Kompass 100 ee

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Kompass für die Entwicklung nachhaltiger 100%-Erneuerbare-Energie-Regionen N S W E Orientierungspunkte • Erfolgsfaktoren • Beispiele Gefördert durch:

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Kompassfür die Entwicklung nachhaltiger

100%-Erneuerbare-Energie-Regionen

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Orientierungspunkte • Erfolgsfaktoren • Beispiele

Gefördert durch:

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Impressum

Herausgeber:Kompetenznetzwerk DezentraleEnergietechnologienStändeplatz 15D-34117 KasselTelefon: 0561 / 788 096-10www.deenet.org

Text / Redaktion:Steffen Benz LL.M., Ivonne Bonn B.A., Dipl.-Verw. Wiss. Kathrin Müller

Layout:Caroline Enders

Bildnachweis:Die Landschaftsfotografien wurden zur Verfügung gestellt von Armin Enders und Steffen Benz.

Druck:Werbedruck GmbH Horst Schreckhase

Papier: 100% Recyclingpapier Envirotop

© deENet, Kassel 2010

Durchgeführt von: Gefördert durch: Fachlich begleitet von: Medienpartner:

Diese Broschüre entstand im Rahmen des Projektes: Entwicklungsperspektiven für nachhaltige 100%-Erneuerbare-Energie-Regionen in Deutschland

www.100-ee.de

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Seite 2 WOFÜR IST DIESER KOMPASS HILFREICH?

Seite 4 AUSGANGSPUNKTE, ZIELE UND STRATEGIEN

Seite 6 ENTWICKLUNGSPROZESSE

Seite 8 ERFOLGSFAKTOREN Seite 8 1. Mobilisierung und Aktivierung Seite 10 2. Orientierung Seite 12 3. Zielentwicklung Seite 14 4. Institutionalisierung und Koordinierung Seite 16 5. Kommunikation und Bewusstseinsschärfung Seite 18 6. Überregionale Vernetzung und KooperationSeite 19 7. Evaluation und Monitoring Seite 20 LITERATUREMPFEHLUNGEN

Seite 21 INTERNETADRESSEN

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Inhalt

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Was können Regionen, was können Landkreise und Kommunen tun, um ihre Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen? Dieser Kompass beschreibt Orientierungspunkte, Erfolgsfaktoren und Beispiele und soll engagierten Menschen in Politik, Verwal-tung und Unternehmen Orientierungshilfen bieten. Er stützt sich auf Ergebnisse des vom Bundesumweltministerium geförderten Projekts „Entwicklungsperspektiven für nachhaltige 100%-Erneu-erbare-Energie-Regionen in Deutschland“. Das Projekt wird vom Kompetenznetzwerk Dezentrale Energietechnologien (deENet) und der Universität Kassel durchgeführt.

Handeln auf regionaler EbeneDie Herausforderungen des Klima- und Ressourcenschutzes sind global und so müssen natürlich auf multinationaler und nationaler Ebene die entsprechenden politischen Rahmensetzungen erfolgen. Bei der praktischen Umsetzung eines klima- und ressourcenscho-nenden Energiesystems rücken aber vor allem die kommunale und regionale Ebene und bürgerschaftliches Engagement in den Vordergrund. Denn auf dem Weg zu einer möglichst vollständigen Versorgung mit erneuerbaren Energien sowie der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen ist das regionale Handeln von ent-scheidender Bedeutung.

Erneuerbare Energien haben eine niedrige Energiedichte, können jedoch verbrauchernah, das heißt dezentral eingesetzt werden. Auch die Kommunikation und der Aufbau von Vertrauen zwischen den Akteuren fallen auf kommunaler und regionaler Ebene leichter. Auf der wirtschaftlichen Ebene gibt der Umbau des Energiesystems gerade in ländlichen Regionen und bislang wirtschaftsschwachen Kommunen Impulse. Und schließlich machen innovative Projekte, an denen sich viele beteiligen können, eine Region attraktiv. Sie können einen Beitrag dazu leisten, Menschen in den Regionen zu halten und Neubürger für die Regionen zu gewinnen.

Dass eine nachhaltige Energiepolitik gerade auf regionaler Ebene erfolgreich sein kann, zeigt das Beispiel politischer Zielvereinba-rungen: Der internationalen Gemeinschaft ist es bisher noch nicht gelungen, sich auf ambitionierte Ziele zu einigen. Dagegen haben sich schon viele Kommunen und Regionen das Ziel gesetzt, ihre Energieversorgung nachhaltig und vollständig auf erneuerbare Ener-gien umzustellen. Und in vielen Fällen konnten konkrete und ambi-tionierte Ziele schon erreicht werden. Damit sind gerade regionale Initiativen Schrittmacher einer Entwicklung, die auf internationaler Ebene noch aussteht.

Die Umstellung des Energiesystems erfordert ambitionierte Ziele und entschiedenes Handeln auf allen Ebenen. Vor allem Aktivitäten auf regionaler Ebene sind dabei unerlässlich. Zugleich bieten sie den Regionen wirtschaftliche Entwick-lungschancen.

An wen richtet sich der Kompass?Der Kompass richtet sich an kommunale und regionale Akteure, die sich im Rahmen der regionalen Entwicklung für ein nachhal-tiges Energiesystem engagieren wollen: von Multiplikatoren und Verantwortlichen aus dem Bereich der Verwaltung und Politik über Initiativen von Bürgern bis hin zu Energieversorgern und anderen Unternehmen. In erster Linie werden diejenigen angesprochen, die sich noch am Anfang des Entwicklungsprozesses befinden. Sie können mithilfe des Kompasses herausfinden, welche Strategien für ihre Region geeignet sind.

Wozu dient dieser Kompass?Da sich die Regionen in unterschiedlichen Ausgangspositionen befinden, sind allgemeingültige Handlungsempfehlungen nur ein-geschränkt möglich und es sollten individuelle Wege zu 100%-Erneuerbaren-Energien (100%-EE) gefunden werden. Andererseits zeigen erfolgreiche Projekte, dass es allgemeine Strategien und übertragbare Erfolgsfaktoren für die Entwicklung einer nachhaltigen

Wofür ist dieser Kompass hilfreich?

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100%-EE-Region gibt. Diese übertragbaren Orientierungspunkte, Erfolgsfaktoren und Beispiele stehen im Mittelpunkt dieses Kom-passes. Es werden Rahmenbedingungen aufgezeigt, unter denen die Ziele einer regionalen Energiewende einfacher erreicht werden können. Die einfache Analyse der dokumentierten Erfolgsfaktoren kann jedoch keine ausgearbeiteten Handlungsleitfäden oder regi-onale Energie- und Klimaschutzkonzepte ersetzen.

Ziel dieses Kompasses ist es, regionalen Akteuren Orien-tierung, Motivation und Mut für die Entwicklung von 100%-EE-Regionen zu geben. Der „richtige Weg“ zu einem nach-haltigen Energiesystem muss für jede Region individuell gestaltet werden. Einige Faktoren sind jedoch übertragbar und für die erfolgreiche Entwicklung einer nachhaltigen 100%-EE-Region förderlich.

Der Kompass ist ein Ergebnis des Projektes „Entwicklungsper-spektiven für nachhaltige 100%-Erneuerbare-Energie-Regionen in Deutschland“.

Bisher sind folgende Publikationen des Projekts erschienen:Schriftliche Befragung von Erneuerbare-Energie-Regionen in DeutschlandPostersammelband „Wege in eine erneuerbare Zukunft“Diskussionspapier zur Erfassung regionaler Wertschöpfung in 100%-EE-Regionen

Bis Ende des Jahres werden weitere Publikationen zu folgenden Themen herausgegeben:

Kommunale EnergiekonzepteFallstudien zur regionalen WertschöpfungBioenergie in 100%-EE-Regionen100%-EE-Regionen in Deutschland – Ein Überblick auf Länderebene“

Das Projekt „Entwicklungsperspektiven für nachhaltige 100%-Erneuerbare-Energie-Regionen in Deutschland“:

Immer mehr Regionen und Kommunen in Deutschland setzen sich das Ziel, ihre Energieversorgung vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen. Um diese Regionen zu untersuchen und strategisch zu begleiten, wurde das Projekt ins Leben gerufen. Es wird vom Kompetenznetzwerk Dezentrale Energietechnologien (deENet) und der Universität Kassel durchgeführt und vom Bundesumweltministerium gefördert. Eine wesentliche Aufgabe des Projektes besteht im Transfer wissenschaftlicher Erkennt-nisse und Praxiserfahrungen. Neben einer Bestandsaufnahme regionaler Aktivitäten auf dem Weg zu 100%-Erneuerbaren-Energien stehen die Darstellung und Analyse von Wegmarken, Erfolgsfaktoren und Best-Practice-Beispielen im Mittelpunkt der Arbeit. Darüber hinaus werden regionale Akteure bundesweit durch Kommunikations-, Transfer- und Vernetzungsleistungen unterstützt. Langfristig soll ein Netzwerk von 100%-EE-Regionen geschaffen werden, in dem ein reger Austausch stattfindet und Kooperationen zwischen einzelnen Regionen, Initiativen und Akteuren möglich sind. Über Hinweise und Anregungen zu neuen Entwicklungen in Ihrer Region freut sich das „100%-EE-Regionen“-Projektteam.

Weitere Informationen unter: www.100-ee.de

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Das Leitbild einer nachhaltigen 100%-EE-RegionDie nachhaltige 100%-EE-Region ist ein Leitbild, das von den Re-gionen und Kommunen anvisiert werden kann. Es beschreibt im Wesentlichen ein nachhaltiges Energiesystem aus regionaler Per-spektive und bezieht dabei gleichzeitig andere zukunftsrelevante Bereiche mit ein. Folgende Aspekte stehen im Zentrum des Leitbildes:

Der Energieverbrauch soll durch Einsparungen und die effizientere Nutzung von Energie auf rund die Hälfte des Wertes aus dem Jahre 1990 reduziert werden.Die Energie soll vollständig aus erneuerbaren Energien gewonnen werden unter vollständiger Nutzung der regionalen, nachhaltig erschließbaren Energiepotenziale.Die Energiebereitstellung soll weitgehend durch regionale Akteure und regionale erneuerbare Energiequellen (regionale Wertschöpfung) erfolgen.Die Energiebereitstellung soll umwelt-, klima- und gesundheitsverträglich sein. Die Energiebereitstellung soll wirtschaftlich und sozialverträglich sein.

Welche Entwicklungsstrategien sind sinnvoll?Bei der Entwicklung eines nachhaltigen Energiesystems sollten drei Fragen beantwortet werden:

1. Wie können wir Energie effizient nutzen?2. Wie können wir ressourcenschonend und naturverträglich Energie bereitstellen?3. Wie können wir Lebensstile und Konsummuster verändern?

Drei Basis-Strategien sollen helfen, Lösungen für diese Fragen zu finden: die Effizienzstrategie, die Konsistenzstrategie und die Suffi-zienzstrategie. Ein nachhaltiges Energiesystem kann aus regionaler und globaler Sicht nur durch die Kombination aller drei Strategien vollständig erreicht werden.

So unterschiedlich die einzelnen Regionen, Landkreise und Kom-munen sind, so unterschiedlich sind auch ihre Wege zu einer nach-haltigen Energieversorgung. Es lässt sich jedoch beschreiben, wie weit eine Region bereits vorangeschritten ist, was eine nachhalti-ge 100%-EE-Region auszeichnet und welche allgemeinen Strate-gien zur Zielerreichung verfolgt werden sollten.

Der Entwicklungstand in den Regionen Viele Regionen in Deutschland machen sich bereits auf den Weg, ihre Energieversorgung umzustellen. Dabei soll eine nachhaltige Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energieträger die heute noch dominierende fossile und nukleare Energieversorgung mittel- bis langfristig ersetzen. Besonders beim Ausbau der Stromerzeu-gung mithilfe erneuerbarer Energieträger haben viele Regionen schon große Fortschritte erzielt. In den Bereichen Wärmegewin-nung und Mobilität sowie bei der Verminderung des Energiever-brauchs sind die meisten Regionen und Kommunen dagegen noch weit von einem nachhaltigen Energiesystem entfernt.

Ausgangspunkte, Ziele und Strategien

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1. Effiziente Nutzung der Energie (Effizienzstrategie)Ziel der Effizienzstrategie ist es, mit möglichst geringem Energie-einsatz Bedürfnisse zu befriedigen sowie Dienstleistungen und die Produktion von Gütern zu ermöglichen. Effizienz bedeutet demnach also eine größere Wirkung mit weniger Energieeinsatz. In allen Sektoren gibt es riesige Effizienzpotenziale. Die Effizienzstrategie setzt an dem Prinzip der Produktivitätssteigerung an. Sie kann Innovationen hervorbringen und Wachstum bewirken. Vor allem durch neue technische Entwicklungen und organisatorische Maß-nahmen lassen sich Effizienzsteigerungen erreichen.

„Wir können uns auf die Erneuerbaren Energien und andere Energieträger nur verlassen, wenn wir gleich-zeitig Energie wesentlich effizienter nutzen als heute.“ IHK Ostfriesland und Papenburg

2. Ressourcenschonende und naturverträgliche Bereitstellung der Energie (Konsistenzstrategie)Die Konsistenzstrategie verfolgt das Ziel, mit der notwendigen Energie ressourcenschonenden und naturverträglichen Wohlstand herzustellen. Energieträger und andere Rohstoffe sollen demnach genutzt werden, ohne dabei die Umwelt- und Ökosysteme in ihrer Funktion zu zerstören. Entsprechend der Konsistenzstrategie sollten fossile und nukleare Ressourcen vermieden und durch un-erschöpfliche, erneuerbare Energieträger ersetzt werden. Diese sollten durch Planung, Organisation und Prozessentwicklung im Einklang mit den vorhandenen Naturgütern erschlossen werden.

3. Veränderung von Lebensstilen und Konsummustern (Suffizienz-strategie)Diese Strategie zielt darauf ab, den absoluten Energieverbrauch und damit auch den Verbrauch von Produkten und Dienstleistun-gen auf ein verantwortbares Maß zu reduzieren. Der Verbrauch sollte so nachhaltig sein, dass er innerhalb einer Generation und generationsübergreifend vertretbar ist. Lebensstile müssten somit nach dem Motto „Weniger ist oftmals mehr“ verändert werden. Die aktuelle energieintensive Lebens- und Wirtschaftsweise kann selbstverständlich nicht allein durch die Umstellung auf erneuerbare Energien und Effizienzsteigerungen nachhaltig gestaltet werden. Für die Umsetzung einer Suffizienzstrategie sind in erster Linie Bewusstseins- und Verhaltensänderungen notwendig.

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Wie lässt sich die Entwicklung einer 100%-EE-Region gestalten?Die Entwicklung von nachhaltigen 100%-EE-Regionen wird sich vermutlich nicht in einem Prozess chronologisch aufeinander fol-gender Phasen vollziehen. Vielmehr werden einzelne Prozessschritte vielleicht mehrfach durchlaufen, andere Schritte vielleicht zunächst übersprungen und erst zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.

Idealtypisch beginnt ein regionaler Prozess mit einer Leitbildent-wicklung und der Akteursmobilisierung, daraufhin folgt eine Ana-lyse, in welcher der Ist-Zustand der Region ermittelt wird. Daran anschließend werden Ziele festgelegt, dann Maßnahmen (Projekte) entwickelt und umgesetzt, bevor abschließend eine Evaluation stattfindet. Dies sind die oft beschriebenen Schritte eines ideali-sierten Entwicklungsprozesses.

Was ist mit „Entwicklung einer nachhaltigen 100%-EE-Region“ gemeint?Ist im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien von „Entwick-lung“ die Rede, so sind damit oft sehr unterschiedliche Dinge gemeint. Das beginnt bei einzelnen Projekten und Maßnahmen – wie zum Beispiel der Errichtung eines Windparks, der Realisierung eines Nahwärmenetzes oder der Durchführung eines Stromspar-wettbewerbs für private Haushalte. Manchmal bezieht sich das, was mit „Entwicklung“ gemeint ist, auf die Erstellung und Umset-zung von Energie- und Klimaschutzkonzepten, die den Ist-Zustand, Ziele, Potenziale und Maßnahmenvorschläge enthalten und eine strategische Grundlage für weitreichende Klimaschutzaktivitäten sind.

In diesem Kompass soll ein erweiterter Entwicklungsansatz vor-gestellt werden, der eine umfassende Überführung der gegen-wärtigen Energieversorgung zu nachhaltigen 100%-EE-Regionen einschließlich der damit verbundenen gesellschaftlichen, tech-nischen und wirtschaftlichen Veränderungen beschreibt. Dieser Prozess wird sich über Jahrzehnte erstrecken und sich auf fast alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche auswirken. Dementsprechend setzt sich dieser Prozess aus vielen unterschiedlichen Innovationen zusammen – von denen viele zu Beginn des Prozesses auch noch gar nicht absehbar sind.

Entwicklungsprozesse

„Die Energiewende gelingt nur, wenn wir auf lokaler Ebene in einen nachhaltigen Innovationsprozess eintreten. Um die Chancen, die damit verbunden sind, optimal zu nutzen, werden wir diesen Prozess gemeinsam mit unseren engagierten Bürgern vorantreiben!“ Bürgermeister von Wolfhagen

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Betrachtet man jedoch einzelne Prozesse in Kommunen im Detail, so stellt man schnell deutliche Abweichungen fest.

Denn sowohl für die Verabschiedung eines Leitbildes als auch für die Mobilisierung von Akteuren ist es erfahrungsgemäß wichtig, dass bereits beispielhafte Projekte umgesetzt und diese auch breit kommuniziert wurden. Auch die Festlegung von Zielen sollte nicht statisch erfolgen, da sie während des gesamten Entwick-lungsprozesses weiterentwickelt und an die Evaluationsergebnis-se angepasst werden sollten. Schließlich sollten auch bestehende Institutionen und Netzwerke für die Entwicklung von 100%-EE-Regionen inhaltlich und strukturell erweitert werden.

Insgesamt hat sich gezeigt, dass alle als idealtypisch genannten Entwicklungsschritte für sich betrachtet wichtig sind; sie folgen aber meist nicht chronologisch aufeinander und sie können auch nicht immer nacheinander abgeschlossen werden. Vielmehr scheint es wichtig, dass bestimmte Entwicklungsphasen besser parallel durchlaufen werden sollten. So kann die Mobilisierung von Ak-teuren, die Entwicklung von konkreten Zielen, die Analyse des Ist-Zustandes, die Planung von Projekten und Programmen sowie die Realisierung von technischen Anlagen durchaus parallel erfolgen.

Dieses Vorgehen widerspricht womöglich bewährten Projektma-nagementstrategien. Das parallele Vorgehen ermöglicht aber, dass sich die unterschiedlichen Aktivitäten gegenseitig begünstigen, oder sorgt dafür, dass notwendige Voraussetzungen geschaffen werden. Für die Analyse der Ist-Situation müssen zum Beispiel Informati-onen und Daten von verschiedenen Akteuren zusammengetragen werden. Dies bringt oftmals auch eine Mobilisierung zusätzlicher Akteure mit sich. Außerdem sind regelmäßige Evaluationen eine wichtige Grundlage für die Kommunikationsarbeit und die Weiter-entwicklung von Maßnahmen und Konzepten. Andererseits besteht die Gefahr, dass Projekte umgesetzt oder in Gang gesetzt werden,

die später nicht mehr zu dann weiterentwickelten Maßnahmen-plänen passen. Wenn zum Beispiel ein Nahwärmenetz realisiert wird, kann dieses bei einer späteren energetischen Sanierung der angeschlossenen Gebäude unwirtschaftlich werden. Daher sollten zunächst Maßnahmen favorisiert werden, die eventuellen Zielan-passungen nicht im Wege stehen.

Die Entwicklung eines Königsweges zu einer nachhaltigen 100%-EE-Region ist allerdings nicht möglich. Dies liegt zum einen an dem äußerst umfassenden und komplexen Gesamtentwicklungsprozess, der sich nicht in einzelne, kontinuierliche Entwicklungsschritte auf-gliedern lässt. Zum anderen liegt es an den grundverschiedenen Ausgangssituationen (Startbedingungen) der Regionen.

Eine allgemeingültige Beschreibung des Entwicklungspro-zesses zu einer nachhaltigen 100%-EE-Region ist nicht mög-lich. Allerdings können Erfolgsfaktoren für die Entwicklung einer nachhaltigen 100%-EE-Region aufgezeigt werden.

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Für die Entwicklung einer nachhaltigen 100%-EE-Region müssen die richtigen Wege gefunden werden. Damit dies gelingt, ist es wichtig, das richtige Ziel zu fokussieren und die entsprechende Richtung einzuschlagen.

Ebenso wichtig wie das Beschreiten des richtigen Weges ist die Auswahl und der Einsatz geeigneter Antriebe und Vehikel, die das Reisetempo entscheidend beeinflussen.

Die Dynamik des Prozesses hängt wesentlich von derartigen Be-schleunigungsfaktoren ab. Diese führen zwar nicht unmittelbar zu einer Veränderung des regionalen Energiesystems, sie sind aber die Voraussetzungen und Impulse für die Umsetzung vieler not-wendiger Maßnahmen und Projekte.

Im Folgenden werden sieben wesentliche, als allgemeingültig an-zusehende Erfolgsfaktoren für die Entwicklung einer nachhaltigen 100%-EE-Region beleuchtet. Diese Erfolgsfaktoren dürfen nicht mit Entwicklungsschritten gleichgesetzt werden. Sie lassen sich weder bestimmten Entwicklungsphasen noch bestimmten Tech-nologien oder Energiesektoren zuordnen. Es geht dabei vielmehr um Faktoren, die – ganz gleich, in welcher Entwicklungsphase sich eine Region befindet – stets von großer Bedeutung für einen erfolgreichen Entwicklungsprozess sind.

Die Auswahl, Analyse und Bewertung der folgenden Erfolgsfak-toren beruhen zum einen auf Erfahrungen, die bei der Begleitung und Unterstützung von Regionen im 100%-EE-Regionen-Projekt gesammelt wurden, und zum anderen auf Literaturstudien.

Erfolgsfaktoren

1. Mobilisierung und Aktivierung 2. Orientierung3. Zielentwicklung 4. Institutionalisierung und Koordinierung5. Kommunikation und Bewusstseinsschärfung6. Überregionale Vernetzung und Kooperation7. Evaluation und Monitoring

1. Mobilisierung und Aktivierung

Das Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung kann nur erreicht werden, wenn sich viele Akteure möglichst früh mit auf den Weg begeben.

Die Mobilisierung und Beteiligung der Akteure ist eine zentrale Aufgabe, die sich durch den gesamten Prozess hindurchzieht. Dabei sollte ein möglichst breites Akteursspektrum berücksichtigt werden: Akteure, die den Prozess tragen, organisieren und lenken, Akteure, die Ideen entwerfen und umsetzen, sowie Akteure, die diese weitertragen in Vereine, Parteien und andere Organisationen.

Die Initiative für eine Umstellung der Energieversorgung auf 100% erneuerbare Energie kann von unterschiedlichen Akteursgruppen ausgehen. Oftmals geben private Initiativen oder Wirtschafts-akteure den Anstoß. In anderen Fällen sind die Verwaltung oder die Politik für den ersten Impuls verantwortlich. Allerdings können weder eine einzelne Akteursgruppe noch einzelne Personen alleine das Ziel einer nachhaltigen 100%-EE-Region erreichen.

Es ist demnach weniger wichtig, von wem die Aktivitäten einer Energiewende ausgehen. Entscheidend ist, dass diese möglichst schnell von vielen Akteuren gewollt ist und unterstützt wird.

Die Schlüsselakteure kommen meist aus Verwaltung, Politik, Ver-einen und Bürgerinitiativen, Forschungseinrichtungen, Wirtschaft,

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Verwaltung

Unternehmen

Banken

Forschungseinrichtungen

Einzelne BürgerInnen

Politik

Vereine und Bürgerinitiativen Verbände

Handwerker

Land- und Forstwirtschaft

Energieversorger wie z.B. Stadtwerke

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BEISPIEL

Hameln-Pyrmont: Klimaschutzaktivitäten durch Ein-beziehung vieler AkteureIm Landkreis Hameln-Pyrmont arbeitet eine Vielzahl von Akteu-ren daran, dass der Landkreis energieautark wird. Ein engagierter „Kümmerer“ sorgt dafür, dass das Thema auf der politischen Agenda bleibt, mobilisiert verschiedene Akteure und informiert z. B. in regelmäßigen Newslettern über die aktuelle Situation im Landkreis. Die Stadtwerke Hameln sind in Kommunalbesitz und engagieren sich für den Klima- und Umweltschutz in der Region.

Nach dem politischen Beschluss zur CO2-Neutralität des Land-kreises wurde vom Bundesumweltministerium im Jahr 2009 eine Unterstützung für die Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes und einer Potenzialstudie bewilligt. Durch öffentliche Veranstal-tungen und Arbeitsgruppen wurden interessierte Akteure ein-geladen, an dem Konzept mitzuwirken und den Prozess in der Region zu beeinflussen. Auch durch den Wettbewerb „Bioener-gieregionen“ werden Akteure durch zusätzliche Gelder bei der Weiterentwicklung des Landkreises hin zu einer vollständigen Versorgung mit erneuerbaren Energien eingebunden.

Weitere Informationen: www.hameln-pyrmont.de

„Alle Kräfte aus Wirtschaft, Verwaltung und Bevölkerung zu bündeln und in eine Richtung zu lenken ist entscheidend. Das ist auch das Ziel der Gemeinden.“ Landrat des Landkreises Amberg-Sulzbach

Energieversorger, Land- und Forstwirtschaft, Handwerk und Banken. Letztlich müssen auf dem Weg zur nachhaltigen 100%-EE-Region aber möglichst viele Bürger diesen Prozess als ihren begreifen.

Die Entwicklung eines nachhaltigen Energiesystems ist als Quer-schnittsaufgabe zu sehen, die verschiedene Bereiche und somit die ganze Bevölkerung betrifft. Energie spielt nicht nur dann eine Rolle, wenn der Stecker in die Steckdose gesteckt oder die Hei-zung anstellt wird. Auch die Versorgung mit Lebensmitteln, die Mobilität, der Konsum von Verbrauchsgütern, letztlich nahezu alle Lebensbereiche sind mehr oder weniger energierelevant.

Die Aktivierung verschiedener Akteure für den Prozess führt dazu, dass diese jeweils ihre unterschiedlichen Interessen, Vorstellun-gen und vor allem auch Kompetenzen einbringen können. Durch die Einbindung eines breiten Akteursspektrums können potenzielle Interessenkonflikte und Widerstände frühzeitig diskutiert und ge-löst werden.

Für die Mobilisierung von möglichst vielen Menschen ist es wich-tig, viele Menschen zu informieren und zu motivieren. Hierfür sind allgemein verständliche und gut kommunizierbare Ziele als Identifikationsbasis förderlich. Auch eine Institutionalisierung in Form eines Vereins oder einer Agentur kann die Mobilisierung von Akteuren unterstützen.

Je mehr Akteure den Prozess unterstützen, umso eher lassen sich zögerliche und skeptische Menschen für eine Unterstützung aktivieren.

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Wer sich auf den Weg zu einem bestimmten Ziel machen will, muss zunächst wissen, wo er sich befindet. Daher ist es wichtig, den aktuellen Standort zu bestimmen. Aber es bedarf auch einer Orientierung darüber, welche Wege zur Zielerreichung möglich und erfolgversprechend erscheinen.

Für die erfolgreiche Gestaltung des Weges zu einer regionalen Energieversorgung aus erneuerbaren Energien müssen die Aus-gangsbedingungen klar sein und möglichst umfassende Informa-tionen vorliegen. Hierfür bietet sich die Durchführung einer Ist-Analyse an, in der die folgenden Informationen zusammengetragen werden:

Struktur der gegenwärtigen EnergiebereitstellungStruktur des gegenwärtigen Energieverbrauchs Potenziale zur Verminderung des Energieverbrauchsregionale Potenziale zur nachhaltigen Nutzung erneuerbarer Energieträgerregionale Wirtschaftsstrukturen regionale Akteure sowie deren Interessen und Kompetenzen

Eine Ist-Analyse ist eine wesentliche Voraussetzung für die Benen-nung von Zielen, vorrangigen Aufgaben und die Definition von Handlungsfeldern. Darüber hinaus dienen die Erhebungsinstrumente und die ermittelten Daten und Informationen auch als Grundlage für die Evaluation eines sich anschließenden Entwicklungspro-zesses. Schließlich liefert die Ist-Analyse eine wichtige Basis für die Öffentlichkeitsarbeit.

„Einige Städte und Gemeinde haben andere Voraussetzungen. Sie haben nicht so viele Flächen und Potenziale für die Nutzung der Windkraft. Wir sehen uns daher in der Verantwortung, mehr zu machen als andere Kommunen.“ Bürgermeister aus dem Landkreis Alzey-Land

2. Orientierung

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Je nach verfügbaren finanziellen Ressourcen können nicht alle der oben genannten Analysefelder oder nicht alle in voller Tiefe unter-sucht werden. Gerade im Hinblick auf die meist begrenzten finan-ziellen Möglichkeiten ist es wichtig, ein angemessenes Maß für die Ist-Analyse zu finden. Oftmals werden sämtliche Ressourcen für das Sammeln von Informationen und Daten eingesetzt und andere, ebenso wichtige Handlungsfelder vernachlässigt. In diesem Fall ist es sinnvoller, den Mut aufzubringen, einerseits Schwerpunkte zu setzen und andererseits Unschärfen und Lücken in Kauf zu nehmen oder bestimmte Untersuchungsaufgaben auf spätere Zeitpunkte zu verschieben.

Um den Aufwand für die Ermittlung der Daten möglichst gering zu halten, ist es ratsam zu klären, welche Informationen von unter-schiedlichen Einrichtungen schon gesammelt wurden und ob und wie diese zur Verfügung gestellt werden können.

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Zur Struktur der regionalen Energieversorgung und zum Strom- bzw. Gasverbrauch liegen die Daten in der Regel bei den Energieversorgern bzw. den Netzbetreibern vor.Wenn es darum geht, Angaben zu privaten oder öffentlichen Gebäuden zu erfassen, können Schornsteinfeger und Hand-werkskammern möglicherweise Informationen liefern. Da Anlagen zur Bereitstellung erneuerbarer Wärme meist unter Inanspruchnahme von Fördermitteln realisiert wurden, können auch Statistiken des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), das für die Abwicklung der Förder-mittelvergabe zuständig ist, Aufschluss über die erneuerbare Wärmeerzeugung vor Ort geben.

Schon bei der Ermittlung solcher Daten können viele Bürger einge-bunden werden, bereits hier kann eine Mobilisierung von Akteuren stattfinden.

Die Erhebung und Bewertung von Entwicklungsmöglichkeiten und -potenzialen sollte mit Weitblick erfolgen. Vieles, was heute noch unmöglich erscheint, kann morgen schon selbstverständlich sein. Dies bedeutet beispielsweise, dass sich Windenergiepotenziale nicht nur auf die in bestehenden Regionalplänen festgehaltenen Vorrangflächen beschränken sollten. Wer sich Ziele setzt, die bis zum Jahr 2030 erreicht werden sollen, sollte davon ausgehen, dass der aktuelle Regionalplan bis dahin bestimmt noch mehrfach geändert wird.

Wichtig ist außerdem, dass die ermittelten Potenziale zielgrup-penspezifisch aufbereitet und kommuniziert werden. Und zwar am besten so, dass es für den Einzelnen möglichst einfach ist, das Potenzial erneuerbarer Energie zu erkennen und zu nutzen.

BEISPIEL Potenzialanalyse für Photovoltaik- und thermische SolaranlagenZur Erhebung und Darstellung der Potenziale aus solarer Strah-lungsenergie hat sich ein GIS-basiertes Analyseverfahren als ein erfolgreiches Instrument bewährt. Es werden Flugzeugscan-nerdaten und Grundrissdaten gewonnen und auf dieser Basis Form, Neigung, Ausrichtung und Verschattung von Dach- und Gebäudeflächen ermittelt. Mithilfe des Verfahrens lassen sich Standortanalysen für Photovoltaik- und thermische Solaranlagen durchführen. Dadurch wird das Sonnenenergiepotenzial des je-weiligen Gebietes berechnet, es werden optimale Standorte für Photovoltaik und thermische Solaranlagen gefunden und geeignete Dachflächen über ein Web-Geoinformationssystem dargestellt. Besonders effektiv ist das Verfahren vor allem, weil die Solarenergiepotenziale für jedermann einfach und anspre-chend im Internet verfügbar sind. Das Verfahren wurde mittler-weile in zahlreichen Kommunen und Regionen durchgeführt und hat zum Teil deutlich die Nutzung solarer Strahlungsenergie gesteigert.

Weitere Informationen: www.stadt-kassel.de/stadtplan/themen/solardachfinderwww.freiburg.de/servlet/PB/menu/1205038/index.htmlwww.rhein-sieg-solar.de

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Anders als ein Leitbild sind diese Zielkonzepte aufgrund ihres De-tailierungsgrades weniger gut für Kommunikationszwecke nutzbar. Ihre Funktion liegt vorrangig in der Strukturierung, Organisation und Evaluation des Entwicklungsprozesses sowie in der Motivation der Akteure. Zielkonzepte sollten im Gegensatz zu einem langfristigen Leitbild in regelmäßigen Zeitabständen aufgrund neuer Erfahrungen und Evaluationsergebnisse angepasst werden. Konkrete Ziele soll-ten gemeinschaftlich diskutiert und erarbeitet werden. Denn wer ein Ziel selbst mit aufgestellt hat, arbeitet motivierter an dessen Umsetzung.

Der Übergang von Zielkonzepten zu Energiekonzepten oder Mas-terplänen ist fließend, denn Energiekonzepte oder Masterpläne grenzen sich von Zielkonzepten lediglich durch einen höheren Detailierungsgrad ab. In diesen steht nicht mehr die Formulie-rung des Ziels im Vordergrund, sondern vor allem konkrete Ar-beitsschritte, Projekte, Programme und Verpflichtungen, welche die Entwicklung einer nachhaltigen 100%-EE-Region ausgestalten.

Um die Entwicklung von nachhaltigen 100%-EE-Regionen möglichst effektiv zu fördern, sollten idealerweise so-wohl ein langfristiges Leitbild als auch kurz- und mittel-fristige Zielkonzepte entwickelt und festgelegt werden.

Die Wirkung von Zielen kann auch von der Form abhängen, in der die Ziele festgehalten werden. Ein Beschluss des Kreistages oder eines Gemeinderates wirkt verbindlich und drückt gleichzeitig aus, wer die Ziele unterstützt. Politische Beschlüsse, wie zum Beispiel ein Leitbild mit einem Ziel bis zum Jahr 2030, sind relativ einfach zu verankern. Konkrete Zwischenziele, für deren Erreichung die finanziellen Mittel aufgeteilt werden sollten, dürfen jedoch nicht außer Acht gelassen werden.

3. Zielentwicklung

Für eine erfolgreiche Gestaltung des Weges zu einer nachhaltigen 100%-EE-Region ist es wichtig, sich über das Ziel der Reise zu verständigen und dieses stets im Blick zu behalten. Es müssen Ziele definiert, festgehalten und kommuniziert werden.

Im Wesentlichen kann zwischen einem langfristigen Leitbild und kurz- bis mittelfristigen Zielkonzepten, Energiekonzepten und Mas-terplänen unterschieden werden.

In einem Leitbild wird ein langfristiges Ziel des Entwicklungs-prozesses definiert, ohne dass dabei auf konkrete inhaltliche und zeitliche Aspekte der Umsetzungsstrategie eingegangen wird. Beispiele für solche Leitbilder sind: „100%-Erneuerbare-Energien“, „CO2-neutrale Energieversorgung“, „nachhaltige Energieversor-gung“ oder „Energieautarkie“.

Auf solche Ziele können sich unterschiedliche Akteure vergleichs-weise einfach einigen. Sie geben dem Entwicklungsprozess eine Überschrift, lassen sich gut kommunizieren und erfüllen viele wichtige Funktionen: Diese Leitbilder haben langfristigen Bestand, sodass darin enthaltene Ziele als langfristige Orientierung dienen, den regionalen Akteuren eine Identifikationsbasis bieten und damit eine motivierende Funktion haben. Für die Kommunalpolitik dient das Leitbild als langfristiger Rahmen, auf den sich viele weitere Politikentscheidungen beziehen lassen. Für den Verwaltungs- und Politikalltag ist ein 100%-Erneuerbare-Energie-Ziel ein wichtiges Argument und ein Merkposten.

Zielkonzepte unterscheiden sich von einem Leitbild vor allem da-durch, dass sie Ziele konkretisieren und zusätzlich auch den Weg zum Ziel formulieren. Es werden konkrete und messbare Zwischen-ziele, Strategieelemente und Maßnahmenpläne entwickelt. Auch konkrete Verpflichtungen von Akteursgruppen oder von einzelnen Akteuren können in Zielkonzepten enthalten sein.

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BEISPIELE Fürstenfeldbrucker EnergieresolutionEin Beispiel für ein Leitbild ist die Energieresolution des Landkrei-ses Fürstenfeldbruck aus dem Jahre 2000. Darin wurde das Ziel beschlossen, „den Landkreis bis zum Jahr 2030 vollständig mit erneuerbaren Energien zu versorgen“. Erreicht werden soll dies durch die Reduzierung des Energieverbrauchs, die nach-haltige heimische Ressourcennutzung und durch den Einsatz innovativer Technologien. Des Weiteren enthält die Resolution einen Appell an die Menschen im Landkreis, durch Kreativität und Kompetenzen Hilfe zu leisten.

Null-Emissions-Strategie des Landkreises BarnimDer Landkreis Barnim hat im Jahr 2008 einen Beschluss ge-fasst, der sowohl ein Leitbild als auch ein Zielkonzept beinhaltet: „Der Kreistag beschließt, den Landkreis Barnim durch die Um-setzung der Nullemissionsstrategie nachhaltig zu entwickeln. Handlungsgrundlage für die Umsetzung dieser Strategie ist der Masterplan Stoffstrommanagement Landkreis Barnim.“ Die Zie-le der Bundesregierung für das Jahr 2020 will der Landkreis schon bis 2011 erreichen. Darüber hinaus soll bis zum Jahr 2020 die Hälfte der benötigten Energie in den Bereichen Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Zur Er-mittlung der Potenziale wurde ein Masterplan zum Stoffstrom-management für den Landkreis erstellt. Im Beschluss werden auch die Haushaltsmittel beziffert, die für die Umsetzung der Nullemissionsstrategie benötigt werden.

Weitere Informationen: www.ziel21.dewww.barum-energie.de

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4. Institutionalisierung und Koordinierung

Der Weg zu einer vollständigen Versorgung mit erneuerbaren Ener-gien ist nicht nur mit Hindernissen gepflastert, sondern auch sehr lang. Um eine solche Wegstrecke zurücklegen zu können, ist es wichtig, stetig und strukturiert voranzugehen.

Das heißt: Kein Programm und kein Umsetzungsprojekt sollte enden, ohne dass möglichst schon die nächsten Schritte in die Wege geleitet wurden. Eine zentrale Strategie, den Entwicklungs-prozess am Laufen zu halten, ist es, diesen durch formelle und informelle Institutionen zu festigen. Beispiele für solche Institu t-ionen können sein: Vereine, Stiftungen, Arbeitskreise, Agenturen, aber auch Stammtische, Vortragsreihen und Energietage. Dabei ist es wichtig, diese Institutionen auch langfristig mit finanziellen Mitteln auszustatten.

Zu den institutionellen Bedingungen gehört auch die Entwicklung geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen. Gerade für Kommunen ergeben sich aus der Selbstverwaltungsgarantie wichtige Rege-lungskompetenzen für einen effektiven Klimaschutz auf kommunaler Ebene.

BEISPIEL Photovoltaikanlagen von den Maschinenringen In Baden-Württemberg haben sich 20 Maschinenringe zum gemeinsamen Einkauf von Photovoltaikanlagen zusammengeschlossen, um ihren Mitgliedern und Kunden hochwertige Anlagen mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis vermitteln zu können. Darüber hinaus bietet der Zusammenschluss kostenlose und unabhängige Beratung sowie kostengünstige Versicherungen und die Überwa-chung der Anlagen an. Durch diese Gemeinschaft konnten in den letzten Jahren über 2.500 Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von über 60 MW-Peak vermittelt werden. Dies zeigt beispielhaft, wie bestehende Institutionen den Prozess der Entwicklung von nachhaltigen 100%-EE-Regionen fördern können.

Weitere Informationen: www.mbr-sha.de

Durch die Bauleitplanung können zum Beispiel energiesparende kompakte Bauweisen, optimierte Abstandsverhältnisse sowie eine bestimmte Gebäudeausrichtung und Dachneigung vorgeschrieben werden. Im Rahmen der Flächennutzungsplanung können für grö-ßere Energieerzeugungsanlagen geeignete Ansiedlungsflächen ausgewiesen werden. Schließlich kann durch den Anschluss- und Benutzungszwang die Entwicklung von Nahwärmesystemen und somit die Versorgung bestimmter Stadtteile mit erneuerbarer Nahwärme ermöglicht werden.

Neben der Gründung neuer Institutionen ist es ebenso wichtig, bestehende Strukturen zu nutzen. Werden bestehende Organisa-tionen in den Energiewendeprozess eingebunden, kann der Prozess von deren Erfahrungen und dem aufgebauten Vertrauen profitieren; Zeit und Geld für die Gründung einer neuen Organisation können gespart werden.

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Der Weg zu 100%-Erneuerbaren-Energien erfordert eine Vielzahl unterschiedlicher Aktivitäten sowie das Engagement verschie-denster Akteure. Damit sich die einzelnen Akteure und Aktivitä-ten nicht im Wege stehen, sondern voneinander profitieren, ist es wichtig, dass der Entwicklungsprozess koordiniert und gebündelt wird.

Um eine nachhaltige 100%-EE-Region zu entwickeln, müssen viele verschiedene Gruppen an einem gemeinsamen Ziel arbei-ten. Umso mehr Menschen an der Entwicklung mitwirken, desto wichtiger ist eine Koordinierung der einzelnen Aktivitäten, die den gesamten Prozess voranbringen. Hierfür bedarf es einer dauerhaf-ten und leistungsstarken Koordinierungsstelle, die bei einem Ver-ein, einer Energieagentur oder der Verwaltung angesiedelt sein kann. Als entscheidend hat sich erwiesen, dass diese unabhängig von einzelnen Unternehmensinteressen oder von der Tagespolitik handeln kann.

Eine Koordinierungsstelle kann folgende Aufgaben übernehmen: Abstimmung und Bündelung der einzelnen Aktivitäten. Akquirierung von Fördermitteln. Es müssen Förderanträge zum Beispiel an die Europäische Union, Bundes- oder Lan-desministerien gestellt werden.Initiierung und Planung von Maßnahmen, Projekten und Programmen. Unter Umständen werden diese auch von ihr umgesetzt. Förderung der Bildung von Arbeitsgruppen für verschiedene Lebens-, Wirtschafts- und Energiebereiche. Förderung des Erfahrungs- und Informationsaustauschs innerhalb der Region und nach außen.

BEISPIEL Bürgerstiftung und Arbeitskreise der Energiewende OberlandEin gutes Beispiel für die Institutionalisierung und Koordination ist die „Energiewende Oberland“, deren Ziel es ist, die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach bis zum Jahr 2035 ener-gieautark zu machen. Es wurde eine Bürgerstiftung gegründet, um den Gedanken der Energiewende in Politik, Wirtschaft und privaten Haushalten zu verstärken. Die Stiftung fördert, unter-stützt und initiiert Projekte, betreibt eine umfassende Öffent-lichkeitsarbeit und wirkt integrierend. Mittlerweile sind fast alle Kommunen der beiden Landkreise, die Landkreise selbst sowie 86 Unternehmen und Privatpersonen zu Stiftern geworden. Sie unterstützen die Energiewende nicht nur finanziell, sondern auch ideell und durch persönlichen Einsatz.

Es wurden Arbeitskreise gebildet, die die Kompetenzen der Fachbereiche zu den Themen Energieeinsparung, nachwachsende Energie, Solarenergie oder Geothermie bündeln und Projekte initiieren, in denen mittlerweile über 60 Personen ehrenamtlich mitarbeiten.

Weitere Informationen: www.energiewende-oberland.de

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sollte publik gemacht und gefeiert werden. Darüber hinaus führt die Information über Projekte dazu, dass andere die Ideen auf-greifen und ähnliche Projekte umsetzen können, sodass sogar ein Schneeball-Effekt entstehen kann. In vielen Regionen sind Leuchtturmprojekte im Bereich der erneuerbaren Energien ent-standen. Diese können beispielsweise durch Führungen oder im Rahmen einer Serie in der regionalen Presse vorgestellt werden. Auch überregionale Veranstaltungen sollten genutzt werden, um regionale Erfolge bekannt zu machen.

Für die regionale, aber auch überregionale Kommunikation steht eine Vielzahl von Kommunikationsinstrumenten zur Verfügung. Um kostengünstig viele Personen, besonders auch breite Schichten der Bevölkerung zu erreichen, bietet sich der Einsatz elektronischer Kommunikationsmedien an. Neben regelmäßigen Newslettern oder Serien-E-Mails ist vor allem eine eigene Website hilfreich, auf der das Leitbild, die Aktivitäten, Veranstaltungen und aktuelle Entwicklungen aus der Region kommuniziert werden. Hier können beispielsweise bestehende Projekte in der Region vorgestellt, Kon-taktpersonen genannt oder sogar eine Art „Vernetzungsplattform“ in der Region geschaffen werden.

Voraussetzung für die Entwicklung einer nachhaltigen 100%-EE-Region sind gesellschaftliche Veränderungen, die vor allem durch eine verändertes Bewusstsein im Umgang mit Energie hervorgerufen werden.

Zweifelsfrei lassen sich aber nicht alle Bürger über elektronische Medien erreichen. Mit Blick auf das Ziel, möglichst viele Akteure aus unterschiedlichen Lebens- und Wirtschaftsbereichen anzu-sprechen, ist es wichtig, auch andere Kommunikationsmedien einzusetzen. Zum Beispiel können Broschüren und Flyer erstellt, Informationsveranstaltungen organisiert und Presseartikel verfasst werden. Darüber hinaus sollten zielgruppenspezifische Kommuni-kationskonzepte entwickelt werden. Ein bereits vielfach erfolgreich eingesetztes und deshalb sehr empfehlenswertes Instrument ist

5. Kommunikation und Bewusstseinsschärfung

Da sich für die Erneuerung des regionalen Energiesystems eine Vielzahl von Akteuren gemeinsam auf den Weg machen muss, ist die Kommunikation über Ziele, Strategien und Erfolge von elemen-tarer Bedeutung. Das Energiebewusstsein der Bürger ist auf dem Weg zu einer nachhaltigen 100%-EE-Region ein zentraler Faktor.

Zu einer erfolgreichen Prozessgestaltung gehört, dass die betrof-fenen Bürger in Entscheidungsprozesse eingebunden und daran beteiligt werden. Nur so kann die notwendige Unterstützung oder zumindest Akzeptanz erreicht werden. Das Bewusstsein für einen maßvollen Umgang mit Energie sollte durch gezielte Information und Beratung der Bürger geschärft und somit ein entscheidender Schritt in Richtung nachhaltige Energieversorgung getan werden.

Eine nachhaltige 100%-EE-Region kann nur gemeinsam mit den Bürgern einer Region entwickelt werden. Daher müssen diese über eine intensive Kommunikationsarbeit am gesamten Entwicklungsprozess beteiligt und über die Ziele, Strategien, Handlungsmöglichkeiten, Aktivitäten, Planungen, Erfolge und aktuelle Entwicklungen informiert werden.

Die Kommunikationsinhalte zum regionalen Ausbau von erneuerba-ren Energien müssen ein breites Spektrum von Inhalten abdecken. Eine möglichst breite Öffentlichkeit muss über das beschlossene Leitbild oder bestimmte Teilziele informiert werden. Die Kom-munikation sollte sich aber nicht auf die Vermittlung von Zielen beschränken, auch über die Aktivitäten in der Region sowie über Planungen für weitere Umsetzungsprojekte und über Handlungs-möglichkeiten und Potenziale sollte intensiv informiert werden. Gerade wenn neue Projekte initiiert und Konzepte erstellt werden, sollte dabei hervorgehoben werden, wie sich jeder Einzelne in den Prozess einbringen kann. Besonders wichtig ist die Kommunikation von Erfolgen. Jeder we-sentliche Schritt in Richtung einer nachhaltigen 100%-EE-Region

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die Initiierung von Wettbewerben und die Verleihung von Preisen. Dadurch kann in einem feierlichen Rahmen die Information über beispielhafte Projekte optimal mit der Motivation für weitere Pro-jekte verbunden werden.

Besonders erfolgversprechend für die Verbreitung entsprechender Inhalte sind vor allem auch bereits etablierte Kommunikationska-näle wie zum Beispiel regionale Veranstaltungen und lokale Ma-gazine von Sport- oder Musikvereinen.

Im weiteren Sinne gehören auch Bildungsmaßnahmen und Qua-lifizierungsangebote, die sich mit der Entwicklung eines nachhal-tigen Energiesystems beschäftigen, zum Bereich der Kommuni-kation. Das Angebot kann bei Kindern beginnen und bis zu einem umfangreichen Weiterbildungsangebot beispielsweise für Archi-tekten, Ingenieure und Handwerker reichen.

Ein optimales Anschauungsobjekt ist eine erneuerbare Energieer-zeugungsanlage in oder auf dem Schulgebäude. Auf einem großen Display können die Funktion und Leistung der Anlage abgebildet und damit Kinder und Jugendliche mit der Technik und der Nutzung erneuerbarer Energiequellen vertraut gemacht werden. So wird ihr Bewusstsein für die Erzeugung und den Verbrauch von Energie von klein auf geschärft.

Für Erwachsene können zu spezifischen Themen Konferenzen, Work-shops und Seminare angeboten werden, um theoretisches Wissen und praktische Erfahrungen weiterzugeben oder auszutauschen. Schließlich können Beratungsangebote für Verbraucher oder auch für Unternehmer diese in die Lage versetzen, viele kleine Maß-nahmen und Verhaltensänderungen umzusetzen, die in ihrer Ge-samtheit einen großen Beitrag leisten. Die Beratung sollte selbst-verständlich fachkompetent und neutral sein.

BEISPIEL Solarzentrum Mecklenburg-VorpommernIn der Region Lübow-Krassow bündelt das Solarzentrum Mecklenburg-Vorpommern beispielhaft Aktivitäten im Bereich erneuerbarer Energien und Energieeffizienz. Ein Handlungsschwerpunkt liegt auch auf der Öffentlichkeitsarbeit, Bildung und Beratung, um über die Erneuerung des Energiesystems zu informieren und Bewusstsein für die Erzeugung und Nutzung von Energie zu schaffen. Es werden Informationsveranstaltungen, Workshops und internationale Konferenzen zu diesem Thema organisiert. Ein Beispiel dafür ist eine Informationsoffensive unter dem Motto „Erlebnis-Show-Sonne-Energiesparen“, die anlässlich der 8. Internationalen Solarkonferenz Mecklenburg-Vorpommern gestartet wurde. Besonders herausgehoben wurde der Aspekt der regionalen Wertschöpfung, der mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien verbunden ist. Begleitend dazu gab es Projekte, Modelle, Spiele, Objekte, Lieder, Gedichte und Fotografien.

Schließlich werden auch Pilotvorhaben zu verschiedenen Themen wie etwa die Einführung von Solar- und Pflanzenölmotorbooten für den Klima- und Gewässerschutz durchgeführt und kommuniziert.

Weitere Informationen: www.solarzentrum-mv.de

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6. Überregionale Vernetzung und Kooperation

Es machen sich sehr viele Regionen und Kommunen auf den Weg zu einer umfassenden Energieversorgung aus erneuerbaren Energien. Was liegt also näher, als sich über die Gestaltung und strategische Bewältigung des Weges auszutauschen? Durch gegenseitige Un-terstützung und das Lernen von den Erfolgen und Fehlern anderer Initiativen können Sackgassen vermieden, aber auch Abkürzungen und leichtere Wegstrecken sichtbar werden. Manchmal können sogar bestimmte Wegstücke gemeinsam beschritten werden.

Ziele, Strategien, Erfahrungen, Erfolge, Probleme auf dem Weg zu einer nachhaltigen 100%-EE-Region sollten und können mit anderen Regionen und Kommunen ausgetauscht und diskutiert werden. Die Vernetzung trägt dazu bei, voneinander zu lernen, erfolgreich zu handeln und Fehler zu vermeiden. Idealerweise werden Lösungen wechselseitig ausgetauscht, sodass sich die Prozesse in den Re-

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Kooperation im Aller-Leine-Tal Im Aller-Leine-Tal haben sich acht Samtgemeinden zusammengeschlossen, um das Ziel einer nachhaltigen 100%-EE-Region gemeinsam zu verfolgen. Das Aller-Leine-Tal soll zur 100% EnergieRegion+ werden und damit mehr Energie produzieren, als in der Region selbst verbraucht wird. Um dieses Ziel möglichst effizient zu erreichen, arbeiten die Samtgemeinden auf unterschiedlichsten Ebenen und bei zahlreichen Projekten eng zusammen. Bereits in den Jahren 1996 bis 2001 wurde beispielsweise durch einen gemeinsamen Flächen-nutzungsplan von drei Samtgemeinden das BürgerWindrad „Alwine“ errichtet. Im Jahr 2007 haben vier Gemeinden gemeinsam ihre Straßenbeleuchtung auf Energiesparleuchten umgerüstet und sparen dadurch jährlich 206.000 kWh Strom. Schließlich haben 2009 alle acht Samtgemeinden gemeinsam und erfolgreich eine Förderung beantragt, mit der sie im Rahmen der Klimaschutzinitiative des BMU ein Klimaschutzteilkonzept erstellen konnten. Durch das Klimaschutzteilkonzept werden 92 öffentliche Gebäude energetisch saniert und umgerüstet, sodass deutlich weniger Wärme und Strom benötigt wird. Durch den Zusammenschluss werden vier Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern finanziell gefördert, die sonst aufgrund ihrer Größe keine Förderung erhalten hätten.

Weitere Informationen: www.alt-energieprojekt.haeuslingen.de

gionen gegenseitig beschleunigen können. Es gibt verschiedenste Erfahrungen, über die sich die Beteiligten auf Informationsveran-staltungen, in Workshops oder überregionalen Kongressen – wie zum Beispiel dem jährlichen bundesweiten Kongress „100%-Erneu-erbare-Energie-Regionen“ in Kassel – austauschen können.

Die interkommunale und -regionale Vernetzung dient allerdings nicht nur dem Erfahrungsaustausch. Sie ist auch eine wichtige Grundlage, um Konzepte und Planungen für überregionale Projekte abzustimmen.

Aus der Vernetzung von Regionen können auch Kooperationen erwachsen. Bestimmte Projekte und Vorhaben können von ein-zelnen Landkreisen und vor allem von Kommunen nicht alleine bewältigt werden.

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7. Evaluation und Monitoring

Um das Ziel einer nachhaltigen 100%-EE-Region zu erreichen, ge-nügt es nicht, einmalig eine bestimmte Richtung einzuschlagen und sich dann nicht weiter zu orientieren. Auf dem Weg müssen die Marschroute und das Tempo immer wieder kontrolliert und gegebenenfalls nachjustiert werden.

Erreichte Etappenziele oder Umorientierungen sollten offen kom-muniziert werden. Die erfolgreiche Entwicklung zu einer nachhal-tigen 100%-EE-Region hängt entscheidend von einer regelmäßigen Analyse und Bewertung ab. Als Grundlage für die Evaluation sollte in regelmäßigen Zeitabständen eine Bestandsaufnahme erfolgen, welche die Maßnahmen, Projekte und Ergebnisse des abgelaufe-nen Zeitraumes dokumentiert. Die Evaluation des Entwicklungspro-zesses hängt eng mit der Analyse des Ist-Zustandes zusammen. Es bietet sich an, die ursprüngliche Analyse des Ist-Zustandes immer wieder zu aktualisieren, um jeweils den aktuellen Entwicklungs-stand zu dokumentieren.

Die Evaluation wird durch klar definierte und messbare Ziele er-leichtert. Abstrakte Zielvorgaben dagegen lassen sich kaum über-prüfen und erschweren die Evaluation.

Die Entwicklung einer nachhaltigen 100%-EE-Region ist ein lan-ger, im Einzelnen noch nicht absehbarer Prozess, sodass Zwi-schenziele, Organisationsstrukturen und Strategien immer wieder überarbeitet und weiterentwickelt werden müssen. Hierfür bilden die aus einer fortlaufenden Evaluation gewonnenen Erkenntnisse die notwendige Grundlage. Außerdem sind die überprüften Zwi-schenziele unerlässlich für qualifizierte Rückmeldungen. Nur so kann gegenüber den betroffenen Akteuren Lob oder konstruktive Kritik geäußert werden, die sich positiv auf die Motivation aus-wirken. Schließlich werden durch die Evaluation in regelmäßigen Abständen Erfolge dokumentiert und solche Erfolge lassen sich wiederum gut kommunizieren.

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Literaturempfehlungen

Agentur für Erneuerbare Energien (Hrsg.) (2008): Erneuerbare-Energien-Projekte in Kommunen. Erfolgreiche Planung und UmsetzungBerlin.

Aretz, A. et al. (2009): Regionale Selbstversorgung mit Erneuerbaren Energien. Klimaschutz auf kommunaler Ebene umsetzen. Ökologisches Wirtschaften 4: 47-50.

deENet (Hrsg.) (2009): Wege in eine erneuerbare Zukunft – Posterdokumentation 100%-EE-Regionen Kassel.

deENet (Hrsg.) (2010): Leitfaden – Sieben Schritte auf dem Weg zur klimaneutralen KommuneKassel.

Droege, M. (Hrsg.) (2009): 100% Renewable: Energy Autonomy in ActionLondon.

Hobkins, R. (2008): Energiewende – Das Handbuch, Anleitung für zukunftsfähige LebensweisenFrankfurt a.M.

Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (Hrsg.) (2007): Erneuerbare Energien in Kommunen optimal nutzen – Denkanstöße für die PraxisBerlin.

Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH (Hrsg.) (2001): Handbuch für kommunale und regionale Energieplanung (Handbuch KREP 2000)Graz.

Kratz, Sabine (Hrsg.) (2007): Energie der Zukunft – Bausteine einer nachhaltigen EnergieversorgungMarburg.

Neges, B. und Schauer, K. (2007): Energieregionen der Zukunft – Erfolgreich vernetzen und entwickelnGraz.

Pielniok, Denise (2010): Energieautarkie in Sachsenin: Sachsenlandkurier 1/10, S. 18- 20.

Rat der Gemeinden und Regionen Europas (Hrsg.) (2006): Besserer Energieverbrauch. Besserer Klimaschutz. Besserer Mitteleinsatz – Ein Handbuch für lokale und regionale GebietskörperschaftenBrüssel.

Tischer, M.; Stöhr, M.; Lurz, M.; Karg, L. (2006): Auf dem Weg zur 100% Region. Handbuch für eine nachhaltige Energieversorgung von RegionenMünchen.

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Internetadressen

Forschungs- und Kommunikationsprojekt: „Entwicklungsperspektiven für nachhaltige 100%-Erneuerbare-Energie-Regionen in Deutschland“www.100-ee.de

Forschungsprojekt: „EE-Regionen – Sozialökologie der Selbstversorgung“www.ee-regionen.de

Kommunales Informationsportal: „kommunal erneuerbar“www.kommunal-erneuerbar.de

Bundesverband regionaler Solrainitiativen RegioSolarwww.regiosolar.de

Informationskampagne „100% erneuerbar“ www.100-prozent-erneuerbar.de

Bundeswettbewerb zum Aufbau regionaler Netzwerke „Bioenergie-Regionen“www.bioenergie-regionen.de

Förderprogramm: E-Energy – Modellregionen für ein IKT-basiertes Energiesystem der Zukunftwww.e-energie.info

Servicestelle zum Förderprogramm Klimaschutzinitiative des BMUwww.kommunaler-klimaschutz.de

KommEN – Kommunale Energie NRW Best-Practice-Datenbank von Kommunen für Kommunenwww.kommen.nrw.de

CLIMATE COMPASS – Wegweiser im Klimaschutz für Städte und Gemeindenwww.climate-compass.net

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Kompetenznetzwerk Dezentrale Energietechnologien

Ständeplatz 15D-34117 Kassel

Telefon: 0561 / 788 096-10www.deenet.org