nach Umstellung/Reposition des Unterkiefers und extendierter TMJ-TJR;m Endoprothesen-Komponenten intraoperativnach Schraubenfixierung; n Zügelung mit Goretex-Streifen als Schutz vor Luxation des Kiefergelenkkopfs; o bis q 3-D-CTs und PSA 6 Tage post OP(MMF-Schrauben noch in situ); r und s weitgehend symmetrische Gesichtskonturen und Weichgewebevolumenverhältnisse im Alter von 25 Jahren(weitere Einzelheiten s. Fallbeschreibung im Text).

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Fall 2 – Kontinuierlicher Verlust desUnterkiefers im Korpus/Ramusbereichbeidseits einschließlich der Kiefergelenke– SAPHO-Syndrom?

Nach langer Vorgeschichte und Behand-lungspause suchte eine 59-jährige Pa-tientin die Klinik wieder auf. Bis auf einanteriores Teilstück in der Symphysebzw. Kinnregion (Abb. 7a) hatte sie imLaufe von 20 Jahren alle übrigen anato-mischen Untereinheiten der Mandibulaim Rahmen einer progredienten Osteo-lyse verloren. Das ursächliche Krank-heitsgeschehen war immer wieder an-ders interpretiert worden – zuerst alsakute Osteomyelitis, da die ersten Symp-tome in Form von Schmerzen, periman-dibulärer Schwellung und Sensibilitäts-störungen im Anschluss an die Entfer-nung des unteren Weisheitszahns rechts(48) aufgetreten waren. Nach mehrerenDekortikationen, weiteren Zahnextrak-tionen und fortschreitenden Osteolysewurde aufgrund der histologischen Be-funde eine unifokale Langerhans-Histio-zystose vermutet. In späterer Gesamt-schau und nach weiteren feingewebli-chen Untersuchungen wurde darauseine chronisch progrediente Osteomye-litis. Der lokoregionale Prozess mit derOsteolyse hatte zwischenzeitlich beideUnterkieferhälften erfasst, wobei zuerstdas Kiefergelenk rechts, später auch linksvon der Auflösung betroffen war.

Alle bisherigen Behandlungsversuchewaren vergeblich gewesen.

Hauptbeschwerde bei der Wiedervor-stellung war nicht etwa der Verlust derKaufunktion, sondern die Verlegung deroberen Atemwege mit Apnoen beimSchlafen in Rückenlage. Aus diesemGrunde hatte die Patientin ihre Nächtewährend der letzten Jahre aufrecht sit-zend in einem Stuhl zugebracht und im-mer nur kurze Schlafphasen gefunden.Da sie unfähig war, Nahrungsbestandtei-le oral zu zerkleinern, nahm sie nur nochFlüssigkeiten und Speisen in Breiform zusich. Eine nennenswerte Sprechstörungwar nicht feststellbar.

Klinisch imponierte ein weit zurücklie-gendesUntergesichtmit in allenRichtun-gen mobiler Kinnpartie, eine weit nachhinten gesunkene Zunge, die mit demRest der Kieferspange manuell nach vorngezogen werden konnte, und eine aktiveingeschränkte Kieferöffnung.

Im Vorfeld der Operationsplanung wur-de in der interdisziplinären Reevalution

von Vorgeschichte, Krankheitsverlauf,histologischen und laborchemisch-im-munologischen (z.B. HLA B-27-) Befun-den retrospektiv die Verdachtsdiagnoseeines SAPHO-Syndroms gestellt. DieseAkronym setzt sich aus den Initialen derHauptsymptome einer seltenen osteo-artikulären Krankheitsentität zusam-men: Synovitis, Akne, palmoplantarePustulose, Hyperostose und Osteitis. Diegenaue Ätiologie ist unbekannt, wahr-scheinlich spielen gleichermaßen gene-tische, infektiöse und immunologischeKomponenten eine Rolle. Die Hautmani-festationen stehen lange im Vorder-grund, die Akne befällt überwiegendden Gesichts- und Nackenbereich, derUnterkiefer soll in ca. 10% der Fälle inForm einer Hyperostose mit Ankylosie-rung oder von Osteoysen betroffen sein.Diagnostische Schwierigkeiten ergebensich daraus, dass die Symptome häufigasynchron auftreten. Im Falle unsererPatientin wurde eine Hyperostose derSternoklavikulargelenke und rezidivie-rend auftretende psoriasiforme palmo-plantare Pustulose erst im Nachhineinin die diagnostischen Überlegungen ein-bezogen [36–39]. Die Behandlung vonSAPHO ist symptomatisch, eine kurativeTherapie gibt es bisher nicht. Bei Kiefer-gelenksankylosen mit Öffnungsein-schränkung im Gefolge von SAPHO wirdvermutlich schneller mit chirurgischenMaßnahmen reagiert [37,39] als im Falleiner Osteolyse.

Die Gründe, die fehlenden Unterkiefer-einheiten in unserem Fall mit einer zu-sammenhängenden [40] oder 2 separa-ten extendierten Endoprothesen zu re-konstruieren, waren 2-fach: die unbe-kannte möglicherweise systemischeÄtiologie der Osteolyse, die einen Kno-chentransfer unsicher und fragwürdigmachte sowie keine Optionen zur Ent-nahme von vaskularisierten Fibula-, Be-ckenkamm- oder Scapula-Transplanta-ten nach den Angiografiebefunden. Vor-gaben für die Planung des alloplas-tischen Unterkieferersatzes – bei Teilbe-zahnung ausschließlich am STL-Modelldurchgeführt – waren der Erhalt desRestunterkiefers anterior und dessen In-tegration in das Metallkonstrukt zum Er-satz der Mandibulaanteile nach poste-rior. Bei der Positionierung dieses sym-physealen Restknochenstücks mussteein Kompromiss gefunden werden. Zumeinen musste es weit vorne eingestelltwerden, um die Zunge und das Hyoidüber ihre Muskelinsertionen an diesemKnochen wieder in eine möglichst phy-siologische Position zu bringen und die

Atemwegsobstruktion im velopharyn-gealen Übergang zu beseitigen. Im Ge-gensatz dazu war eine sehr weite Vor-verlagerung mit der großen Gefahr ver-bunden, den Weichgewebemantel durchein entsprechend langgestrecktes Im-plantat zu überdehnen und eine Exposi-tion zur Mundhöhle und/oder durch dieHautoberfläche zu riskieren.

Damals wurde in Ermangelung einerVorhersage der Veränderungen im obe-ren Atemwegsbereich durch computer-assistierte Simulation (heute erscheintdas näherungsweise möglich – [41]) dieoptimale Position schließlich durch Vor-ziehen des Knochenstücks in Rückenlagean der Patientin ermittelt und auf dasSTL-Modell übertragen (Abb. 7b und c).

Während sich das Standarddesign derFossakomponenten beibehalten ließ, be-deutete die Konstruktion der Mandibu-lakomponente Neuland. Da mit einerweiteren Progredienz der Osteolyse ge-rechnet werden musste, war es nahelie-gend, eine durchgehende Titan-Neo-mandibula zu gestalten, damit für alleFälle ein stabiler In-toto-Bogen mitResuspensierungsmöglichkeit („frontalbumper“) für die Zungenmuskulatur zurVerfügung stehen würde (Abb. 7d bis g).Die Dimensionierung der Neomandibulaentsprach einem mäßig atrophen Unter-kiefer ohne scharfkantige Übergänge, siebesaß kleine Koronoidfortsätze zur Re-fixierungmit der Temporalismuskulatur.Die transversale Ausdehnung im Kiefer-winkelbereich wurde an den Styloidenorientiert. Nicht nur die Frontpartie,sondern auch die Korpusanteile bis indie Kieferwinkel wurdenmit Schrauben-löchern versehen, um ggf. später dochnoch Knochentransplantate fixieren zukönnen. Außerdem enthielten die Sei-tenflächen basal und kranial mit Fortset-zung entlang des Ramushinter- und-vorderrands je eine Reihe kleinerer Lö-cher in der Absicht, die Masseter/Ptery-goideus-Schlinge und die Weichgewebedes Mundbodens (M. mylohyoideus) da-ran zu fixieren. Zur Oberflächenvergrö-ßerung wurden posterior auf den Innen-flächen des Titanunterkiefers kleinehalbkugelige Höcker („Dots“) auf-gebracht (Abb. 7h). Von Anfang an warklar, dass die alloplastische Neomandi-bula nicht zur kaufunktionellen Rehabil-tation geeignet sein würde. Mit schleim-hautgetragenen Prothesen auf den Titan-elementen würden Ulcera und das Frei-legen der Metalloberflächen drohen.Zum operativen Einbau der Neomandi-bula und der Fossae diente ein umlau-

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fender submandibulärer Zugang vonKieferwinkel zu Kieferwinkel in Kombi-nation mit einer präaurikulär-tempora-len Eröffnung beidseits. Der symphy-seale Knochenrest wurde von basal undentlang der Vorderfläche freigelegt(Abb. 7 i). Da Knochenoberflächen fehl-ten, entlang derer die Tunnelverbindun-gen zu den präaurikulär temporalenWundkavitäten präpariert werdenkonnten, wurden die Alveolaris-infe-rior-Gefäß-Nervenbündel als Leitstruk-turen benutzt. Jeweils im Mentalisbe-reich beginnend wurde lateral des neu-rovaskulären Bündels eine Route bis indie Infratemporalgrube geöffnet; die Ge-webebrücke mit dem Fazialishaupt-stamm/-geflecht konnte dabei nach late-ral abgedrängt werden. Im Anschluss andie Insertion der Fossakomponenten(Abb. 7 j und k) wurde die Neomandibulaeingepasst und die masseterico-ptery-goidalen Weichgewebe adaptiert(Abb. 7 l). Eine Befestigung der Tempora-lismuskeln glückte nicht. Sodann wurdedas symphyseale Restknochenstück ma-nuell nach vorne gezogen, an die Rück-fläche des frontalen Neomandibula-bogens angelagert und mit mehrerenSchrauben fixiert (Abb. 7m). Schließlichwurden die Mm. mylohyoidei seitlichvernäht und die Wunden schichtweiseverschlossen. Im postoperativen Verlaufgab es keine besonderen Vorkomnisse.In der Nacht nach der Extubation am2. Tag post OP schlief die Patienten erst-mals seit Jahren wieder in Rückenlage,ohne Atemwegsverlegung und ohne Un-terbrechungen. CT-morphologisch be-stätigte sich die planmäßige Position al-ler Neomandibulakomponenten sowiedes anterioren Unterkieferrests (Abb. 7nbis p) mit Resuspension der supra- bzw.infrahyoidalen Muskulatur und des Hyo-ids (Abb. 7q). In wiederholten Pano-ramaschichtaufnahmen findet sich er-freulicherweise bisher kein Hinweis aufeine fortschreitende Resorption des Un-terkieferrests (Abb. 7r). Mittlerweileliegt die Operation mehr als 5 Jahre zu-rück. Verglichen mit dem zurückliegen-den Untergesicht im Ausgangsbefund(Abb. 7s) ist das seitliche Gesichtsprofil

jetzt harmonisch und gerade (Abb. 7tund u). Die Patientin hat normale Atem-und Schluckfunktion, die Kieferöffnungbeträgt interinzisal ca. 31mm und er-folgt ohne Deviationen nach lateral(Abb. 7v); Protusionsbewegungen sindnur angedeutet möglich. Ein Fremdkör-pergefühl durch die Neomandibula wirdnicht angegeben. Zu einer Exposition derMetalloberflächen ist es bisher nicht ge-kommen.

Kinematik nach TMJ-TJRs-Endoprothesen

Die Funktionsabläufe des Unterkiefersnach ein- oder beidseitigem alloplas-tischem Kiefergelenkersatz sind bishernicht profund analysiert worden. DieUntersuchungen beschränken sich aufinterinzisale Messungen ohne tiefereEinblicke in die Kinematik des Gelenks[42]. Mit der dynamischen Stereometrielassen sich anatomischeDatenausder to-mografischer Bildgebung (MRT, CT, DVT)mit der kinematischen Information auseinem optoelektronischen „Jaw“-Tra-ckingsystemkombinierenund inCompu-tersimulationen überlagern [43].Mit die-ser Technik kann die Bewegung freiwählbarer Punkte des Unterkiefers (Posi-tion, Geschwindigkeit und Beschleuni-gung) in einem zuvor definierten karte-sischen Koordinatensystem betrachtetwerden. Auf dieseWeise kann in vivo dieKinematik des lateralen Gelenkkopf-Polseiner TMJ-TJR im Vergleich zum Bewe-gungsmuster im kontralateralen natürli-chen Gelenk analysiert werden (Abb. 8).Wie nicht anders zu erwarten differierendie Bewegungspfade (Trajektorien) derlateralen Pole bei unilateralem TMJ-TJRerheblich. Bei Öffnungs- resp. Schließ-bewegungen des Unterkiefers (Abb. 8aund b) findet am Kopf der Endoprothesevorwiegend eine Drehbewegung miteiner nur minimalen Translationskom-ponente statt. Die natürliche Gelenkwal-ze beschreibt hingegen die typische ini-tiale Rotation, die in eine langstreckigeS-förmige Translationsbewegung in derSagittalebene übergeht. Bei derUnterkie-ferprotrusion ist der Bewegungsspiel-raum der TMJ-TJR in dorsoventraler und

kraniokaudaler Richtung noch geringerals bei der Öffnung (Abb. 8c). Die Bewe-gungseinschränkungen in der TMJ TJRkommen in einer kontinuierlichenDevia-tiondesUnterkiefers nach ipsilateral zumAusdruck. Die kinematischen Bindungenmit reduzierten Freiheitsgraden für denartifiziellen Gelenkkopf sind durch dieKonstruktionseigenschaften desUHMWPe-Gehäuses der Fossakom-ponente bedingt. Weitere Ursachen sindin der verändertenWeichgewebemecha-nik u.a. durch das Stripping der Insertiondes M. pterygoideus lateralis zu suchen[42,44]. Bei bilateralem alloplastischenGelenkersatz kann der Unterkiefer zwarweitgehend gerade geöffnet werden, diemaximale Interinzisaldistanz, ebensowie Protrusionsmöglichkeiten sind je-doch noch enger limitiert als nach Inser-tion eines unilateralen TMJ-TJR [45].

n TMJ-TJRs können keine Normalfunktionwiederherstellen. Bei der Bewertung desBenefits für den Patientenmuss vielmehrdie Funktionsverbesserung in Bezug zurvorbestehenden Pathologie (Dysfunk-tion; Destruktion, Defekt) im Vorder-grund stehen [46,47].

Infektionen nach alloplastischemKiefergelenkersatz

Postoperative Infektionen sind ein po-tenzielles Risiko nach einem alloplas-tischen Kiefergelenkersatz und stellenden Erfolg wesentlich infrage. In derweltweit vermutlich umfangreichstenKohorte von 316 Patienten mit 579 TMJConcepts Kiefergelenkendoprothesenwar die Infektionsrate bei 2,5% (bzw.1,6% bezogen auf die Zahl der Endopro-thesen) angesiedelt [26]. Nach Angabender 3 führenden TMJ-TJR-Herstellerfir-men bewegt sich die Infektionsrateebenfalls zwischen 1,3 und 1,6%.

Grundsätzlich sind akute von chro-nischen Infektionen zu unterscheiden.

Zu Frühinfekten kommt es unmittelbarpostoperativ bzw. innerhalb von 3–4Wochen. Spätinfekte treten in Zeiträu-

Abb. 7a bis v TMJ-TJR beidseits – Neomandibula mit Fossakomponenten bei fortgeschrittener Osteolyse – a PSA: Symphyseales bzw. Kinn-Rest-stück des Unterkiefers nach 20-jährigem Krankheitsverlauf; b und c bei Planung am STL-Modell wird die Sollposition des anterioren Restunterkie-fers mit zahnärztlichem Abdruckmaterial eingefroren; d bis g Design der Neomandibula, kurze Processus coronoidei, die nicht bis auf das Jochbo-genniveau reichen; h Innenseite der Neomandibula mit Schraubenlöchern, Perforationen und „Dots“; i weite Exposition vom anterioren Unterkie-ferrest bis in die Nähe der leeren Gelenkgruben; j und k Sitz der Gelenkköpfe in den Fossakomponenten; l Ansicht der über die submandibuläreRoute eingesetzten Neomandibula; über die Tunnelierung der Weichgewebe reichen die Kondylarfortsätze in die Fossae; m Schraubenfixierungdes nach vorne und oben gezogenen Kinn-Reststücks am vorderen Bogen der Neomandibula; n 3-D-CTs 1Woche postoperativ; q mediansagittaleCT-Ebene – Hyoid angeschnitten, über suprahyoidale Muskelzüge nach vorne/oben aufgehängt, weit offener velopharyngealer Übergang; r PSA imVerlauf 3 Jahre postoperativ; s Gesichtsprofil lateral präoperativ; t Gesichtsprofil lateral und frontal 5 Jahre postoperativ; v Kieferöffnung auf31mm eingeschränkt; weitere Einzelheiten s. Fallbeschreibung im Text.

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men von mehr als 4–6 Wochen nach derImplantation der Endoprothese auf. DieUrsachen für eine Infektion einer TMJ-TJR-Endoprothese können in lokalen,perioperativen und systemischen Fak-toren begründet sein. Eine bakterielleKontamination mit Ausbildung einesBiofilms kann schon intraoperativ (un-zureichende Sterilität, Kommunikationmit der Mundhöhle, Speichel, Nasense-kret, Perforation des Gehörgangs) auf-treten, sich später aus lokalen Quellen(Mundhöhle, Parodontitis, Nase, äußererGehörgang, Haaransatz, Haut) oderhämatogen (Lunge, Urogenitaltrakt) ent-wickeln. Das Risiko erhöht sich durch he-rabgesetzte Gewebequalität, Voropera-tionen, verminderte Vaskularisation,Diabetes, ein geschwächtes Immunsys-tem, Tabak- und Alkoholkonsum,Steroidmedikation, Immunsuppressiva,Fettleibigkeit und so weiter.

Mikrobielle Biofilme gelten als entschei-dende Quelle für die Entstehung vonFremdmaterial- bzw. implantatassoziier-ten Infektionen. Im Unterschied zu Ein-zelbakterien in freier Suspension(„planktonisches Wachstum“) sind diepolybakteriellen Mikrokolonien in einerMehrschichtmatrix aus polymeren Sub-stanzen (extrazelluläre Polysaccharide)und Hydrogelen eingebettet und fürAntibiotika kaum zugänglich. Häufig be-teiligte Erreger im Multi-Spezies-Biofilmsind Staphylococcus aureus und epider-midis als auch Pseudomonas aeruginosa[48–50]. Die Antibiotikaresistenz derBakterien im Biofilm kann um bis zu 3Zehner-Potenzen höher liegen als implanktonischen Zustand. Zudem funk-tionieren die systemischen Abwehr-mechanismen nicht, da die Entzün-dungsreaktion nur gering ausgeprägt istund Antikörper nicht in der Lage sind,den Biofilm zu penetrieren [51].

n Nur das physikalische Aufbrechen unddie Entfernung der Biofilme durch ex-tensives mechanisches Débridementund Wundspüllösungen bietet die Chan-ce, die Wirkung von Antibiotika effekti-ver zu machen und die Kunstgelenkeggf. belassen zu können [52].

Die Behandlungsprotokolle bei Infektio-nen von Kunstgelenken verlangen daherein aggressives Vorgehen. Die eingangsgenannte Kohortenstudie [26] nennt fol-gende Erfolg versprechende Konzepte:

Bei akuten Infekten wird eine kalkulierteBreitspektrumantibitotikumtherapie be-gonnen und bis zum Erhalt von Punk-

tions-/Abstrichergebnissen weiterge-führt. Eine chirurgische Reinterventionmuss frühzeitig, vorzugsweise innerhalbvon 5 Tagen nach Einsetzen der Sympto-matik erfolgen. Zur Biofilmeliminationwird ein sorgfältiges Débridement allerOberflächen durch intensives Abschrub-ben mit einer sterilen Zahnbürste undSpülung mit Povidon-Iod-(PVP‑Iod-)Lö-sung (Betaisodona®) durchgeführt. Da-mit auch die Strukturen medial und dor-sal der Fossa und des Gelenkschafts/-kopfs erreicht werden können, muss derGelenkkopf temporär luxiert werden.Danach werden 2 Spülkatheter und einPenrose-Drain inseriert (Abb. 9) und dieWunde schichtweise verschlossen. Im 4-Stunden-Takt werden dann während 4–5 Tagen über das geschlossene Katheter-system Spülungen mit antibiotikahalti-gen Lösungen vorgenommen. Nach Vor-liegen von Kulturergebnissen und Anti-biogrammwird eine gezielte i. v. Antibio-tikatherapie über einen peripher geleg-ten (z.B. Armvenen), zentralen Venen-katheter (ZVK) gegeben, die auch nachEntlassung für weitere 4–6Wochen fort-gesetzt wird. Eine „second look“-OP bei

klinisch infektfreien Verhältnissen undder Transfer vaskularisierten Gewebes(z.B. temporoparietaler Faszienlappen)werden zwar nicht beschrieben, sindaber insbesondere bei extendiertenTMJ-TJRs sinnvolle Überlegungen.

Chronische Infekte haben eine schlei-chende Symptomatik. Die Patientenwer-den mit entzündlichen Lokalbefundenund Fistelbildungen im Bereich desäußeren Ohres, submandibulär oder imintermaxillären Mundschleimhautbe-zirk wieder vorstellig [53]. Ohne auf dieLockerung der Endoprothesenkom-ponenten (ja/nein) und etwaige Behand-lungsalternativen einzugehen, wird zurInfektsanierung kompromisslos zumAusbau der Implantate mit extensivemDébridement, Entfernung von Granula-tionsgewebe und Platzierung eines Ka-theterspülsystems geraten [26]. Das An-tibiotikatherapie-Regime wird identischgehandhabt wie bei akuten Infekten. BeiKonsolidierung und Infektfreiheit kannfrühestens nach 8–10 Wochen ein neuesTMJ TJR implantiert werden. Die Endo-prothese wird dann mit einem freien au-

Abb. 8a bis c Dynamische Stereometrie bei unilateralem Kiefergelenkersatz mit einer TMJ-TJR-Endoprothese rechts – a Schrägansicht des Unterkiefer-Öffnungs-/Schließ-Zyklus, Bewegungs-pfade der lateralen Gelenkpole und des Interinzisalpunkts in rot; b Frontalansicht, kontinuier-liche Deviation des Unterkiefers zur Seite des TMJ TJR angezeigt durch die Bewegungsbahn desInterinzisalpunkts. Ursache: kinematische Bindung des artifiziellen Gelenkkopfs; c Schrägansichtbei Protrusion: punktuelle Bewegung im TMJ TJR vs. Abwärts- und Vorwärts-Bewegungsbahn imnatürlichen Gelenk (modifiziert nach [42]). Weitere Einzelheiten s. Text.

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tologen Fetttransplantat von abdominalumgeben [54,55].

Diskussion, Zusammenfassungund Fazit

Mitden Fortschrittender 3-D-CAD/CAM-Technologie, der computerassistiertenChirurgie und der Entwicklung biokom-patibler Implantationsmaterialien habendie Sicherheit und das Indikationsspek-trum für den alloplastischen Kieferge-lenkersatz zugenommen. Trotzdem sindimmer noch einige Diskussionspunkteoffen sowohl für TMJ-TJR-Endoprothe-sen, die auf die Temporomandibularre-gion limitiert sind, als auch für in dieJochbogen/Jochbeinregion und/oder Un-terkiefer extendierte Varianten.

Grundsätzlich sind autologe Rekonstruk-tionsverfahren gegenüber einem allo-plastischen TMJ-TJR zu diskutieren [56].

n Das traditionelle Verfahren für einenlokal limitierten Kiefergelenkersatz istdas nicht vaskularisierte kostochondraleTransplantat. Im direkten Vergleich miteinem alloplastischen Ersatz erfordernkostochondrale Transplantate höhereReoperationsraten (Saeed et al. 2002)[57] bei höherer Komplikationshäufig-keit [58]. Wegen starker Rezidivneigungnach Anwendung im Anschluss an Anky-loseresektionen wird in dieser Indikationzu Zurückhaltung geraten [9].

Neben der kostochondralen Ersatzplas-tik sind zeitweise auch Distraktionsver-fahren en vogue gewesen, z.B. in Formvon Sliding-Osteotomien [6] bzw. einerTransportosteogenese [7] des Ramushin-terrands nach kranial in die Fossa.

Als Optionen zum Kondylusersatz miteinem revaskularisierten Gewebetrans-fer sind das 2. Metarsophalangealgelenk[59] oder nach umfangreicheren Unter-kieferteilresektionen mit einer Exartiku-lation v.a. Fibula Flaps beschrieben [60],in letzterer Situation auch myoossäreFlaps vom lateralen Skapularand. DasEnde des Fibulasegments für den Ra-mus/Kiefergelenkersatz wird üblicher-weise abgerundet und in die Fossa gle-noidalis eingesetzt. Insbesondere beiausgedehnten Ersatzplastiken in Grö-ßenordnung der Hemimandibula odermehr ist diese Position jedoch nicht im-mer stabil, und der Neokondylus nimmtwechselnde Stellungen zwischen Ge-lenkgrube und vor der Eminenz ein [61–63]. Abhilfe, bis eine narbige Fixierungeintritt, lässt sich durch eine Aufhän-gung des Gelenkkopfs mit kräftigem

nicht resorbierbaren Nahtmaterial amDiskus oder in der Temporalismuskula-tur schaffen. Mehr Berechenbarkeit füreine eindeutige Kondylusposition undeine reproduzierbare (wenn auch limi-tierte) Gelenkkinematik bringt die Kom-bination von revaskularisiertem Kno-chentransfer und eines alloplastischenTMJ TJRs [64,65]. Solche Kombinationensind in der Planung und in der operativtechnischen Ausführung äußerst auf-wendig und aufgrund ihrer Komplexitätvermutlich fehleranfälliger als exten-dierte TMJ TJRs. Zur autologen Rekon-struktion eines vollständigen Unterkie-fers kann es sogar notwendig werden,beide Fibulae zu entnehmen [66]. Imhier gezeigten Fall 2 bestand aufgrundder Gefäßsituation keine Alternative zurVersorgung mit einer alloplastischenNeomandibula.

Auch zur Notwendigkeit, TMJ TJRs län-gerfristig nur zusammen mit einer Fos-sakomponente zu verwenden, gibt esGegenstimmen [67]. In einer Follow-up-Studie mit einer mittleren Nachbeobach-tungszeit von 7,8 Jahren fand sich in 131Fällen, die nach Exartikulationen wegeneines Tumors oder Traumas eine Rekon-struktionsplatte mit einem Metallkon-dylus erhalten hatten, nur in 1 Fall eineArrosion des äußeren Gehörgangs. Eswird jedoch betont, dass der Kondylusgegen den intakten Diskus oder gegen

ein autologes (Temporalisfaszie, Sterno-cleidomastoideussehne) bzw. allogenes(Dura, Knorpel) Interface gesetzt wurde.Ein merklicher Vorteil individualisierterbzw. patientenspezifischer Implantatesind die technisch nahezu unbegrenztenMöglichkeiten zur Erweiterung und An-passung an über die Gelenkregion hi-naus bestehende Defekte. Patienten mitGelenkfortsatzdefekten bei HFMwurdenin den ersten Erfolgsberichten über ex-tendierte TMJ-TJRs genannt [1,9,68],wobei auf die anatomiegerechten 3-di-mensionalen Rekonstruktionsmöglich-keiten hingewiesen wurde.

Voraussetzung zur erfolgreichen Inser-tion extendierter TMJ-TJR-Implantate istein gut vaskularisierter Weichgewebe-mantel mit ausreichender Resilienz.Eventuell muss der Implantation ein Ge-webetransfer vorausgehen oder sie mussdavon begleitet werden. Nach einer Be-strahlungstherapie ist eine TMJ-TJR-In-sertion kritisch einzuschätzen und äu-ßerste Zurückhaltung geboten.

Das Fehlen einer Masseter-Pterygoid-Schlinge, z.B. bei Entwicklungsdefizitenwie HFM oder nach Tumorresektionen,bringt gelegentlich das Problem von Lu-xationen des Metallgelenkkopfs aus derFossa mit sich. Als Antwort darauf wurdevon Herstellerseite das dorsale Schilddes UHMWPe-Einsatzes des TMJ Con-

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Abb. 9 Platzierung von 2 Spülkathetern und eines Penrose-Drains bei akuten Infektionen nachTMJ-TJR-Insertion – über separate Stichinzisionen präaurikulär wird ein Katheter auf der Lateral-fläche der Unterkiefer-Ramus und der Schaftkomponente (A) eingeführt, der 2. Katheter auf derMedialseite (B) auf Höhe der artikulierenden Oberflächen von Gelenkkopf und UHMWPe-Gehäu-se. Zum Ablauf der Spülflüssigkeit wird ein Penrose-Drain (C) von submandibulär auf der Lateral-fläche des Ramus eingelegt (modifiziert nach Wolford et al. 2010 [26]).

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cepts TJR verlängert und ist jetzt Stan-dard. Zudem ist eine operative Zügelungsinnvoll, die man heute anstelle vonGoretex –wie in Fall 1 –mit einem Strei-fen azellulärer dermaler Matrix oder Fas-cia lata vornehmen würde.

Eine weitere, seit Kurzem eingeführteModifikation an der Schaftkomponentedes TMJ Concepts TJR besteht in einerÖffnung direkt unterhalb des Gelenk-kopfs in Anlehnung an die Fovea ptery-goidea. Dieses Loch vereinfacht die ver-tikale Zügelung, in geeigneten Fällenkann auch der M. pterygoideus lateralisdarin readaptiert werden.

Theoretisch erhöht sich mit zunehmen-der Länge der Schaft bzw. Mandibula-komponente extendierter TMJ-TJRs dasRisiko für Instabilitäten, Materialver-sagen und Ermüdungsfrakturen. Tat-sächlich wird die Dimensionierung derindividualisierten Bauelemente so aus-gelegt, dass sieweit über dem nicht bieg-baren Abschnitt von Preformed Unter-kieferrekonstruktionsplatten liegt, dersich nach bisherigen Erkenntnissen alsäußerst resistent gegen Frakturen erwie-sen hat [69].

Nach histologischen Untersuchungen zuurteilen, kommt es auch langfristig nichtzum Abrieb und daher in der Umgebungder artikulierenden Metallgelenkköpfeund der UHMWPe-Fossae nicht zuFremdkörperreaktionen [70].

Abschließend bleibt festzuhalten – um-fangreiche Primär- [71] und Sekundärre-konstruktionen des Unterkiefers, oderder Jochbogen/Jochbeinregion könnennach computerassistierter Planung undHerstellung als extendierte patienten-spezifische („patient fitting“) alloplas-tische Implantate zusammen mit einemKiefergelenkersatz (TMJ-TJR) erfolgreichintegriert werden. Wie die Literatur[72–74] und die beiden hier gezeigtenPatientenbeispiele demonstrieren, sinddabei verlässliche Langzeitergebnisse zuerwarten.

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OP-JOURNAL 2/2013

Carl-Peter Cornelius et al.: Kombination von Kiefergelenkersatz und Rekonstruktionen in der Unterkieferkorpusregion

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Page 16: Kombination von Kiefergelenkersatz und Rekonstruk- tionen ...€¦ · TMJ-Concepts-Prothesen attestiert den individualisierten Devices Überlegenheit nach subjektiven (Schmerzreduktion)

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Prof. Dr. med. Dr. med. dent.Carl-Peter CorneliusOberarzt der KlinikProf. Dr. med. Dr. med. dent.Michael EhrenfeldDirektor der KlinikDr. med. Dr. med. dent. Gerson MastLeitender Oberarzt der Klinik

Klinik und Poliklinik für Mund-,Kiefer- und GesichtschirurgieKlinikum der Universität MünchenLudwig-Maximilians-UniversitätMünchenLindwurmstr. 2a80337 München

[email protected]

Prof. Anders Westermark, MD , DDSConsultant

OMFS/CMFS SurgeryÅland Central HospitalAX 22111 MariehamnÅlandFinland

Priv.-Doz. Dr. med. Dr. med. dent.Oliver Driemel

Praxis für Mund-Kiefer-GesichtschirurgieSteinburgsgang 226789 Leer (Ostfriesland)

Priv.-Doz. Dr. med. Dr. med. dent.Christoph LeiggenerOberarzt

Klinik für Mund-, Kiefer- undGesichtschirugieUniversitätsspital BaselSpitalstr. 14031 BaselSchweiz

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