Kompetenzanforderungen an UniversitätsabsolventInnen … · 2017. 8. 2. · MMag.a Dr.in Karin...
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MMag.a Dr.in Karin Gerlinde Sonnleitner, Bakk.a phil.
Kompetenzanforderungen an UniversitätsabsolventInnen
Herausforderungen an das Lebenslange Lernen
Mit einer empirischen Erhebung unter steirischen ArbeitgeberInnen
DISSERTATION
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktorin der Philosophie
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung
Betreuer
Em. Univ.-Prof. Dr. Werner Lenz
Karl-Franzens-Universität Graz
Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft/Erwachsenenbildung/Weiterbildung
Erstgutachter
Em.Univ.-Prof. Dr. Werner Lenz
Karl-Franzens-Universität Graz
Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft/Erwachsenenbildung/Weiterbildung
Zweitgutachterin
Univ.-Prof. Dr.in Elke Gruber
Karl-Franzens-Universität Graz
Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft/Erwachsenenbildung/Weiterbildung
Graz, Januar 2017
Für meine Großeltern
Dank
Mein herzlicher Dank gilt em. Univ.-Prof. Dr. Werner Lenz, der mich im Laufe des
Dissertationsprojekts beraten, mir Anstöße zur Problemlösung gegeben und vor allem
den Fortgang meiner Arbeit wesentlich gefördert hat.
Ebenfalls möchte ich Univ.-Doz.in Dr.in Gabriele Sorgo für die zahlreichen fachlichen
Diskussionen, Univ.-Prof.in Dr.in Elke Gruber für die Übernahme der Zweitbegutachtung
und Univ-Doz.in DDr.in Barbara Friehs als Mitglied des Prüfungssenats meinen Dank
aussprechen.
Mein eigener Berufseinstieg und meine bisherige Berufstätigkeit erlebe ich in einer
wertschätzenden Atmosphäre am Zentrum für Soziale Kompetenz. Dazu trägt
Assoz. Prof. Dr. Sascha Ferz durch seinen Rückhalt und das in mich gesetzte Vertrauen
wesentlich bei. Ferner ist meinen Kolleginnen Mag.a Isabella Brandner und
Mag.a Ursula Pichler zu danken, die mir einerseits bei der Korrektur behilflich waren und
mir andererseits zahlreiche Impulse, Ratschläge und Anregungen gaben.
Meine Tanten, Christa Gaschler und Astrid Sonnleitner, ermutigten mich stets, mich mit
Besonnenheit, Begeisterung und Neugierde meinem Dissertationsvorhaben zu widmen,
sowie bei allen beruflichen und privaten Entscheidungen. Des Weiteren stärkte mein
Lebensgefährte Mag. Florian Baravalle mir während des gesamten Schreibprozesses
tolerant, geduldig und verständnisvoll den Rücken. Danke!
Bei der Beschäftigung mit Kompetenzanforderungen für die Berufstätigkeit ist es
unerlässlich, sich intensiv mit der eigenen Lernbiographie auseinanderzusetzen. In diesem
Zusammenhang reflektierte ich nicht nur über meine universitären Ausbildungen,
sondern auch über meine informell erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die
insbesondere meine Großeltern, Gerlinde und Kurt Sonnleitner, förderten. Sie beide
haben somit wichtige Grundsteine für mein Berufsleben gelegt. Ihnen möchte ich diese
Arbeit widmen!
Eidesstattliche Erklärung
Ich versichere an Eides statt, dass ich die eingereichte wissenschaftliche Arbeit
selbstständig verfasst und andere als die angegebenen Hilfsmittel nicht benutzt habe, die
während des Arbeitsvorganges von dritter Seite erfahrene Unterstützung, einschließlich
signifikanter Betreuungshinweise, vollständig offengelegt habe, die Inhalte, die ich aus
Werken Dritter oder eigenen Werken wortwörtlich oder sinngemäß übernommen habe,
in geeigneter Form gekennzeichnet und den Ursprung der Information durch möglichst
exakte Quellenangaben (z.B. in Fußnoten) ersichtlich gemacht habe, die Arbeit bisher
weder im Inland noch im Ausland einer Prüfungsbehörde vorgelegt habe und zur
Plagiatskontrolle eine digitale Version der Arbeit eingereicht habe, die mit der gedruckten
Version übereinstimmt.
Ich bin mir bewusst, dass eine tatsachenwidrige Erklärung rechtliche Folgen haben wird.
Unterschrift Ort, Datum
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................... 8
Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................... 10
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................. 11
I. Theoretischer Teil ........................................................................ 12
1. Einleitung ............................................................................................................ 12
1.1. Aufbau ............................................................................................................................ 13
1.2. Problemlage und Forschungsfrage................................................................................. 15
1.3. Forschungslage ............................................................................................................... 17
1.3.1. Studie Schlüsselqualifikationen: Gayk .................................................................. 17
1.3.2. Studien: Foscht/Angerer ...................................................................................... 20
1.3.3. AbsolventInnenbefragung: Griesbacher/Griesbacher ......................................... 23
1.3.4. Studierendenbefragung: Sonnleitner ................................................................... 24
1.3.5. Staufenbiel-Studie ................................................................................................ 27
1.3.6. Leonardo-da-Vinci-Programmes „Strategical Individual Competencies“ ............ 31
1.3.7. Erhebung Intersearch Executive Consultans ........................................................ 34
1.3.8. HIS-Absolventenuntersuchung: Schaeper/Briedis ............................................... 37
1.3.9. Zusammenfassung ................................................................................................ 38
1.4. Klärung der Begrifflichkeiten .......................................................................................... 41
1.5. Bildung – Qualifikation – Kompetenz im Kontext des lebenslangen Lernens ............... 43
1.5.1. Bildung .................................................................................................................. 43
1.5.2. Qualifikation ......................................................................................................... 51
1.5.3. Kompetenz ........................................................................................................... 56
1.6. Zusammenfassung und kritische Würdigung ................................................................. 62
2. Überlegungen zu den rechtlichen Kontexten in der Weiterbildung ................... 66
2.1. Weiterbildung nach dem Hochschulabschluss............................................................... 67
2.2. Finanzierung als staatliche Verantwortung.................................................................... 68
2.3. Staatliche und private Initiativen zur Förderung der Erwachsenenbildung .................. 70
2.3.1. Bildungskarenz ..................................................................................................... 71
2.3.2. Bildungsteilzeit ..................................................................................................... 72
2.3.3. Fachkräftestipendium .......................................................................................... 72
2.3.4. Gleitzeit und Urlaub ............................................................................................. 73
2.4. Zusammenfassung.......................................................................................................... 74
3. Modelle beruflicher Handlungskompetenz ........................................................ 76
3.1. Handlungskompetenzmodell nach Bader/Müller .......................................................... 76
3.2. Kompetenzgefüge nach Sloane/Dilger ........................................................................... 79
3.3. Handlungskompetenz nach Erpenbeck/Heyse .............................................................. 79
3.4. Handlungskompetenz nach Peterßen ............................................................................ 81
3.5. Berufliche Handlungskompetenz nach Rebmann/Tenfelde/Schlömer ......................... 82
3.6. Handlungskompetenzmodell nach Widulle ................................................................... 84
3.7. Berufliche Handlungsfähigkeit nach Schaeper/Briedis .................................................. 85
3.8. Zusammenfassung der Handlungskompetenzmodelle .................................................. 86
3.9. Diskussion – Handlungskompetenzen als berufliche Voraussetzung? .......................... 87
4. Abhandlung ausgewählter Kompetenzen und deren Vermittlung ..................... 91
4.1. Kommunikationsfähigkeit – Allgemeines ....................................................................... 91
4.1.1. Grundströmungen der Kommunikation – Riemann-Thomann Modell ................ 92
4.1.2. Gewaltfreie Kommunikation – Marshall B. Rosenberg ........................................ 95
4.1.3. Kommunikationsmodell – Vera F. Birkenbihl ..................................................... 100
4.1.4. Das Vier-Seiten-Modell – Schulz von Thun ........................................................ 101
4.2. Konfliktmanagement – Allgemeines ............................................................................ 106
4.2.1. Eskalationsstufen – Fritz Glasl ............................................................................ 107
4.2.2. Grundmuster der Konfliktlösung – Gerhard Schwarz ........................................ 113
4.3. Fachübergreifendes Denken ........................................................................................ 115
4.4. Teamfähigkeit ............................................................................................................... 117
4.5. Organisationsfähigkeit ................................................................................................. 119
4.6. Zusammenfassende Bemerkungen .............................................................................. 120
5. Verfahren zur Kompetenzmessung in der Personalauswahl ............................ 124
5.1. Auswertung schriftlicher Unterlagen ........................................................................... 126
5.2. Bewerbungsgespräch ................................................................................................... 129
5.3. Arbeitsbasiertes Kompetenzinterview und Kompetenzbiographie ............................. 134
5.4. Psychologische Testverfahren ...................................................................................... 135
5.5. Assessment Center ....................................................................................................... 138
5.5.1. Gütekriterien des AC .......................................................................................... 140
5.5.2. AC-Aufgaben ....................................................................................................... 141
5.6. Kasseler-Kompetenz-Raster ......................................................................................... 147
5.7. Zusammenfassende Bemerkungen .............................................................................. 150
II. Empirischer Teil ......................................................................... 153
1. Forschungsdesign .............................................................................................. 154
2. Qualitative Forschung ....................................................................................... 155
2.1. Gütekriterien in der qualitativen Forschung ................................................................ 159
2.2. Interviewformen .......................................................................................................... 161
2.3. Transkription ................................................................................................................ 163
2.4. Auswertungsmethode .................................................................................................. 165
2.5. Datenauswertung (Interviews)..................................................................................... 169
2.5.1. Bedarf an UniversitätsabsolventInnen ............................................................... 170
2.5.2. Einstellungsverfahren ......................................................................................... 172
2.5.3. Erwartungshaltung ............................................................................................. 177
2.5.4. Universitärer Hintergrund/Weiterbildung ......................................................... 181
3. Quantitative Forschung..................................................................................... 186
3.1. Fragebogen ................................................................................................................... 186
3.2. Datenauswertung (Fragebogenuntersuchung) ............................................................ 188
3.1.1 Stichprobenbeschreibung .................................................................................. 189
3.1.2 Erwartung an UniversitätsabsolventInnen ......................................................... 190
3.1.3 Definition des Begriffs soziale Kompetenz ......................................................... 201
3.1.4 Kompetenzgewichtung im Studium ................................................................... 203
3.1.5 Bieten Sie interne Weiterbildung an? ................................................................ 212
4. Analyse der Stellenausschreibungen ................................................................ 213
4.1. Anforderungsprofil ....................................................................................................... 213
4.2. Stichprobenbeschreibung ............................................................................................ 214
4.3. Methode ....................................................................................................................... 215
4.4. Auswertung Rechtswissenschaften .............................................................................. 215
4.5. Auswertung Pädagogik ................................................................................................. 218
5. Zusammenfassung der Forschungsergebnisse ................................................. 221
III. Zusammenfassung und Ausblick ................................................ 231
1. Beantwortung der Forschungsfragen ............................................................... 231
2. Empfehlungen ................................................................................................... 239
Literaturverzeichnis ................................................................................. 242
Anhang I: Infotext für die quantitative ArbeitgeberInnenbefragung .................................. 266
Anhang II: ArbeitgeberInnenbefragung - Fragebogen ...................................................... 267
Anhang III: Interviewsammlung ......................................................................................... 272
Abkürzungsverzeichnis
a.A. anderer Ansicht
Abs. Absatz
AC Assessment Center
AlVG Arbeitslosenversicherungsgesetz
AKI Arbeitsbasiertes Kompetenzinterview
AMSG Arbeitsmarktservicegesetz
Anm. Anmerkung
Art. Artikel
AVRAG Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz
AZG Arbeitszeitgesetz
BGBl. Bundesgesetzblatt
BlgNR. Beilage(n) zu den Stenographischen Protokollen des
Nationalrates
BMUKK Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
BMWF Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung
BV-G Bundes-Verfassungsgesetz
bzw. beziehungsweise
d.h. das heißt
Dies. dieselbe(n)
EAC Einzel-Assessment Center
EB Erwachsenenbildung
ECDL European Computer Driving Licence
ECTS European Credit Transfer System
Erl. Erläuterungen
ErläutRV. Erläuterungen zur Regierungsvorlage
etc. et cetera
EQR Europäischer Qualifikationsrahmen
f. folgende
ff. fortfolgende
Fn. Fußnote
gem. gemäß
GFK Gewaltfreie Kommunikation
ggf. gegebenenfalls
GP Gesetzgebungsperiode
H. Heft
HIS Hochschul-Informations-System
idF in der Fassung
idgF in der geltenden Fassung
iS im Sinne
iVm in Verbindung mit
iwS im weiteren Sinne
lit. Littera
LL.M Legum Magister/Magistra
Jg. Jahrgang
KKR Kasseler-Kompetenz-Raster
MBA Master of Business Administration
m.E. meines Erachtens
MSchG Mutterschutzgesetz
Nr. Nummer
NQR Nationaler Qualifikationsrahmen
OHG Offene Handelsgesellschaft
RGBl. Reichsgesetzblatt
Rn. Randnummer
S. Seite
sog. sogenannt, -e, -er, -es
TU Technische Universität
u.a. und andere, unter anderem
UrlG Urlaubsgesetz
usw. und so weiter
v.a vor allem
Vgl. vergleiche
VKG Väter-Karenzgesetz
VwGH Verwaltungsgerichtshof
Z. Ziffer
ZAS Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht
z.B. zum Beispiel
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Relevanz von Schlüsselqualifikationen für den Berufseinstieg. ................................................. 18
Abbildung 2: Vermittlung von Schlüsselqualifikationen in Unternehmen. ..................................................... 19
Abbildung 3: Wichtigkeit von Kenntnissen und Fähigkeiten für die derzeitige Berufstätigkeit (N=1127). ..... 20
Abbildung 4: Mehr Gewicht für das Erlernen von Kenntnissen und Fähigkeiten (N=1127). ........................... 21
Abbildung 5: Kompetenzen nach Wichtigkeit für den Beruf bzw. die beruflichen Wünsche.. ....................... 23
Abbildung 6: Items, an denen die Studierenden großes Interesse zeigen (N=1400). ..................................... 25
Abbildung 7: Bedeutung von sozialen Kompetenzen für die zukünftige Berufstätigkeit für Studierende der
rechtswissenschaftlichen Fakultät (REWI; n=200) sowie der umwelt-, regional- und
bildungswissenschaftlichen Fakultät (URBI; n=200). ....................................................................................... 26
Abbildung 8: Welche Fachrichtungen fragen Unternehmen nach? ................................................................ 28
Abbildung 9: Auf welche personenbezogenen Einstellungskriterien achten Unternehmen? ........................ 29
Abbildung 10: Welche Weiterbildungsmaßnahmen bieten Unternehmen? ................................................... 30
Abbildung 11: Die gefragtesten Kompetenzen in allen Teilnehmerländern (N=879); Mittelwerte der
Indikatoren/Subskalen). .................................................................................................................................. 33
Abbildung 12: Was waren in der Regel Bestandteile des Auswahlprozesses bei Ihrem Jobwechsel?
(Mehrfachnennungen möglich; N=116). ......................................................................................................... 34
Abbildung 13: Was haben Sie noch für Erfahrungen bei neuen Arbeitgebern gemacht?; (N=116). ............... 36
Abbildung 14: Zuordnungsverfahren nach dem NQR-Gesetz. ........................................................................ 55
Abbildung 15: Handlungskompetenzmodell nach Bader/Müller. ................................................................... 77
Abbildung 16: Kategoriales Kompetenzgefüge von Sloane/Dilger. ................................................................. 79
Abbildung 17: Handlungskompetenzmodell nach Heyse/Erpenbeck. ............................................................. 80
Abbildung 18: Ganzheitlich-integrative Handlungsfähigkeit nach Peterßen. .................................................. 82
Abbildung 19: Berufliche Handlungskompetenz nach Rebmann/Tenfelde/Schlömer. ................................... 83
Abbildung 20: Modell der beruflichen Handlungskompetenz nach Cranach und Hof mit Ergänzungen von
Widulle............................................................................................................................................................. 84
Abbildung 21: Handlungskompetenzmodell für die vorliegende Arbeit (eigene Graphik). ............................ 89
Abbildung 22: Grundausrichtungen allgemein. ............................................................................................... 92
Abbildung 23: Kommunikationsquadrat von Schulz von Thun (eigene Abbildung). ..................................... 103
Abbildung 24: Eskalationsstufen nach Glasl. ................................................................................................. 109
Abbildung 25: Grundmuster der Konfliktlösung nach Schwarz. .................................................................... 113
Abbildung 26: Übereinstimmung zwischen MitarbeiterIn und Position/Anforderungen. ............................ 124
Abbildung 27: Verfahren zur Kompetenzmessung in der Personalauswahl. ................................................ 126
Abbildung 28: Portfoliotypen. ....................................................................................................................... 128
Abbildung 29: Ablauf eines Bewerbungsgesprächs. ...................................................................................... 132
Abbildung 30: Persönlichkeitspyramide. ....................................................................................................... 137
Abbildung 31: Präsentationsthemen in einem AC. ....................................................................................... 145
Abbildung 32: Säulen qualitativen Denkens. ................................................................................................. 157
Abbildung 33: Die hermeneutische Spirale nach Danner. ............................................................................. 158
Abbildung 34: Ablaufmodell strukturierter Inhaltsanalyse in Anlehnung an Mayring.................................. 167
Abbildung 35: Ablaufmodell qualitativ-inhaltsanalytischer Verfahren am Beispiel induktiver
Kategorienbildung. ........................................................................................................................................ 168
Abbildung 36: In welcher Branche ist ihr Unternehmen tätig? (N=95). ........................................................ 189
Abbildung 37: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? (N=89). ........ 190
Abbildung 38: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischen Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (bereichsspezifische Fachkompetenzen)? ..................................... 191
Abbildung 39: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischen Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben (Sachkompetenz)? ......................................................................... 193
Abbildung 40: Gebundene Wahlfächer des Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. ................. 194
Abbildung 41: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Methodenkompetenz)? ............................................................... 196
Abbildung 42: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Sozialkompetenz)? ....................................................................... 199
Abbildung 43: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Selbstkompetenz)? ....................................................................... 201
Abbildung 44: Welche Kompetenzen sollten in der akademischem Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten (Bereichsspezifische Fachkompetenz)? .......................................................................................... 207
Abbildung 45: Welche Kompetenzen sollten in der akademischem Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten (Sachkompetenz)? .......................................................................................................................... 208
Abbildung 46: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten (Methodenkompetenz)? ................................................................................................................. 209
Abbildung 47: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten (Sozialkompetenz)? ......................................................................................................................... 210
Abbildung 48: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten (Selbstkompetenz)? ........................................................................................................................ 211
Abbildung 49: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (N=73). ....................................................................... 212
Abbildung 50: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? ...................................................................................................... 222
Abbildung 51: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten? ....................................................................................................................................................... 223
Abbildung 52: Vergleich von Kompetenzen in Stellenausschreibungen für PädagogInnen und
RechtswissenschaftlerInnen. ......................................................................................................................... 228
Abbildung 53: eigenes Kompetenzmodell. .................................................................................................... 232
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Die wichtigsten Schlüsselqualifikationen für Hochschulen, Unternehmen und StudentInnen. ..... 20
Tabelle 2: Worauf wurde während des Auswahlprozesses am meisten Wert gelegt? ................................... 35
Tabelle 3: Kompetenzdimensionen der HIS-Absolventenbefragung. .............................................................. 37
Tabelle 4: Handlungskompetenzbereiche und Handlungsdimensionen. ........................................................ 60
Tabelle 5: Abgrenzung zwischen Qualifikationen und Kompetenzen. ............................................................ 63
Tabelle 6: Zweidimensionale Matrix der Kompetenzdimensionen nach Bader/Müller. ................................. 78
Tabelle 7: Handlungskompetenzmodelle. ....................................................................................................... 86
Tabelle 8: Dauer und Wechsel. ........................................................................................................................ 93
Tabelle 9: Nähe und Distanz. ........................................................................................................................... 94
Tabelle 10: Beispiele für Beobachtungen und Bewertungen. ........................................................................ 96
Tabelle 11: Gefühlsäußerungen. ..................................................................................................................... 98
Tabelle 12: Fromme Wünsche und erfüllbare Bitten. ................................................................................... 100
Tabelle 13: Vermittlung des Kommunikationsquadrats. ............................................................................... 103
Tabelle 14: Vergleich zwischen DU-Botschaften und ICH-Botschaften. ........................................................ 105
Tabelle 15: Übersicht über Assessment Center............................................................................................. 139
Tabelle 16: Kasseler-Kompetenz-Raster ........................................................................................................ 148
Tabelle 17: Anzahl der MitarbeiterInnen der befragten Personalverantwortlichen. .................................... 169
Tabelle 18: Kompetenzstruktur. .................................................................................................................... 187
Tabelle 19: Kompetenzbereiche im Curriculum des Bachelorstudiums der Pädagogik. ............................... 204
Tabelle 20: Inhalte des 1. und 2. Abschnitts des Rechtswissenschaftlichen Studiums. ................................ 205
Tabelle 21: Stellenausschreibungen Rechtswissenschaften; Ranking der Kompetenzen. ............................ 217
Tabelle 22: Stellenausschreibungen Pädagogik; Ranking der Kompetenzen. ............................................... 220
12
I. Theoretischer Teil
1. Einleitung
Der Begriff „Kompetenz“ ist vielschichtig, in unterschiedlichen Disziplinen anwendbar und
sowohl in der Wissenschaft als auch in der (Bildungs-)Politik immer wieder heiß diskutiert.
Im Bologna-Prozess ist vor allem die Kompetenzorientierung zentral, wonach u.a.
Lernergebnisse vergleichbar sein sollen.
Studierende sollten folglich Fach-, Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenzen in der
Theorie erlangen und in alltäglichen Situationen einsetzen können. Mit den angedeuteten
Ausführungen soll der eigentlichen Abhandlung jedoch nicht vorgegriffen werden, denn
gerade der Kompetenzbegriff enthält aufgrund der genannten Vielschichtigkeit zahlreiche
Elemente, die bei Betrachtung der Literatur nie enden wollend sind. Wie ein Schwenk von
der Wissenschaft in die Praxis zeigt, finden sich Kompetenzen nicht nur im Lehr- und
Wissenschaftssektor, sondern auch in Bereichen, in denen ein(e) aufmerksame(r) LeserIn
sich wohl fragen muss, welche konkreten Fähigkeiten und Fertigkeiten unter
„Baustoffkompetenz“ zu verstehen sind.
Für das konkrete Vorhaben und die soziologische Evaluierung ist es bedeutsam, zu Beginn
der Arbeit ein geeignetes Kompetenzverständnis festzulegen. Wenngleich Kompetenz
kein Fremdwort mehr ist, sondern ein Terminus, der in den modernen Unterricht, aber
auch in das lebenslange Lernen Eingang gefunden hat, handelt es sich um einen
unscharfen Begriff. Nicht zuletzt orientieren sich Personalverantwortliche bei der Auswahl
von zukünftigen MitarbeiterInnen an Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnissen. Doch wie
ist eine effiziente und detaillierte Kompetenzerfassung in einem Bewerbungsprozess
möglich? Schwingen persönliche Referenzen oder Sympathie bei der Personalauswahl mit
und sind Kompetenztypen überhaupt quantitativ messbar und qualitativ
charakterisierbar?
Aufgrund des Spannungsverhältnisses der Termini Bildung, (Schlüssel-)Qualifikation und
Kompetenz gilt es, jene Begrifflichkeiten voneinander abzugrenzen, die nicht nur in der
Bildungslandschaft beachtet werden müssen, sondern gerade auch in der Berufstätigkeit
praktische Relevanz besitzen.
13
1.1. Aufbau
Die Arbeit lässt sich grob in drei Teile, d.h. einen theoretischen Teil, einen empirischen
Teil sowie eine Zusammenfassung mit einem Ausblick, gliedern.
Der theoretische Teil beginnt mit einer Einleitung in den Themenkomplex, in der
einerseits die Bestandsaufnahme der Problemlage sowie die Klärung der Forschungsfrage
und des Forschungsstandes stattfindet und die sich außerdem der Definition und
kritischen Würdigung der Begrifflichkeiten Bildung, Qualifikation und Kompetenz im
Kontext des lebenslangen Lernens widmet. Das Herausfiltern von Gemeinsamkeiten und
Differenzen bildet eine erste Grundlage für die Einordnung von Anforderungen, die
Unternehmens-verantwortliche von UniversitätsabsolventInnen erwarten. Das Kapitel soll
des Weiteren eine theoretische Grundlage für die empirischen Erhebungen bieten, zumal
Unternehmensverantwortliche gefragt wurden, ob sie für ihre MitarbeiterInnen interne
Weiterbildung anbieten bzw. diese fördern.
Daran anknüpfend ist im nächsten Kapitel darauf einzugehen, in welchen rechtlichen
Kontexten lebenslanges Lernen einzuordnen ist und welche Möglichkeiten
ArbeitnehmerInnen zur Verfügung stehen, um ihre privaten und beruflichen Fähigkeiten
und Fertigkeiten zu erweitern. In diesem Zusammenhang gilt es zu erörtern, ob sowohl
der Staat als auch ArbeitgeberInnen eine Erweiterung sämtlicher Lerninhalte fördern.
Denn in ein rechtliches Korsett sind beispielsweise die Bildungskarenz und -teilzeit sowie
Gleitzeitvereinbarungen und Urlaubsansprüche eingebettet, in denen weiterbildende
Maßnahmen stattfinden können.
Auf die allgemeine Begriffsklärung und die rechtlichen Grundlagen aufbauend sind im
dritten Kapitel des theoretischen Teils die Modelle beruflicher Handlungskompetenz
voneinander abzugrenzen, um diese als Hilfestellung für jenes Raster zu nutzen, das
definiert, über welche Kompetenzen UniversitätsabsolventInnen mit juristischen und
pädagogischen Studienabschlüssen verfügen sollten. Zudem wird aufgezeigt, dass ein
großes Konglomerat an Kompetenzen besteht, das unterschiedliche AutorInnen in ihre
jeweiligen Modelle einordnen. Demzufolge setzt sich die Begrifflichkeit Handlungs-
kompetenz aus drei bis sechs Komponenten zusammen, unter die wieder zahlreiche
Fähigkeiten und Fertigkeiten subsumierbar sind.
14
Nach der theoretischen Abhandlung ist im vierten Kapitel ein Praxisbezug einzuflechten.
In diesem sind die Hintergründe ausgewählter Kompetenzen, die nicht nur in bisherigen
Erhebungen, sondern auch Personalverantwortliche in den empirischen Untersuchungen
der vorliegenden Dissertation einfordern, aufzuzeigen. Es ist unerlässlich, in dieser
praktischen Analyse konkret auf Methoden und mögliche Übungssequenzen zur
Vermittlung und Vertiefung einzugehen. In diesem Zusammenhang sind Kommunikations-
fähigkeit, Konfliktmanagement, fächerübergreifendes Denken, Team- und
Organisationsfähigkeit einer näheren Betrachtung zu unterziehen.
Zumal in der Dissertation der Fokus auf Kompetenzanforderungen an Universitäts-
absolventInnen beim Berufseinstieg liegt, ist im fünften Kapitel nicht außer Acht zu
lassen, wie deren Fähigkeiten und Fertigkeiten in Einstellungsverfahren gemessen
werden. Daher ist es naheliegend, das Bewerbungsgespräch, das Interview, die
Kompetenzbiographie, psychologische Testverfahren, das Assessment Center und den
Kasseler-Kompetenz-Raster zu erläutern. Jene Verfahren zur Kompetenzmessung in der
Personalauswahl bilden eine theoretische Basis für die durchgeführten Interviews und die
Fragebogenerhebung.
All die angestellten Überlegungen finden im II. Teil ihren Niederschlag, der die empirische
Forschung enthält. Um die qualitative Interview- und die quantitative Fragebogen-
erhebung nicht losgelöst stehen zu lassen, sind das Forschungsdesign und die
Auswertungsmethoden im Detail zu klären. Es ist aufgrund der Methode des Interviews
erforderlich, auf die Inhaltsanalyse, die Gütekriterien und die zugrunde liegenden
Transkriptionsregeln einzugehen, um auf dieser Basis die durchgeführten Interviews zu
analysieren. Eine Fragebogenerhebung unter Personalverantwortlichen und eine
Betrachtung von Stellenausschreibungen für angehende PädagogInnen und JuristInnen
runden den empirischen Teil ab.
Die Verknüpfung der genannten Erhebungsinstrumentarien unter Bezugnahme auf
bestehende Studien zielt auf eine umfangreiche Beantwortung der Forschungsfrage ab.
15
1.2. Problemlage und Forschungsfrage
Bei Studierenden herrschen Unsicherheit und Ungewissheit darüber, welche
Lehrveranstaltungen, Zusatzausbildungen und Vertiefungsgebiete zu wählen sind, um
später in beruflichen Auswahlverfahren und im Arbeitsalltag bestehen zu können.
Stellenausschreibungen verweisen mittlerweile nicht mehr nur auf fachliche
Kompetenzen, sondern auch Methoden- und Sozialkompetenzen reihen sich neben diese.
Vor diesem Hintergrund ist zu hinterfragen, wie sich derartige Kompetenzen auszeichnen,
ob sie sich widersprechen und ob Fachkompetenz, Methodenkompetenz und
Sozialkompetenz für ArbeitgeberInnen, die UniversitätsabsolventInnen einstellen,
gleichermaßen bedeutsam sind.
Der Kompetenzbegriff wird im aktuellen Universitäts- und Berufsalltag facettenreich,
ständig und diffus verwendet. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass oftmals
die Erwartungen von UnternehmerInnen an UniversitätsabsolventInnen mit jenen
Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht übereinstimmen, die Lehrinhalt eines Studiums sind.
Diese Differenzen resultieren nicht nur aus der Divergenz zwischen theoretischer
Wissensvermittlung und praktischer Anwendung des Gelernten und aus einer sich ständig
wandelnden Arbeitswelt, sondern auch aus einem eigenständigen Selbstverständnis der
Universität.
Für Universitäten stellt sich die Frage, welche eigenständigen Kompetenzen und
Zielvorstellungen – z.B. Bildung durch Wissenschaft, Autonomie, Kritikfähigkeit – sie
vermitteln wollen oder ob sie ihr Selbstverständnis den Erwartungen des Arbeitsmarkts
anpassen und sich auf lebenslanges Weiterlernen der AbsolventInnen verlassen.
Um zu Klärungen von Erwartungen beizutragen, ist folgende Forschungsfrage zu stellen:
Welche Kompetenzen erwarten sich steirische ArbeitgeberInnen von
UniversitätsabsolventInnen?
Die Bearbeitung dieses Forschungsgebietes soll als Anregung dienen, dass Universitäten
ihr Selbstverständnis bezüglich der Bildung und Kompetenzen ihrer AbsolventInnen
erheben und formulieren sollten. Die Beantwortung der Forschungsfrage erfolgt auf drei
Ebenen:
16
In einer theoretischen Abhandlung sind auf der ersten Ebene die Begrifflichkeiten Bildung,
Qualifikation und (Handlungs-)Kompetenz zu klären und in den Kontext des lebenslangen
Lernens einzuordnen.
Auf der zweiten Ebene sind die rechtlichen Zusammenhänge zu beachten und
ausgewählte Kompetenzen sowie deren Vermittlung näher zu erläutern. Ebenfalls ist
darauf einzugehen, welche Verfahren zur Kompetenzmessung zum Einsatz gelangen,
sodass sich UniversitätsabsolventInnen optimal auf ein Bewerbungsverfahren vorbereiten
können.
Die empirischen Erhebungen bilden die dritte Ebene. Diese dienen zur Abklärung der
Erwartungshaltung steirischer ArbeitgeberInnen bezüglich der Kompetenzen von
UniversitätsabsolventInnen des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften und des
Masterstudiums Erwachsenen- und Weiterbildung. Des Weiteren sind die Entwicklungen
und Anforderungen des Arbeitsmarktes durch eine Betrachtung von
Stellenausschreibungen für JuristInnen und PädagogInnen zu analysieren.
Als wissenschaftliche Methode dient einerseits eine Literaturanalyse, in der sowohl auf
den Begriff der (Handlungs-)Kompetenz und seine Untergliederung als auch auf Verfahren
zur Kompetenzmessung einzugehen ist. Andererseits bedarf es einer (Sekundär-)Analyse
der Arbeitsmarktentwicklung und einer rechtlichen Bestandsaufnahme, wie sich das
aktuelle Normenkonglomerat auf die Weiterentwicklung der individuellen und
beruflichen Kompetenzen auswirkt. Jene Recherche bildet die Grundlage für eine
Fragebogenerhebung. Zielgruppe der empirischen Untersuchung sind steirische
ArbeitgeberInnen, wobei ihre Erwartungshaltung gegenüber juristischen und
pädagogischen UniversitätsabsolventInnen ermittelt werden soll. Auch wird angestrebt,
qualitative Interviews zu führen und Stellenausschreibungen zu analysieren, um durch
eine Methodentriangulation aufschlussreiche und umfangreiche Ergebnisse zu erzielen.
In der Dissertation ist folglich beabsichtigt, zukunftsorientierte Ergebnisse zu den
genannten drei Ebenen zu erzielen. Durch die theoretische Klärung der Begrifflichkeiten
kann ein aktuelles Kompetenzkonzept vorgestellt werden. Die Analyse von
Stellenausschreibungen für JuristInnen und PädagogInnen eignet sich zur Beobachtung
von Entwicklungstrends und Perspektiven für den Arbeitsmarkt im Zusammenhang mit
17
dem lebenslangen Lernen. Zudem zielt sie darauf ab, einen kompakten Überblick zu
bieten, welche Kompetenzen sich Personalverantwortliche von den genannten
UniversitätsabsolventInnen erwarten.
Die qualitative und quantitative Untersuchung der Erwartungshaltung von steirischen
ArbeitgeberInnen soll den Studierenden bzw. AbsolventInnen zusätzlich ein Raster in die
Hand geben, welche Kompetenzen für den Einstieg in die Arbeitswelt von Relevanz sind.
Insgesamt soll das Dissertationsprojekt zur Diskussion um die Zielsetzungen der
Universitäten in der Lehre beitragen, indem die Aussagen von ArbeitgeberInnen deutlich
dargestellt werden.
1.3. Forschungslage
Die Forschungslage rund um Handlungskompetenzen bzw. Schlüsselqualifikationen in
Verbindung mit dem Berufseinstieg ist aufzubereiten, um die vorgenommenen
empirischen Erhebungen1 einordnen und in Beziehung setzen zu können.
1.3.1. Studie Schlüsselqualifikationen: Gayk
Gayk verfasste die umfangreichste Studie zum Thema Schlüsselqualifikationen. Die Studie
„Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert“ wurde zwischen Oktober 2004 und Januar
2005 durchgeführt und enthält maßgebliche Ergebnisse, wie 5.456 Studierende, 157
HochschulvertreterInnen und 129 VertreterInnen von Unternehmen die Relevanz von
Schlüsselqualifikationen für den Berufseinstieg und den Berufserfolg einschätzen.2 Gayk
befragte die TeilnehmerInnen u.a., ob Schlüsselqualifikationen genauso wichtig, wichtiger
oder weniger wichtig als Fachwissen für die zukünftige Berufstätigkeit sind.
1 Siehe hierzu Kapitel II.
2 Gayk, F., SQ21 – Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert. Ergebnisbericht (2005) 4.
18
Abbildung 1: Relevanz von Schlüsselqualifikationen für den Berufseinstieg.3
Studierende, VertreterInnen von Hochschulen und Unternehmen messen zu 64%, 70%
bzw. 65% Schlüsselqualifikationen die gleiche Wichtigkeit wie Fachwissen bei. Auffällig ist,
dass 28% der Befragten aus Unternehmen als zukünftige ArbeitgeberInnen von
HochschulabsolventInnen diese sogar wichtiger als Fachwissen einschätzen und lediglich
7% Schlüsselqualifikationen eine geringere Wichtigkeit zuschreiben. Zu 70% ordnen
VertreterInnen von Universitäten Schlüsselqualifikationen dieselbe Wichtigkeit wie
Fachwissen zu. 4% sind der Ansicht, dass diese wichtiger sind und 26% erkennen eine
geringere Relevanz als Fachwissen. Für 22% der Studierenden sind
Schlüsselqualifikationen wichtiger, für 14% weniger wichtig als Fachwissen.
Unternehmen setzen zur Vermittlung von Schlüsselqualifikationen an ihre
ArbeitnehmerInnen unterschiedliche Tools, wie Coachings bzw. Beratung, Trainings,
Nachwuchskräfteentwicklungsprogramme, Teamentwicklungs- und Trainee-Programme
usw., ein.
3 Gayk, F., SQ21 – Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert 4.
19
Abbildung 2: Vermittlung von Schlüsselqualifikationen in Unternehmen.4
75% der Unternehmen bieten Coachingeinheiten und Beratungen an. Damit gelangt diese
Möglichkeit der Vermittlung noch vor Trainings mit 67,6% am häufigsten zum Einsatz.
Immerhin mehr als die Hälfte der Befragten bieten
Nachwuchskräfteentwicklungsprogramme (59,3%) und Teamentwicklungsmaßnahmen
(56,5%) an. Unternehmen investieren des Weiteren in Traineeprogramme, um
BerufseinsteigerInnen unterschiedliche Einheiten und Arbeitsgebiete im Unternehmen zu
zeigen. Beinahe ein Drittel nutzt individuelle Karriereberatungen, 18,5% orientiert sich an
allgemeinen Förderprogrammen. In Führungskräfteentwicklungsprgramme investieren
die befragten Personen für BerufseinsteigerInnen überhaupt nicht.
Gayk analysierte auch, welche Schlüsselqualifikationen für Hochschulen, Unternehmen
und StudentInnen am wichtigsten sind. In der folgenden Tabelle findet sich ein Ranking:
4 Gayk, F., SQ21 Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert 9.
20
Tabelle 1: Die wichtigsten Schlüsselqualifikationen für Hochschulen, Unternehmen und StudentInnen.5
1.3.2. Studien: Foscht/Angerer
Foscht/Angerer ermittelten Ende 2005 bzw. Anfang 2006 in einer Online-Befragung unter
1.127 HochschulabsolventInnen die Bedeutung von Kompetenzen für die derzeitige
Berufstätigkeit.
Abbildung 3: Wichtigkeit von Kenntnissen und Fähigkeiten für die derzeitige Berufstätigkeit (N=1127).6
5 Gayk, F., SQ21 Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert 5.
21
AbsolventInnen schätzen selbständiges Arbeiten zu 98,5% als wichtigste Fähigkeit für die
derzeitige Berufstätigkeit ein. An zweiter Stelle rangiert die Kommunikationsfähigkeit mit
ebenfalls beachtlichen 96,4% als Teilbereich der sozialen Kompetenz, mündliche
Ausdrucksfähigkeit liegt mit 95,5% beinahe gleich auf. Als weitere Stärken nehmen die
Befragten Problemlösungsfähigkeit (95%), Organisationsfähigkeit (93,4%), Kooperations-
und Teamfähigkeit (91,6%) sowie Zeitmanagement (90,5%) mit über 90% wahr.
Schriftliche Ausdrucksfähigkeit (85,6%) und fächerübergreifendes Denken (85,4%) sind
ebenso von Relevanz für die Berufstätigkeit wie Konfliktmanagement (81,6%).
In der Erhebung wurde des Weiteren ermittelt, ob das Erlernen diverser Kenntnisse und
Fähigkeiten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht erhalten sollte.
Abbildung 4: Mehr Gewicht für das Erlernen von Kenntnissen und Fähigkeiten (N=1127).7
6 Foscht, Th./Angerer, Th., AbsolventInnenbefragung für die Universität Graz (2006).
7 Foscht, Th./Angerer, Th., AbsolventInnenbefragung für die Universität Graz (2006).
22
Fächerübergreifendes Denken steht mit 84,1% an der Spitze der Items, die deutlich
mehr/etwas mehr Gewicht erhalten sollten. An zweiter sowie dritter Stelle rangieren die
mündliche Ausdrucksfähigkeit (79,8%) und Kommunikationsfähigkeit (79,1%).
Nach Meinung von beinahe der Hälfte der Befragten sollte dem selbständigem Arbeiten
(47,5%) gleich bleibende Bedeutung zukommen. Hingegen sollte fächerübergreifendem
Denken (84,1%) deutlich mehr/etwas mehr Gewicht zuteil werden.
Für mehr als drei Viertel der Befragten sollte die Vermittlung von
Problemlösungsfähigkeit (78,8%) und Fremdsprachen (76,1%) häufiger erfolgen, 73,7%
messen Konfliktmanagement eine höhere Gewichtung bei.
Mehr als die Hälfte befürworten die Vermittlung von Kooperations- und Teamfähigkeit
(66,5%), Wirtschaftskenntnissen (62,7%), Organisationsfähigkeit (59,7%),
Zeitmanagement (59,1%), schriftlicher Ausdrucksfähigkeit (56,2%) und selbständigem
Arbeiten (51,9%).
Auf die offene Frage nach weiteren Inhalten, die mehr Gewicht erhalten sollten, gaben
von 49 Personen 22,4% an, dass Praxisbezug vermehrt einbezogen werden sollte, 12,2%
nennen soziale Kompetenzen im Allgemeinen.
Um ferner die Unternehmensseite abbilden zu können, analysierten Foscht/Angerer
zwischen Februar und März 2006 telefonische und persönliche Interviews mit 38
Führungskräften mit Personalverantwortung in bedeutenden steirischen Unternehmen,
um Stärken und Schwächen von UniversitätsabsolventInnen zu ermitteln. Zu den Stärken
zählen die Befragten selbstständiges Arbeiten (80%), schriftliche (77,3%) bzw. mündliche
Ausdrucksfähigkeit (61,5%) und Problemlösungsfähigkeit (60,7%). Zahlreiche
Führungskräfte äußern sich neutral zu Kommunikationsfähigkeit sowie Kooperations- und
Teamfähigkeit. Lediglich 8,7% nehmen Konfliktfähigkeit als Stärke wahr.
Diese beiden Studien verdeutlichen, dass eine Diskrepanz zwischen Selbstwahrnehmung
und Fremdwahrnehmung vorliegt. Denn beispielsweise vermeinen 96,4% der
AbsolventInnen, dass Kommunikationsfähigkeit sehr wichtig/eher wichtig für die
derzeitige Berufstätigkeit ist, allerdings betrachten nur 42,3% der Führungskräfte jene
Kompetenz als Stärke. 42,3% der Befragten äußern sich neutral, für 15,4% handelt es sich
um eine Schwäche.
23
1.3.3. AbsolventInnenbefragung: Griesbacher/Griesbacher
Griesbacher/Griesbacher führten eine AbsolventInnenbefragung für die Studien der
Rechtswissenschaften (Diplomstudium, Doktoratsstudium) durch, um u.a. den
Stellenwert für die Aneignung bestimmter Kompetenzen für den Beruf bzw. die
beruflichen Wünsche zu ermitteln. Die Rücklaufquote beträgt 279 ausgefüllte
Fragebögen. Sie gelangten zu ähnlichen Ergebnissen wie Foscht/Angerer.
Abbildung 5: Kompetenzen nach Wichtigkeit für den Beruf bzw. die beruflichen Wünsche.8.
In Abbildung 5 befindet sich ein Ausschnitt der abgefragten Items über den Stellenwert
von Kompetenzen für den Beruf bzw. die beruflichen Wünsche. Die 6-stufige Likert-Skala
wurde in einer 3-stufigen Skala vereinfacht, indem die ersten zwei Stufen einem hohen
Stellenwert, die mittleren Anwortmöglichkeiten einem mittleren Stellenwert und die
letzten beiden einem niedrigen Stellenwert zuordenbar sind. 96,4% der AbsolventInnen
schreiben der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit einen hohen Stellenwert zu.
8 Griesbacher, E.-M./Griesbacher, M., Herausforderungen des rechtswissenschaftlichen Studiums.
Ergebnisse der Arbeitsmarktbedarfserhebung im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität (2013) 26.
24
An den nächsten drei Stellen rangieren die Items vernetztes Denken (92,2%), mündliche
Präsentationsfähigkeit und Rhetorik (91,8%) sowie soziale Kompetenz (87,7%). Im
Gegensatz zu der Erhebung von Foscht/Angerer hat für die TeilnehmerInnen dieser
Untersuchung beispielweise Teamfähigkeit keinen so hohen Stellenwert (75,5%).
1.3.4. Studierendenbefragung: Sonnleitner
Zwischen Juni und Dezember 2012 führte ich eine Erhebung unter 1.400 Studierenden mit
dem Ziel durch, u.a. die nachstehenden Fragen zu beantworten:
Welches Interesse haben Studierende an sozialen Kompetenzen?
Welche überfachlichen Kompetenzen sind nach Meinung der Studierenden für
ihre zukünftige Berufstätigkeit von Relevanz?
Beide Fragestellungen sollen nachstehend in einem kurzen Abriss behandelt werden.
Zielgruppe sind Studierende der Fakultäten der Karl-Franzens-Universität sowie der
Technischen Universität, die noch keine Lehrveranstaltung am Zentrum für Soziale
Kompetenz9 besucht haben.
Der Fragebogen enthält die Frage nach den Interessen der Studierenden für soziale
Kompetenzen. Als Items hierfür wurden die Lehrveranstaltungen des Zentrums für Soziale
Kompetenz herangezogen. In der Analyse galt es zu klären, welche Dimensionen
Studierende für besonders wichtig erachten, und ob Unterschiede zwischen dem
Geschlecht, dem Alter und der Studienzugehörigkeit auszumachen sind. Ein weiterer
Fragenkomplex enthält die Einschätzung, welche sozialen Kompetenzen für die
Berufstätigkeit zukünftiger AkademikerInnen besondere Relevanz besitzen.
9 http://soziale-kompetenz.uni-graz.at/de/ [15.01.2017].
25
Abbildung 6: Items, an denen die Studierenden großes Interesse zeigen (N=1400).
Bei einer Zusammenfassung der ersten vier Items in Abbildung 6 beinhalten alle
Lehrveranstaltungen die mündliche Ausdrucksfähigkeit. Gesprächsführung und
Kommunikationstraining dienen einerseits der Förderung der Selbst- und
Fremdwahrnehmung und dem Wissen um verschiedene Gesprächstypen, andererseits
erhalten die Studierenden Einblick in unterschiedliche Kommunikationsmodelle und
erlernen die Anwendung von kommunikationsfördernden Methoden.
Insgesamt zeigen die Studierenden aller Fakultäten sowie der Technischen Universität das
größte Interesse für Inhalte der Lehrveranstaltung Gesprächsführung (73,1%). Dies ist
wohl darauf zurückzuführen, dass sowohl bei Referaten und Präsentationen als auch im
Umgang mit anderen Personen im Studienalltag jene Kompetenz allgemein von Relevanz
ist.
Grundlagen der Rhetorik (65,4%), Kommunikationstraining (63,6%) und Improvisation
und Körpersprache (62,2%) sind für viele Befragte von Bedeutung. Zumal eine Person
nach Watzlawik nicht nicht kommunizieren kann10, können sich die Studierenden in der
10
Watzlawick, P. et. al., Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien10
(2000) 50 ff.
26
Lehrveranstaltung Improvisation und Körpersprache beispielsweise in unterschiedlichen
Rollen ausprobieren.
Konfliktmanagement, für das 57,5% der Befragten großes Interesse zeigen, beinhaltet
spezielle Techniken zur Förderung der Kommunikations- und Verhandlungsfähigkeit. In
diesem Kontext stehen das Verständnis von Konflikttypen, das Führen von
Konfliktgesprächen und Modelle zur Konfliktlösung im Vordergrund.11
Bei einer detaillierten Betrachtung, welche Items für Studierende der
rechtswissenschaftlichen Fakultät (REWI) sowie der umwelt-, regional- und
bildungswissenschaftlichen Fakultät (URBI)12 eine große bzw. sehr große Bedeutung für
die Berufstätigkeit spielen, fällt auf, dass für beide befragten Gruppen
Konfliktmanagement mit 85,2% und 77,5% die größte Relevanz besitzt.
Abbildung 7: Bedeutung von sozialen Kompetenzen für die zukünftige Berufstätigkeit für Studierende der
rechtswissenschaftlichen Fakultät (REWI; n=200) sowie der umwelt-, regional- und
bildungswissenschaftlichen Fakultät (URBI; n=200).
11
Sonnleitner, K., Relevanz von sozialen Kompetenzen an Universitäten, in: Ferz, S./Augusta, R. (Hrsg.), Gesellschaftliche Verantwortung leben. Wissen Sie nur oder handeln Sie schon? (2013) 81 (90 f.). 12
An der URBI können Studierende das Bachelorstudium Pädagogik und die Masterstudien Sozialpädagogik, Inclusive Education sowie Erwachsenen- und Weiterbildung absolvieren; siehe hierzu http://erziehungs-bildungswissenschaft.uni-graz.at/de/studieren/ [15.01.2017].
27
Mündliche Kommunikation kristallisierte sich schon bei der Analyse der vorherigen
Fragestellungen sowie in den Erhebungen von Gayk, Foscht/Angerer und
Griesbacher/Griesbacher als eine wichtige Kompetenz für die zukünftige Berufstätigkeit
heraus. 78,3% (URBI) und 75,5% (Rewi) der Befragten schreiben diesem Item große
Bedeutung nach Abschluss des Studiums zu.
1.3.5. Staufenbiel-Studie
Das Staufenbiel Institut führt jedes Jahr die Untersuchung Job Trends Deutschland unter
Unternehmen durch, die HochschulabsolventInnen einstellen. Durch eine Aufschlüsselung
in Branchen und AbsolventInnengruppen wird klar, welche Erwartungen
Unternehmensverantwortliche haben. Zwischen September und November 2015 nahmen
297 PersonalentscheiderInnen an der online-gestützten Befragung teil.13 Die
Unternehmensverantwortlichen wurden befragt, welche AkademikerInnen sie als
ArbeitnehmerInnen suchen. 29% haben Bedarf an JuristInnen, lediglich 17% an Sozial-
und GeisteswissenschaftlerInnen, worunter PädagogInnen zu subsumieren sind.14
Als entscheidende studienbezogene Einstellungskriterien nennen die Befragten zu 90%
den Studienschwerpunkt, zu 51% die Examensnote und zu 39% die Studiendauer sowie
den Studienverlauf. 21% legen auf die Fächerkombination und 8% auf den Ruf der
Hochschule viel Wert.
13
Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016. Entwicklungen und Trends auf dem Arbeitsmarkt für Absolventen (2016) 3. 14
Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016, 5.
28
Abbildung 8: Welche Fachrichtungen fragen Unternehmen nach?15
AbsolventInnen der Wirtschaftswissenschaften (54%), der Informatik/Informationstechnik
(53%) und der Betriebswirtschaftslehre (52%) werden von deutschen Unternehmen am
häufigsten nachgefragt. Schlechtere Aussichten haben RechtswissenschafterInnen (28%),
die auf Rang 9 rangieren, und Sozial- und GeisteswissenschafterInnen (14%) auf Rang 15.
Ohne Englischkenntnisse gestaltet sich der Berufseinstieg schwierig. Denn
ArbeitgeberInnen erwarten diese von RechtswissenschafterInnen zu 72% und von Sozial-
und GeisteswissenschafterInnen als Zusatzqualifikationen.
Neben den Zusatzqualifikationen fragten die Studienherausgeber ab, auf welche
personenbezogenen Einstellungskriterien (Soft Skills) Unternehmensverantwortliche
achten. Mit 91% ist Eigeninitiative/Einsatzbereitschaft/Selbstständigkeit auf dem ersten
Platz zu finden. Gleich danach folgen Kommunikationsfähigkeit mit 87%, Teamfähigkeit
mit 83% und analytische und konzeptionelle Fähigkeiten mit 82%.
15
Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016, 26.
29
Abbildung 9: Auf welche personenbezogenen Einstellungskriterien achten Unternehmen?16
Speziell von zukünftigen JuristInnen erwarten Unternehmen zu 88%
Eigeninitiative/Einsatzbereitschaft/Selbstständigkeit, zu 84% Kommunikationsfähigkeiten,
zu 82% Teamfähigkeit und zu 71% Leistungsbereitschaft. Bei ihrem Berufseinstieg sind
AbsolventInnen der Rechtswissenschaften zu 88% im Arbeitsrecht, zu 60% im
Wettbewerbs- und Kartellrecht und zu 59% im Bereich Compliance tätig.
Einstiegsbranchen von Sozial- und GeisteswissenschafterInnen sind zu jeweils 16% der
Consulting- und Medienbereich sowie der Dienstleistungssektor.17
Für AbsolventInnen bieten die Personalentwicklungsabteilungen der befragten
Unternehmen zahlreiche Maßnahmen an.
16
Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016, 34. 17
Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016, 37, 46 ff.
30
Abbildung 10: Welche Weiterbildungsmaßnahmen bieten Unternehmen?
Insbesondere fachspezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten können MitarbeiterInnen in
Fachtrainings (90%) erwerben. EDV-Schulungen (77%), Produktschulungen (68%),
Persönlichkeitstraining (64%), individuelle Coachingeinheiten (61%) und Sprachkurse
(51%) nutzen mehr als die Hälfte der Befragten.
Als Auswahlverfahren bedienen sich Unternehmen zu 82% Gesprächen mit der Fach- und
Personalabteilung, zu 56% Telefoninterviews und zu 36% strukturierter Interviews.
Assessment-Center und Gespräche nur mit der Fachabteilung gelangen bei jeweils knapp
einem Drittel (32%) der Personalverantwortlichen zum Einsatz. Weitere Möglichkeiten
sind ein Bewerbertag/Workshop (24%), Skype/Videointerviews (16%) und Online-Tests
(13%). Selten lernen die Befragten ihre BewerberInnen in Fallstudien (11%) und
Persönlichkeitstests (10%) kennen.18
18
Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016, 69.
31
1.3.6. Leonardo-da-Vinci-Programmes „Strategical Individual Competencies“
Im Rahmen des Leonardo-da-Vinci-Programmes „Strategical Individual Competencies“
forschten Wirtschafts- und SozialwissenschaftlerInnen in acht europäischen Ländern über
die Bedeutsamkeit von Managementkompetenzen. Dabei stand die zentrale Fragestellung
im Mittelpunkt, welche Kompetenzen aus der Sicht von ManagerInnen in Zukunft
benötigt werden und welche Kompetenzen ManagerInnen auf dem europäischen
Arbeitsmarkt benötigen, um den Erfolg eines Unternehmens zu sichern. Von besonderer
Bedeutung war es, ebenfalls herauszufinden, ob es einen länderübergreifenden Konsens
zu diesen Fähigkeiten gibt.
Es wurden Kompetenzen ausgehend von der Idee ausgewählt, dass eine erfolgreiche
Unternehmensführung stark an einem strategischen Management orientiert und somit
von den individuellen Kompetenzen einer einzelnen Person (ManagerIn) abhängig ist.
Mittels eines Pre-Tests (N=57) wurden vier Kompetenzdimensionen aufgestellt:
Strategisches Denken, Führung, Zielstrebigkeit und Kooperation. Für jede Dimension
wurden weiters Indikatoren formuliert, die in einer Umfrage unter rund 900
ManagerInnen und Personalverantwortlichen (N=879) überwiegend aus dem tertiären
Sektor aus den Ländern Litauen (n=497), Österreich (n=45), Bulgarien (n=51), Deutschland
(n=44), Griechenland (n=92), Irland (n=51), Portugal (n=48) und Spanien (n=51) analysiert
wurden. In einem Fragebogen wurde erhoben, welches Verhalten oder Denken
erfolgreiche ManagerInnen haben sollen. Die statistischen Auswertungen
(faktorenanalytische Validierung der Subskalen) bestätigten die im Vorhinein
aufgestellten Kompetenzdimensionen.19
Strategisches Denken enthält vier Merkmale, die im Rahmen des Kompetenzkataloges
unterschieden wurden: Visionäres Denken, Veränderungsbereitschaft, Innovationsstärke
und Entscheidungsfähigkeit. Das Ergebnis zeigte, dass in allen teilnehmenden Ländern alle
vier Merkmale wichtige Kompetenzen darstellen, wobei besonders die
Entscheidungsfähigkeit als eine unentbehrliche Kompetenz gilt. Bezüglich der
Innovationskraft weichen lediglich die Ergebnisse bei den Befragten in Österreich ab,
19
Egger-Subotitsch, A./Kreiml, Th., Kompetent für’s Management – Das Leonardo-Projekt »Strategical Individual Competencies«, in: Egger-Subotitsch, A./Sturm, R., (Hrsg.), Kompetenzen im Brennpunkt von Arbeitsmarkt und Bildung (2009) 38 (38 ff.).
32
denn Innovationen im Sinne von etwas Neues auszuprobieren, ist nach deren Ansicht
nicht ganz so wichtig, obwohl es ihnen wichtig ist, Visionen zu haben.
Die Kompetenzdimension Leadership wurde in die Indikatoren Begeisterungsfähigkeit,
Initiativkraft, Empathie und Selbstpräsentationsfähigkeit untergliedert. Auch hier zeigen
sich Unterschiede zwischen den österreichischen ManagerInnen und den restlichen
Befragten. Denn der Aspekt Begeisterungsfähigkeit nimmt einen hohen Stellenwert für
die österreichischen ManagerInnen ein, wobei international Selbstpräsentationsfähigkeit,
Empathie und Initiativkraft als höherwertig eingeschätzt wurden.
Zu den Kompetenzen, die unter die Dimension Zielstrebigkeit fallen, gehören
Zielorientierung, Planungsgeschick und Lernbereitschaft bzw. Verbesserungswille. Damit
die Erreichung eines Zieles verbessert werden kann, ist Lernbereitschaft vonnöten. Auf
internationaler Ebene wird die Lernbereitschaft als sehr bedeutsam eingestuft, bei den
Befragten in Österreich wird die Zielorientierung als wichtigster Faktor angesehen.
Kooperation umfasst in dieser Studie Wissensmanagement, Teamwork, Kommunikations-
und Konfliktfähigkeit. Mit Wissensmanagement sind Gruppenarbeitsprozesse gemeint,
welche als wichtigste Kompetenz in Österreich erachtet werden, gefolgt von Teamwork
und Kommunikationsfähigkeit. Im Gegensatz dazu empfinden die Beteiligten in den
anderen Ländern Konfliktfähigkeit als notwendigste Kompetenz.20
20
Egger-Subotitsch, A./Kreiml, Th. in Egger-Subotitsch, A./Sturm, R., 41 ff.
33
Abbildung 11: Die gefragtesten Kompetenzen in allen Teilnehmerländern (N=879); Mittelwerte der
Indikatoren/Subskalen).21
Beim Vergleich der Ergebnisse zwischen Österreich und den restlichen Ländern fällt auf,
dass österreichische ManagerInnen den Kompetenzen keine auffallend hohe Bedeutung
beimessen. Die meisten Fähigkeiten werden als wichtig angesehen, haben aber nicht jene
derart hohe Bedeutsamkeit wie in den restlichen teilnehmenden Ländern. Die
Kompetenzdimension „Strategisches Denken“ wurde in Österreich noch am
bedeutsamsten eingestuft. Die Subskalen zeigen, dass österreichische ManagerInnen
visionäres Denken, Begeisterungsfähigkeit, Wissensmanagement und Zielorientierung
überbewerten.
Das Gesamtergebnis zeigt deutlich, dass sich die Einschätzungen der österreichischen
Befragten klar von den restlichen Ländern unterscheiden. Die höchste Ähnlichkeit zu
Österreich zeigt sich bei den Befragten aus Litauen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass
sich die Unternehmenskulturen der beiden Staaten ähneln. Die besonders hohe Differenz
zwischen den österreichischen und deutschen Ergebnissen ist darauf zurückführen, dass
in Österreich vorwiegend GeschäftsführerInnen, in Deutschland auch Verantwortliche aus 21
Egger-Subotitsch, A./Kreiml, Th. in Egger-Subotitsch, A./Sturm, R., 48.
34
dem mittleren Management befragt wurden. Die Studie zeigt außerdem, dass personale
Kompetenzen zu den wichtigsten ManagerInnenkompetenzen zählen. Diese wurden zwar
nicht ausdrücklich abgefragt, jedoch fallen die Subdimensionen Entscheidungs-, Lern- und
Selbstpräsentationsfähigkeit darunter.22
1.3.7. Erhebung Intersearch Executive Consultans
Die Intersearch Executive Consultans befragten 150 Führungskräfte in den Sektoren
Dienstleistung, Handel und Industrie mittels Online-Fragebogen zu ihren Erfahrungen mit
einem Jobwechsel im Topmanagement. Im Mittelpunkt standen die Wechselbereitschaft,
Aspekte, die für den Jobwechsel wichtig sind, sowie Erlebnisse im Rekrutierungsprozess.
Hinsichtlich der Wechselerfahrungen machten die Beteiligten Angaben zu den
Bestandteilen des Auswahlprozesses beim Jobwechsel.
Abbildung 12: Was waren in der Regel Bestandteile des Auswahlprozesses bei Ihrem Jobwechsel?
(Mehrfachnennungen möglich; N=116).23
22
Egger-Subotitsch, A./Kreiml, Th. in Egger-Subotitsch, A./Sturm, R. 46 ff. 23
InterSearch Executive Consultants, Jobwechsel im Topmanagement (2014) 27; http://www.intersearch-executive.de/download/ISEC_Studie_Jobwechsel_im_Topmanagement.pdf [15.01.2017].
35
Mit 85% am häufigsten wurden persönliche Gespräche in Bewerbungsverfahren geführt.
Zu den weiteren Methoden zählen Persönlichkeitstests (47%) und Assessment Center
(36%). Sonstige diagnostische Instrumente sind beispielsweise Fallstudien oder
Präsentationen, die zu 15% im Bewerbungsprozess stattfanden. 14% der BewerberInnen
durchliefen ein grafologisches Gutachten.
Kriterien Rang
Berufserfahrung generell (Seniorität) 1
Fachliche Qualifikationen 2
Internationale Erfahrungen 3
Erfahrungen mit einer ähnlichen Unternehmenskultur
4
Gute Anpassungsfähigkeit 5
Soziale Kompetenz 6
Gute Branchenerfahrung 7
Persönliche Sympathie 8
Zeugnisse 9
Referenzen 10
Tabelle 2: Worauf wurde während des Auswahlprozesses am meisten Wert gelegt?24
Soziale Kompetenzen vernachlässigen die Unternehmen im Auswahlprozess häufig.
Während am meisten Wert auf Berufserfahrung, fachliche Qualifikationen, internationale
Erfahrungen und Praxis in einer ähnlichen Unternehmenskultur gelegt wird, rangieren
gute Anpassungsfähigkeit, soziale Kompetenz und gute Branchenerfahrung in der
Wertigkeitsskala im Mittelfeld. Eine geringe Rolle im Rekruitingprozess spielen sowohl
persönliche Sympathie als auch Zeugnisse und Referenzen.
24
InterSearch Executive Consultants, Jobwechsel im Topmanagement 28.
36
Abbildung 13: Was haben Sie noch für Erfahrungen bei neuen Arbeitgebern gemacht?; (N=116).25
Bei den Wechselerfahrungen besitzen für das in dieser Arbeit zu behandelnde Thema die
Items der geforderten Fach- und Sozialkompetenz Relevanz. Für mehr als ein Drittel (36%)
der Befragten waren die geforderten sozialen Kompetenzen nicht die, die für den Job
wirklich wichtig sind. Ähnlich verhält es sich mit den Fachkompetenzen, wonach für 35%
die geforderten fachlichen Kompetenzen nicht mit den tatsächlich benötigten
übereinstimmen. 34% stellten fest, dass sie selbst mit ihrer Persönlichkeit nicht in das
Unternehmen passen.
Auffallend ist des Weiteren, dass bei weiblichen Topmanagerinnen26 zu 31% gute soft
skills automatisch vorausgesetzt wurden, während die PersonalentscheiderInnen hard
skills in Frage stellten.
Folglich entscheiden Personalverantwortliche im Einstellungsverfahren noch immer auf
der Grundlage von harten Fakten wie der fachlichen Qualifikation, denn um andere
Faktoren einbeziehen zu können, bedarf es Tools zur Beurteilung der Persönlichkeit oder
des Führungsverhaltens. Eine langfristig erfolgreiche Besetzung einer Führungsposition
kann folglich nur erfolgreich gelingen, wenn das Persönlichkeitsprofil und die
25
InterSearch Executive Consultants, Jobwechsel im Topmanagement 30. 26
Welche negativen Rekrutierungserfahrungen haben Sie speziell als Frau gemacht? N=32; InterSearch Executive Consultants, Jobwechsel im Topmanagement 31.
37
Unternehmenskultur aufeinander abgestimmt sind. Dazu bedarf es im
Rekrutierungsprozess unterschiedlicher Instrumentarien, die die Messung von fachlicher
und sozialer Kompetenz erfassen.
1.3.8. HIS-Absolventenuntersuchung: Schaeper/Briedis
Im Bewusstsein, dass sich allgemein Kompetenzmessungen schwierig gestalten, führten
Schaeper/Briedis die HIS-Absolventenuntersuchung, die in dieser Form erstmals im Jahr
1989 stattfand, durch. Dabei wurden AbsolventInnen um eine Einschätzung ihrer
Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zu folgenden Kompetenzdimensionen gebeten.
Tabelle 3: Kompetenzdimensionen der HIS-Absolventenbefragung.27
Die Befragten attestieren sich selbst ein hohes Niveau an Methodenkompetenz (73%),
mehr als die Hälfte gehen davon aus, über eine gute Präsentationskompetenz (55%) und
(Selbst-)Organisationskompetenz (54%) zu verfügen. Geringer ausgebildet ist die
bereichsspezifische Fachkompetenz mit nur 40%. Dies verwundert, denn es ist
anzunehmen, dass Studierenden während ihrer Ausbildung gerade jene Fähigkeiten und
Fertigkeiten vermittelt werden. Bei bereichsunspezifischen Fachkompetenzen, d.h. bei
27
Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen, berufliche Anforderungen und Folgerungen für die Hochschulreform, Projektbericht (2004) 14; http://www.bmbf.de/pub/his_projektbericht_08_04.pdf [15.01.2017].
38
der Sachkompetenz, sind die Werte folgender Kompetenzen deutlich höher. Zu 62%
verfügen die Befragten über ein breites Grundlagenwissen, zu 55% über Kenntnisse in
EDV, zu 52% über fachübergreifendes Denken und zu 50% über Kenntnisse
wissenschaftlicher Methoden. Rechts- (20%) und Wirtschaftskenntnisse (23%) sowie die
Fähigkeit, wissenschaftliche Ergebnisse und Konzepte umzusetzen (27%), sind hingegen
geringer ausgebildet. Am schwächsten ist die Domäne Sozialkompetenz mit lediglich 31%
vertreten. AbsolventInnen geben an, dass ihr Durchsetzungsvermögen (35%), ihre
Konfliktmanagementfähigkeiten (28%), ihr Verhandlungsgeschick (21%) und ihre
Führungsqualitäten (20%) verhältnismäßig gering ausgeprägt sind. Als stärker entwickelt
schätzen sie hingegen ihre Kommunikations- (56%) und Kooperationsfähigkeiten (64%)
sowie die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen (58%) und die Interessen und
Sichtweisen anderer zu berücksichtigen (56%), ein.
Schaeper/Briedis haben neben anderen Studienrichtungen auch jene Prozentzahlen für
RechtswissenschaftlerInnen bzw. für PsychologInnen/PädagogInnen errechnet.
RechtswissenschaftlerInnen weisen durchschnittlich keine Kompetenz auf, in der sie
besser als die Gesamtgruppe sind. Eher schwach sind bei ihnen insgesamt
bereichsspezifischen Fachkompetenzen, Kenntnisse in Fremdsprachen und EDV sowie
fachübergreifendes Denken und die praxisorientierte Umsetzung wissenschaftlicher
Ergebnisse und Konzepte ausgeprägt. PsychologInnen und PädagogInnen verfügen über
mehr Sozialkompetenzen, (Selbst-)Organisationsfähigkeit und Präsentationskompetenzen
als der Durchschnitt der AbsolventInnen.28
1.3.9. Zusammenfassung
Foscht/Angerer kamen in ihrer AbsolventInnenbefragung zu dem Ergebnis, dass vor allem
Kommunikationsfähigkeit, mündliche Ausdrucksfähigkeit sowie Kooperations- und
Teamfähigkeit eine große Relevanz für die derzeitige Berufstätigkeit besitzen. In die
gleiche Richtung gehen die Ergebnisse von Griesbacher/Griesbacher, die ausschließlich
AbsolventInnen der Rechtswissenschaften befragten. JuristInnen plädieren für eine
verstärkte Vermittlung von Kommunikationsfähigkeit, Verhandlungsgeschick, mündliche
Präsentations- und Ausdrucksfähigkeit, fächerübergreifendem/vernetztem Denken und
28
Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen, berufliche Anforderungen und Folgerungen für die Hochschulreform, Projektbericht 13 ff.
39
Konfliktmanagementkenntnissen. Des Weiteren meinen sie, dass vor allem schriftliche
Ausdrucksfähigkeit, mündliche Präsentationsfähigkeit und Rhetorik, vernetztes Denken,
soziale Kompetenz allgemein, Beratungskompetenz sowie Verhandlungsmanagement
bzw. -geschick einen hohen Stellenwert für ihren Beruf bzw. ihre beruflichen Wünsche
einnehmen. Bei der Zusammenschau der Ergebnisse fällt auf, dass vor allem soziale
Kompetenzen eine wesentliche Relevanz sowohl für die Vermittlung im Studium als auch
im zukünftigen Berufsfeld für die Befragten spielen. Gayk, der in seiner Erhebung
Unternehmen, Studierende und HochschulvertreterInnen zu Schlüsselqualifikationen
befragte, zeigt in seinen Ergebnissen auf, dass ein Großteil der Befragten
Schlüsselqualifikationen sogar dasselbe Gewicht wie Fachwissen für den Berufseinstieg
beimisst.
Die unterschiedlichen Studien weisen zwar eine gewisse Heterogenität der abgefragten
Items bzw. der Zuordnung der Items zu Fach-, Methoden-, Sozialkompetenzen bzw zu
Schlüsselqualifikationen auf, dennoch ist bei einer detaillierten Betrachtung zu
konstatieren, dass Unternehmensverantwortliche und Studierende Fachwissen und
Schlüsselqualifikationen das gleiche Gewicht für den Berufseinstieg beimessen. Die
Befragten benennen analytisches Denken, Kommunikationsfähigkeit und Teamfähigkeit
als wichtigste Schlüsselqualifikationen.
In der HIS-AbsolventInnenuntersuchung befragen Schaeper/Briedis anhand vordefinierter
Kompetenzdimensionen AbsolventInnen zu ihrer Einschätzung der individuellen
Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse. Während sich die Befragten selbst ein hohes
Maß an Methodenkompetenz attestieren, ist die Sozialkompetenz am schwächsten
ausgeprägt. Im Mittelfeld liegen die Präsentations- und (Selbst-)Organisationskompetenz
sowie die bereichsunspezifische Fachkompetenz, d.h. die Sachkompetenz. Weniger als die
Hälfte der Studierenden schreiben sich selbst ein hohes Niveau an bereichsspezifischer
Fachkompetenz zu.
Die von mir unter 1.400 Studierenden der Karl-Franzens-Universität Graz sowie der
Technischen Universität durchgeführte Fragebogenerhebung knüpft an die genannten
Untersuchungen an. Demnach besitzen kommunikative und rhetorische Fähigkeiten
40
sowie Gesprächs- und Konfliktmanagementkompetenz für alle Studierende, unabhängig
davon welches Studium sie absolvieren, für die zukünftige Berufstätigkeit Relevanz.
In der jährlichen, online-gestützten Studie Staufenbiel Job Trends Deutschland nennen
90% der befragten Unternehmensverantwortlichen den Studienschwerpunkt als
entscheidendes studienbezogenes Einstellungskriterium. Als personenenbezogene
Einstellungskriterien achten sie bei JuristInnen vor allem auf
Eigeninitative/Einsatzbereitschaft/Selbstständigkeit, Kommunikations- und Teamfähigkeit
sowie auf analytische und konzeptionelle Fähigkeiten.
Um zu erfahren, welche strategischen, individuellen Kompetenzen ManagerInnen auf
dem europäischen Arbeitsmarkt benötigen, wurden Personalverantwortliche in acht
europäischen Ländern befragt. Demnach sind Entscheidungs-, Begeisterungs- und
Konfliktfähigkeit unentbehrliche Kompetenzen.
Einen Schritt weiter gingen die Intersearch Executive Consultans, die mittels Online-
Fragebogen 150 Führungskräfte zu Erlebnissen im Rekrutierungprozess sowie zu Aspekten
befragten, die für einen Jobwechsel wichtig sind. Bestandteile des Auswahlverfahrens
sind zumeist persönliche Gespräche (85%) und Persönlichkeitstests (47%). Mehr als ein
Drittel geben an, dass die geforderten sozialen Kompetenzen nicht jene sind, die für den
Job wirklich wichtig sind. Die geforderten Fachkompetenzen stimmen für 35% nicht mit
den tatsächlich benötigten überein.
Bei Betrachtung der behandelten Erhebungen schlagen alle Untersuchungsergebnisse
crosso modo in dieselbe Kerbe. Konflikt-, Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie
Organisationsfähigkeit und fachübergreifendes/vernetztes Denken besitzen für die
befragten Gruppen (Studierenden, Unternehmen und Hochschulverantwortlichen)
sowohl bei der Vermittlung während des Studiums als auch im Stadium des
Berufseinstiegs und darüber hinaus große Relevanz, weshalb jene Kompetenzen in Kapitel
I. 4. einer näheren Betrachtung unterzogen werden.
Aufgrund der unterschiedlichen Zuordnungen, die die genannten StudienautorInnen in
ihren Untersuchungen zu den einzelnen Items vornehmen, ist in einem nächsten Schritt
eine allgemeine Klärung des Bildungs-, Qualifikations- und Kompetenzbegriffs
vorzunehmen.
41
1.4. Klärung der Begrifflichkeiten
Die Begriffe Bildung, Qualifikation und Kompetenz werden nicht nur in der pädagogischen
Fachliteratur häufig gebraucht, sondern auch in die Psychologie, die Betriebswirtschaft,
die Soziologie und die Bildungspolitik auf europäischer und nationaler Ebene finden diese
Eingang. Aufgrund der unterschiedlichen Definitionen sind jene Begrifflichkeiten vorerst
voneinander abzugrenzen.
Bildung, Ausbildung, Weiterbildung sowie lebenslanges Lernen sind im Zusammenhang
mit dem Berufseinstieg bzw. -alltag Schlüsselbegriffe. Jene Termini sind zweifelsohne mit
dem Kompetenzbegriff verbunden. Die ExpertInnenkommission der Europäischen
Kommission empfiehlt im Bericht „New Skills for New Jobs: Action Now“, dass eine
Kompetenzverbesserung der Arbeitnehmenden sowohl Vorteile für die Wirtschaft als
auch für die Gesellschaft, die ArbeitgeberInnen und die Individuen selbst darstellt, die in
Folge bessere Berufsaussichten haben.29 Folglich liegen Kompetenzen nicht „nur in
individueller sondern auch in gesellschaftlicher Verantwortung. Es ist eine kollektive
Aufgabe und Herausforderung, den Anforderungen unserer Zeit und der absehbaren
Zukunft zu begegnen“30.
Es steht daher fest, dass die Kompetenzentwicklung in der Arbeitswelt von einer
individuellen, betrieblichen und gesellschaftlichen Perspektive zu betrachten ist.31 Jener
sich wandelnde Arbeitsmarkt zieht ebenso eine Veränderung der Rolle der Universität
nach sich, die sich weg von einer reinen Lehruniversität hin zur kompetenzvermittelnden
Organisation orientieren muss, in der Interdisziplinarität, Interkulturalität und
Internationalität in den Vordergrund rücken.32
Für die Dissertation ist es bedeutsam, zu Beginn ein geeignetes Kompetenzverständnis zu
erarbeiten. Aufgrund des Spannungsverhältnisses der Termini (Schlüssel-)Qualifikation,
Bildung und Kompetenz gilt es, jene Begrifflichkeiten voneinander abzugrenzen, die nicht
nur in der Bildungslandschaft beachtet werden müssen, sondern gerade auch in der
29
Campbell, M./Devine, J./González, J./Halaász, G./Jenner, C./Jonk, A./Hultin, G./Münz, R./Strietska-Ilina, O., New Skills for New Jobs: Action Now. A report by the Expert Group on New Skills for New Jobs prepared for the European Commission (2010). 30
Lenz, W., Wertvolle Bildung: Kritisch - Skeptisch - Sozial (2011) 116. 31
Meyer, R., Kompetenz- und Organisationsentwicklung im Kontext moderner Beruflichkeit, in: Niedermair, G. (Hrsg.), Kompetenzen entwickeln, messen und bewerten (2012) 43 (44 ff). 32
Dressel, G. et al. (Hrsg.), Interdisziplinär und transdisziplinär forschen: Praktiken und Methoden (2014).
42
Berufstätigkeit, soweit in Arbeitsmarktprognosen genannt33, praktische Relevanz
besitzen.
In den letzten Jahren hat sich das Wissens- und Qualifikationsniveau der beschäftigen
Personen erhöht. Betrachtet man die Bevölkerungsgruppe im Alter zwischen 25 und 64
Jahren mit Bildungsabschlüssen der Sekundarstufe II oder höher, ist zu erkennen, dass in
den EU-Ländern (28 Staaten) im Zeitraum von 2000 (64,4%) bis 2013 (75,2%) ein Anstieg
von mehr als 10% zu verzeichnen ist. Österreich liegt mit 83,1% der ArbeitnehmerInnen
über dem europäischen Durchschnitt liegt.34 Einen tertiären Bildungsabschluss35
erreichten in den EU-Ländern 25,3%. Österreich befindet sich mit nur 17,7% unter dem
EU-Durchschnitt. Durch die steigende Anzahl an Beschäftigten mit Bildungsabschlüssen
der Sekundarstufe II gilt es anzudenken, welche Kompetenzen insbesondere in den
nächsten Jahren nachgefragt werden. In Deutschland konstatieren Vogler-Ludwig/Düll für
die Zukunft eine starke Nachfrage nach Rechts-, Wirtschafts- und
SozialwissenschaftlerInnen, zumal Managementaufgaben allgemein, die wirtschaftliche,
soziale und rechtliche Aspekte miteinschließen, zum Anforderungsprofil von
UniversitätsabsolventInnen jener Studienrichtungen zählen.36
Zu den Herausforderungen der Arbeitswelt 2030 gehören zweifelsohne der oben
beschriebene demographische Wandel, verlängerte Arbeitszeiten und die Weiterbildung
als wichtige Bildungsquelle.37 Dahingehend gilt es zu erarbeiten, welche spezifisch
arbeitsrechtlichen Änderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der
persönlichen Weiterbildung dienen können. Veränderungen am Arbeitsmarkt ziehen
demzufolge auch rechtliche Anpassungen nach sich. Urlaubsregelungen,
Kündigungsfristen, aber auch die Arbeitszeitgestaltung per se, z.B. in Form von
Gleitzeitmodellen, bieten dem Unternehmen und dem/der Beschäftigten mehr
Gestaltungsspielraum zur zeitlichen Arbeitseinteilung. Zusätzlich sind für Österreich aus
33
Vogler-Ludwig, K./Düll, N., Arbeitsmarkt 2030. Eine strategische Vorausschau auf Demografie, Beschäftigung und Bildung in Deutschland (2013). 34
Eurostat: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=de&pcode=tps00065&plugin=1 [15.01.2017]. 35
Bevölkerung mit einem tertiären Schulabschluss zwischen 15 und 64 Jahren; Eurostat; http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=edat_lfse_07&lang=de [15.01.2017]. 36
Vassiliadis, M. et al., Sozialpartnerschaft, in: Vogler-Ludwig, K./Düll, N. (Hrsg.), Arbeitsmarkt 2030. Eine strategische Vorausschau auf Demografie, Beschäftigung und Bildung in Deutschland (2013) 83 (84 f.). 37
Rump, J./Eilers, S., Weitere Megatrends, in: Vogler-Ludwig, K./Düll, N. (Hrsg.), Arbeitsmarkt 2030. Eine strategische Vorausschau auf Demografie, Beschäftigung und Bildung in Deutschland (2013) 13 (15 ff.).
43
rechtlicher Perspektive die Begriffe Bildungskarenz und Bildungsteilzeit zu thematisieren,
die dem/der Beschäftigten zeitlich flexible Formen zum lebenslangen Lernen bieten.38
1.5. Bildung – Qualifikation – Kompetenz im Kontext des lebenslangen Lernens
Gesellschaftliche Trends entwickeln sich sowohl in der Bildungslandschaft als auch in der
Berufstätigkeit. Zu diesen zählt Lenz neben einer ständigen Flexibilität, einer erhöhten
Mobilität auch Employability39, Qualifikation und Kompetenz.40 Die in der Einleitung
genannte Unsicherheit von Studierenden drückt sich darin aus, dass immer häufiger
Unternehmen in Stellenausschreibungen Qualifikationen und Kompetenzen erwarten, die
in Zeugnissen nicht dokumentiert sind.
In der Diskussion um Weiterbildung als vierte Säule des Bildungssystems spielen
selbstverständlich die Begriffe Bildung und lebenslanges Lernen eine wichtige Rolle. Denn
einerseits muss das Lernen von Erwachsenen einen gewissen Bildungsanspruch erfüllen,
andererseits sind Personen, die sich beruflich weiterbilden, am Erwerb relevanter
Kompetenzen, die sie für ihre Tätigkeit nutzen können, interessiert.41 Folglich sind das
Verhältnis sowie mögliche Divergenzen und Konvergenzen zwischen den genannten
Begrifflichkeiten zu klären.
1.5.1. Bildung
In der heutigen Gesellschaft, in der wissenschaftliche Bestrebungen den Fokus zusehends
auf Kompetenzen und Konzepte des lebenslangen Lernens richten, ist zu hinterfragen,
welche Position „Bildung“ innerhalb der Erziehungswissenschaft einnimmt. Bei dem
Terminus Bildung handelt es sich um einen spezifisch deutschsprachigen Fachausdruck.
Während Erziehung und Bildung in der französischen und englischen Sprache unter
38
Lobinger, Th./Arnold, Ch./Linck, R./Seifert, A., Arbeitsrecht, in: Rump, J./Walter, N. (Hrsg.), Arbeitswelt 2030. Trends, Prognosen, Gestaltungsmöglichkeiten (2013) 123 (123 ff.). 39
Siehe hiezu näher Klaus, H., Employability und Studium, in: Speck, P. (Hrsg.), Employability – Herausforderungen für die strategische Personalentwicklung. Konzepte für eine flexible, innovationsorientierte Arbeitswelt
4 (2009) 169-188; Speck, P., Employability – Herausforderungen für die
strategische Personalentwicklung4 (2009).
40 Lenz, W., Wertvolle Bildung. Kritisch – skeptisch – sozial (2011) 7, 77 f.
41 Erpenbeck, J./Weinberg, J., Bildung oder Kompetenz – eine Scheinalternative? in: Siebert H. (Hrsg.),
Bildung und Motivation, Report Nr. 3/2004, 69 (69); abrufbar unter: http://www.die-bonn.de/doks/weinberg0402.pdf [15.01.2017].
44
„education“ subsumiert werden, wird im Deutschen eine genaue Differenzierung
vorgenommen.42
Bildung und Erziehung betrachten das Heranwachsen von jungen Menschen aus
unterschiedlichen Perspektiven. Bildung ist immer nur als Selbstbildung möglich und eine
ständige innere Entwicklung. Erziehung hingegen setzt eine erziehende Person und
eine(n) zu Erziehende(n) voraus. Der/die ErzieherIn gibt Erfahrungswerte und Wissen mit
der Intention zur Selbständigkeit an den/die zu Erziehende(n) weiter. Er/sie agiert als
Subjekt und das Kind nimmt die Rolle des Objekts ein. Selbstdenken, Selbstbestimmung
oder Selbstaneignung sind hingegen essentialia negotii von Bildung, die ausschließlich von
außen angeregt werden kann. Eine absichtlich bewusste Herstellung von Bildung ist
demnach ausgeschlossen.43
Historisch betrachtet sind bis heute Ideen der Antike im Bildungsverständnis präsent.
Platon beschreibt seine Gedanken von Erziehung und Bildung in seinem bedeutendsten
Werk, der „Politeia“. Im „Höhlengleichnis“ verwendet er die Höhle als Metapher für die
Unbildung. Das Lernen der Schatten durch die BewohnerInnen ist unreflektiert, denn es
handelt sich lediglich um eine Nachahmung. Platon schließt daraus, dass das Lernen als
Umlernen von Gewohntem im Vordergrund steht. Ein Umlernen verursacht jedoch bei
dem/der Lernenden Schmerz und Widerstand, weshalb der Pädagoge bzw. die Pädagogin
als Hilfestellung zum Ausstieg aus dem Gewohnten, d.h. der Höhle, dient.44 Mit dem
Höhlengleichnis entwickelte Platon den Begriff der Erziehung und Bildung (altgriechisch
„paideia“) und somit auch das Erziehungsideal der Antike.45 Ziel ist die Umkehr des
Menschen und die Hinwendung zum Denken, d.h. zur Harmonie bzw. Balance zwischen
Körper und Seele und zur Einheit der menschlichen Seele.46
Im Mittelalter zeichnete sich Bildung durch die geistige Bildung des Gedächtnisses aus.
Nicht die Leibesbildung, sondern das geistig-transzendentale Einswerden mit Gott als
42
Raithel, J./Dollinger, B./Hörmann, G., Einführung Pädagogik: Begriffe, Strömungen, Klassiker, Fachrichtungen
3 (2009) 36.
43 Meueler, E., Die Türen des Käfigs. Wege zum Subjekt in der Erwachsenenbildung
2 (2009) 146 ff.; Krautz, J.,
Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie2 (2009) 15.
44 Mitgutsch, K., Schatten des Lernens. Die Höhle als Metapher der Unbildung, in: Dzierzbicka, A./Bakic,
J./Horvath, W. (Hrsg.), In bester Gesellschaft. Einführung in philosophische Klassiker der Pädagogik von Diogenes bis Baudrillard (2008) 31 (36 ff.). 45
Schwenk, B., Bildung, in: Lenzen, D. (Hrsg.), Pädagogische Grundbegriffe8, Band 1 (2006) 208 (209).
46 Reble, A., Geschichte der Pädagogik
15 (1989) 32 ff.
45
dem Urgrund der Welt rückt in den Vordergrund. Das Wort Bildung steht daher im engen
Zusammenhang mit der Theologie und dem Abbild Gottes. Meister Eckhart zufolge hat
der/die Einzelne keinen Einfluss auf den Bildungsprozess. Im Gegensatz zur späteren
Forderung von Wilhelm von Humboldt ist es nicht die Aufgabe des Menschen, sich zu
bilden, sondern diese ist durch Gott bestimmt.47 Demnach handelt es sich um die Bildung
des inneren Menschen in seiner ganzen Subjektivität. Ein litteratus (Gebildeter) im
Mittelalter verfügte über die septem artes liberales48 und die artes mechanicae, den
technischen Fächern. Jeder Mensch sollte das Transitorische (das Vorübergehende)
überwinden und sich das Transzendentale (das Metaphysische) durch Übersteigerung des
Immanenten aneignen. Durch die Aneignung von Wissen konnte sich das Individuum
Einsicht erarbeiten und sich der kosmischen Ordnung göttlicher Schöpfung annähern.49
Im Humanismus und in der Aufklärung findet eine Umformung des Bildungsbegriffes
statt. Johann Amos Comenius50 entwickelte den philosophischen Grundsatz „omnes,
omnia, omnino“, wonach alle Menschen alle Dinge der Welt vollständig erlernen dürfen.
Als revolutionären Gedanken plädierte er für die Einführung einer allgemeinen
Schulpflicht für Jungen und Mädchen ohne Zwang und Gewalt, um gelehrte Bildung,
Frömmigkeit und Sittlichkeit zu erlernen. Der Mensch ist als vernünftiges Wesen den
anderen Geschöpfen übergeordnet und dazu angehalten, sich bis zur Vollendung des
24. Lebensjahres zu bilden.51 Während der Bildungsbegriff von Comenius noch stark
religiös geprägt war, lösten sich die Menschen in der Aufklärung aus der ständischen und
kirchlichen Gebundenheit.52
Der selbstbestimmte Verstandesgebrauch als Idee der Aufklärung umfasst den Verstand
sowohl als theoretisches als auch als praktisches Vernunftvermögen. Die
Verstandesnutzung sollte in sensu Kant selbstbestimmt durch die Realisierung von reiner
praktischer Vernunft, dem reinen Willen und der Moralität erfolgen. Damit zielt die
47
Lederer, B., Kompetenz oder Bildung. Eine Analyse jüngerer Konnotationsverschiebungen des Bildungsbegriffs und Plädoyer für eine Rück- und Neubesinnung auf ein transinstrumentelles Bildungsverständnis (2014) 34 f. 48
Trivium (Grammatik, Rhetorik, Logik/Dialektik) und Quadrivium (Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik). 49
Melville, G., Bildung! – Welche Bildung? in: Schlüter, A./Strohschneider, P. (Hrsg.), Bildung? Bildung! 26 Thesen zur Bildung als Herausforderung im 21. Jahrhundert (2009) 56 (62 f.). 50
Für didaktische Grundlagen vgl. Comenius, J. A., Große Didaktik, in: Filtner, A. (Hrsg.), Johann Amos Comenius. Mit einem Nachwort zur neueren Comeniusforschung von Klaus Schaller
9 (2000).
51 Lederer, B., Kompetenz oder Bildung 37; Reble, A., Geschichte der Pädagogik
15, 117 ff.
52 Langewand A., Bildung, in: Lenzen, D. (Hrsg.), Erziehungswissenschaft. Ein Grundkurs
2 (1994) 69 (70).
46
Aufklärung auf die Moralisierung des Menschen ab, wodurch Aufklärung und Pädagogik
(Erziehung) identisch sind.53
Denn die Aufforderung von Kant lautet, dass der Mensch Mut haben solle, sich seines
eigenen Verstandes zu bedienen, sodass der/die BürgerIn über geistige, politische und
soziale Mündigkeit verfügt. Nur durch die ständige Benutzung des Verstandes könne einer
selbstverschuldeten Unmündigkeit entgegengewirkt werden.54
In diesem Punkt ist auf die Parallelität zum Höhlengleichnis von Platon zu verweisen, in
dem der Mensch aus Bequemlichkeit, Faulheit und aufgrund des damit einhergehenden
Schmerzes die Höhle nicht verlässt. Nach Kant ist die anthropologische Unterscheidung
zwischen Mensch und Tier dadurch gegeben, dass das Tier instinktiv durch „fremde
Vernunft“ handelt. Hingegen ist der Mensch vorerst instinktarm, muss seine Anlagen
durch Vernunft entwickeln und als einziges Geschöpf erzogen werden.55
Nieser beschreibt den Übergang von der Aufklärung zum Neuhumanismus
folgendermaßen:
„Mit dem Bildungsbegriff, wie ihn die deutsche Spätaufklärung entwickelt und
wie er den Übergang zum Neuhumanismus bestimmt, wird die Selbsttätigkeit
aller menschlichen Kräfte und die Selbstentwicklung der Individuen ganz in den
Vordergrund gerückt und in Erziehung und Aufklärung werden nur noch Mittel
gesehen, dieses Ziel, die Bildung, zu verwirklichen.“56
Wilhelm von Humboldt prägte den deutschen Bildungsbegriff im Neuhumanismus und
stellt den Menschen in den Mittelpunkt, der durch die Auseinandersetzung mit seiner
Umwelt Bildung erlangt. Die Bildungsinstitutionen selbst rücken in den Hintergrund. Denn
grundsätzlich hat jeder Mensch das Bedürfnis, sich zu bilden, um die Persönlichkeit zu
vervollkommnen und Individualität zu erlangen. Für Humboldt liegt der wahre Zweck des
Menschen in der höchsten proportionierlichsten Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen.
53
Schwarz, G., Kants Idee der Erziehung als Aufklärung des Menschen zu dessen Göttlichkeit. Kommentar zu Volker Ladenthin: Ist Aufklärung pädagogisch wertvoll? Bildung nach Kant, in: Kaplow, I. (Hrsg.), Nach Kant: Erbe und Kritik (2005) 84 (85). 54
Kant, I., Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung, in: von Weischedel, W. (Hrsg.), Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik 1 (1977 [1783]) 53 f. 55
Schwarte, J., Der werdende Mensch. Persönlichkeitsentwicklung und Gesellschaft heute (2002) 120. 56
Nieser, B., Aufklärung und Bildung: Studien zur Entstehung und gesellschaftlichen Bedeutung von Bildungskonzeption in Frankreich und Deutschland im Jahrhundert der Aufklärung (1992) 22.
47
Dies bedeutet, dass alle Fächer Relevanz besitzen und Spezialisierungen vermieden
werden sollten.
Zudem bemüht sich das Bürgertum aufgrund des beginnenden Industriezeitalters in der
noch ständisch geprägten Gesellschaft des 18. und 19. Jahrhunderts um Emanzipation
und Selbstermächtigung.57 Lenz stellt diesen geschichtlichen Verlauf des Bildungsbegriffes
folgendermaßen dar:
„Das Bürgertum wollte sich Macht und Einfluss aufgrund eigener Leistung und
eigenständiger Bildung, nicht aber durch den ‚Adel des Blutes‘, nämlich durch
Vererbung, erwerben und sichern. Für die Arbeiterschaft des 19. Jahrhunderts sollte
Bildung ermöglichen, die Lebensverhältnisse zu verbessern, indem sie sich mit
kämpferischem Bewusstsein und verlässlichem Wissen aus der Abhängigkeit
emanzipierte.“58
Voraussetzung für diese Form einer umfassenden Bildung ist Freiheit, wobei Humboldt
den freien Zugang zur Allgemeinbildung, unabhängig von sozialer Herkunft oder
Schichtzugehörigkeit, verlangt.59
Klafki differenziert im 20. Jahrhundert zwischen materialer und formaler Bildung.
Materiale Bildung, d.h. der bildungstheoretische Objektivismus, enthält Inhalte, die
der/die Lernende aufgrund ihrer Wichtigkeit unbedingt lernen muss. Die Inhalte sind
gleichbedeutend mit den objektiven Inhalten der Kultur.
Die formale Bildung fokussiert auf das Subjekt, wobei Klafki wiederum eine Unterteilung
zwischen einer Theorie der funktionalen und der methodischen Bildung vornimmt. Die
funktionale Theorie stellt die „Formung, Entwicklung, Reifung von körperlichen,
seelischen und geistigen Kräften“60 in den Vordergrund, während die methodische
Theorie Bildung dadurch kategorisiert, Denkweisen, Gefühlskategorien und
Wertmaßstäbe zu gewinnen und zu beherrschen. Demnach muss der/die Lernende über
Methoden verfügen, wie er/sie sich Inhalte aneignet.61 Die zuletzt genannte Theorie der
57
Lederer, B., Kompetenz oder Bildung 39, 199 f. 58
Lenz, W., Sozialkapital statt Bildung?, Zeitschrift Umwelt & Bildung 2007, H. 4, 15 (16). 59
Humboldt von, W., Schriften zur Anthropologie und Bildungslehre, in: Flitner, A. (Hrsg.), Wilhelm von Humboldt (1984) 28 f. 60
Klafki, W., Studien zur Bildungstheorie und Didaktik (1975) 33. 61
Klafki, W., Studien zur Bildungstheorie und Didaktik 28 ff.
48
methodischen Bildung ist ebenfalls zentral für die vorliegende Arbeit, zumal
unterschiedliche Handlungskompetenzmodelle62 die methodische Kompetenz beinhalten.
Unter Bezugnahme auf Comenius und Kant geht Klafki von einer Allgemeinbildung aus,
die drei Grundfähigkeiten einbezieht.
1. Selbstbestimmung umfasst die Fähigkeit, dass jede(r) eigenständig über seine/ihre
individuellen Lebensbeziehungen und Sinndeutungen zwischenmenschlicher,
beruflicher, ethischer und religiöser Art bestimmen kann.
2. Die Mitbestimmungsfähigkeit impliziert, dass jede(r) sowohl den Anspruch als
auch die Möglichkeit und Verantwortung hat, die gemeinsamen kulturellen,
gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse mitzugestalten und sich daran aktiv
zu beteiligen.
3. Solidaritätsfähigkeit steht im Konnex zu den ersten beiden Fähigkeiten. Um den
Anspruch auf Selbstbestimmung und Mitbestimmung zu rechtfertigen, muss das
Individuum versuchen, für die Rechte jener einzutreten, die über diese Rechte
nicht verfügen.
Als Entwickler des ersten deutschen Kompetenzmodells zählt Klafki Kritikbereitschaft und
-fähigkeit, Argumentationsbereitschaft und -fähigkeit sowie Empathie und die Fähigkeit
zu vernetztem Denken zur Allgemeinbildung.63
Abschließend ist ein Bildungsverständnis festzustellen, das unter Einbeziehung des
Humboldt’schen Bildungsverständnisses die Theorie der „kategorialen Bildung“
hervorgebracht hat. Die „kategoriale Bildung“ schließt gesellschaftliche Verantwortung
des sich bildenden und lernenden Menschen ein.
Wie der geschichtliche Abriss zeigt, gestaltet es sich schwierig, eine einheitliche Definition
von Bildung zu nennen. Lenzen orientiert sich bei seiner Begriffsklärung an fünf
Dimensionen:
1. Bildung als individueller Bestand
Die Eigenschaften des/der Gebildeten werden in der Bildung als individueller Bestand
bezeichnet. Folglich ist es das Resultat eines individuellen Bildungserwerbs. Der/Die
62
Siehe hierzu Kapitel I. 3. 63
Klafki, W., Abschied von der Aufklärung? Grundsätze eines bildungstheoretischen Gegenentwurfs, in: Krüger, H.-H. (Hrsg.), Abschied von der Aufklärung? Perspektiven der Erziehungswissenschaft (1990) 91 (93 f.).
49
Gebildete verfügt über bestimmtes Wissen. Diese Dimension von Lenzen entspricht jener
der „materialen Bildungstheorie“ von Klafki, die vom Inhalt und Gehalt der Bildung
ausgeht. Allerdings gestalten sich die Legitimation der ausgewählten Inhalte und die
sinnvolle Anwendung derselben in konkreten Situationen problematisch.
2. Bildung als individuelles Vermögen
Unter Bildung als individuelles Vermögen sind Kräfte, Kompetenzen, Qualifikationen,
Vermögen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verfahren zu subsumieren, durch die der
Mensch befähigt wird, sich zu bilden. Zu kritisieren ist in diesem Zusammenhang der
lückenhafte Transfer formaler Kompetenzen auf andere Inhalte. Um die
Gegenüberstellung und Kritik zwischen formaler und materialer Bildungstheorie zu
entschärfen, entwickelte Klafki die oben genannte kategoriale Bildung.
3. Bildung als individueller Prozess
Bildung als individueller Prozess weist auf den dynamischen Prozesscharakter von Bildung
hin und geht von einem permanenten Bewegungs- und Veränderungsvorgang aus. Dieses
Momentum findet sich ebenfalls im klassischen Begriff der bildungsphilosophischen
Reflexion, der „Bildsamkeit“, bei der es sich um einen Vorläufer des „life-long-learnings“
handelt.
4. Bildung als individuelle Selbstüberschreitung und als Höherbildung der
Gattung
Bildung als individuelle Selbstüberschreitung und als Höherbildung der Gattung als vierte
Dimension des Bildungsbegriffs entspricht der säkularisierten Version der Imago
Dei-Vorstellung. Der/die Gebildete versucht, sich im Bildungsprozess schrittweise dem
göttlichen Vorbild anzunähern. Dieser Versuch ist jedoch aufgrund der Gottesähnlichkeit
des Menschen unabschließbar.
5. Bildung als Aktivität bildender Institutionen oder Personen
Die letzte Dimension stellt die Bildung als Aktivität bildender Institutionen oder Personen
dar. Bereits Schleiermacher, Humboldt und Herbart haben auf die Wichtigkeit von
bildenden Personen und Institutionen hingewiesen. Letzteren kommen
50
bildungstheoretische Aufgaben zu.64 In der von Benner in den 1980er Jahren entwickelten
Bildungstheorie sind „die vorgegebenen Institutionen pädagogischen Handelns daraufhin
zu untersuchen und dahingehend zu befragen, ob und wie in ihnen die individuelle, in den
konstitutiven Prinzipien der Bildsamkeit und der Aufforderung zur Selbsttätigkeit
begründete Seite mit der gesellschaftlichen, den regulativen Prinzipien eines
nichthierarchischen Verhältnisses der Einzelpraxen ausdifferenzierter Humanität und der
Überführung gesellschaftlicher Determination in pädagogische sowie praktische
Determination verpflichteten Seite pädagogischen Handelns zusammenstimmt“65.
Unter einem aktuellen Bildungsverständnis sind alle Inhalte zu subsumieren, die ein
Mensch gewinnt, indem er sich mit Sprache, Literatur, Wissenschaft und Kunst
beschäftigt.66 Die Begrifflichkeit hat sich allerdings bis heute ihre widersprüchliche
Ambiguität bewahrt. Einerseits impliziert Bildung den Oberbegriff für alle Lehr-Lern-
Aktivitäten, die in der Arbeitswelt Relevanz besitzen, andererseits handelt es sich um den
intellektuellen und kreativen Widerstand gegen die Verzweckung des Individuums im
Arbeitsalltag. Der Mensch ist als „erziehungs- und belehrungsbedürftiges Mängelwesen“67
dazu angehalten, lebenslang zu lernen.68
Eine moderne Begriffsdefinition verlangt zweifelsohne eine Differenzierung zwischen
Qualifikation und Kompetenz. Klafki geht davon aus, dass Bildung auf dem Ideal einer
autonomen und mündigen Persönlichkeit und einer gezielten Förderung beruht. Hingegen
stellt die Qualifikation den/die Arbeitende(n) in den Mittelpunkt, der/die
arbeitsplatzspezifische Anforderungen bewältigen muss. In einem zeitgemäßen
Bildungsbegriff wird die Grenze zwischen allgemeinen und berufsspezifischen Inhalten
allerdings immer unschärfer. Dennoch ist an den historischen Bildungsbegriff anknüpfend
davon auszugehen, dass die Entfaltung des Verstandes, die moralische und praktische
Willensbildung, aber auch die Befähigung zur kritischen Reflexion und unabhängiger
Urteilsbildung dem Bildungsbegriff immanent sind. Nachdrücklich soll das Individuum
daher nicht durch fremdgesetzte Zwecke vereinnahmt werden, sondern vielmehr ist
64
Ehrenspeck, Y., Philosophische Bildungsforschung: Bildungstheorie, in: Tippelt, R./Schmidt, B. (Hrsg.), Handbuch Bildungsforschung
3 (2010) 155 (159 ff.).
65 Benner, D., Allgemeine Pädagogik (1987) 166.
66 Schwenk, B. in Lenzen, D. 208.
67 Meueler, E., Die Türen des Käfigs
2, 156.
68 Meueler, E., Die Türen des Käfigs
2, 154 ff.
51
unter Bildung ein Grundrecht für alle zu verstehen. Die Vorstellung von „Bildung“ und
einem „gebildeten Menschen“ steht in einem engen Zusammenhang zum lebenslangen
Lernen. Während ein sozial-differenzierendes Bildungsverständnis auf Zweckrationalität
und Instrumentalität sowie einer niedrigen Bildungsbereitschaft ausgeht, erfordert der
personal-differenzierende Ansatz eine hohe Bildungsbereitschaft und ist durch zweckfreie
persönliche Charakteristika gekennzeichnet.69
1.5.2. Qualifikation
Die (Schlüssel-)Qualifikations-Kompetenz-Diskussion ist komplex und vielschichtig. In den
1970er Jahren stand der Qualifikationsansatz im Vordergrund, wonach Qualifikationen
objektiv bestimmbare Erwartungen sind, die einerseits aus der Arbeitswelt resultieren
und andererseits als Grundlage für die Berufserziehung dienen. Demzufolge ist der
Qualifikationsbegriff enger als der Bildungsbegriff ausgestaltet, da er rein auf die Arbeit
orientiert ist. Qualifikationen sind auf die Erfüllung von bestimmten Zwecken gerichtet
und folglich fremdorganisiert. Sie sind objektbezogen, d.h. auf die Erfüllung einer
konkreten Nachfrage bzw. Anforderung sowie auf tätigkeitsbezogene Kenntnisse,
Fähigkeiten und Fertigkeiten gerichtet. Bei Qualifikationen handelt es sich um Elemente
individueller Fähigkeiten, die rechtsförmig zertifiziert werden können.70 Doch merkte
Mertens bereits 1974 an, dass die Bevölkerung eine gewisse „Anpassungsfähigkeit an
nicht Prognostizierbares“71 entwickeln müsse, um sich entsprechende Qualifikationen für
die Berufstätigkeit anzueignen.
Sloane et al. definieren Qualifikation als „Bezeichnungen für von Mitarbeitern (aber ggf.
auch von Maschinen oder Software) zu erfüllende Arbeitsaufgaben, werden also als
Qualifikationsanforderungen gedeutet“72. Jene enge Begriffsdefinition impliziert
Anforderungen aus der Arbeitswelt sowie die Bewältigung bestimmter Arbeitssituationen.
Weinberg geht einen Schritt weiter und knüpft daran an, dass Qualifikationen als
69
Tippelt, R./Schmidt, B., Zeitgemäße Bildung: Anregungen zum Diskurs aus bildungs- und lerntheoretischer Sicht, in: Otto, H.-U./Oelkers, J. (Hrsg.), Zeitgemäße Bildung. Herausforderung für Erziehungswissenschaft und Bildungspolitik (2006) 37 (37 f.). 70
Arnold, R., Qualifikation, in: Arnold, R./Nolda, S./Nuissl, E. (Hrsg.), Wörterbuch der Erwachsenenbildung2
(2010) 251 (252). 71
Mertens, D., Schlüsselqualifikationen – Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft, in: Allmendinger et al. (Hrsg.), Mitteilungen aus der Arbeits- und Berufsforschung. 7. Jahrgang (1974) 36 (39). 72
Sloane, P./Twardy, M./Buschfeld, D., Einführung in die Wirtschaftspädagogik2 (2004) 108.
52
Essentialia für das Berufsleben durch ein Zeugnis oder Zertifikat73 bescheinigt werden
müssen.74 Die berufliche Zukunft sei ohne qualifizierenden Abschluss verbaut.75 Franzke
schafft einen erweiterten Qualifikationsbegriff. Denn in der Art und im Inhalt der
Anforderungen ist zwischen fachlichen, sozialen, politischen und gesellschaftlichen
Qualifikationen einerseits und prozessgebundenen, prozessunabhängigen, funktionalen
und innovatorischen Qualifikationen andererseits zu unterscheiden. Ebenfalls sind jene
Fähigkeiten der ArbeitnehmerInnen erfasst, die Verwendungssituation der
Qualifikationen mitzubestimmen.76
Um eine Annäherung des Qualifikationsbegriffes an den Bildungsgedanken
nachvollziehen zu können und nicht zu sehr auf den Anwendungsbezug zu fokussieren,
wurde der Begriff der Schlüsselqualifikation in die Qualifikationsdebatte eingefüht.77
Diesen prägte Mertens, der Kompetenzen aus einer berufspädagogischen Perspektive als
Schlüsselqualifikationen bezeichnete. Er nimmt eine Unterteilung zwischen
Basisqualifikation, Horizontalqualifikation, Breitenelementen und Vintage-Faktoren vor.
Basisqualifikationen sind Qualifikationen höherer Ordnung und umfassen ein breites
Spektrum vertikalen Transfers. Zu diesen zählt Mertens das logische, analytische,
kritische, strukturierende, dispositive, kooperative, konstruktive, konzeptionelle,
dezisionistische, kreative und kontextuelle Denken sowie die Lernfähigkeit.
Horizontalqualifikationen dienen zur Gewinnung, zur Verarbeitung und zum Verständnis
von Informationen. Zentral ist daher zu wissen, wo Informationen zu finden sind.
Breitenelemente beinhalten ubiquitäre Ausbildungselemente, beispielsweise
Computerkenntnisse, die in vielen Tätigkeitsbereichen verlangt werden. Vintage-Faktoren
heben generationsbedingte Bildungsdifferenzen auf (z.B. Differenzen zwischen Jüngeren
und Älteren aufgrund der Weiterentwicklung der Schullehrpläne).78
73
Zur Zertifizierung von ErwachsenbildnerInnen siehe ausführlich Gruber, E./Wiesner, G. (Hrsg.), Erwachsenenpädagogische Kompetenzen stärken. Kompetenzbilanzierung für Weiterbildner/-innen (2012). 74
Weinberg, J., Kompetenzerwerb in der Erwachsenenbildung, Hessische Blätter für Volksbildung 46/1996, H. 3, 209 (213). 75
Beck, U., Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne (1986) 244. 76
Franzke, R., Qualifikation – Qualifikationsforschung, in: Lenzen, D. (Hrsg.), Pädagogische Grundbegriffe7,
Band 2 (2005) 1290 (1290). 77
Gonon, Ph./Kraus, K., Gegenstand, in: Fuhr, Th./Gonon, Ph./Hof, C. (Hrsg.) Erwachsenenbildung - Weiterbildung. Handbuch der Erziehungswissenschaft 4 (2011) 35 (44 f.). 78
Mertens, D. in Allmendinger, J. et al. 41 f.
53
Darüber hinaus entwickelte Oskar Negt ein gesellschaftskritisches
Schlüsselqualifikationskonzept, indem er von der Fragestellung ausgeht, was Menschen
wissen müssen, damit sie die heutige Krisensituation begreifen und ihre
Lebensbedingungen in solidarischer Kooperation mit anderen verbessern können. Zur
Einübung formuliert er die sechs gesellschaftlichen Schlüsselqualifikationen
Identitätskompetenz, technologische Kompetenz, Gerechtigkeitskompetenz,
ökologische, historische und ökonomische Kompetenz. Negt vermischt die
Begrifflichkeiten Schlüsselqualifikation und Kompetenz und sein Verständnis ist deutlich
politisch motiviert.79
Um nationale und sektorale Qualifikationsrahmen und -systeme vergleichen zu können
und die Transparenz sowie die Anerkennung von Qualifikationen von EU-BürgerInnen zu
erleichtern, trat im April 2009 auf Empfehlung des Europäischen Parlaments und des
Rates der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) in Kraft. Zur Beschreibung von
Qualifikationen dienen Lernergebnisse (learning outcomes). Die Europäische Kommission
begründet den Aufbau des EQR u.a. damit, dass die Transparenz von formellen und
informellen Lernprozessen gesteigert werden soll, die Durchlässigkeit innerhalb der
einzelnen Bildungssysteme erhöht wird, eine Förderung der Mobilität im Bildungs- und
Berufssystem stattfindet, informelles Lernen aufgewertet wird, Vertrauen zwischen den
BildungsanbieterInnen und -nachfragerInnen aufgebaut und die Qualität der beruflichen
Bildung erhöht wird.
Der EQR und der NQR umfassen das gesamte Bildungs- und Qualifizierungssystem. Beim
EQR ist die Gliederung von allgemeiner bzw. beruflicher Aus- und Weiterbildung,
universitärer Bildung sowie nicht formaler und informeller Bildung an acht
Referenzniveaus gebunden, wobei ein Kreditpunktesystem beachtet werden muss. Die
acht Niveaus (Levels) dienen zur Anrechnung in allen Bildungsbereichen und -prozessen
im In- und Ausland.80
In Anlehnung an den EQR entwickelte Österreich den NQR, der als Ziele u.a. die
Transparenz, die Stärkung am Arbeitsmarkt und die Durchlässigkeit des Bildungssystems
79
Negt, O., Kindheit und Schule in einer Welt der Umbrüche (Göttingen 1997) 210 ff., 227 ff., 232 ff. 80
Europäisches Parlament/Rat, Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Errichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen. Amtsblatt der Europäischen Union (2008) 5 ff.
54
enthält. Der NQR besteht aus acht Niveaus, 24 Deskriptoren und drei Korridoren. Die
Niveaus enthalten die Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen des bzw. der
niedrigeren Niveaus. Die 24 Deskriptoren beschreiben wiederum die Lernniveaus. Die
NQR Tabelle, die aus den Niveaus und Deskriptoren besteht, lehnt sich an die
Deskriptoren des EQR an und wird durch die österreichspezifischen Erläuterungen
ergänzt. Durch den NQR werden keine Kompetenzen oder Personen, sondern
Qualifikationen zugeordnet. Die Zuordnung erfolgt auf der Grundlage von verschiedenen
Prinzipien:81
Prinzip des best-fit: ganzheitliche Betrachtung der Beschreibungen der
Lernergebnisse im jeweiligen Niveau;82
Prinzip der Gleichwertigkeit: gleichwertige Einstufung hinsichtlich des Umfangs,
der Dauer, der Form und des Zwecks;
Formale Qualifikationsabschlüsse: direkte Verankerung im NQR.83
Erst kürzlich konnte der NQR in Österreich in ein rechtliches Korsett gegossen werden,
denn das NQR-Gesetz84 trat am 15. März 2016 in Kraft. Dieses regelt gem. § 1 die
Zuordnung von österreichischen Qualifikationen zu einem Qualifikationsniveau des NQR
und schafft die Möglichkeit, diese Zuordnung in einem allgemein zugänglichen Register zu
veröffentlichen. Die OeAD-GmbH übt als NQR-Koordinierungsstelle ausschließlich diese
herausfordernde Aufgabe (§ 4 NQR-Gesetz) aus, die einen Beirat mit sieben
ausgewiesenen ExpertInnen aus dem Gesundheitswesen, der Berufspraxis, sowie der
Aus-, Fort- und Weiterbildung einrichtet (§ 6 NQR-Gesetz). Zusätzlich schafft das Gesetz
eine NQR-Steuerungsgruppe, die u.a. die für Qualifikationen zuständigen staatlichen
Behörde berät (§ 7 NQR-Gesetz). Die dritte Institution sind NQR-Servicestellen, die auf
Vorschlag der NQR-Steuerungsgruppe ermächtigt werden (§ 7 Abs. Z. 6 NQR-Gesetz) und
auf Initiative von Anbietern von nicht-formalen Qualifikationen im Zuordnungsprozess
und bei der Einbringung von Zuordnungsersuchen unterstützend tätig sind (§§ 2 Abs. 8, 9
NQR-Gesetz).
81
BMUKK/BMWF, Konsultationspapier – Nationaler Qualifikationsrahmen für Österreich (2008) 7 f., 17 ff. 82
Luomi-Messerer, K., Materialien und Überlegungen zur Gestaltung der Deskriptoren des NQR in Österreich (2009) 10. 83
BMUKK/BMWF, Konsultationspapier – Nationaler Qualifikationsrahmen für Österreich 17; BMUKK/BMWF, Aufbau eines Nationalen Qualifikationsrahmens in Österreich. Schlussfolgerungen, Grundeinschätzungen und Maßnahmen nach Abschluss des NQR Konsultationsverfahrens (2009) 6. 84
Bundesgesetz über den Nationalen Qualifikationsrahmen – NQR-Gesetz, BGBl I 14/2016.
55
§§ 8 und 9 NQR-Gesetz regeln das Zuordnungverfahren von formalen und nicht-formalen
Qualifikationen detaillierter. Ein NQR-Handbuch, das in einer Erstversion besteht,
erleichtert zukünftig die Formulierung und Bearbeitung von Zuordnungsersuchen
(§ 10 NQR-Gesetz).85
Mayr/Tritscher-Archan stellen das Zuordnungsverfahren zur leichteren Verständlichkeit
graphisch dar.
Abbildung 14: Zuordnungsverfahren nach dem NQR-Gesetz.86
Da – wie aufgezeigt – Qualifikation im engen Zusammenhang mit Qualifizierung steht,
stellt sie im Gegensatz zum Bildungsbegriff einen direkten Anwendungsbezug her.87 Durch
den stetigen Wandel relevanter Qualifikationen am Arbeitsmarkt kann es bisweilen dazu
kommen, dass vormals wesentliche Qualifikationen nicht mehr gefragt sind. Im Gegensatz
dazu steht der Bildungsbegriff, der das Subjekt in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt.
85
ErläutRV 999 BlgNR 25 GP 2 ff. 86
Mayr, T./Tritscher-Archan, S., Der Nationale Qualifikationsrahmen in Österreich, ibw aktuell 2016, H. 19, 1 (6). 87
Gonon, Ph./Kraus, K., in Fuhr, T./Gonon, Ph./Hof, C. 44.
56
Demnach ist der/die Lernende der zentrale Bezugspunkt pädagogischen Denkens und
Handelns.88
1.5.3. Kompetenz
In den 1980er Jahren folgte auf den Qualifikationsbegriff ein „Siegeszug“ des
Schlüsselqualifikationskonzepts. Zu Beginn der 1990er Jahre bemerkt Reinisch ein
„unreflektiertes ‚harmonisches Miteinander‘ von Kompetenz, Qualifikation und
Bildung“89, dem eine Dominanz des Kompetenzbegriffs ab der Mitte der 1990er Jahre
folgte. Im Gegensatz zum Qualifikationsbegriff ist der Subjektbezug ein charakteristisches
Merkmal des Kompetenzbegriffes. Das Individuum verfügt demnach über eine
individuelle Stärke, die es in neuen Situationen anwendet. In diesem Zusammenhang
richtet sich der Fokus nicht verstärkt auf Qualifikationen, sondern der
Kompetenzentwicklungsbegriff rückt mehr und mehr in den Vordergrund.
Der Begriff Kompetenz leitet sich vom lateinischen Verb „competere“ sowie vom Nomen
„competentia“ ab und bedeutet einerseits „zusammentreffen“ andererseits auch
„geeignet“ und „fähig sein“. Demnach handelt es sich um eine begriffliche Ambiguität, die
einen intersubjektiv-juristischen und einen pädagogischen Kompetenzbegriff beinhaltet.
Ersterer umfasste im römischen Recht die „Zuständigkeit“ und „Rechtmäßigkeit“ und
entwickelte sich zur klaren Zuschreibung von Rechten und Pflichten bzw. Zuständigkeiten
an Staatsorgane. In der Psychologie, aber auch in den Erziehungswissenschaften, der
Soziologie und den Kommunikationswissenschaften entspricht Kompetenz zurückgehend
auf den Psychologen Robert W. White der „Fähigkeit“ bzw. dem „geeignet sein“.90
White führte den Terminus in der Motivationspsychologie für spezifische, motivational
induzierte Lernprozesse ein, die das Individuum selbstorgansiert hervorbringt und die
weder angeboren noch durch Reifung bedingt sind. Demzufolge ist Kompetenz die
88
Reinisch, H., Kompetenz, Qualifikation und Bildung: Zum Diskurs über die begriffliche Fassung von Zielvorgaben für Lernprozesse, in: Minnameier, G./Wuttke, E. (Hrsg.), Berufs- und wirtschaftspädagogische Grundlagenforschung. Lehr-Lern Prozesse und Kompetenzdiagnostik. Festschrift für Beck, K. (2006) 259 (259); Gnahs, D., Kompetenzen – Erwerb, Erfassung, Instrumente (2010); Gnahs, D., Studientexte für Erwachsenenbildung: Kompetenzen – Erwerb, Erfassung, Instrumente (2007); Wittwer, W., Kompetenzentwicklung – Individualisierung oder Normierung?, in: Niedermair, G. (Hrsg.), Kompetenzen entwickeln, messen und bewerten (2012) 81-99. 89
Reinisch, H. in Minnameier, G./Wuttke, E. 263. 90
Brohm, M., Sozialkompetenz und Schule (2009 )15 f.
57
Voraussetzung für Handlungen, die ein Individuum durch die selbstmotivierte Interaktion
mit seiner Umwelt setzt.91 Chomsky geht noch einen Schritt weiter und grenzt die
Kompetenz, d.h. die Fähigkeit, über situationsangemessene Sprachmuster zu verfügen,
von der Performanz ab. Letztere drückt sich dadurch aus, dass das Individuum korrekte
Äußerungen tätigen kann.92
In der heutigen Berufswelt muss das Individuum über ein Konglomerat von Kompetenzen,
sog. Handlungskompetenzen, verfügen, die Ausgangspunkt des Dissertationsprojektes
sind.
Bei der Kompetenzdiskussion ist insbesondere eine Abgrenzung zwischen Linguistik und
pädagogischer Psychologie vorzunehmen. Während in der Linguistik die Modelle von
Chomsky (Kompetenz – Performanz) und de Saussure (Langue – Parole) abzuhandeln sind,
gilt es in der pädagogischen Psychologie zwischen der Didaktik von Klafki (kategoriale
Bildung93), der Psychologie von Piaget (Lern- und Entwicklungsstufen) und der Pädagogik
von Roth (Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz) zu differenzieren.
Was gegenwärtig als Handlungskompetenz bezeichnet wird, könnte mit den Worten von
Foucault als „régime of truth“94, d.h. als Wahrheitsregime, bezeichnet werden.
Demzufolge besteht eine Vorstellung davon, wie ein Individuum gebildet sein muss,
welche Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse es besitzen muss und wann ein(e)
Handelnde(r) ein kompetentes Subjekt ist.95
Roth führte den Begriff der Handlungskompetenz in den 70er Jahren in die
Erziehungswissenschaften ein und plädierte bereits in seiner Antrittsvorlesung für eine
realistische Wendung in der erziehungswissenschaftlichen Forschung mit dem Ziel der
Mündigkeit des Individuums.96
91
White, R. W., Motivation reconsidered: The concept of competence, Psychological Review 1959, 66, 297-333. 92
Chomsky, N., Sprache und Geist (1968) 4. 93
Siehe hierzu Kapitel I. 1.6.1. 94
Foucault, M., Power/Knowledge: Selected Interviews and Other Writings (1980) 131. 95
Thoma, M., Entwürfe des wirtschaftspädagogischen Subjekts (2011) 83. 96
Roth, H., Pädagogische Anthropologie. Bildsamkeit und Bestimmung3, Band 1 (1971) 389 f.
58
Mündigkeit entsteht Roth zufolge durch das Zusammenwirken von drei Komponenten:
das sacheinsichtige Verhalten und Handeln (Sachkompetenz und intellektuelle
Kompetenz),
das sozialeinsichtige Verhalten (Sozialkompetenz und soziale Mündigkeit),
das werteinsichtige Verhalten (Selbstkompetenz und moralische Mündigkeit)97.
Sachkompetenz:
Das Erlernen von sacheinsichtigem Verhalten und Handeln bedeutet für Roth
Sachkompetenz. Der Weg zur Erreichung jener intellektuellen Mündigkeit verläuft auf
entwicklungspsychologischen Stufen, die vom Spiel (Ausprobieren, Hantieren) über die
Sacheinsicht und das kausale, sachbezügliche Denken schließlich zu einem systematischen
Lernprozess führen.98
Sozialkompetenz:
Zentral für die Sozialkompetenz99 ist nicht die kognitve Entwicklung, die im Mittelpunkt
der Sachkompetenz steht, sondern die soziale Entwicklung. Beide Kompetenzen können
nicht getrennt voneinander betrachtet werden, sondern idealiter besteht ein
Gleichgewichtszustand. Roth hebt für sozialeinsichtiges Verhalten Situationen heraus, in
denen das Individuum fähig ist, in Konflikten adäquat zu reagieren, Alternativen zu
erkennen und Lösungen vorzuschlagen. Das Entwicklungs- und Erziehungsziel ist es daher,
Offenheit und Sensibilität sowohl für soziale Fragen als auch für sozialen Wandel zu
erreichen. Kritisches und kreatives Sozialverhalten durch eigene Einsichtsfähigkeit steht
demzufolge auf einer Stufe mit der Selbst- und Sachkompetenz.100
Kritisch äußert sich Krautz zu der gebräuchlichen Definiton von sozialer Kompetenz, die
schlicht die Fähigkeit beinhaltet, mit zwischenmenschlichen Situationen
zurechtzukommen. Denn vergleichend mit einem Theater der Masken würde eine Person
nur noch für jede Lebenslage die passende Rolle spielen und ist dadurch in Bauteile
97
Roth, H., Pädagogische Anthropologie. Entwicklung und Erziehung2, Band 2 (1976) 448.
98 Roth, H., Pädagogische Anthropologie
3, Band 1, 458 ff.
99 Vgl. ausführlich Euler, D., Sozialkompetenzen bestimmen, fördern und prüfen. Band 1 (2004); Kanning, U.,
Soziale Kompetenz - Definition, Strukturen und Prozesse, Zeitschrift für Psychologie 2002, 210 (4), 154-163. Kanning, U., Diagnostik sozialer Kompetenzen. Band 4 (2003); Kanning, U., Soziale Kompetenzen (2005). 100
Roth, H., Pädagogische Anthropologie3, Band 1, 477 f.
59
zerlegbar, handhabbar und verfügbar.101 Euler/Bauer-Kelbl präzisieren den Terminus
weiter und definieren Sozialkompetenz als „Disposition zur zielgerichteten Interaktion mit
anderen Menschen über sachliche, soziale oder persönliche Themen in spezifischen
Typen von Situationen“102.
Selbstkompetenz:
Anknüpfend an die moralische Entwicklung umfasst Selbstkompetenz das „Erlernen von
werteinsichtigem Verhalten und Handeln“. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass der/die
Handelnde in zugespitzten Konfliktsituationen selbstbestimmt und eigenverantwortlich
seine/ihre Entscheidungen trifft. Zur Veranschaulichung von Selbstbehauptung und
Selbstverlust greift Roth ein Beispiel des Psychoanalytikers Bettelheim auf, der Gefangene
in Konzentrationslagern beschreibt, die sich durch eine hohe Selbstbehauptungsleistung
auszeichnen. Als Gegenpol nennt er Gefangene, die sich selbst und ihre Werte verloren
hätten, und infolge dessen auch früher gestorben sind.103 Roth zieht aus dieser
Darstellung den Schluss, dass zur Verteidigung der demokratischen Lebensform eine
Erziehung zur Selbstbestimmung unerlässlich ist, denn der moralische Kern des Menschen
ist, wie beispielsweise das Stanford-Prison-Experiment oder das Milgram-Experiment
zeigen, lediglich schwach ausgeprägt. Selbstverantwortliches Handeln bedingt daher, sich
einerseits zu wehren, andererseits Konflikte gegen den Druck anderer auszutragen.104
Nach der Präzisierung ist ein Beispiel anzuführen, wie diese in einem spezifischen
beruflichen Situationskontext zusammenspielen. Eine Kundenberaterin in einer Bank
sollte die Anlageformen im Bankgeschäft unterscheiden können (Sachkompetenz), in
einem Gespräch einen Kunden gut beraten (Sozialkompetenz) und selbstständig zu
Angeboten von WettbewerberInnen recherchieren (Selbstkompetenz). Die genannten
Kompetenzen können jeweils in drei Handlungsdimensionen differenziert werden.
101
Krautz, J., Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie2
, 127 f. 102
Euler, D./Bauer-Klebl, A., Bestimmung und Präzisierung von Sozialkompetenzen. Theoretische Fundierung und Anwendung für die Curriculumsentwicklung, Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik 2008, 104 (1) 16 (16). 103
Roth, H., Pädagogische Anthropologie3, Band 1, 539 ff.
104 Roth, H., Pädagogische Anthropologie
3, Band 1, 553 f.
60
Handlungsdimensionen Handlungskompetenzbereiche
Erkennen (Wissen)
Werten (Einstellungen)
Können (Fertigkeiten)
Sachkompetenzen Umgang mit Sachen (z.B. Anlageform, IT-Anwendungsprogramm)
Sozialkompetenzen Umgang mit anderen Menschen (KundInnen, KollegInnen, Vorgesetzten)
Selbstkompetenzen Umgang mit eigener Person (z.B. Lernen, Emotionen, Moral)
Tabelle 4: Handlungskompetenzbereiche und Handlungsdimensionen.105
Kognitive Handlungsschwerpunkte dominieren in der Dimension des Erkennens bzw.
Wissens, die sich durch Verstehen, Analysieren oder Evaluieren ausdrückt. Bei der
Dimension Werte bzw. Einstellungen stehen die affektiven und moralischen
Handlungsschwerpunkte, d.h. die Zustände des Individuums gegenüber Objekten,
Personen und Ideen, im Vordergrund. Das handhabend gestaltende Wirken impliziert die
Dimension des Könnens bzw. der Fertigkeiten. Als Beispiel ist die effektive Gestaltung
oder Veränderung der Beziehung zu einer anderen Persönlichkeit unter Einsatz von
spezifischen Techniken zu nennen.106
Krautz bezeichnet Kompetenz als innere Ökonomisierung der Bildung und erklärt die
Durchsetzung des Kompetenzbegriffs in der Wissenschaft und Öffentlichkeit damit, dass
Bildung in klar definierten Einheiten messbar sein soll. Denn das Zusammenaddieren von
Kompetenzen reicht nicht aus, um Bildung zu erreichen. Vielmehr handelt es sich um
einen ganzheitlichen Prozess. Schon allein der Bedeutungswandel des Kompetenzbegriffs
ist eindrucksvoll. Bezeichnete dieser früher noch eine amtliche Zuständigkeit eines
öffentlichen Organs der Justiz oder Verwaltung, sind es heute fachliche Fähigkeiten,
persönliche Einstellungen, Haltungen, Wertvorstellungen und Verhaltensweisen, d.h.
Kompetenz zielt auf die ganze Person ab. Der Kompetenzbegriff umfasst eine „angelegte,
spezialisierte und durch Zeit begrenzte Fähigkeit und Zuständigkeit eines Organismus“107.
Im Gegensatz zur Qualifikation als fachliche Fähigkeit beinhaltet Kompetenz
selbstmotivierte Entwicklung.
105
Euler, D., Von der programmatischen Formel zum didaktischen Konzept: Sozialkompetenzen präzisieren, fördern und beurteilen, in: Niedermayr, G. (Hrsg.), Kompetenzen entwickeln, messen und bewerten (2012) 183 (184). 106
Euler, D. in Niedermayr, G. 184 f. 107
Krautz, J., Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie2, 126.
61
So formuliert Weinert Kompetenz als
„die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten
und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen
motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die
Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll
nutzen zu können“108.
Bei dieser Definition fällt auf, dass Wissen und Können alleine nicht ausreichen, sondern
auch die Motivation und der Wille als innere persönliche Einstellungen dem
Kompetenzbegriff immanent sind. Dabei fällt auf, dass die Zahl der möglichen
Kompetenzen unendlich ist, weshalb Krautz ironisch die Wortkreationen
„Günstigaberguteinkaufkompetenz“, die „Sonderangebotvergleichkompetenz“ schafft.
Daraus folgt, dass sich jedes menschlichen Denken und Handeln in einer Kompetenz
ausdrückt, die wiederum erfasst und antrainiert werden kann.109
Die Vorstellungen von Foucault und Roth haben sich in den letzten Jahrzehnten immer
wieder gewandelt, wobei Handlungskompetenz sowohl im privaten als auch im
beruflichen Kontext von Relevanz ist. Sich wandelnde Kontexte in der Arbeitswelt führen
dazu, dass Unternehmen von akademischen StellenwerberInnen vielfältige Fähigkeiten,
Fertigkeiten und Kenntnisse in unterschiedlichen Bereichen erwarten und voraussetzen.
Dadurch bedingt müssen diese hohe Erwartungen erfüllen und können sich nicht
automatisch darauf verlassen, dass eine universitäre Ausbildung die Eintrittskarte für eine
beruflich erfolgreiche Karriere ist.
Stellenanzeigen beinhalten nicht nur fachliche Kompetenzen als Anforderung an
AkademikerInnen, sondern verweisen zweifelsohne auch auf methodische und soziale
Kompetenzen. Mitbedacht werden muss ferner, dass das lebenslange Lernen an diesem
Scheidepunkt nicht endet, sondern ArbeitnehmerInnen häufig interne
Weiterbildungsmaßnahmen durchlaufen können bzw. müssen. Dies lässt zu dem Schluss
kommen, dass sich ein(e) Berufstätige(r) als homo oeconomicus durch die Erweiterung
seiner Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zu einem homo competensis entwickeln
kann, um diese in weiterer Folge optimal im Unternehmen einzusetzen. Daher ist schon in 108
Weinert, F., Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbstverständlichkeit, in: Ders (Hrsg.), Leistungsmessungen in Schulen
3 (2014) 17 (27 f.).
109 Krautz, J., Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie
2, 126 f.
62
der universitären Ausbildung anzusetzen und zu hinterfragen, über welche Kompetenzen
UniversitätsabsolventInnen verfügen sollten, um in der Arbeitswelt, in der
gesellschaftlichen Teilhabe und im individuellen Lebensbereich „erfolgreich“ zu sein.110
Rosenstiel konstatiert, dass in vielen Personalabteilungen Kompetenz mit Wissen,
Fertigkeit, Erfahrung, Fähigkeit und Qualifikation gleichgesetzt wird. Aus einer
wissenschaftlichen Perspektive ist allerdings keine gleiche Bedeutung zu erkennen. In
einer modernen und berufsorientierten Kompetenzarchitektur ist zwischen
Metakompetenzen, Grundkompetenzen, abgeleiteten Kompetenzen und
Querschnittskompetenzen zu differenzieren. Metakompetenzen bezeichnen „Self
Awareness“ (Sich-seiner-selbst-bewusst-Sein, Selbstreflexion) und „Adaptability“
(Offenheit für und Umgang mit Neuem).111 Bei den Grundkompetenzen verweisen
AutorInnen zumindest auf fachlich-methodische und sozial-kommunikative
Kompetenzen.112 Neben diesen weisen abgeleitete Kompetenzen ein hohes
Abstraktionsniveau auf und sind in ihrer Anzahl kaum überschaubar. Abgeleitete
Kompetenzen geben an, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten zukünftige MitarbeiterInnen
aufweisen sollten. Eine übersichtliche Systematisierung entwickelten Heyse/Erpenbeck in
einem Kompetenzenatlas.113 Die gemischten abgeleiteten Kompetenzen führen als
weiterer Schritt zu den Querschnittskompetenzen, mit denen komplexe Situationen
bewältigt werden können (z.B. Führungskompetenz, Innovationskompetenz,
unternehmerische sowie interkulturelle Kompetenz).
Aus diesen unterschiedlichen Nuancen von Kompetenzen stellt sich als nächster Schritt
die Frage, was die Praxis fordert und wie eine derartige Testung in Einstellungsverfahren
erfolgt.
1.6. Zusammenfassung und kritische Würdigung
Ausgehend von Platon über Kant und Humboldt bis hin zu Klafki hat sich das Verständnis
von Bildung immer wieder gewandelt. Zu Zeiten von Comenius gibt Gott die Bildung vor,
im 18. Jahrhundert erhält das Individuum mehr Selbstverantwortung. Während Kant den
110
Sonnleitner, K., Citius, altius, fortius – schneller, höher, weiter. Kompetenzanforderungen an UniversitätsabsolventInnen, career service papers 2015, 35 (40). 111
Hall, D. T., The protean career: A quarter-century journey, Journal of Vocational Behavior 2004, 65, 1 (6 f.). 112
Siehe ferner Kapitel I. 3. 113
Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining: 64 Informations- und Trainingsprogramme (2004) XXI.
63
gesellschaftlichen Nutzen von Erziehung und Bildung von jeder Persönlichkeit in das
Zentrum stellt, stehen im Neuhumanismus der Selbstzweck, die individuelle
Selbstentfaltung und die Autonomie im Vordergrund. Der funktionale Nutzen bzw. die
Verwertungsabsicht von Bildung ist zweitrangig.
Humboldt unterscheidet zwischen allgemeiner Menschenbildung und Ausbildung, wobei
das Ziel eine ganzheitliche Bildung zu einer „Einheit des Ganzen“ ist. Bildung impliziert
sowohl den beruflichen Erfolg als auch die individuelle Selbstentwicklung.
Klafki subsumiert im 20. Jahrhundert unter Allgemeinbildung die drei Grundfähigkeiten
Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit und setzt damit einen
ersten Schritt zur Entwicklung eines deutschen Kompetenzmodells. Der Bildungsbegriff
der Gegenwart bezieht den Gebrauch der eigenen Vernunft, die Förderung der
Eigenständigkeit und die Selbstentfaltung des Individuums ein.
Enger als der Bildungsbegriff ist der Qualifikationsbegriff ausgestaltet, der sich
ausschließlich auf die berufliche Tätigkeit orientiert. In diesem Zusammenhang ist das im
März 2016 in Kraft getretene NQR-Gesetz von Relevanz, das darauf abzielt,
österreichische Qualifikationen zu einem Qualifikationsniveau des NQR zuzuordnen.
Arnold empfiehlt, sich an folgender Abgrenzung zwischen Qualifikationen und
Kompetenzen zu orientieren.
Qualifikationen … Kompetenzen …
beziehen sich auf unmittelbare tätigkeitsbezogene
Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten; beziehen sich auf die ganze Person;
beschränken sich auf die Erfüllung konkreter
Nachfragen bzw. Anforderungen, d.h. sie sind
objektbezogen;
sind subjektbezogen
(beziehen sich auf den/die jeweilige(n) LernerIn);
sind fremdorganisiert, weil auf die Erfüllung
vorgegebener Zwecke gerichtet; sind selbstorganisiert;
beziehen sich auf Elemente individueller
Fähigkeiten, die rechtsförmig zertifiziert werden
können;
umfassen die Vielfalt der unbegrenzten individuellen
Handlungsdispositionen;
orientieren sich an verwertbaren Fähigkeiten und
Fertigkeiten.
nähern sich dem klassischen Bildungsideal auf eine
neue, zeitgemäße Weise an.
Tabelle 5: Abgrenzung zwischen Qualifikationen und Kompetenzen.114
114
Arnold, R. in Arnold, R./Nolda, S./Nuissl, E. 252.
64
Der letzte Punkt in der linken Spalte, d.h. die Orientierung an verwertbaren Fähigkeiten
und Fertigkeiten, rückt vom klassischen Humboldt’schen Bildungsideal ab, während sich
der Kompetenzbegriff dem klassischen Bildungsideal auf eine neue und moderne Weise
annähert. So konstatiert auch Gruschka über die Nebulosa-Numinosa Bildung und
Kompetenz, dass es sich um identische Begrifflichkeiten handelt, zumal diese auf etwas
Gemeinsames verweisen. „Kompetenzen „beschreiben“ (…) solche Fähigkeiten, die der
Bildungsbegriff „gemeint“, aber leider nicht explizit ausgesprochen, systematisch
ontogenetisch entfaltet und entsprechend operationalisiert hat.“115 Bildung und
Kompetenzerwerb sind zumeist daran gebunden, selbstbestimmt und selbstreflexiv zu
lernen. Kompetenzen beziehen sich wie Bildung auf keinen bestimmten Aufgabeninhalt
und keine enggeführte Anwendung. Beide gehen von vielfältigen Lösungen und
Entscheidungsmöglichkeiten aus. Durch neu gestellte Aufgaben muss das Individuum
weitere Kompetenzen entwickeln, wodurch sich ebenfalls ein Bildungsprozess
auszeichnet.116
Aufgrund dieser Übereinstimmung und der Kompetenzorientierung entsteht Melville
zufolge der Eindruck, mit Bildung „sei alles in bester Ordnung“. Kritisch weist er jedoch
darauf hin, dass sich das autonome Individuum im Sinne des Bildungsgedankens ständig
Evaluierungen und Standardisierungen aussetzen muss.117 Dieser Gedanke trägt dazu bei,
dass Bildung immer mehr zur Ware wird und die Ökonomisierung immer mehr Einfluss
erlangt.
Die Bildungsökonomisierung knüpft an die oben abgegrenzten Begrifflichkeiten an und ist
auf drei Dimensionen zu bearbeiten. Krautz unterscheidet zwischen der Ökonomisierung
der Bildungsinhalte, der Bildungsdienstleistungen und der Bildungsinstitutionen bzw. der
pädagogischen Beziehungen. Die inhaltliche Ökonomisierung setzt am Wissen sowie den
Kenntnissen und Fähigkeiten an, die für die Wirtschaft notwendig sind. Schon bei dieser
Dimensionen ist zu hinterfragen, ob nicht das Grundrecht auf freie Bildung der
Persönlichkeit verletzt wird.
115
Gruschka, A., Bildungsstandards oder das Versprechen, Bildungstheorie in empirischer Bildungsforschung aufzuheben, in: Pongratz, L./Reichenbach, R./Wimmer, M. (Hrsg.), Bildung – Wissen – Kompetenz (2007) 9 (15). 116
Ders in Dies 15 f. 117
Melville, G. in Schlüter, A./ Strohschneider, P. 56.
65
Die zweite Dimension betrifft den Handel mit Bildungsdienstleistungen, denn bei einer
Betrachtung des Weiterbildungssektors wird klar, dass Einrichtungen standardisiertes und
verwertbares Wissen mit unterschiedlichen Inhalten und zu hohen bzw. sehr hohen
Preisen anbieten. Der Gewinn mit Bildung tritt in den Vordergrund.
Das Streben nach Gewinn betrifft auch die Bildungsinstitutionen sowie die Lehr- und
Lernverhältnisse als dritten Aspekt. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen müssen
universitäre Einrichtungen beachten, denn ein wechselseitiger wirtschaftlicher Nutzen
zwischen ProfessorInnen und Studierenden hat Priorität.
Aus diesen Dimensionen folgt, dass Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten einer
zwingenden industriellen Verwertbarkeit unterliegen, sodass ArbeitnehmerInnen – so
scheint es zumindest – zur ständigen Weiterbildung verpflichtet sind. Durch das
lebenslange Lernen ist der Mensch für das Unternehmen eine Kapitalanlage, die sich
durch Flexibilität auszeichnet und stets auf Veränderungen einstellen muss. Durch diesen
von Kautz beschriebenen Zwang, der jede Form von Bildung ökonomisiert, wird dem
Individuum die Freiheit genommen, wobei es zu bedenken gilt, dass Freiheit ein hohes
Gut für ArbeitnehmerInnen ist.118
Freiheit im Zusammenhang mit beruflicher Weiterbildung bzw. lebenslangem Lernen
impliziert m.E., dass jede(r) Einzelne selbst entscheiden kann, in welchen Bereichen er/sie
sich weiterbildet oder ob diese überhaupt zu einem bestimmten Zeitpunkt notwendig ist.
Wird der Mensch nur noch als Humankapital – ähnlich Maschinen und Werkzeugen, die
als Produktionsmittel dienen – betrachtet, eignet sich für eine Universität nicht mehr der
Begriff Bildungseinrichtung, sondern vielmehr die Bezeichnung „Wissensfabrik“.119
118
Krautz, J., Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie2, 111 ff.
119 Krautz, J., Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie
2, 120.
66
2. Überlegungen zu den rechtlichen Kontexten in der Weiterbildung
Zumal in der heutigen Arbeitswelt die Absolvierung eines Studiums im Kontext des
lebenslangen Lernens nicht mehr ausreicht, stellt der österreichische Gesetzgeber
rechtliche Möglichkeiten mit finanziellen Anreizen zur Verfügung, sich ebenfalls während
der beruflichen Tätigkeit weiterzubilden.
Zwangsnotwendigerweise stehen rechtliche Rahmenbedingungen im engen Konnex mit
erwachsenenbildnerischen Maßnahmen, die Beschäftigte in Anspruch nehmen. Dabei
stellt sich nicht nur die Frage, wie die Universität mit ihrer rechtlich normierten Aufgabe
zur Weiterbildung ihrer AbsolventInnen umgeht, sondern auch mit welchem normativen
Regulativ der Staat in die Finanzierung der Erwachsenenbildung bzw. der
Trägereinrichtungen eingreift. Das vorliegende Kapitel geht noch einen Schritt weiter,
indem ebenfalls staatliche Förderungen für ArbeitnehmerInnen zur individuellen und
beruflichen Qualifizierung einer Betrachtung zugeführt werden. Bildungskarenz oder
-teilzeit sind Modelle, die zur Inanspruchnahme von Erwachsenenbildung beitragen. Diese
geben den AntragsstellerInnen dennoch ein straffes Korsett der zu absolvierenden Inhalte
und verpflichtenden Nachweise vor. Nicht zuletzt ist die Überlegung anzustellen, welche
flexiblen Zeiträume Beschäftige nutzen, um sich ihren Interessen entsprechend
weiterzubilden.
Auf Initiative des Bürgertums, der ArbeiterInnenbewegung und der Kirche entwickelten
sich im 19. Jahrhundert Einrichtungen der Erwachsenenbildung und des
Volksbüchereiwesens. Die Universitäten widmeten sich „volkstümlichen Universitäts-
kursen“, die später die Volkshochschulen fortführten.
Im gesellschaftlichen Wandel nimmt das lebenslange Lernen einen immer höheren
Stellenwert ein, weshalb damit einhergehend die Bedeutung der Erwachsenenbildung
sukzessive zunimmt. Eine rechtliche Perspektive einnehmend fällt auf, dass die politische
Zuständigkeit für Erwachsenenbildung auf österreichischer Bundesebene zersplittert ist.
Auf nationaler Ebene sind neben dem Bundesministerium für Bildung und Frauen das
Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (z.B. für berufliche
Integration von Menschen mit Behinderung), das Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (z.B. Förderung von Bildungsstätten der
67
Landwirtschaftskammer) das Bundesministerium Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft
(z.B. für die Förderung der betrieblichen Berufsausbildung und Weiterbildung) und das
Bundesministerium für Familien und Jugend (z.B. für Elternbildung und Familienberatung)
für Erwachsenenbildung zuständig.120 Als normative Grundlagen sind Gesetze,
Verordnungen sowie beispielsweise die Bund-Länder-Vereinbarung gemäß
Art. 15a BV-G über die Anerkennung des Qualitätsrahmens für die Erwachsenenbildung
Ö-Cert121 zu nennen. Folglich ist sowohl institutionell als auch rechtlich122 die
Erwachsenenbildung breit aufgestellt und tief verankert.
Selbstverständlich sind im universitären Alltag sowie in der Erwachsenenbildung
unterschiedliche Personen involviert, für die heterogene Gesetze anzuwenden sind.
Beispielsweise ist es für ein(e) ErwachsenenbildnerIn von Relevanz, auf welchen
rechtlichen Grundlagen sein/ihr Arbeitsverhältnis beruht (z.B. der BABE-Kollektivvertrag),
für eine Trägereinrichtung, welche sozialversicherungs- oder gewerberechtlichen
Bestimmungen einzuhalten sind, für den/die ArbeitnehmerIn, ob die Arbeitszeit, in der
die Weiterbildungsmaßnahme in Anspruch genommen wird, bezahlt oder unbezahlt ist
und für die Universität, wie sie mit Erwachsenenbildung als eine ihrer Aufgaben umgeht.
Es liegt auf der Hand, dass in dieser Arbeit nur einige der beschriebenen rechtlichen
Herausforderungen bearbeitet werden können.
2.1. Weiterbildung nach dem Hochschulabschluss
§ 3 Universitätsgesetz (UG) normiert, dass Universitäten im Rahmen ihres
Wirkungsbereichs ein Konglomerat an Aufgaben erfüllen. Dazu ist in Absatz 5 die
Weiterbildung von UniversitätsabsolventInnen und PädagogInnen zu zählen. Das Beispiel
der Karl-Franzens-Universität Graz zeigt, dass ein vielfältiges allgemeinbildendes und
beruflich qualifizierendes Angebot zum lebenslangen Lernen besteht.
120
Bundesministerium für Bildung und Frauen, Erwachsenenbildung in den Bundesministerien (2015) Online im Internet: http://erwachsenenbildung.at/themen/eb_in_oesterreich/organisation/bund_andere_bm.php [15.01.2017]. 121
Gruber, E., Erwachsenenbildung mit Qualität steuern, Weiterbildung 2013, H. 6, 32 (32 ff.). 122
Für eine Auflistung der für die Erwachsenenbildung relevanten Gesetze siehe Gruber, E./Lenz, W., Erwachsenen- und Weiterbildung Österreich
3 (2016) 39 ff.
68
So hat die Universität eine eigene Weiterbildungsgesellschaft, die Uni for Life
SeminarveranstaltungsGmbH, gegründet, die Aus-, Fort- und Weiterbildungsinteressierten
zahlreiche universitäre und arbeitsmarktorientierte Lehrgänge und Fortbildungen
bietet.123
Die Zuständigkeit des Zentrums für Weiterbildung liegt in der universitären
Allgemeinbildung sowie in der wissenschaftlichen Weiterbildung und leistet durch
unterschiedliche Veranstaltungen, z.B. Montagsakademie oder Vita activa, einen
wichtigen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Kompetenzentwicklung in der
Steiermark.124
Auch die von der Karl-Franzens-Universität Graz und der Technischen Universität Graz
initiierte Plattform iMooX, trägt dem Gedanken der Erwachsenenbildung Rechnung und
steht an der Schnittstelle zwischen Universität und Berufstätigkeit, indem
wissenschaftlich fundierte Informationen unentgeltlich einer breiten Bevölkerungsschicht
zugänglich sind.125 Aufgrund der genannten Einrichtungen und der Vermittlung von
vielfältigen Inhalten ist der Schluss zu ziehen, dass die Universität ein wichtiger Player ist,
der zum lebenslangen Lern- und Bildungsprozess von Beschäftigten – sofern diese den
breiten Angebotskatalog kennen – beiträgt.
2.2. Finanzierung als staatliche Verantwortung
Eine zentrale rechtliche Grundlage für die Erwachsenenbildung ist das Gesetz über die
Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens (EB-Förderungsgesetz),
das bereits seit 1973 in Kraft ist und seither keiner großen inhaltlichen Novellierung
unterzogen wurde. Gründe für die Einführung dieses Normenkonglomerats sind dem
Bericht des Untersuchungsausschusses des Parlaments zufolge die gestiegenen
Bildungsbedürfnisse sowie die Notwendigkeit, den Ausbau und die Weiterentwicklung der
123
http://www.uniforlife.at/ [15.01.2017]. 124
Karl-Franzens-Universität, Entwicklungsplan 2013-2016. Anpassung 2015 (2015) 167 ff. http://static.uni-graz.at/fileadmin/Lqm/Dokumente/Entwicklungsplan_2013-2018_Uni_Gaz_Anpassungen_final_Druck.pdf [15.01.2017]. 125
Technische Universität, iMoox (2015) http://imoox.at/wbtmaster/startseite/index.html [15.01.2017].
69
Erwachsenenbildung zu fördern. Denn gerade die berufstätige Bevölkerung sollte
ebenfalls von den Verbesserungen des Schulwesens profitieren.126
Das Ziel erstreckt sich gem. § 1 Abs. 1 auf die Förderung der Erwachsenenbildung und des
Volksbüchereiwesens durch den Bund. § 1 Abs. 2 EB-Förderungsgesetz definiert den
Terminus Erwachsenenbildung als alle „Tätigkeiten, die im Sinne einer ständigen
Weiterbildung die Aneignung von Kenntnissen und Fertigkeiten sowie der Fähigkeit und
Bereitschaft zu verantwortungsbewusstem Urteilen und Handeln und die Entfaltung der
persönlichen Anlagen zum Ziele haben“. Demzufolge sind die Begriffe
Erwachsenenbildung und Weiterbildung synonym zu verwenden.127
Zusätzlich enthält das Gesetz in § 2 Abs. 1 eine demonstrative, d.h. nicht abschließende,
Aufzählung von förderungswürdigen Aufgaben, wobei dazu beispielweise die politische
sowie die sozial- und wirtschaftskundliche Bildung, die berufliche Weiterbildung und die
Vermittlung der Erkenntnisse der Wissenschaften zu zählen sind.
Klar regelt § 2 Abs. 2, welche Bereiche nicht förderungswürdig sind (z.B. die
innerbetriebliche Berufsaus- und -fortbildung). Zu dem Gegenstand der Förderung und
den förderungswürdigen Aufgaben hält der Gesetzgeber fest, dass sich eine Definition für
den Begriff „Erwachsenenbildung“ schwierig gestaltet und eine zum in Kraft treten des
Gesetzes festgelegte Abgrenzung aufgrund des sich ständig wandelnden
Forschungsbereichs bereits in wenigen Jahren überholt sein könnte. Gerade deshalb zählt
§ 2 einen Positiv- und einen Negativkatalog auf. Es besteht kein Rechtsanspruch auf
Förderung.128
FörderungsempfängerInnen können ausschließlich juristische Personen sein, die einen
Sitz im Inland haben, deren Tätigkeit nicht auf Gewinn orientiert ist und die eine
dauerhafte und pädagogisch-planmäßige Bildungsarbeit in der Erwachsenenbildung oder
dem Volksbüchereiwesen leisten (§ 4). Filla kritisiert, dass der österreichische
Gesetzgeber kein Gesamtkonzept für die Erwachsenenbildung intiierte, zumal
126
Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR zum Bundesgesetz vom 21. März 1973 über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens, XIII. Gesetzgebungsperiode, 1. 127
Gruber, E./Maschina, A./Schlager, J., Der Begriff der „Erwachsenenbildung“ in § 49 Abs. 7 ASVG, ASoK 2012, 136 (137). 128
Platzer, K., Rechtliche Grundlagen der Erwachsenenbildung unter besonderer Berücksichtigung von EB-Gesetzen (2006) 58; Platzer, K., Weiterbildung als komplexe Rechtsmaterie (2009) 162 ff.
70
beispielsweise Regelungen zur Verzahnung der Bildungssektoren oder für Nachweise von
Qualifikationen und Befähigungen von in den Einrichtungen tätigen Personen fehlen.129
In die Programm- und Lehrplangestaltung selbst sowie in die pädagogischen Methoden
und die Auswahl der MitarbeiterInnen darf der Bund gem. § 6 allerdings nicht eingreifen
und gewährleistet damit die Unabhängigkeit des Fördernehmers bzw. der
Förderungsnehmerin.130
Das Gesetz nennt seit der Novellierung im Jahr 1990 alle zehn Mitglieder der Konferenz
der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ) als anerkannte und förderungswürdige
Erwachsenenbildungsverbände. Dazu sind u.a. das WIFI, das BFI und der Verband
Österreichischer Volkshochschulen zu zählen. Folglich subventioniert der Staat zahlreiche
Einrichtungen, die sich für die Erstellung eines breiten Angebots verantwortlich zeigen.
2.3. Staatliche und private Initiativen zur Förderung der Erwachsenenbildung
Artikel 2 des 1. Zusatzprotokolls zur Menschenrechtskonvention, das sich in Österreich im
Verfassungsrang befindet, proklamiert seit 1948, dass das Recht auf Bildung niemandem
verwehrt werden darf. Die Suche nach einem Recht auf Erwachsenenbildung endet
allerdings vergebens. Unternehmen investieren in berufsbezogene Erwachsenenbildung,
um konkurrenzfähig zu bleiben, Beschäftigte zu motivieren und diese an den Betrieb zu
binden.131
Bei der Frage nach der Verwertung jener Maßnahmen für den Arbeitsmarkt suggeriert
letztendlich der stetige Weiterbildungsdruck, dass sich der/die ArbeitnehmerIn als „Ware
Arbeitskraft“ für ein Unternehmen verkauft. Damit einhergehend ordnet er/sie sich den
129
Filla, W., Von der freien zur integrierten Erwachsenenbildung. Zugänge zur Erwachsenenbildung in Österreich (2014) 177. 130
Zur Aufwandsentschädigung für Lehrende an Einrichtungen, die vorwiegend Erwachsenenbildung im Sinne des § 1 Abs. 2 EB-Förderungsgesetz, betreiben siehe VwGH 14.03.2013, 2010/08/0222. 131
Plattform für berufsbezogene Erwachsene/MAKAM Research, Weiterbildung: Unternehmen investieren, um sich für Wirtschaftsaufschwung zu rüsten (2015); http://www.tag-der-weiterbildung.at/downloads/2015/Presseinformation_STUDIE_Tag_der_Weiterbildung_PbEB_05_2015_FINAL.pdf [15.01.2017].
71
Forderungen der Ökonomie unter und verwandelt sich durch Qualifizierungsmaßnahmen
in für das Unternehmen dienliches Humankapital.132
Bereits 1998 konstatierte Lenz, dass die Weiterbildung zum größten Bildungssektor
angewachsen ist.133 Wie einer Evaluation der Statistik Austria entnehmbar haben 2013
über 659.000 Personen in den letzten vier Wochen vor der Befragung an einer
Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen. Bei 29,5% der Befragten fiel der Besuch von
beruflichen Kursen sogar in die Freizeit.134 Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass
MitarbeiterInnen derartige Angebote nutzen, diverse Karenzierungsmaßnahmen
(Bildungskarenz oder -teilzeit) in Anspruch nehmen oder sich ebenfalls in der Freizeit (z.B.
Urlaub, Zeitausgleich) mit berufsspezifischen Inhalten beschäftigen.
2.3.1. Bildungskarenz
Im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz finden sich zwei Formen der Karenzierung,
bei deren Inanspruchnahme der/die ArbeitnehmerIn unter bestimmten Voraussetzungen
sozialversicherungsrechtliche Leistungen (z.B. Kranken-, Pensions- und Unfallver-
sicherung) erhält.
§ 11 AVRAG beinhaltet, dass der/die ArbeitnehmerIn mit dem/der ArbeitgeberIn gegen
Entfall des Arbeitsentgeltes eine Bildungskarenz im Ausmaß von zwei bis 12 Monaten
vereinbaren kann. wenn ein Arbeitsverhältnis ununterbrochen sechs Monate angedauert
hat. Der Gesetzgeber regelt in Abs. 1 des Weiteren, dass der/die Arbeitnehmende eine
neuerliche Bildungskarenz erst nach vier Jahren ab dem Beginn der letzten
Bildungskarenz beantragen kann. Dabei handelt es sich um eine Rahmenfrist. Auch eine
teilweise Inanspruchnahme von zumindest zwei Monaten ist möglich, wobei in der
Rahmenfrist von vier Jahren maximal 12 Monate förderbar sind.
In diesem Zeitraum entsteht gem. § 26 AlVG ein Anspruch auf Weiterbildungsgeld in der
Höhe des Arbeitslosengeldes, mindestens jedoch in der Höhe des Kinderbetreuungs-
132
Ribolits, E., Bildung – (k)ein Menschenrecht?, in: Egger, R./Gruber, E. (Hrsg.), Anspruch, Einspruch, Widerspruch. Festschrift für Lenz, W. (2012) 69 (70 f.). 133
Lenz, W., Lebensbegleitendes Lernen statt Erwachsenenbildung, in: Lenz, W. (Hrsg.), Bildungswege. Festschrift für Seel, H. (1998) 329 (329). 134
Statistik Austria, Bildung in Zahlen 2013/14 (2015); Technische Universität (2015) 66: iMoox. http://imoox.at/wbtmaster/startseite/index.html [15.01.2017].
72
geldes (derzeit € 14,53 pro Tag). Die Weiterbildungsmaßnahme muss mindestens 20
Wochenstunden und bei Personen mit Betreuungspflichten für Kinder unter sieben
Jahren 16 Wochenstunden betragen, die mit Zeugnissen oder Kursbesuchsbestätigungen
nachzuweisen sind. Wird ein Studium in der Bildungskarenz aufgenommen, ist ein
Nachweis von zumindest vier Semesterwochenstunden oder acht ECTS-Punkten oder ein
anderer geeigneter Nachweis (z.B. Ablegung einer Diplomprüfung, Bestätigung des
Fortschrittes und zu erwartender positiver Abschlusses einer Diplomarbeit (§ 26 Abs. 1 Z.
5 AlVG) zu erbringen. Es besteht jedoch während der Bildungskaranz kein gesetzlicher
Kündigungsschutz wie bei der Karenz für Mütter und Väter gem. §§ 15 ff. MSchG bzw. §§
2 ff. VKG.135
2.3.2. Bildungsteilzeit
Seit Juli 2013 bietet die Bildungsteilzeit eine Alternative zur Bildungskarenz, die mit einer
Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit um mindestens ein Viertel und
höchstens der Hälfte einhergeht. Ebenfalls bestimmt § 11a AVRAG als Voraussetzung,
dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen sechs Monate angedauert hat. Die Dauer
selbst ist länger ausgestaltet und beträgt mindestens vier Monate bis zu zwei Jahre. Bei
der Rahmenfrist lehnt sich der Gesetzgeber an jene der Bildungskarenz im Ausmaß von
vier Jahren an. Wird die Bildungsteilzeit in Teilen vereinbart, muss die Dauer eines Teiles
zumindest vier Monate betragen und die Gesamtdauer der einzelnen Teile darf zwei Jahre
nicht überschreiten.
Ein einmaliger Wechsel zwischen den beschriebenen Modellen ist zulässig, wobei beim
Wechsel von Bildungskarenz auf Bildungsteilzeit die verbleibende Zeit zur Berechnung der
Höchstdauer der Bildungsteilzeit verdoppelt wird (§ 11 Abs. 3a AVRAG). Im umgekehrten
Fall wird die verbleibende Zeit halbiert (§ 11a Abs. 3 AVRAG).136
2.3.3. Fachkräftestipendium
Neben der Bildungskarenz und der Bildungsteilzeit können Personen, deren höchste
abgeschlossene Ausbildung unter dem Fachhochschulniveau liegt, das
135
Löschnigg, G., Arbeitsrecht. Gesetze und Kommentare12
(2015) 506 f. 136
Schörghofer, F., Bildungskarenz und Bildungsteilzeit, ZAS 2014, H. 39, 238 (238).
73
Fachkräftestipendium beantragen (§ 34b AMSG). Da in den Jahren 2016 und 2017 keine
neuen Fachkräftestipendien mehr vergeben werden, ist auf jene Weiterbildungs-
möglichkeit an dieser Stelle der Vollständigkeit halber lediglich hinzuweisen.137
2.3.4. Gleitzeit und Urlaub
Gleitzeitregelungen sind in vielen österreichischen Unternehmen ein fixer Bestandteil und
zielen darauf ab, dass ArbeitnehmerInnen autonom den Beginn und das Ende der
täglichen Normalarbeitszeit innerhalb eines vereinbarten Rahmens bestimmen können
(§ 4b Abs. 1 AZG). Folglich stehen dem/der Beschäftigten durch die flexible
Arbeitszeitform Spielräume offen, um Weiterbildungsangebote zu nutzen. Die
Gleitzeitvereinbarung muss zwingend die Dauer der Gleitzeitperiode, den
Gleitzeitrahmen, allfällige Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben oder
Zeitschulden in die nächste Gleitzeitperiode sowie die Dauer und Lage der fiktiven
Normalarbeitszeit enthalten. Der zuletzt genannte Punkt definiert den Beginn und das
Ende der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit unter der Annahme, dass der/die
ArbeitnehmerIn nicht gleiten kann.138
Im Zusammenhang mit Weiterbildung ist der Gleitzeitrahmen, der die Grenzen der
täglichen Selbsteinteilung und damit den Spielraum für eine mögliche Weiterbildung
beinhaltet, von besonderem Interesse. Zur besseren Veranschaulichung dient das
folgende Beispiel.
Die Gleitzeitvereinbarung der Vollzeit beschäftigten Buchhalterin X ist folgendermaßen
ausgestaltet:
Gleitzeitrahmen: Montag – Freitag von 6:00 – 18:00
Fixe Normalarbeitszeit: 8:00 – 14:00
X arbeitet seit 10 Jahren in demselben Unternehmen und möchte sich nunmehr beruflich
umorientieren. Sie strebt an, Pädagogik zu studieren, Bildungskarenz oder -teilzeit
schließt sie aufgrund der für sie zu geringen finanziellen Förderung aus. X liest das
Lehrveranstaltungsverzeichnis ihrer Studienrichtung und erfährt, dass einige
137
Arbeiterkammer, Fachkräfte-Stipendium (2015) http://www.arbeiterkammer.at/beratung/bildung/bildungsfoerderungen/Fachkraefte-Stipendium.html [15.01.2017]. 138
Gleißner, R., Flexibilität in der Arbeitszeit, ZAS 2015, H. 18, 99 (100).
74
Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht auch am Nachmittag stattfinden. Im
nächsten Semester müsste sie am Dienstag und Donnerstag von 15:00-17:00 in Kursen
anwesend sein, weshalb X in ihrem Gleitzeitrahmen in diesen Zeiten arbeitet.
Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag
8:00 – 17:00 8:00 – 14:30 8:00 – 17:00 8:00 – 14:30 8:00 – 17:00
Neben den Inhalten der Weiterbildung, die in einer Bildungskarenz oder -teilzeit erlernt
werden können, stellt sich die Frage, welche Zeiten dem Arbeiternehmer bzw. der
Arbeitnehmerin offen stehen, um sich aus persönlichem Interesse (sportliche, kulturelle,
gesundheitsfördernde Inhalte) heraus weiterzubilden. Denn lebenslanges Lernen sollte
ebenfalls außerhalb des beruflichen Kontexts zu einer höheren Lebensqualität führen. Bei
einer Abgrenzung von förderungswürdigen Weiterbildungsmaßnahmen argumentierte
der OGH, dass für eine Bildungskarenz darauf abzustellen ist, ob die „vermittelten
Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten die gegenwärtige oder künftige Berufsausübung
im weitesten Sinn erleichtern können sollen“139, wozu insbesondere Sprachkurse und das
Erlernen sowie die Verbesserung von Fremdsprachen zu zählen sind.
Unter der Annahme, dass eine Person sich im Laufe ihrer Arbeitstätigkeit persönlich
weiterbilden möchte und in ihrer Tätigkeit keinen Gleitzeitrahmen nutzen kann, steht ihr
aus arbeitsvertraglicher Perspektive lediglich Zeitausgleich oder Urlaub zur Verfügung.
Doch entspricht es eigentlich dem Zweck von Urlaub, sich weiterzubilden? Während in
der Bildungskarenz oder -teilzeit der/die ArbeitgeberIn das Arbeitsentgelt nicht leistet, ist
unter Urlaub die Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung des Entgelts zu verstehen
(§ 6 Abs. 1 UrlG). Dieser sollte jedoch uneingeschränkt der Erholung dienen.
2.4. Zusammenfassung
Die Universität hat bereits zur Jahrtausendwende zur Erwachsenenbildung und damit zum
lebenslangen Lernen beigetragen und initiiert derzeit eine Vielzahl an Veranstaltungen
und Weiterbildungsmaßnahmen für eine breite Bevölkerungsschicht. Sowohl in der
Universität als auch in der Arbeitswelt sind der Begriff lebenslanges Lernen und damit
einhergehend die Erwachsenenbildung kaum noch wegzudenken und müssen folglich in
139
OGH 24.05.2012, 1 Ob 75/12d.
75
arbeitsrechtlichen Gesetzen und der Beschäftigungsbildungspolitik eine noch stärkere
Beachtung finden. In diesem Zusammenhang ist nicht nur interne, berufsspezifische
Weiterbildung ins Auge zu fassen, sondern auch die Tatsache, dass ein(e) ArbeitnehmerIn
ein Angebot in Anspruch nehmen möchte, das seinen/ihren individuellen, persönlichen
Bedürfnissen und Interessen entspricht. Gruber/Gnahs/Ribolits führen noch ein wichtiges
Argument ins Treffen, nämlich dass eine rechtliche Regelung (z.B. der Qualitätsrahmen
Ö-Cert) zur Profilierung und Anerkennung von Erwachsenenbildung bzw. -weiterbildung
im Verhältnis zu beispielsweise Therapie und Freizeitgestaltung beiträgt.140
Selbst wenn die Bildungskarenz und -teilzeit dem/der Beschäftigten Autonomie bieten,
reicht diese lediglich bis zur Zustimmung des/der ArbeitgeberIn. Denn es handelt sich um
keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch. Im Umkehrschluss müsste ein(e)
Beschäftigte(r), der/die eine berufsbegleitende Aufstiegs- oder Wechselqualifizierung
erwägt, kündigen oder sich gezielt im Rahmen der Gleitzeit oder im Urlaub weiterbilden.
Obgleich die gesetzliche Verankerung von Bildungskarenz und -teilzeit gute Möglichkeiten
für die Erwachsenenbildung bietet, zählt der zuletzt genannte Punkt zweifelsohne noch zu
den zukünftigen rechtlichen Herausforderungen.
140
Gruber, E./Gnahs, D./Ribolits, E., Qualitätsrahmen Ö-Cert zieht klare Grenzen zu Therapie, Freizeitgestaltung und Esoterik, Magazin Erwachsenenbildung 2015, Ausgabe 24, 10/1-8; http://www.erwachsenenbildung.at/magazin/15-24/meb15-24.pdf [15.01.2017].
76
3. Modelle beruflicher Handlungskompetenz
Handlungskompetenz ist für zukünftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Leitziel
für die berufliche Tätigkeit. Nach Bader ist diese „zu einem Leitbegriff in den Diskussionen
um die Ziele der Berufsausbildung im Kontext der Neuordnung der Ausbildungsberufe
geworden. Dass jemand ‚handelt‘, wenn ‚Handlungsbedarf‘ besteht, und dass er/sie dies
‚kompetent‘ tut, wird im Berufsleben an sich selbstverständlich erwartet“141.
In diesem Kapitel soll der Versuch unternommen werden, Handlungskompetenzmodelle
zu betrachten, um letztendlich ein Modell zu entwickeln, das dieser Arbeit zu Grunde
liegt.
3.1. Handlungskompetenzmodell nach Bader/Müller
Bader/Müller bezeichnen Handlungskompetenz als „die Fähigkeit und Bereitschaft des
Menschen, in beruflichen, privaten und gesellschaftlichen Situationen sach- und
fachgerecht, persönlich durchdacht und in gesellschaftlicher Verantwortung zu
handeln“142. Im Mittelpunkt dieser Definition steht das Individuum, das reflektiert und
eigenständig sowie lösungsorientiert handelt. Handlungskompetenz umfasst als
Überbegriff die drei Dimensionen Fachkompetenz, Human- bzw. Selbstkompetenz und
Sozialkompetenz. Fachkompetenz beinhaltet die selbstständige, fachlich richtige und
methodengeleitete Bearbeitung von Aufgabenstellungen sowie die Beurteilung des
Ergebnisses. Hinzuzuzählen ist des Weiteren logisches, analytisches, abstrahierendes,
integrierendes Denken und Erkennen von System- und Prozesszusammenhängen.
Human- bzw. Selbstkompetenz bezeichnet „die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen
als Individuum, Entwicklungschancen, Anforderungen und Einschränkungen im Beruf,
Familie und öffentlichen Leben zu klären, zu durchdenken und zu beurteilen“143.
Die Sozialkompetenz stellt die Erfassung und das Verständnis von sozialen Beziehungen
und Interessenslagen, Zuwendungen und Spannungen in den Mittelpunkt. Auch ist es von
141
Bader, R., Berufliche Handlungskompetenz, Die berufliche Schule 1989, H. 2, Jg. 41, 73 (73). 142 Bader, R./Müller, M., Leitziel der Berufsbildung: Handlungskompetenz: Anregungen zur Ausdifferenzierung des Begriffs. Die berufsbildende Schule 2002, H. 6, Jg. 54, 176 (176). 143
Dies., Die berufsbildende Schule 2002, H. 6, Jg. 54, 178.
77
Relevanz, sich mit anderen Persönlichkeiten rational und verantwortungsbewusst
auseinanderzusetzen.
Abbildung 15: Handlungskompetenzmodell nach Bader/Müller144
.
Wie in Abbildung 15 ersichtlich bedingen sich die genannten Kompetenzen, sind
miteinander vernetzt und enthalten als integrale Bestandteile die Methoden- und
Lernkompetenz sowie die kommunikative Kompetenz.
Methodenkompetenz impliziert das Verstehen von wissenschaftlichen Erkenntnissen, die
Reflektion von eigenen Handlungen sowie die Analyse von Teamstrukturen.
Lernkompetenz ist ein Begriff, der im universitären Alltag zu wenig Beachtung findet.
Denn jede(r) Lernende(r) sollte darüber reflektieren, wie er/sie am effizientesten
Informationen beschafft, strukturiert, erarbeitet und auswertet. Damit einher geht die
Entwicklung von individuellen Lerntechniken und -strategien sowie die Gestaltung des
Lernprozesses in der Gruppe.
Die kommunikative Kompetenz enthält u.a. das Verstehen und Verständlichmachen von
Fachtermini, das Verständnis und die Mitgestaltung von kommunikativen Situationen
sowie die Beherrschung von Kommunikationsstrategien. Auch Fremdsprachenkenntnisse
und die gemeinsame Präsentation von Arbeitsergebnissen zählen zu diesen.145
144 Bader, R./Müller, M., Die berufsbildende Schule 2002, H. 6, Jg. 54, 177. 145 Dies., Die berufsbildende Schule 2002, H. 6, Jg. 54, 179-181.
78
Aus den genannten Kompetenzen bilden Bader/Müller eine zweidimensionale Matrix, in
der die Verbindungen zwischen den einzelnen Dimensionen nachvollziehbar sind.
Fachkompetenz Humankompetenz Sozialkompetenz
Methodenkompetenz
Methodische Analysen
Strategisches Wissen
Methoden der
Selbstreflexion
Eigene Kompetenz-
entwicklung planen
Teamstrukturen
analysieren
Soziale Beziehungen
gestalten
Lernkompetenz
Informationen beschaffen
Zusammenhänge
herausarbeiten
Eigene Lerninteressen
entwickeln
Eigene Lernprozesse
gestalten
Lernprozesse in
Gruppen verstehen;
gestalten
Lerndefizite erkennen
und Hilfestellung
anbieten
Kommunikative
Kompetenz
Verstehen fachlicher
Begriffe
Verstehen und
interpretieren von Mimik
und Gestik
Eigene und andere
Interessen in Einklang
bringen
Fremdsprache unter
Einbeziehung des
Verstehens fremder
Kulturen anwenden
Kommunikation
verstehen
Entscheidungen in der
Gruppe treffen
(Gesprächsregeln
vereinbaren; Konsens-
und Konfliktfähigkeit
entwickeln)
Tabelle 6: Zweidimensionale Matrix der Kompetenzdimensionen nach Bader/Müller.
79
3.2. Kompetenzgefüge nach Sloane/Dilger
Anknüpfend an das Handlungskompetenzmodell von Bader/Müller entwickelten
Sloane/Dilger ein kategoriales Kompetenzgefüge mit einer Neun-Felder-Matrix.
Abbildung 16: Kategoriales Kompetenzgefüge von Sloane/Dilger.146
In dieser Matrix fassen Sloane/Dilger die Methoden- und Lernkompetenz zu einer
Querschnittskompetenz zusammen und legen die kommunikative Kompetenz enger als
im Modell von Bader/Müller als Sprachkompetenz aus. Als Novum reiht sich die ethische
Kompetenz mit einer Querschnittsbedeutung in das Kompetenzgefüge ein. Die
Dimensionen „Domäne“, „Person“ und „Gruppe“ beziehen sich einerseits auf das Handeln
in den Fachaufgaben eines Berufes, andererseits auf die Persönlichkeit und den sozialen
Kontext und repräsentieren die vormals gebräuchlichen Begriffe der Fach-, Personal- und
Sozialkompetenz. Dadurch ist eine Interpretation der Teilkompetenzen als integrale
Bestandteile eines Gesamtmodells der beruflichen Handlungskompetenz möglich. Denn
über die Punkte in der Matrix können Schwerpunkte gebildet und auf diese Weise der
Lernaufbau gesteuert werden.147
3.3. Handlungskompetenz nach Erpenbeck/Heyse
Gleich wie das Auffinden einer endgültigen Definition der Begriffe Können, Fertigkeiten,
Fähigkeiten und Qualifikationen nicht möglich ist, verhält es sich auch mit dem
Kompetenzbegriff. Vielmehr handelt es sich um psychologisch-sozialwissenschaftliche
146 Sloane, P./Dilger, B., The Competence Clash – Dilemmata bei der Übertragung des ‚Konzepts der nationalen Bildungsstandards‘ auf die berufliche Bildung, bwp@Ausgabe 2005, Nr. 8, 1 (14). 147
Dies., bwp@Ausgabe 2005, Nr. 8, 13.
80
Kompetenzkonstrukte, die bestimmte Merkmale aufweisen. Kompetenzen sind
Erpenbeck/Heyse zufolge Selbstorganisationsdispositionen des Individuums. Folglich
organisiert ein Individuum reflexive, aktivitätsbetonte, geistig-instrumentelle oder
kommunikative Handlungen.
Während reflexive Handlungen beispielsweise Selbsteinschätzungen,
Selbstveränderungen oder neue Selbstkonzeptbildungen umfassen, zielen aktivitäts-
betonte Handlungen auf starke Willensabsichten und hohe Umsetzungsabsichten ab. Zu
geistig-instrumentellen Handlungen zählen Problemlösungsprozesse, kreative
Denkprozesse aber auch manuelle Verrichtungen und Produktionsaufgaben. Gespräche
allgemein oder Verkaufstätigkeiten speziell führen zu kommunikativen Handlungen. Um
jene Selbstorganisation zu gewährleisten, bedarf es unterschiedlicher Dispositionen
(Anlagen, Fähigkeiten, Bereitschaften), woraus sich folgende Kompetenzen bilden:
Personale Kompetenzen;
Aktivitäts- und umsetzungsbezogene Kompetenzen;
Fachlich-methodische Kompetenzen;
Sozial-kommunikative Kompetenzen.
Abbildung 17: Handlungskompetenzmodell nach Heyse/Erpenbeck.148
148
Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining XXI.
81
Demnach entstehen personale Kompetenzen, zu denen beispielsweise
Selbstreflexionsbereitschaft oder Flexibilität zählen, aus reflexiven, auf sich selbst
bezogenen Handlungen und fachlich-methodischen Kompetenzen und beziehen sich auf
ein bestimmtes Objekt. Hingegen bilden sich sozial-kommunikative Kompetenzen,
beispielsweise Teamfähigkeit, Konfliktlösungsbereitschaft oder Einfühlungsvermögen,
durch den Bezug zu individuellen und kollektiven Subjekten. Aktivitäts- und
umsetzungsbezogene Handlungen erfassen nicht nur Emotionen, Motivationen,
Fähigkeiten und Erfahrungen, sondern alle anderen Kompetenzen, d.h. personale,
fachlich-methodische und sozial-kommunikative. Berufliche Handlungskompetenz setzt
sich folglich aus der synergetischen Verbindung der genannten Kompetenzbereiche
zusammen, die aus selbstorganisierten, reflexiven, geistig-instrumentellen und
kommunikativen Dispositionen resultieren. Diese äußert sich in weiterer Folge durch
ganzheitlich strukturierte Handlungsformen.149
3.4. Handlungskompetenz nach Peterßen
Ausgehend von Ansätzen der kognitivistischen Lernpsychologie und der östlichen
Tätigkeitspsychologie gilt für Peterßen derjenige bzw. diejenige als handlungsfähig,
der/die „imstande ist, selbstständig mit möglichst vielen Situationen fertig zu werden, in
die sein Leben hineinführt, weil er die darin vorfindbaren Probleme eigenständig zu lösen
fähig ist“150. Die Selbstständigkeit impliziert allerdings nicht, dass der/die Lernende
„alleine“ für die Problemlösung zuständig ist. Vielmehr steht im Vordergrund, dass
Begleitung und Unterstützung durch den/die Lehrende(n) für den Lernprozess essentiell
sind. Peterßen bezieht in den Handlungskompetenzbegriff neben der fachlichen,
methodischen und persönlichen Kompetenz auch die emotionale Komponente mit ein.
149
Erpenbeck, J./Heyse, V., Die Kompetenzbiographie. Wege der Kompetenzentwicklung2
(2007) 158 ff. 150
Peterßen, W., Kleines Methoden-Lexikon3 (2009) 10.
82
Abbildung 18: Ganzheitlich-integrative Handlungsfähigkeit nach Peterßen.
Die Sachkompetenz setzt zur Lösung von Problemen umfangreiche Informationen voraus,
auf die ein Mensch stößt. Da Problemlösungen nicht immer alleine bewerkstelligt werden
können, sind Zusammenarbeit und Kommunikation mit anderen Personen Elemente der
Sozialkompetenz. Darüber hinaus umfasst Methodenkompetenz die selbstständige
Beschaffung von notwendigen Informationen für unbekannte Lebenssituationen.151
3.5. Berufliche Handlungskompetenz nach Rebmann/Tenfelde/Schlömer
Rebmann/Tenfelde/Schlömer beschreiben Kompetenz aus einer wirtschafts-
pädagogischen Perspektive und entwickelten ein Kreisstrukturmodell zur beruflichen
Handlungskompetenz. Demnach handelt es sich um ein kreisstrukturelles und
vollständiges System kognitiver Prozesse des Wahrnehmens, des Erwerbs und des
Strukturierens von Wissen und Erfahrungen, des Handelns und des Gebrauchs von
Sprache.
151 Peterßen, W., Kleines Methoden-Lexikon
3, 12.
83
Abbildung 19: Berufliche Handlungskompetenz nach Rebmann/Tenfelde/Schlömer.152
Als Wissen und Erfahrung über fachwissenschaftliche Konzepte sowie als notwendige
Kernkompetenz zur Bearbeitung von komplexen Aufgaben und Projekten ist die
Fachkompetenz anzuführen, wobei durch Wissensanwendung und -überprüfung
Methodenkompetenz entsteht. Diese dient vor allem der gedanklichen Anwendung,
Strukturierung und Konzeptualisierung von Erfahrungen und Wissen zur Entwicklung von
Ideen, Konzepten und Handlungsstrategien. Gestaltungskompetenz zeigt sich bei der
praktischen Umsetzung von subjektiven Wirklichkeitsvorstellungen. Zumal berufliches
Handeln von anderen Personen abhängig ist, aber auch Konsequenzen für diese nach sich
zieht, fordern Beruf und Arbeit moralisch-ethische Kompetenz für den Umgang mit
sozialen Systemen. In jenen systemischen Strukturen der beruflichen Sozialisation
erweitern die Beteiligten ihre Sozialkompetenz durch die Entwicklung von beruflichem
Selbstbewusstsein sowie sprachlichen und kommunikativen Fähigkeiten. Durch Sprache
und Kommunikation können ArbeitnehmerInnen einerseits ihr Wissen und ihre berufliche
Erfahrung einbringen, andererseits die Wirklichkeitskonstrukte anderer nachvollziehen,
wodurch die sogenannte Abstraktionskompetenz erweitert wird. Da sich diese auf
152
Rebmann, K./Tenfelde, W./Schlömer, T., Berufs- und Wirtschaftspädagogik: Eine Einführung in Strukturbegriffe
4 (2011) 133.
84
sprachlich-fächerübergreifende Kommunikation in beruflichen Geschäftsfeldern bezieht
und somit auf die Fachkompetenz verweist, schließt sich wiederum die Kreisstruktur.153
3.6. Handlungskompetenzmodell nach Widulle
Widulle lehnt sich in seinem konzipierten Modell an Hof154 an, die die Umwelt als Relation
zur Person in ihr Handlungskompetenzkonzept einbezieht. Ein erweiterter Wissensbegriff
steht für Widulle im Zentrum. Darunter ist sowohl deklaratives Wissen (Faktenwissen) als
auch prozedurales Wissen (methodisches Können), episodisches Wissen (Erfahrung,
Praxiswissen) und strategisches Wissen (Handlungspläne, Metakognition, Reflexion) zu
subsumieren.
Abbildung 20: Modell der beruflichen Handlungskompetenz nach Cranach155
und Hof156
mit Ergänzungen
von Widulle157
.
153 Bloemen, A./Schlömer, T., Berufliche Handlungskompetenz, in: Paechter, M. (Hrsg.), Handbuch Kompetenzorientierter Unterricht (2012) 121 (126 ff.); Rebmann, K./Tenfelde, W./Schlömer, T., Berufs- und Wirtschaftspädagogik
4, 133 ff.
154 Hof, C., Von der Wissensvermittlung zur Kompetenzorientierung in der Erwachsenenbildung?, in:
Nuissl, E./Schiersmann, C./Siebert, H. (Hrsg.), Report Nr. 49/ 2002 Kompetenzentwicklung statt Bildungsziele? (2002) 80 (80 ff.). 155
Cranach, M. von/Bangerter, A., Wissen und Handeln in systemischer Perspektive: Ein komplexes Problem, in: Mandl, H./Gerstenmaier, J. (Hrsg.), Die Kluft zwischen Wissen und Handeln: Empirische und theoretische Lösungsansätze (2002) 221 (235 ff.).
85
Die Persönlichkeitsfaktoren Selbstkonzepte, Normen, Werte, Einstellungen, Emotionen
und Motive, die nicht über schulisch-kognitive Lernprozesse vermittelbar sind,
beeinflussen die Handlungssteuerung. Die daraus resultierenden Handlungsmöglichkeiten
stehen immer in einem Bezug zur Umwelt (beispielweise zur Arbeitsumgebung). In
diesem Modell finden folglich die Praxis, die eigene Erfahrung und das
persönlichkeitsnahe Lernen eine adäquate Berücksichtigung.
3.7. Berufliche Handlungsfähigkeit nach Schaeper/Briedis
Schaeper/Briedis beziehen sich bei ihrer Definition von beruflicher Handlungsfähigkeit auf
jene von Orth: „Schlüsselqualifikationen sind erwerbbare allgemeine Fähigkeiten,
Einstellungen und Wissenselemente, die bei der Lösung von Problemen und beim Erwerb
neuer Kompetenzen in möglichst vielen Inhaltsbereichen von Nutzen sind, sodass eine
Handlungsfähigkeit entsteht, die es ermöglicht, sowohl individuellen als auch
gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden.“158
Demnach sind Schlüsselqualifikationen/-kompetenzen nicht angeboren, sondern müssen
erworben werden, umfassen emotionale, motivationale und soziale Aspekte,
Werthaltungen und Verhaltensdispositionen und sind in sozialen und beruflichen Feldern
wichtig. Jene Fähigkeiten und Fertigkeiten leiten sich aus den Anforderungen der Arbeits-
und Lebenswelt ab. Für den Zweck der von Schaeper/Briedis durchgeführten HIS-Studie
war diese Definition jedoch zu weitreichend, weil sie sich in ihrer Untersuchung
ausschließlich mit Kompetenzen auseinandersetzen, die für die Bewältigung beruflicher
Anforderungen, die berufliche Handlungsfähigkeit, relevant sind. Folglich waren die
Begrifflichkeiten bereichsspezifische Fachkompetenz, Sach-, Methoden-, Sozial- und
Selbstkompetenz zentral.159
156
Hof, C., in Nuissl, E./Schiersmann, C./Siebert, H. 85. 157
Widulle, W., Handlungsorientiert lernen im Studium. Arbeitsbuch für soziale und pädagogische Berufe (2009) 45. 158
Orth, H., Schlüsselqualifikationen an deutschen Hochschulen. Konzepte, Standpunkte und Perspektiven (1999) 107. 159
Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen 4 f.
86
3.8. Zusammenfassung der Handlungskompetenzmodelle
Wie anhand der dargestellten Handlungskompetenzmodelle aufgezeigt, mangelt es an
Versuchen, den Begriff Kompetenz allgemein zu definieren, wahrlich nicht. Obwohl sich
die Definitionsversuche in ihren inhaltlichen Elementen unterscheiden, kreisen sie
dennoch alle um das von Roth eingeführte sach-, sozial- und werteinsichtige Verhalten
bzw. nehmen eine Erweiterung um zusätzliche Komponenten vor.
Tabelle 7: Handlungskompetenzmodelle.
Ausgehend von der roth‘schen Definition unterscheiden die oben genannten AutorInnen
zwischen Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz oder noch weiter zwischen
fachlich-methodischer, sozialer und personaler bzw. humaner Kompetenz, die durch ein
integratives Zusammenwirken zu beruflicher Handlungskompetenz führen. Als zusätzliche
Dimensionen nennen Bader/Müller Lern- und kommunikative Kompetenzen oder
Erpenbeck/Heyse aktivitäts- und umsetzungsbezogene Kompetenzen.
Rebmann/Tenfelde/Schlömer nehmen in sechs Ebenen eine Definition vor und entwickeln
zusätzlich die moralisch-ethische Kompetenz sowie die Gestaltungs- und
Abstraktionskompetenz. Sloane/Dilger legen in ihrem kategorialen Kompetenzgefüge die
kommunikative Kompetenz als Sprachkompetenz aus und führen die Methoden- und
Lernkompetenz als Querschnittskompetenz zusammen. Auch die ethische Kompetenz
87
erhält in diesem Modell eine Querschnittsbedeutung. Die vormals gebräuchlichen
Begriffe Fach-, Personal- und Sozialkompetenz werden durch die Dimensionen „Domäne“,
„Person“ und „Gruppe“ abgelöst. Peterßen bringt in seinem ganzheitlich-integrativen
Ansatz neben der fachlichen, methodischen und persönlichen Kompetenz die emotionale
Komponente als wesentliches Element der Handlungsfähigkeit ein.
Zudem hat sich das vormals klassische Modell des integrativen Zusammenwirkens der
Kompetenzbereiche in der Literatur gewandelt. Nach Erpenbeck/Heyse formen
Dispositionen, d.h. die selbstorganisierte Ausführung von Handlungen, Kompetenzen.
Widulle geht von einer systemtheoretischen, wissenspsychologischen und
handlungstheoretischen Auseinandersetzung mit der beruflichen Handlungskompetenz
aus und Rebmann/Tenfelde/Schlömer entwickeln ein Kreisstrukturmodell, in dem eine
Kompetenz auf der anderen aufbaut. Aus den dargestellten Modellen resultiert, dass
unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten für den sich ständig wandelnden
Arbeitsmarkt von Relevanz sind.
3.9. Diskussion – Handlungskompetenzen als berufliche Voraussetzung?
In sensu Reetz sind der Kompetenzbegriff und die Schlüsselqualifikationsdiskussion eng
miteinander verbunden, da die Zielformel von Schlüsselqualifikation in erster Linie
kompetenztheoretisch zu interpretieren ist.160 Reetz lehnt die Definition des
Kompetenzbegriffes ebenfalls eng an die pädagogische Anthropologie von Roth an und
zielt darauf ab, Kompetenzen zu erfassen, die für die berufliche Handlungsfähigkeit
relevant sind. Um beruflich handlungskompetent zu agieren, muss der/die MitarbeiterIn
über die Fähigkeiten verfügen, die an ihn/sie in beruflichen Situationen gestellten
Leistungsanforderungen zu erfüllen. Jene im Beschäftigungssystem verwertbaren
Fähigkeiten werden auch als Qualifikationen bezeichnet, die aus der pädagogischen
Perspektive von Kompetenz jedoch nur einen Teil der individuellen Fähigkeiten und
160 Reetz, L., Zum Zusammenhang von Schlüsselqualifikationen – Kompetenzen – Bildung, in: Tramm, T./Sembill, D./Klauser, F./John, E. (Hrsg.), Professionalisierung kaufmännischer Berufsbildung. Beiträge zur Öffnung der Wirtschaftspädagogik für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts. Festschrift für Achtenhagen, F. (1999) 32 (34).
88
Fertigkeiten darstellen.161 Demzufolge ist der Kompetenzbegriff umfassender als jener der
Qualifikation, da ersterer mehr Gewicht auf die individuelle Selbstorganisation legt.162
In der Handlungskompetenzdiskussion steht daher nicht die Persönlichkeitsentwicklung
im Vordergrund, sondern vielmehr die Personalentwicklung für ein konkurrenzfähiges
Unternehmen.
In der Kompetenzdiskussion und den Unterschieden zwischen den
Handlungskompetenzmodellen wird klar, dass in Zukunft vor allem
Querschnittskompetenzen gefragt sein werden.163 Denn Orthey verweist neben
methodischen, sozial-kommunikativen und selbstbezogenen Kompetenzen darauf hin,
dass Unternehmen zukünftig auf folgende „erweiterte“ Fähigkeiten und Fertigkeiten Wert
legen werden:
Pluralitätskompetenz: Das Individuum sollte über die Kompetenzen verfügen, mit
hochkomplexen; unsicheren und nicht eindeutigen Situationen professionell
zurechtzukommen und unter diesen Bedingungen genügend Sicherheiten zu
generieren, um handlungsfähig zu bleiben.
Transversalitätskompetenzen: Dabei handelt es sich um Kompetenzen, um die
immer häufigeren (berufsbiografischen, tätigkeitsbedingten, qualifikatorischen,
sozialen) Übergänge so zu gestalten, dass einerseits sinnvoll mit Vergangenem
abgeschlossen und andererseits an Neues angeknüpft werden kann.
Beobachtungskompetenzen: MitarbeiterInnen sollten in der Lage sein,
Gegebenheiten zu beobachten und zu erkennen, welche Unterscheidungen diesen
Beobachtungen zugrunde liegen sowie welche Einflüsse dies auf Situationen und
ihre Entwicklung hat.
Reflexive Kompetenzen als Kompetenzen zum produktiven Umgang mit
Störungen: Diese Fähigkeit impliziert die reflexive Sinnfindung und den
produktiven Umgang mit Störungen.
161 Reetz, L. in Tramm, T./Sembill, D./Klauser, F./John, E. 38. 162 Bunk, G., Kompetenzentwicklung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Deutschland, Berufsbildung 1994, H. 1, 9 (10). 163 Orthey, F. M., Zeit der Modernisierung. Zugänge einer Modernisierungstheorie beruflicher Bildung (1999) 190 ff.
89
Ästhetische Kompetenzen: Der/die ArbeitnehmerIn imstande sein, mit der neuen
Ästhetik der Alltags- und Arbeitswelt und deren „Bilderfluten“ (Virilio) umgehen
und deren Möglichkeiten nutzen zu können.
Aus den zuletzt erläuterten Querschnittskompetenzen ergibt sich, dass diese in der
heutigen Arbeitswelt unerlässlich sind. Die dargelegten Handlungskompetenzmodelle
bilden daher die Grundlage für die Entwicklung eines Handlungskompetenzmodells, auf
das die vorliegende Arbeit aufbaut.
Denn m.E. ist ausgehend vom roth'schen Modell und in Anlehnung an Schaeper/Brideis
die Fach-, Sach-, Methoden-und, Sozial und Selbstkompetenz164 einzubeziehen und um
die individuelle Umgebung jeder Person zu erweitern. Diese beeinflusst unterschiedliche
Lebensbereiche, weshalb beispielsweise die Familie oder die Arbeitswelt Einfluss auf die
Handlungskompetenz nehmen. Die von Orthey genannten Querschnittskompetenzen
wirken sich ebenfalls auf die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse des/der
Arbeitnehmenden aus. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass sich jene von Beruf zu Beruf
unterscheiden.
Abbildung 21: Handlungskompetenzmodell für die vorliegende Arbeit (eigene Graphik).
164
Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen 10.
90
Durch die Handlungskompetenzmodelle wird des Weiteren klar, dass Fachwissen allein
nicht mehr ausreicht, vielmehr sind UniversitätsabsolventInnen gefordert, eine Vielfalt an
unterschiedlichen Kompetenzen bereits beim Berufseinstieg einzubringen. In einer
Beratung von Studierenden und AbsolventInnen sollte folglich darauf hingewiesen
werden, dass diese ebenso Lehrveranstaltungen besuchen, in denen die Vermittlung von
Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen im Vordergrund steht. Daher ist festzuhalten,
dass die zuletzt genannten Kompetenzen bedeutsam für die Bewältigung von komplexen
Aufgaben und im Umgang mit KollegInnen sind, diese aber dennoch fachspezifische
Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten keinesfalls ersetzen können.165 Denn ein solches
Modell von Bildung ist Weinert zufolge „not only a utopia, but also mostly nonsense“166.
165
Sonnleitner, K., career service papers 2015, 44. 166
Weinert, F., Concept of Competence: A Conceptual Clarification, in: Rychen, D. (Ed.), Defining and selecting key competencies (2001) 45 (53).
91
4. Abhandlung ausgewählter Kompetenzen und deren Vermittlung
In der in Kapitel II. darzustellenden empirischen Analyse haben sich Kompetenzen
herauskristallisiert, die für steirische ArbeitgeberInnen bei der Einstellung von
AbsolventInnen der Rechtswissenschaften und der Pädagogik eine besondere Relevanz
besitzen. Diese sollen – ohne den Ergebnissen der Erhebung vorgreifen zu wollen – einer
theoretischen Abhandlung zugeführt werden. Auch ist es sinnvoll, Methoden zur
Entwicklung aufzuzeigen, um der in der Einleitung aufgestellten Anforderung gerecht zu
werden, Studierenden einen Raster mit Kompetenzen, aber auch deren Erwerb an die
Hand geben zu können. Folgende Kompetenzen bedürfen aufgrund deren besonderen
Relevanz für BerufseinsteigerInnen einer vertiefenden Betrachtung:
Kommunikationsfähigkeit
Konfliktmanagement
Fachübergreifendes Denken
Organisationsfähigkeit
Teamfähigkeit
4.1. Kommunikationsfähigkeit – Allgemeines
Kommunikationsfähigkeit zählt zu den zentralen sozialen Kompetenzen, die in vielen
Arbeitsbereichen eine Rolle spielen. Sie „schließt die bisherigen Erfahrungen und
Einstellungen zur Kommunikation ein, ebenso das Zuhören(-Können), die
Informationsverarbeitung, die Kommunikation in Gruppen sowie die Verständlichkeit
mündlicher und schriftlicher Informationen“167. Kommunikation ist alltäglich und der
Austausch mit anderen Personen nimmt aufgrund der stetigen Dynamik und Komplexität
im beruflichen und privaten Leben weiter zu. Gerade deshalb ist es essentiell, sich über
Erfahrungen und Probleme austauschen, aber auch einer/einem anderen RednerIn
zuhören zu können.
167
Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 289.
92
Dauer
Wechsel
Distanz Nähe
Heyse/Erpenbeck empfehlen für das Training von Kommunikationsfähigkeit einen
mehrstufigen Lern- und Übungsprozess. Ebenfalls trägt regelmäßiges Feedback durch eine
andere Person zum Lernfortschritt bei. Zu Beginn ist anzuraten, einen
Selbsteinschätzungstest auszufüllen, um einerseits über seinen eigenen
Kommunikationstyp Kenntnis zu erlangen und andererseits eine „Zuordnung“ von
anderen Personen treffen zu können. Dafür eignet sich beispielsweise der
Selbsteinschätzungstest in Anlehnung an das Riemann-Thomann-Kreuz. Jede Person sollte
sich folglich darüber im Klaren sein, welche Kommunikationstypen es gibt, um
entsprechend das eigene Gesprächsverhalten zu steuern und dieses an andere
Kommunikationstypen anzupassen.
4.1.1. Grundströmungen der Kommunikation – Riemann-Thomann Modell
Thomann entwickelte aufbauend auf die tiefenpsychologische Studie „Grundformen der
Angst“168 von Riemann das Riemann-Thomann-Kreuz, das typische Verhaltensweisen und
Wirkungen einer Persönlichkeit aus der Perspektive von bestimmten Grundausrichtungen
beschreibt.
Abbildung 22: Grundausrichtungen allgemein.
168
Riemann, F., Grundformen der Angst40
(2011).
93
Die vier Grundausrichtungen Dauer, Wechsel, Nähe und Distanz sind in unterschiedlichen
Ausprägungen bei jedem Menschen vorhanden und beeinflussen das Kommunikations-
und Beziehungsverhalten.169
1.2.1 Dauer und Wechsel
Eine Person, bei der die Dauer als Grundausrichtung überwiegt, ist auf Sicherheit,
Ordnung, Organisation, Planung und Kontrolle bedacht und hat sich auch in
konfliktbehafteten Situationen „im Griff“. Prinzipien, Verantwortung und Zuverlässigkeit
haben große Priorität und die Person lebt nach dem Motto: Es gehört sich! Zu den
Stärken eines „dauerhaften“ Menschen zählen Zuverlässigkeit, Treue, Ordentlichkeit und
Systematik, die Schwächen liegen darin, dass er/sie dogmatisch, kontrollierend, unflexibel
und pedantisch agiert.
Im Gegensatz dazu verhält sich ein(e) KommunikationspartnerIn, der/die zur
Grundausrichtung Wechsel tendiert, in Gesprächssituationen unzuverlässig, egotroph,
oberflächlich und chaotisch, wenngleich Kreativität, Improvisationsfähigkeit, Charme und
Dynamik zu seinen/ihren positiven Eigenschaften gehören. Große Relevanz besitzen
Veränderung, Wandel, Abwechslung, Überraschung und Spontaneität. Flexibilität,
Lebendigkeit und Entwicklung stehen als Prinzipien im Vordergrund und eine Person mit
einer ausgeprägten Wechselausrichtung lebt im Hier und Jetzt nach dem Leitgedanken:
Mir ist danach!170
Dauer Wechsel Stärken Schwächen Stärken Schwächen
zuverlässig dogmatisch kreativ unzuverlässig treu kontrollierend improvisierend egotroph
ordentlich unflexibel charmant oberflächlich systematisch pedantisch dynamisch chaotisch
Werte, Haltungen, Prinzipien Werte, Haltungen, Prinzipien Sicherheit Im Griff haben Veränderung Flexibilität Ordnung Prinzipien Wandel Lebendigkeit
Organisation Verantwortung Abwechslung Entwicklung Planung Zuverlässigkeit Überraschung Hier und Jetzt
Kontrolle Es gehört sich! Spontanität Mit ist danach!
Tabelle 8: Dauer und Wechsel.
169
Stahl, E., Dynamik in Gruppen: Handbuch der Gruppenleitung (2012) 225 f. 170
Thomann, Ch./Schulz von Thun, F., Klärungshilfe 1. Handbuch für Therapeuten, Gesprächshelfer und Moderatoren in schwierigen Gesprächen
3 (2006) 181 ff.; Stahl, E., Dynamik in Gruppen 230 f.
94
Nähe und Distanz
Folgende Werte und Haltungen sind für eine(n) GesprächspartnerIn mit Näheausrichtung
von größter Wichtigkeit: Harmonie, Kooperation, Geselligkeit, Miteinander, Zärtlichkeit,
Gefühle und Vertrauen. Das tägliche Vorgehen basiert auf dem Prinzip: Ich für dich – Du
für mich!
Hingegen ist ein distanzierter Mensch der Ansicht, dass jede(r) für sich handeln muss und
begegnet seinen Mitmenschen mit Abstand, Intellekt, Respekt und Kühle. Er/sie zieht es
vor, unabhängig, autonom, frei und individuell zu leben. Eigenständigkeit,
Konfliktfähigkeit und Entschlossenheit sind seine/ihre Stärken, während die Schwächen
darin liegen, dass er/sie sich kontaktscheu, kühl und verschlossen in
zwischenmenschlichen Interaktionen sowie unbeholfen in Nachkontakten verhält.171
Nähe Distanz Stärken Schwächen Stärken Schwächen analytisch unflexibel eigenständig kontaktscheu verlässlich konservativ konfliktfähig kühl beständig engstirnig entschlossen verschlossen
pünktlich nachtragend unbeholfen in
Nachkontakten
Werte, Haltungen, Prinzipien Werte, Haltungen, Prinzipien Harmonie Zärtlichkeit Abstand Autonomie
Kooperation Gefühle Intellekt Freiheit Geselligkeit Vertrauen Respekt Individualität
Miteinander Ich für dich – Du für mich!
Kühle Unabhängigkeit
Tabelle 9: Nähe und Distanz.
Alle vier Grundströmungen der Kommunikation treffen auf jede Persönlichkeit in
unterschiedlichen Ausprägungen zu, die fließend ineinander übergehen. Schwerpunkte
sind jedoch erkennbar. Die Typen divergieren nicht nur in der Kommunikation
(Verbalisierung von Gefühlen und Bedürfnissen), sondern auch in der Denkrichtung, der
Denkart und der Weltanschauung.172
171
Thomann, Ch./Schulz von Thun, F., Klärungshilfe 13, 179 ff.; Stahl, E., Dynamik in Gruppen 230 f.
172 Thomann, Ch./Schulz von Thun, F., Klärungshilfe 1
3, 178, 183 f.
95
Vermittlung von Kommunikationsfähigkeit: Wie gehe ich mit den einzelnen
Kommunikationstypen um, um ein gelungenes Gespräch zu führen?
Typ Distanz: Persönlichen Raum wahren (auch Körpersprache entsprechend anpassen);
versuchen, Missverständnisse zu vermeiden; klare Formulierungen und
Rahmenbedingungen; aktives Zuhören; sachlich argumentieren; Raum lassen; Zeit geben;
„ins Boot holen“ durch Wertschätzung; Argumente logisch, beweisbar, stichfest
aufbauen, Distanz wahren; Eigenständigkeit und Verantwortung überlassen; Gefühle
kontrollieren.
Typ Nähe : Offene Fragen stellen; Suggestivfragen vermeiden; gut zuhören; vor
Überforderung schützen; Hilfestellung bei Entscheidungen anbieten; offene
Interessensanalyse; Raum für Emotionen geben; Vertrauen schaffen; Verantwortung
abnehmen; Gefühle zeigen; einfühlsam sein; Zeit lassen; Vertrauen aufbauen.
Typ Dauer: Sicherheit vermitteln; Strukturen und Grenzen wahren; Rituale und Leitfäden
(Etikette) einhalten; Entwicklung Schritt für Schritt; Visualisierungstechniken entdecken;
Alternativen anbieten; fachliche Kompetenz würdigen; Klarheit schaffen; Strukturen
annehmen; planmäßiges und strukturiertes Vorgehen; Pünktlichkeit; Verlässlichkeit;
Vorbereitungszeit geben; Sicherheit vermitteln und Hilfe anbieten; Feedback geben.
Typ Wechsel: Hilfestellungen zur Fokussierung (Inhalte z.B. graphisch darstellen); auf
Grenzen hinweisen, Struktur vorgeben; Inhalte zur Entschleunigung zusammenfassen;
Alternativen aufzeigen; Offenheit für neue Ideen; Flexibilität entgegen bringen; Freiraum
lassen; Ideen Platz lassen.
Eine konkrete Technik für gelungene Gespräche und den Umgang mit Konflikten
entwickelte Marshall B. Rosenberg mit der Gewaltfreien Kommunikation.
4.1.2. Gewaltfreie Kommunikation – Marshall B. Rosenberg
Das Modell der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) von Marshall B. Rosenberg, der von
den Lehren von Carl Rogers und Ghandi beeinflusst ist, unterscheidet zwischen der
Giraffen- und der Wolfssprache. In der „Giraffensprache“ von Rosenberg finden die vier
Schritte Wahrnehmung, Gefühl, Bedürfnis und Bitte Berücksichtigung, während in der
96
„Wolfssprache“ Bedürfnisse nicht erfüllt werden und es an Selbst- bzw. Fremdempathie
mangelt. Demzufolge bedarf es zu einer gelungenen Kommunikation einer
Bedürfnisbefriedigung der GesprächspartnerInnen. Die Giraffensprache ist als „Sprache
des Herzens“ konstruktiv, um empathisch zu agieren (sich mitteilen und aktives Zuhören).
Diese impliziert Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen, während in
der Wolfssprache Verteidigung, Rückzug und Angriff vorherrschen.173 Zur Förderung einer
wertschätzenden Unterhaltung sind die vier Schritte der GFK maßgeblich, die
nachstehend erläutert und mit Beispielen präzisiert werden.
Beobachtung:
Beim 1. Schritt der GFK ist zwischen Beobachtung und Bewertung zu differenzieren. Durch
eine reine Beobachtung klärt der/die GesprächspartnerIn die eigenen Befindlichkeiten,
durch eine Bewertung hingegen nimmt das Gegenüber häufiger Kritik wahr und
gleichzeitig eine Abwehrhaltung ein. Eine Beobachtung ohne Bewertung enthält
ausschließlich jene Tatsachen, die zu sehen oder zu hören sind/waren (z.B. genaue Zeit-
und Ortsangaben), jedoch keine Bewertungen, Interpretationen oder
Verallgemeinerungen (z.B. immer, nie, dauernd, jedes Mal…).
Dieser Schritt dient dem/der GesprächspartnerIn als erste objektive
Informationsquelle.174 Rosenberg befürwortet nicht, auf Bewertungen als statische
Verallgemeinerungen gänzlich zu verzichten, sondern vielmehr eine klare Trennung
zwischen Beobachtungen und Bewertungen vorzunehmen.175
Nachfolgend sind einige Beobachtungen und Bewertungen angeführt:
Tabelle 10: Beispiele für Beobachtungen und Bewertungen. 176
173
Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens8
(2009) 22 f. 174
Hubner, E., Einige wichtige Grundsätze der Gewaltfreien Kommunikation, in: Wanderer, U. (Hrsg.), Handbuch Mediation (2015) Reg. 5, Kap. 4.1.2. 175
Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation8, 45.
176 Holler, I., Mit dir zu reden ist sinnlos! … Oder? (2010) 48.
Beobachtung Bewertung
Diese Woche habe ich dich nicht beim Sport
gesehen. Diese Woche warst du ganz unsportlich.
Am Mittwoch bist du mit meiner Freundin ins
Kino gegangen.
Am Mittwoch warst du ganz schön lange mit
meiner Freundin weg.
Ich sehe einen Schal auf dem Sofa liegen. Der Schal liegt hier rum.
Im Mai hast du € 2000 ausgegeben. Mit Geld kannst du nicht umgehen.
97
Für die Praxis ist es für KommunikationspartnerInnen zweckmäßig, sich eine Kamera als
Beobachtungshilfe vorzustellen, die objektiv bzw. bewertungsfrei einen Sachverhalt
aufnimmt.177
Gefühl:
Hascher formuliert treffend, dass Emotion bzw. Gefühl178 ein seltsamer Begriff ist. „Fast
jeder denkt, er versteht, was es bedeutet, bis er versucht, es zu definieren. Dann
behauptet praktisch niemand mehr, es zu verstehen.“179 Wie dieses Zitat klärt, sind
Gefühle komplex, vielschichtig und kaum beschreibbar. 1884 verfasst der Psychologe
William die These, dass Gefühle die Empfindung von körperlichen Veränderungen sind,
die sich durch die Wahrnehmung eines erregenden Ereignisses entwickeln.180 Zahlreiche
weitere AutorInnen versuchten sich an einer wissenschaftlich exakten Definition, eine
abschließende kann allerdings noch immer nicht ausgemacht werden. Die Anzahl der
Basis- bzw. Grundemotionen reicht von fünf181 über sieben182 bis hin zu 10183 Gefühlen.
In der GFK nehmen Gefühle als 2. Schritt eine zentrale Rolle ein, da Rosenberg davon
ausgeht, dass in der modernen Gesellschaft einerseits der Gefühlslage zu wenig
Bedeutung beigemessen wird und andererseits GesprächspartnerInnen Schwierigkeiten
haben, diese klar und verständlich auszudrücken. Zur Konkretisierung bedarf es für
private und berufliche Gespräche eines erweiterten Gefühlswortschatzes. Denn mit dem
Satzteil „ich habe das Gefühl, dass…“ wird lediglich eine Meinung geäußert, weshalb
Rosenberg dazu anregt, z.B. die Phrase „ich bin…“ zu nutzen. Als Hilfestellung
unterscheidet er zwischen wirklichen Gefühlen und „Wörtern, die beschreiben, was wir
darüber denken, wie wir sind“. Durch das Benennen tritt jedoch auch eine gewisse
Verletzlichkeit ein.184
177
Rust, S., Wenn die Giraffe mit dem Wolf tanzt. Vier Schritte zu einer einfühlsamen Kommunikation8
(2011) 68. 178
In den folgenden Kapiteln werden die Begriffe Emotion und Gefühl synonym verwendet. 179
Hascher, T., Emotionsbeschreibung und Emotionsverstehen (1994) 13. 180
James, W., What is an emotion? Mind 1884, H. 9 (34) 188 (190). 181
Oatley, K./Johnson-Laird, P. N., Towards a cognitive theory of emotions, Cognition and Emotion 1987, H. 1, 37-41. 182
Ekman, P., An Argument for Basic Emotions, Cognition and Emotion 1992, H. 6, 169 (170); Merten, J., Einführung in die Emotionspsychologie (2003). 183
Izard, C., The face of emotion (1971). 184
Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation8, 57 ff.
98
Holler listet zum einfachen Gebrauch einige Gefühlsäußerungen auf, um diese von
Gedanken, Interpretationen, Analysen, Diagnosen oder Vergleichen abgrenzen zu
können:
Ich bin erschöpft.
Ich bin glücklich.
Ich bin neugierig auf deine neue Freundin.
Ich bin unsicher.
Ich bin so erleichtert, dass du mir hilfst.
Ich bin frustriert.
Ich bin wirklich begeistert von der neuen Urlaubsregelung.
Tabelle 11: Gefühlsäußerungen.185
Bedürfnis:
Ballreich/Glasl klassifizieren Bedürfnisse als die „elementaren Bedingungen zum Leben
und Überleben“186. Sie sind die Wurzel der Gefühle und etwas Unentbehrliches im
zwischenmenschlichen Miteinander, wobei eine gewisse Unzufriedenheit entsteht, wenn
Bedürfnisse nicht beachtet, deren Befriedigung verhindert bzw. nicht anerkannt werden
oder eine Verwechslung mit Wünschen eintritt.187
Holler schlägt für den Ausdruck von Bedürfnissen folgende Sprachmuster vor:
Ich fühle mich…, weil ich… brauche.
Beispiel: Ich fühle mich unter Druck, weil ich Ruhe/Entspannung brauche.
Ich bin…, weil mir/für mich… wichtig ist.
Beispiel: Ich bin genervt, weil mir wichtig ist, meine Zeit sinnvoll zu nutzen.
Zur Formulierung eines gefühl- und bedürfnisorientierten Sprachmusters führt Rosenberg
folgendes Beispiel an: „Ich war enttäuscht, als du nicht gekommen bist, weil ich ein paar
Dinge mit dir besprechen wollte, die mir Sorgen machen.
Verantwortung für die eigenen Gefühle abzugeben und folglich keine Bedürfnisse zu
benennen, wird durch unpersönliche Pronomina („es“, „das“) und Du-Botschaften noch
verstärkt. Zur besseren Veranschaulichung von Bedürfnissen entwickelte Rosenberg eine
185
Holler, I., Mit dir zu reden ist sinnlos! … Oder? 64. 186
Ballreich, R./Glasl, F., Mediation in Bewegung: ein Lehr- und Übungsbuch mit Filmbeispielen auf DVD. (2007) 123. 187
Glasl, F./Weeks, D., Die Kernkompetenzen für Mediation und Konfliktmanagement (2008) 79.
99
Giraffe und einen Wolf als Handpuppen. Während die Giraffe als Tier mit dem größten
Herzen Bedürfnisse ausdrückt, nimmt der Wolf Interpretationen und Bewertungen in
seinen Gesprächen vor.188
Bitte:
Nach dem Schritt der Beobachtung, des Gefühls und des Bedürfnisses folgt die richtige
Formulierung von Bitten. Höller macht darauf aufmerksam, dass Bitten oftmals getarnte
Forderungen enthalten und vage oder mehrdeutig formuliert sind.189 Sie sollten allerdings
in einer klaren, positiven Handlungssprache ausgedrückt werden und nicht eine verneinte
Formulierung enthalten, sodass bei dem/der GesprächspartnerIn die Bereitschaft steigt,
rücksichtsvoll zu reagieren. Bitschnau differenziert zur besseren Erklärung zwischen
frommen Wünschen und erfüllbaren Bitten. In diesem Zusammenhang führt Rosenberg
folgendes Beispiel an:
„In einem Workshop beschrieb eine Frau, die frustriert darüber war, dass ihr Mann so viel
Zeit bei der Arbeit verbrachte, wie ihre Bitte zum Eigentor wurde. ‚Ich bat ihn, nicht so
viel Zeit bei der Arbeit zu verbringen. Drei Wochen später reagierte er mit der
Ankündigung, dass er sich für ein Golfturnier angemeldet hatte.“190
Wie durch das Beispiel ersichtlich gestaltet es sich schwierig, eine klare und eindeutige
Bitte mit den eigenen Bedürfnissen zu artikulieren, weshalb diese neben der positiven
Formulierung eine konkrete Handlung beinhalten sollte.191 Zur Veranschaulichung sollen
nachstehend Beispiele für fromme Wünsche und erfüllbare Bitten gegeben werden.
Frommer Wunsch Erfüllbare Bitte
Halten Sie bitte in Zukunft Termine ein!
Ich würde gerne mit Ihnen vereinbaren,
dass Sie mich bitte eine halbe Stunde vor
dem Termin verständigen, wenn Sie diesen
nicht einhalten können.
Bitte sei rücksichtsvoller!
Ich möchte dich bitten, dass du mir in
Zukunft sagst, wenn du später nach Hause
kommst.
188
Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation8, 72.
189 Höller, R., Gewaltfreie Kommunikation, Christlich-pädagogische Blätter 2009, H. 3, Jg. 122, 153 (153).
190 Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation
8, 89.
191 Bitschnau, K., Die Sprache der Giraffen (2008) 72 f.
100
Seien Sie aufmerksamer!
Lesen Sie bitte den Bericht nochmals durch
und markieren Sie alle Termine,
einverstanden?
Räume bitte dein Zimmer auf! Kannst du dein Spielzeug, das du benutzt
hast, bitte wegräumen.
Tabelle 12: Fromme Wünsche und erfüllbare Bitten.192
Auch ist eine Abgrenzung zwischen einer Bitte und einer Forderung vorzunehmen.
Der/die GesprächspartnerIn kann eine Bitte ohne Angst vor Sanktionen ablehnen und den
Vorschlag mit seinem Gegenüber diskutieren.193
4.1.3. Kommunikationsmodell – Vera F. Birkenbihl
Birkenbihl differenziert aufbauend auf die Maslow’sche Bedürfnispyramide zwischen dem
Seins-Orientierten Menschen und dem Tuns-Orientieren Menschen. Ersterer erhält in
seiner Kindheit Lob und Anerkennung durch Streicheleinheiten, musste sich dafür
allerdings nicht speziell verhalten. Dadurch empfinden Seins-Orientierte-Menschen
Akzeptanz ohne besondere Leistung. Es gestaltet sich folglich schwierig, jenen Typ als
Erwachsenen zu motivieren, denn sie leben nach dem Spruch: „Ich lebe nicht, um zu
arbeiten, sondern ich arbeite, um zu leben!“ Tuns-Orientierte-Menschen werden in ihrer
Kindheit ausschließlich nach einer bestimmten Leistung gelobt, weshalb sie sich als
Erwachsene(r) hohe Ziele stecken. Lob vergrößert die Motivation, fehlendes Lob schürt
jedoch Selbstzweifel. Sie orientieren sich deshalb an dem Leitsatz: „Ohne Fleiß kein
Preis!“194
Birkenbihl regt – wie auch Rosenberg – für die Schaffung eines angenehmen
Gesprächsklimas die Paraphrasierung der Aussagen seines Gegenübers an.195 Bei dieser
Technik wird das Gehörte in eigenen Worten wiedergegeben. Missverständnisse sind
leichter vermeidbar, indem die Beteiligten ihre Aussagen durch Zusammenfassungen und
Rückfragen abgleichen und dem Gegenüber Verständnis, Empathie und Wertschätzung
192
Hubner, E. in Wanderer U. Reg. 5, Kap. 4.1.2; Holler, I., Mit dir zu reden ist sinnlos! … Oder? 100, 115. 193
Rust, S., Wenn die Giraffe mit dem Wolf tanzt8, 84.
194 Birkenbihl, V., Kommunikationstraining. Zwischenmenschliche Beziehungen erfolgreich gestalten
19
(1997) 56 ff. 195
Birkenbihl, V., Kommunikation für Könner … schnell trainiert. Die hohe Kunst der professionellen Kommunikation
6 (2000) 37 ff.
101
vermitteln. Einleitungen für Paraphrasen sind beispielsweise: „Darf ich nochmals
rekapitulieren“ oder „Wenn ich Sie richtig verstanden habe,…“.196
An dieser Stelle ist zu beachten, dass diese Technik nicht falsch, gar manipulativ
eingesetzt wird. Schnell kann es passieren, dass der/die GesprächspartnerIn glaubt, dass
ihm/ihr absichtlich Worte untergeschoben werden, jedoch ist es das Ziel, Informationen
richtig zu verstehen, also das tatsächlich Gesagte richtig deuten zu können.197
Denn Ehrlichkeit hat zwar Priorität, Ehrlichkeit nur um der Ehrlichkeit willen ist allerdings
nicht sinnvoll, denn die Wahrheit kann andere Personen sogar verletzen oder ihnen
schaden. Außerdem kann Menschen, denen an ehrlicher Kommunikation nichts liegt,
diese nicht aufgezwungen werden.198
4.1.4. Das Vier-Seiten-Modell – Schulz von Thun
Das Vier-Seiten-Modell oder auch Kommunikationsquadrat ist ein Hilfsmittel, das
Friedemann Schulz von Thun entwickelte und das als Steuerungselement der
Kommunikation in Verhandlungen Abhilfe schaffen soll. Es besteht aus vier
Grundprinzipien:
1. Sachinhalt,
2. Selbstoffenbarung,
3. Beziehung,
4. Appell.
Sachinhalt:
Der Sachinhalt zeigt auf, dass jede Nachricht Sachinformationen enthält. In einer
Verhandlung über einen Gegenstand sind wichtige Aspekte nicht nur der Kaufpreis,
sondern auch die Beschaffenheit des angebotenen Gegenstandes. Dieser erste Schritt
bezieht sich ausschließlich auf Fakten und Informationen.
196
Birkenbihl, V., Kommunikationstraining19
, 178 f., 262. 197
Kleindienst-Passweg, S./Wiedermann, E., Spiegeln, Paraphrasieren oder Loopen, in: Wanderer, U. (Hrsg.), Handbuch Mediation (2012) Reg. 5, Kap. 4.2.2; Bühring-Uhle, Ch./Eidenmüller, H./Nelle, A., Verhandlungsmanagement (2009) 117 ff. 198
Birkenbihl, V., Kommunikationstraining19
, 217 ff.
102
Selbstoffenbarung:
Jede Nachricht, die dem Informationsadressaten bzw. der Informationsadressatin
zukommt, sagt etwas über den/die InformationssenderIn aus. Anhand der Informationen
sind ebenfalls Befindlichkeiten, implizierte Wünsche, und Anschauungen erkennbar.
Beziehung:
Die jeweils gewählte nonverbale, paraverbale und verbale Kommunikation offenbart auch
etwas über den/die SenderIn der Information, z.B. wie die beiden
VerhandlungspartnerInnen zueinander stehen. Wenn ein(e) VerhandlungspartnerIn
beispielsweise sein/ihr Gegenüber dazu einlädt, gemeinsam die optimale Lösung für ein
anstehendes Problem zu finden, ist eine kooperative Haltung erkennbar.
Appell:
Auf der Seite des Appells findet sich das Ziel einer Nachricht. Derjenige/Diejenige, der/die
spricht, will ein gewisses Verhalten von seinem/ihrem Gegenüber fordern, welches sich in
einer Handlung oder Unterlassung ausdrücken soll.
Bereits die Aussage eines Verhandlungspartners bzw. einer Verhandlungspartnerin zu
Beginn einer gemeinsamen Sitzung, dass er/sie nur zwei Stunden lang Zeit und im
Anschluss eine weitere Verhandlung habe, lässt den/die InformationsempfängerIn
deutlich erkennen, dass der/die InformationssenderIn schnell zur Sache kommen und
keine Zeit vergeuden möchte.
Jeder dieser vier Grundsätze soll eine Unterstützung in der Kommunikation bieten, die es
leichter macht, seine Selbstwahrnehmung und die Fremdwahrnehmung zu schulen.199
199
Kürsteiner, P., Reden, vortragen, überzeugen (1999) 94 ff.; Bühring-Uhle, Ch./Eidenmüller, H./Nelle, A., Verhandlungsmanagement 116.
103
Abbildung 23: Kommunikationsquadrat von Schulz von Thun (eigene Abbildung).
Vermittlung von Kommunikationsfähigkeit:
Tabelle 13: Vermittlung des Kommunikationsquadrats.200
200
Plate, M., Grundlagen der Kommunikation (2013) 77.
104
Zur leichten und im Gespräch flüssigen Nutzung der vier Grundprinzipien empfiehlt Schulz
von Thun den Gebrauch von aktivem Zuhören und Ich-Botschaften. Denn eine Person, die
viel redet, vermeidet es, Neues zu lernen und möglicherweise daraus neue Lösungen für
zukünftige Probleme zu entwickeln. Das aktive Zuhören beschreibt sich aus einem
Wechselspiel zwischen zuhören und gezielt Aufmerksamkeit signalisieren. Genau an
diesem Punkt kommt die Körpersprache zum Zug. Blickkontakt, eine offene
Körperhaltung, auch ein zugewandter Kopf lassen es zu, dass derjenige/diejenige, der/die
gerade spricht, sich in dem Gespräch wohl fühlt. Sobald ein angenehmes
Verhandlungsklima geschaffen ist, erhöht sich wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass die
Individualität der Körpersprache an sich erkannt werden kann. Man kann nun von einer
authentischen Haltung der Person ausgehen und beginnen, Verhaltensmuster zu
erkennen.201
Mit sogenannten Ich-Botschaften ist es leichter möglich, Problemen aus dem Weg zu
gehen. Wenn der/die VerhandlungspartnerIn beispielsweise etwas sagt oder eine
Handlung setzt, die uns ärgert oder aufregt, sind wir schnell dazu geneigt, Vorwürfe zu
machen. Intuitiv wechselt man in die Angriffsstellung und der positive Fortgang der
Verhandlung wird unnötigerweise gehemmt. Ich-Botschaften bewirken, dass
Schuldzuweisungen gar nicht erst entstehen. Viele Verhandlungspartner wirken alleine
nur durch ihre Art, wie zum Beispiel lautes Reden, auf andere Personen aggressiv. Wirft
man dieses laute Reden nun vor, indem man beispielsweise meint, dass dadurch das
Verhandlungsklima vergiftet wird, und es sich überhaupt nur um eine Provokation
handelt, gestaltet es sich schwierig, wieder die Sachebene zu fokussieren. Vielen
Menschen ist oftmals nicht bewusst, dass gewisse Eigenarten, die sie haben, andere
stören.
201
Kleindienst-Passweg, S./Wiedermann, E. in Wanderer, U. Reg. 5, Kap. 4.2.2.
105
Vermittlung von Kommunikationsfähigkeit
Tabelle 14: Vergleich zwischen DU-Botschaften und ICH-Botschaften.
Mit Ich-Botschaften lässt es sich erreichen, dass Vorwürfe erst gar nicht entstehen. Dem
Gegenüber wird durch eine gezielte Ich-Aussage vermittelt, dass man sich mit gewissen
Verhaltensmustern beispielsweise schwer abfinden kann. Mit dieser Technik entsteht
kein Vorwurf. Eine Information wird weitergegeben und die Sachebene tritt wiederum in
den Vordergrund.202
Wenn in Verhandlungen aggressives Verhalten an den Tag gelegt wird, reagiert zuerst
unser Körper. Adrenalin wird ausgeschüttet und man verspürt, das Bedürfnis zu flüchten
oder besser gesagt, man will den jeweiligen Ort so schnell wie möglich verlassen. Arme
und Beine werden aktiviert und es fällt schwer, in dieser Situation klar zu denken und die
richtigen Worte zu finden. Ich-Botschaften liefern das geeignete Werkzeug, um die
Situation schnell wieder in den Griff zu bekommen.203 Neben dem
Kommunikationsquadrat nimmt auch Schulz von Thun eine Abgrenzung zwischen
unterschiedlichen Kommunikationsstilen vor. Er differenziert zwischen der „bedürftig-
abhängigen“, „helfenden“, „selbstlosen“, „aggressiv-entwertenden“, „sich-beweisenden“,
„bestimmenden-kontrollierenden“, „distanzierenden“ und „mitteilungsfreudigen“
Persönlichkeit und beschreibt typische Varianten menschlichen Kontaktverhaltens. Ohne
nähere Beschreibung der einzelnen Kommunikationsweisen ist – ähnlich wie bei der
Typologie von Birkenbihl – festzuhalten, dass in jeder Persönlichkeit je nach konkreter
Situation und Gemütslage eine Vielzahl der einzelnen Stile steckt.204
202
Mayer, C.-H., Trainingshandbuch Interkulturelle Mediation und Konfliktlösung2 (2008) 118 f.
203 Bühring-Uhle, Ch./Eidenmüller, H./Nelle, A., Verhandlungsmanagement 124; Schmidt, Th.,
Kommunikationstrainings erfolgreich leiten (2006) 130 ff. 204
Schulz von Thun, F., Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung, Band 2 (1998) 61, 76, 94, 115, 153, 170, 191, 244.
106
4.2. Konfliktmanagement – Allgemeines
Konflikte sind unvermeidbar und allgegenwärtig, haben aber dennoch schöpferischen
Charakter und ermöglichen nach Lösung derselben ein Zusammenarbeiten bzw. -leben
nach veränderten Maßstäben. Folglich wirken sie ebenfalls integrierend und produktiv.205
Konflikte sind nicht zwangsläufig zerstörerisch und nicht grundsätzlich negativ zu
bewerten. Sie sind eine für den sozialen Wandel notwendige Begleiterscheinung des
Zusammenlebens in allen Gesellschaften. Eine systematische Vermeidung von Konflikten
wäre kontraproduktiv, weil sie gesellschaftliche Veränderungsprozesse blockieren würde.
Eine Gesellschaft ohne Konflikte wäre somit wohl eine tote Gesellschaft. Die
Konfliktforschung zielt daher nicht auf die Abschaffung ab, sondern will vielmehr Mittel
und Wege finden, wie sie möglichst gewaltfrei und konstruktiv ausgetragen werden
können. Das primäre Ziel von Konfliktmanagement ist eine systematische
Auseinandersetzung mit Konflikten zur Reduktion von Kosten. In der Wissenschaft gibt es
eine Vielzahl von Definitionen. Konflikte haben prinzipiell viele Facetten.206
Glasl definiert Konflikte folgendermaßen:
„Eine Interaktion zwischen Aktoren (Organisationen, Individuen, Gruppen usw.), wobei
wenigstens ein Aktor eine Differenz bzw. Unvereinbarkeiten im Wahrnehmen und im
Denken bzw. Vorstellen und im Fühlen und im Wollen mit dem anderen Aktor (den
anderen Aktoren) in der Art erlebt, dass beim Verwirklichen dessen, was der Aktor denkt,
fühlt oder will eine Beeinträchtigung durch einen anderen Aktor erfolge.“207
Mit dieser Definition schließt Glasl sowohl das private als auch das berufliche Miteinander
ein. In Unternehmen können Auseinandersetzungen beispielsweise zum Absinken der
Arbeitsmotivation und -haltung, zu erhöhten Krankenständen, zu einem Imageverlust und
zu einer zunehmenden Illoyalität führen. Folglich ist es für Unternehmensverantwortliche
wichtig, ArbeitnehmerInnen zu finden, die den Eskalationsgrad von Konflikten erkennen
und damit entsprechend umgehen können.
Zur besseren Darstellung von Konfliktmanagement sollen nachstehend zwei theoretische
Grundlagen, nämlich die Eskalationsstufen von Glasl und die Grundmuster der
Konfliktlösung von Schwarz, dargestellt werden.
205
Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 329. 206
Schwarz, G., Konfliktmanagement – Konflikte erkennen, analysieren, lösen9 (2014) 39 ff.
207 Glasl, F., Konfliktmanagement – ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater
11 (2013) 17.
107
4.2.1. Eskalationsstufen – Fritz Glasl
Nur wenn Konfliktsignale richtig gedeutet und dadurch eine adäquate Konfliktanalyse
erstellt werden kann, ist ein konstruktiver Umgang mit Konflikten möglich. Typische
Konfliktsignale sind z.B.
Rückzug einer Person: Personen vermeiden den Kontakt und auch den
Blickkontakt;
Herabsetzung einer Person: negative Äußerungen über die andere Person
werden getätigt;
Überhören von Äußerungen einer Person: Entscheidungen oder Anweisungen
der anderen Person werden ignoriert;
Indirekte Kommunikation: Geredet wird über die andere Person, nicht mit ihr;
Schweigen: die Personen vermeiden jede Art der Kommunikation;
Gestik und Mimik: die nonverbale Kommunikation wird verstärkt.208
Doch Konflikte entzünden sich nicht plötzlich, sie gestalten sich als Mixtur verschiedenster
Merkmale, Charakteristika und Verhaltensweisen, die zunehmend an Stärke gewinnen.
Bemerkenswert ist dabei die Tatsache, dass eine Konfliktverschärfung nicht fließend oder
stufenlos verläuft, sondern diese Merkmale einzelnen, eindeutig voneinander
abgrenzbaren Eskalationsphasen zugeordnet werden können. Das Erkennen der Phase, in
der sich die Konfliktparteien befinden, ist wichtig, um eine geeignete
Konfliktlösungsstrategie zu entwickeln.
Das Phasenmodell der Eskalation von Glasl209 besteht aus neun Phasen bzw. Stufen auf
drei Ebenen und eignet sich als Grundlage für die Ermittlung der Eskalationsphase.
Phase 1 (Verhärtung): Auf dieser Eskalationsstufe führen die Meinungsverschiedenheiten
der Streitparteien zu verhärteten Standpunkten, die aufeinanderprallen. Kleinere
Zwischenfälle, wie das Ignorieren von Wortmeldungen oder die Nichtweitergabe von
Informationen, werden zunächst als alltäglich eingestuft, können aber tiefere Ursachen
haben. Es kommt zu verbalen Ausrutschern, die noch korrigiert werden können. Zwischen
den Beteiligten entstehen bislang nicht erlebte Spannungen und Verkrampfungen.
208
Höher, P./Höher, F., Konfliktmanagement: Konflikte kompetent erkennen und lösen (2004) 57. 209
Zum Phasenmodell der Eskalation siehe Glasl, F., Konfliktmanagement11
, 235 ff.
108
Phase 2 (Polarisation und Debatte): Auf der zweiten Eskalationsstufe polarisieren Denken,
Fühlen und Wollen und geraten in ein Schwarz-Weiß-Muster. Der Vortrag scheinbar
rationaler Argumente gleicht einem Schauspiel, die ZuschauerInnen erleben Unterschiede
zwischen den offiziellen Aussagen und den vermittelten Untertönen. Die Konfliktparteien
streiten und der zuvor offene Umgang wird zu einem Kampf um Überlegenheit.
Phase 3 (Taten statt Worte!): In jener Stufe der Eskalation erscheint den Konfliktparteien
jedes weitere Wort als verlorene Liebesmühe. Gespräche werden abgebrochen. Die
Konfliktparteien beginnen, einander vor vollendete Tatsachen zu stellen. Indem Fakten
geschaffen werden, beschleunigen sich die Ereignisse. Unter verschiedenen Fraktionen
entsteht Meinungsdruck und ein starkes „Wir-Gefühl“. Die Bereitschaft zur gegenseitigen
Einfühlung ist zu diesem Zeitpunkt vollständig verloren gegangen.
Phase 4 (Sorge um Image und Koalitionen): Die Wahrnehmung der Gegenpartei reduziert
sich in dieser Eskalationsstufe auf ein Klischee. Die Konfliktparteien versteifen sich auf
Feindbilder und sehen sich gegenseitig in der Rolle des „Bösen“. Vor den eigenen
UnterstützerInnen werben die Streitparteien um Anhängerschaft. Hinter den Kulissen
wird gestichelt, denunziert und provoziert.
Phase 5 (Gesichtsverlust): Auf der fünften Eskalationsstufe stellen die Konfliktparteien die
Gegenseite in der Öffentlichkeit bloß und unterstellen einander moralische Schwäche. Die
gegenseitigen Anschuldigungen münden in einen Kampf um Werte, Prinzipien und
Ideologien. Gesichtsverlust führt zum beiderseitigen Verlust von Glaubwürdigkeit. Das
gegenseitige Vertrauen sinkt auf null.
Phase 6 (Drohstrategien): Auf Drohungen folgen Gegendrohungen, mit dem Ziel,
Kontrolle über die Situation zu erlangen. Machtdemonstrationen wie etwa erpresserische
Forderungen führen zu Handlungszwängen, um nicht schwach zu erscheinen und
Glaubwürdigkeit zu bewahren. Mit jedem zusätzlichen Ultimatum steigt der Stress auf
beiden Seiten.
Phase 7 (Begrenzte Vernichtungsschläge): Der Konflikt gerät zu einer Schlacht, aus der die
Parteien als VerliererInnen hervorgehen müssen. Auf jede Aktion der Gegenseite folgen
Gegenangriffe. Jeder Trick, der der Gegenpartei schadet, wird angewendet. Als Gewinn
wird verbucht, was der eigenen Seite weniger schadet als dem/der GegnerIn.
109
Phase 8 (Zersplitterung): Die Handlungen der Konfliktparteien werden von dem Wunsch
bestimmt, die andere Seite zur Kapitulation zu zwingen. Der/die GegnerIn soll durch
Angriffe beschädigt werden und seine/ihre Handlungsfähigkeit verlieren. Zudem wird
der/die GegnerIn von seinen/ihren UnterstützerInnen getrennt. Vernichtungsaktionen
sollen ihn/sie symbolisch zerstören.
Phase 9 (Gemeinsam in den Abgrund): Es gibt längst keinen Weg mehr zurück, das
Szenario gleicht dem „totalen Krieg“. Die Vernichtung der Gegenpartei wird jetzt auch um
den Preis des eigenen Untergangs angestrebt. Ein typisches Merkmal dieser Konfliktphase
sind Anwaltskosten, die das gesamte eigene Vermögen übersteigen. Die Konfliktparteien
riskieren ihre finanzielle, berufliche oder gesellschaftliche Selbstvernichtung und
weitreichende Schädigungen ihrer Umgebung und für ihre Nachkommen. 210
Die Unterscheidung zwischen win-win, win-lose und lose-lose stellen die „Wendepunkte
in der Eskalation“ dar. Mit dem Überschreiten dieser „Regressionsschwellen“ begibt man
sich auf das nächst höhere bzw. tiefere Gewaltniveau. Dadurch ändern sich die
Wahrnehmung, die Intention und die Verhaltensweisen der Konfliktparteien. Demzufolge
kommen auch neue „Kampfmittel“ zum Einsatz. Je niedriger die Stufe ist, desto
aggressiver erfolgt die Austragung des Konflikts.
Abbildung 24: Eskalationsstufen nach Glasl.211
210
Glasl, F., Konfliktmanagement11
, 235 ff. 211
Glasl, F., Konfliktmanagement11
, 235.
110
Win-Win Strategie: Die ersten drei Phasen des Konfliktverlaufs sind durch die sich
wandelnde Beziehung zwischen den Konfliktparteien von einem kooperierenden hin zu
einem konkurrierenden Gesprächsverhalten gekennzeichnet. Es wird allerdings noch auf
sachlicher Ebene diskutiert und die Konfliktparteien besitzen die Hoffnung, zu einer
gemeinsamen Gesprächsbasis und einer gütlichen Einigung zu kommen.
Win-Lose Strategie: Die ersten drei Eskalationsphasen waren geprägt von den gemischten
Einstellungen (kooperativ, kompetitiv) der Parteien. Ab der vierten Stufe steht die eigene
Existenzsicherung und das sich nicht von dem/der Kontrahenten/Kontrahentin
überwältigen lassen im Vordergrund.212 Jede(r) will seinem Standpunkt zum Durchbruch
verhelfen. Die Stufen vier bis sechs sind durch Konkurrenzdenken und Fokussierung auf
den eigenen Sieg gekennzeichnet.
Lose-Lose-Strategie: In den letzten drei Eskalationsphasen ist eine Lösung des Konflikts
ohne Intervention von dritter Seite sehr unwahrscheinlich. Da sich die gegnerischen
Parteien auf ihren Standpunkten verfestigt haben, kommt es zu Verlusten auf beiden
Seiten. Die möglichen Szenarien in den letzten drei Phasen sind: Rückzug,
Kompromisslösung durch Intervention von außen oder schließlich als ultima ratio der
gemeinsame Weg in den Abgrund – ein Ausweg, bei dem es nur mehr VerliererInnen
gibt.213
Solange sich der Streit noch auf der Stufe 1 bis 3 (Ebene 1) des Eskalationsmodells nach
Glasl befindet, kann er von den Konfliktparteien noch selbst gelöst werden. Auch die
Konfliktparteien glauben in diesem Stadium noch an eine sachgerechte Lösung. Auf dieser
Ebene erscheint die Moderation als zielführendste Methode der Konflikthandhabung.
Konflikte in den Phasen 3 bis 5 haben die Chance mit Hilfe der sogenannten
Prozessbegleitung, in Phase 4 bis (6 oder) 7 mittels sozio-therapeutisch orientierter
Prozessbegleitung geschlichtet zu werden. Einem Konflikt, der sich in Phase 5 bis 7214
befindet, wird am ehesten durch die klassischen Vermittlungsmethoden, wie
beispielsweise der Mediation, beizukommen sein. Es ist festzuhalten, dass die
Konfliktparteien mit Verschärfung der Auseinandersetzung zunehmend die Fähigkeit –
212
Glasl, F., Konfliktmanagement11
, 256. 213
Höher, P./Höher F., Konfliktmanagement 64 f. 214
Die Methoden der Konfliktbewältigung können sich teilweise überschneiden.
111
und den Glauben – verlieren, den Konflikt ohne Intervention von außen – im späteren
Verlauf selbst mit Hilfe neutraler Dritter ohne Entscheidungsgewalt – zu schlichten.
Ab Phase 6 des Eskalationsmodells sind die Konfliktparteien nicht mehr in der Lage, den
Streit ohne fremde Hilfe zu lösen. Zur Konfliktschlichtung ausreichend ist aber noch die
neutrale „Vermittlerrolle“ ohne Entscheidungsgewalt. Deswegen ist die Phase 6 (sowie
generell 5 bis 7) für Konfliktbewältigung unter Zuhilfenahme eines/einer kompetenten
Mediators/Mediatorin prädestiniert. Ab Phase 6 sollten die Konfliktparteien generell über
die „Delegation“ der Entscheidung an eine(n) Dritte(n) nachdenken.
Spätestens in Phase 8 erscheint dies unumgänglich. Der Streit wird hier durch die
ordentlichen Gerichte oder ein Schiedsgericht zu entscheiden sein.
Auseinandersetzungen der Phasen 7 bis 9 können ebenfalls durch die Entscheidung einer
Machtinstanz bewältigt werden. Ab Phase 9 ist dies sogar die einzig verbleibende Option.
Soll der Streit ein endgültiges Ende haben, ist es wichtig, dass die machtüberlegene
Instanz, welche den Akteur bzw die Akteurin „zerstört“215, auch fähig ist, die Situation
weiterhin zu kontrollieren, ansonsten erweist sich die Regelungsmethode nicht als
dauerhaft.
Mit Blick auf die Wahl der Konfliktregelungsmöglichkeiten ist im Allgemeinen jener der
Vorzug zu geben, welche auf einen Konsens abzielt. Unbedingt zu beachten ist, dass sich
die Konfliktparteien in verschiedenen Phasen befinden können. Sohin kann es sein, dass A
bereits daran denkt, eine Klage einzubringen (Phase 7), während B den Konflikt als
weniger eskaliert (Phase 5) wahrnimmt.216
Vermittlung von Konflikfähigkeit:
Die Eskalationsstufen werden anhand von Filmsequenzen aus „Der Rosenkrieg“, USA
1989, der auf jenen basiert, veranschaulicht und näher diskutiert. In einem weiteren
Übungsschritt reflektieren die Lernenden über die konflikteskalierende Abfolge des
nachstehenden Beispiels.
Phase 1: Zwei Nachbarn leben in einem Mietshaus. Einer davon (Nachbar A) hat einen
Bürojob, in dem er täglich ab 8 Uhr morgens arbeitet. Der andere (Nachbar B) arbeitet
nachts als DJ in einer Bar. Nachbar A fühlt sich in seiner Nachtruhe gestört, wenn
Nachbar B in den frühen Morgenstunden (zwischen vier und fünf Uhr früh) nach Hause
215
Z.B. die Kündigung eines Mitarbeiters durch die Chefin. 216
Glasl, F., Selbsthilfe in Konflikten. Konzepte – Übungen – Praktische Methoden7
(2015) 137 ff.
112
kommt und noch duscht oder sich etwas zu essen macht (Piepsen der Mikrowelle).
Nachbar B hingegen fühlt sich im Schlaf gestört, wenn Nachbar A gegen sieben Uhr
aufsteht und duscht bzw. die Türen in der Wohnung auf und zu macht.
Phase 2: Die beiden begegnen sich im Treppenhaus und sprechen die Situation an. Keiner
der beiden weicht von seinem Standpunkt ab oder sieht ein, dass er auch selbst etwas
zur Situation beiträgt. Der andere soll sich gefälligst zusammenreißen, da man selbst
schließlich nichts dafür kann – man hat eben seine Arbeitszeiten.
Phase 3: Beide denken sich: Dem werde ich zeigen, wie lustig es ist, wenn ich dauernd
aus dem Schlaf hochschrecke. Nachbar A schlägt die Türen noch etwas kräftiger zu, wenn
er aus dem Haus geht und duscht etwas länger als üblich. Nachbar B schaltet die
Mikrowelle ein, auch wenn er gar nichts isst und schlägt ebenfalls die Türen ewas lauter
zu.
Phase 4: Nachbar A trifft zufällig einen anderen Nachbarn im Stiegenhaus und fragt ihn,
ob ihn dieser Lebenswandel von Nachbar B nicht auch stört. Das kann nicht normal sein.
Immer ist der nachts unterwegs und macht dann Lärm. Wer weiß, wen der ins Haus
bringt. Das könnte ja auch gefährlich sein. Da könnte man schon überlegen, ob man nicht
gemeinsam etwas dagegen unternimmt.
Phase 5: Beide beginnen ganz offensiv, andere aufzuhetzen. Sie gehen zu den Nachbarn
und erzählen von den letzten Eskapaden, wobei sie es auch mit der Wahrheit nicht mehr
ganz so genau nehmen: Nachbar A erzählt Nachbarin X, er hätte gesehen, wie Nachbar B
völlig betrunken mit einer Horde anderer Betrunkener ins Haus gekommen ist. Nachbar B
erzählt Nachbar Y, ihm wäre von Nachbar A nachts aufgelauert worden und der hätte ihn
wüst beschimpft – außerdem hätte er ihm das Auto zerkratzt.
Phase 6: Nachbar B droht Nachbar A: „Ich will, dass Sie noch heute aus dem Haus
ausziehen, andernfalls kann ich Ihnen versprechen, dass Sie sich in ihren eigenen vier
Wänden nicht mehr sicher fühlen.“
Phase 7: Nachbar A lauert Nachbarn B zu jeder Tages- und Nachtzeit auf und/oder macht
nachts Krach – man kommt zwar auch selbst nicht mehr allzu viel zum Schlafen, die
Arbeit leidet und auch die anderen Nachbarn haben vermutlich ein Problem damit, aber
das ist es Wert.
Phase 8: Nachbar B ruft anonym bei der Arbeitsstelle von Nachbar A an und unterstellt
ihm ein Alkoholproblem. Außerdem würde er mit Firmengeheimnissen hausieren. Der
nächtliche bzw. frühmorgendliche Lärm ist mittlerweile sowieso von beiden Seiten aus
dem Ruder gelaufen (das Radio wird in voller Lautstärke aufgedreht, man hämmert bei
anderen gegen die Wand, etc.). Nachbar A beschädigt das Arbeits-Equipment von
Nachbar B, das dieser im Keller lagert.
Phase 9: Nachbar B attackiert Nachbar A vor Zeugen mit einem Stock. Nachbar A legt ein
kleines Feuerchen im Keller, um die Existenzgrundlage von Nachbar B zu vernichten. Es
stört keinen der beiden mehr, ob sie sich damit selbst großen Schaden zufügen.
113
4.2.2. Grundmuster der Konfliktlösung – Gerhard Schwarz
Schwarz zufolge lassen sich sämtliche Konfliktlösungsvarianten auf das folgende
sechsstufige Grundmodell reduzieren.
Abbildung 25: Grundmuster der Konfliktlösung nach Schwarz.217
Das stufenmäßige Grundmodell weißt eine hierarchische Struktur auf, dennoch ist nicht
gesichert, dass immer die nächsthöhere Ebene erreicht wird, da jede Konfliktverschärfung
einen Rückfall auf eine niedrigere Ebene bewirkt. Festzuhalten ist, dass zwischen den
Konfliktparteien eine gütliche Einigung nur dann möglich sein wird, wenn sich die
AkteurInnen auf derselben Ebene befinden, d.h. eine konsensuale Lösung kann nur dann
zustande kommen, sofern beide Streitteile einen Konsens anstreben. Steht einer der
AkteurInnen allerdings noch auf der Ebene des Kompromisses, ist auch lediglich eine
Kompromisslösung erzielbar.218
Flucht:
Laut Untersuchungen ist die Flucht als
quasi vorprogrammiertes, urinstink-
tives Verhaltensmuster die zumeist
präferierte Option in einer Konfrontation. Es ist zwar richtig, dass manche
Konfliktsituationen sicherlich mit dieser „Taktik“ gelöst werden können, zumeist stellt die
217
Schwarz, G., Konfliktmanagement9, 282.
218 Schwarz, G., Konfliktmanagement
9, 317.
114
Flucht-Variante allerdings nur einen Aufschub dar und ist als dauerhafte Lösung gänzlich
ungeeignet. Gehen AkteurInnen einer Konfrontation aus dem Weg, gibt es zwar keine
VerliererInnen und es wird eine gewisse (meist gesunde) Distanz zwischen den
Streitteilen hergestellt, allerdings hat das Flüchten den großen Nachteil, dass kein
Lernprozess initiiert werden kann.
Vernichtung:
Stellt die Flucht keine tunliche Option
mehr dar, entbrennt ein Kampf
zwischen den KontrahentInnen. Im
Zuge dieses Kampfes versuchen beide
OpponentInnen, den/die jeweils andere(n) zu zerstören. Der Vorteil der Vernichtungs-
Variante liegt unbestreitbar darin, dass dadurch der/die FeindIn dauerhaft eliminiert wird.
Der Nachteil ist allerdings, dass mit dem Untergang des Opponenten/der Opponentin
zugleich sämtliche anderen Lösungsebenen eliminiert werden.
Unterordnung:
Zur Option der Unterordnung ist
auszuführen, dass im Rahmen dieses
Verhaltensmusters jene Konfliktpartei
die Oberhand behält, welche die
zentralere Position einnimmt (KönigIn gegenüber Untertanen). Die Lösungsvariante ist
nur möglich, wenn sich zwei widersprüchliche Standpunkte gegenüberstehen, wobei sich
lediglich einer als aufrechtbar bzw. brauchbar erweist und der/die KontrahentIn diesen
gegnerischen Standpunkt – wenn auch unfreiwillig – akzeptiert. Der Vorteil dieser
Variante liegt – v.a. historisch gesehen – in der Arbeitsteilung. Feinde wurden nicht
vernichtet, sondern ordneten sich unter. Sohin konnte man voneinander lernen und aus
der Sicht der sich unterordnenden Person gab es immer noch die Hoffnung auf
Umkehrbarkeit der Situation.
Delegation an Dritte:
Im Zuge der Delegation wird eine dritte
neutrale Person dem Konflikt
beigezogen, welche die Vermittlerrolle
115
zwischen den Parteien wahrnehmen und so möglicherweise eine gütliche Einigung
herbeiführen kann. Der/die Dritte stellt sicher, dass die Kommunikation zwischen den
KontrahentInnen aufrecht bleibt. Die Delegation ist allerdings nur unter zwei
Voraussetzungen anwendbar. Erstens muss es in der jeweiligen Streitsituation eine
falsche und eine richtige Lösungsvariante geben. Zweitens muss der/die Dritte als höhere
Instanz die richtige Lösung finden.
Kompromiss:
Der Kompromiss stellt eine
Teileinigung in einem ausgewählten
Bereich dar. Der Vorteil dieser Option
ist zugleich auch deren Nachteil. Denn eine Schlichtung auf Kompromissbasis ist eben nur
eine Teileinigung und bei negativer Betrachtung ein Teilverlust für beide AkteurInnen. Bei
Kompromissen wird zwischen „faulen“ und guten Kompromissen differenziert.
Konsens:
Eine konsensuale Lösung kann erst dann zustande kommen, wenn die bereits
aufgezählten Optionen fruchtlos geblieben sind. In diesem Fall liegt eine sogenannte
Aporie, d.h. eine sich durch die drei nachfolgenden Elemente kennzeichnende logische
Ausweglosigkeit, vor:
Es gibt zwei einander widersprechende Interessen oder Behauptungen;
Beide sind wahr bzw. berechtigt;
Beide sind voneinander abhängig.
Zur Lösung dieser Situation ist es notwendig, dass die beiden Konfliktparteien einen
Lernprozess durchmachen. Am Ende kommt es zu einer gemeinsam erarbeiteten Lösung,
die beide Gegensätze miteinander versöhnt, ohne dass eine der bisher aufgezählten
„Ausstiegsoptionen“ (z.B. Vernichtung oder Unterwerfung) zum Tragen kommt.219
4.3. Fachübergreifendes Denken
Fachübergreifendes Denken aus der Unternehmensperspektive bezieht zahlreiche
Fachrichtungen mit ein. Dazu zählen nicht nur Kenntnisse ökonomischer und politischer
Zusammenhänge, sondern beispielsweise auch juristische, soziologische, pädagogische
219
Schwarz, G., Konfliktmanagement9, 283-305.
116
und ästhetische Inhalte. ArbeitnehmerInnen, die fachübergreifend denken, schaffen
fließende Übergänge zwischen Fachwissen und anderen Kenntnissen und können
Systemübergänge und komplexe Anforderungsstrukturen erfassen. Aufgrund dessen, dass
sich alte Berufsbilder auflösen, bieten Unternehmensverantwortliche häufig jenen
Personen einen Arbeitsplatz an, die folgende Identifikationsmerkmale aufweisen:
Bereitschaft, über den „Tellerrand“ des eigenen Arbeitsbereiches, des eigenen
Unternehmens und der eigenen Fachkenntnisse hinauszublicken;
breite fachliche und überfachliche Allgemeinbildung;
Bereitschaft zu organisierter und selbstorganisierter Weiterbildung, um die
eigenen Kenntnisse weiterzuentwickeln;
Erkennen von Erfahrungsgewinnen als informelle Möglichkeiten zur Erweiterung
der eigenen Kenntnisse;
Interesse an der Entwicklung des eigenen Fachgebiets und daran angrenzende
Themenbereiche zur Ableitung von zukünftigen Konsequenzen.220
Vermittlung von fachübergreifendem Denken
Selbstcheck:
Für einen Selbstcheck empfehlen Heyse/Erpenbeck die Bearbeitung folgender
Fragestellungen:
Was wird sich wahrscheinlich hinsichtlich meiner Tätigkeit und meines
Aufgabenbereiches mittelfristig ändern?
Mit welcher Tätigkeitsgruppe werde ich noch intensiver zusammenarbeiten
müssen?
Wie könnte eine effiziente Anreicherung und Erweiterung meiner jetzigen
Tätigkeit aussehen?
Nach eigenständiger Klärung dieser Fragen ist es nützlich, weitere Personen, die den
Arbeitsbereich gut kennen in die Analyse einzubeziehen und in einem Gespräch mit der
Führungskraft Überlegungen anzustellen, welche überfachlichen Kenntnisse zu dem
220
Heyse, V., Strategien – Kompetenzanforderungen – Potenzialanalysen, in: Heyse, V./Erpenbeck, J., (Hrsg.), KompetenzManagement 11 (51).
117
aktuellen Tätigkeitsfeld gehören, welche noch fehlen und wie diese Kenntnisse
zweckmäßig erworben werden können.221
Persönliche Maßnahme:
Ein(e) ArbeitnehmerIn sollte sich die Bearbeitung folgender Fragestellungen für die
nächsten drei Wochen vornehmen:
Was werde ich zuerst und vorrangig tun?
Wie kontrolliere ich die Resultate?
Wo werde ich mich weiter über fachübergreifendes Denken informieren?222
4.4. Teamfähigkeit
Teamfähigkeit ist „die Kompetenz eines Einzelnen zur geeigneten, effektiven,
zielgerichteten und letztlich positiv erlebbaren Zusammenarbeit mit anderen“223.
Gemeinschaftliches Handeln und die Aufgeschlossenheit für Neues stehen dabei im
Vordergrund.224
Teams sind mit den Dimensionen Spezialisierung, Hierarchie, Beständigkeit und
Integration zu klassifizieren. Teammitglieder können über spezialisiertes Wissen und
Fähigkeiten verfügen (Dimension Spezialisierung). In interdisziplinären Teams drückt sich
dieser Faktor beispielsweise dadurch aus, dass Personen nicht schnell ersetzbar sind. Der
Grund für einen geringen Spezialisierungsgrad kann darin liegen, dass sich
GeneralistInnen leicht gegenseitig vertreten können. Bei der Verantwortung von
Entscheidungen spielt Macht einen wichtigen Faktor (Dimension Hierarchie). Trifft eine
Person alleine Entscheidungen, ist die Hierarchie stark ausgeprägt. Wenn das Team
gemeinsam eine Entscheidung trifft, liegen geringe Machtstrukturen vor. Ein Team kann
eine gemeinsame Vergangenheit und Zukunft aufweisen (Dimension Beständigkeit),
indem Mitglieder beispielweise selten wechseln. Die vierte Dimension beschreibt die
Integration von Teams in die gesamte Arbeitsorganisation (Dimension Integration), wobei
221
Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 473. 222
Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 481 f. 223
Kleinmann, A., Teamfähigkeit (2005) 14. 224
Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 362.
118
zwischen klassischen in die Organisation integrierten Arbeitsgruppen und Projektgruppen,
die temporär zusammenarbeiten, zu differenzieren ist.225
Tuckman teilt die Entwicklung eines Teams in die Phasen Forming, Storming, Norming
und Performing ein. In der ersten Phase, dem Forming, findet sich die Gruppe, es herrscht
Unsicherheit, formelle Höflichkeit und eher geringe Sympathie. Das Storming zeichnet
sich dadurch aus, dass die Teammitglieder wissen, wie sie ihre KollegInnen einschätzen
und wie diese arbeiten. Es kann Rivalität entstehen und die Leistung ist eher gering. Im
Norming diskutieren die Teammitglieder über Normen oder treffen darüber
stillschweigend eine Übereinkunft. Dadurch festigen sich die jeweiligen Rollen und die
gegenseitige Akzeptanz erhöht sich. Sobald das Team geschlossen handelt und ein
gemeinsames Ziel verfolgt, erreichen die Mitglieder das Performing und damit die letzte
Phase.226
In den 1970ern entwickelten Tuckman und Jensen eine zusätzliche fünfte Phase, das
Adjourning, das für Teams gilt, die gemeisam eine Aufgabe erledigen und im Anschluss
daran in einer neue Zusammensetzung innerhalb der Organisation an einem anderen
Auftrag arbeiten. Die Teammitglieder sind oftmals traurig über den bevorstehenden
Abschluss und machen sich Sorgen über die Zukunft.227
Vermittlung von Teamfähigkeit
Heyse/Erpenbeck regen zur Messung der Teameffektivität dazu an, beispielweise folgende
Basisfragen zu beantworten:
1. Welche sind die Produkte/Dienstleistungen unseres Teams?
2. Welche Tätigkeiten sind erforderlich, um die Leistungen zu erbringen?
3. Wie müssen wir uns demgemäß organisieren, wie müssen wir unsere Organisation
dazu strukturieren?
4. Wer trägt die Verantwortung, wie sind die Teilverantwortungen festzulegen?
5. Welche Kompetenzanforderungen ergeben sich daraus für uns?
225
Hollenbeck, J. R./Beersma, B./Schouten, M. E., Beyond Team Types and Taxonomies: A Dimensional Scaling Conceptualization for Team Description. Academy of Management Review 2012, 37, H. 1, 82-106; Kauffeld, S./Schulte, E.-M., Teams und ihre Entwicklung, in: Kauffeld, S. (Hrsg.), Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (2014) 151 (152 f.). 226
Tuckman, B. W., Developmental sequences in small groups. Psychological Bulletin 1965, 63, 348 (396 f.); siehe auch Kauffeld, S., Teamdiagnose (2001) 30. 227
Tuckman, B. W./Jensen, M.-A., Stages of Small-Group Development Revisited, Group & Organization Studies 1977, 2, 419-427; Dick von, R./West, M. A., Teamwork, Teamdiagnose, Teamentwicklung (2005) 24.
119
6. Auf welche vorhandenen Kompetenzen und Qualifikationen können wir
zurückgreifen?
7. Welche Kompetenzen müssen wir stärken, erweitern, kombinieren, und welche
Qualifikationen müssen wir erwerben?
8. Wie gehen wir miteinander im Rahmen eines effektiven Arbeitsprozesses um, und
welche „Spielregeln“ wollen wir vereinbaren?228
Als weitere Methode können Bedingungen für effektive Besprechungen aufgestellt
werden. Dazu zählt z.B. eine klare Definition, wann, warum und wo die Sitzung
stattfindet. Auch sollte den Teammitgliedern ausreichend Zeit zur Vorbereitung zur
Verfügung stehen, wofür eine ausformulierte Tagesordnung unerlässlich ist. Für die
Besprechung selbst ist es sinnvoll, u.a. eine(n) BesprechungsleiterIn und eine(n)
ProtokollführerIn im Vorfeld zu bestimmen.229
4.5. Organisationsfähigkeit
Organisationsfähigkeit setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen. Einerseits enthält
jene Kompetenz das Erkennen von wesentlichen Inhalten, von wichtigen
Zusammenhängen und funktionalen Abhängigkeiten, andererseits ist das eigene
Engagement zur Gestaltung und Veränderung erkannter Zusammenhänge eine
wesentliche Voraussetzung. Dadurch ist es möglich, wesentliche und unwesentliche
Parameter in betrieblichen Abläufen zu klassifizieren. Steigende Dynamik und Offenheit
eines Unternehmens erfordern ebenfalls ein größeres Maß an Organisationsfähigkeit und
Selbstmanagement der MitarbeiterInnen und Führungskräfte. Folglich ist
Organisationsfähigkeit eng mit Planungsfähigkeit/Planungsverhalten und Tatkraft
verbunden.230
Erpenbeck/Sauter empfehlen in betrieblichen Prozessen und Projekten die Begleitung
durch einen Coach zur Erhöhung von Selbstorganisationsfähigkeit. Diese(r) soll den
Coachee befähigen, bei komplexen Handlungsverläufen selbstorganisiert optimale
Ergebnisse zu entwickeln. Coaching stärkt somit als „Hilfe zur Selbsthilfe“ die Fähigkeit zur
228
Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 364. 229
Fisher, K./Rayner, St./Belgard, W., Tips für Teams. Teameinsatz optimal realisieren (1995) 216 ff. 230
Heyse, V. in Heyse, V./Erpenbeck, J. 79.
120
Selbststeuerung und Selbstorganisation und ist prozessorientiert (Wie wird gelernt?).231
Dem Coachee werden seine eigenen Ressourcen bewusst und er/sie kann in weiterer
Folge eigenständig Probleme bewältigen.232
Ein Coach kann Kompetenzentwicklungsprozesse in sechs Schritten begleiten:
1. Klärung des Entwicklungsziels und Festlegung des Entwicklungsbedarfs;
2. Gemeinsame Festlegung von Wegen zur Kompetenzentwicklung;
3. Gemeinsame Definition von Aufgaben in der Praxis und in Projekten;
4. Beobachtung und Unterstützung der Kompetenzentwicklung;
5. Durchführung von Auswertungsgesprächen;
6. Dokumentation des Entwicklungsprozesses und der Ergebnisse, Weitergabe der
Erfahrungen.233
Vermittlung von Organisationsfähigkeit
Selbstcheck:
Der Selbstcheck besteht aus zwei aufeinanderfolgenden Schritten. Zuerst muss sich die
Person an eigene Vorhaben erinnern, die gescheitert oder mit größerer Zeitverzögerung
erfüllt worden sind. Zu hinterfragen ist in weiterer Folge, woran das Scheitern oder die
Verzögerung liegt (z.B. Selbstüberschätzung, Planen „aus dem Bauch heraus“ ohne klare
Ziele, Maßnahmen und Endtermine).
Der zweite Schritt enthält die Anfertigung eines Versäumnisprotokolls mit dem konkreten
Vorhaben, den Grund und den Zeitpunkt der tatsächlichen Realisierung. Mit der Reflexion
darüber, welche Handlungen die Person aus heutiger Sicht konsequenter und gezielter
setzen würde, kann ein Kompetenzgewinn erzielt werden.234
4.6. Zusammenfassende Bemerkungen
Zusammenfassend sind die theoretischen Modelle bzw. Abhandlungen von
Kommunikations- und Konfliktfähigkeit, fächerübergreifendem Denken sowie Team- und
Organisationsfähigkeit gegenüberzustellen.
231
Erpenbeck, J./Sauter, W., Wissen, Werte und Kompetenzen in der Mitarbeiterentwicklung. Ohne Gefühl geht in der Bildung gar nichts (2015) 27. 232
Müri, P./Steiner, B., Coaching auf den Punkt gebracht (2006) 5 ff. 233
Erpenbeck, J./Sauter, W., Wissen, Werte und Kompetenzen in der Mitarbeiterentwicklung 28. 234
Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 587.
121
Rosenberg postuliert für die Gewaltfreie Kommunikation, dass gerade in
konfliktbehafteten Situationen sich die Beteiligten überlegt, aufrichtig und ehrlich äußern
und die Bedürfnisse, die hinter den Gefühlen stecken, benennen.235 Auch Birkenbihl
thematisiert den Begriff Ehrlichkeit in der Kommunikation, indem sie davon ausgeht, dass
100%ige Ehrlichkeit nicht möglich ist.236 Schulz von Thun zufolge können Offenheit und
Ehrlichkeit dem/der KommunikationspartnerIn gegenüber aufgrund von Verletzungen
riskant und schwierig sein. Ich-Botschaften erfüllen gerade den Zweck, offen
Empfindungen, Gefühle und Gedanken zu artikulieren.237 Birkenbihl und Rosenberg
empfehlen Paraphrasieren, d.h. das Wiederholen des Gesagten mit eigenen Worten, zur
Verhinderung von Unklarheiten und Missverständnissen. Der/die EmpfängerIn kann die
„gespiegelten Worte“ bestätigen oder er/sie hat die Möglichkeit, seine Aussage richtig zu
stellen.238 Feedback nutzt Schulz von Thun zur Entschlüsselung von Nachrichten und
Verbesserung der Kommunikation.239
Birkenbihl, Schulz von Thun und Riemann haben gemeinsam, dass sie auf Persönlichkeits-
bzw. Menschentypen näher eingehen. Rosenberg nennt keine bestimmten
Persönlichkeitstypologien. Riemann unterscheidet vier Grundausrichtungen, nämlich
Dauer, Wechsel, Nähe und Distanz, die in unterschiedlichen Ausprägungen bei jedem
Menschen vorhanden sind und das Beziehungs- und Kommunikationsverhalten
beeinflussen. Mit der Ausprägung der einzelnen Grundausrichtungen sind bestimmte
Wertvorstellungen, Motivationen und Bedürfnisse verknüpft.240
Bedürfnisse hebt Rosenberg insofern hervor, als dass er deren Erkennung und Artikulation
genau beschreibt und in Verbindung zu den empfundenen Gefühlen setzt. Birkenbihl stellt
einen Bezug zu der Maslowschen Bedürfnispyramide her und geht davon aus, dass
erfolgreiche Kommunikation erst nach Erfüllung der Grundbedürfnisse,
Sicherheitsbedürfnisse, sozialen Bedürfnisse und Ich-Bedürfnisse entstehen kann.241
Schulz von Thun betont, dass Menschen über sich reflektieren und wissen müssen, was in
235
Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation8, 25 f.
236 Birkenbihl, V., Kommunikationstraining
19, 217 ff.
237 Schulz von Thun, F., Störungen und Klärungen, Band 1 (1998) 79 f.
238 Birkenbihl, V., Kommunikationstraining
19, 178 f.; Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation
8, 118 f.
239 Schulz von Thun, F., Störungen und Klärungen 79 f.
240 Riemann, F., Grundformen der Angst
40, 22 ff., 68 ff., 121 ff., 179 ff.
241 Birkenbihl, V., Kommunikationstraining
19, 48 ff.
122
ihnen vorgeht, um gut kommunizieren zu können. Jene Metakommunikation hilft dabei,
Bedürfnisse des Gesprächspartners bzw. der Gesprächspartnerin zu erfüllen.242
Der Umgang mit konfliktbehafteten Situationen ist für den Berufsalltag essentiell. Neben
den beschriebenen Kommunikationstechniken bieten die Modelle von Schwarz
(Grundmustet der Konfliktlösung) und Glasl (Eskalationsstufen) eine Orientierungshilfe für
ein ausgewogenes Miteinander. Denn nur wenn sich die Beteiligten – in eventu nach
Durchführung einer Konfliktanalyse – bewusst sind, auf welcher Stufe sich ihre
individuelle Auseinandersetzung befindet, können sie selbst oder Dritte beurteilen,
welche Deeskalationsmöglichkeit zur Anwendung gelangen kann.
Sohin ist es nicht zweckmäßig, Streitigkeiten auf Stufe 4 mit einer Klage bereinigen zu
wollen. Umgekehrt können Kosten und Mühen reduziert werden, wenn ein Konflikt
zwischen MitarbeiterInnen, der sich auf Stufe 4 befindet, durch eine Mediation gelöst
wird. Denn so sehr sich Konflikte in ihrer Ausprägung unterscheiden, so unterschiedlich
sind auch die Lösungen dafür.
Zur besseren Klärung und Einübung der geschilderten Phasen der Eskalation eignen sich
Rollenspiele sowie Sachverhaltsdarstellungen, die die Phasen konkret beschreiben.
Zusätzlich reflektieren Lernende darüber, in welchen Stadien sich ihre individuellen
Konflikte befinden.
Für Personalverantwortliche spielt ebenfalls fachübergreifendes Denken ihrer
MitarbeiterInnen eine Rolle. Die Fähigkeit, über den „Tellerrand“ zu blicken sowie über
eine breite fachliche und überfachliche Allgemeinbildung zu verfügen, sind wesentliche
Merkmale. Zur Vermittlung von fachübergreifenden Kompetenzen empfehlen
Heyse/Erpenbeck einen Selbstcheck, bei dem der/die AnwenderIn über bestimmte
Fragestellungen reflektiert und in den darauf folgenden Wochen persönliche Maßnahmen
setzt.
Fachübergreifendes Denken steht jedoch nicht für sich allein, denn arbeiten
MitarbeiterInnen mit unterschiedlichen fachlichen Hintgründen zusammen, ist
Teamarbeit gefragt. Ein Team durchlebt eine gemeinsame Entwicklung, die Tuckman in
Forming, Storming, Norming und Performing gliedert. Als Weiterentwicklung kam die
Phase des Adjourning hinzu, da sich Teams immer wieder neu formieren müssen. Zur
242
Schulz von Thun, F., Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung, Band 2 (1998) 57, 68.
123
Vermittlung dienen Fragenkataloge, um die Teameffektivität zu messen, oder die Klärung
von Bedingungen für effektive gemeinsame Besprechungen.
Neben der Teamfähigkeit spielt Organisationsfähigkeit eine immer wichtigere Rolle im
Arbeitsalltag. Diese steht im engen Konnex zu der Planungsfähigkeit/Planungsverhalten
und Tatkraft und ist u.a. eine wesentliche Kompetenz zum Erkennen von wichtigen
Zusammenhängen und funktionalen Abhängigkeiten. Für den Erwerb empfiehlt sich ein
Coach, der bei der Entwicklung von komplexen Handlungsverläufen unterstützend agiert.
Als weitere Möglichkeit ist ein Selbstcheck mit Reflexionsfragen zu nennen.
124
5. Verfahren zur Kompetenzmessung in der Personalauswahl
Um berufliche Anforderungen bewältigen zu können, ist der Person-Environment-Fit
erforderlich. Für eine Übereinstimmung ist an der Person und der Bedingung anzusetzen
und im Anschluss daran die Selektion und die Modifikation zu betrachten. Sowohl die
Fähigkeiten des/der Arbeitnehmenden und Arbeitsanforderungen seiner/ihrer Position im
Unternehmen als auch die Bedürfnisse, Interessen sowie Werthaltungen und die
Befriedigungsmöglichkeiten müssen miteinander korrespondieren. Daraus resultiert
jedoch, dass bereits im Stadium der Personalauswahl mit Hilfe geeigneter Verfahren zur
Kompetenzmessung das Entwicklungspotential erkannt und mögliche Veränderungen
Eingang in den Arbeitsalltag finden müssen, was die Notwendigkeit des lebenslangen
Lernens unterstreicht.243
Abbildung 26: Übereinstimmung zwischen MitarbeiterIn und Position/Anforderungen.244
243
Edwards, J. R./Caplan, R. D./Harrison, R. V., Person-environment fit theory. Conceptual foundations, empirical evidence, and directions for future research, in: Cooper, C. L. (Ed.), Theories of organizational stress (1998) 28 (28 ff.). 244
Rosenstiel von, L., Dispositionen zum selbstorganisierten Handeln entfalten: Wege der Kompetenzentwicklung, in: Niedermayr, G. (Hrsg.), Kompetenzen entwickeln, messen und bewerten (2012) 103 (109).
125
Weinert warnt im Zusammenhang mit dem Fit davor, dass eine Balance zwischen Fit und
Diversity bestehen muss. Denn jede(r) BewerberIn verfügt über Eigenschaften, die
überdauernd oder veränderbar sind, sowie über Charakteristika, die messbar und kaum
messbar sind. Des Weiteren ist im Bewerbungsprozess u.a. auf die Passung zwischen
Person und Organisation, die allgemeinen Fähigkeiten, die Arbeitszufriedenheit, die
Organisationskultur, die gefragten Kompetenzen und das Profil der Organisation Bedacht
zu nehmen.245
In Einstellungsverfahren ist dementsprechend schon bei der Personalauswahl anzusetzen,
um in diesem Prozess mit bestimmten Indikatoren zu erkennen, ob ein(e)
UniversitätsabsolventIn den gestellten (zukünftigen) Anforderungen und Aufgaben
gewachsen ist.246
Folglich ist zu klären, welche Verfahren ArbeitgeberInnen zur Verfügung stehen, um die
Kompetenzen von HochschulabsolventInnen zu erfassen. Die Verfahren finden ihren
Ursprung einerseits in der Personaldiagnostik bei der Erfassung von
Persönlichkeitsmerkmalen247, andererseits in der Motivationsdiagnostik248 und
Emotionspsychologie249. In der Praxis eignen sich Bretschneider/Preißer zufolge
Kompetenzbilanzen, Qualifikationsportfolios oder der Bildungspass zur Erfassung von
Kompetenzen.250
245
Weinert, A., Organisations- und Personalpsychologie. Ein Lehrbuch5 (2004) 330 f.
246 Rosenstiel von, L. in Niedermayr, G. 110.
247 Siehe hierzu Lang von Wins, Th., Die Kompetenzhaltigkeit von Methoden moderner psychologischer
Diagnostik-, Personalauswahl- und Arbeitsanalyseverfahren sowie aktueller Management-Diagnostik-Ansätze, in: Erpenbeck, J./Rosenstiel, L.v. (Hrsg.), Handbuch Kompetenzmessung (2003) 585-618. 248
Rheinberg, F., Motivationsdiagnostik (2004) 21. 249
Ulich, D./Mayring, Ph., Psychologie der Emotionen. Grundriß der Psychologie2, Band 5 (2003) 33 f.
250 Bretschneider, M./Preißer, R., Sichtbarmachung und Anerkennung von informellem Lernen im Rahmen
der individuellen Erstellung von Weiterbildungspässen, in: Nuissl, E./Schiersmann, Ch./Siebert, H. (Hrsg.), Zertifikate. Literatur- und Forschungsreport Weiterbildung 4/2003, 31 (33).
126
Abbildung 27: Verfahren zur Kompetenzmessung in der Personalauswahl.251
Es soll nicht das Ziel dieses Kapitels sein, alle Kompetenzerfassungsmodelle abzuarbeiten,
vielmehr dient es dazu, einen Überblick über die für ArbeitgeberInnen relevante
Messverfahren für die Personaleinstellung zu geben und um eine theoretische Basis für
die geführten Interviews und die Fragebogenerhebung im empirischen Teil der Arbeit252
zu schaffen.
Die Personalauswahl ist durch eine große Anzahl an Methoden gekennzeichnet, die von
Bewerbungsgesprächen über den Einsatz von Assessment Centern und
Kompetenzfeststellungsverfahren bis hin zu psychologischen Testverfahren reichen.
Dabei stellen sich gerade für HochschulabsolventInnen, die zum ersten Mal nach dem
Abschluss ihres Studiums einen Bewerbungsprozess durchlaufen, die Fragen, mit welchen
unterschiedlichen Verfahren sie rechnen müssen und welche Kompetenzen wie gemessen
werden. In diesem Kapitel ist daher die Brücke von den theoretischen Ausführungen über
die oben beschriebenen Kompetenzen hin zur praktischen Beurteilung derselben in
Einstellungsverfahren zu schlagen.
5.1. Auswertung schriftlicher Unterlagen
Mit Bewerbungsunterlagen nimmt der/die BewerberIn zumeist mit dem Unternehmen
Kontakt auf. Diese sollten einer sorgfältigen und systematischen Analyse unter Beachtung
von einheitlichen Begutachtungskriterien unterzogen werden.253 Kreuscher, der eine
repräsentative Umfrage durchführte, um zu ermitteln, wie viel Aufwand
Personalverantwortliche für die Sichtung von Bewerbungsunterlagen aufwenden,
veröffentlichte seine Ergebnisse unter dem scharfzüngigen Titel „Lebenslaufanalyse –
251
In Anlehnung an Berthel, J./Becker, F., Personal-Management: Grundzüge für Konzeptionen betrieblicher Personalarbeit
10 (2013).
252 Siehe hierzu Kapitel II.
253 Kanning, U., Standards der Personaldiagnostik (2004) 314 f.
127
kürzer als das Rauchen einer Zigarette“. Demzufolge wenden 70% der deutschen
Unternehmen weniger als 10 Minuten für die Analyse der Unterlagen auf.
Großunternehmen nutzen lediglich 30 Sekunden.254
In dieser kurzen Analysephase sollten jedoch folgende Punkte der Bewerbungsunterlagen
Berücksichtigung finden:
formale Gestaltung,
Vollständigkeit,
stilistische Gestaltung,
Inhalt.255
Dadurch erhalten Personalverantwortliche eine erste Einschätzung und können
entscheiden, welche BewerberInnen sie zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch
einladen.256
Die Begutachtung folgt zumeist nach dem biographieorientieren Verfahren, wonach
beispielsweise davon auszugehen ist, dass eine Person mit sehr guten Noten in der Schule
und dem Studium im Berufsalltag herausragende Leistungen erbringt. Ebenfalls ist
anhand von Praktikums- oder Dienstzeugnissen erkennbar, wenn sich der/die BewerberIn
bereits in unterschiedlichen Arbeitsfeldern bewährt hat. Das Anschreiben, der Lebenslauf
und das Motivationsschreiben lassen zusätzlich Rückschlüsse auf den allgemeinen
Motivstatus zu. Wenngleich die Unterlagen aus mehreren Teilen bestehen, ist es
unausweichlich, Interpretationen anzustellen. Aufgrund der biographischen Fakten und
der formalen Qualifikationen ist keine fundierte Einschätzung der Persönlichkeit des
Bewerbers bzw. der Bewerberin möglich. Bei der Sichtung der Bewerbungsmappe und
beim Lichtbild liegt die Problematik beispielsweise im subjektiven Ästhetikempfinden.257
Ein Kompetenzportfolio dient als sinnvolle und inhaltlich fundierte Ergänzung der
Bewerbungsmappe. Als Folge des Bologna-Prozesses werden diese an Hochschulen und
im Stadium der Berufseinstiegs immer wichtiger. Baumgartner et al. definieren 18
unterschiedliche Portfoliotypen und nennen in diesem Zusammenhang drei
Hauptportfoliotypen:
254
Kreuscher, R., Lebenslaufanalyse – kürzer als das Rauchen einer Zigarette, Personalwirtschaft 2000, 10, 64 (64 ff.). 255
Stopp, U., Betriebliche Personalwirtschaft. Zeitgemäße Personalwirtschaft – Notwendigkeit für jedes Unternehmen
26 (2004) 72.
256 Müllerschön, A., Bewerber professionell auswählen. Handbuch für Personalverantwortliche
2 (2012) 35.
257 Kanning, U., Standards der Personaldiagnostik 314 ff.
128
Abbildung 28: Portfoliotypen.
Das Reflexionsportfolio stellt die persönliche Entwicklung des Portfolioerstellers
bzw. der Portfolioerstellerin in den Mittelpunkt und dient der Reflexion von
Lernprozessen.
Das Entwicklungsportfolio zielt zwar ebenfalls auf den individuellen
Entwicklungsprozess ab, rückt allerdings die äußere Entwicklung der beruflichen
Laufbahn in den Vordergrund.
Das Präsentationsportfolio beinhaltet in erster Linie die Außendarstellung und
kann für Bewerbungen genutzt werden.258
Die Karl-Franzens-Universität Graz orientiert sich am Entwicklungs- und
Präsentationsportfolio, die sowohl die Aus- und Weiterbildungen als auch die berufliche
Laufbahn beleuchten. Auf diese Weise setzt bei der Erstellung durch die
Auseinandersetzung mit den persönlichen Kompetenzen, Eigenschaften und Werten ein
Lernprozess ein.259 Inhalt sind sowohl Kompetenzen, die Studierende während der Schul-,
Studiums- und Ausbildungszeit erwerben, als auch jene, die sie sich in der Freizeit, der
Familienarbeit oder in Praktika aneignen. Durch ein Kompetenzportfolio lernt der/die
ErstellerIn die persönlichen Lernwelten sowie die eigenen Stärken kennen, baut
Selbstreflexionsfähigkeit auf und nimmt das persönliche Kompetenzspektrum wahr.
258
Baumgartner, P./Himpsl, K./Zauchner, S., Einsatz von E-Portfolios an (österreichischen) Hochschulen: Zusammenfassung - Teil I des BMWF-Abschlussberichts “E-Portfolio an Hochschulen”: GZ 51.700/0064-VII/10/2006. Forschungsbericht (2009) 3 f. 259
Neuböck, K., Kompetenzportfolios als Instrument erfolgreicher Karriereplanung, career service papers 2011, 18 (18).
129
Dieses kann in weiterer Folge als aussagekräftige Unterlage für Bewerbungen genutzt
werden, und die Studierenden sind in der Lage, ihre individuellen Stärken und
Kompetenzen in Bewerbungsgesprächen gezielt und bewusst zu kommunizieren.260
Das Kompetenzportfolio der Karl-Franzens-Universität Graz ist detailliert in sechs
Abschnitte aufgebaut:
eine Titelseite mit Informationen zur Person, zu derzeitigen Ausbildungen sowie
momentanen beruflichen und außerberuflichen Tätigkeiten;
eine Übersichtstabelle von bisherigen Aus- und Weiterbildungen sowie
beruflichen Tätigkeiten;
ein Tätigkeitsportrait;
ein Kompetenzprofil;
ein Sprachenprofil sowie
ein beruflicher und privater Aktionsplan.
Das Kernstück bildet das Kompetenzprofil, in dem bisher erworbene Fachkompetenzen,
Methodenkompetenzen, sozial-kommunikative Kompetenzen und personale
Kompetenzen genau ausgewiesen sind.261
Für den Übergang zwischen universitärer Ausbildung und Arbeitswelt zeigt sich in
Gesprächen mit Unternehmen bzw. den Personalverantwortlichen, dass sich die Qualität
von Bewerbungen erhöht und sich die BewerberInnen durch die intensive
Auseinandersetzung mit den eigenen Kompetenzen und der eigenen Persönlichkeit für
das Vorstellungsgespräch sehr gut vorbereiten.262
5.2. Bewerbungsgespräch
Das Bewerbungs-, Vorstellungs-, Auswahl-, Einstellungsgespräch oder Interview ist ein
Instrument zur Personalauswahl, das weltweit am häufigsten zum Einsatz gelangt.263
Dieses ist nicht so komplex wie die in den folgenden Kapiteln beschriebenen Assessment
260
http://akademie.uni-graz.at/de/die-akademie/fachbereiche/kompetenzportfolios/ [15.01.2017]. 261
Neuböck, K., career service papers 2011, 19. 262
Stock, M./Riebenbauer, E., Uni-Abschluss! Was nun? Übergang zwischen Universität und Arbeitswelt im Kontext der Kompetenzentwicklung und des lebenslangen Lernens unterstützt durch ePortfolio-Arbeit, bwp@ Spezial 5, 2011, 1 (13). 263
Weuster, A., Personalauswahl I. Internationale Forschungsergebnisse zu Anforderungsprofil, Bewerbersuche, Vorauswahl, Vorstellungsgespräch und Referenzen
3 (2012) 191.
130
Center oder psychologischen Testverfahren, muss aber dennoch bestimmten
Qualitätsstandards entsprechen, sodass es zu aussagekräftigen Ergebnissen führt.
Kanning stellt in diesem Zusammenhang klar, dass eine Anforderungsanalyse in
Kombination mit einem standardisierten Interview im Verhältnis zu einem klassischen
Einstellungsgespräch bessere Ergebnisse zur Vorhersage der beruflichen Leistung erzielt.
Die BewerberInnen erhalten dieselben Fragestellungen, für deren Bewertung verbindliche
Kriterien im Vorfeld festgelegt werden.264 Je unstrukturierter ein Gespräch ist, desto
weniger Informationen erhält der/die BewerterIn (Reliabilität). Die Gewährleistung der
Validität wird einerseits durch die erwähnte Strukturierung des Gesprächs, andererseits
durch ausgewählte Fragestellungen, durch geschulte bzw. mehrere InterviewerInnen, den
reflektierten Umgang mit Vorinformationen über den/die BewerberIn und die
Konstruktvalidität265 erreicht.266
Wahrnehmungsverzerrungen und Beurteilungsfehlern kann dadurch vorgebeugt werden.
Die entscheidungsbefugten Personen, die das Bewerbungsgespräch führen, müssen des
Weiteren frageorientiert kommunizieren und für die verbale sowie für die nonverbale
Ebene (Mimik, Gestik, Körperhaltung) sensibel sein. Lorenz/Rohrschneider beschreiben,
dass ein guter Zuhörer bzw. eine gute Zuhörerin sich während des Gesprächs viele
Notizen machen, um keine Informationen zu vergessen, und Störungen vermeiden sollte.
Die schriftlichen Aufzeichnungen bilden die Grundlage dafür, dass die Antworten der
KandidatInnen nicht verwechselt werden. Die Gewährleistung der Objektivität gestaltet
sich schwierig, denn jede Person ist durch die bisher erlebten Erfahrungen geprägt.267
Ein Vorstellungsgespräch ist zudem an bestimmte Erwartungen geknüpft:
Information über die Persönlichkeit und die fachliche Qualifikation des Bewerbers
bzw. der Bewerberin;
Darstellung der Organisation, Beantwortung von Fragen zum zukünftigen
Arbeitsplatz (z.B. Regeln, Pflichten, Arbeitsverhältnis, Entlohnung,
Aufstiegsmöglichkeiten etc.);
264
Kanning, U., Personalauswahl - Mythen, Fakten, Perspektiven, in: Thielsch M. T./Brandenburg T. (Hrsg.), Praxis der Wirtschaftspsychologie II. Themen und Fallbeispiele für Studium und Anwendung (2012) 9 (19). 265
Bei einer hohen Konstruktvalidität misst der Test das aussagekräftig, was gemessen werden soll. 266
Weinert, A., Organisations- und Personalpsychologie5, 343 f.
267 Lorenz, M./Rohrschneider, U., Erfolgreiche Personalauswahl
2 (2015) 83 ff.
131
Bewertung des Bewerbers bzw. der Bewerberin, ob diese(r) gleich abgelehnt oder
das Auswahlverfahren fortgesetzt wird.
Ziel ist es daher, „potenzielle Mitarbeiter kennenzulernen, zu sehen, welche
Persönlichkeit sie haben, ob sie zum Unternehmen, zur Abteilung und zur
Aufgabenstellung passen“268. Für die weitere Vorgehensweise im Einstellungsverfahren
sollen daher die am besten geeigneten KandidatInnen ermittelt werden.269
Organisatorisch kann das Bewerbungsgespräch in drei Formen geführt werden. Der/die
BewerberIn spricht entweder einzeln nacheinander (serielle Form) oder führt mit
mehreren VertreterInnen (Jury-Form) des Unternehmens ein Gespräch. Als dritte
Variante sind mehrere BewerberInnen und mehrere Personalverantwortliche
anwesend.270
Böhm/Poppelreuter untergliedern das Interview in drei Phasen. In der ersten Phase, die
dem Interview selbst vorgelagert ist, bildet sich der/die InterviewerIn auf Basis der
Bewerbungsunterlagen einen ersten Eindruck, der das Verhalten im Gespräch selbst
beeinflusst. Das Gesprächsverhalten des Interviewers bzw. der Interviewerin beeinflusst
wiederum den/die BewerberIn. Nach der zweiten Phase, d.h. nach dem Gespräch selbst,
erfolgt die abschließende Beurteilung und demzufolge eine Ablehnung, eine Einstellung
oder eine weitere Informationssammlung.271
Inhalt des Bewerbungsgesprächs sollten die gegenseitigen Erwartungen, die Interessen-
und Qualifikationspotenziale sowie die Tätigkeitsfelder sein. Des Weiteren sollte der/die
BewerberIn Informationen über die Vergütung, die Arbeitsbedingungen, die
Unternehmenskultur und die praktizierte Führung erhalten.272
268
Lorenz, M./Rohrschneider, U./Müller-Thurau, C.-P., Vorstellungsgespräche (2013) 10. 269
Gabrisch, J., Mit den richtigen Fragen ins Bewerber-Interview, Personalwirtschaft, Magazin für Human Resources 10/2013, 58 (58). 270
May, K. A., Problemfelder und Konzeptionen der Bewerberauswahl (1986) 73. 271
Böhm, W./Poppelreuter, St., Bewerberauswahl und Einstellungsgespräch7 (2009) 82.
272 Drumm, H. J., Personalwirtschaft
6 (2008) 302.
132
Abbildung 29: Ablauf eines Bewerbungsgesprächs.273
Bei der Form des Bewerbungsgesprächs sind unstrukturierte, strukturierte und
halbstrukturierte Interviews zu unterscheiden.
In unstrukturierten Interviews sind die Inhalte und der Verlauf des Gesprächs offen. Die
Beteiligten können die zu besprechenden Themen frei wählen, weshalb jedes Interview
unterschiedliche Schwerpunkte, die Besprechung von individuellen Besonderheiten und
Abschweifungen enthält.274 Die InterviewerInnen orientieren sich an keiner gründlichen
Anforderungsanalyse und keinem schriftlichen Leitfaden. Bewertungsmaßstab sind
folglich Menschenkenntnis und intuitive Expertise.
Erhalten alle BewerberInnen dieselben Fragestellungen in derselben Reihenfolge, handelt
es sich um ein strukturiertes Vorstellungsgespräch. Die Grundlage bildet ein
Anforderungsprofil und zielt darauf ab, objektiv, reliabel und valide eine Auswahl zu
treffen. Sonstige Fragestellungen, wie etwa nach Beispielen, Ergänzungen und
273
Stopp, U., Betriebliche Personalwirtschaft26
, 92. 274
Holtbrügge, D., Personalmanagement5 (2013) 123; Engstle, S., Das Vorstellungsgespräch: Arten und
Vorbereitung; http://management-konkret.de/index.php/interview/ [15.01.2017].
Begrüßung und gegenseitige Vorstellung. Bemerkung zur Anreise des Bewerbers/der Bewerberin. Dank für die Bewerbung und das Zustandekommen des
Vorstellungsgesprächs. Versicherung, dass die Vertraulichkeit der Bewerbung gewährt bleibt. Begründung der Einladung
Eingehen auf die persönliche Situation des Bewerbers/der Bewerberin (Herkunft, Elternhaus, Familie, Wohnort)
Besprechung des Bildungsganges des Bewerbers/der Bewerberin (Schulischer Werdegang, aber auch Weiterbildungsabsichten
betriebsinterner und betriebsexterner Art, Hobbies)
Klärung der beruflichen Entwicklung (Erlernter Beruf, bisherige Positionen, Berufspläne)
Information über das Unter-nehmen, die Abteilung, Gruppe und Stelle
Vertragsverhandlung
Abschluss
133
Detaillierungen, sind untersagt.275 Engstle gibt zu bedenken, dass
Personalverantwortliche durch diese Gesprächsform nicht auf die individuellen
Besonderheiten der einzelnen BewerberInnen eingehen können.276
In einem halbstrukturierten Interview als Mischform zwischen dem unstrukturierten und
strukturierten Interview ist ein Gesprächsrahmen mit einem Fragenkatalog
vorgegeben.277 Bei der Entwicklung von (halb-)strukturierten Einstellungsgesprächen
muss zunächst Klarheit über das genaue Anforderungsprofil (z.B. Aufgabenbereich,
Kompetenzen bzw. Verantwortung des zukünftigen Mitarbeiters bzw. der zukünftigen
Mitarbeiterin und Rahmenbedingungen im Unternehmen) für die zu besetzende Stelle
bestehen.278 Funktions-, Arbeitsplatz- und Stellenbeschreibungen finden sich oftmals in
Organisationshandbüchern. Denn nur wenn Transparenz über die notwendigen
Fähigkeiten, Fertigkeiten und Qualifikationen des Bewerbers bzw. der Bewerberin
herrscht, können Führungsverantwortliche ein zielorientiertes und effizientes Interview
führen. Nach der Klärung der Anforderungsmerkmale können ein Fragenkatalog und dem
zugeordnete Beurteilungsskalen entwickelt werden. Der Interviewleitfaden enthält
sodann Fragen zu den einzelnen Anforderungsbereichen.279
Schulz nimmt eine Unterscheidung zwischen Fragen zu den hard skills (Aus- und
Weiterbildung, Werdegang, Berufserfahrung, Umfeld und Referenzen) und jenen zu den
soft Skills vor. Zu den soft Skills zählt Schulz 111 Begriffe, deren Überprüfung jedoch nicht
in einem einzigen Interview gewährleistet werden kann. Vielmehr ist zu empfehlen, sich
auf fünf Kompetenzen entsprechend dem Anforderungsprofil zu konzentrieren. Jede
Kompetenz ist mit gezielten Fragestellungen valide überprüfbar.280
Bei der Interviewdurchführung ist die Führungskraft dazu angehalten, aktiv zuzuhören
und unterschiedliche Fragetechniken (z.B. offene Fragen, Informationsfragen oder
Alternativfragen) zu nutzen.281
275
Weuster, A., Personalauswahl3 (2012) 205 ff.
276 Engstle, S., Das Vorstellungsgespräch: Arten und Vorbereitung; http://management-
konkret.de/index.php/interview/ [15.01.2017]. 277
Holtbrügge, D., Personalmanagement5 (2013) 123.
278 Jetter, W., Effiziente Personalauswahl: durch strukturierte Einstellungsgespräche die richtigen
Mitarbeiter finden3 (2008) 100 ff.
279 Böhm, W./Poppelreuter, St., Bewerberauswahl und Einstellungsgespräch
7, 92 ff.
280 Schulz, L., Das Geheimnis erfolgreicher Personalbeschaffung (2014) 23, 83 ff.
281 Schulz, L., Das Geheimnis erfolgreicher Personalbeschaffung 121 ff.
134
5.3. Arbeitsbasiertes Kompetenzinterview und Kompetenzbiographie
Das arbeitsbasierte Kompetenzinterview (AKI) basiert auf der Kompetenztheorie von
Heyse/Erpenbeck und enthält 568 mögliche Fragen bezogen auf die 64 Teilkompetenzen
des KompetenzAtlas.282
Die in Kapitel II. 2.5. beschriebenen Interviews legen den Schwerpunkt beispielsweise auf
die folgenden Fragestellungen:
Was sind ihre größten Stärken bzw. Schwächen?
Wie würden Sie sich als Person beschreiben?
Was möchten Sie in fünf Jahren arbeiten, was könnte eines Ihrer Ziele sein?
Heyse kritisiert dahingehend, dass jene Fragestellungen zu allgemein gehalten sind und
keinen Rückschluss auf Erfahrungen des Bewerbers bzw. der Bewerberin in Bezug auf die
zukünftige Tätigkeit zulassen. Hingegen orientieren sich die Interviewfragen des AKI auf
absolvierte und somit auf real erlebte Anforderungssituationen, wodurch eine Reflexion
über die erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Bewältigung möglich ist. Der/die
StellenbewerberIn soll über eine konkrete Situation und eine daraus generierte
individuelle Erfahrung berichten. Als Beispiel ist folgende Fragestellung anzuführen:
Berichten Sie über eine Arbeitssituation, in der Sie eine Entscheidung getroffen
haben, die sie heute, wären Sie nochmals in dieser Situation, anders treffen
würden.
Unter Bezugnahme auf den KompetenzAtlas und mit Hilfe einer siebenstufigen
Bewertungsskala erfolgt die Befragung auf den Ebenen der Situationsbeschreibung, der
Absicht, des Verhaltens, der Wirkung und des Ideals. Auf der ersten Ebene lässt sich der
Interviewer bzw. die Interviewerin die konkrete Anforderungssituation beschreiben. Von
dieser ausgehend soll die Person ihre Absicht und ihr konkretes Verhalten bzw. ihre
Aktivitäten zur Zielerreichung formulieren (Absichts- und Verhaltensebene). Den
Abschluss dieser Frage bilden die Darstellung der Resultate, die Folgen des gesetzten
Verhaltens und die Erklärung, wie sich die Person aus heutiger Sicht anders verhalten
würde (Wirkungs- und Idealebene). Um das AKI durchführen zu können, bedarf es jedoch
282
Vgl. hierzu Heyse, V./Erpenbeck J., Kompetenztraining XXI ff.
135
wie bei jeder Rekrutierungsmaßnahme einer Erarbeitung der Unternehmensziele sowie
der Klärung, welche Kompetenzanforderungen für die zu besetzende Stelle bestehen.283
Neben dem AKI entwickelten Erpenbeck/Heyse die Kompetenzbiographie, durch die
Personalverantwortliche ein besseres Verständnis für den Kompetenzerwerb und die
-entwicklung erlangen. Eine Kompetenzbiographie ist „die qualitative und quantitative
Entfaltung menschlicher Handlungskompetenz als komplexes, selbstorganisiertes
Netzwerk Kompetenzen in der stets einzigartigen, lebenslangen biographischen
Entwicklung“284. Dafür führen Erpenbeck/Heyse narrative Interviews durch, die Elemente
des fokussierten und problemzentrierten Interviews enthalten und die Selbstfokussierung
und Selbstzentrierung des/der Interviewten in den Mittelpunkt stellen. Durch die
Fragestellung nach Kompetenzen sowie nach deren Entwicklung und die dadurch
entstehende Selbstzentrierung schwinden die Ängste, Unsicherheiten und Widerstände
der InterviewpartnerInnen, und sowohl die förderlichen als auch die hinderlichen, die
biographisch zurückliegenden und die aktuellen Bedingungen der Kompetenzentwicklung
sind ermittelbar.285
5.4. Psychologische Testverfahren
Psychologische Testverfahren eignen sich für jede zu besetzende Position, sollten
allerdings mit anderen Auswahlverfahren kombiniert werden. Aufgrund der
standardisierten Tests gelten für alle BewerberInnen die gleichen Bedingungen. Die
Reihenfolge der Fragestellungen ist ebenso ident wie die Anzahl, die Instruktionen, die
Hilfsmittel und die Bearbeitungszeit. Durch die zumeist computergestützte Auswertung
können die Personen einfach verglichen werden.286
Zu unterscheiden sind allgemeine Leistungstests, spezielle Funktionsprüfungs- und
Eignungstests, Intelligenz- sowie Persönlichkeitstests.
Alle Tests bauen auf fünf Prämissen auf:
283
Heyse, V. in Heyse, V./Erpenbeck, J. 131 ff. 284
Erpenbeck, J./Heyse, V., Die Kompetenzbiographie2, 228.
285 Erpenbeck, J./Heyse, V., Die Kompetenzbiographie
2, 158 ff.
286 Lohaus, D./Habermann, W., Personalauswahl im Mittelstand. Nicht die Besten sind die Besten, sondern
die Geeignetsten (2013) 141.
136
Indikatoren, d.h. Merkmale, können die personalen Eigenschaften erfassen.
Die Merkmale weisen eine diskrete oder kontinuierliche Ausprägung auf, die
beobachtet und gemessen werden kann.
Die Merkmalsausprägungen sind normal verteilt.
Es besteht ein Zusammenhang zwischen einem Merkmal und einer Eigenschaft.
Das wesentliche Merkmal wird durch den Test genau gemessen.287
Obwohl es auch bei dieser Methode zur Personaleinstellung nicht den Eignungstest gibt,
sind bestimmte Aufgabentypen häufig enthalten, auf die sich ein(e) BewerberIn
entsprechend vorbereiten kann.288
Allgemeine Leistungstests
Allgemeine Leistungstests dienen der Erfassung von Aufmerksamkeit, Konzentration und
Belastbarkeit. Die Aufgabenstellungen enthalten beispielsweise Sortieraufgaben von
Buchstaben und Zahlen oder Rechenaufgaben. Um die relevanten Informationen zu
erhalten, muss der/die BewerberIn die Aufgabe in einem eng bemessenen Zeitraum mit
hoher Genauigkeit bearbeiten. Die Bewertung orientiert sich an validen
Normierungsdaten.
Spezielle Funktionsprüfungs- und Eignungstests
Durch diese Form von Eignungstests erhält der/die ArbeitgeberIn detaillierte Auskunft
über positionsspezifische Merkmale (z.B. Sehschärfe, Farbwahrnehmung) und Funktionen
(Fingerfertigkeit, Feinmotorik), die der/die BewerberIn aufweisen muss. Durch
Eignungstests können ebenfalls Verständnis-, Rechtschreib- oder Rechenkenntnisse valide
ermittelt werden. Dazu sind ebenfalls Berufs-Interessen-Tests und Berufs-Eignungs-Tests
zu zählen.289
Intelligenztests
„Intelligenztests messen vor dem Hintergrund unterschiedlicher Intelligenztheorien die
intellektuelle Leistungsfähigkeit.“290 Dazu zählt sowohl das sprachliche Denkvermögen als
287
Drumm H. J., Personalwirtschaft6, 94.
288 Für detaillierte Beispiele zu diversen Einstellungtests siehe Püttjer, C./Schnierda, U., Einstellungstest –
Das große Handbuch (2008). 289
Lorenz, M./Rohrschneider, U., Erfolgreiche Personalauswahl2, 118 ff.
290 Bröckermann, R., Personalwirtschaft. Lehr- und Übungsbuch für Human Ressource Management
4 (2007).
137
auch die Kombinations-, Abstraktions- und Vorstellungsfähigkeit. Die Tests können sich je
nach zu besetzender Stelle wesentlich unterscheiden.
Persönlichkeitstests
Durch einen Persönlichkeitstest erhalten Personalverantwortliche detaillierte
Informationen über die Persönlichkeitsmerkmale eines Bewerbers bzw. einer Bewerberin.
Auf der Bedürfnispyramide bildet die Persönlichkeit (beispielsweise Werte, Einstellungen
und Motive) den Sockel, die schwer veränderbar ist und daher einen stabilen und zeitlich
konstanten Faktor darstellt. Das Verhalten ist durch neue Lernprozesse und der
Aneignung neuer Kompetenzen leichter abänderbar. Die Ebene des Wissens impliziert,
dass sich eine Person durch den Erwerb von weiteren Fertigkeiten gut qualifizieren kann.
Abbildung 30: Persönlichkeitspyramide.291
Vor diesem Hintergrund war es notwendig, Persönlichkeitsverfahren oder -tests zu
entwickeln, um die BewerberInnen für den betrieblichen Kontext besser einschätzen zu
können. Bei diesem Testverfahren gilt es allerdings, die Problematik zu beachten, dass
291
Lorenz, M./Rohrschneider, U., Erfolgreiche Personalauswahl2, 120.
138
jede(r) ProbandIn Iteminhalte nicht sinngemäß gleich auffasst und sich zudem vorteilhaft
darstellen möchte.292
5.5. Assessment Center
Es bestehen zahlreiche Definitionen für Assessment Center (AC). Die nachstehende
enthält die wesentlichen Eckpfeiler dieses Einstellungsverfahrens, die Brand im Jahr 1989
postuliert hat: „Es werden mehrere interne und/oder externe Bewerber in einer ein- bis
dreitägigen AC-Veranstaltung hinsichtlich ihrer Kompetenzen und potentiellen
Fähigkeiten – vornehmlich für die Bewältigung zukünftiger Führungsaufgaben –
beurteilt.“293
Obermann präzisiert in seiner Definition die Anzahl der AC-TeilnehmerInnen, die zwischen
acht und zwölf BewerberInnen liegt. In einem AC durchlaufen die AC-TeilnehmerInnen in
einer Arbeitsprobe eine Vielzahl an Aufgaben und Übungen, deren Inhalte für ihre
späteren Tätigkeiten charakteristisch sein werden. Durch jene Anforderungen können
gezielt Stärken und Entwicklungspotentiale des Bewerbers bzw. der Bewerberin erkannt
werden. Das Instrument gelangt sowohl bei der Personalauswahl als auch bei der
Personalförderung zum Einsatz. Die Einschätzung von überfachlichen Kompetenzen ist
zentral im AC, denn mit der Positionsebene im Unternehmen nimmt die Bedeutung der
überfachlichen Kompetenzen zu.
Im Gegensatz zum Interview, in dem der/die BewerberIn darüber spricht, wie er/sie
bestimmte Situationen lösen würde, ist der Telos des AC, bestimmte
Arbeitskonstellationen zu simulieren (Prinzip der Simulation). Das Anforderungsprofil der
Zielposition der zu besetzenden Stelle bildet die Grundlage für die einzelnen Aufgaben
(Prinzip der Anforderungsorientierung). Zur Ermittlung der erwarteten Eigenschaften
werden heterogene Methoden und Verfahren kombiniert, um eine bessere Einschätzung
vornehmen zu können (Prinzip der Methodenvielfalt). Mehrere ExpertInnen, z.B.
Führungskräfte, Personalprofis, PsychologInnen oder AC-Profis, die im Vorfeld vorbereitet
werden, beobachten anhand festgelegter, verhaltensnaher Kriterien die
AC-TeilnehmerInnen (Prinzip der Mehrfachbeobachtung), wodurch eine objektive und
292
Amelang, M./Schmidt-Atzert, L., Psychologische Diagnostik und Intervention4, 302.
293 Brand, P., Das Assessment Center - ein erfolgreiches Instrument der Personalauswahl?, Psychologie und
Gesellschaftskritik 1989, H. 4, 25 (25 f.).
139
zuverlässige Gesamteinschätzung gewährleistet wird. Über jene Kriterien und die zu
absolvierenden Übungen sind die BewerberInnen zur besseren Nachvollziehbarkeit und
höheren Akzeptanz des Verfahrens informiert. Nach Abschluss des AC erhalten sie zudem
eine genaue Einschätzung ihrer Stärken und Entwicklungspotentiale (Prinzip der
Transparenz).294
Die Anwendungsbereiche von AC’s liegen in der Personalauswahl und der
Personalentwicklung, wobei nachstehend aufgrund dessen, dass sich die vorliegende
Arbeit mit dem Berufseinstieg beschäftigt, ausschließlich die Personalauswahl zu
beachten ist. Der Rekrutierungsprozess von MitarbeiterInnen erfordert sowohl monetäre
(Anwerbungs-, Einarbeitungs- und Entlassungskosten) als auch nicht-monetäre
Investitionen (Unruhe und Verunsicherung beim bestehenden Personal), wobei sich der
Einsatz von AC’s zumeist bei der Einstellung von Führungskräften und Trainees lohnt.
Die nachstehende Tabelle bietet eine Übersicht über die unterschiedlichen Varianten,
deren Zielsetzungen und typischen Bezeichnungen in der Praxis. Diese sind allerdings
nicht im Detail zu behandeln.
Assessment Center Varianten
Zielsetzung Typische Bezeichnung in der
Praxis
Assessment Center (AC) Auswahl- und
Aufstiegsentscheidung Auswahltag, Auswahlverfahren,
Potenzanalyse
Development Center (DC) Persönlichkeitsentwicklung
während des Verfahrens oder im Anschluss
Entwicklungs-AC, Potenzial-AC, Orientierungsworkshop,
Personalentwicklungsseminar
Einzel-Assessment Center (EAC)
Auswahl- oder Aufstiegsentscheidung für
Mittel- oder Top-Management
Auswahltag, Einzelpotentialanalyse, Potentialanalysecheck
Management – Potentialanalyse
Identifikation von Stärken und Entwicklungsfeldern bei
Führungskräften
Führungskräfte-DC, Entwicklungs-AC
Management-Audit Standortbestimmung einer ganzen Managementebene
Standortbestimmung, Nachfolgeplanung,
Führungskräfteentwicklung
Development-Audit Differenziertes und
umfassendes Feedback für Führungskräfte
Personalentwicklungsaudit, Personalentwicklungsworkshop
Tabelle 15: Übersicht über Assessment Center.295
294
Obermann, C., Assessment Center5 (2013) 1 ff.
295 Obermann, C., Assessment Center
5, 5.
140
Die Grenzen des Interviews liegen darin, dass überfachliche Kompetenzen, z.B.
Teamfähigkeit, strategisches Denken oder das Verhalten in Krisensituationen, schwer
abfragbar sind. Folglich stellt das AC ein bewährtes Instrument für die Investition in das
Human-Kapital dar, denn es bietet im Gegensatz zu allen anderen Einstellungsverfahren
durch die ein- oder mehrtägige Arbeitsprobe ein genaues Instrument, um den
individuellen Arbeitsstil oder die Gesprächsführungskompetenz kennenzulernen.
Obermann stellt immer wieder klar, dass gerade überfachliche Eigenschaften in
Fallstudien, computergestützten Unternehmensplanspielen oder Gruppenarbeiten
beobachtet und beurteilt werden können.296
Zumeist gelangt ein AC deshalb für die Auswahl von Trainees oder
HochschulabsolventInnen zum Einsatz, da Unternehmensverantwortliche hohe
Investitionen mit Trainee-Programmen und der Entwicklung von
Führungskräftenachwuchs tätigen. Universitäre Zeugnisse bieten zwar
Anknüpfungspunkte zu fachlichen Kompetenzen, geben allerdings zumeist keinen
Aufschluss über kommunikative und überfachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten.297
Ein AC bietet allerdings nicht nur Vorteile für das Unternehmen, sondern auch für die
BerufseinsteigerInnen selbst, denn diese erhalten durch den längeren Kennenlernprozess
einen Einblick in das Unternehmen und zusätzlich ein individuelles Feedback. Beide
Inhalte sind nicht Teil eines Interviews.298
5.5.1. Gütekriterien des AC
Assessment Center zur Auswahl von BewerberInnen und zur Potentialanalyse von
internen ArbeitnehmerInnen erfreuen sich steigender Beliebtheit, sind jedoch in Bezug
auf die Gütekriterien, d.h. die Reliabilität, die Objektivität und die Validität zu
hinterfragen.299
296
Obermann, C., Assessment Center5, 4 f; Sarges, W., Warum Assessment Center häufig zu kurz greifen –
und zudem meist das Falsche zu messen versuchen, Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie 2009, Jg. 53, 79 (79). 297
An der Karl-Franzens-Universität ist es am Zentrum für Soziale Kompetenz möglich, nach Abschluss von von acht oder mehr Semesterwochenstunden (= 12 ECTS) im Laufe des Studiums ein Zertifikat zu erhalten, auf dem die erworbenen Kompetenzen aufgelistet sind; http://soziale-kompetenz.uni-graz.at/de/studieren/ [15.01.2017]. 298
Obermann, C., Assessment Center5, 6.
299 Schuler, H., Assessment Center zur Auswahl von BewerberInnen und zur Potentialanalyse von internen
ArbeitnehmerInnen erfreuen sich steigender Beliebtheit, Wirtschaftspsychologie aktuell 2/2007, 27 (27).
141
Die Reliabilität bezeichnet die Zuverlässigkeit eines diagnostischen Verfahrens, d.h. dass
bei einer wiederholten Messung unter denselben Bedingungen und Gegenständen bzw.
Personen dasselbe Ergebnis erzielt wird. Da die Abhaltung eines AC nicht ein zweites Mal
mit denselben BewerberInnen und unter denselben Bedingungen möglich ist, kann der
Reliabilitätsaspekt beispielsweise dadurch beurteilt werden, inwieweit die Urteile von
unterschiedlichen AssessorInnen, die dieselbe Übung beobachten, übereinstimmen
(Interrater-Reliabilität).
Der Wunsch nach einem objektiven Verfahren, d.h. die Unabhängigkeit der Messwerte,
ist ebenfalls verständlich, jedoch besteht bei der Beurteilung und Wahrnehmung von
BewerberInnen durch AssessorInnen sicherlich keine Objektivität. Die
Durchführungsobjektivität ist aufgrund der Besonderheiten situativer Übungen nicht
gewährleistet.300
Schuhmacher beschreibt, dass AC im Verhältnis zu anderen Einstellungsverfahren
aufgrund der multimodalen Verfahren und der mittlerweile überprüften Testverfahren
eine hohe Validität aufweisen. Zur Validität, d.h. wie genau das gemessen wird, was
gemessen werden soll, gibt es zahlreiche Untersuchungen mit widersprüchlichen
Ergebnissen.301
5.5.2. AC-Aufgaben
Zur Gewährleistung der Aussagekraft und der Validität bedarf es einer diffizilen
Vorbereitung der AC-Aufgaben dahingehend, was damit gemessen werden soll. Um ein
besseres Verständnis zu erhalten, sind nachstehend jene Aufgaben dargestellt, die häufig
Anwendung finden.
Gruppendiskussionen:
Gruppendiskussionen sind eine der aussagekräftigsten Aufgaben des AC und zielen darauf
ab zu erkennen, ob sich der/die BewerberIn in einem Team integrieren und aktiv
einbringen kann. In diesem Szenarium beobachten die AssessorInnen u.a. die
300
Amelang, M./Schmidt-Atzert, L., Psychologische Diagnostik und Intervention4 (2006) 462 ff.
301 Schuhmacher, F., Mythos Assessment Center. Risikomanagement bei Personalentscheidungen und
Leitfaden zur Anwendung (2009) 26.
142
Kommunikationsfähigkeit, das Durchsetzungsvermögen, die Kooperationsfähigkeit, die
Konfliktfähigkeit, die Teamfähigkeit und die Kollegialität.
In diesem Zusammenhang sind folgende Konstellationen zu unterscheiden:
Gruppendiskussionen ohne vorgegebenes Thema und ohne Vorbereitungszeit;
Gruppendiskussionen mit vorgegebenem Thema und mit oder ohne
Vorbereitungszeit;
Gruppendiskussionen mit vorgegebenem Thema, vorgegebenen Rollen und
mit oder ohne Vorbereitungszeit.
Eine zusätzliche Herausforderung, nämlich die, der Diskussion Struktur zu verleihen,
besteht für den/die ModeratorIn, der/die zumeist gleichzeitig eine(r) der KandidatInnen
(gewählt von den BewerberInnen selbst oder von den AssessorInnen) ist. Diese(r)
übernimmt beispielweise die Aufgabe, die Ziele klar abzustecken, die
(Zwischen-)Ergebnisse zusammenzufassen oder auf die Einhaltung von Gesprächsregeln
(keine gegenseitigen persönlichen Angriffe, ausreden lassen) zu achten.302
Beispielhaft sind folgende Kriterien für die AssessorInnen anzuführen:
Wie erschließt der/die KandidatIn das Thema?
Welche Rolle nimmt der/die BewerberIn in der Gruppe ein?
Wie vertritt der/die KandidatIn seine/ihre Meinung?
Verfügt er/sie über ein gutes sprachliches Ausdrucksvermögen?
Wie versucht er/sie, seine/ihre Argumente durchzusetzen?
Postkorbübung:
Die Postkorbübung als ein wichtiger Bestandteil des AC zeichnet sich durch seine hohe
Augenscheinvalidität aus und gewährt dem/der Assessee einen gewissen Freiraum, zumal
keine Unterscheidung zwischen richtigen und falschen, sondern eine zwischen mehr und
weniger gelungenen Lösungen getroffen wird.303
Die AssessorInnen testen in dieser Übung u.a. die Entscheidungsfähigkeit, die
Selbstorganisation, das Zeitmanagement, die Problemlösungsfähigkeit und die
Führungskompetenz. Postkorbübungen simulieren alltägliche Handlungsvorgänge, in
denen die BewerberInnen Termine vergeben, Entscheidungen treffen oder Aufträge
302
Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center4 (2011) 36 ff.
303 Eck, C./Jöri, H./Vogt, M., Assessment-Center (2007) 139.
143
abarbeiten bzw. delegieren müssen. Für diesen Teil des AC raten Hagmann/Hagmann,
über die Entscheidungsbefugnisse und die Arbeitsweise der beschriebenen Person zu
reflektieren. Die Simulation setzt sich aus privaten und beruflichen Problemen zusammen,
wobei sich Aufgaben überschneiden, der/die Assessee Konflikte zwischen
MitarbeiterInnen bearbeiten und private Verpflichtungen wahrnehmen muss. Mit dem
wachsenden Verantwortungsbereich der zu besetzenden Stelle steigen ebenfalls die
Komplexität und der Anforderungsmaßstab der Übungsinhalte.304
Grundlagen des Postkorbs sind interne Mitteilungen, Geschäftsberichte, Statistiken,
Briefe und Schriftstücke von KundInnen, Telefonnotizen, Rundschreiben, Artikel,
Rechnungen bzw. Mahnungen, Termine und Telefonnotizen. Inhaltlich unterscheiden sich
diese Dokumente in ihrer Dringlichkeit, Glaubwürdigkeit, Komplexität oder
Widersprüchlichkeit von anderen Notizen. Bei der Bearbeitung sollte nicht die zeitliche
Komponente (Speed-Faktor) im Vordergrund stehen, vielmehr sollten die
TeilnehmerInnen pro Postkorbvorgang drei bis fünf Minuten Bearbeitungszeit erhalten.
Während der Übung sind die AssessorInnen zumeist nicht anwesend. Bei der Auswertung
sind mehrere Varianten möglich. Der/die TeilnehmerIn formuliert Antwortschreiben und
Inhalte von Telefonaten, beantwortet vorformulierte offene Fragestellungen (z.B. Was ist
der wichtigste Aspekt dieser Tabelle?), entscheidet sich für eine der vorgegebenen
Antwortalternativen (z.B. Würden Sie a, b oder c tun?) oder erläutert in einem Interview
seine Lösungsstrategie.305
Die AssessorInnen beurteilen, ob der/die BewerberIn die Aufgaben nach der ABC-Analyse
priorisiert, Wichtiges von Unwichtigem trennt, Tätigkeiten delegiert, Entscheidungen trifft
und eine Ergebnisskizze erarbeitet. In der Regel präsentiert der/die TeilnehmerIn das
Ergebnis mündlich, sodass die AssessorInnen im Bedarfsfall nachfragen können.306
Fallstudien:
Fallstudien oder Fallbeispiele (z.B. die Beschreibung eines Unternehmensszenarios), die
als Gruppen- oder Einzelaufgabe konzipiert sind, verfolgen das Ziel, komplexe, alltägliche
und branchentypische Situationen der Arbeitstätigkeit zu simulieren. Auf zur Verfügung
gestellten Hintergrundinformationen und betriebswirtschaftlichen, logistischen,
304
Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center4, 104 ff.
305 Obermann, C., Assessment Center
5, 134 ff.
306 Schuhmacher, F., Mythos Assessment Center 144.
144
organisatorischen, personellen oder personalpolitischen Fragestellungen soll der/die
Assessee nach einer kurzen Vorbereitungszeit reagieren. Als Beispiele sind die
Reklamation eines Kunden bzw. einer Kundin, eine Auslieferungsverzögerung oder
Meinungsverschiedenheit zwischen KollegInnen zu nennen.307
In diesen Übungssequenzen gewinnen die AssessorInnen beispielsweise Aufschluss über
die Problemlösungskompetenz, Entscheidungsfähigkeit, Führungskompetenz oder die
analytischen Fähigkeiten.308
Eine Variante der Fallstudie sind Organisationsaufgaben, in denen die TeilnehmerInnen
die Aufgabe haben, knappe Ressourcen (z.B. zeitliche und finanzielle Ressourcen) zu
verteilen. Obermann zufolge sind Organisationsaufgaben insbesondere für zukünftige
Führungskräfte mit Budgetverantwortung in das AC einzubeziehen.309
Präsentation:
Präsentationen zählen neben Gruppendiskussionen und Postkörben zu den beliebtesten
Übungen in einem AC. Vor der Durchführung gilt es allerdings, wie bei jeder Übung zu
analysieren, ob der/die BewerberIn, der/die die ausgeschriebene Stelle besetzen wird,
tatsächlich sehr viel präsentieren muss.
BewerberInnen müssen in einer Präsentationsübung ein vorgegebenes Thema mit Hilfe
von zur Verfügung gestelltem Material aufbereiten, strukturieren und vor der Gruppe und
den AssessorInnen vortragen. Obermann gibt zu bedenken, dass bei der Aufbereitung von
neuem Material der/die Assessee genug Vorbereitungszeit erhalten sollte.
Durch diese Übung sind die AssessorInnen in der Lage, u.a. Kommunikationsfähigkeit,
selbstständiges und strukturiertes Arbeiten, Durchsetzungsvermögen und analytisches
Denken zu beobachten.
307
Eck, C./ Jöri, H./Vogt, M., Assessment-Center 138. 308
Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center4, 125.
309 Obermann, C., Assessment Center
5, 128.
145
Abbildung 31: Präsentationsthemen in einem AC.
Die Aufgabe des/der Assessee besteht darin, Fakten, Ideen oder Lösungsansätze zu
präsentieren. Die AssessorInnen beobachten die Selbstdarstellung, die Denkstruktur einer
Person sowie die Gliederung, Ordnung und Originalität der Präsentation.310 Zur
Kombination mit Präsentationen eignen sich kurze Einzelvorträge, die Vorstellung der
Ergebnisse von einer Fallstudie oder die Konfrontation mit Einwänden.311
Interview:
Die AssessorInnen (zumeist PersonalentscheiderInnen oder leitende Angestellte) können
mit den BewerberInnen in Anlehnung an Vorstellungsgespräche strukturierte und
unstrukturierte Interviews führen. Strukturierte Interviews, die auf die Vergleichbarkeit
zwischen den TeilnehmerInnen abzielen, verfügen über einen Fahrplan oder ein
Fragenschema, hingegen sind unstrukturierte Interviews312 vom Gesprächsverlauf
abhängig. Zu den Beobachtungskriterien zählen die emotionale Stabilität unter Stress, das
Ausdrucksvermögen, die Reduktion von Komplexität, die Konflikt- und
Überzeugungsfähigkeit.313
In der Regel ist das Interview, dem die Leistungen aus dem AC zugrunde liegen, eine der
letzten Stationen des Auswahlprozesses und bedarf einer guten Vorbereitung. Dieses
umfasst zumeist eine Stärken-Schwächen-Analyse, die Frage nach der
Leistungsmotivation für die zu besetzende Stelle sowie die Beurteilung des sprachlichen
Ausdrucksvermögens und der Körpersprache.314
310
Eck, C./Jöri, H./Vogt, M., Assessment-Center 137. 311
Obermann, C., Assessment Center5, 120 ff.
312 Siehe hierzu Kapitel I. 5.2.
313 Schuhmacher, F., Mythos Assessment Center 147 f.
314 Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center
4, 160 ff.
146
Rollenspiel:
Enthält das Anforderungsprofil für die zu besetzende Position kommunikative Aspekte,
eignen sich insbesondere Rollenspiele für die Beurteilung derselben. Dazu zählen
beispielweise Verhandlungssituationen, kritische Vorgesetzten-MitarbeiterInnen-
Gespräche, Verkaufssituationen oder Diskussionsrunden. Ausgangspunkt ist eine
schriftliche Vorinformation, die die zu verkörpernde Rolle und die Rahmenbedingungen
für den/die TeilnehmerIn enthält. Als zweite(r) RollenspielerIn fungiert entweder eine
neutrale Person oder ein(e) AssessorIn. Bewertungskriterien sind aktives Zuhören,
Empathie, Lösungsorientierung und Umgang mit Stress.315
Die AssessorInnen erhalten in dieser Übung Aufschluss u.a. über die Kooperations-,
Kommunikations- und Problemlösungsfähigkeit sowie über den Führungsstil und das
Einfühlungsvermögen. Ein Rollenspiel dauert zwischen 10 und 20 Minuten.316
Planspiel:
Das Planspiel kombiniert Theorie und Praxis und trainiert den Umgang mit komplexen
Situationen, soziale Integration und verbessert den zwischenmenschlichen Umgang.317
Zu unterscheiden sind beispielsweise Unternehmensplanspiele (z.B. Simulation von
Handlungsfeldern in der betrieblichen Praxis) und Free-Form bzw. Verhaltensplanspiele
(Lösung von Organisationsentwicklungsproblemen). Als Nachteile eines Planspiels ist
anzuführen, dass dessen Anwendung auf sehr spezifische Situationen abzielt und die
Entwicklungskosten im Verhältnis zur Aussagefähigkeit hoch sind. Schuhmacher schlägt
deshalb vor, ein Planspiel nicht in das AC zu integrieren, sondern das gesamte AC als
Planspiel zu konzipieren. Mit dieser Aufgabenart werden ebenfalls Fachkompetenzen
geprüft.318 Nach der Absolvierung des AC besprechen die AssessorInnen mit dem/der
Assessee in einem Feedbackgespräch die Ergebnisse und Leistungen. Dadurch erhalten
die BewerberInnen einen Eindruck darüber, wie sie auf andere Personen wirken und
worauf die BeobachterInnen geachtet haben und können nachfragen, was sie für ihr
nächstes AC ändern sollten.319
315
Schuhmacher, F., Mythos Assessment Center 149 f. 316
Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center4, 77, 80.
317 Orth, C., Unternehmensplanspiele in der betriebswirtschaftlichen Aus- und Weiterbildung. Konzeption
eines Planspiels mit variabler Modellkomplexität (1997) 1. 318
Schuhmacher, F., Mythos Assessment Center 156 f. 319
Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center4, 179.
147
5.6. Kasseler-Kompetenz-Raster
Im Rahmen der deutschen „Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung“
entwickelte sich der Kasseler-Kompetenz-Raster (KKR) als ein Beobachtungsverfahren für
Problemlösungen in Gruppen. Mit Hilfe von bestimmten Kriterien werden Fach-,
Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen von verbalen Äußerungen in
Gruppensituationen gemessen. Die kodierende Einheit ist entweder ein Satz, ein
Gedanke, eine in sich geschlossene Aussage, ein thematischer Bezug oder eine
Sinneinheit. Nach jedem SprecherInnenwechsel entsteht ein neuer Code, der den
Kriterien des KKR zuordenbar sein muss. Schildert der/die SprecherIn die Situation länger
als 20 Sekunden oder findet eine Unterbrechung statt, ist dieselbe Kategorie nochmals
neu zu kodieren. Durch ExpertInneninterviews können die einzelnen Kriterien den
Aspekten zugeordnet werden.
Als Bewertungskriterien fungieren der Verlauf und das Ergebnis der Gruppendiskussion.
Bei der Auswertung ist einerseits die Verteilung der Sinneinheiten zu den
Kompetenzfacetten, andererseits ein Korrelationsmuster zwischen den Kriterien des KKR
und den Zufriedenheitsmaßen sowie Güteindikatoren (mögliche Lösungen) zu
berücksichtigen. Dadurch ist es möglich zu erkennen, welche Kompetenzen für
ArbeitnehmerInnen zählen, und durch eine umfangreiche Kompetenzdiagnose zu messen,
welche Handlungskompetenz MitarbeiterInnen zur Bewältigung ihrer
Optimierungsaufgaben benötigen. Der KKR eignet sich für konkrete Anwendungs- und
Handlungssituationen und ist ein objektives Kompetenzmessverfahren, das ebenfalls die
– oftmals unberücksichtigte Selbstkompetenz – erfasst. Die Messung des Konstrukts
Sozialkompetenz gestaltet sich hingegen schwierig. Kauffeld/Frieling/Grote weisen darauf
hin, dass eine Generalisierung über alle Branchen hinweg – zu denken ist beispielsweise
an die Anforderungen von PädagogInnen und von JuristInnen – unmöglich ist.320
320
Kauffeld, S./Frieling, E./Grote, S., Soziale, personale, methodische oder fachliche: Welche Kompetenzen zählen bei der Bewältigung von Optimierungsaufgaben in betrieblichen Gruppen?, Zeitschrift für Psychologie 2002, 210, H. 4, 197 (200 ff.).
148
Fachkompetenz Methodenkompetenz Sozialkompetenz Selbstkompetenz
Differenziertheit Probleme Positiv Positiv Positiv
Problem (Teil-Problem) benennen
Zielorientierung Auf Thema verweisen bzw. zurückführen
Ermunternde Ansprache z.B. stillere Personen ansprechen
Interesse an Veränderungen Interesse signalisieren
Problemerläuterung Problem veranschaulichen
Klärung/Konkretisierung Beitrag auf den Punkt bringen, klären
Unterstützung Vorschlägen, Ideen etc zustimmen
Eigenverantwortung Verantwortung übernehmen
Verknüpfung bei der Problemanalyse z.B. Ursache oder Folge aufzeigen
Verfahrensvorschlag Verschläge des weiteren Vorgehens
Aktives zuhören Interesse signalisieren („mmh“, „ja“)
Maßnahmenplanung Aufgaben zur Umsetzung verfeinern
Differenziertheit Lösungen Verfahrensfrage Frage zum weiteren Vorgehen
Ablehnung Sachlich widersprechen
Negativ
Sollentwurf, Vision, Anforderung beschreiben
Priorisieren Schwerpunkte setzen
(Verarbeitungs-)Rückmeldung z.B. signalisieren, ob etwas angekommen, neu, bekannt ist
Kein Interesse an Veränderungen z.B. Leugnen von Optimierungs-möglichkeiten
Lösungsvorschlag (Teil-)Lösung benennen
Zeitmanagement Auf Zeit verweisen
Atmosphärische Auflockerung z.B. Spaß
Allgemeinplatz Inhaltsloses Gerede, Worthülse
Lösungserläuterung Lösung veranschaulichen
Aufgabenverteilung Aufgaben in der Diskussion delegieren/übernehmen
Trennung von Meinungen und Tatsache (Ich-Botschaft) Eigene Meinung als solche kennzeichnen
Jammern Betonung des negativen Ist-Zustandes, Schwarzmalerei, auch Killerphrasen
Vernetztheit Lösungen Visualisierung Benutzen von Flipchart und Metaplan
Gefühle Gefühle wie Ärger, Freude ansprechen
Schuldigensuche Problem personalisieren
Problem zu Lösung Einwand gegen Lösung
Kosten-Nutzen-Abwägung Wirtschaftliches Denken zeigen
Lob; z.B. positive Äußerungen über andere Personen
Betonung autoritärer Elemente; auf Hierarchien und Zuständigkeit verweisen
Verknüpfung mit Lösung z.B. Vorteil einer Lösung benennen
Zusammenfassung Ergebnisse zusammenfassen
Negativ Abbruch Diskussion vorzeitig beenden (wollen)
Äußerungen zur Organisation Negativ Tadel/Abwertung Abwertung von anderen, „kleine Spitzen“
Organisationales Wissen Wissen über Organisation und Abläufe
Themen springen Neues Thema ohne Bezug zu Vorangegangenem
Unterbrechung Wort abschneiden
Äußerungen zum Wissensmanagement Verlieren in Details und Beispielen Nicht zielführendes Beispiel, Monolog
Seitengespräch beginnen oder sich darin verwickeln lassen
Wissen wer; Verweis auf SpezialistInnen
Reputation Verweis auf Diensterfahrung, Betriebszugehörigkeit etc.
Frage nach Meinung, Inhalt, Erfahrung
Tabelle 16: Kasseler-Kompetenz-Raster.
149
Die in Tabelle 16 dargestellten Kriterien sind zur Vergleichbarkeit zwischen
MitarbeiterInnen, Gruppen und Unternehmen unabhängig von konkreten
Aufgabenstellungen.
Fachkompetenz iS des KKR bedeutet, Wissen für Aufgaben passfähig zu machen und
Probleme zu lösen. Zur Problemlösungsfindung müssen die relevanten Informationen
erläutert werden. Die Vernetztheit impliziert die Verknüpfung zwischen Problem, dessen
Analyse und einer Lösung. Zur Fachkompetenz zählt ebenfalls das Wissen über die
Organisation, um entsprechend in seinem Tätigkeitsfeld kompetent handeln zu können.
Ein weiteres Kriterium ist, dass der/die ArbeitnehmerIn Informationen über das
Wissensmanagement hat, um beispielsweise der zuständigen Person, eine Frage stellen
zu können.
Methodenkompetenz stellt die Strukturierung in den Fokus und enthält die Fähigkeit,
Ziele zu benennen, Beiträge zu klären bzw. zu strukturieren und Verfahrensvorschläge
und -fragen einzubringen. Des Weiteren ist auf die Zusammenfassung von Informationen
und Prioritätenfestsetzung abzustellen. Strukturierte Vorgehensweisen implizieren
ebenfalls eine gerechte Aufgabenverteilung während einer Diskussion, die Visualisierung
von Ergebnissen, eine Kosten-Nutzen-Abwägung und die Definition eines
Zeitmanagements. Verfügt eine Person über wenig Methodenkompetenz, zeigt sich dies
insbesondere in der fehlenden Systematik bei der Besprechung von Themen.
Fisch versteht unter Sozialkompetenz „überwiegend nicht sachbezogene, vielleicht sogar
unsachliche, intendierte und nicht intendierte Handlungen mit ausgeprägt emotionalen
Anteilen“321. Positive Eigenschaften sind beispielweise, stille TeilnehmerInnen direkt
anzusprechen, andere Personen zu loben oder Meinungen und Tatsachen voneinander zu
trennen. Tadel und Abwertung, Seitengespräche oder Unterbrechen von anderen
GesprächsteilnehmerInnen zählen zu den negativen Äußerungen oder Handlungen.
Bei einem hohen Maß an Selbstkompetenz sind Personen an Veränderungen interessiert
und zeichnen sich durch Eigenverantwortlichkeit in einer Gruppe aus. Ein zentraler
Bestandteil ist die Planung von Maßnahmen. Negativ wirkt sich hingegen aus, wenn die
Person kein Interesse an Veränderungen hat, was sich durch Killerphrasen,
321
Fisch, R., Eine Methode zur Analyse von Interaktionsprozessen beim Problemlösen in Gruppen, Gruppendynamik 1994, 25 (2), 149 (151).
150
Rechtfertigungen, Ignorieren von Problemen oder Schwarzmalerei ausdrückt. Bei der
Suche nach einem/einer Schuldigen wird das Problem personifiziert.322
Bei dem Kasseler-Kompetenz-Raster fällt auf, dass die Methoden-, Sozial- und
Selbstkompetenz sowohl positive als auch negative Aspekte und Kriterien aufweisen. Bei
der Durchführung des Verfahrens gibt Kauffeld zu bedenken, dass es sich um ein sehr
zeitintensives Verfahren handelt. Ein(e) geübte(r) AnwenderIn könne das Verfahren mit
Hilfe einer Videoaufzeichnung zur Auswertung der verbalen Äußerungen in ca. fünf
Stunden durchführen. Folglich ist das Verfahren sehr zeitaufwendig und setzt mit den
Kriterien vertraute BeurteilerInnen voraus, zumal diese die Kriterien Satz für Satz
kodieren müssen. Der Kasseler-Kompetenz-Raster zeichnet sich ebenfalls dadurch aus,
dass sogar die Selbstkompetenz, die bisher unberücksichtigt blieb323 oder durch
Persönlichkeitsanalysen324 ermittelt wurde, operationalisierbar ist. Die Methode stößt
insofern an ihre Grenzen, als dass die Ergebnisse der Bewältigung von
Optimierungsaufgaben von MitarbeiterInnen in einer einzigen Situation im Zentrum der
Betrachtung stehen, für andere berufliche Situationen, z.B. Beratungs- oder
Verkaufsgespräche, jedoch nicht generalisierbar sind.325
5.7. Zusammenfassende Bemerkungen
Die Verfahren zur Kompetenzmessung in der Personalauswahl sind zahlreich und jede(r)
Personalverantwortliche muss abschätzen können, welches Verfahren sich für die
Besetzung der vakanten Stelle am besten eignet. Durch schriftliche
Bewerbungsunterlagen nehmen BewerberInnen zumeist den ersten Kontakt mit dem
Unternehmen auf. Diese sollten folglich eine gute formale und stilistische Gestaltung
aufweisen, vollständig und inhaltlich gut durchdacht sein. Konzentrieren sich
EntscheidungsträgerInnen allerdings ausschließlich auf das Anschreiben, den Lebenslauf
und das Motivationsschreiben, können sie noch zu wenige Rückschlüsse auf die
Persönlichkeit des Bewerbers bzw. der Bewerberin ziehen. Daher ist die Erstellung eines
Portfolios zu empfehlen, in dem sich der/die ErstellerIn mit den fachlichen Kompetenzen
322
Kauffeld, S., Das Kasseler-Kompetenz-Raster (KKR) – ein Beitrag zur Kompetenzmessung, in: Clement, U./Arnold, R. (Hrsg.), Kompetenzentwicklung in der beruflichen Bildung (2002) 131 (139 ff.). 323
Sonntag, K.-H./Schäfer-Rauser, U., Selbsteinschätzung beruflicher Kompetenzen bei der Evaluation von Bildungsmaßnahmen, Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie 1993, H. 37 (4), 163-171. 324
Erpenbeck, J./Heyse, V., Die Kompetenzbiographie2
(2007). 325
Kauffeld, S. in Clement, U./Arnold, R. 146 f.
151
sowie mit den individuellen persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, Eigenschaften und
Werten auseinandersetzt.
M.E. unerlässlich, um die Persönlichkeit von UniversitätsabsolventInnen einschätzen zu
können, ist ein direktes und strukturiertes Bewerbungsgespräch. Entscheidungsbefugte
Personen müssen sich zur Gewährleistung der Reliabilität, Validität und Objektivität
jedoch dafür gut vorbereiten. Im Mittelpunkt steht nicht nur die Persönlichkeit, sondern
auch ein erstes Kennenlernen und die Einschätzung, ob der/die potenzielle MitarbeiterIn
zur Abteilung und dem Unternehmen passt. Der organisatorische Ablauf gliedert sich in
drei Phasen (Eindruck aufgrund der Bewerbungsunterlagen im Vorfeld, Gespräch,
abschließende Beurteilung).
Als spezielle Verfahren zur Kompetenzmessung sind das arbeitsbasierte
Kompetenzinterview (AKI) und die Kompetenzbiographie herauszustreichen. Das AKI
orientiert sich an 568 möglichen Fragestellungen, die auf einer siebenstufigen
Bewertungsskala evaluiert werden können. Die Fragen sind stets situationsbezogen und
beziehen sich auf die Absichts-, Verhaltens-, Wirkungs- und Idealebene des Bewerbers
bzw. der Bewerberin. Die Kompetenzbiographie weist die Besonderheit auf, dass die
Selbstfokussierung und -zentrierung des/der Interviewten im Mittelpunkt steht, wodurch
die Bedingungen der Kompetenzentwicklung ermittelbar sind.
Psychologische Testverfahren, d.h. allgemeine Leistungstests, spezielle
Funktionsprüfungs- und Eignungstests, Intelligenz- sowie Persönlichkeitstests sind
zumeist ein Teil des gesamten Bewerbungsprozesses. Allgemeine Leistungstests, aber
auch Intelligenz- und Persönlichkeitstests sind von besonderem Interesse, da diese
vornehmlich für die Auswahl von BerufseinsteigerInnen bzw. UniversitätsabsolventInnen
zum Einsatz gelangen.
In Assessment Center (AC) stellen AssessorInnen die Kompetenzen und potentiellen
Fähigkeiten von BewerberInnen gegenüber und nehmen eine Bewertung vor. Bei den
Aufgabenstellungen sind wiederum die Gütekriterien zu beachten, wobei eine diffizile
Vorbereitung notwendig ist. Zu den beliebtesten Aufgaben zählen Gruppendiskussionen,
Postkorbübungen, Fallstudien, Präsentationen sowie Rollen- und Planspiele.
Der Kasseler-Kompetenz-Raster (KKR) ist ebenfalls ein Beobachtungsverfahren und zielt
auf die Messung von Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen durch verbale
152
Äußerungen ab. Es handelt sich allerdings um ein dauerhaftes Verfahren, das nicht nur
einer detaillierten Einschulung, sondern auch einer differenzierten Auswertung bedarf.
Bei all den genannten Methoden ist zu bedenken, dass der Einsatz der geeigneten
Methode im Bewerbungsverfahren zielgruppenabhängig ist. Daher sollten sich
Unternehmensverantwortliche darüber im Klaren sein, welche Kriterien der/die
zukünftige MitarbeiterIn konkret erfüllen soll. Das Einstellungsverfahren sollte
entsprechend ausgewählt werden, um Fehlentscheidungen zu reduzieren.
Bei einer Zusammenschau der dargestellten Einstellungsverfahren ist auf eine Studie von
Fruhner/Schuler/Funke/Moser Bezug zu nehmen, wonach BewerberInnen das Interview
aufgrund der kommunikativ-interaktiven Situation als Auswahlverfahren bevorzugen.
Obwohl diesen eine Leistung im Gespräch abgefordert wird, erleben sie den Druck in
einem Test oder AC als noch größer.326
326
Fruhner, R./Schuler, H./Funke, U./Moser, K., Einige Determinanten der Bewertung von Personalauswahlverfahren, Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie 1991, H. 4, 170-178.
153
II. Empirischer Teil
Der Beginn eines empirischen Forschungsvorhabens ist durch die Frage gekennzeichnet,
welche Methode sich am besten für das zu untersuchende Feld eignet. Die
Forschungsmehode beschreibt folglich einen gezielten, planvollen und wissenschaflichen
Weg der Erkenntnisgewinnung. Eine grobe Unterscheidung bieten die Begrifflichkeiten
qualitative und quantitative Verfahren. Bei einem tieferen Blick in die Materie zielt
ersteres auf die Generierung gegenstandsbegründender Theorien sowie die Entdeckung
neuer Zusammenhänge ab und zeichnet sich durch kleinere Fallzahlen und eine
Prozessorientierung aus. Für letzteres bilden bestehende Modelle und Theorien den
Ausgangspunkt zur Untersuchung von Ursachen und Wirkungen. Durch die Bearbeitung
großer Datensätze ist es das Ziel, Hypothesen zu widerlegen oder zu bestätigen.327
Beide Forschungsmethodologien orientieren sich zwar an unterschiedlichen
Erkenntniszielen, eine Kombination ist dennoch nicht auszuschließen. Dies zeigt sich an
der bekannten Untersuchung von Jahoda, Lazarsfeld und Zeisel über die Arbeitslosen von
Marienthal328, in der die ForscherInnen beide Methoden nutzten.
Hofmann zufolge ist es für die differenzierte und umfangreiche Beantwortung einer
Forschungsfrage unterlässlich, qualitativ und quantitativ zu forschen.329 Zu den Modellen
der Methodenintegration sind beispielsweise das Phasenmodell (Nutzung einer
qualitativen Vorstudie zur Generierung von Hypothesen) oder die Triangulation330
(Anwendung von verschiedenen Methoden zur Erhöhung des Gütekriteriums der Validität
von Untersuchungsergebnissen) zu zählen.331 Die Gründe für qualitative Methoden liegen
einerseits darin, fremde Welten und unbekannte Aspekte in vertrauten Welten zu
entdecken und zu beschreiben, andererseits stehen neu entdeckte Zusammenhänge und
Theorien im Fokus. Eine qualitative Evaluation dient ebenfalls zur Erkennung von
Verbesserungsmöglichkeiten. Ein Nachteil liegt allerdings in der „missing data“, weshalb
327
Brüsemeister, Th., Qualitative Forschung. Ein Überblick2
(2008) 151 f. 328
Jahoda, M./Lazarsfeld, P./Zeisel, H., Die Arbeitslosen von Marienthal: ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit
22 (2009).
329 Hofmann, F., Quantitativ vs. qualitativ erhobene Befunde zum Thema „Umgang mit Heterogenität“:
Hinweise für eine starke Komplementarität, in: Hofmann, F./Schreiner, C./Thonhauser, J. (Hrsg.), Qualitative und quantitative Aspekte (2008) 57 (61). 330
Näheres zur Triangulation siehe Flick, U., Triangulation, in: Flick, U./Kardorff, E./Steinke, I. (Hrsg.), Qualitative Forschung
8 (2010) 309-318.
331 Kelle, U./Erzberger, Ch., Qualitative und quantitative Methoden: kein Gegensatz, in: Flick, U./Kardorff,
E./Steinke, I. (Hrsg.), Qualitative Forschung8 (2010) 299 (300 ff.).
154
beispielsweise eine Checkliste dazu beitragen kann, das Nachfragen wichtiger
Informationen nicht zu vergessen.332
Hoffmeyer-Zlotnik geht davon aus, dass der/die ForscherIn die Wahl eines quantitativen
oder qualitativen Verfahrens genau abwägen muss, „da diese, immer von Forschungsziel
und Forschungsfrage abhängig ist. Eine die Genauigkeit von Wirkungszusammenhängen,
hypothesengeleitet, überprüfende Forschung setzt ein quantitatives Verfahren voraus;
sollen aber begründende Vermutungen über Regelhaftigkeiten in den einzelnen
Bereichen oder Feldern der sozialen Wirklichkeit gewonnen werden, so setzt dieses ein
qualitatives Verfahren (in der Regel verbunden mit der Gewinnung verbaler Daten)
voraus.“333 Die Methoden stehen folglich in einer gewissen Konvergenz zueinander.334
Für das dem Dissertationsprojekt zugrunde liegende Forschungsfeld ist aufgrund der
genannten Konvergenz zwischen den Methoden sowohl die Anwendung einer
qualitativen (Interviews) als auch einer quantitativen Methode (Fragebogen) zielführend.
Als sinnvolle Ergänzung dient die Analyse von Stellenausschreibungen für JuristInnen und
PädagogInnen, sodass eine fundierte Beantwortung der Forschungsfrage durch die auf
unterschiedlichen Ebenen angestellten Überlegungen zu erwarten ist.
1. Forschungsdesign
„Wenn ein Untersuchungsgegenstand apodiktisch an ein ganz bestimmtes
Forschungsparadigma gekoppelt wird, verstellt dies den Blick auf die Bedeutung der
jeweiligen Fragestellung und den Facettenreichtum des zu untersuchenden
Phänomens.“335
Effizienz und Effektivität haben bei der Auffindung der geeigneten Forschungsmethode zu
Beginn des Vorhabens Priorität. Um empirisch fundiert beantworten zu können, welche
332
Oswald, H., Was heißt qualitativ forschen? Eine Einführung in Zugänge und Verfahren, in: Friebertshäuser, B./Langer, A./Prengel, A. (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft
4 (2013) 183 (188, 191 ff.).
333 Hoffmeyer-Zlotnik, J., Einleitung: Handhabung verbaler Daten in der Sozialforschung, in: Hoffmeyer-
Zlotnik, J. (Hrsg.), Analyse verbaler Daten. Über den Umgang mit qualitativen Daten (1992) 1 (1). 334
Siehe hierzu Früh, W., Analyse sprachlicher Daten. Zur konvergenten Entwicklung ‚quantitativer‘ und ‚qualitativer‘ Methoden, in: Hoffmeyer-Zlotnik, J. (Hrsg.), Analyse verbaler Daten. Über den Umgang mit qualitativen Daten (1992) 59 (61); Esser, H., Zum Verhältnis von qualitativen und quantitativen Methoden in der Sozialforschung, oder: Über den Nutzen methodologischer Regeln bei der Diskussion von Scheinkontroversen, in: Voges, W. (Hrsg.), Methoden der Biographie- und Lebenslaufforschung (1987) 87 (99). 335
Popp, U., Geschlechtersozialisation und schulische Gewalt (2002) 287.
155
Kompetenzen sich steirische ArbeitgeberInnen von UniversitätsabsolventInnen erwarten,
war es zielführend sowohl qualitative als auch quantitative Forschungsansätze zu wählen.
Daher wurde bewusst im Vorfeld der quantitativen Fragebogenerhebung mit 10
Personalverantwortlichen ein Interview geführt, um den Fragebogen entsprechend
anzupassen.
Zumal die Studie von Foscht/Angerer bereits sieben Jahre zurückliegt, gilt es mit Hilfe von
Fragebögen auf die Sichtweise der ArbeitgeberInnen einzugehen, um mögliche
Veränderungen zu den genannten Studien aufzeigen und einen Vergleich mit den
Auswertungen anstellen zu können.
In Anlehnung an die Studien von Foscht/Angerer (2006) und Schaeper/Briedis (2004) und
in Fortsetzung der Studie des Zentrums für Soziale Kompetenz (2013) soll der Fragebogen
für das vorliegende Dissertationsvorhaben folgendermaßen aufgebaut sein. Zielgruppe
sind Unternehmensverantwortliche steirischer Unternehmen.
2. Qualitative Forschung
Der qualitative Forschungsansatz bezweckt, einerseits die Perspektiven der Handelnden
möglichst authentisch zu erfassen und andererseits den Feldzugang offen zu halten. Denn
gerade die Vermeidung einer „Überstülpung“ eines zuvor festgelegten Theoriekonzepts
hat Priorität. Im Forschungsprozess orientiert sich der/die ForscherIn zwar an bestimmten
Fragestellungen, die allerdings im Verlauf eine ständige Modifizierung und Erweiterung
erfahren.336 Qualitative Forschung verfolgt nicht die Zielsetzung, Hypothesen und
Theorien zu überprüfen, sondern richtet den Fokus auf die Entdeckung von neuem und
die Entwicklung empirisch begründeter Theorien337. Folglich werden „nichtstandardisierte
Methoden der Datenerhebung und interpretative Methoden der Datenauswertung
[benutzt], wobei sich die Interpretation nicht nur wie (meist) bei den quantitativen
336
Strauss, A./Corbin, J., Grounded Theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung (1996) 8. 337
Flick, U./Kardorff, E./Steinke, I., Was ist qualitative Forschung? Einleitung und Überblick, in: Flick, U./Kardorff, E./Steinke, I. (Hrsg.), Qualitative Forschung
9 (2012) 13 (14).
156
Methoden auf Generalisierung und Schlussfolgerungen bezieht, sondern auch auf die
Einzelfälle“338.
Mayring fasst die Grundlagen qualitativen Denkens in fünf Postulate zusammen.
Gegenstand von humanwissenschaftlichen Forschungen sind stets Menschen, d.h.
Subjekte, die sowohl der Ausgangspunkt als auch Ziel von Untersuchungen sind (Postulat
1). Zu leicht geraten bestimmte Methoden in den Vordergrund, die Subjekte als
eigentliche Ziele hingegen in den Hintergrund.339 Bereits Dilthey340 betonte, dass aufgrund
einer umfassenden Deskription der Gegenstandsbereich genau und umfassend
beschrieben werden muss. Dabei müssen unterschiedliche Quellen Berücksichtigung
finden (Postulat 2). Zusätzlich muss der Untersuchungsgegenstand der
Humanwissenschaften durch eine Interpretation erschlossen werden, denn jede
Handlung kann für die BeobachterInnen und AkteurInnen unterschiedliche Bedeutungen
haben (Postulat 3). Um eine Anpassung der Teilnehmenden an eine Laborsituation zu
verhindern, sollte die Untersuchung der Gegenstände möglichst in ihrem natürlichen,
alltäglichen Umfeld stattfinden. Die Verzerrung des Forschungsergebnisses kann auf diese
Weise verhindert und Unschärfen können verringert werden (Postulat 4).
Eine Begründung für die Verallgemeinerbarkeit von bestimmten Ergebnissen erfolgt im
Einzelfall, wobei schrittweise und klar zu argumentieren ist, warum die Resultate für
andere Situationen und Zeiten gelten (Postulat 5).
Die dargestellten Postulate Subjektbezogenheit, Deskription und Interpretation der
Forschungsergebnisse, Untersuchung im allgemeinen Umfeld sowie die
Verallgemeinerbarkeit sind in jedem qualitativen Vorhaben zu beachten. Bei letzterem ist
aufgrund der Problematik kleiner Stichproben speziell der Fokus darauf zu legen, wofür
die Ergebnisse Gültigkeit besitzen.341
Mayring differenziert jene fünf abstrakten Grundsätze wiederum in 13 Säulen
qualitativen Denkens, die konkrete Handlungsweisen vorschreiben, um effektive
Forschungsergebnisse erzielen zu können.
338
Oswald, H., Was heißt qualitativ forschen? Eine Einführung in Zugänge und Verfahren, in: Friebertshäuser, B./Langer, A./Prengel, A. (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft
4 (2013) 183 (187).
339 Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialforschung
5 (2002) 19 ff.
340 Vgl. Dilthey, W., Materialien zur Philosophie von Wilhelm Diltheys (1984).
341 Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialforschung
5, 19 ff.
157
Abbildung 32: Säulen qualitativen Denkens.
Hierbei muss mit der Deskription, die sich in Einzelfallbezogenheit, Offenheit und
Methodenkontrolle gliedert, begonnen werden. Im Forschungsprozess müssen „immer
auch Einzelfälle mit erhoben und analysiert werden, an denen die Adäquatheit von
Verfahrensweisen und Ergebnisinterpretationen laufend überprüft werden kann“342. Das
Postulat der Offenheit zielt darauf ab, dass Änderungen auf theoretischer und
methodischer Ebene jederzeit möglich sein müssen, sodass der/die ForscherIn allfällige
neue Aspekte, die während des Forschungsprozesses auftreten, einerseits
berücksichtigen und andererseits Ergänzungen vornehmen kann. Im Stadium der
Methodenkontrolle werden Verfahrensschritte expliziert und festgehalten, sodass die
späteren Ergebnisse überprüfbar sind. Die Befolgung begründeter Regeln und die stete
Dokumentation sind elementar für die Verallgemeinerbarkeit nach Abschluss des
Projekts.343
Bei der Interpretation der Ergebnisse nimmt Mayring eine Unterteilung in das
Vorverständnis, die Introspektion und die Forscher-Gegenstands-Interaktion vor. Ein
gewisses Vorverständnis wirkt beeinflussend auf die Interpretation, denn diese ist nie
342
Ders., Einführung in die qualitative Sozialforschung5, 27.
343 Ders., Einführung in die qualitative Sozialforschung
5, 24 ff.
158
voraussetzungslos möglich. Deshalb ist im Sinne einer hermeneutischen Spirale344 für die
Offenlegung des eigenen Vorverständnisses und die schrittweise Weiterentwicklung des
Gegenstandes zu plädieren.345
Abbildung 33: Die hermeneutische Spirale nach Danner.
Die Introspektion ist als selbstbeobachtendes Element in der qualitativen Forschung zu
berücksichtigen, obgleich das introspektive Datenmaterial als solches gekennzeichnet,
begründet und überprüft werden muss. Eigene Erfahrungen und Beobachtungen dürfen
demnach als Informationsquelle Verwendung finden. Die Forscher-Gegenstands-
Interaktion bedeutet, dass sowohl der/die ForscherIn als auch der Gegenstand während
des Forschungsprozesses einer Veränderung unterliegen.346 Die in
Kommunikationsprozessen gewonnenen Daten sind subjektive Deutungen, „die in
bestimmten Interaktionsprozessen entstehen“347. Zur Interaktion zählen ebenfalls Ängste,
Probleme und Herausforderungen des Forschers bzw. der Forscherin.348
Auf der Ebene des Subjekts reihen sich die Ganzheit, die Historizität und
Problemorientierung aneinander. In einer qualitativen Denkhaltung ist die
Ganzheitlichkeit des Subjekts zu betonen. Denn die menschlichen Funktionsbereiche, z.B.
denken, fühlen oder handeln, und die Lebensbereiche, z.B. Gesellschaft, Beruf und
Familie, sind einer gemeinsamen Betrachtung zu unterziehen und zu interpretieren. Die
Gegenstandauffassung muss primär historisch sein, da jedes Subjekt eine eigene
„Geschichte“ hat und dementsprechend Veränderungen und Entwicklungen zu
344
Danner, H., Methoden geisteswissenschaftlicher Pädagogik (1979) 53. 345
Kleining, G., Umriß zu einer Methodologie qualitativer Sozialforschung, KZfSS 1982, 34, 224-253. 346
Vgl. Hoffmann-Riem, Ch., Die Sozialforschung einer interpretativen Soziologie – Der Datengewinn, KZfSS 1980, 32, 339-372. 347
Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialforschung5, 32.
348 Siehe hierzu Devereux, G., Angst und Methode in den Verhaltenswissenschaften
2 (1988).
159
berücksichtigen sind. Ein qualitatives Forschungsvorhaben soll an einer konkreten,
praktischen Problemstellung ansetzen, auf die sich wiederum die Untersuchungs-
ergebnisse beziehen.
Auf der Ebene des Verallgemeinerungsprozesses platziert das Mayring’sche Schema die
argumentative Verallgemeinerung, die Induktion, den Regelbegriff und die
Quantifizierbarkeit. Für die argumentative Verallgemeinerung gilt es zu klären, zu
welcher Zeit und in welcher Situation die Ergebnisse gelten. Elemente der Ergebnisse, die
verallgemeinerbar sind, müssen entsprechend explizit, argumentativ abgesichert und
begründet werden. Induktive Verfahren sind allgemein ein Teil von
sozialwissenschaftlichen Forschungen. Indem sich aus einzelnen Beobachtungen
Zusammenhangsvermutungen entwickeln, spielen jene Methoden für die
Verallgemeinerung von Ergebnissen eine wesentliche Rolle. Mayring stellt richtigerweise
klar, dass Personen nicht automatisch nach bestimmten und allgemein gültigen Gesetzen
funktionieren, sondern Gleichförmigkeiten besser mit kontextgebundenen Regeln
abgebildet werden können. Die Quantifizierbarkeit ist ein wichtiger Schritt zur
Verallgemeinerung bzw. Absicherung und entschärft den Gegensatz zwischen
quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden.
Diese 13 Säulen können als Grundlage für die Entwicklung qualitativer
Untersuchungspläne und -verfahren herangezogen werden und bieten gleichermaßen
eine Checkliste für den/die ForscherIn.349
2.1. Gütekriterien in der qualitativen Forschung
Die Gütekriterien für quantitative Verfahren und jene für qualitative Verfahren
unterscheiden sich, weshalb im folgenden Kapitel auf die methodischen
Kontrollmöglichkeiten in qualitativen Interviews einzugehen ist. Generell unterscheiden
sich die Gütekriterien zwischen der Reliabilität (Zuverlässigkeit), der Validität (Gültigkeit)
und der Objektivität. Zur Überprüfung der Reliabilität kann der Re-Test, der Parallel-Test
(Äquivalent-Form) oder die Konsistenz (Split-half) herangezogen werden. Der Re-Test
bedeutet, dass die Forschungsoperation ein zweites Mal durchzuführen ist, um die
Ergebnisse zu überprüfen. In einem Parallel-Test misst der/die ForscherIn dieselbe
349
Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialforschung5, 33 ff.
160
Stichprobe mit einem anderen Untersuchungsinstrument. Bei der Konsistenz wird das
Untersuchungsmaterial in zwei gleiche Teile geteilt und auf die Erzielung ähnlicher
Ergebnisse überprüft. Mayring merkt hierzu kritisch an, dass sich der/die ForscherIn bei
der Konsistenzprüfung die Hälfte der Untersuchung sparen könnte, denn es ist klar, dass
bei einer Teilung ungleiche Hälften enstehen. Auch könne bei einem Re-Test nicht einfach
nochmals dasselbe untersucht werden, denn die Gesetze der Physik und der Medizin sind
nicht einfach auf die qualitative Sozialforschung übertragbar.350 Aufgrund dessen wurde
in der vorliegenden Studie zur Gewährleistung der Reliabilität das Datenmaterial von
einer zweiten Forscherin interpretiert und im Vorfeld der Erhebung festgelegte
Transkriptionsregeln351 beachtet.
Die Validität drückt sich in der qualitativen Sozialforschung dadurch aus, dass der/die
ForscherIn das Untersuchungsinstrument erprobt und ständig weiterentwickelt.352 In
concreto wurden Probeinterviews durchgeführt, um zu ermitteln, ob die
Fragenstellungen zur Erforschung des Themenkomplexes geeignet sind.
Eine Messung erfüllt das Gütekriterium der Objektivtät, wenn die erhobenen Daten und
die Testergebnisse von dem/der TestanwenderIn möglichst unabhängig sind. Dieses
Kriterium findet auf qualitative Untersuchungsmethoden selten Anwendung.353
Mayring erarbeitete speziell für qualitative Forschungsmethoden sechs Gütekriterien:
Verfahrensdokumentation (Dokumentation der Ergebnisse, z.B. Hinweis auf
genutzte Methoden zur besseren Nachvollziehbarkeit, Durchführung und
Auswertung der Datenerhebung);
Argumentative Interpretationsabsicherung (Adäquates Vorverständnis und
Schlüssigkeit der Interpretation, Suche nach Alternativ- und Negativdeutungen
sowie Überprüfung derselben);
Regelgeleitetheit (Planung und Modifizierung von Analyseschritten, schrittweises
und systematisches Vorgehen);
350
Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialfoschung5, 141 f.
351 Siehe hiezu Kapitel II. 2.3.
352 Früh, W., Inhaltsanalyse: Theorie und Praxis
8 (2015) 189 ff.
353 Flick, U., Gütekriterien qualitativer Forschung, in: Mey, G./Mruck, K. (Hrsg.), Handbuch Qualitative
Forschung in der Psychologie (2010) 395 (397).
161
Nähe zum Gegenstand (Anknüpfung nahe an der Alltagswelt der beforschten
Subjekte, Interessenübereinstimmung mit dem/der Beforschten, Schaffung eines
gleichberechtigten und offenen Verhältnisses);
Kommunikative Validierung (Überprüfung der Interpretationsergebnisse durch
den/die Beforschte(n));
Triangulation (Verwendung von qualitativen bzw. quantitativen Analysegängen zur
Untersuchung derselben Forschungsfrage, Vergleich der Ergebnisse).354
2.2. Interviewformen
Ein Interview ist „eine verabredete Zusammenkunft; in der Regel eine direkte Interaktion
zwischen zwei Personen, die sich auf Basis vorab getroffener Vereinbarungen und damit
festgelegter Rollenvorgaben als Interviewende und Befragte begegnen“355. Um die
geeignete Interviewform für die qualitative Erhebung zu finden, ist es unerlässlich, das
narrative und das leitfadenorientierte Interview sowie das ExpertInneninterview grosso
modo voneinander abzugrenzen.
Fritz Schütze356 entwickelte das narrative Interview, das zu den am häufigsten zur
Anwendung kommenden Methoden der qualitativen Sozialforschung zählt. Der Stimulus
des Forschers bzw. der Forscherin liegt auf der Erzählung von eigenerlebten Geschichten.
Demzufolge handelt es sich um die Theorie des Erzählens, die durch die Mitteilung von
Inhalten bedingt ist.357 Der Vorteil des narrativen Interviews liegt in der direkten
Rückkoppelung zwischen den GesprächspartnerInnen und bietet daher wenig Raum für
Kommunikationsfehler. In einem erzählenden Gespräch fordert der/die InterviewerIn
den/die Befragte(n) auf, ein bestimmtes Themengebiet zu beschreiben. Das narrative
354
Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialforschung5, 144 ff.; Mayring, Ph., Qualitative
Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken12
(2015) 118. 355
Friebertshäuser, B./Langer, A., Interviewformen und Interviewpraxis, in: Friebertshäuser, B./Langer, A./Prengel, A. (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft
4 (2013)
437 (438). 356
Siehe beispielsweise Schütze, F., Biographieforschung und narratives Interview, Neue Praxis, Kritische Zeitschrift für Sozialarbeit und Sozialpädagogik 1983, 283-293. 357
Schütze, F., Die Technik des narrativen Interviews in Interaktionsfeldstudien – dargestellt an einem Projekt zur Erforschung von kommunalen Machtstrukturen, in: Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen (Hrsg.), Kommunikative Sozialforschung. Alltagswissen und Alltagshandeln. Gemeindemachtforschung, Polizei, Politische Erwachsenenbildung (1976) 159 (163).
162
Interview ist je nach AutorIn in drei358, vier359 oder fünf Phasen360 unterteilt.361 Das
narrative Interview zielt darauf ab, dass der/die ErzählerIn, „die lebensgeschichtliche
Erfahrung in jener Aufschichtung, in jenen Relevanzen und Fokussierungen reproduziert,
wie sie für seine Identität konstitutiv und somit auch handlungsrelevant für ihn sind“362.
Der/die ForscherIn sollte den/die Erzählende(n) im Redefluss möglichst nicht
unterbrechen und am Ende des Interviews um Wiederholungen und Präzisierungen
bitten.363
Das leitfadenorientierte Interview gibt im Gegensatz zu dem beschriebenen narrativen
Interview mehr Struktur sowohl für den/die Interviewenden als auch für den/die
InterviewpartnerIn vor. Der Leitfaden enthält Fragestellungen, sodass der/die Befragte
wichtige zu ermittelnde Inhalte anspricht, jedoch sind die Fragen so offen formuliert, dass
er/sie in der Erzählung weiter ausholen kann. Durch diesen groben Orientierungsrahmen,
der Marotzky zufolge als Gedächnisstütze dient, kann der/die ForscherIn die
Vergleichbarkeit der besprochenen Themenbereiche sicherstellen. Zur Erstellung muss
er/sie das zu untersuchende Feld sehr gut kennen, um die relevanten Themenkomplexe
schon im Vorfeld zu ermitteln.364 Die Herausforderungen sind, dem/der Befragten die
geeigneten Fragen im passenden Moment zu stellen und der hohe Zeitaufwand.365
Leitfadengestützte sowie narrative Interviews werden zumeist mit den Methoden der
Inhaltsanalyse366 oder der Grounded Theory367 ausgewertet.
358
Kleemann, F./Krähnke, U./Matuschek, I., Interpretative Sozialforschung. Eine Einführung in die Praxis des Interpretierens
2 (2013) 74; siehe auch Przyborski, A./Wohlrab-Sahr, M., Qualitative Sozialforschung
4 (2014)
79 ff. 359
Fischer-Rosenthal, W./Rosenthal, G., Warum Biographieanalyse und wie man sie macht, Zeitschrift für Sozialforschung und Erziehungssoziologie 1997, 17, 405 (414). 360
Lamnek, S., Qualitative Sozialforschung5 (2010) 326 ff.
361 Näheres zu den erzähltheoretischen Grundlagen des narrativen Interviews siehe Bohnsack, R.,
Rekonstruktive Sozialforschung9 (2014) 93 ff.
362 Bohnsack, R., Rekonstruktive Sozialforschung
9, 94.
363 Atteslander, P., Methoden der empirischen Sozialforschung
13 (2010) 143.
364 Marotzki, W., Leitfadeninterview, in: Bohnsack, R./Marotzki, W./Meuser, M. (Hrsg.), Hauptbegriffe
qualitativer Sozialforschung3 (2011) 114 (114).
365 Schnell, R./Hill, P./Esser, E., Methoden der empirischen Sozialforschung
9 (2011) 353 f.; Atteslander, P.,
Methoden der empirischen Sozialforschung13
, 142. 366
Mayring, Ph., Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken12
(2015). 367
Strauss, A./Corbin, J., Grounded Theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung (1996); Strauss, A., Grundlagen qualitativer Sozialforschung: Datenanalyse und Theoriebildung in der empirischen soziologischen Forschung
2 (20007); Straus, A./Corbin, J., Basics of Qualitative Research. Techniques and
Procedures for Developing Grounded Theory2 (1998).
163
Während sich die zwei beschriebenen Interviewformen über ihre methodische
Vorgehensweise definieren, ist das ExpertInneninterview auf den Gegenstand des
Interesses fixiert, nämlich auf den Experten bzw. die Expertin.368 ExpertInnen sind
Personen „die über ein spezifisches Rollenwissen verfügen, solches zugeschrieben
bekommen und eine darauf basierende besondere Kompetenz für sich selbst in Anspruch
nehmen“369. Sowohl Helfferich als auch Meuser/Nagel gehen bei ihrer Definition von
einem zugeschriebenen Status oder einer faktischen Postion eines Experten bzw. einer
Expertin innerhalb einer Hierarchie aus.370
In der vorliegenden Untersuchung orientiert sich die Auswahl von ExpertInnen an
Personen, die in steirischen Unternehmen als Personalverantwortliche tätig sind,
Einstellungsverfahren mit BerufseinsteigerInnen durchführen und dadurch über ein
detailliertes Wissen im Forschungsfeld verfügen. Des Weiteren war bei der Auswahl
darauf zu achten, eine ausgewogene Anzahl an Frauen und Männern als Befragte zu
interviewen.371
2.3. Transkription
Unter dem Begriff Transkription versteht Deppermann, akustische oder audiovisuelle
Gesprächsprotokolle nach vorher festgesetzten Regeln zu verschriftlichen. Mit dieser
beginnt die Auswertung des Datenmaterials.372 „Die Grundlage jeglicher Untersuchung
kommunikativen Verhaltens ist das ,Einfrieren‘ der aktuellen Kommunikation in einer
situationsentbundenen Form als dokumentarische Transkription, die die wesentliche
conditio sine qua non jeder Art von Beschreibung verbaler Interaktion überhaupt
darstellt.“373 Nachdem die qualitative Inhaltsanalyse als ein geeignetes Verfahren für die
zugrunde liegende Forschungsfrage gefunden wurde, stellt sich im nächsten Schritt des
sozialwissenschaftlichen Forschungsprozesses die Frage nach der Aufzeichnung und
368
Bogner, A./Littig, B./Menz, W., Interviews mit Experten. Eine praxisorientierte Einführung (2014) 9. 369
Przyborski/Wohlrab-Sahr, Qualitative Sozialforschung4, 133.
370 Helfferich, C., Die Qualität qualitativer Daten: Manual für die Durchführung qualitativer Interviews
4
(2011) 163; Meuser, M./Nagel, U., Experteninterview, in: Bohnsack, R./Marotzki, W./Meuser, M. (Hrsg.), Hauptbegriffe qualitativer Sozialforschung
3 (2011) 57 (57).
371 Littig, B., Interviews mit Experten und Expertinnen. Überlegungen aus geschlechtertheoretischer Sicht,
in: Bogner, A./Littig, B./Menz, W. (Hrsg.), Experteninterviews. Theorien, Methoden, Anwendungsfelder3
(2009) 181 (182 ff.), beschreibt ausführlich, dass es sich aufgrund der Vielzahl von Männern in Führungspositionen schwierig gestaltet, eine gezielte Quotierung des Samples vorzunehmen. 372
Knoblauch, H., Transkription, in: Bohnsack, R./Marotzki, W./Meuser, M. (Hrsg.), Hauptbegriffe qualitativer Sozialforschung
3 (2011) 159 (159); Deppermann, A., Gespräche analysieren
4 (2008) 39.
373 Dittmar, M., Transkription
3 (2009) 51.
164
Transkription des Datenmaterials. In der vorliegenden Untersuchung wurden die
Interviews mit einem Diktiergerät aufgezeichnet und die Daten auf den Computer
transferiert.
Zur Überprüfbarkeit und zur leichteren Bearbeitung wurden diese mittels F4374 in
Anlehnung an die Transkriptionsregeln von Kuckartz375 transkribiert:
Wörtliche Transkription der Gespräche (nicht lautsprachlich oder
zusammenfassend),
Verschriftlichung in Standardorthographie und keine Verwendung von
vorhandenen Dialekten376;
Lückenfüllende Lautäußerungen der InterviewpartnerInnen werden nicht
transkribiert, beispielsweise „ähm“ oder „hmmm“;
Transkription von nichtsprachlichen, stimmlichen Phänomenen (z.B. Lachen,
Seufzen, Räuspern, Atmen usw.)377;
Kennzeichnung von längeren Pausen durch in Klammern gesetzte
Auslassungspunkte (…);
Kennzeichnung von unverständlichen Worten;
Kennzeichnung der Interviewerin mit dem Kürzel ‚I‘ und der befragten Person
mit einer eindeutigen Abkürzung, z.B. mit „B4“;
Kennzeichnung von Unterbrechungen während des Interviews (Geräusche im
Hintergrund oder Klingeln des Mobiltelefons)378;
Kennzeichnung jedes SprecherInnen-Wechsels durch einen Absatz.
Meuser/Nagel zufolge genügt es im Gegensatz zu biographischen Interviews bei
ExpertInneninterviews lediglich einzelne relevante Passagen zu transkribieren.379 Anderer
374
https://www.audiotranskription.de/f4.htm [15.01.2017]. 375
Kuckartz, U./Dresing, Th./Rädiker, St./Stefer, C., Qualitative Evaluation. Der Einstieg in die Praxis2 (2008)
27 f. 376
Kowal, S./O’Connel, D., Zur Transkription von Gesprächen, in: Flick, U./Kardorff, E./Steinke, I. (Hrsg.), Qualitative Forschung
9 (2012) 437 (440 ff.); Kuckartz, U., Qualitative Inhaltsanalyse
2, 136; a.A. Deppermann,
Gespräche4, 42, der die Angabe von Umgangssprache und Dialekten vorschlägt.
377 Siehe auch Helfferich, C., Die Qualität qualitativer Daten
4, 98 ff., die nonverbale Signale als wesentliche
Faktoren in einem Interview betrachtet. 378
Gläser, L./Laudel, G., Experteninterviews4, 193 f.; Kleemann, F./Krähnke, U./Matuschek, I., Interpretative
Sozialforschung2 (2013) 28 ff., 74 ff.
379 Meuser, M./Nagel, U., Experteninterview und der Wandel der Wissensproduktion, in: Bogner, A./Littig,
B./Menz, W. (Hrsg.), Experteninterviews. Theorien, Methoden, Anwendungsfelder3 (2009) 35
(56).
165
Ansicht ist Dittmar, der durch das gesamte verschriftlichte Transkript erreichen möchte,
die reale Kommunikationssituation möglichst genau wiederzugeben.380
In der nachstehend vorgelegten Untersuchung erfolgte einerseits zur besseren
Verständlichkeit und andererseits zur leichteren Bearbeitung eine Transkription des
gesamten Interviews. Durch das Programm F4 war es möglich, die Wiedergabe durch eine
spezielle Taste zu stoppen, auf Pause zu schalten, das Interview neu zu starten und vor-
bzw. zurückzuspulen. Bei einem Absatzende wurde jeweils eine Zeitmarke gesetzt, um
eine Synchronisierung zwischen Text und Audiodatei herzustellen. Interviews konnten
nebeneinander gestellt und simultan verglichen werden. Die Einhaltung der oben
beschriebenen Transkriptionsregeln wird dadurch erheblich erleichtert.381
Das transkribierte Dokument gliedert sich in drei Spalten. In der ersten Spalte ist die
Zeilennummer, in der mittleren Spalte ist der/die SprecherIn (Befragte(r) bzw.
Interviewerin) zu finden und die dritte Spalte enthält die Äußerungen. Im Transkript
wurden die Namen der InterviewpartnerInnen anonymisiert und in der Reihenfolge des
Datums der Aufzeichnung kodiert (B1, B2, usw.).
2.4. Auswertungsmethode
Als Auswertungsmethode war die Inhaltsanalyse nach Mayring heranzuziehen. Ritsert
zufolge ist die Inhaltsanalyse „ein Untersuchungsinstrument zur Analyse des
gesellschaftlichen, letztlich des ideologischen Gehalts von Texten“382. Zahlreiche
Autoren383 haben bisher das Verständnis der Inhaltsanalyse definiert, Mayring hingegen
bedient sich keiner Definition, sondern weist auf sechs Spezifika hin, die dieser
sozialwissenschaftlichen Methode immanent sind:
Analyse der Kommunikation: Jede Art von Kommunikation ist die Übertragung
von Symbolen: Darunter ist Sprache, aber auch Musik und Bilder zu
380
Dittmar, M., Transkription3, 53.
381 Kuckartz, U., Qualitative Inhaltsanalyse
2, 138.
382 Ritsert, J., Inhaltsanalyse und Ideologiekritik (1975) 9.
383 Siehe beispielsweise Früh, W., Inhaltsanalyse: Theorie und Praxis
8, 27; Kromrey, H., Empirische
Sozialforschung: Modelle und Methoden der standardisierten Datenerhebung und Datenauswertung (2009) 301; Atteslander, P., Methoden der empirischen Sozialforschung
13, 195 oder Mühlfeld, C. et al.,
Auswertungsprobleme offener Interviews, Soziale Welt 1981, Jg. 32, H. 3, 325 (334).
166
subsumieren. Berelson versteht darunter, „symbols (verbal, musical, pictoral
plastic, gestural) which make up the communication itself“384.
Analyse von fixierter Kommunikation: Kommunikation, d.h. Texte, Bilder,
Noten, muss in irgendeiner Form zur weiteren Bearbeitung protokolliert
vorliegen. Der Gegenstand der Analyse ist somit fixierte Kommunikation.
Systematischer Vorgang: Eine freie Interpretation ist in diesem Verfahren nicht
möglich, vielmehr hat der/die ForscherIn systematisch vorzugehen.
Regelgeleiteter Vorgang: Die Analyse läuft nach einem systematischen
Vorgang und nach expliziten Regeln ab, sodass sie ebenfalls für andere
Personen nachvollziehbar und überprüfbar ist.
Theoriegeleiteter Vorgang: Das Material wird auf der Grundlage einer
theoretischen Fragestellung analysiert und die Ergebnisse basierend auf der
Theorie interpretiert. Diese Vorgehensweise dient wiederum als Anknüpfung
an die Erfahrungen der befragten Personen zu dem zu untersuchenden
Gegenstand.
Rückschlüsse auf bestimmte Aspekte der Kommunikation: Zumal das
analysierte Material Teil eines Kommunikationsprozesses ist, handelt es sich
um eine schlussfolgernde Methode. Mit einer inhaltsanalytischen Auswertung
kann schlussendlich das Ziel verfolgt werden, auf bestimmte Aspekte der
Kommunikation rückschließen zu können.385
Wie anhand der Spezifika ersichtlich kann jeder Text, ein Brief, ein Interviewtranskript
oder Bilder ausgewertet werden. Zur systematischen Auswertung diverser
Kommunikationsmaterialien eignet sich die von Mayring entwickelte Form der
Inhaltsanalyse, die „zwischen einer klassifikatorischen und einer sinnrekonstruierenden
Vorgehensweise angesiedelt“386 ist. Vor der eigentlichen Analyse muss das Datenmaterial,
d.h. die Interviews, kodiert und Kategorien gebildet werden387. Jede(r) ForscherIn, der/die
die Inhaltsanalyse als Auswertungsmethode heranzieht, muss sich zweifelsohne damit
beschäftigen, wie und nach welchen Regeln die Kategorienbildung erfolgt und welche
384
Berelson, B., Content Analysis in Communication Research (1952) 13. 385
Mayring, Ph., Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken12
(2015) 12 f. 386
Meuser, M., Inhaltsanalyse, in: Bohnsack, R./Marotzki, W./Meuser, M. (Hrsg.), Hauptbegriffe qualitativer Sozialforschung
3 (2011) 89 (90).
387 Cropley, A., Qualitative Sozialforschung
4 (2011) 167.
167
Anzahl notwendig ist.388 In der Literatur sind allerdings wenig hilfreiche Vorschläge wie
beispielsweise „Patentrezepte für die Kategorienbildung gibt es nicht“389 zu finden.
Für die Kodierung bedient sich Mayring drei spezieller qualitativer Techniken: der
Zusammenfassung, der Explikation und der Strukturierung, welche im Folgenden zu
erläutern sind, um die geeignete Technik für die vorliegende Untersuchung zu klären.
Ziel der Zusammenfassung ist die Reduktion des Materials auf die wesentlichen Inhalte.
Die Abstraktionsebene, „auf die das Material durch Einsatz der Makroebene transformiert
wird“390, muss deshalb genau festgelegt werden. Reduktive Prozesse sind das Auslassen,
die Generalisation, die Konstruktion, die Integration, die Selektion und die Bündelung.
Im Gegensatz zur Zusammenfassung zielt die Explikation auf eine Erweiterung durch
zusätzliche Materialien ab, um das Verständnis zu erhöhen und die einzelnen Textstellen
besser zu erläutern. Bei dieser Technik ist insbesondere darauf zu achten, welche
zusätzlichen Materialien herangezogen werden.
Durch die Strukturierung erhält das Material eine bestimmte Struktur, auf deren Basis
Kategoriensysteme zu bestimmen sind. Es ist wesentlich, die aus der Fragestellung
abgeleiteten und theoretisch begründeten Strukturierungsdimensionen genau zu
bestimmen.
Abbildung 34: Ablaufmodell strukturierter Inhaltsanalyse in Anlehnung an Mayring391
.
388
Kuckartz, U., Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung2 (2014) 59.
389 Kriz, J./Lisch, R., Methoden-Lexikon (1988) 134.
390 Mayring, Ph., Qualitative Inhaltsanalyse
12, 59.
391 Mayring, Ph., Qualitative Inhaltsanalyse
12, 98.
168
In einem nächsten Schritt werden die Strukturierungsdimensionen in verschiedene
Ausprägungen differenziert. Diese ergeben gemeinsam ein Kategoriensystem. Um dies zu
erreichen, müssen drei Punkte Beachtung finden.
Bei der Definition der Kategorien ist darauf zu achten, welche Textteile zu
einer bestimmten Kategorie zuordenbar sind.
Konkrete Textstellen werden als Ankerbeispiel für eine Kategorie
bestimmt.
Für allfällige Abgrenzungsprobleme zwischen den einzelnen Kategorien
sind Kodierregeln zu formulieren, die eine eindeutige Zuordnung
ermöglichen.
Mayring nimmt bei der Strukturierung nochmals eine Differenzierung in formale,
typisierende, skalierende und inhaltliche vor, wobei für die vorliegende Untersuchung
ausschließlich letztere von Interesse ist.
Abbildung 35: Ablaufmodell qualitativ-inhaltsanalytischer Verfahren am Beispiel induktiver
Kategorienbildung.392
392
Mayring, Ph., Neue Entwicklungen in der qualitativen Forschung und der qualitativen Inhaltsanalyse, in: Mayring, Ph./Gläser-Zikuda, M. (Hrsg.), Die Praxis der qualitativen Inhaltsanalyse
2 (2008) 7 (12).
169
Denn durch die inhaltliche Strukturierung sollen Themen, Inhalte und Aspekte aus dem zu
untersuchenden Material extrahiert, paraphrasiert und schlussendlich zusammengefasst
werden.393
2.5. Datenauswertung (Interviews)
Um umfangreiche Hintergründe und Informationen zu erhalten, wurde der gesamte
Bewerbungsprozess vom Bedarf an UniversitätsabsolventInnen bis hin zu
Weiterbildungsmöglichkeiten besprochen. Insgesamt konnten 10 Personen, fünf Frauen
und fünf Männer, aus unterschiedlichen Branchen für ein Interview gewonnen werden.
Die Abfrage der soziodemographischen Daten enthält die Anzahl der MitarbeiterInnen,
die im Unternehmen der befragten Personen tätig sind.
Anzahl MitarbeiterInnen in Österreich
B1 100 MitarbeiterInnen (B1/114)
B2 400 MitarbeiterInnen (B2/237)
B3 1400-1600 MitarbeiterInnen (B3/441).
B4 1700 MitarbeiterInnen (B4/571)
B5 675 MitarbeiterInnen (B5/675)
B6 1500 MitarbeiterInnen (B6/767)
B7 7200 MitarbeiterInnen (B7/868)
B8 600 MitarbeiterInnen (B8/962)
B9 200 MitarbeiterInnen (B9/1081)
B10 2300 MitarbeiterInnen (B10/1190)
Tabelle 17: Anzahl der MitarbeiterInnen der befragten Personalverantwortlichen.
Am wenigsten MitarbeiterInnen sind im Unternehmen von B1 (100 Personen) beschäftigt,
für die höchste Anzahl an Personal sind die Führungskräfte im Unternehmen von B7
(7.200 Personen) verantwortlich.
Nach anfänglich sechs Kategorien wurde nach der Auswertung von drei Interviews die
Anzahl auf vier Kategorien reduziert. Das entspricht einer Überarbeitung der Kategorien
von 10-50%. Diese sind:
Bedarf an UniversitätsabsolventInnen,
Einstellungsverfahren,
Erwartungshaltung,
Universitärer Hintergrund/Weiterbildung.
393
Gläser, J./Laudel, G., Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse4 (2010) 197 ff.; Mayring, Ph.,
Ph./Fenzl, Th., Qualitative Inhaltsanalyse, in: Baur, N./Blasius, J. (Hrsg.), Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung (2014) 543 (547 f.); Mayring, Qualitative Inhaltsanalyse
12, 67 ff., 97 ff.
170
Bei der Bestimmung der Kategorien war darauf zu achten, dass diese klar voneinander
abgegrenzt sind, um jeweils verschiedene Aspekte herausarbeiten zu können.394 „Je
differenzierter und umfangreicher das Kategoriensystem, desto schwieriger ist es, eine
hohe Zuverlässigkeit der Resultate zu erzielen, obwohl gleichzeitig die inhaltliche
Aussagekraft einer Untersuchung steigen kann.“395 Aufgrund dessen ist die Anzahl der
Kategorien bewusst gering gewählt.
2.5.1. Bedarf an UniversitätsabsolventInnen
Die InterviewpartnerInnen wurden gefragt, wie sie den Bedarf von
UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren einschätzen. Als Skala zur
Einschätzung konnten die Befragten zwischen sinkend, gleich bleibend und steigend
wählen. Die InterviewpartnerInnen äußerten sich sehr deutlich zu ihren Einschätzungen
über den zukünftigen Bedarf von UniverstitätsabsolventInnen.
B1 sieht den Bedarf in Abhängigkeit des jeweiligen Bereichs. Sehr viele Bewerbungen
erhält das Unternehmen von AbsolventInnen der Fächer Betriebswirtschaft, Jus und
Psychologie. In diesen Bereichen werden jedoch mehr Personen ausgebildet, als Bedarf
besteht. Andererseits „haben technische Studierende sehr, sehr gute Chancen. Die suchen
nicht lange, da stehen die Firmen sozusagen auch schon in der Warteposition“ (B1/16).
Hingegen äußert sie Bedenken über Massenstudienfächer. „Gerade in diesen Bereichen
wird nicht unbedingt jeder seiner Qualifikation angemessen eine Stelle bekommen“
(B1/9).
Ebenfalls anknüpfend an die Studienrichtung äußert B5 einen leicht steigenden Bedarf.
(B5/579). Dabei thematisiert er eine verstärkte Nachfrage im Bereich Technik bzw.
Controlling und bekräftigt somit die von B1 bereits formulierte Ansicht.
Auch B4 vertritt die Meinung eines gegebenen Bedarfs und erläutert die Hintergründe.
„Weil es einfach Pensionierungen und neue Herausforderungen gibt, die abgedeckt
werden müssen“ (B4/447). B4 sieht Vorteile für Persönlichkeiten, die sich bereits in einem
Bereich, beispielsweise beim Umgang mit Bilanzen, spezialisiert haben. Diese bringen viel
theoretisches Wissen in das Unternehmen ein (B4/453).
394
Rössler, P., Inhaltsanalyse2 (2010) 100 ff.
395 Ritsert, J., Inhaltsanalyse und Ideologiekritik 70.
171
Einen gleichbleibenden Bedarf beschreiben B2, B6 sowie B10. B2 bezieht sich in diesem
Zusammenhang auf alle Studienrichtungen. B6 untermauert seinen Standpunkt durch die
unterschiedlichen Stellenausschreibungen, wofür ein akademischer Abschluss nicht
immer notwendig ist. StellenwerberInnen, die einen akademischen Abschluss benötigen,
sind wirtschaftliche Studienrichtungen.
B10 weist auf eine steigende Tendenz hin, weil sie beobachtet hat, „dass eine gewisse
Akademisierung der Berufsgruppen stattfindet. Dass Stellen, die früher mit Maturantinnen
und Maturanten besetzt wurden, nun durchaus mit Akademikern und Akademikerinnen
sowohl von der Fachhochschule als auch von den Universitäten besetzt werden“
(B10/1089). Als gefragte Studien mit steigendem Bedarf sieht B10 JuristInnen,
BetriebswirtInnen und zunehmend GeisteswissenschaftlerInnen. Mit Sicherheit steigt
ebenso B3 zufolge der Bedarf in den nächsten Jahren (B3/244).
Die von B10 bereits angesprochene steigende Bedarfstendenz, stimmt mit den Ansichten
von B3, B5 und B9 überein. B9 bezeichnet den Bedarf als „fast steigend“ (B9/977). Er
unterstreicht seine Ansicht durch Verschiebungen, „so wie man es auch bei den
Fachhochschulen gesehen hat. Es kommt teilweise zu einem shift. Es werden Berufsbilder,
die früher vielleicht nicht von Akademikern ausgeübt worden sind, mittlerweile sehr stark
von Akademikern ausgeübt, natürlich auch, weil es ein höheres Angebot gibt. Ich glaube,
der Trend wird sich durchaus fortsetzen. Dann würde ich das sehr generell sehen – also
überall“ (B9/980).
Den Bedarf an UniverstitätsabsolventInnen stuft B7 in den nächsten Jahren weiterhin als
groß ein, „ob wir sie nehmen können, wird eine andere Frage sein. Budgetäre Probleme,
die es überall gibt“ (B7/773). Auch B7 sieht primär den Bedarf an JuristInnen
TechnikerInnen sowie AbsolventInnen der Betriebswirtschaft groß an.
B8 äußert das Problem, „dass wir schwer zu Absolventen kommen“ (B8/875), denn
größtenteils sind Stellen aus dem Bereich der Technik gefragt, wobei auch im Bereich
Rechnungswesen bzw. Controlling Bedarf besteht.
172
2.5.2. Einstellungsverfahren
Zur Kategorie Einstellungsverfahren wurde folgende Frage gestellt: Wie informieren Sie
Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen in ihrem
Unternehmen?
B1 weist darauf hin, dass Ausschreibungen über Onlinemedien schnell und einfach an die
jeweilge Stelle anpassbar sind. Denn von einem/r BewerberIn für eine Position im
Rechnungswesen und einer Bewerberin für die Automatisierungstechnik werden
unterschiedliche Qualifikationen gefordert (B1/26).
B2 nutzt meistens die eigene Homepage, Netzwerke wie das Personalentwicklernetzwerk
sowie Online-Plattformen der Universität Graz, des Career-Centers und der
Wirtschaftskammer. Die Inanspruchnahme von Headhunters erfolgt nicht, zumal die
Kosten und der Nutzen nicht in Relation stehen. Zudem sind die Aufgabengebiete sehr
breit gefächert und als NGO wird insbesondere darauf geachtet, dass ein effektiver
Einsatz der finanziellen Mittel erfolgt (B2/123).
Im Detail erfolgen die Ausschreibungen offener Stellen im Unternehmen von B2 und B3
selten über das Medium Zeitung. B3 begründet dies mit dem hohen „Kostenfaktor, der ein
Zeitungsinserat eigentlich mit sich bringt und der Tatsache, dass gerade junge Leute eher
mehr im Internet Jobs suchen und nicht mehr klassisch über Printmedien“ (B3/251).
Deshalb werden die Stellen unternehmensintern und extern auf Plattformen
ausgeschrieben (B3/247).
B4 stellt klar, dass zuerst intern ausgeschrieben wird oder die Nachbesetzung durch eine
Person, die bereits in der Abteilung arbeitet, erfolgt. Ist die Stelle intern nicht
nachbesetzbar, ist eine öffentliche Ausschreibung über Online-Plattformen vorgesehen.
Headhunters sind in den Ausschreibungsprozess meistens nicht eingebunden (B4/457).
Einerseits ist das Unternehmen von B5 auf Berufsinformationsmessen vertreten,
andererseits lanciert es Stellenausschreibungen in universitäten Bewerbungstrainings, um
Studierende direkt anzusprechen (B5/585). Zeitungen, Online-Portale, Netzwerke und die
eigene Homepage bilden zusätzliche mediale Ausschreibungsmöglichkeiten. Headhunters
werden nicht für AbsolventInnen genutzt, wohl aber für Spitzenpositionen.
173
Als Mitarbeiterin der Personalabteilung fungiert B6 wie eine Personalberaterin für die
einzelnen Abteilungen. Sobald Bedarf besteht, ist ein Profil zu erstellen, das Inserat zu
schalten und eine entsprechende Vorselektion durchzuführen. B6 führt selbst die
Bewerbungsgespräche und leitet eine Auswahl der besten BewerberInnen an die
Fachabteilung weiter. Für die Stellenausschreibung werden zu 80% Online-Inserate
genutzt.
B6 rechtfertigt den Verzicht auf Headhunter mit der Kostenersparnis. „Ein Onlineinserat
kostet 250 Euro und ein Printinserat im Kurier kostet 5000 Euro. Das steht in keiner
Relation“ (B6/684). Er befürwortet Onlineinserate und sieht in ihnen einen weiteren
Vorteil: „Wenn ich sehe, dass ich mit meinem Text die falsche Zielgruppe erreiche, kann
ich entsprechende Anpassungen vornehmen“ (B6/683).
Auch B7 verneint die Inanspruchnahme von Headhunters, vielmehr werden ebenfalls
Zeitungen und das Internet verwendet (B7/783).
B8 sucht sehr stark über Online-Portale und vertritt das Unternehmen auf
Berufsinformationsmessen. Zeitungsinserate schaltet B8 aus Kostengründen
ausschließlich für Führungspositionen (B8/893).
Die Rekrutierung potentieller BewerberInnen erfolgt bei allen InterviewpartnerInnen
Online. Eine weitere Besonderheit ist die Tatsache, dass lediglich zwei von 10 befragten
Personen Headhunters verwenden. Hinter diesen 2 InterviewpartnerInnen verbergen sich
B8 und B9. Während B8 hin und wieder mit Headhunters sucht, äußert sich B9 bejahend.
B9 beschreibt ausführlich die Beweggründe hierfür. „Es geht darum, bewusst und
verdeckt Leute anzusprechen. Es ist schon so, dass es speziell in dem Bereich auch
Personalberater gibt, die ein hohes Branchenwissen haben. Da kann es einfach dazu
führen, dass sie in ihrem Stock schon Kandidaten haben und das führt dann zu einer
schnelleren Vermittlung und zu einer schnelleren Nachbesetzung von Positionen“
(B9/998).
B10 schreibt Stellen über einen Zeitraum von drei Wochen auf der unternehmensinternen
Homepage aus. Gestaltet sich der Suchprozess aufgrund einer geringen Anzahl an
BewerberInnen schwierig, werden zusätzlich Printmedien herangezogen. Die Suche über
Headhunters schließt B10 generell aus.
174
Auch gingen die Befragten auf Nachfrage näher auf den genauen Ablauf und die
Methoden eines Einstellungsverfahrens ein.
B1 beschreibt das Einstellungsverfahren im Detail: „Für das Lehr- und Forschungspersonal
gibt es ein Hearing. Im Vorfeld stellt das Kollegium eine Reihungsliste aus und in der
Geschäftsführung besprechen wir das. Wir schauen natürlich schon darauf, dass wir Leute
dabei haben, bei denen es auch hinsichtlich des Gehalts passt. Bei den anderen, den
Stabsstellen und dem Bereich Office, läuft das ganz normal über ein Bewerbungsgespräch.
Das findet zuerst im Fachbereich statt und die nach vorne gereihten Bewerbungen
durchlaufen dann ein Bewerbungsgespräch mit dem Personal und mir“ (B1/30). Ein
Assessment Center lohnt sich aufgrund der Größe des Unternehmens nicht.
Ebenfalls im Unternehmen von B2 wird ein mehrstufiges Einstellungverfahren
durchgeführt. „Es gibt zunächst eine erste Auswahl, die aufgrund der eingesandten
Unterlagen passiert – hier gibt es eine Reihung. Dann finden Erstgespräche statt – mit im
Schnitt 10 bis 15 Kandidaten. Hier wird darauf geachtet, wer in die engere Auswahl
kommt. Dann kommt es zu einer Zweitrunde mit den besten drei bis vier KandidatInnen.
Daran nehmen auch schon Fachvorgesetzte und gegebenenfalls die Geschäftsführung teil.
Falls noch keine Entscheidung getroffen werden kann, kommt es zu einer dritten Runde.
Hierfür werden die BewerberInnen eingeladen, sich eine Stunde lang den Aufgabenbereich
anzusehen und ein vertiefendes Gespräch mit der späteren Vorgesetzten zu führen“
(B2/138).
Für eine bessere Vergleichbarkeit der KandidatInnen bildet ein Fragebogen die Grundlage
für das erste Gespräch. „Das zweite Gespräch ist ein strukturiertes Interview, in dem die
Kandidaten ganz konkrete Beispiele aus der Praxis bekommen. Je nach Stelle gibt es auch
Praxistests, wie z.B. Aufgaben am PC“ (B2/150).
Wenn die Unterlagen das Interesse von B3 wecken, lädt er den/die BewerberIn zu einem
ersten Gespräch ein. „Sind die Qualifikationen von Bewerbern für mehrere Positionen
geeignet, muss ich im Vorgespräch herausfinden, welches Tätigkeitsfeld für den
Kandidaten in Frage kommt“ (B3/262). Nach den Bewerbungsgesprächen erarbeitet B3
eine final Shortlist der interessantesten KandidatInnen und erstellt nach einer nächsten
Gesprächsrunde den Besetzungsvorschlag.
175
Das Einstellungsverfahren innerhalb der einzelnen Unternehmen verläuft sehr individuell
über Gespräche, mehrstufige Verfahrensrunden, die Personalabteilung oder Assessment
Center. B3 bietet ausschließlich für „Lehrlingscastings und nicht die breite Masse“
(B3/273). Assessment Center an. Begründet wird dies mit der jeweiligen
Stellenausschreibung und der hohen BewerberInnenanzahl. Sofern eine rasche
Reduzierung eines „relativ großen Bewerberpools“ (B3/284) erforderlich ist, wie
beispielsweise bei einem Trainee Programm, ist ein Assessment Center hilfreich.
Wenn sich nur wenige Personen für die ausgeschriebene Stelle beworben haben, führt B4
gemeinsam mit dem/der zuständigen FachabteilungsleiterIn oder dem/der
OrganisationseinheitenleiterIn ein Interview durch. Bei vielen BewerberInnen nutzt das
Unternehmen ein Assessment Center, das einen halben Tag dauert. B4 bezeichnet dies als
Gruppeninterview, in dem verschiedene Aufgaben und Herausforderungen zu bestehen
sind, um die Qualifikationen, Qualitäten und Stärken kennenlernen zu können. Auf diese
Weise können sich die Vorgesetzten ein Bild von den Person machen und „wie sie in das
Gefüge der Abteilung oder des Unternehmens passt“ (B4/484).
Wie B2 schließt auch B5 Testverfahren aus und setzt auf persönliche Gespräche. Dies gilt
sowohl für ausgeschriebene Stellen als auch für Initiativbewerbungen. „Als
Erstverantwortlicher lade ich zu einer Unterhaltung ein und in der zweiten Runde ist dann
die verantwortliche Führungskraft dabei. In einer dritten Runde entscheiden wir
gemeinsam mit dem Bereichsleiter über die Stellenbesetzung“ (B5/509).
„Für den ersten Durchgang ist entweder die Personalabteilung oder ein Rekruiter
zuständig, in dem sie darauf achten, ob die Person zu unserem Unternehmen passt und
wir die Rahmenbedingungen erfüllen können“ (B6/700). Wenn B6 einen guten Eindruck
von dem/der BewerberIn hat, führt er gemeinsam mit dem/der FachabteilungsleiterIn ein
zweites Gespräch, in dem es auch um die fachliche Abfrage geht. B6 wendet Assessment
Center „nur für gewisse Positionen“ (B6/707) an, wie beispielsweise für ein Traineeship, in
dem sechs bis acht TeilnehmerInnen verschiedene Aufgabenstellungen, beispielweise
Präsentationen, Gruppenübungen, Rollenspiele oder Strategieübungen, bewältigen
müssen (B6/708).
B7 arbeitet in einer staatlichen Einrichtung, weshalb er an Vorgaben bei
Stellenausschreibungen gebunden ist, die bereits seit 30 Jahren Anwendung finden.
176
Wenn eine Stelle nicht intern nachbesetzt werden kann, muss diese öffentlich
ausgeschrieben werden, sodass BewerberInnen die Möglichkeit haben, sich mit einem
Bewerbungsformular zu bewerben. Als neues Projekt weist B7 darauf hin, dass es in
Zukunft Online-Bewerbungen geben soll. Nach einer formalen Prüfung aller
Voraussetzungen laut Ausschreibung werden alle KandidatInnen eingeladen, einen Test
zu absolvieren. In diesem arbeitet die Abteilung von B7 mit psychometrischen und
fachlichen Messmethoden. „Dann gibt es eine Entscheidung, d.h. eine Vorentscheidung,
wer aufgrund dieser Daten die offenkundig bestgeeignetsten sind und diese Personen
laden wir meistens noch zu einem Vorstellungsgespräch mit den zukünftigen Chefs ein“
(B7/795). B7 bedient sich für keine ausgeschriebene Position eines Assessment Centers.
Im Unternehmen von B8 beschreibt der/die ProjektleiterIn oder die zuständige
Führungskraft dem HR-Management das zugrunde liegende Anforderungsprofil. Die Stelle
wird in einem nächsten Schritt in Onlinemedien ausgeschrieben. Die
Bewerbungsgespräche führen alle verantwortlichen Personen, d.h. er selbst, die direkte
Führungskraft und der/die HR-ManagerIn sind anwesend. Im Anschluss daran erfolgt die
Entscheidung (B8/907). Assessment Center setzt B8 nicht ein.
Zumeist erhält B9 von einem/einer PersonalberaterIn eine Shortlist, die aus drei bis fünf
Personen besteht, die zu einem Bewerbungsgespräch mit mehreren Verantwortlichen
eingeladen werden. „Je höher die Position, desto mehr Leute sprechen mit dem
Kandidaten“ (B9/1008). B9 bietet für die Führungskräfte unternehmensinterne
Schulungen an, sodass der Bewerbungsprozess hochprofessionell abgearbeitet wird. „Ich
würde jedoch sagen, dass klappt in der Praxis noch immer nicht optimal“ (B9/1016).
B10 erklärt den Bewerbungsprozess folgendermaßen: Der erste Schritt ist ein
standardisierter Einstufungstest, der sowohl eine Wissenskomponente als auch eine
psychologische Komponente enthält. Nach der erfolgreichen Absolvierung des Tests steht
den Führungskräften ein Leitfaden für ein strukturiertes Interview zur Verfügung.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass ein(e) MitarbeiterIn der Personalentwicklung
anwesend ist (B10/1116).
177
2.5.3. Erwartungshaltung
Zu der Kategorie Erwartungshaltung beantworten die Personalverantwortlichen die
Frage, welche Erwartungen sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss stellen,
wenn sie sich um eine Stelle bei ihnen bewerben?
Neben sozialen Kompetenzen bzw. soft Skills sehen die meisten InterviewpartnerInnen
die fachlichen Kompetenzen im Vordergrund.
B1 setzt fachliche, methodische und soziale Kompetenzen voraus. „Es muss jemand
natürlich auch fachlich versiert sein, deshalb haben wir zuerst im Fachbereich das
Gespräch. Bei dem Hearing möchten wir dann erfahren, wie jemand mit Stress umgeht,
wie er/sie kommunizieren kann“ (B1/48). Auch ein Psychologe oder eine Psychologin ist
bei Bewerbungsgesprächen anwesend, der/die auf die Körpersprache achtet und klärt, ob
der/die BewerberIn in das Team passt (B1/52). Ein separates Verfahren zur Messung der
Methoden- und Sozialkompetenz besteht nicht. Das Verfahren orientiert sich an einem
Punktesystem.
B9 differenziert ebenfalls spezifisch zwischen fachlichen und persönlichen Kompetenzen.
„Die fachlichen Kompetenzen ergeben sich einfach aus der Stellenbeschreibung, aus der
Jobdefinition, aus der job description. Das heißt, das ist jetzt natürlich einmal
grundsätzlich die Basis. Sei es jetzt, dass wir nach bestimmten Ausbildungen, bestimmten
Erfahrungen usw., nach bestimmten Skills im inhaltlichen Bereich suchen. Sollten wir
mehrere Kandidaten haben, die dem entsprechen würden, dann kommen natürlich auch,
oder nicht nur dann, auch wenn wir nur einen haben, fließen natürlich sehr stark die
persönlichen Skills und persönlichen Kompetenzen in die Bewerbung ein und natürlich bis
zu einem gewissen Grad Wertevorstellungen. Passt der Kandidat zur
Unternehmenskultur?“ (B9/1032).
Für B5 hingegen sind weniger konkrete Kompetenzen als viel mehr Erfahrungen und
Zusatzqualifikationen von Bedeutung, was sie im Detail wie folgt schildert. „Wenn ich jetzt
an Studenten oder an Absolventen denke, ist natürlich schon auch interessant, ob jemand
während des Studiums gearbeitet oder Praktika gemacht hat. Gab es da
Auslandsaufenthalte oder sogar ein Auslandsstudium dazwischen, ein Semester oder ein
ganzes Jahr? Gab es dazwischen irgendwelche Zusatzabschlüsse?“ (B5/617).
178
B2 erwartet einerseits, dass sich der/die BewerberIn mit dem Unternehmen
auseinandergesetzt hat, andererseits „dass er sich einigermaßen gut ausdrücken kann,
was er will und uns gegenüber offen und ehrlich sagt, was er sucht. Wir versuchen, im
Erstgespräch die Stelle möglichst gut und genau vorzustellen, damit der Bewerber ein
gutes Bild davon bekommt. Deshalb erwarte ich mir auch vom Bewerber, das Gespräch in
erster Linie nicht als Verkaufsgespräch zu sehen“ (B2/156). Das Erstgespräch dient
vielmehr als Kennenlerngespräch und zu Abklärung von Erwartungen (B2/157).
B4 und B6 stellen wie B2 das Interesse an dem Unternehmen in den Mittelpunkt. B4 gibt
zu bedenken, dass der/die Stellensuchende zur Vermeidung von Missverständnissen oder
Unklarheiten seine/ihre eigenen Erwartungen klar ausdrücken sollte (B4/497). B6 ergänzt
als wichtige Komponente das Interesse am Menschen und Hausverstand (B6/715).
Für B3 ist es nicht effizient, zu hohe Erwartungen an jemanden zu stellen. Vielmehr sollte
der/die BewerberIn Engagement, Ernsthaftigkeit für die Sache und Spaß am Arbeiten
haben. Dies sind jedoch Werte, die nicht validierbar sind. „Die für das Unternehmen
relevanten Werte kristallisieren sich in Kombination mit dem Job in den ersten sechs
Monaten heraus“ (B3/296).
B7 weist eine Besonderheit im Erwartungsprofil an die BewerberInnen auf. In dessen
Unternehmen gibt es eine Stellenbewertung, die nicht die Person, sondern die Stelle an
sich bewertet. „Das heißt, was auf einer Stelle zu tun ist, das hat einen bestimmten Wert,
einen Stellenwert. Dieser Stellenwert ergibt sich aus den Anforderungen, die eine Tätigkeit
oder eine Aufgabe mit sich bringt“ (B7/823). Daher müssen die fachlichen
Voraussetzungen bereits im Anforderungsprofil klar und konkret enthalten sein.
B8 verweist ebenfalls auf das Anforderungsprofil und führt aus, dass sich die
Beantwortung der Frage schwierig gestaltet, zumal für die ausgeschriebenen Stellen
unterschiedliche Anforderungsprofile bestehen. Von besonderer Wichtigkeit ist jedoch,
eine gewisse Leistungsbereitschaft, Innovationsfreudigkeit, Kreativität und „die
Bereitschaft, über den Tellerrand zu schauen“ (B8/920).
Aus den unterschiedlichen Stellenprofilen und Ausschreibungstexten ergeben sich für B10
in weiterer Folge die Erwartungen an die BewerberInnen (B10/1139).
179
Für eine genauere Einschätzung der Erwartungshaltung konnten die ExpertInnen eine
Reihung der Wichtigkeit zwischen fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen
vornehmen und diese näher begründen.
Nach B1 ist die methodische Kompetenz am wichtigsten und die soziale und fachliche
Kompetenz liegen gleichrangig an zweiter Stelle (B1/69).
Für B2 gestaltet sich eine Reihung schwierig. Vielmehr ist er der Meinung „wenn jemand
will und die Voraussetzung, etwas lernen zu wollen, vorhanden ist, kann sich die Person
fachliche Kompetenzen aneignen. An der Persönlichkeit kann weniger „geschraubt“
werden“ (B2/164). Im Vordergrund steht daher, dass ein(e) BewerberIn persönlich gut zur
ausgeschriebenen Stelle und in das bestehende Team passt. Fachliche
Grundkompetenzen, die während der Beruflichkeit noch vertieft werden können, müssen
allerdings vorhanden sein.
B3 nimmt eine eindeutige Reihung vor und setzt die fachliche Kompetenz an erste Stelle,
danach folgt die soziale Kompetenz und die Methodik kommt zum Schluss. Ausführend
beschreibt B3, dass der/die BewerberIn sich während des Studiums eine gewisse
Methodik für eine Problembehandlung zu Recht legt. Diese verliert jedoch schnell in
einem Unternehmen an Bedeutung, das u.U. andere Methodiken nutzt. Daher müsse eine
gewisse Anpassung an das System geschehen. Die soziale Komponente bezieht B3 nicht
nur auf den/die Stellensuchende(n), sondern es ist das gesamte Team einzubeziehen und
zu beachten, wie die Person in die gesamte Mannschaft passt. Wenn allerdings die
fachlichen Voraussetzungen fehlen, kommt eine Einstellung nicht in Frage (B3/303).
Wie bereits B5 erwähnt, wird die Relevanz sozialer Kompetenzen generell in Verbindung
mit der Arbeit in Arbeitsgruppen oder Teams genannt. B4 bekräftigt diesen Standpunkt
indem er auf die soziale Kompetenz bzw. auf die Zusammenarbeit mit anderen Menschen
und mit anderen Abteilungen eingeht und in den Vordergrund „sozial verträgliche
Lösungen und Klarheit innerhalb von Gruppen und im Team“ (B4/505) stellt. Daher liegen
fachliche und soziale Kompetenzen gleich auf. Die soziale Kompetenz wird beispielsweise
durch Beobachtungen innerhalb von Gruppenübungen von B4 wahrgenommen.
B7 ist es am wichtigsten „eine Balance zwischen den drei Kompetenzen zu haben. Am
wichtigsten ist im Vorfeld die fachliche Kompetenz, am deutlichsten wird die soziale
Kompetenz erst im Arbeitsbereich. Wir vermischen die methodische und fachliche
180
Kompetenz, weil ohne fachliche Kompetenz nützt die beste Methode nichts und
umgekehrt. Neben der sozialen Kompetenz ist für uns noch die persönliche Kompetenz
wesentlich“ (B7/829). Diesem Standpunkt schließt sich B5 an und bekräftigt dies mit
folgender Aussage: „Das braucht er alles, ich meine methodische und fachliche Kompetenz
setze ich jetzt mal voraus, wenn jemand ein Studium absolviert und natürlich ist die soziale
Kompetenz auch wichtig, weil wir großteils in Teams arbeiten und nicht abgekapselt für
uns alleine.“ (B5/625).
B6 ist der Meinung, dass ein(e) MitarbeiterIn aufgrund der fachlichen Kompetenzen „sehr
schnell in die Rolle hineinwachsen“ (B6/725) kann, die Persönlichkeit könne jedoch nicht
geändert werden. B8 stellt die methodischen Kompetenzen in den Vordergrund, nennt
danach die sozialen und an dritter Stelle folgen die fachlichen Kompetenzen (B8/928).
B9 reiht nach den sozialen, die fachlichen und methodischen Kompetenzen (B9/1042).
B10 differenziert nicht die einzelnen Kompetenzen, sondern beschreibt eine gewisse
Abhängigkeit von der zu besetzenden Stelle. Für eine Person, die MitarbeiterInnen führen
muss, „ist die soziale Kompetenz unbedingt wichtig, vielleicht sogar noch wichtiger als die
fachliche Kompetenz. Die soziale Kompetenz ist eben immer unabdingbarer“ (B10/1149).
Um zu ermitteln, was Personalverantwortliche unter der Begrifflichkeit soziale Kompetenz
verstehen, wurden sie um eine Definition gebeten.
B1 definiert soziale Kompetenz mit der Metapher „in den Schuhen des anderen laufen
können“ (B1/74) und bezieht auch erfolgreiche Lehrveranstaltungen, Teamarbeit und die
Abwicklung von Beschwerden mit ein. Empathie hat in diesem Zusammenhang einen
hohen Stellenwert (B1/75). Für B2 ist soziale Kompetenz von der jeweilgen Stelle
abhängig. Allgemein sollte sich ein(e) MitarbeiterIn jedoch immer durch
Entscheidungsfreudigkeit, Teamgeist, Struktur sowie Kreativität auszeichnen (B2/173).
Nach B3 muss ein Mitarbeiter bzw. eine Mitarbeiterin „mit Leuten können“ (B3/345).
Personen machen Fehler und im Team entstehen Konflikte, die wieder bereinigt werden
müssen (B3/346).
Die Definition von sozialer Kompetenz beinhaltet ähnliche Schwerpunkte. B4 ist der
Überzeugung, dass soziale Kompetenz sowohl etwas mit Lösungsorientierung, Auftreten
im Team und Körpersprache als auch mit Wertschätzung zu tun hat. Wertschätzung
181
assoziiert B4 insbesondere mit einer guten Begegnung zwischen übergeordneten und
untergeordneten Personen. Diese Meinung schließt sich B6 an und stellt das Interesse an
KollegInnen in den Mittelpunkt. Dahingehend äußert er, „dass man mit allen gleichwertig
und wertschätzend umgeht. Das ist für mich soziale Kompetenz“ (B6/733). Ein weiterer
wichtiger Bestandteil der sozialen Kompetenz ist die Kommunikationsfähigkeit, wie B8 in
seiner Äußerung bestätigt. „Ganz klar Kommunikationsfähigkeit als Fähigkeit
Informationen auch gezielt und zuverlässig weiter zu geben“ (B8/932).
Zu Kommunikationsfähigkeit zählt B8 Problemlösungsfähigkeit. Der/die MitarbeiterIn
sollte in der Lage sein, schnelle, umsetzbare und nachhaltige Lösungen zu erarbeiten
(B8/930). Diese Ansicht vertritt auch B5. „Soziale Kompetenz ist für mich, wenn jemand
das Ganze im Blick hat und dann sieht, wenn jemand Unterstützung braucht, aber auch
sich Unterstützung holen kann, also in die Kommunikation gehen“ (B5/630). B5 misst
ebenso Teamarbeit einen hohen Stellenwert bei.
Ein signifikanter Punkt ist der Umgang mit Problemen. Für einige InterviewpartnerInnen
zählt zur sozialen Kompetenz der Umgang mit Problemen, Konflikten und der
Lösungsorientierung. B4 stellt in Bezug auf soziale Kompetenz die Fragen: „Kann es nur
eine Lösung, meine Lösung, um jeden Preis geben? Gibt es auch etwas in der Mitte
zwischen der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten und wie verhalte ich mich?“ (B4/513).
B7 definiert soziale Kompetenz „als eine Fähigkeit, in einer hochkomplizierten Situation
(…) einen konstruktiven Beitrag zu leisten“ (B7/836).
Nach B9 ist kein Mitarbeiter „eine einzelne Insel, sondern einfach mit den verschiedensten
Leuten im Unternehmen sehr stark interagieren muss“ (B9/1045). Daher bedarf es
Einfühlungsvermögen, Möglichkeiten der schnellen Adaptierung und Lernbereitschaft.
Den Umgang mit anderen KollegInnen nennt auch B10. Denn jede Persönlichkeit in einem
Unternehmen sollte mit den unterschiedlichen Herkunftsgeschichten, Ausbildungen und
sozialen Schichten umgehen können (B10/1156).
2.5.4. Universitärer Hintergrund/Weiterbildung
Der Faktor universitärer Hintergrund/Weiterbildung umfasst ebenfalls mehrere
Fragestellungen. U.a. beantworteten die InterviewpartnerInnen die Frage, welche
182
Kenntnisse und Fähigkeiten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht erhalten sollten
bzw. wo sie einen möglichen Verbesserungsbedarf sehen.
Verbesserungsbedarf in der Universitätsausbildung erkennen B5, B8 und B10 im Bereich
der sozialen Kompetenzen. B10 äußert hierzu einen möglichen Lösungsvorschlag und
zieht die Einführung von Pflichtstunden, wie beispielsweise bereits im Curriculum der
Technischen Universität verankert, in Betracht. B8 führt in diesem Zusammenhang
sowohl die Entwicklung der Kommunikationsfähigkeit als auch den „Umgang mit anderen
Menschen, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ (B8/941) an. BewerberInnen seien
einfach unsicher, wenn sie in einem Team interagieren müssen (B8/944). Dieselbe
Meinung vertretend ist B1 davon überzeugt „sich eben auf verschiedenen Ebenen mit
verschiedenen Menschen, mit verschiedenen Kulturen auseinanderzusetzen“ (B1/82). Sie
fordert zudem eine gewisse Offenheit als Teil der sozialen Kompetenz. B5 spricht
insbesondere die Vermittlung von Teamkompetenz und Projektmanagement-Tools an
(B5/635).
B2 formuliert eine Einbüßung der Selbständigkeit und führt dies auf das zunehmend
„verschulte System“ (B2/198) zurück. Untermauert wird diese Meinung durch B3. Sie ist
der Ansicht, dass das derzeitige System mehr SpezialistInnen als GeneralistInnen
hervorbringt und wünscht sich daher „dass vor allem die Universitäten wieder zum
Ursprung zurückkehren und in ihren Studienplänen und in ihren Ausrichtungen wieder
mehr Generalisten produzieren als Spezialisten“ (B3/375). Damit schlägt B3 in die gleiche
Kerbe wie Lenz, der bereits vor über 10 Jahren aufzeigte, dass Topmanager und
Personalverantwortliche GeneralistInnen brauchen. ArbeitnehmerInnen sollten einerseits
Mut zum Risiko haben und andererseits neue Probleme mit unkonventionellen Methoden
bewältigen können.396
Zudem fehlt UniversitätsabsolventInnen die Fähigkeit, „sich große Stoffmengen in
bewältigbare Häppchen runter zu brechen“ (B2/195). Mehr Gewicht sollten in der
Universitätsausbildung Praktika erhalten (B2/183).
B4 glaubt, dass die Universitätsausbildung insgesamt schon sehr gut ist. Zweifel hegt er
jedoch hinsichtlich soft Skills, wie beispielsweise den Erwerb von
Präsentationsfähigkeiten. Hierzu schlägt er vor, Studierende speziell ihrem Studium
396
Lenz, W., Weiterbildung – vom Studium zum Beruf, in: Lenz, W. (Hrsg.), Weiterbildung als Beruf (2005) 7 (16).
183
entsprechend zu schulen. Als zweiten Punkt spricht B4 GastrefertInnen aus der Praxis an,
die auf Einladung der Universität den Studierenden Anwendungskenntnisse vermitteln
sollten (B4/538).
Einen anderen Blickwinkel sprechen B6 und B7 an. Sie sehen im Bereich der praktischen
Erfahrungen Verbesserungspotential. B7 untermauert ihre Ansicht wie folgt: „Sie haben
Fachwissen, was zum Teil nicht gebraucht wird und das Fachwissen, das wir bräuchten,
haben sie nicht“ (B7/842). Als zweiten Punkt nennt B7 die Diversität der Ausbildungen,
„die absolut ein Jungle und unmöglich zu durschauen ist“ (B7/853). Unterschiedliche
Zertifikate erschweren die Einschätzung der erworbenen Kompetenzen.
B6 fehlt grundsätzlich im universitären System der praktische Aspekt. Auch an der
Universität würden noch veraltete Lehrmethoden eingesetzt (B6/745).
B9 hebt die Bringschuld der KandidatInnen hervor und sieht in der Universität eine
Ausbildungsstätte, die Grundlagen vermittelt. UniversitätsabsolventInnen müssten selbst
darauf achten, Zusatzqualifikationen und Sprachkompetenzen zu erwerben sowie
Auslandsaufenthalte zu absolvieren. Persönliche Werte finden ebenso im
Bewerbungsprozess Beachtung.
Da Weiterbildung im beruflichen Alltag von Relevanz ist, war Teil der Erhebung, ob und in
welcher Form Unternehmen interne, weiterbildende Maßnahmen anbieten.
B1 schließt verpflichtende Weiterbildungsmaßnahmen aus, vielmehr besteht für
MitarbeiterInnen ein Weiterbildungskontingent, das in Absprache mit dem/der
Vorgesetzten für technical und social Skills genutzt werden kann. Besonderen Wert legt
das Unternehmen auf die Kommunikations- und Konfliktkompetenz. Beispielsweise
erhalten MitarbeiterInnen in konfliktären Situationen die Möglichkeit, ein Coaching in
Anspruch zu nehmen. Allgemein ist B1 der Meinung, dass sich das Personal stets fachlich
weiterbilden muss, weshalb spezifische Weiterbildung unerlässlich ist (B1/87).
Im Unternehmen von B2 hat die Abteilung für das Office-Personal ein gewisses Budget,
für das übrige Personal besteht eine Weiterbildungsverpflichtung. Auf der Grundlage von
MitarbeiterInnengesprächen, Projekten und Themen können die Vorgesetzten
gemeinsam mit dem Personal entscheiden, welche Weiterbildungsmaßnahmen effizient
sind. Dabei handelt es sich um einen weiten Begriff von Bildungszielmaßnahmen, der
auch Coachings, Supervisionen, eine Job-Rotation oder einen Benchmark-Besuch umfasst.
184
Entsprechend den Bedürfnissen kann mit externen ReferentInnen ein Mix von fachlichen
und sozialen Kompetenzen angeboten werden (B2/212).
Interne Weiterbildungen bieten die InterviewpartnerInnen überwiegend auf freiwilliger
Basis für ihre Angestellten an. Eine verpflichtende Teilnahme wird in Zusammenhang mit
einer bestimmten Position innerhalb des Unternehmens von B7 genannt. Er ist der
Ansicht: „Die Leute können aus einem Seminarprogramm wählen, was sie wollen, und es
gibt eine Grundausbildung, die verpflichtend ist“ (B7/861).
Innerhalb des Unternehmens von B6 sind die Weiterbildungsangebote prinzipiell
freiwillig, lediglich „wenn jemand Führungsverantwortung übernimmt, muss er
Führungsausbildungsseminare absolvieren. Das ist uns wichtig. Sonst ist es grundsätzlich
freiwillig und jeder Mitarbeiter kann sich aussuchen, was er gerne machen möchte und
wohin er sich entwickeln möchte“ (B6/758). Zudem verfügt B6 über „einen sehr großen
Seminarkatalog mit ca. 45 verschiedenen Themen im Haus. Das kann fachliche oder
persönliche Weiterbildung sein, Weiterbildung für Führungskräfte bieten wir auch an“
(B6/748). Ebenfalls ein großes und gutes internes Weiterbildungsangebot hat das
Unternehmen von B10. Die interne Weiterbildung findet ähnlich wie bei B6 generell
freiwillig statt. Die Weiterbildung ist für angehende Führungskräfte verpflichtend. „Da
muss man gewisse Module eben absolvieren.“ (B10/1167). Des Weiteren können freiwillig
Seminare in Anspruch genommen werden, die z.B. Zeit- und Selnstmanagement oder die
betriebliche Gesundheitsförderung betreffen (B10/1178).
B9 erläutert, „dass positionsbezogen jeder Mitarbeiter periodisch, also jährlich, mehrere
Trainings hat, die sehr fachspezifisch sind“ (B9/1070). Die Menge, die Intensität und der
Detailgrad an Weiterbildung korreliert mit der Höhe der Position. Daher gibt es
Weiterbildung, die obligatorisch absolviert werden muss und zusätzlich freiwillige
Trainings, die im MitarbeiterInnengespräch besprochen werden (B8/1069).
B3 setzt auf vollständige Freiwilligkeit bei der Beteiligung an Weiterbildungen und vertritt
die Meinung: „Wenn ich jemanden verpflichten muss, dass er etwas lernt, dann wäre es
besser, dass ich mich von dem Kollegen trenne“ (B3/430). Im Unternehmen von B3
nehmen die MitarbeiterInnen meistens die Angebote gerne an, sofern es die Arbeitszeit
185
erlaubt (B3/431). Die InterwiepartnerIn bestärkt ihre Ansicht, „dass es fast nie vorkommt,
dass ich jemanden verpflichten muss, etwas Neues zu lernen“ (B3/432).
B4 bietet den MitarbeiterInnen sowohl Weiterbildung direkt in den Abteilungen als auch
in externen Bildungsinstanzen an. Weiterbildung basiert auf Freiwilligkeit und hat einen
hohen Stellenwert. Durch einen gelungenen Lerntransfer können neu erworbene
Kompetenzen in den Arbeitsalltag einfließen (B4/560).
Auch B5 differenziert zwischen interner und externer Weiterbildung. Nach einer
Einschulungsphase entwickelt der/die Vorgesetzte mit dem/der MitarbeiterIn einen
individuellen Weiterbildungsplan. Intern kann es sich dabei, wie ebenfalls B2 berichtet,
um einen Benchmark-Besuch (B2/219) handeln, extern vermitteln TrainerInnen einer
gewissen Gruppe notwendige Skills (B5/664). Wie B5 spricht auch B8 von einer ersten
Einschulung. Nach dieser Phase kann der/die MitarbeiterIn aus einer Bandbreite von Aus-
und Weiterbildungsangeboten wählen. Ein gewisses Ausmaß ist entsprechend der
Position verpflichtend. Das Personal hat die Möglichkeit, im Rahmen des
MitarbeiterInnengesprächs Wünsche zu äußern (B8/948).
186
3. Quantitative Forschung
In dem Kapitel zur quantativen Forschung397 sind einerseits kurz die theoretischen
Grundlagen des Fragebogens und seine Gliederung zu klären und andererseits die
Datenauswertung per se vorzunehmen.
3.1. Fragebogen
Die Forschungsfrage, welche Erwartung steirische ArbeitgeberInnen an
UniversitätsabsolventInnen stellen, wurde ebenfalls mit Hilfe eines Fragebogens
untersucht. Die Vorteile liegen darin, dass sowohl die Beeinflussbarkeit des/der Befragten
durch den/die InterviewerIn wegfällt als auch im geringen Aufwand und in der besseren
Gewährleistung der Anonymität. Als Nachteile sind allerdings die Gefahr einer geringen
Rücklaufquote sowie eine mögliche Beeinflussung des/der Befragten durch andere
Personen anzuführen.398
Ohne entsprechende Fachkompetenzen ist der Berufseinstieg für eine(n)
UniversitätsabsolventIn geradezu unmöglich. Vielmehr ist zu unterscheiden, ob das
Unternehmen generalistisches oder spezielles Fachwissen voraussetzt. Zwar verfolgen
Universitäten u.a. das Ziel, wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden, dennoch
benötigen nicht alle BerufseinsteigerInnen Kenntnisse über wissenschaftliche
Methoden.399 Wenngleich fachliche und sachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten
unerlässlich sind, sind die weiteren Kompetenzdomänen, die Methoden-, Sozial- und
Selbstorganisationskompetenz, im Arbeitsalltag zu beachten. Der Fragebogen400 enthielt
u.a. Angaben zu den an AbsolventInnen gestellten Erwartungen und jenen Kompetenzen,
die zukünftig verstärkt in der universitären Ausbildung gefördert werden sollten. In
Anlehnung an die Kompetenzdimensionen der HIS-Studie von Schaeper/Briedis wurden
daher folgende Faktoren evaluiert:
397
Zur quantitativen Forschung siehe näheres Schwetz, H. et al., Einführung in das quantitativ orientierte Forschen
2 (2010).
398 Paier, D., Quantitative Sozialforschung (2010) 98; Micheel, H.-G., Quantitative empirische
Sozialforschung (2010) 92. 399
Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen 34. 400
Zum Fragebogen im Detail siehe Anhang II.
187
Tabelle 18: Kompetenzstruktur.401
Es handelt sich um einen variablen und reliablen Fragebogen. Die Objektivität konnte
dadurch erzielt werden, dass mithilfe der Online-Umfrage-Applikation Lime-Survey die
Umfrage erstellt und ein Link generiert werden konnte, den die Wirtschaftskammer
Steiermark an Unternehmensverantwortliche ausschickte.
Der Fragebogen gliedert sich in vier Teile.
Der erste Teil enthält Fragen zur Rekrutierung von UniversitätsabsolventInnen. Dazu
zählt die Einschätzung, ob der Bedarf an UniversitätsabsolventInnen in den nächsten
Jahren sinken, gleich bleiben oder steigen wird. Diese Frage dient einerseits als Einstieg,
andererseits als Überleitung zur nächsten Frage, die die Rekrutierung von BewerberInnen
(Blindbewerbungen, Ausschreibungen etc.) beinhaltet. Näher konkretisierend schließt der
erste Teil mit der Erwartungshaltung an zukünftige MitarbeiterInnen mit akademischem
Abschluss ab.
Der zweite Teil beinhaltet die Fragestellung, ob Fachkompetenz, Methodenkompetenz
oder Sozialkompetenz in der Universitätsausbildung mehr Gewicht zukommen sollte. In
einer weiteren Frage wurde näher auf die einzelnen Kenntnisse und Fähigkeiten
401
Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen 10.
Bereichsspezifische Fachkompetenz
Sachkompetenz Methodenkompetenz Sozialkompetenz (Selbst-)
Organisationskompetenz
Spezifisches Fachwissen
Breites Grundlagenwissen
Zeitmanagement Kommunikationsfähigkeit Fähigkeit, konzentriert
und diszipliniert zu arbeit
Kenntnis wissenschaftlicher
Methoden Kenntnisse in EDV
Fähigkeit, Wissens-lücken zu erkennen
und zu schließen
Sichtweisen und Interessen anderer
berücksichtigen
Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen
Fachspezifische theoretische Kenntnisse
Rechtskenntnisse
Fähigkeit, vorhandenes Wissen auf neue Probleme
anzuwenden
Kooperationsfähigkeit Fähigkeit, sich auf andere
Umstände einzustellen
Wirtschaftskenntnisse Selbständiges
Arbeiten Konfliktmanagement
Fremdsprachen Problemlösefähigkeit Verhandlungsgeschick
Fachübergreifendes
Denken Kritisches Denken Durchsetzungsvermögen
Wissenschaftliche
Ergebnisse/Konzepte praktisch umsetzen
Analytische Fähigkeit Führungsqualitäten
Organisationsfähigkeit Schriftliche
Ausdrucksfähigkeit
Mündliche
Ausdrucksfähigkeit
188
eingegangen, bei der die Befragten ihre Antworten aus einer dreistufigen Likert-Skala
(weniger Gewicht – gleich bleibend – mehr Gewicht) wählen konnten. Da in der bereits
durchgeführten Erhebung unter den 1.400 Studierenden in einer offenen Frage ermittelt
wurde, was sie unter sozialer Kompetenz verstehen, definierten zur Gegenüberstellung
auch die ArbeitgeberInnen diesen Begriff.
Der beruflichen Weiterbildung widmet sich der dritte Teil. Einerseits wurde abgefragt, ob
ein Angebot an interner Weiterbildung besteht, andererseits in welchen Bereichen
Personalverantwortliche Weiterbildungsbedarf nach der Aufnahme der MitarbeiterInnen
erkennen.
Der letzte Teil dient der Erfassung von allgemeinen Daten des Unternehmens. Neben der
Branche wird ebenso abgefragt, wie viele MitarbeiterInnen beschäftigt sind.
3.2. Datenauswertung (Fragebogenuntersuchung)
Die im Online-Umfragetool ausgefüllten Fragebögen wurden direkt in das
Statistikprogramm SPSS402 transferiert, bereinigt und ausgewertet. Zur besseren
Verständlichkeit werden die Ergebnisse graphisch dargestellt und in einem nächsten
Schritt interpretiert. Um wiederum einen Bezug zu juristischen und pädagogischen
UniversitätsabsolventInnen herzustellen, ist an die Curricula des Diplomstudiums der
Rechtswissenschaften, des Bachelorstudiums der Pädagogik sowie des Masterstudiums
Weiterbildung – Lebensbegleitende Bildung der Karl-Franzens-Universität Graz
anzuknüpfen. Die angestellten Berechnungen mittels SPSS beruhen auf der deskriptiven
Statistik.
Die Minima und die Maxima der Antwortkategorien reichen von 1 (wichtig/sehr wichtig)
bis 3 (unwichtig/eher unwichtig) und enthalten damit den niedrigsten und den höchsten
angegebenen Wert der Variable.
402
Bühl, A., SPSS 20. Einführung in die moderne Datenanalyse13
(2012).
189
3.1.1 Stichprobenbeschreibung
Nach der Durchführung der zuvor beschriebenen Studierendenbefragung im Jahr 2012
mit dem Ziel zu erheben, welche Kompetenzen für ihre zukünftige Berufstätigkeit relevant
sind, galt es als nächsten Schritt, steirische ArbeitgeberInnen über ihre Erwartungshaltung
an UniversitätsabsolventInnen zu befragen, um Studierenden bzw. AbsolventInnen einen
„Raster“ an die Hand zu geben, welche Kompetenzen für den Einstieg in die Arbeitswelt
wesentlich sind.
Mit Unterstützung der Wirtschaftskammer Steiermark konnte die Zielgruppe der
Untersuchung, nämlich Personalverantwortliche von steirischen Unternehmen, die
UniversitätsabsolventInnen mit erziehungswissenschaftlichen oder rechtswissen-
schaftlichen Abschluss einstellen, mit einer Online-Befragung erreicht werden.
100 Personalverantwortliche nahmen an der Erhebung teil.
Abbildung 36: In welcher Branche ist ihr Unternehmen tätig? (N=95).
Die meisten Befragten sind mit 29% in der Dienstleistungsbranche tätig, gleich danach
rangieren VertreterInnen aus der Industrie mit 26%. Im öffentlichen Bereich sind 16%
tätig, lediglich 6% bzw. 5% kreuzten die Items Handel bzw. Soziales an. 13% der Befragten
ordnen sich sonsigen Branchen zu.
190
Abbildung 37: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? (N=89).
53% der Unternehmen beschäftigen 250 und mehr MitarbeiterInnen, 19% zwischen
50 und 249 Personen. Nur sehr gering fällt der Prozentsatz für jene Befragten aus, in
deren Unternehmen 0-9 (9%) und 10-49 (8%) Beschäftigte tätig sind.
3.1.2 Erwartung an UniversitätsabsolventInnen
Bei der Auswertung der Erwartungshaltung wird abermals auf die
Kompetenzdimensionen von Schaeper/Brideis Bezug genommen. In diesem
Zusammenhang wurde Unternehmensverantwortlichen die Frage gestellt, welche
Erwartungen Sie im Einstellungsprozess an BewerberInnen mit akademischem Abschluss
stellen.
191
Abbildung 38: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischen Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (bereichsspezifische Fachkompetenzen)?403
Bei der Auswertung der bereichsspezifischen Fachkompetenz erwarten sich
ArbeitgeberInnen von StellenbewerberInnen mit einem rechts- oder
erziehungswissenschaftlichen Hochschulabschluss, dass sie über spezielles Fachwissen
(71%) und fachspezifische theoretische Kenntnisse (57%) verfügen und stufen diese als
wichtig/sehr wichtig ein.
Unter Berücksichtigung des aktuellen Curriculums des Bachelorstudiums Pädagogik404 an
der Karl-Franzens-Universität Graz sind darunter wohl Lehrveranstaltungen zur Pädagogik
– Individuum – Gesellschaft, zu trans- und interdisziplinären Zugängen der Erziehungs-
und Bildungswissenschaft, zur Methodologie und Wissenschaftstheorie sowie zur Analyse
und Organisation pädagogischer Handlungs- und Berufsfelder zu subsumieren. Hinter
403
Spezielles Fachwissen: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; fachspezifische theoretische Kenntnisse: N= 92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Kenntnis wissenschaftlicher Methoden N=91 Personen, 9 Personen machten keine Angabe. 404
Curriculum für das Bachelorstudium Pädagogik; siehe unter https://online.uni-graz.at/kfu_online/wbMitteilungsblaetter.display?pNr=510878 [15.01.2017].
192
diesen Begrifflichkeiten verbergen sich wiederum näher definierte Vorlesungen, Tutorien,
Proseminare und Seminare.
Das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung405 enthält ebenfalls
berreichsspezifische Fachkompetenzen, wozu die Grundlagen der Erwachsenen- und
Weiterbildung (Modul A), Lehren und Lernen Erwachsener (Modul B), Theorien und
Konzepte von Bildung und Gesellschaft (Modul C), Forschungsmethoden (Modul D),
Professionalisierung und Management der Erwachsenen- und Weiterbildung (Modul E)
und das Mastermodul (Modul E) zu zählen sind.
Für angehende JuristInnen ist das Curriculum für das Diplomstudium der
Rechtswissenschaften406 heranzuziehen, das im Verhältnis zum Bachelor- und
Masterstudium Pädagogik eine detaillierte Differenzierung in drei Studienabschnitte
vornimmt. Neben einführenden Lehrveranstaltungen zu rechtlichen Grundlagen im
1. Abschnitt müssen Studierende im 2. Abschnitt u.a. in 10 Fachprüfungen fachspezifische
theoretische Kenntnisse in folgenden Rechtsgebieten erwerben: Verfassungsrecht und
Allgemeine Staatslehre, Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre, Bürgerliches Recht
einschließlich Internationales Privatrecht, Zivilgerichtliches Verfahren, Strafrecht und
Strafprozessrecht, Europarecht, Unternehmensrecht, Völkerrecht, Finanzrecht, Arbeits-
und Sozialrecht.
Im 3. Abschnitt sind Inhalte aus einem Spezialisierungsgebiet zur Erlangung von
speziellem Fachwissen zu wählen.
Kenntnisse wissenschaftlicher Methoden, die Unternehmensverantwortliche bei der
Einstellung von AbsolventInnen zu 22% mit wichtig/sehr wichtig, zu 33% mit manchmal
wichtig und zu 36% mit unwichtig/eher unwichtig bewerten, sind mit jeweils einer
zweistündigen Lehrveranstaltung Inhalt des juristischen und pädagogischen Studienplans.
405
Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen ; https://online.uni-graz.at/kfu_online/wbMitteilungsblaetter.display?pNr=2900494 [15.01.2017]. 406
Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften; http://static.uni-graz.at/fileadmin/rewi/Referat_fuer_Studium_und_Lehre/Gesetze_Verordnungen/Studienplan_2014.pdf [15.01.2017].
193
Abbildung 39: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischen Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben (Sachkompetenz)?407
Unter den Sachkompetenzen ist den Befragten fächerübergreifendes Denken mit 83%
wichtig/sehr wichtig, gefolgt von Kenntnissen in EDV mit 79%. Die Relevanz von
Fremdsprachenkenntnissen (64%), der Fähigkeit, wissenschaftliche Ergebnisse bzw.
Konzepte umzusetzen (54%) und Wirtschaftskenntnisse (52%) schätzen mehr als die
Hälfte als sehr hoch/hoch ein. Es ist anzunehmen, dass Personalverantwortliche, die
JuristInnen einstellen, Rechtskenntnisse unter bereichsspezifische Fachkenntnisse
subsumieren und deshalb schon voraussetzen. Diese werden von 13% als wichtig/sehr
wichtig eingeschätzt.
Spezifische fachübergreifende Kompetenzen sollen laut Studienplan zukünftige
PädagogInnen im Rahmen ihrer freien Wahlfächer (im Ausmaß von 54 ECTS-Anrechnungs-
punkten408) erwerben. Generell richtet sich die Empfehlung auf Lehrveranstaltungen, die
407
Fachübergreifendes Denken: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Kenntnisse in EDV: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Fremdsprachen: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Wirtschaftskenntnisse: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Rechtskenntnisse: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe. 408
Ein ECTS-Anrechnungspunkt entspricht 25 Echtstunden.
194
die Vermittlung von Fähigkeiten des vernetzten Denkens und einer mehr-
perspektivischen Problembearbeitung einbeziehen. Zudem wird explizit auf
Lehrveranstaltungen zur Organisationssoziologie, betriebswirtschaftliche, juristische und
politikwissenschaftliche Fächer sowie Lehrveranstaltungen aus der Frauen- und
Geschlechterforschung hingewiesen.409 Somit finden ebenfalls Wirtschafts- und
Rechtskenntnisse als Empfehlung Eingang in die pädagogische Ausbildung.
Auch in freien Wahlfächern sollen sich Studierende des Masterstudiums Kenntnisse und
Fähigkeiten aus dem eigenen Fach nahe stehenden Gebieten sowie aus Bereichen von
allgemeinem Interesse aneignen. Ausdrücklich empfohlen werden Lehrveranstaltungen
zur Frauen- und Geschlechterforschung sowie Fremdsprachenkenntnisse.410 Zusätzlich
können zukünftige Erwachsenen- und WeiterbildnerInnen in gebundenen Wahlfächern
(Modul G) gezielt in einem Fächerbündel spezifische Inhalte wählen.
Modul G I: Allgemeine Pädagogik und Philosophie
G.1: Allgemeine Pädagogik (Geschlecht in Erziehung, Bildung und Beruf. Eine kritische Bilanz mit Perspektiven) (4 ECTS)
G.2: Seminar zur Allgemeinen Pädagogik (4 ECTS) G.3: Einführung in die Philosophie des Geistes (4 ECTS)
Modul G II: Kultur und Ästhetik
G.4: Kultur und Geschichtlichkeit (4 ECTS) G.5: Ethnographie und Feldforschung (Qualitative Methoden) (4 ECTS) G.6: Allgemeine Museologie oder Denkmalpflege (4 ECTS)
Modul G III: Nachhaltigkeit und Umwelt
G.7: Entwicklung der Globalisierung 1 (3 ECTS) G.8: Mensch-Umwelt-Beziehung (3 ECTS) G.9: Theorien, Methoden und Konzepte der Nachhaltigkeit (3 ECTS) G.10: Globaler Klima- und Umweltwandel (3 ECTS)
Modul G IV: Soziale Kompetenzen
G.11: Kommunikationstraining (3 ECTS) G.12: Gesprächsführung (3 ECTS) G.13: Konfliktmanagement (3 ECTS) G.14: Führen von MitarbeiterInnen und Teams (3 ECTS)
Modul G V: Gender
G.15: Theorien und Methoden kulturwissenschaftl. Geschlechterforschung (4 ECTS) G.16: Geschlechterbilder: Hegemoniale und subversive Imaginationen bzw. Konzeptionen von Geschlecht (4 ECTS) G.17: Grundprobleme der Geschlechtergeschichte (4 ECTS)
Modul G VI: Recht und Management
G.18: Arbeits- und Sozialrecht (4 ECTS) G.19: Unternehmensrecht für die Sozial- & Wirtschaftswissenschaften (4 ECTS) G.20: LV zum Thema Management aus dem Angebot des
Timegate (4 ECTS)
Modul G VII: Ethik und Politik
G.21: Einführung in Sozialphilosophie, Geschichtsphilosophie, Politische Philosophie, Ideologiekritik (4 ECTS)
G.22: Vorlesung aus dem Bereich der Politischen Philosophie (4 ECTS) G.23: Rechtsethik und Rechtspolitik (4 ECTS)
Abbildung 40: Gebundene Wahlfächer des Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung.411
409
https://online.uni-graz.at/kfu_online/wbMitteilungsblaetter.display?pNr=510878 [15.01.2017]. 410
Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen, § 3 Abs. 3. 411
Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen, § 3 Abs. 4.
195
Die Varianten bieten ein breites Spektrum, um sich in einen Bereich zu vertiefen. Der
Hinweis im Bachelorstudium, freie Wahlfächer mit betriebswirtschaftlichen, juristischen
und politikwissenschaftlichen Inhalten zu besuchen, zieht sich im Masterstudium fort,
wobei jene Fächer nunmehr zu den gebundenen Wahlfächern zählen.
JuristInnen müssen im 3. Abschnitt ein Kombinationsfach wählen, das
fächerübergreifende Kenntnisse anhand von konkreten Fällen oder Projekten vermittelt.
Zudem legen die Unterrichtsgrundsätze fest, dass sich die Lehre allgemein am
fächerübergreifenden Lehren und Lernen zu orientieren hat.412 Im Gegensatz zum
Curriculum für PädagogInnen sieht jenes für angehende JuristInnen einen verpflichtend
zu erbringenden Leistungsnachweis im Ausmaß von zwei Semesterstunden413 in einer
lebenden Fremdsprache vor.414
Gleich verhält es sich mit Wirtschaftskenntnissen, die einerseits bereits Teil des
1. Abschnitts (§ 9) sind und andererseits die Möglichkeit besteht, das Spezialisierungs-
gebiet „Wirtschaft“ im 3. Abschnitt zu wählen, das vertiefende Inhalte zum privaten
Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, Insolvenzrecht und Unternehmenssteuerrecht enthält.415
Spezifisch zu erlernende Kenntnisse in EDV sowie wissenschaftliche Ergebnisse und
Konzepte umzusetzen, ist in den beiden Curricula nicht angeführt, obgleich es sich 79%
bzw. 54% der befragten Unternehmensverantwortlichen erwarten.
Die Erwartungshaltung an Methodenkompetenzen rangiert zwischen 71% für analytische
Fähigkeiten und 89% für Organisationsfähigkeit und der Fähigkeit, vorhandenes Wissen
auf neue Probleme anzuwenden.
412
Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, §§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 10. 413
Dies entspricht einer Lehrveranstaltung mit 3 bis 5 ECTS; Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Leistungen im Rahmen von Studienaufenthalten im Ausland anrechenbar. 414
Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, § 5. 415
Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, §§ 9, 13 Abs. 6.
196
Abbildung 41: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Methodenkompetenz)?416
Im Qualifikationsprofil für zukünftige JuristInnen ist die Methodenkompetenz verankert.
Dieses sieht vor, dass sie nach Abschluss ihres Studiums u.a. über Organisationsvermögen
verfügen. Da nicht näher definiert ist, wie dieses erworben wird, ist davon auszugehen,
dass die Vermittlung von Organisationsfähigkeit Teil der zu absolvierenden
Lehrveranstaltungen ist. Gleich verhält es sich mit der Fähigkeit, vorhandenes Wissen auf
neue Probleme anzuwenden und der Problemlösungsfähigkeit. Demnach verfügen
AbsolventInnen über ein juristisches Problembewusstsein und können erworbenes
Fachwissen auf praktische Fälle anwenden. Eine selbständige, kompetente und
zweckmäßige Aufgabenerfüllung von juristischen Tätigkeiten ist das Ziel des
rechtswissenschaftlichen Studiums.417 Zeitmanagement, kritisches Denken und
416
Organisationfähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, vorhandenes Wissen auf neue Probleme anzuwenden: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Selbstständiges Arbeiten: N=91 Personen, 9 Personen machten keine Angabe; Problemlösungsfähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen und zu schließen: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Zeitmanagement: N=91 Personen, 9 Personen machten keine Angabe; Kritisches Denken: N=93 Personen; Analytische Fähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe. 417
Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, 3 f.
197
analytische Fähigkeiten sind nicht Teil des Curriculums. Methodenkompetenz allgemein
erfährt keine nähere Definition, vielmehr lösen Studierende Rechtsfragen nach
„anerkannten Methoden“.
Der Erwerb von Organisationsfähigkeit ist für PädagogInnen nicht nur im
Qualifikationsprofil genannt, sondern Studierende sollten nach Absolvierung des Moduls
„Analyse und Organisation pädagogischer Handlungs- und Berufsfelder“ in der Lage sein,
u.a. in unterschiedlichen Lern- und Arbeitsformen kritisch, bewusst, selbstorganisiert und
selbstreflexiv zu arbeiten. Das Qualifikationsprofil nimmt folgende Untergliederung der zu
erwerbenden Kompetenzbereiche vor:
Fachliche Kompetenzen zur Analyse pädagogischer Prozesse;
Kompetenzen in sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden und deren
Anwendung;
Soziale und persönlichkeitsbildende Kompetenzen;
Methodische und didaktische Handlungskompetenzen;
Spezifische fachübergreifende Kompetenzen;
Im Gegensatz zu Schaeper/Brideis, die Organisationsfähigkeit unter die
Methodenkompetenzen subsumieren, ist im Curriculum u.a. die Fähigkeit zur
Selbstreflexion und Selbstorganisation zu den sozialen und persönlichkeitsbildenden
Kompetenzen zu zählen. Darunter fallen ebenfalls die eigenständige und zielorientierte
Suche nach adäquaten Problemlösungen, eine problemadäquate Situationsanalyse
pädagogischer Prozesse und eine mehrperspektivische Problembearbeitung.418 Die
kritische Reflexion von wissenschaftlichen Analysen und Inhalten (Situationsanalyse,
Datenanalyse, Analyse von Organisationen und Prozessen, gesellschaftskritische Analyse)
ist Teil jedes Moduls. Hingegen ist die Vermittlung von Zeitmanagement nicht Inhalt des
Curriculum.
Die Vermittlung von Organisationsfähigkeit ist auch im Masterstudium Erwachsenen- und
Weiterbildung ein fixer Bestandteil, der im Qualifikationsprofil sowie für den Bedarf und
die Relevanz des Studiums für die Wissenschaft und den Arbeitmarkt Ausdruck findet.
Arbeitsfelder für PädagogInnen mit abgeschlossenem Masterstudium ergeben sich u.a.
418
Curriculum für das Bachelorstudium Pädagogik, 5 f, 24.
198
bei der Konzeption und Organisation beruflicher, innerbetrieblicher Weiterbildung im
Profit- und Non-Profit-Bereich (Bedarfsanalysen, Konzeptentwicklung, Durchführung und
Evaluation, Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, Arbeitsstiftungen,
Recruitment).419 AbsolventInnen sind in der Lage, selbstständig zu arbeiten, da sie
wissenschaftliche und empirische Methoden auf Basis theoretischer Grundlagen und
wissenschaftstheoretischer Zugänge selbstständig entwerfen und umsetzen können.
Analytische Fähigkeiten sind Teil von mehreren Modulen, da Studierende nicht nur
Einblick in die forschungeleitete Analyse der AnbieterInnen und Angebotsstruktur sowie
in die Steuerung des Mehrebenenensytems Erwachsenen- und Weiterbildung erhalten,
sondern auch gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen von Lern- und
Bildungsprozessen Erwachsener systematisch reflektieren und analysieren. Für sie ist es
möglich, anhand komplexer Analyseprozesse Forschungsergebnisse zu erarbeiten.
Anknüpfend an die gebundenen Wahlfächer, in deren Rahmen Studierende des
Curriculums Erwachsenen- und Weiterbildung Sachkompetenzen und u.a.
fachübergreifendes Denken erwerben, fällt auf, dass der Vermittlung von
Sozialkompetenzen, die im Modul G ein eigenes Fächerbündel darstellen, eine große
Relevanz im Verhältnis zum Curriculum des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften
zukommt. Das genannte Fächerbündel vereint die Lehrveranstaltungen
Kommunikationstraining, Gesprächsführung, Konfliktmanagement und Führen von
MitarbeiterInnen und Teams.420
Jene Fähigkeiten und Fertigkeiten finden sich auch in der Erwartungshaltung der
Befragten wieder. An der Spitze liegen mit 91% die Kommunikationsfähigkeit und die
mündliche Ausdrucksfähigkeit. Die Fähigkeit, Sichtweisen und Interessen anderer zu
berücksichtigen (81%), Kooperationsfähigkeit (81%), schriftliche Ausdrucksfähigkeit (74%)
und Konfliktmanagement (68%) stufen mehr als zwei Drittel der Befragten mit einer
hohen/sehr hohen Wichtigkeit ein. Bei den Items Verhandlungsgeschick und
Durchsetzungsvermögen ist die Relevanz geringer, wobei im Verhältnis zu den anderen
Sozialkompetenzen der Prozentsatz der Personen, für die jene Kompetenzen manchmal
419
Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen, § 1 Abs. 4. 420
Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen, § 3 Abs. 4, Anhang I.
199
wichtig sind, mit 26% und 31% höher ist. Führungsqualitäten werden von
UniversitätsabsolventInnen lediglich zu 27% erwartet.
Abbildung 42: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Sozialkompetenz)?421
Im Curriculum für JuristInnen sind Sozialkompetenzen sowie die zuletzt beschriebenen
Methodenkompetenzen im Qualifikationsprofil enthalten, indem AbsolventInnen u.a.
über mündliche und schriftliche Kommunikationskompetenz verfügen.
Lehrveranstaltungsinhalte, sondern können beispielsweise im Rahmen des
Ausbildungsschwerpunktes „Verhandlungskompetenz und Konfliktmanagement“422 im
421
Kommunikationsfähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Mündliche Ausdrucksfähigkeit: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Sichtweisen und Interessen anderer berücksichtigen: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Kooperationsfähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Schriftliche Ausdrucksfähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Konfliktmanagement: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Verhandlungsgeschick: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Durchsetzungsvermögen: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Führungsqualitäten: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe. 422
http://static.uni-graz.at/fileadmin/projekte/mediation/Mediation/AS_Verhandlungskompetenz_Stand_01.10.2015_final.pdf [15.01.2017].
200
3. Abschnitt absolviert werden. Im Curriculum wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass
Studierende insbesondere soziale Kompetenzen im Rahmen der freien Wahlfächer am
Zentrum für Soziale Kompetenz423 der Karl-Franzens-Universität Graz erwerben können.
Kommunikationsfähigkeit sowie mündliche Ausdrucksfähigkeit, die die Befragten mit 91%
am häufigsten von HochschulabsolventInnen erwarten, erwerben PädagogInnen sowohl
in Modul A „Pädagogik – Individuum – Gesellschaft“ als auch im Modul D „Analyse und
Organisation pädagogischer Handlungs- und Berufsfelder“. Demzufolge sollen die
Studierenden nach Absolvierung von Modul A u.a. über die sozialen und fachlichen
Kompetenzen für Kommunikation und Diskurs, Selbstreflexion und Selbstkritik verfügen.
Die Inhalte von Modul D reichen noch weiter, indem Studierende nach Absolvierung
desselben theoretisch fundierte praktische Basiskompetenzen in den Bereichen
Kommunikation, Kooperation, Kollaboration, Konfliktmanagement, Team- und
Gruppenarbeiten für den Einsatz in pädagogischen Handlungs- und Berufsfeldern nutzen
können.424
Diese Zielsetzung fasst die in der empirischen Erhebung abgefragten Items
Kommunikationsfähigkeit bzw. mündliche Ausdrucksfähigkeit (beides 91%), die Fähigkeit,
Sichtweisen anderer zu berücksichtigen (81%), Kooperationsfähigkeit (81%) und
Konfliktmanagement (68%) zusammen. Die Vermittlung von Verhandlungskompetenz,
Durchsetzungsvermögen und Führungsqualitäten ist im Curriculum nicht angeführt.
423
Scala, K./Ferz, S., Vorwort, in: Scala, K. (Hrsg.): Universitäten vermitteln soziale Kompetenz. Das Beispiel Uni Graz (2010) 13 (13 ff.). 424
Curriculum für das Bachelorstudium Pädagogik, 21, 25.
201
Abbildung 43: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Selbstkompetenz)?425
Gleich wie bei den Sozialkompetenzen verhält es sich bei den Selbstkompetenzen, die die
befragten Unternehmensverantwortlichen mit 88% (Fähigkeit, sich auf andere Umstände
einzustellen) 86% (Fähigkeit, konzentriert und diszipliniert zu arbeiten) und 80%
(Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen) voraussetzen.
In den zu analysierenden Curricula sind diese Kompetenzen nicht Teil der universitären
Ausbildung bzw. werden nicht explizit genannt.
3.1.3 Definition des Begriffs soziale Kompetenz
Von den 100 Teilnehmenden haben 67 Personen eine Definition von sozialer Kompetenz
im Fragebogen angeführt.
Aus den Antworten ergeben sich folgende fünf Bereiche, die die Beteiligten am häufigsten
benennen.
425
Fähigkeit, sich auf veränderte Umstände einzustellen: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, konzentriert und diszipliniert zu arbeiten: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe.
202
Teamfähigkeit:
Unter dem Terminus Teamfähigkeit, der 27 Mal genannt wurde, subsumieren die
Beteiligten unterschiedliche Dimensionen. ArbeitnehmerInnen sollten in der Lage sein,
sich in ein Team einzubringen, sich in dieses einzufügen und durch ihr Know- How das
Unternehmen voranzubringen. Sich auf unterschiedliche Rollen und Anforderungen in
einem Team einlassen zu können ist ebenso von Relevanz wie die Fähigkeit, sich in
diesem zu vernetzen und gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten. Unter sozialer Kompetenz
ist des Weiteren zu verstehen, dass Personen gruppendynamische Prozesse und
Stimmungen in einem Team wahrnehmen und auf diese eingehen können.
Konfliktfähigkeit:
Konflikte auszuhalten, zu behandeln und an einer Lösung mitzuarbeiten, ist eine
Kompetenz, die 19 ReponentInnen mit sozialer Kompetenz verbinden. Grundsätzlich
sollte Konflikten vorgebeugt werden, wobei jene Fähigkeit in einem engen
Zusammenhang zu Kritikfähigkeit und -stabilität steht. Konflikt und Kritik sind keine
negativ konnotierten Begriffe, sondern ein angemessener, zukunftsorientierter Umgang
und eine konstruktive Auseinandersetzung stehen im Vordergrund.
Umgang mit Menschen:
Beziehungs- bzw. Emotionsmanagement und die Fähigkeit, sich auf andere Menschen
unterschiedlicher Herkunft, Ausbildung und Funktion einzustellen, sind wichtige
Eigenschaften für 22 VertreterInnen der befragten Unternehmen.
UniversitätsabsolventInnen, die einen positiven Umgang zu KundInnen haben und sich
auf diese einstellen können, werden bei einem Bewerbungsgespräch bevorzugt
eingestellt. Nicht nur der positive Zugang nach außen, sondern vor allem der
wertschätzende und respektvolle Umgang und die effektive Zusammenarbeit mit allen
MitarbeiterInnen zählen für die Beteiligten zur sozialen Kompetenz. Dabei wird
besonderer Wert darauf gelegt, Personen „als Individuen und nicht als Nummern einer
Statistik“ zu sehen. In diesem Zusammenhang ist der Umgang zwischen Führungskräften
und MitarbeiterInnen hervorzuheben. Alle Beteiligten in einem Unternehmen sollten in
der Lage sein, sich auf unterschiedliche Typen und Gruppendynamiken einzustellen. Die
soziale Interaktion bzw. Anschlussfähigkeit, Kontaktfähigkeit und ein konstruktives
Miteinander rücken in den Fokus. Die Befragten stellen eine Verbindung zur
203
Kommunikationsfähigkeit her, indem es für sie wichtig ist, dass Personen gemeinsam ein
Thema besprechen, eine gemeinsame Linie erarbeiten und diese umsetzen können.
Eigene Interessen vehement zu vertreten, steht dem Anspruch gegenüber, Rücksicht auf
andere zu nehmen.
Empathie/Einfühlungsvermögen:
Neben unterschiedlichen Umschreibungen definieren 15 Personen Empathie bzw.
Einfühlungsvermögen konkret als Teil der sozialen Kompetenz. Umschrieben werden die
Begrifflichkeiten mit „sich in andere Personen hineinversetzen können“, „Herz haben“,
„Verständnis für den anderen aufbringen“ oder „die Probleme, Interessen und
Bedürfnisse anderer Menschen nachvollziehen zu können“ (insgesamt 29 Personen).
Kommunikationsfähigkeit/Gesprächsführung:
Kommunikation und eine situationsadäquate, klare Ausdrucksweise sowie auch die
passive Komponente des Zuhörens sind nicht nur wesentliche Faktoren der im Theorieteil
beschriebenen Kompetenzmodelle, sondern auch für 28 Personalverantwortliche der
befragten Unternehmen von immenser Bedeutung. Für diese Dimension werden beinahe
keine Umschreibungen genutzt. Vielmehr wird differenziert, dass Kommunikation auch zu
anderen Kulturen Relevanz besitzt.
3.1.4 Kompetenzgewichtung im Studium
Um nicht nur die Erwartungen einer Ist-Analyse zu unterziehen, gaben die Befragten
darüber Auskunft, welche Kompetenzen in rechtswissenschaftlichen und pädagogischen
Studien in Zukunft mehr Gewicht erhalten sollten.
Betrachtet man die Gewichtung in den aktuellen Curricula, fällt auf, dass Studierende des
Bachelorstudiums Pädagogik ausformuliert nachlesen können, welche Kompetenzen sie
erwerben sollten.
Fachliche Kompetenzen zur Analyse pädagogischer Prozesse
Die Basis für eine problemadäquate Situationsanalyse pädagogischer Prozesse bilden erziehungs-, human-, sozial-, geistes- und naturwissenschaftliche Theorien sowie Kenntnisse aus systematischer, historischer und vergleichender Erziehungs- und Bildungswissenschaft und fundierte Einblicke in Theorie und Praxis pädagogischer Handlungsfelder.
Kompetenzen in sozial-wissenschaftlichen Forschungsmethoden und deren Anwendung
Fundierte Kenntnisse über Methoden der quantitativen und qualitativen Sozialforschung bilden die Voraussetzungen für anwendungsorientiertes wissenschaftliches Arbeiten und für die Grundlagenforschung. Weiters werden die Studierenden zur Planung, Durchführung und Evaluation
204
sozialwissenschaftlicher Forschung befähigt. Sie sind in der Lage, sich kritisch mit den gewonnenen Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung auseinanderzusetzen und diese angemessen zu interpretieren.
Soziale und persönlich-keitsbildende Kompetenzen
Als wesentliche Grundlage für die pädagogische Arbeit erwerben die Studierenden während des Studiums vor allem kommunikative und kooperative Kompetenz sowie Kritik- und Konfliktfähigkeit. Sie sind in der Lage, eigenständig und zielorientiert nach adäquaten Problemlösungen zu suchen. Kritisches Bewusstsein sowie die Fähigkeit zur Selbstreflexion und Selbstorganisation werden speziell gefördert.
Methodische und didaktische Handlungskompetenzen
Studierende erlangen durch kreative und kommunikative Lehr- und Lernformen im Studium die Fähigkeit zu eigenständiger beruflicher Tätigkeit und verfügen damit über vielfältige didaktische und methodische Handlungskompetenzen, wie etwa die optimale Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen, die gezielte Auswahl inhaltsadäquater Lehr- und Lernmethoden in der Bildungsarbeit sowie den effizienten Einsatz von Medien.
Spezifische fachübergreifende Kompetenzen
Darüber hinaus wird den Studierenden vorgeschlagen, fachübergreifende Lehrveranstaltungen bei der Wahl ihrer freien Wahlfächer zu berücksichtigen. Empfohlen werden Lehrveranstaltungen, die sich auf die Fähigkeit des vernetzten Denkens und einer mehr-perspektivischen Problembearbeitung beziehen. In diesem Zusammenhang werden auch Lehrveranstaltungen aus Organisationssoziologie bzw. betriebswirtschaft-lichen, juristischen und politikwissenschaftlichen Fächern sowie Lehrveranstaltungen aus der Frauen- und Geschlechterforschung empfohlen.
Tabelle 19: Kompetenzbereiche im Curriculum des Bachelorstudiums der Pädagogik.426
Bei dieser Gliederung fällt auf, dass zwischen den einzelnen Kompetenzdimensionen427
genau unterschieden wird. Diese reichen von Fachkompetenzen, die sich an
pädagogischen Prozessen in Anlehnung an unterschiedliche Theorien orientieren über
soziale und persönlichkeitsbildende Kompetenzen, die näher formuliert werden bis hin zu
speziellen Methodenkompetenzen in der sozialwissenschaftlichen Forschung. Dabei fällt
auf, dass PädagogInnen über einen breiten Wissensschatz in der Methodik verfügen.
Denn neben den bereits erwähnten Forschungsmethoden, sind methodische und
didaktische Handlungskompetenzen, d.h. die Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen, die
Auswahl geeigneter Lehr- und Lernmethoden sowie der effiziente Einsatz von Medien,
zentrale Elemente der Ausbildung. Zur Erlangung von fachübergreifenden Kompetenzen
sollten Studierende Wahlfächer in unterschiedlichen Fachrichtungen wählen. Die Auswahl
dieses zu absolvierenden Stundensausmaßes in Form von freien Wahlfächern lässt auf
den ersten Blick vermuten, dass mit 54 ECTS-Anrechnungspunkten ein geringes
Kontingent zur eigenständigen Auswahl besteht. Bei näherer Betrachtung des
Arbeitsaufwandes für das gesamte Studium von 180 ECTS-Anrechnungspunkten, wobei
426
Curriculum für das Bachelorstudium Pädagogik, 5 f. 427
Siehe hierzu Kapitel I. 3. zu unterschiedlichen Handlungskompetenzmodellen.
205
die Bachelorarbeit mit 12 ECTS und die verpflichtende Praxis mit 10 ECTS gewichtet sind,
können Studierende beinahe ein Drittel ihrer Lerninhalte, in denen sie spezifische
fachübergreifende Kompetenzen erwerben sollen, frei wählen. Bei Absolvierung des
Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung können die
Studierenden Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 8 ECTS-Anrechnungspunkten frei
wählen. 428
Ein Vergleich der Anzahl der Wahlfächer zum rechtswissenschaftlichen Diplomstudium
zeigt, dass in diesem lediglich 12 ECTS zur freien Wahl zur Verfügung stehen. Diese
können insbesondere für einen Ausbildungsschwerpunkt der Rechtwissenschaftlichen
Fakultät oder für den Erwerb sozialer Kompetenzen am Zentrum für Soziale Kompetenz
der Karl-Franzens-Universität Graz in Anspruch genommen werden.429
Während das Bachelorstudium Pädagogik auf spezifische Kompetenzen detailliert
eingeht, sind im rechtswissenschaftlichen Curriculum Qualifikationen und Kompetenzen
von AbsolventInnen allgemeiner beschrieben. In der Abhandlung der allgemeinen und
breiten juristischen Bildung sind die Inhalte des 1. und 2. Abschnitts nochmals aufgezählt.
1. Kenntnisse über die Entwicklung vom römischen bis zum österreichischen und europäischen Recht
4. Kenntnisse in Rechtstheorie und Rechtsmethodenlehre
2. Kennnisse in den Kernfächern des österreichischen Rechts (Öffentliches Recht, Privatrecht, Strafrecht; inklusive des jeweiligen Prozessrechts)
5. Kenntnisse in Rechtspolitik und Rechtsethik, Volkswirtschaftslehre für juristische Belange, internem und externem Rechnungswesen, Politikwissenschaften
3. Kenntnisse in den teilweise verselbständigten Sondermaterien Arbeits- und Sozialrecht, Finanzrecht, Insolvenzrecht sowie Unternehmensrecht
6. Kenntnisse der Rechtsinformatik sowie Verwendung facheinschlägiger Datenbanken
Tabelle 20: Inhalte des 1. und 2. Abschnitts des Rechtswissenschaftlichen Studiums.
Des Weiteren besitzen AbsolventInnen spezialisiertes Wissen in einem Bereich, den sie im
3. Abschnitt430 selbständig wählen können.
428
Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen, § 3 Abs. 3. 429
Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, 6 f. 430
Eine Auswahl ist zwischen den Bereichen internationale Beziehungen, Justiz, öffentliche Verwaltung, Politik und Gesellschaft sowie Wirtschaft zu treffen.
206
In den nächsten Punkten werden konkrete Kompetenzen angeführt:
Juristisches Problembewusstsein und rechtswissenschaftliche Argumentation;
Anwendung von erworbenem Fachwissen auf praktische Fälle sowie Lösung
von Rechtsfragen nach anerkannten Methoden unter Erstellung eines
wissenschaftlichen Anmerkungsapparates;
Nutzung von Fachliteratur und Analyse von Gerichtsentscheidungen;
Universelle und interdisziplinäre Anwendung von erworbenem Wissen;
Juristische Argumentation in einer Fremdsprache;
Bewusstsein über mögliche ethische, gesellschaftliche und ökonomische
Implikationen;
Teamfähigkeit, mündliche und schriftliche Kommunikationsfähigkeit sowie
Organisationsvermögen.431
Ein Vergleich der Kompetenz- bzw. Qualifikationserfordernisse zeigt, dass neben den
fachlichen Kompetenzen beispielsweise methodische Kompetenzen ausführlich für
PädagogInnen angeführt sind. Hingegen verweist das Curriculum für
RechtswissenschaftlerInnen generell auf „anerkannte Methoden“. Soziale und
persönlichkeitsbildende Kompetenzen, die PädagogInnen in ihrem Studium erwerben,
sind ebenfalls im Detail verankert, wohingegen sich JuristInnen diese mit Ausnahme von
Teamfähigkeit, mündlicher und schriftlicher Kommunikationsfähigkeit sowie
Organisationsvermögen im Rahmen ihrer freien Wahlfächer (12 ECTS) aneignen sollen.
431
Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, 3 f.
207
Abbildung 44: Welche Kompetenzen sollten in der akademischem Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten (Bereichsspezifische Fachkompetenz)?432
Aufgrund der beschriebenen Kompetenzen in den beiden Curricula verwundert es nicht,
dass sich Unternehmensverantwortliche lediglich zu 27% dafür aussprechen, speziellem
Fachwissen eine größere Gewichtung zukommen zu lassen. Die Vermittlung von
bereichsspezifischen Fachkompetenzen sollte zu 58% (spezielles Fachwissen), 55%
(Kenntnis wissenschaftlicher Methoden) sowie 57% (fachspezifische theoretische
Kenntnisse) gleich bleiben. 17% bzw. 18% der Befragten sprechen sich sogar dafür aus,
dass zukünftig fachspezifische theoretische Kenntnisse bzw. die Kenntnis
wissenschaftlicher Methoden weniger in das Studium Eingang finden sollten.
432
Spezielles Fachwissen: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Fachspezifische theoretische Kenntnisse: N= 87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Kenntnis wissenschaftlicher Methoden N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe.
208
Abbildung 45: Welche Kompetenzen sollten in der akademischem Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten (Sachkompetenz)?433
Bei der Sachkompetenz liegt das fachübergreifende Denken mit 67% mehr Gewichtung an
erster Stelle. Bei einem Vergleich dieses Prozentsatzes mit den Curricula fällt auf, dass
dieses Item bei JuristInnen in Lehrveranstaltungen über Sozial- und
Wirtschaftswissenschaften und durch konkrete Fälle, Projekte, Prozessspiele (Moots
courts) gefördert wird. Zusätzlich hat sich nach § 2 Abs. 2 die Lehre stets am Grundsatz
des fächerübergreifenden Lehrens und Lernens zu orientieren. Eine nähere
Konkretisierung, wie diesem Grundsatz gerecht zu werden ist, ist dem Curriculum nicht zu
entnehmen.434
Die Items wissenschaftliche Ergebnisse/Konzepte umsetzen und Fremdsprachen sollten
nach Meinung von 59% und 47% der Befragten mehr Gewicht im Studium erhalten. Bei
433
Fachübergreifendes Denken: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Kenntnisse in EDV: N=87 Personen; Fremdsprachen: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Wirtschaftskenntnisse: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Rechtskenntnisse: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe. 434
Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, 3, 5, 17.
209
Wirtschaftskenntnissen, Rechtskenntnissen und Kenntnissen in EDV überwiegen jene
Personen, die diese Kompetenzen mit einer gleich bleibenden Gewichtung bewerten.
Wirtschaftskenntnisse finden bei JuristInnen als fachübergreifendes Wissen
Berücksichtigung, für PädagogInnen enthält das Curriculum eine Empfehlung, freie
Wahlfächer u.a. zu betriebswirtschaftlichen und juristischen Inhalten zu belegen.
Abbildung 46: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten (Methodenkompetenz)?435
Vorhandenes Wissen auf neue Probleme anzuwenden, erhält von
Unternehmensverantwortlichen mit 70% den größten Zuspruch für eine höhere
Gewichtung. Außerdem sollten kritisches Denken (58%) und Problemlösungsfähigkeit
(57%) häufiger vermittelt werden. Mehr als die Hälfte der Befragten plädieren für die
435
Organisationfähigkeit: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, vorhandenes Wissen auf neue Probleme anzuwenden: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Selbstständiges Arbeiten: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Problemlösungsfähigkeit: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen und zu schließen: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Zeitmanagement: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Kritisches Denken: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Analytische Fähigkeit: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe.
210
Items Wissenslücken erkennen und schließen (53%), selbstständiges Arbeiten (48%) und
Organisationsfähigkeit (45%).
Abbildung 47: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten (Sozialkompetenz)?436
Unter den Sozialkompetenzen erhält das Item Sichtweisen und Interessen anderer
berücksichtigen mit 67% am meisten Zuspruch, mehr Gewicht im Studium zu erhalten.
Inhalte zur Vermittlung von Kommunikationsfähigkeit (65%), Kooperationsfähigkeit (54%)
und Konfliktmanagement (55%) sind zwar im Curriculum des Bachelorstudiums für
Pädagogik enthalten, sollten aber dennoch mit einem hohen Prozentsatz eine höhere
Gewichtung haben. JuristInnen sollten laut Studienplan über mündliche und schriftliche
Kommunikationskompetenz verfügen, dennoch sind m.E. Konflikt- und
Kooperationsfähigkeit entscheidende Inhalte zur Klärung von Anspruchsgrundlagen. Denn
436
Kommunikationsfähigkeit: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Mündliche Ausdrucksfähigkeit: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Sichtweisen und Interessen anderer berücksichtigen: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Kooperationsfähigkeit: N=86 Personen, 14 Personen machten keine Angabe; Schriftliche Ausdrucksfähigkeit: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Konfliktmanagement: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Verhandlungsgeschick: N=86 Personen; Durchsetzungsvermögen: N=89 Personen, 14 Personen machten keine Angabe; Führungsqualitäten: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe.
211
hinter jeder juristischen Fragestellung wird zwangsnotwendigerweise eine Abweichung
zwischen Meinungen von zwei oder mehreren Parteien bestehen. Verhandlungsgeschick
(41%) ist in beiden Curricula nicht vertreten, allerdings für Personalverantwortliche eine
Kompetenz, über die AbsolventInnen bereits verfügen sollten.
Abbildung 48: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten (Selbstkompetenz)?437
Obgleich nach der Analyse der Curricula feststeht, dass Selbstkompetenzen nicht
enthalten sind, sollte aus Sicht der Befragten insbesondere der Fähigkeit, sich auf
veränderte Umstände einzustellen (58%) und der Fähigkeit, Verantwortung zu
übernehmen (58%) mehr Gewicht im pädagogischen und rechtswissenschaftlichen
Studium zukommen.
Neben der Erwartungshaltung an Studierende und der zukünftigen Gewichtung von
Kompetenzen im Studium beantworteten die TeilnehmerInnen die Frage, ob sie interne
Weiterbildung anbieten.
437
Fähigkeit, sich auf veränderte Umstände einzustellen: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, konzentriert und diszipliniert zu arbeiten: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe.
212
3.1.5 Bieten Sie interne Weiterbildung an?
Die Frage nach dem Angebot von interner Weiterbildung bejahten 70% der Befragten.
30% bieten keine interne Weiterbildung an.
Abbildung 49: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (N=73).
Wiederum aufbauend auf die Kompetenzstruktur von Schaeper/Brideis ist die Frage
auszuwerten, welche Weiterbildung von Fähigkeiten und Fertigkeiten in Unternehmen
intern erfolgt. Von den an der Erhebung teilnehmenden 100 Unternehmens-
verantwortlichen beantworteten 61 Personen diese offene Fragestellung.
Bereichsspezifische Fachkompetenz
Den Begriff Fachkompetenz nennen die Befragten mit 33 Mal am häufigsten. Diese
umfasst die Beschreibung des beruflichen Wissens und Könnens, d.h. welche fachlichen
Kompetenzen sind für eine bestimmte Aufgabe erforderlich. Auch der Kontakt und
Umgang mit KlientInnen und KundInnen als spezielles Fachwissen und die Kenntnis
wissenschaftlicher Methoden wird jeweils zwei Mal angeführt.
Sachkompetenz
Das interne Weiterbildungsangebot der Sachkompetenz ist bei der Vermittlung von EDV-
(16 Nennungen) und Fremdsprachenkenntnissen (17 Nennungen) am umfangreichsten.
Bei Rechts- und Wirtschaftskenntnissen besteht für fünf Befragte der Bedarf zur
vertieften Auseinandersetzung nach Abschluss des Studiums.
213
Methodenkompetenz
Im Verhältnis zu den Sachkompetenzen nehmen die Befragten bei
Methodenkompetenzen keine nähere Differenzierung vor. Hingegen stellen diese bei den
sechs Nennungen immer einen Bezug zu Fach- und Sozialkompetenzen her.
Sozialkompetenz
Weiterbildungsmaßnahmen zur Vermittlung von unterschiedlichen Sozialkompetenzen
bieten die befragten Unternehmensverantwortlichen im Verhältnis zu den anderen
Kompetenzen am häufigsten an. Dazu zählen Fortbildungen zur Erweiterung von
Führungs- (25 Nennungen), Kommunikations- bzw. Konfliktlösungs- (16 Nennungen) und
Projektmanagementkompetenzen (11 Nennungen). Seltener nennen die Befragten
Gender/Diversity (4 Nennungen), interkulturelle Kompetenzen (2 Nennungen),
Präsentationsfähigkeiten (2 Nennungen) und Verhandlungskompetenzen (2 Nennungen).
Neben diesen genauen Ausführungen konnte 15 Mal der Begriff Persönlichkeitsbildung
bzw. -entwicklung erhoben werden, eine genauere Definition führten die Beteiligten nicht
an.
Selbstorganisationskompetenz
Selbstorganisationskompetenzen werden wie Methodenkompetenzen jeweils sechs Mal
genannt. Diese unterteilen die Befragten in Organisationsfähigkeit (2 Nennungen), die
Fähigkeit, sich auf unterschiedliche Situationen einzustellen (2 Nennungen) und
Zeitmanagement (2 Nennungen).
4. Analyse der Stellenausschreibungen
Für eine umfangreiche Beantwortung der Forschungsfrage und in Fortführung der
qualitativen und quantitativen Erhebungen ist es erforderlich, Stellenausschreibungen für
angehende RechtswissenschaftlerInnen und PädagogInnen anhand des
Anforderungsprofils in einer Stellenausschreibung zu analysieren.
4.1. Anforderungsprofil
Ein Anforderungsprofil beinhaltet jene Kriterien, die ein(e) zukünftige(r) StelleninhaberIn
erfüllen sollte. Es handelt sich um eine Sammlung der Vorstellungen der
214
EntscheidungsträgerInnen und ist für diese die Basis für ein zweckdienliches und faires
Such- und Auswahlverfahren. Im Gegensatz erhält der/die BewerberIn Informationen
über die zu besetzende Stelle. Weuster stellt klar, dass die Voraussetzung für ein
effizientes Auswahlinstrument die Definition eines gültigen Anforderungsprofils ist. Fehlt
ein solches, beurteilen Personalverantwortliche BewerberInnen auf der Basis von
Sympathie und Antipathie und somit nach subjektiven Vorstellungen. Aufgrund eines
ungenügenden Anforderungsprofils nehmen stereotype Auffassungen Einfluss auf die
Auswahlentscheidung oder der Arbeitsgewinn sowie das Einkommen treten in den
Hintergrund.438
4.2. Stichprobenbeschreibung
Für die Stichprobe wurden Stellenausschreibungen auf unterschiedlichen
Internetplattformen und Online-Zeitungen in drei Zeiträumen gesucht und dokumentiert.
Von den Ergebnissen der untersuchten Stichprobe kann auf die Grundgesamtheit439
geschlossen werden.440 Im Rahmen der Dissertation erfolgte die Auswahl der
Stellenanzeigen unter der folgenden Einschränkung. Die Abfrage umfasste ausschließlich
Stellenausschreibungen für BerufseinsteigerInnen mit rechtswissenschaftlichem oder
pädagogischem Studienabschluss. Die Suche beschränkte sich auf die Internetplattformen
karriere.at und jene des AMS sowie die Online-Zeitungen des Standard und der Kleinen
Zeitung. Sie bezog sich auf Stellenausschreibungen in ganz Österreich, da davon
ausgegangen werden kann, dass AbsolventInnen der Karl-Franzens-Universität Graz sich
auch in anderen Bundesländern bewerben. Für eine ausreichende Anzahl an zu
analysierenden Inseraten ergaben sich drei Abfragezeiträume von jeweils zwei Monaten
(Mai/Juni 2015, September/Oktober 2015, Mai/Juni 2016), in denen jeweils 50
Arbeitsplatzangebote für JuristInnen und PädagogInnen den festgelegten Kriterien
entsprechend recherchiert werden konnten. Die Stellenausschreibungen für
PädagogInnen enthalten solche für HochschulabsolventInnen mit Abschluss der
Masterstudien der Weiterbildung – Lebensbegleitenden Bildung.
438
Weuster, A., Personalauswahl3, 37 f.
439 Unter der Grundgesamtheit sind alle Merkmalseinheiten, die untersuchbar sind und die die gleichen
Merkmale bzw. Merkmalskombinationen aufweisen, zu verstehen; siehe hierzu Raithel, J., Quantitative Forschung: Ein Praxiskurs (2008) 54. 440
Döring, N./Bortz, J., Forschungsmethoden und Evaluation in den Sozial- und Humanwissenschaften5
(2016) 292.
215
4.3. Methode
Die Analyse der Stellenausschreibungen erfolgt anhand der von Universitäts-
absolventInnen geforderten Kompetenzen.
Diese sind – gleich wie in der qualitativen und quantitativen Erhebung – in das
Kompetenzmodell von Schaeper/Briedis441 einzuordnen, wobei wiederum zwischen
bereichsspezifischer Fachkompetenz, Sachkompetenz, Methodenkompetenz,
Sozialkompetenz und Selbstkompetenz zu differenzieren ist.
In der Analyse ist nunmehr festzustellen, wie häufig die Nennung der Anforderungen in
den Stellenanzeigen erfolgt. Je häufiger einzelne Kompetenzen genannt werden, umso
eher ist darauf zu schließen, dass diese allgemein von Relevanz sind. Die vereinzelte
Nennung einer Anforderung legt nahe, dass sie nur in speziellen Unternehmen
wesentliche Bedeutung besitzt.
Durch die beschriebene Analysetechnik ist ebenfalls aufzuzeigen, ob
Unternehmensverantwortliche von BerufseinsteigerInnen mit juristischen und
pädagogischen Hochschulabschlüssen unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten
erwarten.
4.4. Auswertung Rechtswissenschaften
Als bereichsspezifische Fachkompetenzen enthalten alle Stellenausschreibungen den
Abschluss eines rechtswissenschaftlichen Studiums inklusive abgeschlossenem
Gerichtspraktikum, wenngleich ebenfalls Zusatzqualifikationen wie der Abschluss eines
wirtschaftlichen Studiums, LL.M., MBA, Doktorat oder vergleichbare postgraduale
Studien, Praktika oder die Vertiefung in ein bestimmtes Rechtsgebiet (z.B. Arbeitsrecht,
Unternehmensrecht, Kartellrecht, Steuerrecht, Medizinrecht usw.) erfüllt werden sollten.
Publikationen in Fachzeitschriften, Erfahrungen im Projektmanagement/Change
Management und überdurchschnittliche Studienleistungen können sich vorteilhaft auf
den Bewerbungsprozess auswirken.
In den 50 Stellenausschreibungen verlangten Unternehmensverantwortliche am
häufigsten die Methodenkompetenz „selbständiges Arbeiten“ (31 Nennungen). Darunter
441
Siehe hierzu Kapitel I. 3.7.
216
sind Items wie eine lösungsorientierte, sorgfältige, strukturierte, zielorientierte,
gewissenhafte und präzise Arbeitsweise zu subsumieren. Zukünftige juristische
MitarbeiterInnen sollten über einen professionellen Arbeitsstil verfügen, Eigeninitiative
zeigen und eigenverantwortlich handeln. Ein gewisses Maß an Verantwortung zu
übernehmen und verantwortungsbewusst zu agieren, wird von HochschulabsolventInnen
erwartet. Es ist auffallend, dass sich die Anforderungen auf Methodenkompetenzen
allgemein konzentrieren, denn AbsolventInnen sollten 20 Stellenausschreibungen zufolge
über ein hohes Maß an Flexibilität, Einsatzfreude und Belastbarkeit, d.h. über ein gutes
Zeitmanagement, verfügen.
Für 12 Unternehmen sind analytische Fähigkeiten (Analysefähigkeit und analytisches
Denken) von Relevanz, für 10 Unternehmen spielt die Fähigkeit, Wissenslücken zu
erkennen und zu schließen, im Arbeitsalltag eine wichtige Rolle. Jene Fähigkeit wird mit
der Freude an Weiterbildung, der Motivation zur raschen Einarbeitung in neue
Rechtsgebiete bzw. für eine abwechslungsreiche Tätigkeit sowie Lern-, Spezialisierungs-,
Weiterentwicklungs- und Leistungsbereitschaft umschrieben.
Stellenausschreibungen Rechtswissenschaften Abfragezeiträume: Mai/Juni 2015, September/Oktober 2015, Mai/Juni 2016
Rang Kompetenz Item Formulierung in der
Stellenausschreibung
Häufigkeit der
Nennung
1. Sachkompetenz Fremdsprachen Englischkenntnisse, Sprachkenntnisse,
Fremdsprachenkenntnisse 32
2. Methodenkompetenz Selbständiges
Arbeiten
Selbstständige, zielorientierte, präzise, gewissenhafte, strukturierte
Arbeitsweise; lösungsorientiertes, sorgfältiges
Arbeiten; professioneller Arbeitsstil; Selbstständigkeit; Eigeninitiative;
Eigenverantwortung; Verantwortung übernehmen; Verantwortungsbewusstsein;
31
3. Sozialkompetenz Sichtweisen und
Interessen anderer berücksichtigen
Teamgeist, Teamfähigkeit, Zusammenarbeit mit Personen,
Teamarbeit, Teamspirit, Teamorientierung, Stärkung der
Teamperformance
23
4. Methodenkompetenz Zeitmanagement Flexibilität, Einsatzfreude,
Belastbarkeit 20
5. Sachkompetenz EDV-Kenntnisse EDV-Kenntnisse 15
6. Sozialkompetenz Kommunikations-
fähigkeit
Kommunikation, Kommunikationsstärke,
Ausgeprägte Kommunikation, Kommunikationsfähigkeit,
Kommunikative Persönlichkeit
12
217
7. Methodenkompetenz Analytische
Fähigkeit
Unternehmerisches Denken, lösungsorientiertes Denken,
analytisches Denken, Analysefähigkeit
12
8. Selbstkompetenz Fähigkeit, sich auf andere Umstände
einzustellen Sicheres, gepflegtes Auftreten 12
9. Methodenkompetenz
Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen und zu
schließen
Eigenmotivation, Freude an Weiterbildung, Motivation zur raschen Einarbeitung in neue
Rechtsgebiete, geistige Wendigkeit, Lernbereitschaft, Spezialisierungs-
und Weiterentwicklungsbereitschaft, Motivation für abwechslungsreiche
Tätigkeit, Leistungsbereitschaft
10
10. Sachkompetenz Wirtschafts-kenntnisse
Interesse für wirtschaftliche, technische und unternehmerische Zusammenhänge, wirtschaftliches
Denken, wirtschaftliches Verständnis, fundierte Kenntnisse im
Wirtschaftsrecht, betriebswirtschaftliches Verständnis
(Grundwissen), ausgeprägtes wirtschaftliches Interesse
6
11. Sozialkompetenz Verhandlungs-
geschick
Ausgeprägtes Verhandlungsgeschick, Freude am Verhandeln, routinierte
Gesprächs- und Verhandlungsführung
6
Tabelle 21: Stellenausschreibungen Rechtswissenschaften; Ranking der Kompetenzen.
In 30 Inseraten sind perfekte, sehr gute, exzellente oder ertrags- bzw.
verhandlungssichere Englischkenntnisse – Fremdsprachen zählen zur Sachkompetenz –
gefordert. Verbunden mit den erforderlichen Fremdsprachen fällt auf, dass perfekte
Deutschkenntnisse nicht selbstverständlich sind, sondern diese extra angeführt werden
(perfektes, ausgezeichnetes Deutsch oder Deutsch als Muttersprache). Ebenfalls zur
Sachkompetenz sind EDV-Kenntnisse und Wirtschaftskenntnisse zuzurechnen.
Erstere sind 15 Mal – beispielsweise mit Begrifflichkeiten wie PC-AnwenderInnen-
kenntnisse, hohe IT- und Onlineaffinität, versierter bzw. ausgezeichneter Umgang mit MS
Office – Teil der Stellenausschreibung. Wirtschaftskenntnisse (6 Nennungen) sind hin-
gegen seltener vertreten, jedoch im Detail als Interesse für wirtschaftliche, technische
und unternehmerische Zusammenhänge, ausgeprägtes wirtschaftliches Denken bzw.
Verständnis oder betriebswirtschaftliches Wissen bezeichnet.
Die Sozialkompetenz „Sichtweisen und Interessen anderer berücksichtigen“ sollten
BewerberInnen von 23 Stelleninseraten erfüllen, indem sie über Teamgeist, -fähigkeit,
218
-spirit oder -orientierung verfügen und gut mit anderen Persönlichkeiten
zusammenarbeiten können. Explizit werden auch Kommunikationsfähigkeit
(12 Nennungen) und Verhandlungsgeschick (6 Nennungen) als Sozialkompetenz genannt.
Untere erstere sind die Formulierungen Kommunikationsstärke, ausgeprägte
Kommunikation oder kommunikative Persönlichkeit einzuordnen, unter letztere
ausgeprägtes Verhandlungsgeschick, Freude am Verhandeln oder routinierte Gesprächs-
und Verhandlungsführung.
Die Erwartungshaltung erstreckt sich ebenso auf die Selbstkompetenz „Fähigkeiten, sich
auf andere Umstände einzustellen“. Demnach ist ein sicheres und gepflegtes Auftreten
verbunden mit einer hohen Service- und KundInnenorientierung eine Voraussetzung.
Weniger als sechs Nennungen entfallen auf die Begrifflichkeiten Engagement,
Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Loyalität, Hands-on Mentalität, Führerschein B, Termintreue,
soziale Kompetenz als allgemeiner Begriff oder Erfahrung im Umgang mit
Rechtsdatenbanken.
4.5. Auswertung Pädagogik
Auffallend ist, dass das Stellenprofil für PädagogInnen oftmals AbsolventInnen anderer
Studienrichtungen umfasst. Zu diesen zählen PsychologInnen, LehrerInnen mit Praxis oder
GermanistInnen, aber auch mehrjährige Erfahrung in einem bestimmten der Pädagogik
nahen Bereich ist ausreichend. Im Gegensatz dazu, dass für juristische Berufe
ausschließlich ein universitärer Abschluss als Voraussetzung angeführt ist, sind die
fachlichen Grundausbildungen für PädagogInnen vielschichtiger. Einer universitären
Ausbildung sind unterschiedliche FH-Studien, Kollegs, BAKIP, abgeschlossene Akademie
für Sozialarbeit bzw. pädagogische Akademie oder abgeschlossene Ausbildung zu
dem/der Lebens- und SozialarbeiterIn gleich gestellt.
Hinzu kommt ein Katalog mit zahlreichen gewünschten Zusatzqualifikationen. Anzuführen
sind eine Zusatzausbildung im DaF/DaZ-Bereich, im Bereich Kompetenzbilanzierung oder
Suchtprävention, TrainerInnen- und Coachingausbildungen, ein gültiges Gender
Mainstreaming und Diversity Zertifikat und die Befähigung zum fundierten
wissenschaftlichen Arbeiten. All die genannten Qualifikationen sollen die BewerberInnen
219
nachweislich in einem bestimmten Stunden- bzw. Tagesausmaß erbracht haben.
Einschlägige Berufserfahrungen in Form von Praktika während der Grundausbildung
vermeinen selbstverständlich zu sein.
In den 50 pädagogischen Stellenausschreibungen war ebenfalls die Methodenkompetenz
„selbständiges Arbeiten“ mit 20 Nennungen am häufigsten vertreten, worunter vor allem
eine selbständige, lösungsorientierte und gewissenhafte Arbeitsweise zu verstehen ist.
Des Weiteren ist Zeitmanagement, d.h. zeitliche und örtliche Flexibilität und
Belastbarkeit, für jene Berufsgruppen wichtig (14 Nennungen). AbsolventInnen einer
pädagogischen Ausbildung sollten überdies über Organisationsfähigkeit (9 Nennungen)
verfügen, die in Inseraten genau beschrieben ist. Zu den Aufgabengebieten zählen
Projektvorstellung, Projektmanagement und Projektkoordination sowie die
projektbezogene Beantragung und Abrechnung von Fördergeldern. Unter analytischen
Fähigkeiten sind lösungsorientierte, ausgeprägte analytische und konzeptionelle
Fähigkeiten sowie logisches Denkvermögen zu subsumieren (8 Nennungen).
Stellenausschreibungen Pädagogik Abfragezeiträume: Mai/Juni 2015, September/Oktober 2015, Mai/Juni 2016
Rang Kompetenz Item Formulierung in der
Stellenausschreibung
Häufigkeit der
Nennung
1. Methodenkompetenz Selbständige Arbeitsweise
Selbstständige, zielorientierte, präzise, gewissenhafte, strukturierte
Arbeitsweise; sorgfältiges Arbeiten;
professioneller Arbeitsstil, Selbstständigkeit, Eigeninitiative,
Eigenverantwortung, Verantwortungsbewusstsein,
Lösungsorientierung
20
2. Sozialkompetenz Kommunikations-
fähigkeit
Kommunikation, Kommunikationsstärke,
ausgeprägte Kommunikation, Kommunikationsfähigkeit,
Kommunikative Persönlichkeit, Know- How in der Gesprächsführung,
gute Menschenkenntnis und geübt im aktiven Zuhören
15
3. Sachkompetenz EDV-Kenntnisse
Gute EDV Kenntnisse, sehr gute PC Kenntnisse, sehr gute MS-Office
Kenntnisse, Know-How im Umgang mit neuen Medien, ECDL-Zertifikat
von Vorteil, IT-Affinität
14
4. Methodenkompetenz Zeitmanagement Flexibilität, zeitliche Flexibilität,
hohes Maß an Flexibilität Einsatzfreude, Belastbarkeit
14
5. Selbstkompetenz Fähigkeit, sich auf Sicheres gepflegtes, 14
220
andere Umstände einzustellen
kundenorientiertes und überzeugendes Auftreten,
Kunden- und Serviceorientierung, dienstleistungs- und
kundInnenorientiertes Auftreten, rhetorisch versiertes Auftreten
6. Sozialkompetenz Sichtweisen und
Interessen anderer berücksichtigen
Teamgeist, Teamfähigkeit, Zusammenarbeit mit Personen,
Teamarbeit, Teamspirit, Teamorientierung
14
7. Methodenkompetenz Organisations-
fähigkeit (Projektmanagement)
Projektvorstellungen, Projektmanagement,
Projektkoordination, Erfahrung in CSR und Projektarbeit,
Projektbezogene Beantragung + Abrechnung von Fördergeldern,
Unterstützung bei Projekten
9
8. Methodenkompetenz Analytische
Fähigkeit
Unternehmerisches, lösungsorientiertes, analytisches
Denken, ausgeprägte analytische und konzeptionelle Fähigkeiten
analytisches, logisches Denkvermögen, ausgezeichnete
analytische Fähigkeiten
8
9. Sozialkompetenz Soziale Kompetenz
allgemein Soziale Kompetenz 7
Tabelle 22: Stellenausschreibungen Pädagogik; Ranking der Kompetenzen.
Während Fremdsprachenkenntnisse selten als Voraussetzung genannt sind, ist das Item
EDV-Kenntnisse als Sachkompetenz 14 Mal vertreten. Dazu sind die Formulierungen gute
EDV-Kenntnisse, sehr gute MS-Office Kenntnisse, ein ECDL-Zertifikat, hohe IT-Affinität
oder Know-How im Umgang mit neuen Medien zu zählen. Vereinzelt sind konkrete
Kenntnisse einer speziellen Software – Grafikbearbeitung mit Photoshop, Erfahrungen im
Content-Management-System Typo3 und Kenntnisse von Web 2.0 Technologien, Social
Media und Lernplattformen (insbesondere Moodle) – aufgelistet.
Zukünftige PädagogInnen sollten zudem sozial kompetent sein, indem sie beispielsweise
kommunikationsfähig (15 Nennungen) sind. Als kommunikationsstarke Persönlichkeit
runden ein ausgeprägtes Know-How in der Gesprächsführung, gute Menschenkenntnis
und die Anwendung spezieller Techniken (aktives Zuhören, paraphrasieren) das
Stellenprofil ab. Die Sichtweisen und Interessen anderer zu berücksichtigen
(14 Nennungen), was sich u.a. dadurch ausdrückt, dass ArbeitnehmerInnen Teamgeist
und -fähigkeit besitzen und teamorientiert tätig sind, wird oftmals gefordert. Zusätzlich zu
der Ausformulierung der einzelnen sozialen Kompetenzen, ist die Begrifflichkeit allgemein
in sieben Stellenausschreibungen ausdrücklich angeführt.
221
Die Fähigkeit, sich auf andere Umstände einzustellen (Selbstkompetenz) ist für
Unternehmen, die PädagogInnen einstellen, mit 14 Nennungen von Relevanz, denn
sicheres, überzeugendes und rhetorisch versiertes Auftreten im Umgang mit KundInnen
bzw. KlientInnen sowie eine hohe Service- und Dienstleistungsorientierung werden
vorausgesetzt.
Weitere Formulierungen beziehen sich auf Erfahrungen mit Personen mit
Migrationshintergrund, Engagement, Genderzertifikate, Englisch-Kenntnisse,
Führerschein B, Bereitschaft zur Gruppen- und Einzelsupervision und strafrechtliche
Unbescholtenheit. AbsolventInnen sollten ebenfalls konfliktfähig sein, um Streitigkeiten
zu lösen sowie in Trennungs- und Scheidungskonflikten zu vermitteln.
5. Zusammenfassung der Forschungsergebnisse
Bei einer Zusammenschau der quanitiativen Auswertung zeigt sich, dass sich
Personalverantwortliche von UniversitätsabsolventInnen zu jeweils 91%
Kommunikationsfähigkeit bzw. mündliche Ausdrucksfähigkeit erwarten. An den nächsten
Stellen rangieren die Methodenkompetenzen Organisationsfähigkeiten (89%),
vorhandenes Wissen auf neue Probleme anwenden (89%), selbstständiges Arbeiten (88%)
und Problemlösungsfähigkeit (88%). Ebenfalls ist die Erwartungshaltung zu 88% bzw. 86%
sehr groß, dass BewerberInnen über die Fähigkeiten verfügen, sich auf andere Umstände
einzustellen (88%) und konzentriert sowie diszipliniert zu arbeiten (86%). Beide Items
zählen zu den Selbstkompetenzen. Erst an 9. Stelle nennen die Befragten die
Sachkompetenz fächerübergreifendes Denken (83%). Kooperationsfähigkeit schätzen sie
mit 81% als wichtig/sehr wichtig für den Berufseinstieg ein.
222
Abbildung 50: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie
sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben?
Auf die Frage, welche Kompetenzen in der universitären Ausbildung zukünftig mehr
Gewichtung erhalten sollte, befindet sich die Methodenkompetenz, vorhandenes Wissen
auf neue Probleme anzuwenden, mit 70% an erster Stelle. Jeweils 67% entfallen auf die
Sozialkompetenz Sichtweisen und Interessen anderer zu berücksichtigen und auf die
Sachkompetenz fächerübergreifendes Denken. Für 65% der Befragten sollte die
Sozialkompetenz Kommunikationsfähigkeit eine höhere Gewichtung im Curriculum
erhalten. Jeweils 58% sprechen sich dafür aus, dass die Methodenkompetenz kritisches
Denken sowie die Fähigkeiten, sich auf veränderte Umstände einzustellen sowie
Verantwortung zu übernehmen, die zu den Selbstkompetenzen zählen, vermehrt Eingang
in die Lehre finden sollten.
Immerhin mehr als die Hälfte der Personalverantwortlichen benennen die
Sozialkompetenzen Konfliktmanagement (55%) und Kooperationsfähigkeit (54%) sowie
die Methodenkompetenz Wissenslücken erkennen und schließen (53%), als Fähigkeiten,
die Studierende während ihrer universitären Ausbildung erwerben sollten.
223
Abbildung 51: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht
erhalten?
Insgesamt zeigt sich sowohl bei der Frage nach der Erwartungshaltung als auch nach der
zukünftigen Gewichtung in universitären Curricula, dass die Befragten zu einem hohen
Prozentsatz Sozial-, Selbst- und Methodenkompetenzen als sehr wichtig für den
Berufseinstieg bzw. die Berufstätigkeit allgemein einschätzen. Kommunikations- und
mündliche Ausdrucksfähigkeit stehen ebenso im Vordergrund wie die Kompetenzen,
vorhandenes Wissen auf neue Probleme anzuwenden und Sichtweisen und Interessen
anderer zu berücksichtigen.
Diese Einordnung der Erwartungshaltung ist ebenfalls den ExpertInnen, die sich zu einem
Interview bereit erklärten, zu entnehmen. Denn B1 setzt fachliche, methodische und
soziale Kompetenzen voraus und achtet im Hearing darauf, wie der/die BewerberIn mit
Stress umgeht und wie er/sie kommunizieren kann. Ebenfalls auf Kommunikation achtet
B2. Sie legt Wert darauf, dass sich die Person gut ausdrücken kann und sich mit dem
Unternehmen auseinander gesetzt hat. Dabei stehen das gegenseitige Kennenlernen und
die Klärung der Erwartungshaltung im Vordergrund. Auch B4 und B6 stellen das Interesse
am Unternehmen und die Erwartungsklärung in den Mittelpunkt.
224
B3 benennt Werte, die nicht validierbar sind. Ihm zufolge sollte ein(e) BewerberIn
Engagement sowie Ernsthaftigkeit für die Sache zeigen und Spaß an der Arbeit haben. B5
zählt Erfahrung und Zusatzqualifikationen als wichtige Komponenten auf. B8 führt eine
gewisse Leistungsbereitschaft, Innovationsfreude, Kreativität und die Bereitschaft, über
den Tellerrand hinaus zu schauen ins Treffen.
Für B7 und B10 ist es wichtig, dass der/die KandidatIn dem Anforderungsprofil
entsprechend die fachlichen Voraussetzungen erfüllt. Auf die Stellenbeschreibung
verweist gleichermaßen B9. Bei BewerberInnen mit derselben fachlichen Ausbildung
fließen sehr stark die persönlichen Kompetenzen in den Entscheidungsprozess ein.
Für die Suche nach potentiellen Bewerberinnen nennen die Befragten unterschiedliche
Medien. B3 konkretisiert, dass er aufgrund der hohen Kosten selten ein Zeitungsinserat
schaltet. Zuerst schreibt er die vakante Stelle unternehmensintern und erst danach
unternehmensextern aus. Gleich verhält es sich bei B4, der im Anschluss an die
beschriebene Vorgehensweise Online-Plattformen nützt. Auf jenes Medium konzentriert
sich ebenfalls B1, da es schnell und einfach ist. B10 bedient sich lediglich Printmedien,
wenn nach einer dreiwöchigen unternehmensinternen Ausschreibung die
BewerberInnenzahl zu gering ist.
Zusätzlich zur Veröffentlichung von Ausschreibungen auf Online-Plattformen vertritt B8
das Unternehmen auf Berufsinformationsmessen. Zeitungsinserate schaltet er für die
Besetzung von Führungspositionen. B5 lanciert Stellenausschreibungen sowohl auf
Berufsinformationsmessen als auch in universitären Bewerbungstrainings. Zusätzlich
nutzt das Unternehmen Zeitungen, Online-Portale, Netzwerke und die eigene Homepage.
B2 nennt neben der eigenen Homepage und Online-Plattformen aufgrund des effektiven
Einsatzes von finanziellen Mitteln zusätzlich Netzwerke wie das
Personalentwicklernetzwerk sowie die Wirtschaftskammer. B6 fungiert hingegen selbst
wie ein Personalberater, zumal er einerseits Inserate online schaltet und andererseits
eine Vorselektion für die EntscheidungsträgerInnen vornimmt.
Um Kosten zu sparen, bedienen sich B2, B6 und B7 nicht der Unterstützung eines
Headhunter. B5 schaltet einen Headhunter nur für Spitzenpositionen ein. B10 hingegen
225
ist davon überzeugt, dass ein Headhunter aufgrund des hohen Branchenwissens schneller
zu einer Vermittlung und letztendlich zur Nachbesetzung der Stelle beitragen kann.
Einstellungsverfahren:
In einen nächsten Schritt ist auszuwerten, wie das Einstellungsverfahren gestaltet ist. Im
Unternehmen von B2 ist dieses maximal dreistufig angelegt, um den BewerberInnen die
Chance zu geben, die Abteilung kennenzulernen. B3 führt zuerst ein
Bewerbungsgespräch. Danach erarbeitet er eine Shortlist mit den interessantesten
BewerberInnen. Nach einem weiteren Gespräch erstellt B3 einen Besetzungsvorschlag.
Auch B9 nutzt eine Shortlist, die allerdings ein(e) externe(r) PersonalberaterIn erstellt.
Diese(r) listet die KandidatInnen auf, mit denen B9 gemeinsam mit allen Verantwortlichen
ein Gespräch führt. Im Unternehmen von B1 folgt nach einem ersten Gespräch im
Fachbereich mit den besten BewerberInnen ein Interview mit allen verantwortlichen
Führungskräften.
B6 orientiert sich an einer ähnlichen Vorgehensweise wie B3 und B9. Für den ersten
Durchgang liegt die Zuständigkeit bei der Personalabteilung oder einem Rekruiter. Bei
einem guten Eindruck folgt ein zweites Gespräch mit B6 und dem/der
FachabteilungsleiterIn zur fachlichen Abfrage. Eine(n) FachabteilungsleiterIn oder
OrganisationseinheitenleiterIn bezieht B4 gleich im ersten Interview. Auch im
Unternehmen von B8 führt er gemeinsam mit allen Verantwortlichen ein Gespräch und
trifft gleich danach die Entscheidung.
B10 nutzt eine Kombination von Verfahren zur Kompetenzmessung. Der erste Schritt
enthält einen standardisierten Einstufungstest, der zweite Schritt ist ein strukturiertes
Interview.
B5 geht sogar noch weiter, indem er zuerst ein persönliches Gespräch führt, in der
zweiten Runde die Führungskraft dazu bittet und in der dritten Runde die
Verantwortlichen gemeinsam mit dem/der BereichsleiterIn eine Entscheidung über die
Stellenbesetzung treffen. Ein mehrstufiges Verfahren nutzt ebenfalls B2, die aufgrund der
eingesandten Bewerbungen eine erste Auswahl trifft. Im nächsten Schritt führt sie mit
mehreren Personen ein Gespräch und nach einem weiteren Interview, an dem der/die
Fachvorgesetzte und die Geschäftsführung teilnehmen, entscheiden sich alle Beteiligten
für die am besten geeignete Person.
226
B7 berücksichtigt vor einer öffentlichen Ausschreibung eine interne Nachbesetzung der
vakanten Stelle. Bei einer öffentlichen Ausschreibung lädt B7 nach einer formalen
Überprüfung der Voraussetzungen zu einem Test ein. Dieser bildet die Grundlage für eine
Vorentscheidung. Die bestgeeignetsten Personen erhalten die Gelegenheit, ein
Bewerbungsgespräch mit dem/der zukünfigen Vorgesetzten zu führen.
B1, B3, B4, B6 und B7 äußern sich zu der Möglichkeit, ein Assessment Center im
Bewerbungsverfahren einzusetzen. Während sich B1 und B7 generell gegen dieses
Verfahren der Personalauswahl aussprechen, nutzen B3 und B6 Assessment Center für
gewisse Stellen, wie beispielsweise für Trainees, Lehrlingscastings und
Führungspositionen, B4 jedoch für viele Bewerbungsverfahren.
Wichigkeit von Kompetenzen
Für B1 sind methodische Kompetenzen am wichtigsten, soziale und fachliche
Kompetenzen liegen gleichrangig an zweiter Stelle. Im Gegensatz dazu stehen für B2
soziale und fachliche Kompetenzen im Vordergrund, danach folgt die
Methodenkompetenz. Wie B2 führt auch B6 aus, dass ein(e) MitarbeiterIn nach einer
Einarbeitungsphase die fachlichen Kompetenzen verbessen könne, an der Persönlichkeit
könne jedoch weniger „geschraubt“ werden.
B4 beginnt die Aufzählung mit den fachlichen und sozialen Kompetenzen, danach folgen
die methodischen. Genau umgekehrt reiht B8 an erster Stelle die methodischen, an
zweiter Stelle die sozialen und an dritter Stellen die fachlichen Kompetenzen.
Für die Bedeutsamkeit der Kompetenzen ist kein gemeinsamer Tenor feststellbar. B3, B5
und B7 legen sich fest, dass die fachliche Kompetenz im Vordergrund stehen sollte. Denn
der/die BewerberIn wird für eine bestimmte Position im Unternehmen gesucht und
benötigt daher bestimmte fachliche Kompetenzen. Dennoch sind soziale und
methodische Fähigkeiten und Fertigkeiten für die Arbeit in Teams unerlässlich. Für B10 ist
die soziale Kompetenz generell unverzichtbar, dennoch ist von der jeweiligen Stelle
abhängig, ob die MitarbeiterIn über mehr methodische oder mehr fachliche
Kompetenzen verfügen muss.
Zukünftige Gewichtung von Kompetenzen
B1, B5, B8 und B10 zufolge sollten soziale Kompetenzen eine größere Gewichtung in der
universitären Ausbildung erhalten. Demzufolge sollten UniversitätsabsolventInnen über
227
mehr Kommunikations- und Teamfähigkeit, Offenheit und Projektmanagement-Tools
verfügen. B2 und B3 wünschen sich für die Zukunft die Ausbildung von GeneralistInnen,
die große Stoffmengen gut bearbeiten können. Jedenfalls sollten nach den Ansichten von
B2, B6 und B7 Praktika einen höheren Stellenwert haben. B4 führt GastreferentInnen ins
Treffen, die Anwendungskenntnisse in den universitären Alltag bringen können. Er gibt
ebenfalls zu bedenken, dass der Erwerb von Präsentationskenntnissen forciert werden
sollte. B9 sieht die Studierenden in der Pflicht, die darauf achten müssen, dass sie
Zusatzqualifikationen und Sprachkompetenzen erwerben und Auslandsaufenthalte
absolvieren.
Weiterbildung
Auf die Frage, ob die Befragten unternehmensinterne Weiterbildung anbieten und ob die
Inanspruchnahme freiwillig oder verpflichtend ist, antworteten sie folgendermaßen: B1
klärt auf, dass jede(r) MitarbeiterIn ein Weiterbildungskontingent hat, das er/sie für die
Entwicklung von technical und soft Skills nutzen kann. Besonderen Wert legz das
Unternehmen auf eine gute Kommunikations- und Konfliktkompetenz. Auch B3 setzt auf
vollständige Freiwilligkeit.
Für Führungskräfte besteht im Unternehmen von B2 eine Weiterbildungspflicht. Das
Angebot setzt sich aus einem Mix von Weiterbildungsmaßnahmen über fachliche und
soziale Kompetenzen zusammen. B6, B7 und B10 kombinieren ebenfalls eine
verpflichtende Teilnahme an einer bestimmten Weiterbildung mit einer Position, z.B. eine
Führungsposition, die der/die Beschäftigte erreichen möchte. B8 und B9 bieten interne
Weiterbildung an, die teilweise obligatorisch ist und teilweise aufgrund von
MitarbeiterInnengesprächen freiwillig absolviert werden kann.
B4 ladet zu internen Maßnahmen ein, MitarbeiterInnen können allerdings auch externe
Bildungsinstanzen in Anspruch nehmen. Ferner bedient sich B5 externer TrainerInnen, die
einer gewissen Gruppe gezielt Skills vermitteln.
Neben den quantitativen und qualitativen Untersuchungen wurden
Stellenausschreibungen für PädagogInnen und JuristInnen analysiert, in den am
häufigsten der Anspruch nach einer selbständigen Arbeitsweise erhoben wird.442
Zusätzlich müssen AbsolventInnen für rechtswissenschaftliche Berufe Fremdsprachen als
442
Stellenausschreibungen Pädagogik 20 Nennungen; Stellenausschreibungen Jus 31 Nennungen.
228
Sachkompetenz mit 30 Nennungen perfekt beherrschen. Diese Kompetenz lässt gleich
noch einen weiteren Unterschied zwischen den analysierten Ausschreibungen erkennen.
Während in juristischen Anzeigen explizit darauf hingewiesen wird, dass perfekte
Deutschkenntnisse oder Deutsch als Muttersprache eine Voraussetzung für den/die
zukünftige(n) StelleninhaberIn ist, findet diese Fähigkeit für PädagogInnen zumindest in
den Stellenausschreibungen keine Berücksichtigung.
Stellenausschreibungen Pädagogik Stellenausschreibungen Rechtswissenschaften
Kompetenz Items Häufigkeit
der Nennung
Kompetenz Items Häufigkeit
der Nennung
Sachkompetenz Fremdsprachen 32
Sachkompetenz EDV-Kenntnisse 14 Sachkompetenz EDV-Kenntnisse 15
Sachkompetenz Wirtschafts-kenntnisse
6
Methoden-kompetenz
Selbständige Arbeitsweise
20 Methoden-kompetenz
Selbständiges Arbeiten
31
Methoden-kompetenz
Zeitmanagement 14 Methoden-kompetenz
Zeitmanagement 20
Methoden-kompetenz
Analytische Fähigkeit 8 Methoden-kompetenz
Analytische Fähigkeit 12
Methoden-kompetenz
Organisations-fähigkeit
(Projektmanagement) 9
Methoden-kompetenz
Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen und zu
schließen
10
Sozialkompetenz Sichtweisen und
Interessen anderer berücksichtigen
14 Sozialkompetenz Sichtweisen und
Interessen anderer berücksichtigen
23
Sozialkompetenz Kommunikations-
fähigkeit 15 Sozialkompetenz
Kommunikations-fähigkeit
12
Sozialkompetenz Soziale Kompetenz
allgemein 7 Sozialkompetenz
Verhandlungs-geschick
6
Selbstkompetenz Fähigkeit, sich auf andere Umstände
einzustellen 14 Selbstkompetenz
Fähigkeit, sich auf andere Umstände
einzustellen 12
Abbildung 52: Vergleich von Kompetenzen in Stellenausschreibungen für PädagogInnen und
RechtswissenschaftlerInnen.
Ferner betreffen die Anforderungen Methodenkompetenzen wie analytische Fähigkeiten,
die Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen und zu schließen oder Zeitmanagement. Freilich
kann unter Berücksichtigung der zahlreichen Handlungskompetenzmodelle diskutiert
werden, ob Zeitmanagement tatsächlich eine Methodenkompetenz ist oder doch eher zu
den Sozial- oder gar zu den Selbstkompetenzen zu zählen ist. Aufgrund dessen war es von
229
besonderer Wichtigkeit, die Modelle abzuarbeiten und nunmehr jenes von
Schaeper/Briedis als Grundlage zu nutzen. Eine Arbeitsweise unter Berücksichtigung eines
effizienten Zeitmanagements und den Einsatz analytischer Fähigkeiten und sicheres bzw.
gepflegtes Auftreten sollten beide BewerberInnengruppen erfüllen. Für PädagogInnen ist
Erfahrung im Projektmanagement (Organisationsfähigkeit) eine zusätzliche Voraussetzung
für die Aufnahme in ein Unternehmen.
Die analysierten Anforderungsprofile für RechtswissenschaftlerInnen enthalten
Sozialkompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit (12 Nennungen), die Fähigkeit,
Sichtweisen und Interessen anderer zu berücksichtigen (23 Nennungen) oder
Verhandlungsgeschick (6 Nennungen). In Ausschreibungen für PädagogInnen besitzt
Verhandlungsgeschick keine Relevanz, jedoch Kommunikationsfähigkeit (15 Nennungen),
und die Berücksichtigung anderer Sichtweisen (14 Nennungen), was sich beispielsweise
durch Teamfähigkeit oder -orientierung ausdrückt.
Als geforderte Sachkompetenz rangieren EDV-Kenntnisse an erster Stelle. Diese werden
in 15 Anforderungsprofilen für JuristInnen und in 14 für PädagogInnen genannt.
RechtswissenschaftlerInnen sollten darüber hinaus über Wirtschaftskenntnisse oder
gleich über einen zusätzlichen Abschluss in BWL verfügen.
Bei JuristInnen sind selten Projektmanagementkenntnisse gefragt. Den Ausschreibungen
zufolge müssen sie zwar über Belastbarkeit verfügen, jedoch nicht über ein hohes Maß an
Konfliktfähigkeit. Mit Streitigkeiten sind allerdings gerade RechtswissenschaftlerInnen
sowohl in Unternehmen in Vertragsverhandlungen oder im Zusammenhang mit dem
Dienst- und Arbeitsrecht als auch bei Gericht und Behörden und erst recht als
AnwältInnen konfrontiert.
Die geforderten bereichsspezifischen Fachkompetenzen beschränken sich bei JuristInnen
auf ein facheinschlägiges Studium sowie das abgeschlossene Gerichtsjahr. PädagogInnen
sollten bereits im Stadium des Berufseinstiegs über diverse weitere Qualifikationen (im
DaF/DaZ-Bereich, im Bereich Kompetenzbilanzierung oder Suchtprävention, TrainerInnen-
und Coachingausbildungen, ein gültiges Gender Mainstreaming und Diversity Zertifikat)
sowie über Praktika verfügen.
230
Studierende der Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität können im
Rahmen ihrer Wahlfächer eine Lehrveranstaltung besuchen, in der sie durch die
Kombination von Rechtspraxis und Seminar Erfahrungen für ihre berufliche Zukunft
gewinnen.443
Demzufolge verwundert es nicht, dass Studierende bereits während ihres
Bachelorstudiums Pädagogik an der Karl-Franzens-Universität Graz ein Praktikum im
Ausmaß von 240 Arbeitsstunden zur Erprobung und praxisorientierten Anwendung ihrer
erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten absolvieren.444 Auf das Masterstudium Weiter-
und Erwachsenenbildung entfällt nochmals ein mindestens 160 (Arbeits-)Stunden
umfassendes Praktikum zur Berufsfelderkundung.445
443
Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, § 13 Abs. 7 444
Curriculum für das Bachelorstudium Pädagogik, 18. 445
Curriculum für das Masterstudium Weiterbildung – Lebensbegleitende Bildung, 6.
231
III. Zusammenfassung und Ausblick
1. Beantwortung der Forschungsfragen
Bei der Beantwortung der Forschungsfrage auf der ersten Ebene, nämlich jener der
Klärung der Begrifflichkeiten Bildung, Qualifikation und (Handlungs-)Kompetenz sowie der
Einordnung derselben in den Kontext des lebenslangen Lernens ist ein Facettenreichtum
zu konstatieren.
Zahlreiche Persönlichkeiten haben sich mit dem Bildungs-, Qualifikations- und
Kompetenzbegriff auseinandergesetzt. Aus einem rechtlichen Blickwinkel ist das
NQR-Gesetz aktuell, mit dem ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt wird, um
österreichische Qualifikationen einem bestimmten Qualifikationsniveau zuordnen zu
können. Im Gegensatz zu Qualifikationen stellt Bildung das Subjekt in den Mittelpunkt der
Betrachtung. Anknüpfend daran ist Gruschka zu folgen, der konstatiert, dass Bildung und
Kompetenz identische Begrifflichkeiten sind. Auf der Grundlage von letzterem werden
Fähigkeiten explizit beschrieben und operationalisiert, während der Bildungsbegriff diese
nicht „explizit ausspricht“.
Die Diskussion über Kompetenz ist per se kritisch zu hinterfragen. Denn Erpenbeck/Sauter
beanstanden zu Recht, dass „eine solche Zerhackstückelung des Wissens, eine
Vermischung von tausenden mikrologisch getrennten Wissens-Kleinportionen,
Fertigkeiten und einigen Handlungsfähigkeiten (Kompetenzen) unter dem allgemeinst
gebrauchten „Oberbegriff Kompetenzen“446 bedenklich (ist)“, und zu einer
Begriffsbeliebigkeit führt.
Mit dieser Begriffsbeliebigkeit müssen sich UniversitätsabsolventInnen beschäftigen, um
in der Lage zu sein, sich neue Fachkenntnisse und Arbeitsmethoden anzueignen, im Team
gut zusammenzuarbeiten und ihre eigenen Stärken und Schwächen einzuschätzen.447
Kutscha stellt dahingehend realistisch fest, dass „immer unklarer wird, was zu lernen ist,
immer unvermeidbarer, dass gelernt werden muss“448. Bei Betrachtung der Vielfalt an
446
Erpenbeck, J./Sauter, W., Wissen, Werte und Kompetenzen in der Mitarbeiterentwicklung VI. 447
Tippelt, R./Schmidt, B. in Otto, H.-U./Oelkers, J. 40. 448
Kutscha, G., Modernisierung der beruflichen Aus- und Weiterbildung unter dem Aspekt ganzheitlicher Bildung für die Informations- und Wissensgesellschaft beim Übergang ins dritte Jahrtausend, Gewerkschaftliche Bildungspolitik 1998, H. 5/6, 6 (7).
232
Handlungskompetenzmodellen tritt die Einheitlichkeit der Kompetenzen in den
Hintergrund, denn sichtbar wird eine beinahe diffuse Heterogenität. Zurückkommend auf
das der Arbeit zugrunde liegende Kompetenzverständnis449 ist es m.E. nicht dienlich, eine
weitere Zerstückelung des Kompetenzbegriffs auf eine beinahe unendlich scheinende
Zahl an Kompetenzen „aufzublähen“. Nach einer detaillierten Auseinandersetzung ist das
roth'sche Modell, das das sach-, sozial- und werteinsichtige Verhalten und Handeln
postuliert, als Basis heranzuziehen und zu erweitern, sodass die Fach-, Sach-, Methoden-,
Sozial- und Selbstkompetenzen gleichberechtigt nebeneinander stehen.
Jede Person wird klarerweise durch ihre Lebensbereiche (Familie, Freunde,
ArbeitskollegInnen) in der individuellen Handlungskompetenz beeinflusst. Fest im Modell
sind ebenfalls Querschnittskompetenzen (z.B. Pluralitäts-, Transversalitäts- oder
Beobachtungskompetenz) verankert.
Abbildung 53: Eigenes Kompetenzmodell.
Gerade die Relevanz von sozialer Kompetenz, die einige AutorInnen überbewerten und
andere unterbewerten, ist in Unternehmen nicht zu verleugnen. Oberneder gibt in diesem
diesem Zusammenhang zu bedenken, dass unternehmensinternes Change-Management
449
Siehe hierzu Kapitel I. 3.8.
233
„im Sinne einer radikalen Neupositionierung ein professionelles Know-how im Bereich der
sozialen und emotionalen Kompetenz“450 braucht.
Bei der Beantwortung der Forschungsfrage auf der zweiten Ebene sind einerseits die
rechtlichen Zusammenhänge zu beachten und andererseits ausgewählte Kompetenzen
sowie deren Vermittlung näher zu erläutern. Ebenfalls war darauf einzugehen, welche
Verfahren zur Kompetenzmessung zum Einsatz gelangen.
Unternehmensinternes lebenslanges Lernen ist aus drei Perspektiven zu betrachten.
Einerseits resultiert es daraus, dass (1) BerufseinsteigerInnen fehlende Kompetenzen, die
sie während der universitären Ausbildung nicht erworben haben, ausgleichen oder
(2) sich spezifische für ihre Berufstätigkeit relevante fachliche Fähigkeiten und
Fertigkeiten aneignen. Des Weiteren (3) können Beschäftige aus ihrem persönlichen
Engagement heraus für sie wichtige Kompetenzen erlangen.
In diesem Zusammenhang waren Überlegungen dahingehend anzustellen, in welchen
rechtlichen Kontexten weiterbildende Maßnahmen eingebettet sind, wer die Kosten trägt
und ob diese der Arbeits- oder Freizeit zurechenbar sind. Auf nationaler Ebene teilen sich
unterschiedliche Ministerien die Zuständigkeit für Erwachsenenbildung und fördern
diverse Einrichtungen. Gleichermaßen resultiert aus dem Universitätsgesetz für
Universitäten die Aufgabe zur Weiterbildung von AbsolventInnen und PädagogInnen. Die
staatliche Finanzierung ergibt sich aus dem EB-Fördergesetz, wonach gewisse
Institutionen, die Weiterbildung anbieten, förderungswürdig sind. Für Erwerbstätige, die
sich zusätzlich und unabhängig von ihrer beruflichen Tätigkeit qualifizieren möchten, ist
abzuwägen, ob sie Bildungskarenz bzw. -teilzeit beanspruchen oder ihre Freizeit
dementsprechend nutzen. In der Bildungskarenz, die unter gewissen Voraussetzungen
beantragt werden kann und zwischen zwei und 12 Monate andauert, entsteht für den/die
ArbeitnehmerIn der Anspruch auf Weiterbildungsgeld. Die Bildungsteilzeit hingegen
impliziert die Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit um mindestens ein
Viertel und höchstens die Hälfte, wodurch dem/der Beschäftigen Zeit für weiterbildende
Maßnahmen bleiben. Die dritte Möglichkeit ist der Urlaub, der zwar dem Telos nach die
450
Oberneder, J., Soziale Kompetenz – neuer Trend oder alte Mode, in: Niedermayr, G. (Hrsg.), Kompetenzen entwickeln, messen und bewerten (2012) 199 (207).
234
uneingeschränkte Erholung bezwecken sollte, allerdings ebenfalls für die persönliche
Fortbildung genutzt wird.
In einem nächsten Schritt waren Kompetenzen abzuhandeln, deren Auswahl sich
einerseits an den Erhebungen orientiert, die in Kapitel I. 1.3. analysiert wurden,
andererseits ergaben die Auswertungen der Erhebungen der Dissertation, dass
Personalverantwortliche großen Wert auf Kommunikations-, Konflikt-, Organisations- und
Teamfähigkeit sowie auf fächerübergreifendes Denken legen.
Die Abhandlung zeigt nicht nur die grundlegenden Theorien bestimmter Fähigkeiten und
Fertigkeiten auf, sondern widmet sich gleichermaßen der didaktischen Vorgehensweise
bei der Vermittlung und bietet Übungssequenzen, die zum Einsatz gelangen können.
Dabei handelt es sich um Basisübungen, die je nach Studienrichtung entsprechend
abzuändern sind.
Die theoretischen Grundlagen mögen auf den ersten Blick klar und einfach wirken, es
bedarf allerdings m.E. ein hohes Maß an Übung und Reflexionsbereitschaft, um die
besprochenen Kompetenzen im Arbeitsalltag anwenden zu können.
Denn in Zeiten, in denen die Begriffe Wirtschafts- und Finanzkrise in aller Munde sind,
müssen sich Unternehmen entsprechend von ihrer Konkurrenz abheben. Dies geschieht
nicht nur durch technische Innovationen, sondern ebenfalls durch MitarbeiterInnen, die
ihr Wissen, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten optimal einbringen. Folglich achten
Personalverantwortliche im Recruitingverfahren besonders auf die Einstellung der am
besten geeigneten und zum bestehenden Team passenden BewerberInnen. Für
UniversitätsabsolventInnen bedeutet dies, sich auf unterschiedliche Verfahren in der
Personalauswahl gekonnt einzustellen. Aussagekräftige schriftliche Unterlagen, die ein
Motivationsschreiben, den vollständigen Curriculum vitae und ein auf die
ausgeschriebene Stelle angepasstes Anschreiben enthalten, sind unerlässlich. Als ein
weiteres Dokument kann beispielsweise ein Kompetenzportfolio der Bewerbung
beigelegt werden, sodass Personalverantwortliche sowohl über die Qualifikationen, aber
vor allem über die individuellen Kompetenzen einen fundierten Überblick erhalten. Ein
Reflexions-, Entwicklungs- oder Präsentationsportfolio erfordert von dem/der ErstellerIn
ein hohes Maß an Reflexionsbereitschaft über die persönlichen Lernwelten und Stärken,
235
dient durch die intensive Auseinandersetzung mit sich selbst aber auch als gute
Vorbereitung für ein Bewerbungsgespräch.
Die Qualität desselben steht und fällt mit der Festlegung von verbindlichen Kriterien, der
Strukturiertheit und der Organisation der Unterhaltung. Eine besondere Form ist das
arbeitsbasierte Kompetenzinterview, das es zulässt, mit 568 möglichen Fragestellungen
eine breite Palette an Teilkompetenzen zu ermitteln und das auf dem von
Heyse/Erpenbeck entwickelten KompetenzAtlas aufbaut. Ebenfalls können
Personalverantwortliche mit Hilfe von narrativen Interviews basierend auf der
Kompetenzbiographie von Heyse/Erpenbeck die biographisch zurückliegenden und die
aktuellen Bedingungen der Kompetenzentwicklung ermitteln.
Es fällt auf, dass sich neben das gebräuchliche Vorstellungs-/Bewerbungsgespräch
zahlreiche weitere Verfahren reihen, von denen vermehrt für die Besetzung von
bestimmten Positionen das Assessment Center genutzt wird. Mit der Begründung,
monetäre (Anwerbungs-, Einarbeitungs- und Entlassungskosten) und nicht-monetäre
Aufwendungen (Unruhe und Verunsicherung beim bestehenden Personal) minimieren zu
wollen, gelangen AC insbesondere im Rekrutingverfahren von BerufseinsteigerInnen zum
Einsatz. Bei diesem Verfahren – wie auch bei einem Bewerbungsgespräch – zeigt sich,
dass die BeurteilerInnen bzw. BeobachterInnen unterschiedliche Wahrnehmungen haben,
auf deren Grundlage sie subjektive Interpretationsrückschlüsse ziehen. Eine Steigerung
der Objektivität können Unternehmensverantwortliche gerade durch die Beachtung der
Gütekriterien und eine durchdachte und der Stelle angepasste Auswahl von AC-Aufgaben
(Gruppendiskussion, Postkorbübung, Fallstudie, Präsentation, Interview, Rollen- oder
Planspiel) erreichen.
Die Kombination von Bewerbungsgesprächen und psychologischen Testverfahren eignet
sich für die Besetzung jeder Position, zumal einerseits ein persönlicher Eindruck
gewonnen werden kann und andererseits durch die computergestützte Auswertung die
Personen einfach vergleichbar sind. Zu den gängigen Aufgabentypen zählen allgemeine
Leistungstests, spezielle Funktionsüberprüfungs- und Eignungstests oder Intelligenz- und
Persönlichkeitstests.
236
Als besonderes Auswahlverfahren ist der Kasseler-Kompetenz-Raster hervorzuheben, mit
dem die Messung von Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen durch die
Kodierung von verbalen Äußerungen in Gruppensituationen möglich ist.
Welches Auswahlverfahren auch immer zur Anwendung gelangt, jedenfalls müssen
Unternehmensverantwortliche im Vorfeld die Unternehmensziele erarbeiten und die
Kompetenzanforderungen für die zu besetzende Stelle klären.
Die empirischen Erhebungen bilden die dritte Ebene der Forschungsfrage. Auf dieser war
die Erwartungshaltung steirischer ArbeitgeberInnen zu den Kompetenzen von
UniversitätsabsolventInnen der Rechtswissenschaften und der Erwachsenen- und
Weiterbildung zu erforschen. Für eine detaillierte Betrachtung waren ergänzend die
Entwicklungen und Anforderungen des Arbeitsmarktes auf der Grundlage von
Stellenausschreibungen zu analysieren.
Aus den bisherigen empirischen Befunden und der für die Dissertation durchgeführten
Erhebungen ist für eine verstärkte Vermittlung von Kommunikations-, Konflikt- und
Teamfähigkeiten, die sowohl von AbsolventInnen der Rechtswissenschaften als auch von
jenen der Erwachsenen- und Weiterbildung im Berufs- und Arbeitsleben am häufigsten
verlangt und gefordert werden, zu plädieren.
Zurückkommend auf die Erhebung von Gayk unter Hochschulen, Unternehmen und
Studierenden fällt auf, dass die Befragten Kommunikationskompetenzen als wichtig für
die Berufstätigkeit wahrnehmen. Gleich verhält es sich bei den für diese Untersuchung
durchgeführten Interviews, der Fragebogenerhebung und den Stellenausschreibungen.
Dabei ist klar, dass sich das Wort „Kommunikation“ in vielen Begrifflichkeiten sowie
Umschreibungen wiederfindet. In Stellenausschreibungen sollen BewerberInnen über
mündliche Fähigkeiten verfügen, als ausgeprägte, kommunikative Persönlichkeit mit
Know-How in der Gesprächsführung auftreten oder geübt im aktiven Zuhören sein.
Zu ähnlichen Ergebnissen gelangen Foscht/Angerer, die eine Studie unter
Personalverantwortlichen durchführten, die sich von StellenbewerberInnen neben
Allgemeinbildung und analytischen Fähigkeiten Kommunikationsfähigkeiten sowie
Kooperations- und Teamfähigkeit für ihre Berufstätigkeiten erwarten.
Es erscheint für UniveristätsabsolventInnen neben dem Erwerb von fachlichen
Kompetenzen unerlässlich, sich soft skills anzueignen. Denn keine Stellenausschreibung
237
verweist ausschließlich auf Fachwissen, AbsolventInnen sind vielmehr gefordert,
zahlreiche Kompetenzen mitzubringen. In der Beratung von Studierenden sollte gezielt
darauf hingewiesen werden, dass sie Lehrveranstaltungen besuchen, in denen die
Vermittlung von Methoden-, Sozial- und Selbstorganisationskompetenzen im
Vordergrund stehen. Im umgekehrten Fall können jene Fähigkeiten und Fertigkeiten
fachspezifische Kenntnisse keinesfalls ersetzen. Ein solches Modell von Bildung ist
Weinert zufolge „not only a utopia, but also mostly nonsense“451.
Der von Weinert gebrauchte Begriff der Utopie ist ebenfalls auf der Ebene des
Bewerbungsprozesses zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der in Kapitel I. 1.3. analysierten
Erhebungen kritisch betrachtend ist anzumerken, dass Unternehmen einen hohen
Maßstab an UniversitätsabsolventInnen in Einstellungsverfahren anlegen.
Wenn jedoch beispielsweise ein Curriculum nicht die Vermittlung von sozialen
Kompetenzen beinhaltet, ist es für BewerberInnen schwierig, diese mit einem Zertifikat
oder Zeugnis nachzuweisen. Umgekehrt sind Studierende ständig in ihrer universitären
Laufbahn dazu angehalten, sich ein individuelles Kompetenzenrepertoire mit Blick auf die
zukünftige Berufstätigkeit anzueignen.452
In einem nächsten Forschungsschritt ist deshalb anzudenken, gezielt VertreterInnen
weiterer Branchen – ähnlich der Staufenbiel-Studie in Deutschland – zu befragen, um
ausführliche und spezifische Informationen für die UniversitätsabsolventInnen
unterschiedlicher Studienrichtungen zu erhalten.
In den Interviews erläuterten die ExpertInnen im Detail das Bewerbungsgespräch, in dem
es primär um ein Kennenlernen und ein gegenseitiges Abklären von Erwartungen gehe.
Eine Vorabinformation über das Unternehmen erwarten sie aber generell von dem/der
BewerberIn.
Für die Bedeutsamkeit der Kompetenzen ist kein gemeinsamer Tenor feststellbar. Die
Wichtigkeit ist sehr individuell. Tendenziell vertreten B3, B5 und B7 die Meinung, dass die
fachliche Kompetenz im Vordergrund stehen sollte. Denn der/die BewerberIn wird
schließlich für eine bestimmte Position im Unternehmen gesucht und benötigt bestimmte
451
Weinert, F., Concept of Competence: A Conceptual Clarification, in: Rychen, D. (Hrsg.), Defining and selecting key competencies (2001) 45 (53). 452
Sonnleitner, K., career service papers 2015, 44.
238
fachliche Kompetenzen. Gewisse soziale und methodische Kompetenzen müsse ein(e)
UniversitätsabsolventIn jedoch mitbringen. Durch die empirischen Erhebungen bzw. die
Stellenausschreibungen und analysierten Curricula ist es gelungen, ein erstes Raster von
Kompetenzen zu entwickeln. Zu diesen zählen unabhängig von der jeweilgen
Studienrichtung Kommunikations-, Konflikt-, Team- und Organisationsfähigkeit sowie
fächerübergreifendes Denken. Folglich ist es Studierenden zu empfehlen, sich derartige
Fähigkeiten und Fertigkeiten während ihrer Ausbildung anzueignen.
Dadurch wird klar, dass sich UniversitätsabsolventInnen nicht ausschließlich auf ihre
erworbenen Fachkompetenzen verlassen können. Es liegt jedoch an der Initiative der
jeweiligen Person, sich die erwarteten Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben. Gerade
die Analyse des aktuellen Curriculums für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften
an der Karl-Franzens-Universität Graz verdeutlicht, dass der Vermittlung von
Sozialkompetenzen wenig Bedeutung zukommt. Griesbacher/Griesbacher stellten jedoch
in ihrer Erhebung bereits fest, dass AbsolventInnen damit rechnen, jene Fähigkeiten und
Fertigkeiten im Berufsalltag einsetzen zu müssen.
Der ab 01.10.2016 angebotene Master Erwachsenen- und Weiterbildung geht in eine
andere Richtung. Als ein mögliches Modul „Soziale Kompetenzen“, das als gebundene
Wahlfächer konzipiert ist, nehmen diese Fähigkeiten und Fertigkeiten einen höheren
Stellenwert im Fächerkanon ein. Des Weiteren kristallisiert sich heraus, dass die von
PädagogInnen zu erwerbenden Methodenkompetenzen detailliert in den Curricula
beschrieben sind. Die zu absolvierenden Praktika im Ausmaß von 240 Praxisstunden
(Bachelor) und 160 Praxisstunden (Master) treiben die Studierenden dazu an, sich bereits
in einem frühen Stadium mit der Wissensanwendung auseinanderzusetzen sowie
Bewerbungssituationen und potentielle ArbeitgeberInnen kennzulernen.
Die Beantwortung der Forschungsfrage ist abschließend auf die Erwartung eines
Befragten, die ebenfalls in Stellenausschreibungen häufig zu finden ist,
herunterzubrechen: „Ein Universitätsabsolvent sollte bei seinem Berufseinstieg über ein
fundiertes Fachwissen verfügen, kommunikations-, konflikt- und teamfähig sein und die
Kompetenz besitzen, über den Tellerrand hinaus zu blicken“ (B8/923).
239
2. Empfehlungen
Aus den erforschten Curricula sowie aus den Stellenbeschreibungen geht hervor, dass
Unternehmen teils unterschiedliche teils gleiche Erwartungen an zukünftige JuristInnen
und PädagogInnen stellen. Von beiden Gruppen wird Selbständigkeit vorausgesetzt, die
als zielorientierte, präzise, gewissenhafte, strukturierte und verantwortungsvolle
Arbeitsweise näher ausformuliert ist. Ein Unterschied liegt in den Fremdsprachen.
Während JuristInnen für ihren Berufseinstieg jedenfalls neben perfekten
Deutschkenntnissen weitere Sprachen sprechen sollen, spielt diese Sachkompetenz für
PädagogInnen nur eine untergeordnete Rolle. Genau umgekehrt verhält es sich mit
Organisationsfähigkeit. Denn PädagogInnen sollten über Projektmanagement sowie
-koordination usw. verfügen. Des Weiteren fällt auf, dass für AbsolventInnen beider
Studienrichtungen Zeitmanagement, EDV-Kenntnisse, analytische Fähigkeit und die
Fähigkeit, sich auf andere Umstände einzustellen, eine wichtige Rolle beim Berufseinstieg
spielen.
Zukünftigen JuristInnen ist folglich zu empfehlen, sich neben den fachlichen Kompetenzen
Sprach- und EDV-Kenntnisse sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Erweiterung ihrer
selbständigen Arbeitsweise sowie Team-, Analyse- und Kommunikationsfähigkeit,
anzueignen. Für PädagogInnen sollten neben einer selbständigen Arbeitsweise die
Aneignung von Kommunikationsfähigkeit, EDV-Kenntnissen, Zeitmanagement sowie die
Fähigkeit, sich auf andere Umstände einzustellen, Priorität haben.
Zu der in der Problemlage angestellten Überlegung, ob Universitäten eigenständige
Kompetenzen und Zielvorstellungen vermitteln wollen oder ob sie ihr Selbstverständnis
den Erwartungen des Arbeitsmarkts anpassen bzw. sich auf das lebenslange Weiterlernen
der AbsolventInnen verlassen sollen, sind auf der Grundlage der empirischen Erhebungen
folgende Empfehlungen zu formulieren.
Die an der Karl-Franzens-Universität unterrichteten Curricula sollten allgemein bzgl. der
vermittelten fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen einerseits neu
betrachtet und andererseits gegenübergestellt werden. Denn wie der Überblick der
analysierten Curricula für angehende JuristInnen und PädagogInnen zeigt, sind zahlreiche
Unterschiede zu konstatieren.
240
Forschung auf diesem Sektor ist in jedem Fall weiter zu betreiben, sei es in Form von
Befragungen von AbsolventInnen, Universitätsverantwortlichen oder Unternehmen.
Letztendlich orientieren sich junge Erwachsene in ihrer Studienwahl auch daran, in
welchem Feld sie gute Berufsaussichten haben und welche Kompetenzen dafür
notwendig sind. Der Kontakt zur Wirtschaft durch Rückmeldungen der Alumni und der
Aufbau von Netzwerken sind ebenfalls zu berücksichtigen.
Das Zentrum für Soziale Kompetenz der Karl-Franzens-Universität Graz leistet mit dem
Angebot zu Lehrveranstaltungen über Kommunikation und Selbstwahrnehmung (z.B.
Kommunikationstraining, Mein Arbeitsplatz nach Maß, Rhetorik und Developmentcenter/
Orientierungsassessment), Eigensteuerung (Stress- und Zeitmanagement, Lebens- und
Karriereplanung usw.), Kooperation (z.B. Konfliktmanagement, Gesprächsführung, Führen
und sich führen lassen) und gesellschaftliche Verantwortung (Projektmanagement,
Organisationsentwicklung und Change Management, Beratungskompetenz usw.) einen
wichtigen Beitrag. Denn der Ruf nach jenen Fähigkeiten und Fertigkeiten aus der
Arbeitswelt ist stets anhaltend und mittlerweile nicht mehr überhörbar. Dies ist nicht nur
aus dem bestehenden Forschungsstand453, sondern auch aus den in der Dissertation
durchgeführten Erhebungen zu schließen. Die Analyse der Stellenausschreibungen
plakatiert zudem deutlich, dass Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen unerlässlich
für BerufseinsteigerInnen sind.
Weil ebenfalls für Berufstätige die Erstausbildung nicht mehr genug ist, rückt die
Weiterbildung von fachlichen, methodischen und sozialen Inhalten immer mehr in den
Mittelpunkt. Durch ein finanzielles Anreizsystem, beispielsweise die Bildungskarenz oder
-teilzeit, besteht für ArbeitnehmerInnen auch die rechtliche Grundlage, lebenslanges
Lernen zu forcieren. Es ist zweifelsohne notwendig, diese Angebote weiterhin zu fördern
und auszubauen.
M.E. gilt es jedoch gezielt zu differenzieren, welche Kompetenzen beispielsweise ein(e)
zukünftige ChemikerIn, JuristIn, LehrerIn, PädagogIn, TechnikerIn usw. in seinem/ihrem
späteren Berufsleben benötigt. Als Anregung für eine weiterführende Forschung ist auf
die Diskussion über die additive oder integrative Vermittlung von überfachlichen
453
Siehe hierzu Kapitel I. 1.3.
241
Kompetenzen lediglich hinzuweisen. Es ist durchaus wert, näher zu erforschen, ob
Studierende derartige Fähigkeiten und Fertigkeiten besser additiv, d.h. in einer Gruppe
mit Studierenden unterschiedlicher Disziplinen, oder integrativ mit ihren FachkollegInnen
erwerben. Als dritte Variante ist in den Raum zu stellen, ob an VertreterInnen von
Studienrichtungen derselben Fakultät (z.B. SoziologInnen, BetriebswirtInnen und
VolkswirtInnen) am Arbeitsmarkt ähnliche Anforderungen gestellt werden, weshalb für
jene Studierenden ein speziell ihren Bedürfnissen entsprechendes Angebot zu entwickeln
ist.
In diesem Zusammenhang ist anzudenken, fachdidaktische Fortbildungen für das neue
und bestehende Lehrpersonal an der Universität zu intensivieren, um Studierenden einen
kompetenzorientieren und der jeweiligen Studienrichtung angepassten Lernprozess zu
ermöglichen.
Des Weiteren lohnt es sich mit Blick auf den Bologna-Prozess und die steigende
Internationalisierung, Forschung über die Erwartungshaltung von ArbeitgeberInnen in
anderen EU-Staaten zu betreiben und mit jener in Österreich zu vergleichen.
242
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Höchstgerichtliche Judikatur
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VwGH 14.03.2013, 2010/08/0222.
266
Anhang I: Infotext für die quantitative
ArbeitgeberInnenbefragung
Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie am Zentrum für Soziale Kompetenz der Karl-
Franzens-Universität Graz führt Univ.-Ass. MMag. Dr. Karin Sonnleitner eine
Untersuchung zum Thema „Kompetenzanforderung an UniversitätsabsolventInnen“
durch. Es gilt zu erforschen, welche Erwartungen und Anforderungen Unternehmen an
akademische BewerberInnen stellen und wie zukünftige ArbeitnehmerInnen in ihrem
Studium optimal auf den Berufseinstieg vorbereitet werden können.
Um aussagekräftige Ergebnisse erzielen zu können, ist Ihre Teilnahme an der
Fragebogenerhebung von besonderer Wichtigkeit.
Die gesamte Umfrage ist selbstverständlich anonym und die Ergebnisse werden nur in
zusammengefasster Form ausgewertet.
Kontakt für Rückfragen: [email protected]
Link zur Umfrage:
https://survey.uni-graz.at/index.php?sid=66929&lang=de
Herzlichen Dank für Ihre wertvolle Unterstützung!
Mit besten Grüßen
Karin Sonnleitner
Univ.Ass. MMag. Dr. Karin Sonnleitner Zentrum für Soziale Kompetenz Merangasse 12, 8010 Graz Tel: +43/316/380-3657 Fax: +43/316/380-9270 http://soziale-kompetenz.uni-graz.at/de/
267
Anhang II: ArbeitgeberInnenbefragung - Fragebogen
Liebe/r TeilnehmerIn!
Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie am Zentrum für Soziale Kompetenz der Karl-
Franzens-Universität Graz wird eine Untersuchung zum Thema „Kompetenzanforderung
an UniversitätsabsolventInnen“ durchgeführt. Dabei ist Ihre Mithilfe sehr wichtig.
Sie werden im Folgenden nach Ihrer persönlichen Erfahrung bzw. Meinung gefragt –
dabei gibt es keine richtigen oder falschen Antworten. Ihre Angaben werden
selbstverständlich anonym ausgewertet und vertraulich behandelt. Bitte füllen Sie den
Fragebogen vollständig aus, damit aussagekräftige Resultate aus Ihren Antworten
generiert werden können.
Vielen Dank schon im Voraus für Ihre Unterstützung!
Diese Umfrage enthält 10 Fragen.
Erwartungen
1. Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren
ein?
Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus:
sinkend
gleich bleibend
steigend
2. Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene
Stellen in ihrem Unternehmen?
Bitte wählen Sie alle zutreffenden Antworten aus:
Blindbewerbungen
Externe Ausschreibungen (Internet, Zeitungen)
Interne Ausschreibungen (zB Schaukasten, Intranet)
AMS
Headhunters
Sonstiges:
268
3. Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss,
wenn Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben?
Bitte wählen Sie die zutreffende Antwort für jeden Punkt aus:
unwichtig
eher
unwichtig
manchmal
wichtig wichtig
sehr
wichtig
Fremdsprachen
Spezielles Fachwissen
Fachspezifische
theoretische Kenntnisse
Kenntnis
wissenschaftlicher
Methoden
Wissenschaftliche
Ergebnisse/Konzepte
praktisch umsetzen
Kommunikationsfähigkeit
Verhandlungsgeschick
Kritisches Denken
Organisationsfähigkeit
Kenntnisse in EDV
Fähigkeit, sich auf
veränderte Umstände
einzustellen
Schriftliche
Ausdrucksfähigkeit
Mündliche
Ausdrucksfähigkeit
Fähigkeit, Wissenslücken
zu erkennen und zu
schließen
Führungsqualitäten
Rechtskenntnisse
Wirtschaftskenntnisse
Kooperationsfähigkeit
Zeitmanagement
269
unwichtig
eher
unwichtig
manchmal
wichtig wichtig
sehr
wichtig
Fähigkeit, vorhandenes
Wissen auf neue Probleme
anzuwenden
Durchsetzungsvermögen
Fachübergreifendes
Denken
Selbstständiges Arbeiten
Fähigkeit, Verantwortung
zu übernehmen
Konfliktmanagement
Fähigkeit, konzentriert und
diszipliniert zu arbeiten
Problemlösungsfähigkeit
Fähigkeit, die Sichtweisen
und Interessen anderer zu
berücksichtigen
Analytische Fähigkeiten
4. Sollte das Erlernen der folgenden Kompetenzen in der Universitätsausbildung mehr
Gewicht erhalten?
Bitte wählen Sie alle zutreffenden Antworten aus:
Fachkompetenz
Methodenkompetenz
Sozialkompetenz
5. Bitte notieren Sie in Stichworten, was soziale Kompetenz für Sie bedeutet?
Antworten Sie spontan und schreiben Sie alles auf, was Ihnen dazu einfällt.
Bitte geben Sie Ihre Antwort hier ein:
6. Sollte das Erlernen der folgenden Kenntnisse und Fähigkeiten in der
Universitätsausbildung mehr Gewicht erhalten oder nicht?
Bitte wählen Sie die zutreffende Antwort für jeden Punkt aus:
weniger
Gewicht
gleich
bleibend
mehr
Gewicht
Fremdsprachen
Spezielles Fachwissen
270
weniger
Gewicht
gleich
bleibend
mehr
Gewicht
Fachspezifische theoretische
Kenntnisse
Kenntnis wissenschaftlicher Methoden
Wissenschaftliche Ergebnisse/Konzepte
praktisch umsetzen
Kommunikationsfähigkeit
Verhandlungsgeschick
Kritisches Denken
Organisationsfähigkeit
Kenntnisse in EDV
Fähigkeit, sich auf veränderte
Umstände einzustellen
Schriftliche Ausdrucksfähigkeit
Mündliche Ausdrucksfähigkeit
Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen
und zu schließen
Führungsqualitäten
Rechtskenntnisse
Wirtschaftskenntnisse
Kooperationsfähigkeit
Zeitmanagement
Fähigkeit, vorhandenes Wissen auf
neue Probleme anzuwenden
Durchsetzungsvermögen
Fachübergreifendes Denken
Selbstständiges Arbeiten
Fähigkeit, Verantwortung zu
übernehmen
Konfliktmanagement
Fähigkeit, konzentriert und diszipliniert
zu arbeiten
Problemlösungsfähigkeit
271
weniger
Gewicht
gleich
bleibend
mehr
Gewicht
Fähigkeit, die Sichtweisen und
Interessen anderer zu berücksichtigen
Analytische Fähigkeiten
7. Bieten Sie interne Weiterbildung an?
Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus:
Ja
Nein
8. In welchen Bereichen erkennen Sie nach der Aufnahme eines/einer MitarbeiterIn
Weiterbildungsbedarf?
Bitte geben Sie Ihre Antwort hier ein:
9. In welcher Branche ist ihr Unternehmen tätig?
Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus:
Industrie
Dienstleistung
Öffentlicher Bereich
Handel
Soziales
Sonstiges
10. Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen?
Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus:
0-9
10-49
50-249
250 und mehr
Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!
Dr. Karin Sonnleitner
Zentrum für Soziale Kompetenz
http://soziale-kompetenz.uni-graz.at/
272
Anhang III: Interviewsammlung
Interview B1 1
I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 2
ein? 3
(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 4
B1: Darf ich noch einmal kurz nachfragen. Wir sind hier an einer Fachhochschule, soll ich 5
das trotzdem für Universitätsabsolventen einschätzen? 6
I: Überhaupt für akademisches Personal, ja. 7
B1: In den Bereichen, wo Bedarf besteht, schätze ich den Bedarf an 8
UniversitätsabsolventInnen gut ein. Es gibt aber auch Massenstudienfächer. Gerade in 9
diesen Bereichen wird nicht unbedingt jeder seiner Qualifikation angemessen eine Stelle 10
bekommen. 11
I: Was meinen Sie mit Massenstudienfächer? 12
B1: Wir haben zum Beispiel sehr viele Bewerbungen in den Fächern Betriebswirtschaft, 13
Jus, auch Psychologie. Also es gibt Fächer, wo ich einfach sehe, dass mehr ausgebildet 14
worden ist, als Bedarf besteht. Wir haben einige technische Studien, die haben sehr, sehr 15
gute Chancen. Die suchen nicht lange, da stehen die Firmen sozusagen auch schon in der 16
Warteposition. Also ich denke, dass muss man mehrgeteilt sehen. 17
I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 18
in ihrem Unternehmen? 19
B1: Onlinemedien, Zeitung – ganz unterschiedlich. 20
I: Unterschiedlich in dem Sinne, dass sie individuell angepasst an die Studien sind oder 21
werden sie grundsätzlich online gestellt? 22
B1: Sie reden noch immer von Bewerbern unseres Hauses und nicht von Studierenden? 23
I: Ja. 24
B1: Ganz normal wie ein Unternehmen auch. Wir schreiben Anzeigen und bekommen 25
Bewerbungen. Natürlich ist das individuell, weil jemand, der in Rechnungswesen eine 26
Stelle annimmt, etwas anderes können muss als jemand in der Automatisierungstechnik. 27
I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in Ihrem Unternehmen? 28
(Ablauf, Methoden) 29
B1: Das ist auch zweigeteilt. Für das Lehr- und Forschungspersonal gibt es ein Hearing. Im 30
Vorfeld stellt das Kollegium eine Reihungsliste aus und in der Geschäftsführung 31
besprechen wir das. Wir schauen natürlich schon darauf, dass wir Leute dabei haben, bei 32
denen es auch hinsichtlich des Gehalts passt. Bei den anderen, den Stabsstellen und dem 33
273
Bereich Office, läuft das ganz normal über ein Bewerbungsgespräch. Das findet zuerst im 34
Fachbereich statt und die nach vorne gereihten Bewerbungen durchlaufen dann ein 35
Bewerbungsgespräch mit dem Personal und mir. 36
I: Gibt es bei dem wissenschaftlichen Personal auch so etwas wie einen Fachtest, oder 37
reicht das Hearing aus? 38
B1: In dem Hearing bekommen sie schon eine Aufgabe. Es muss fachspezifisch etwas 39
dargestellt, präsentiert werden. Das haben wir auch für andere Fachstellen so – also, dass 40
wir eine Aufgabe geben und darauf schauen, was die Leute daraus machen. 41
I: Halten Sie so etwas wie ein Assessment Center ab? 42
B1: Nein. Das halten wir nicht ab. Das lohnt sich bei uns nicht – aufgrund der Größe. 43
I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 44
Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? Methodenkompetenz, Fachkompetenz, 45
Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, soziale Kompetenz – welche 46
Erwartungen haben Sie? (Profil eines Bewerbers) 47
B1: Die genannten Dinge verlange ich absolut. Es muss jemand natürlich auch fachlich 48
versiert sein, deshalb haben wir zuerst im Fachbereich das Gespräch. Bei dem Hearing 49
möchten wir dann erfahren, wie jemand mit Stress umgeht, wie er/sie kommunizieren 50
kann. Denn die Person soll dann auch im Lehrsaal stehen. Auch wie die Person mit 51
Challenges umgeht – wir haben auch immer einen Psychologen dabei, der auf diesen 52
Aspekt besonders Acht gibt, wie die Körpersprache und der Auftritt ist. All diese Dinge wie 53
auch die soziale Kompetenz sind sehr wichtig, den Studierenden gegenüber sowie auch 54
intern. Wir sind ein kleines Team, das heißt, da sollte man auch gut und effektiv 55
zusammenarbeiten können. 56
I: Wird die Stressbelastung anhand des Psychologen getestet? 57
B1: Stress zu messen, ist schwer, aber ein Hearing mit Fachleuten usw. bedeutet immer 58
Stress. Die eine Person geht mit den vielen Fragenstellungen auf eine andere Art und 59
Weise um wie eine andere Person. 60
I: Aber Sie haben kein separates Verfahren, in dem Sie z.B. Methodenkompetenz, soziale 61
Kompetenz messen? 62
B1: Durch dieses Verfahren eben, durch die Aufgabenstellung können Punkte erreicht 63
werden. Wir haben auch unsere Kriterien und die Personen, die dem Hearing beiwohnen, 64
müssen die Punkte vergeben. Es ist jetzt aber nichts online oder so, dass wir Tests 65
schreiben lassen. Das haben wir ab und an schon mal für Office-Kräfte gemacht aber für 66
Lehrpersonal nicht. Das käme, glaube ich, auch nicht so besonders gut an. 67
I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 68
B1: Das ist schwierig zu sagen. Ich denke, die methodische Kompetenz ist wichtig und das 69
andere gleich an zweiter Stelle. 70
274
I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 71
B1: Soziale Kompetenz würde ich persönlich definieren, dass ich erkenne, in den 72
Gesichtern lesen kann, haben es die Leute im Lehrbereich verstanden, wie komme ich mit 73
den Kollegen aus, also in den Schuhen des anderen laufen können. Wie bringe ich die 74
Leute wieder zusammen, um mein Ziel zu erreichen. Wie z.B. eine erfolgreiche 75
Lehrveranstaltung, Teamarbeit oder im Büro eine Beschwerde erfolgreich abzuwickeln. 76
Auch die Empathie zu haben und gemeinsam etwas zu erreichen. 77
I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 78
erhalten? (Verbesserungsbedarf) 79
B1: Das ist schwierig. Das muss auch etwas differenziert werden. Generell ist es gut, wenn 80
die Leute soziale Kompetenzen haben. Das heißt jetzt nicht, dass es fehlt, aber soziale 81
Kompetenzen kann man immer und überall brauchen. Sich eben auf verschiedenen 82
Ebenen mit verschiedenen Menschen, mit verschiedenen Kulturen auseinandersetzen. 83
Das ist, glaube ich, auch ein Trend, der kommen wird – eben eine gewisse Offenheit zu 84
haben. 85
I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (freiwillig, im bestimmten Ausmaß verpflichtend?) 86
B1: Ja. Wir haben grundsätzlich nichts, was verpflichtend ist. Die Leute haben ein 87
sogenanntes Weiterbildungskontingent. In Absprache mit dem Vorgesetzten machen die 88
Leute, was sie möchten – ob technical Skills oder social Skills. Wir haben unsere 89
Kernkompetenzen festgelegt und dazu gehören auch Kommunikationsfähigkeiten, usw. 90
Wir hatten heute z.B. ein Gespräch mit einer Person, die einen Konflikt hatte. Da bieten 91
wir an, dass sie z.B. ein Coaching machen kann. Wir schauen schon darauf, dass die Leute 92
etwas machen können, aber verpflichten sollte man niemanden – gerade im social Skills-93
Bereich kommt das nicht so gut an. 94
I: Das Kontingent kann auch ausgereizt werden? 95
B1: Ja, genau. Für unsere Office-Leute haben wir etwas weniger. Für das 96
Forschungspersonal etwas mehr, weil sie sich auch fachlich weiterentwickeln müssen. Das 97
kann auch in der Dienstzeit genutzt werden. Alles, was darüber hinausgeht, kann 98
natürlich auch gemacht werden – dann aber eben in der Freizeit, in den Gleitzeitstunden. 99
I: In welchen Bereichen erkennen Sie nach der Aufnahme eines/einer MitarbeiterIn 100
Weiterbildungsbedarf? 101
B1: Das ist auch immer sehr individuell. Am meisten müssen sich die Leute in die neue 102
Kultur, in diese Spezifika einarbeiten. Wenn wir Fachexperten einstellen, sind sie 103
eigentlich immer relativ schnell in ihrem Thema eingearbeitet. Wir achten schon darauf, 104
dass die Leute Lehrerfahrungen aufweisen können. Wir hatten z.B. eine IT-Leiterstelle zu 105
besetzen. Dafür haben wir als Aufgabe das Projekt gegeben, welches die Person auch 106
später umsetzen sollte. Wir achten schon darauf, dass die Personen nicht komplett „bei 107
Null anfangen“. Auch Office-Kräfte haben normalerweise ihre Ausbildung, die sollten mit 108
275
den Programmen vertraut sein. Hier kommt meist nur die Umstellung vom Sekretariat auf 109
die Studierendenverwaltung. 110
I: Wie viele Personen sitzen in dieser Hearingkommission? 111
B1: Auch das ist ganz verschieden – je nachdem zwischen fünf und acht. 112
I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in Ihrem Unternehmen? 113
B1: Wir beschäftigen knapp 100 Personen. Es sind aber auch ca. 20 geringfügige 114
Aushilfskräfte bei uns tätig. 115
116
Interview B2 117
I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 118
ein? (Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 119
B2: Ich würde sagen, dass sich der Bedarf gleichbleibend darstellt. 120
I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 121
in ihrem Unternehmen? 122
B2: Wir schreiben die Stellen aus, allerdings selten über die Zeitung. Meistens über 123
unsere Homepage, über Netzwerke wie z.B. Personalentwicklernetzwerk oder über 124
Online-Plattformen wie der Universität Graz, des Career-Centers bzw. über die 125
Jobplattform des WIFI. 126
I: Nutzen Sie so etwas wie Headhunter? 127
B2: Nein. 128
I: Warum nicht? 129
B2: Kosten und Nutzen stehen für uns nicht in Relation – weil wir selten Arbeitsplätze 130
ausschreiben, zu denen es genau definierte oder allgemein bekannte Jobprofile gibt, wie 131
z.B. Buchhaltung, Lohnverrechnung, Sekretariat. Wir haben oft sehr breite 132
Aufgabengebiete und wir wollen das auch nicht „außer Haus geben“. Es ist zudem auch 133
eine Kostenfrage. Wir sind eine NGO – und aus dieser Warte betrachtet, müssen wir 134
darauf achten, wie wir unsere finanziellen Mittel effektiv einsetzen. 135
I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren (von AkademikerInnen) in ihrem Unternehmen? 136
(Ablauf, Methoden) 137
B2: Das ist mehrstufig. Es gibt zunächst eine erste Auswahl, die aufgrund der 138
eingesandten Unterlagen passiert – hier gibt es eine Reihung. Dann finden Erstgespräche 139
statt – mit im Schnitt 10 bis 15 Kandidaten. Hier wird darauf geachtet, wer in die engere 140
Auswahl kommt. Dann kommt es zu einer Zweitrunde mit den besten drei bis vier 141
KandidatInnen. Daran nehmen auch schon Fachvorgesetzte und gegebenenfalls die 142
Geschäftsführung teil. Falls noch keine Entscheidung getroffen werden kann, kommt es zu 143
einer dritten Runde. Hierfür werden die BewerberInnen eingeladen, sich eine Stunde lang 144
276
den Aufgabenbereich anzusehen und ein vertiefendes Gespräch mit der späteren 145
Vorgesetzten zu führen. Das Einstellungsverfahren ist also maximal dreistufig. 146
I: Gibt es so etwas wie einen Fachtest, ein Vorarbeiten? 147
B2: Vorarbeiten nicht. Stellenbezogen gibt es schon Praxisbeispiele. Um die 148
Vergleichbarkeit zu garantieren, wird das Erstgespräch mittels eines Leitfadens geführt. 149
Das zweite Gespräch ist ein strukturiertes Interview, in dem die Kandidaten ganz konkrete 150
Beispiele aus der Praxis bekommen. Je nach Stelle gibt es auch Praxistests, wie z.B. 151
Aufgaben am PC. 152
I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 153
Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 154
B2: Ich erwarte mir, dass der Bewerber sich im Vorfeld über das Unternehmen schlau 155
gemacht hat, dass er sich einigermaßen gut ausdrücken kann, was er will und uns 156
gegenüber offen und ehrlich sagt, was er sucht. Wir versuchen, im Erstgespräch die Stelle 157
möglichst gut und genau vorzustellen, damit der Bewerber ein gutes Bild davon 158
bekommt. Deshalb erwarte ich mir auch vom Bewerber, das Gespräch in erster Linie nicht 159
als Verkaufsgespräch zu sehen – sondern als Kennenlerngespräch. Damit gegenseitig auch 160
die Erwartungen abgeklärt werden können. 161
I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? 162
B2: Eine Reihung vorzunehmen ist schwer. Ich möchte es anders formulieren: ich sage 163
immer, wenn jemand will und die Voraussetzung, etwas lernen zu wollen, vorhanden ist, 164
kann sich die Person fachliche Kompetenzen aneignen. An der Persönlichkeit kann 165
weniger „geschraubt“ werden. Uns ist also wichtiger, dass jemand persönlich gut zur 166
Stelle und in das Team passt. Bestimmte fachliche Grundkompetenzen müssen schon 167
vorhanden sein – weist der Bewerber aber noch gewisse fachliche Mankos auf, können 168
diese später erlernt werden. Mir ist also schon wichtiger, dass die sozialen Kompetenzen 169
vorhanden sind. 170
I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 171
B2: Also je nach Stelle sind die Anforderungen unterschiedlich. Mal brauche ich 172
jemanden, der sehr entscheidungsfreudig ist, der sich nicht davor scheut, Entscheidungen 173
vielleicht alleine zu treffen. Manchmal brauche ich einen absoluten Teamplayer. 174
Manchmal brauche ich jemanden, der unglaublich strukturiert arbeitet und sehr genau 175
ist, wenn es um Kontrollen geht. Manchmal brauche ich einen kreativen Kopf, der einfach 176
mit dem Chaos wunderbar umgehen kann. Also es hängt dann ganz von der Stelle ab. Es 177
wird dann eher aufgrund von ganz konkreten Beispielen auch irgendwie abgeklärt. 178
I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 179
erhalten? (Verbesserungsbedarf) 180
B2: Also, das heißt, was bringen sie derzeit zu wenig mit? 181
I: Ja. Was sollte in der universitären Ausbildung mehr Gewicht erhalten? 182
277
B2: Das ist in der Praxis wahrscheinlich sehr schwer umsetzbar, aber vielleicht so Praktika. 183
I: Also, dass schon während der Universitätsausbildung Praxis erlangt wird. 184
B2: Genau, dass Praxis erworben werden kann. Sie bringen sehr viel mit, vorher ist mir 185
noch irgendein Gedanke eingefallen. Praxis, also so Praktika wären sicher hilfreich. Noch 186
irgendetwas ist mir eingefallen. Vielleicht fällt es mir wieder ein. 187
I: Es geht auch darum, dass das Studium im Moment sehr fachlich ausgerichtet ist. Dass 188
man sehr viele fachliche Kompetenzen nacheinander erlernt, dass oft beispielsweise 189
Kommunikationsfähigkeit in Curricula fehlt. Jetzt ist die Frage, ob vielleicht irgendetwas 190
anderes noch gebraucht wird? 191
B2: Ich weiß schon wieder. Was mir in den letzten Jahren ein bisschen abhanden 192
gekommen ist, dass liegt aber auch aufgrund der Stunden oder der Studienpläne – was 193
ich sehr schätze an Universitätsabsolventen ist die Fähigkeit, sich große 194
Aufgabenstellungen aufzubereiten und sich große Stoffmengen in bewältigbare Häppchen 195
runter zu brechen. Es gibt auch immer wieder in der Berufspraxis so riesen Themen, die 196
auf mich zukommen und da muss ich wissen, wie bereite ich mir das auf. Durch dieses 197
zunehmend verschulte System wird da ein Teil der Selbstständigkeit, glaube ich, 198
eingebüßt. Weil ich muss mich nicht mehr selber darum kümmern, wie organisiere ich 199
was, wann gehe ich was an, wie breche ich mir das runter, sondern ich muss regelmäßig 200
meine Aufgaben machen, habe die Anwesenheiten – das finde ich etwas schade. Damit 201
geht das, ist dieses verschule System, da geht für mich ein bisschen etwas verloren. Das 202
wäre fein, wenn das erhalten bliebe oder wieder mehr ausgebaut werden könnte. 203
Bezüglich Praktika, muss ich sagen, da sind wir mit den Absolventen, die wir eingestellt 204
haben, sehr zufrieden von der Ausbildung her. 205
I: Bieten Sie eigentlich selber Praktika an, wenn jemand bei Ihnen anfragt? 206
B2: Wenn es irgendwie möglich ist, ja. 207
I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (freiwillig, im bestimmten Ausmaß verpflichtend?) 208
B2: Ja. 209
I: Und wie schaut das aus? Ist das freiwillig, ist das irgendein Kontingent, das man 210
innerhalb eines Jahres machen muss? 211
B2: Da muss man unterscheiden. Einige haben eine Weiterbildungsverpflichtung. Die 212
Büromitarbeiter, da hat jede Abteilung ein Budget. Da gibt es dann inhaltliche 213
Rahmenbedingungen, aber sonst können die Vorgesetzten mit den Mitarbeiterinnen, je 214
nach Mitarbeitergespräch, je nach Projekten, je nach Themen, die anliegen, sehr 215
individuell entscheiden, was braucht die Mitarbeiterin, was möchte sie machen und was 216
möchte er machen. Das ist sehr weitgefasst. Das sind nicht nur Weiterbildungen, sondern 217
das können auch Coachings sein, können Supervisionen sein, können auch mal eine Job-218
Rotation oder ein Benchmark-Besuch sein. 219
278
I: Also je nachdem. Diese Bildungszielmaßnahmen sind ziemlich breit gefasst. Sind sie 220
auch verpflichtend? 221
B2: Großteils freiwillig, es gibt ganz wenige Ausnahmen, wo wir verpflichtende 222
Weiterbildungen anbieten. Das ist dann teilweise, wenn wir dann zum Beispiel ein neues 223
Tool bei uns einführen, wo wir dann sagen, dass wir jetzt alle Mitarbeiter schulen wollen. 224
Oder wenn wir wie vor zwei Jahren für die Führungskräfte so ein 225
Weiterbildungscurriculum auf die Beine stellen. Also wirklich einen internen Lehrgang, 226
der modulweise aufgebaut ist, wo wir natürlich sagen, das gibt es, da werden soft Skills 227
vermittelt, da werden fachliche Themen vermittelt und da ist dann die Teilnahme 228
verpflichtend. Da haben wir einen bunten Mix zwischen fachlicher Kompetenz und soft 229
Skills. Auf die Mitarbeitergruppe, die wir da durchschleusen sozusagen abgestimmt. Was 230
braucht die Person fachlich, was braucht sie persönlich. Mit externen Referenten, 231
modulweise aufgebaut, läuft über ein bis zwei Jahre, je nachdem. Das ist verpflichtend. So 232
etwas gibt es für unterschiedliche Mitarbeiter. Die können sich dann allerdings für diese 233
speziellen Fortbildungen bewerben. Und dann ist natürlich die Teilnahme oder das 234
Zertifikat, das ist dann an eine gewisse Mindestpräsenzzahl gebunden. 235
I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in Ihrem Unternehmen? 236
B2: Um die 400. 237
238
Interview B3 239
I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 240
ein? (Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 241
B3: Ich würde mal sagen hoch. 242
I: Also steigend? 243
B3: Ja, mit Sicherheit. 244
I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 245
in ihrem Unternehmen? 246
B3: Naja, ausgeschrieben. Die Stellen werden ausgeschrieben, extern sowie intern. Auf 247
allen möglichen Plattformen. 248
I: Zeitungen sind auch dabei? 249
B3: Nein also, Zeitungen sind sehr selten. Das liegt eigentlich an zwei Gründen. Auf der 250
einen Seite der hohe Kostenfaktor, der ein Zeitungsinserat eigentlich mit sich bringt und 251
der Tatsache, dass gerade junge Leute eher mehr im Internet Jobs suchen und nicht mehr 252
klassisch über Printmedien. 253
I: Rekrutieren Sie auch über Headhunter? 254
279
B3: Über Headhunter, nein. Wobei, wenn man unter Headhunter Personaldienstleister 255
auch versteht, dann wieder ja. Das sind zwei verschiedene paar Schuhe. Wir arbeiten mit 256
Personaldienstleister und nicht mit Headhunter. 257
I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 258
(Ablauf, Methoden) 259
B3: Gleich wie bei Nichtakademikern. Wenn wir die Unterlagen bekommen und die 260
Bewerbung unser Interesse weckt, dann gibt es ein erstes Gespräch mit dem Bewerber im 261
Haus. Sind die Qualifikationen von Bewerbern für mehrere Positionen geeignet, muss ich 262
im Vorgespräch herausfinden, welches Tätigkeitsfeld für den Kandidaten in Frage kommt. 263
Da wird im Prinzip mit dem Bewerber ein Vorgespräch geführt, um herauszufinden, 264
welches Tätigkeitsfeld, welcher Bereich eher mehr für den Kandidaten oder die 265
Kandidatin in Frage kommt. Wenn, wie gesagt, aus den Unterlagen schon hervorgeht, 266
welche Stelle oder welche Abteilung das Ganze betrifft, dann wird schon ein Gespräch 267
direkt mit der Fachabteilung geführt. Je nach dem, wie viele Bewerber sich um eine Stelle 268
bewerben, gibt es dann eine final Shortlist von den interessantesten Kandidaten und 269
dann erfolgt nach einer entsprechenden Reihung die Besetzung. 270
I: So etwas wie Assessment Center halten Sie ab? 271
B3: Lustigerweise haben wir morgen wieder eines, allerdings nur für, sage ich jetzt einmal, 272
die Lehrlingscastings und nicht die breite Masse. Das liegt aber auch daran, dass wir eben 273
in einem relativ speziellen Bereich, also eher mehr im technischen Bereich, Personen 274
suchen und dort dann Fachkräfte- und Technikermangel doch sehr groß ist und man sich 275
schon fast ein bisschen freuen muss, wenn sich überhaupt jemand bewirbt. Umgekehrt 276
haben wir jetzt eine Marketingstelle ausgeschrieben. Da haben wir innerhalb von drei 277
Tagen über 80 Bewerbungen bekommen und da würden wir den Aufwand dann auch 278
wieder nicht betreiben. Da greift man lieber auf die klassischen Varianten zu. Also wir 279
haben jetzt nicht so ein Trainee Programm im Hintergrund, in dem das eher Sinn macht, 280
wenn man so Trainee Programme startet und sagt, man fängt jetzt mit 20 oder 25 Leuten 281
an und die gehen jetzt 12, 14 Monate durch ein Trainee Programm durch das 282
Unternehmen und werden im Konzern platziert. Da machen AC´s mehr Sinn, weil ich 283
einfach wahrscheinlich einen relativ großen Bewerberpool recht schnell reduzieren muss. 284
Auch das brauchen wir nicht, weil wir gar nicht so viele Bewerbungen für die einzelnen 285
Stellen bekommen. 286
I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 287
Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 288
B3: Na ja, das hängt jetzt natürlich sehr stark von der Stelle ab, auf die sie sich bewerben. 289
Ich sage einmal. Jeder junge Mensch, sage ich mal, der jetzt von der Uni oder von der 290
Fachhochschule kommt, hat natürlich ein gewisses Interesse, dass er mal einen Job 291
bekommt und den Job im Prinzip gut macht. Erwartungen, die für unser Unternehmen 292
relevant sind, sind Realität, Engagement, irgendwie Ernsthaftigkeit für die Sache, auch 293
Spaß am Arbeiten, das sind alles Werte, die man in einem Bewerbungsprozess so und so 294
280
nicht validieren kann. Man kann zwar schauen, wie sehr jemand engagiert ist, mit den 295
interessantesten und lustigsten Fragetechniken. Die für das Unternehmen relevanten 296
Werte kristallisieren sich in Kombination mit dem Job in den ersten sechs Monaten 297
heraus. Deswegen ist es vielleicht, ahm, gerade im Bereich des Recruitings nicht 298
unbedingt wahnsinnig der effizienteste Weg zu hohe Erwartungen an jemand zu stellen. 299
Hat die vielleicht auch schon in dem Prozess also vor Unterschrift, Dienstvertrag und einer 300
Eingewöhnungsphase großartig bewerten zu wollen, weil man es nicht bewerten kann. 301
I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 302
B3: Also ich würde da in die Richtung gehen fachlich, sozial und dann methodisch. Mit 303
dem Hintergrund, wenn ich von hinten anfangen darf von einer Erklärung. Wie jemand 304
methodisch im Prinzip arbeitet, da kann man sich im Studium eine Methode zurecht 305
legen, wie ich arbeiten möchte in Zukunft oder wie ich mich durch mein Studium durch 306
gearbeitet habe. Dann hat man eine gewisse Methodik und einen gewissen Zugang. Der 307
verliert manchmal aber relativ schnell an Bedeutung und auch an Wert, wenn es in ein 308
Unternehmen geht und das Unternehmen vielleicht mit einem anderen System, 309
Methoden arbeitet, wie man es vielleicht im Studium gewohnt ist und dann im Prinzip 310
einen Job hat. Das heißt, die Methodik würde ich deswegen nicht ganz in den 311
Vordergrund stellen. Sozial ist immer so eine Sache. Es hängt nicht nur von der Person ab, 312
sondern auch von dem Rest der Mannschaft. Da muss man auch ein bisschen ein Gefühl 313
haben im Recruiting, passt die jetzt in das Team oder nicht, wie ist er so von seinem Tun 314
und Machen und Haben. Aber unterm Strich ist sicher, passen sie fachlich, das ist 315
vielleicht ein bisschen gemein formuliert oder jetzt nicht so populär formuliert. Genauso 316
wie wenn man ein Werkzeug zukauft, sich einen Hammer oder einen Bohrer kauft für 317
eine bestimmte Tätigkeit, kauft man sich im Unternehmen Personal für bestimmte 318
Tätigkeiten. Der Vergleich, an und für sich, für die Tätigkeit, an und für sich, wofür diese 319
Person dann im Unternehmen eingesetzt wird, wird genau dafür eingesetzt, wofür sie 320
geholt wird. Hole ich mir einen Vertriebsmitarbeiter, will ich, dass der im Vertrieb arbeitet 321
und Sachen verkauft. Hole ich mir einen Buchhalter, will ich, dass der die Buchhaltung 322
macht. Das ist gleich wie mit einem Bohrer und mit einem Hammer, und wenn die 323
fachliche Kompetenz nicht gegeben ist, wenn der Hammer nicht hämmert und der Bohrer 324
nicht bohrt, weil er das einfach nicht kann, dann habe ich das falsche Werkzeug für die 325
falsche Anforderung und aus dem Grund muss ich die fachliche Anforderung oder 326
fachliche Kompetenz immer in einer Bewertung ganz oben, sehr weit oben stehen. Es hilft 327
mir zwar auch nichts, wenn ich jemanden habe, der sich super auskennt, aber den kann 328
ich nicht in das Team integrieren. Aber das ist dann eine Entscheidung, die im 329
Recruitingprozess fallen muss. Passt der in das Team oder passt der nicht in das Team? 330
Weil es hilft mir genauso wenig etwas, wenn ich jemanden im Team habe, der super in 331
das Team passt, nur macht er die Arbeit nicht, weil er es nicht kann. Dann haben sie alle 332
miteinander eine Gaude, aber wir kommen nicht wirklich weiter und da sind die Personen 333
dann durchaus im Haus relativ kritisch, die Kollegen und sagen: Jetzt haben wir da einen 334
und der kennt sich nicht aus. Wenn jemand was lernen muss und sich jemand in etwas 335
281
hinein lernen muss, das ist ganz normal. Da braucht man ein, zwei Jahre, bis man da mal 336
weiß, um was es wirklich im Detail geht. Ein Bilanzbuchhalter hat am Ende des zweiten 337
Jahres vielleicht gerade mal seine zweite Bilanz erstellt. Das ist jetzt nicht so wahnsinnig 338
viel. Und er bekommt halt irgendwie nur ein Mal im Jahr die Chance, dass er eine Bilanz 339
erstellt. Er bereitet sich das ganz Jahr darauf vor und einmal macht er es dann. Also 340
braucht es im Prinzip auch Zeit. Wenn man aber in der Kollegenschaft mitbekommt, dass 341
da die Basis komplett fehlt, dann schwindet auch relativ schnell die Akzeptanz und 342
Toleranz, dass jemand eine Zeit lang braucht, dass er drinnen ist. 343
I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 344
B3: Ich reduziere das einfach darauf, der muss mit Leuten können. Wir sind im Alltag in 345
einem Unternehmen nicht davor gefeit, dass immer einzelne Personen Fehler machen 346
und dass aus Fehlern Konflikte entstehen. Die Konflikte müssen wir auch irgendwie 347
wieder bereinigen. Unterm Strich funktioniert das nicht am besten, indem man alle 7000 348
Kurse zu soft Skills besucht. Dann wissen wir zwar relativ viel, aber das heißt noch gar 349
nichts. Und wenn man nicht auf andere dann zugeht, wenn man nicht Konflikte auch 350
anspricht oder auch Fehler verzeihen kann, die passieren, dann hat man es im Prinzip 351
schwer. Als Unternehmen kann man nur versuchen, mit seiner ganzen Mannschaft eine 352
Kultur zu leben oder sie versuchen zu generieren, wenn man sie noch nicht hat, in der vor 353
allem Fehler gemacht werden dürfen und in der man auch offen mit Fehlern umgeht. Der 354
eine kann das ein bisschen besser und der andere kann das ein bisschen schlechter. Wir 355
haben unter Anführungszeichen, muss ich jetzt sagen, ein bisschen Glück, was das angeht, 356
weil wir einen recht hohen Männeranteil im Unternehmen haben, eigentlich einen sehr 357
hohen, und das geht bei Männern ein bisschen einfacher. Die können mit Konflikten und 358
Fehlern eigentlich leichter umgehen. In Abteilungen, in denen wir viele Frauen haben, 359
haben wir viel mehr diese unterschwelligen Konflikte, die halt nie so richtig an den Tag 360
kommen und wo wir uns auch immer ein bisschen schwer tun, diese aufzulösen. Dafür 361
haben wir mit unseren Hähnen im Stall Themen, die nicht wirklich so witzig sind. Also es 362
ist komplett egal. wir sind in einem Umfeld tätig, das heißt für uns, da sind jetzt 363
Veränderungen, die den täglichen Arbeitsprozess angehen, keine Seltenheit, sondern 364
eher Normalität. In diesem Umfeld, in dem sich permanent irgendetwas ändert, und diese 365
Änderungen auch laufend Auswirkungen auf die eigene Arbeit haben, kann das relativ 366
schnell so zu angespannten Situationen führen. Deshalb reduziere ich das darauf: Man 367
muss mit anderen können, man muss sich selber vielleicht nicht immer so wichtig und so 368
ernst nehmen. Dann passt das schon. 369
I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 370
erhalten? 371
B3: So Kleinigkeiten heraus zu fischen, wäre, glaube ich, vorschnell. Das liegt eher am 372
Studierenden, also an der Universität an und für sich selbst. Was wir halt doch sehen oder 373
ich würde mir wünschen, das wird aber wahrscheinlich ein Wunschtraum bleiben, nach 374
dem ich hinten nachlaufe, wie eine Karotte, dass vor allem die Universitäten wieder zum 375
Ursprung zurückkehren und in ihren Studienplänen und in ihren Ausrichtungen wieder 376
282
mehr Generalisten produzieren als Spezialisten. Wir haben auch jetzt die eingeführten 377
Bachelor und Master. Vor 15 Jahren war ein Betriebswirt jemand, der hat sich nicht 378
wirklich überall ausgekannt, der hat sich überall ausgekannt aber nie in irgendetwas 379
wirklich richtig. Sagen wir es einmal so. Dafür haben die meisten aber auch Gnaden und 380
Fähigkeiten gehabt, dass sie sehr generell einsetzbar waren und man sie im Unternehmen 381
sehr gut überall untergebracht hat. In der heutigen Zeit müssen sie durch die 382
Spezialisierung, wenn Sie BWL herausnehmen, relativ früh entscheiden, was sie dann 383
eigentlich machen wollen. In welche Spezialisierung sie gehen und sie bekommen dann 384
von anderen Teilen nicht wirklich etwas mit. Bei Technikern ist es so. Wenn Sie heute 385
sagen, ich studiere Elektrotechnik, technische Informatik oder sonst irgendetwas, da ist 386
von Anfang an klar, in welche Richtung es geht. Der Betriebswirt war eher immer noch so 387
der Generalist und durch diese ganzen Bologna-Umstellungen geht das jetzt auch mehr in 388
Richtung Spezialistentum. Für die Spezialisten brauche ich keine Uni, da kann ich eine FH 389
auch hernehmen. Da war früher vielleicht so ein bisschen eine schönere Trennung, dass 390
man auf einer Universität einfach gelernt hat genereller zu arbeiten, selber die Sachen 391
alle herzuholen und sich mit Eigenmotivation voranzukämpfen. Auf der FH, da habe ich 392
mich hingesetzt wie in der Schule und nach fünf Jahren bin ich dann fertig gewesen und 393
konnte irgendetwas. Da habe ich genau das gelernt, was mir die Leute vorsetzten. Leider 394
Gottes entwickelt sich die Uni auch immer mehr in die Richtung. Was gerade bei den 395
Betriebswirten eigentlich total Schade ist, weil von denen es total viele gibt. Die suchen 396
alle einen Job, oder in der Steiermark suchen sehr viele einen Job. Was wir Bewerbungen 397
von Betriebswirten haben, das geht schon bald gar nicht mehr auf eine Kuhhaut. Sie tun 398
sich voll schwer, weil sie halt schon eine Spezialisierung haben, weil sie sich auf einmal 399
nur mehr in einem gewissen Bereich in einem Unternehmen am Anfang etablieren 400
können. Ich sage einmal aus einem Bilanzbuchhalter wird vielleicht irgendwann einmal 401
ein Controller oder sowas in der Richtung, aber dann alles andere, also alles, was darüber 402
hinausgeht, sind dann bemerkenswerte Einzelfälle. Das ist im Prinzip auch ein bisschen 403
schade, weil man doch relativ lange für etwas studiert und dann eine Spezialisierung hat, 404
die ein anderer auf der FH leider Gottes genauer bekommt und noch spezialisierter. Und 405
wenn das Unternehmen sagt, ich muss das richtige Werkzeug aussuchen, dann, das zeigt 406
auch die Erfahrung, dass ich dann mit dem einen oder anderen Fachhochschüler die 407
bessere Erfahrung habe. Viele Uniabsolventen, also nicht alle, aber die meisten fühlen 408
sich hier vom ersten Tage an zu Größerem berufen. Jetzt bin ich Betriebswirt und 409
eigentlich komme ich in die Firma und in zwei Jahren sehe ich mich eigentlich als 410
Geschäftsführer. Die Fachschüler sind demütiger und haben das Streben nach mehr. Und 411
in einem Unternehmen werden selten alle zwei Jahre die Geschäftsführer ausgetauscht, 412
nur weil man jetzt ein paar Studierende eingestellt hat und man braucht doch auch 413
einiges an Berufserfahrung, um solche Jobs dann im Endeffekt zu machen. Und da haben 414
sicher die Studierenden, die vor 10, 15 Jahren gerade auf der Karl-Franzens-Universität 415
noch ihren Abschluss gemacht haben, wahrscheinlich eine leichtere Chance oder einen 416
anderen Zugang einfach, weil die sind halt einfach anders. Ich würde nicht sagen 417
konditioniert, aber die haben halt einen anderen Lehrgang gehabt und der hat andere 418
283
Qualitäten gefordert als der aktuelle. Das wäre so etwas, wenn Sie mich fragen, was ich 419
mir wünschen würde oder nicht. Back to the roots, weil die Fachhochschüler gibt es für 420
die Spezialgeschichten und die Generalisten werden immer weniger. Es gibt immer 421
weniger Leute, die sich in verschiedene Themen rein arbeiten und dort einmal einen 422
Status irgendwie erheben, was sie dazu sagen können, vielleicht die eine oder andere 423
Entscheidung treffen und dann wieder wie eine Karawane zum nächsten Thema ziehen. 424
Unternehmen, die alle ihre Probleme in ihren eigenen Prozessen haben, brauchen viele 425
von diesen Personen, die diese Fehler in den Prozessen, in den Schnittstellen, in den 426
Abläufen im Unternehmen irgendwann mal ausbügeln. 427
I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (Freiwillig? Im bestimmten Ausmaß 428
verpflichtend?) 429
B3: Wenn ich jemanden verpflichten muss, dass er etwas lernt, dann wäre es besser, dass 430
ich mich von dem Kollegen trenne. Das ist mal meine Grundgeschichte. Es ist so, dass es 431
fast nie vorkommt, dass ich jemanden verpflichten muss, etwas Neues zu lernen. Es kann 432
ab und zu sein, dass man zu einem Mitarbeiter sagt, du, dass sein Englisch, Spanisch oder 433
Italienisch nicht wahnsinnig toll ist. Da sollten wir vielleicht ein bisschen was tun, aber in 434
der Regel sind diese Personen für solche Hinweise meistens dankbar und nehmen die 435
Angebote relativ gerne an. Es scheitert eher manchmal an der Zeit, dass sie keine Zeit 436
haben, dass sie das alles machen. Das kommt aber eher nicht vor. Wir bieten 437
Weiterbildungen in einem sehr großen zeitlichen und finanziellen Ausmaß an, weil das für 438
das Unternehmen und für die Entwicklung des Unternehmens einfach relevant ist. 439
I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? 440
B3: Also aktuell sind es 304 interne und um die 60 externe, am Standort in Leoben. Und 441
am Standort in Graz sind es 1300, 1400 knapp. 442
443
Interview B4 444
I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 445
ein? (Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 446
B4: Ja, also auf jeden Fall ist der Bedarf gegeben. Ja, weil es einfach Pensionierungen und 447
neue Herausforderungen gibt, die abgedeckt werden müssen. Ja, aus dem heraus. 448
I: Ist das in einem gewissen Bereich, sehen Sie da irgendwelche Studien im Vordergrund, 449
also irgendein konkretes Studium? 450
B4: Ganz sicher in verschiedensten Fachabteilungen, wo man dann einfach sagt, es gibt 451
zum Thema Bilanzen, wo man dann einfach hergeht und sagt, man schätzt schon, wenn 452
es Vorwissen gibt. Zumindest in der Theorie. Wünschenswert ist auch schon eine gewisse 453
Praxis. 454
I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 455
in ihrem Unternehmen? 456
284
B4: Auf der einen Seite durch den internen Stellenmarkt, in dem intern, offen und 457
transparent ausgeschrieben wird oder es ist schon sehr klar, dass es aus der eigenen 458
Abteilung eine Nachfolge gibt. Ja, ist es intern nicht nachbesetzbar, dann erfolgt es offen 459
ausgeschrieben und da in weiterer Folge kommt es dann eben zu einem Gespräch mit der 460
Personalentwicklung bzw. auch mit zuständigen Führungskräften der Abteilungen oder 461
von Kompetenzzentren. 462
I: Schreiben Sie über Zeitungen aus oder über Internet, online? 463
B4: Online bzw. zum Teil auch über einen Aushang. 464
I: Nutzen Sie Headhunter? 465
B4: In den meisten Fällen nein. 466
I: Und das Einstellungsverfahren, wenn Sie da weiter berichten können, also es geht in die 467
Personalabteilung und danach? 468
B4: Ja, also es geht in die Personalabteilung. Daraufhin schaut man natürlich an, welche 469
Bewerberinnen und Bewerber hat man. Aus dem heraus kommt es dann zu einer 470
Einladung oder zu einem Gruppeninterview, wenn man aus mehreren die Wahl hat. Sind 471
es nur ganz wenige oder man sucht sehr spezifisch, dann ist es einfach jemand aus der 472
Personalentwicklung gemeinsam mit dem zuständigen Fachabteilungsleiter oder 473
Organisationseinheitenleiter. Ja, damit man sich einfach ein Bild von der Person und aber 474
auch von der Fachkompetenz machen kann. 475
I: Also ist da so ein Fachtest eingeschoben? 476
B4: Das kann sein, dass es entweder in einem Gruppeninterview ist, wo verschiedenste 477
Aufgaben und Herausforderungen zu bestehen sind und wo man dann seine 478
Qualifikationen und seine Qualitäten und Stärken herzeigen kann oder es ist, wenn es 479
eben so ein Dreiergespräch ist, mit der Personalabteilung und auch mit 480
Fachverantwortlichen, also sprich mit der Führungskraft, dass man dann schon die 481
Interessen aber auch das Können und die Stärken sehr gezielt abfragt. Man fragt auch, 482
was es an beruflicher Vorqualifikation gibt bzw. wo besondere Interessen und Stärken 483
sind, wo man sich auch ein Bild von der Person machen kann, wie sie in das Gefüge der 484
Abteilung oder des Unternehmens passt. 485
I: Ist das Gruppeninterview so etwas wie ein Assessment Center? 486
B4: Ah, das ist ein Assessment Center ja, mit mehreren Beobachtern und natürlich auch 487
mit mehreren Bewerbern. 488
I: Und über mehrere Tage hinweg oder …? 489
B4: Nein. Das findet ungefähr einen halben Tag bis zu einem Tag statt. 490
I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 491
Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 492
285
B4: Ja, größtmögliches Interesse an dem Unternehmen. In weiterer Folge auch, dass man 493
sich über das Internet oder über die jeweilige Anzeige schon auch Gedanken macht, was 494
erwartet mich. Also was könnten die Erwartungen des zukünftigen Unternehmens sein, 495
aber auch, dass ich meine eigenen Erwartungen klar ausdrücken kann. Damit man dann 496
merkt, wo gehen Erwartungen Hand in Hand, damit es da nicht jetzt zu 497
Missverständnissen oder Unklarheiten kommt, sondern dass wirklich beide Seiten, 498
Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zukünftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass 499
man sich da dann wirklich findet. 500
I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? 501
B4: Zunächst sicher einmal, wenn man Fachleute sucht, würde ich die Fachkompetenz 502
aber unbestritten in Verbindung mit einer sozialen Kompetenz nennen, weil es einfach 503
darum geht, mit anderen Menschen, mit anderen Abteilungen zusammen zu arbeiten und 504
da sozial verträgliche Lösungen und Klarheit innerhalb von Gruppen und im Team zu 505
schaffen. 506
I: Wie fragen Sie die soziale Kompetenz ab? Wie sehen Sie das bei einem Bewerber? 507
B4: Das kann sein zum Beispiel in Gruppenübungen, in der mich einfach die Gruppe in 508
verschiedensten Herausforderungen und Aufgaben natürlich sehr stark beobachtet. Wie 509
ist das Verhalten und was wird gezeigt? 510
I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 511
B4: Für mich ist soziale Kompetenz, wie jemand persönlich im Team auftritt. Habe ich eine 512
Lösungsorientierung, bin ich wertschätzend, wie trete ich einfach auf. Kann es nur eine 513
Lösung, meine Lösung, um jeden Preis geben. Gibt es auch etwas in der Mitte zwischen 514
der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten und wie verhalte ich mich. Entweder 515
körpersprachlich, mit der Stimme, wie ist mein Einsatzvermögen und wie wertschätzend 516
begegne ich hierarchisch dann durchaus entweder Übergeordneten oder auch zukünftig 517
Untergeordneten, damit es einfach wertschätzend ist und in eine Unternehmenskultur 518
und in eine Mitarbeiterkultur hineinpasst. 519
I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 520
erhalten? (Verbesserungsbedarf) 521
B4: Also generell glaube ich, die Ausbildung ist rundherum schon sehr, sehr gut. Man 522
sollte aber jetzt nicht, wenn es zum Beispiel um das Thema Präsentation geht, dass man 523
jetzt nicht nur versteht, mit den neuesten Medien, also sprich in Power Point, etwas 524
abzuwickeln und zu sagen der Power Point Vortrag, den die Menschen oder die 525
Kundinnen und Kunden an der Leinwand sehen, ist zugleich das Handout, sondern dass 526
man sich dann schon Gedanken macht, wie anwenderfreundlich ist das. Entspricht das 527
wirklich einer Folientechnik, wo nur Headlines drauf sind, und wo es dann noch einen 528
lebhaften Vortrag gibt und gleichzeitig aber ein ausführendes Handout, wo halt mehr 529
drinnen steht, wo Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem unterschiedlichen 530
Wissensstand auch dann noch in der Nachbereitung dieses Vortrages arbeiten können. 531
286
Wenn jemand von den Uniabsolventen dann eingeladen ist, ein Thema aufzubereiten, 532
dass es auch dann noch verständlich und nachlesbar ist und vielleicht auch mit 533
Praxisbeispielen, wo man sich ein bisschen bemüht, in verschiedenste Branchen und 534
Bereiche hinein zu hören und sagt, wie ist das gerade Gelernte, das Modell, die Theorie, 535
die Statistiken. Was bedeutet das in einem Unternehmen? Da sehe ich auf alle Fälle 536
Verbindungen, die gestärkt werden können und dass man auch immer wieder versucht, 537
auf der Uni vielleicht Gastreferenten und Gastreferentinnen aus dem Privatbereich, aus 538
Klein-, Mittel- und Großunternehmen zu bekommen, damit man dann einmal sieht: Man 539
kann auf einem karierten Blatt erfolgreich sein, man kann auf einem Flipchart erfolgreich 540
sein, wie schreibe ich leserlich, wie ist es auch da wieder mit Präsentationstechnik, wie ist 541
es freundlich, dass ich das rüberbringe, dass ich auch in der Lage bin, am Flipchart zu 542
arbeiten, Ich muss mit überlegen, ob überhaupt meine Stifte schreiben, damit ich einfach 543
nicht nur sage, ich trage jetzt den Titel Magister oder Doktor, sondern dass ich ihn auch 544
professionell zur Verfügung stelle. 545
I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (freiwillig, im bestimmten Ausmaß verpflichtend?) 546
B4: Ja, wir bieten auf jeden Fall Weiterbildung an. Auf der einen Seite erfolgt 547
Weiterbildung direkt in den Abteilungen, aber auch in weiterer Folge in Aus- und 548
Weiterbildungsveranstaltungen, die auf der einen Seite entweder intern sind. Das kann 549
auch in übergeordneten Bildungsinstanzen oder auf dem externen Seminarmarkt sein. Es 550
hängt natürlich vom Thema ab, ob eine Gruppe groß genug ist, dass es im Haus 551
stattfinden kann oder wir gehen bewusst nach außen, weil wir einfach ein bis zwei 552
Personen für ein spezielles Thema absolut fit machen möchten. 553
I: Geben Sie da Themen vor oder kommen Vorschläge? 554
B4: Die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter melden das selbstständig, erhalten 555
auch, wenn es Aufgabe der Abteilung und des Arbeitsplatzes ist, die Befürwortung und 556
das erlebe ich in unserem Unternehmen so, aber auch privat so, dass Aus- und 557
Weiterbildung ganz einen hohen Stellenwert hat und in weiterer Folge meldet dann die 558
Personalentwicklung und bezahlt das auch. Sehr schön ist es natürlich dann, wenn es zu 559
einem gelungenen Lerntransfer kommt und dieses Wissen vom jeweiligen Seminar in die 560
Arbeit schnellst möglich einfließt, damit auch da eine hohe Praxisorientierung und 561
Umsetzung gewährleistet ist. 562
I: In welcher Branche ist Ihr Unternehmen tätig? Ist das Dienstleistung? Unter welchen 563
großen Bereichen? 564
B4: Auf jeden Fall Dienstleistung bzw. es ist natürlich klar, Dienstleistung heißt für mich an 565
jemanden einen Dienst leisten, ein Dienstleister zu sein heißt auch in der persönlichen 566
Betreuung top zu sein und es hat natürlich auch ein Stück mit Handel zu tun, wo es 567
einfach darum geht, bedarfsorientiert abzufragen, den Bedarf der Kundinnen und Kunden 568
zu schätzen und da bestmögliche kompetente Lösungen anzubieten, die praxisorientiert 569
und wirtschaftlich sind. 570
I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in Ihrem Unternehmen? 571
287
B4: In diesem Unternehmen werden 1700 Mitarbeiter beschäftigt. Ca. 1700. Es gibt 572
einfach auch weitere Tochterunternehmen. 573
574
Interview B5 575
I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 576
ein? 577
(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 578
B5: Ich würde sagen leicht steigend. Es kommt aber auch auf die Studienrichtung an. 579
I: Welche Studienrichtung, glauben Sie, ist da gefragter? 580
B5: Also ich glaube im technischen Bereich, aber auch eventuell im Bereich Richtung 581
Controlling – diese Studienrichtungen. 582
I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 583
in ihrem Unternehmen? 584
B5: Wir sind auf der Teconomy vertreten. Die größte Berufsinformationsmesse für 585
Techniker. Wir haben auch Kontakt, jetzt weiß ich es nur nicht auswendig, aber da gibt es 586
eine Stelle für die Studenten der Karl Franzens Universität. Wir können auch darüber 587
Stellenausschreibungen lancieren, ich kann das jetzt aber auswendig nicht sagen, wie die 588
Stelle heißt. 589
I: Meinen Sie Alumni? 590
B5: Das ist das eine, aber es gibt am Campus eine Stelle, wo Studenten auch festmachen 591
können, wofür sie sich am besten eignen, wo sie Bewerbungstrainings machen können. 592
Ich muss nachschauen, wenn Sie das interessiert, weil das ist so toll. Und natürlich 593
glauben wir schon, dass wir Studenten dann ansprechen oder Absolventen, wenn wir 594
unsere Stellen auf ganz normalem Wege ausschreiben. 595
I: Also Zeitungen meinen Sie? 596
B5: Zeitungen, Online-Portal, auf unserer Homepage und wir haben sogar, es gibt ja so 597
Netzwerke, also zum Beispiel im Bereich Controlling gibt es auch so Absolventen, aber 598
was Spezielles, wo wir das auch lancieren. Das müsste ich nur nachschauen, auswendig, 599
wie gesagt, kenne ich die Kontaktstellen dann doch nicht. 600
I: Nutzen Sie Headhunter? 601
B5: Headhunter, nicht für Absolventen, nein. 602
I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 603
(Ablauf, Methoden) 604
B5: Naja, das ist so, dass wir auf persönliche Gespräche setzen. Also, wir haben jetzt nicht 605
irgendwie dann dahinter so Testverfahren, sondern wenn jemand für uns für die 606
ausgeschrieben Stelle interessant erscheint, die wir haben oder auch wenn es eine 607
288
Initiativbewerbung ist, wo wir denken, da könnte sich vielleicht mittelfristig eine Stelle 608
ergeben, laden wir zu einem Gespräch ein. Als Erstverantwortlicher lade ich zu einer 609
Unterhaltung ein und in der zweiten Runde ist dann die verantwortliche Führungskraft 610
dabei. In einer dritten Runde entscheiden wir gemeinsam mit dem Bereichsleiter über die 611
Stellenbesetzung. 612
I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 613
Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 614
B5: So allgemein, ich muss ganz ehrlich sagen, so allgemein kann man das gar nicht 615
beantworten. Also das ist, ich bekomme immer wieder diese Frage, aber es ist sehr 616
spezifisch. Wenn ich jetzt an Studenten oder an Absolventen denke, ist natürlich schon 617
auch interessant, ob jemand während des Studiums gearbeitet oder Praktika gemacht 618
hat. Gab es da Auslandsaufenthalte oder sogar ein Auslandsstudium dazwischen, ein 619
Semester oder ein ganzes Jahr. Gab es dazwischen irgendwelche Zusatzabschlüsse? Das 620
ist natürlich schon interessant, aber man muss das immer im Zusammenhang mit der 621
Stelle sehen, die dann im Endeffekt besetzt werden soll. So ganz allgemein kann ich es 622
nicht sagen, genau das braucht es für jede Stelle. 623
I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 624
B5: Das braucht er alles, ich meine methodische und fachliche Kompetenz setze ich jetzt 625
mal voraus, wenn jemand ein Studium absolviert und natürlich ist die soziale Kompetenz 626
auch wichtig, weil wir großteils in Teams arbeiten und nicht abgekapselt für uns alleine. 627
I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 628
B5: Da geht es mir darum, dass jemand in einem Team arbeiten kann. Soziale Kompetenz 629
ist für mich, wenn jemand das Ganze im Blick hat und dann sieht, wenn jemand 630
Unterstützung braucht, aber auch sich Unterstützung holen kann, also in die 631
Kommunikation gehen. 632
I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 633
erhalten? (Verbesserungsbedarf) 634
B5: Sicherlich in der Förderung dieser sozialen Kompetenz, dieser Teamkompetenz. Das 635
wäre sicherlich wünschenswert. Und eventuell, was mir bisher auffällt, auch in Richtung 636
Projekttechniken. Also, wie bearbeite ich Projekte, wie gehe ich ein Projekt an. In diese 637
Richtung sich auch Kompetenz im Studium aufzubauen, das wäre sicherlich 638
erstrebenswert. 639
I: Meinen Sie Projektmanagement-Tools? 640
B5: Ja. 641
I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (Freiwillig? Im bestimmten Ausmaß 642
verpflichtend?) 643
B5: Ja. Also, wenn jemand eingestellt ist, gibt es einmal einen Einschulungsplan und dann 644
haben wir jährliche Mitarbeitergespräche, wo auch besprochen wird, was wir jetzt für 645
289
diese Stelle brauchen. Also um den Mitarbeiter bestens zu qualifizieren bzw. was streben 646
wir auch langfristig an. Also in welche Richtung soll es gehen? Da entsteht dann ein 647
Weiterbildungsplan, wirklich auf die Person bezogen, und da gibt es dann 648
Weiterbildungen. Es muss nicht immer nur extern sein, kann natürlich auch intern oder 649
on the job, sein. 650
I: Sie sagen intern, on the job. Was haben Sie da für Weiterbildungen? Ist das 651
Kommunikation, ist das was Fachliches? 652
B5: Nein. Kommunikation würde ich dann eher wo anders sehen. Also intern wäre zum 653
Beispiel, wenn man sagt, man muss sich jetzt als Controller Know-How auch in der 654
Bilanzierung aufbauen, damit man die Schnittstelle besser abdecken kann. Dann würden 655
wir sagen, ok, dann schauen wir, dass derjenige, was weiß ich, einmal ein paar Wochen in 656
der Bilanzierung mitarbeitet. Ja, das ist intern. Oder es muss sich jemand mehr Wissen 657
aneignen, damit er die Informationen aus dem System rauskriegt oder die Berichte 658
entsprechend aufbereiten kann. Dann wäre mit einem Key-User eine Schulung intern 659
notwendig. Oder jemand braucht einfach Aufbau, Know-How, damit er weiß, wie er mit 660
Lieferanten besser umgehen kann. Kann sein, dass der Vorgesetzte anbietet, dass er mit 661
ihm eine Zeit lang mitgeht zu den Lieferanten oder ihn dann bei Verhandlungen 662
einbezieht, damit der Mitarbeiter so lernen kann. So, das wären interne Geschichten. 663
I: Und extern, holen Sie sich dann von außen einen Trainer und der macht mit einer 664
gewissen Gruppe, die alle das gleiche brauchen, gewisse Skills? 665
B5: So ist es. 666
I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? 667
B5: 675. 668
669
Interview B6 670
I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 671
ein? 672
(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 673
B6: Also, ich glaube, dass es gleichbleibend ist. Wir sehen das auch an den 674
Stellenausschreibungen, wie unterschiedlich Stellenausschreibungen sind und es braucht 675
nicht immer einen akademischen Abschluss für unsere Stellen, die wir ausschreiben. 676
I: Wenn Sie an Stellen denken, die einen akademischen Abschluss benötigen, welche 677
Studienrichtungen sind das dann, die Sie ansprechen? 678
B6: Wirtschaft, Jus und Pädagogen mit Zusatzqualifikationen. 679
I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 680
in ihrem Unternehmen? 681
290
B6: Grundsätzlich ist es so, dass wir wie ein Personalberater arbeiten. Das heißt, die 682
Abteilungen schreiben uns an, rufen uns an und sagen, wir haben jetzt einen Bedarf. Wir 683
gehen hin, besprechen die Stelle, besprechen das Profil, kreieren dann das Inserat, 684
schalten das Inserat und machen dann auch eine Vorselektion, bei manchen Stellen 685
machen wir sogar die ersten Gespräche und geben dann nur mehr eine Auswahl an guten 686
Bewerbern an die Fachabteilung weiter. Aber im Prinzip handeln wir wie ein 687
Personalberater. 688
I: Schreiben Sie über Zeitungen aus oder machen Sie das im Internet? Nutzen Sie 689
Headhunter? 690
B6: Also zu 80% machen wir Onlineinserate. Das funktioniert sehr, sehr gut. Der Vorteil ist 691
natürlich eine wahnsinnige Kostenersparnis. Ein Onlineinserat kostet 250 Euro und ein 692
Printinserat im Kurier kostet 5000 Euro. Das steht in keiner Relation. Ein weiterer Vorteil 693
von Onlineinseraten ist, dass wenn ich sehe, dass ich mit meinem Text die falsche 694
Zielgruppe erreiche, kann ich entsprechende Anpassungen vornehmen. 695
I: Nutzen Sie Headhunter? 696
B6: Nein. 697
I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 698
(Ablauf, Methoden) 699
B6: Also, im Normalfall über persönliche Gespräche. Für den ersten Durchgang ist 700
entweder die Personalabteilung oder ein Rekruiter zuständig, in dem sie darauf achten, 701
ob die Person zu unserem Unternehmen passt und wir die Rahmenbedingungen erfüllen 702
können. Wenn das alles gegeben ist, wenn wir da einen guten Eindruck vom Bewerber 703
haben, dann gibt es ein zweites Gespräch gemeinsam mit der Fachabteilung, wo es dann 704
auch um die fachliche Abfrage geht. 705
I: So etwas wie Assessment Center, haben Sie das in Ihrem Unternehmen? 706
B6: Es gibt schon Assessment Center, aber nur für gewisse Positionen. Also wir haben zum 707
Beispiel so einen Traineeship, wo wir zuerst ein persönliches Gespräch führen, dann 708
ungefähr sechs bis acht Teilnehmer aussuchen und die kommen dann zu einem 709
Assessment Center mit verschiedenen Aufgabenstellungen wie einer Präsentation, einer 710
Gruppenübung, einem Rollenspiel und einer Strategieübung. 711
I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 712
Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 713
B6: Es klingt jetzt vielleicht ein bisschen abgedroschen, aber Interesse am Handel, das ist 714
uns ganz, ganz wichtig, Interesse am Menschen und Hausverstand. Einfach jemand, der 715
sagt, das interessiert ihn, das pack er an. Der braucht auch ein bisschen Geduld bedingt 716
durch die Größe des Unternehmens. Durch die Struktur kann man nicht gleich ganz 717
kurzfristig da jetzt eine tolle Führungsaufgabe übernehmen, sondern da muss man 718
hineinwachsen in diese ganze Sache. Wir haben auch Positionen, die gibt es einfach 719
291
draußen am Markt nicht und in diese Positionen muss man dann auch hineinwachsen 720
sowohl persönlich als auch fachlich. 721
I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 722
B6: Der Mensch. Dass der Mensch zum Unternehmen passt, dass er einfach interessiert 723
ist am Unternehmen, am Handel, am Menschen, das ist uns ganz, ganz wichtig. Wenn 724
jemand einen akademischen Abschluss hat, kann der fachlich sehr schnell in die Rolle 725
hineinwachsen. Aber nur, die Persönlichkeit verändert man dann nur mehr zum Teil und 726
nur bedingt. 727
I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 728
B6: Das Interesse am Menschen, am Mitarbeiter, am Kollegen. Auch die Möglichkeit, jetzt 729
gerade als Akademiker, im Handel kommen sie mit Menschen aus unterschiedlichsten 730
Bildungsniveaus zusammen. Mit einem Lagerarbeiter, der vielleicht nur einen 731
polytechnischen Abschluss hat oder mit Leuten, die draußen im Verkauf sind und die 732
eben eine Lehre gemacht haben. Dass man mit allen gleichwertig und wertschätzend 733
umgeht. Das ist für mich die soziale Kompetenz. 734
I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 735
erhalten? (Verbesserungsbedarf?) 736
B6: Also ich glaube, dass in unserem Schulsystem grundsätzlich diese praktische Erfahrung 737
sehr fehlt. Ich habe selber jetzt nicht studiert, da tue ich mir dann da bisschen schwer, 738
aber man lernt so viele Dinge, wo man sich denkt, wozu brauche ich das. Ich glaube, dass 739
Hausverstand viel wichtiger wäre, dass man sagt, ok, das gibt es, ich muss bestimmte 740
Dinge wissen, aber es reicht, wenn ich das nachschauen kann, das brauche ich nicht 741
auswendig lernen. Oder ein Marketingprofessor, der 65 ist, und kein Englisch spricht, 742
passt nicht für die Ausbildung. Das passt einfach nicht, also das ganze Schulsystem gehöre 743
von Grund auf reformiert. Das beginnt bei der Volksschule und endet dann im 744
Universitätsstudium. Ich glaube, dass wir da noch sehr veraltete Lehrmethoden haben in 745
Österreich. 746
I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (Freiwillig? Im bestimmten Ausmaß verpflichtend? 747
B6: Ja. Wir haben einen sehr großen Seminarkatalog mit ca. 45 verschiedenen Themen im 748
Haus. Das kann fachliche oder persönliche Weiterbildung sein. Weiterbildung für 749
Führungskräfte bieten wir auch an. Die Trainer, die wir da in dem Katalog verpflichten, die 750
schauen wir uns jedes Jahr an. Es gibt immer Feedback zu den Seminaren, das wird auch 751
jedes Jahr evaluiert. Wir können da natürlich auch auf die Inhalte dann besser zugreifen. 752
Was auch ein großer Vorteil an diesen Seminaren ist, ist, dass Leute aus der Zentrale, aus 753
dem Verkauf gemeinsam ein Seminar machen und so auch ein bisschen die Probleme und 754
die Bedürfnisse voneinander auch hören und kennenlernen. 755
I: Sind diese Weiterbildungsangebote freiwillig oder in einem bestimmten Ausmaß 756
verpflichtend? 757
292
B6: Sowohl als auch. Wenn jemand Führungsverantwortung übernimmt, muss er 758
Führungsausbildungsseminare absolvieren. Das ist uns wichtig. Sonst ist es grundsätzlich 759
freiwillig und jeder Mitarbeiter kann sich aussuchen, was er gerne machen möchte und 760
wohin er sich entwickeln möchte. Aber es gibt natürlich auch die Möglichkeit, wenn 761
jemand sagt, ich finde da im Katalog nichts, oder wir brauchen Inhalte in diese Richtung 762
speziell, weiß ich nicht, Telefonmarketing ein Seminar, dann unterstützen wir auch da 763
unsere Fachabteilungen und sagen, ok, wir schauen, wer das gut anbieten kann. 764
I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? 765
B6: In der Zentrale, für die ich jetzt gesprochen habe, das habe ich Ihnen, glaube ich, 766
geschrieben. Es sind so 1500, die wirklich im Büro sitzen. 767
768
Interview B7 769
I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 770
ein? 771
(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 772
B7: Der wird nach wie vor, der Bedarf wird groß sein. Ob wir sie nehmen können, wird 773
eine andere Frage sein. Budgetäre Probleme, die es überall gibt. Wir haben sehr viele, 774
unterschiedliche Dienstzweige. In erster Linie ist das die Verwaltung, die Juristen sind 775
gefragt. Aber in vielen Bereichen die Techniker, also von der TU, sehr stark von der 776
juristischen Fakultät und zunehmend in den nächsten Jahren wahrscheinlich von der 777
betriebswirtschaftlichen Seite. 778
I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 779
in ihrem Unternehmen? 780
B7: Im Normalfall durch Ausschreibungen, öffentliche Ausschreibungen. 781
I: Zeitungen? 782
B7: Zeitungen, es wird immer im Internet ausgeschrieben, aber nicht über diverse 783
Jobportale – das nicht. Wir verwenden natürlich unsere Informationen dann, um sie dann 784
selbst dort hinein zu stellen. 785
I: Nutzen Sie Headhunter? 786
B7: Im Normalfall nicht. 787
I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 788
(Ablauf, Methoden) 789
B7: Das ist seit über 30 Jahren gleich geregelt. Wir haben so Regeln, die einmal verlangen, 790
dass, wenn eine Stelle frei wird und diese intern nicht nachbesetzt werden kann, dass die 791
Stelle öffentlich ausgeschrieben wird. Dass die Bewerberinnen und Bewerber die 792
Möglichkeit haben, sich mit einem formalen Bewerbungsformular zu bewerben. 793
Angedacht ist jetzt die Online-Geschichte auch. Also, dass man es online auch machen 794
293
kann, aber das ist ziemlich mühsam. Und dann gibt es eine formale Prüfung, das heißt, 795
wer hat die Voraussetzung, wer hat sie nicht laut Ausschreibung. Die, die die 796
Voraussetzung haben, werden von uns allen, meistens, das hängt davon ab, welche 797
Verwendung es ist, sind zum Auswahlverfahren eingeladen. Das besteht meistens aus 798
einem Test vorweg. Wir haben psychometrische Messmethoden, wir haben 799
Persönlichkeitsmessmethoden, wir haben fachliche Messmethoden. Dann gibt es eine 800
Entscheidung, d.h. eine Vorentscheidung, wer aufgrund dieser Daten die offenkundig 801
bestgeeignetsten sind und diese Personen laden wir meistens noch zu einem 802
Vorstellungsgespräch mit den zukünftigen Chefs ein. 803
I: Weil Sie gesagt haben, Sie haben verschiedene Messmethoden. Kann ich mir das wie 804
ein Assessment Center aneinandergereiht vorstellen? 805
B7: Nein. Assessment Center haben wir gehabt. Wir führen es auch teilweise ein, aber 806
fast nur bei Führungsgeschichten, also wenn Führungsfunktionen dabei sind. Sonst sind es 807
Testsysteme, die beispielsweise von einer Firma entwickelt wurden, wo wir analog zu den 808
Anforderungen die Tests einsetzen, wo wir glauben, dass die uns genügend Daten liefern, 809
damit wir eine Vorentscheidung treffen können. 810
I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 811
Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 812
B7: Bei uns haben wir eine Stellenbeschreibung. Jede Stelle ist im SAP mit einem 813
Mindesterfordernis definiert. Aufgrund dieser Mindesterfordernisse definieren wir ein 814
Anforderungsprofil. Das müssen die Dienststellen machen. Die definieren ein 815
Anstellungsprofil, ein Anforderungsprofil, wobei die fachlichen Anforderungen schon 816
vorher in der Ausschreibung definiert sind. Also die fachlichen Anforderungen, die 817
müssen konkret sein. Die persönlichen Anforderungen müssen konkret sein und diese 818
sind dann aufgereiht in einem Anforderungsprofil. Es wird von beiden Seiten hinterfragt 819
und hat die Besonderheit, dass oft das Bedürfnis wesentlich höher anzutragen ist, als die 820
Stelle wert ist. Die Besonderheit ist, wir haben eine Stellenbewertung. Ich weiß nicht, ob 821
Ihnen das was sagt. Es ist die Stelle bewertet und nicht die Person, die auf dieser Stelle 822
sitzt. Das heißt, was auf einer Stelle zu tun ist, das hat einen bestimmten Wert, einen 823
Stellenwert. Dieser Stellenwert ergibt sich aus den Anforderungen, die eine Tätigkeit oder 824
eine Aufgabe mit sich bringt, und fordert dann auch die Bezahlung von denjenigen, die 825
dort sitzen. Und weniger jetzt Universität, nicht ausbildungsbezogen, Universität oder 826
höhere Schule oder Fachschule oder sonst irgendetwas. 827
I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 828
B7: Ja, also am wichtigsten ist es, eine Balance zwischen den drei Kompetenzen zu haben. 829
Am wichtigsten ist im Vorfeld die fachliche Kompetenz, am deutlichsten wird die soziale 830
Kompetenz erst im Arbeitsbereich. Wir vermischen die methodische und fachliche 831
Kompetenz, weil ohne fachliche Kompetenz nützt die beste Methode nichts und 832
umgekehrt. Neben der sozialen Kompetenz ist für uns noch die persönliche Kompetenz 833
wesentlich. 834
294
I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 835
B7: Ich definiere sie als eine Fähigkeit, in einer hochkomplizierten Situation einen 836
konstruktiven Beitrag zu leisten. 837
I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 838
erhalten? (Verbesserungsbedarf?) 839
B7: Ja, das ist das alte Leiden. Also, es ist viel zu wenig Praxisbezug. Die Leute haben nicht 840
wirklich eine Ahnung, wenn sie daher kommen, was verlangt wird und was sie können 841
müssten. Sie haben Fachwissen, was zum Teil nicht gebraucht wird und das Fachwissen, 842
das wir bräuchten, haben sie nicht. Beispiel: Da geht es jetzt aber eher um 843
Fachhochschulen. Wir haben eine Gruppe, die Sozialarbeiter. Jetzt heißen sie diplomierte 844
Sozialarbeiter. Aus der Entwicklung heraus waren es früher FürsorgerInnen, weiß nicht, 845
ob Sie das noch kennen. Dann hat es die Akademie der Sozialarbeiter gegeben. Die 846
Zugangsbedingungen waren normalerweise schon Matura, aber das hat man sonst auch 847
machen können. Jetzt ist es eine FH, eine FH für soziales Management oder soziale Arbeit. 848
Diejenigen, die den Master machen, denen fehlt manchmal überhaupt das Rüstzeug in 849
der Sprengelsozialarbeit, wie wir sie brauchen. Die haben keine Ahnung vom 850
Jugendwohlfahrtsgesetz. Sie wissen nicht, dass sie als Behördenvertreter da sind. Das 851
fehlt komplett. Und das Zweite, was uns ganz massiv auf den Kopf fällt, ist diese, so schön 852
das Wort ist, diese Diversität in den Ausbildungen, die absolut ein Jungle und unmöglich 853
zu durchschauen ist. Jeder zweite hat ein eigenes Zertifikat. Es gibt, ich habe 854
nachgeschaut, elfhundert universitäre Lehrgänge und man weiß nicht einmal mehr, d.h. 855
das Bundesministerium für Wissenschaft, wohin diese gehören. Also die Orientierung 856
darin ist zum Teil nicht mehr möglich. 857
I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? 858
B7: Ja. 859
I: Ist die freiwillig oder im bestimmten Ausmaß verpflichtend? 860
B7: Ja und ja. Wir haben eine Akademie, ein eigenes Bildungsinstitut dafür. Die Leute 861
können aus einem Seminarprogramm wählen, was sie wollen, und es gibt eine 862
Grundausbildung, die verpflichtend ist. 863
I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? 864
B7: Ja also, ich schätze, dass wir jetzt, weil wir sind am Abbauen, am Stellenabbauen und 865
natürlich fallen dann auch Leute weg. Ich schätze, dass wir derzeit so um die 7000, 7500 866
Mitarbeiter haben. Aber ca. 6500 Stellen. Wir rechnen vollzeitäquivalente und die 867
Personen, die darauf sitzen. Ich schätze aber, dass es so um die 7200 sind. 868
295
Interview B8 869
I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 870
ein? 871
(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 872
B8: Ja, das ist eine gute Frage, weil wir auch gerade mit dem Thema beschäftigt sind, weil 873
wir mehr Universitätsabsolventen bekommen. Den Bedarf schätze ich als hoch ein. Wir 874
stehen nur vor dem Problem, dass wir schwer zu Absolventen kommen. 875
I: Wie meinen Sie das, Sie kommen schwer dazu? 876
B8: Wir bekommen einfach keine Bewerbungen. Wir haben sehr viele Jobs 877
ausgeschrieben, wo wir Absolventen brauchen würden. Vielleicht kurz noch; Wir haben 878
mehrere Standorte, davon zwei in Österreich und vier in Deutschland. Es ist aber egal wo, 879
in Österreich oder an unseren deutschen Standorten. Wir bekommen aus 880
Stellenausschreibungen kaum Bewerbungen von Universitätsabsolventen. 881
I: Suchen Sie da TechnikerInnen, sprechen Sie da die an? 882
B8: Ungefähr 90% unsere Stellen sind für Techniker. Wir haben aber natürlich auch im 883
kaufmännischen Bereich einige Stellen. Wir haben jetzt gerade im Bereich, 884
Rechnungswesen bzw. Controlling und Jus Stellen ausgeschrieben, wo ich sage einmal, 885
der Bewerbungsprozess oder der Suchprozess sehr schleppend verläuft. Einfach weil 886
keine oder kaum Bewerber mit entsprechender Qualifikation dabei sind. 887
I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 888
in ihrem Unternehmen? 889
B8: Wir haben so, muss ich noch dazu sagen, ich bin ja noch nicht so lange im 890
Unternehmen, also soweit ich weiß, haben wir sehr stark in Österreich, sehr stark über 891
karriere.at. Also wir suchen sehr stark über Online-Portale. Wir fahren auch auf 892
Berufsinformationsmessen, da sind wir sehr stark präsent, wobei das sind eher die 893
Messen, die sich an Maturanten, Maturantinnen bzw. HTL-Absolventen wenden. Also wir 894
haben jetzt noch keine Veranstaltungen besucht, wo wir direkten Kontakt zu 895
Universitätsabsolventen haben. 896
I: Suchen Sie auch mittels, also in Zeitungen oder das eher nicht? 897
B8: Eher nicht. Also das ist nur für ganz bestimmte Positionen, Führungspositionen, wo es 898
Zeitungsinserate gibt, aber wir haben uns schon primär auf Onlineinserate verlegt. Damit 899
gibt es einfach schon gute Erfahrungen im Konzern. 900
I: Mit Headhunter suchen Sie? 901
B8: Suchen wir hin und wieder, ja. 902
I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 903
(Ablauf, Methoden) 904
296
B8: Es hängt natürlich von der Position ab. Ich sage jetzt einmal: einen Techniker im 905
Projektbereich zum Beispiel. Da schaut das so aus: die Anforderung kommt vom 906
Projektbereich, vom Projektleiter oder der zuständigen Führungskraft an das HR- 907
Management am jeweiligen Standort. Die HR-Manager schreiben das auf der internen 908
Plattform und danach in den Onlinemedien aus. Dann werden Bewerbungsgespräche 909
geführt, wo meistens eben die direkte Führungskraft und der HR-Manager oder die HR- 910
Managerin dabei sind. Nach dem Gespräch ist eben die Entscheidung, oder nach den 911
Gesprächen. 912
I: Nutzen Sie auch Assessment Center? 913
B8: Soweit ich weiß, bis jetzt noch nicht. 914
I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 915
Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 916
B8: Das ist eine schwierige Frage, weil wir eben sehr unterschiedlich suchen. Ich sage 917
einmal, so allgemein, egal in welcher Position, in welcher Hierarchieebene, es muss eine 918
gewisse Leistungsbereitschaft gegeben sein. Innovationsfreudigkeit ist bei uns ein sehr 919
großes Thema, Kreativität, und überhaupt die Bereitschaft, über den Tellerrand zu 920
schauen und immer wieder auf der Suche nach neuen Ideen, neuen Technologien zu sein, 921
weil es sich bei uns doch relativ schnell immer wieder verändert. Die Anforderungen, die 922
vom Kunden her kommen, sage ich jetzt einmal. Ein Universitätsabsolvent sollte bei 923
seinem Berufseinstieg über ein fundiertes Fachwissen verfügen, kommunikations-, 924
konflikt- und teamfähig sein und die Kompetenz besitzen, über den Tellerrand hinaus zu 925
blicken. 926
I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 927
B8: Ich würde jetzt sagen, am wichtigsten ist die methodische Kompetenz, dann sozial 928
und dann fachlich. Es ist natürlich auch sehr schwierig, dass sehr allgemein zu sagen, aber 929
ich würde jetzt sagen, bei den meisten Stellen ist es so. 930
I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 931
B8: Ganz klar Kommunikationsfähigkeit als Fähigkeit Informationen auch gezielt und 932
zuverlässig weiter zu geben. Ahm, Problemlösefähigkeit. Dann spielt auch ein bisschen 933
das Thema Unternehmertum mit hinein. Also so, dass mit dem Hausverstand auch 934
arbeitet. Keine allzu komplizierten Lösungen zu suchen, sondern eher in die Richtung 935
wirklich schnell und gut umsetzbare Lösungen zu entwickeln, die auch nachhaltig sind. 936
I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 937
erhalten? (Verbesserungsbedarf?) 938
B8: Also da würde ich jetzt einmal recht schwammig antworten und eben auf diese 939
sozialen Kompetenzen hin abzielen. Also gerade so Themen wie Kommunikationsfähigkeit 940
oder auch das Zugehen und den Umgang mit anderen Menschen, mit Mitarbeiterinnen 941
und Mitarbeitern. Das ist einfach wichtig. Jetzt gar nicht so, dass soziale Inkompetenz bei 942
297
den Bewerbern herrscht, aber man hat einfach oft das Gefühl, dass die Bewerber und 943
Bewerberinnen sich selbst sehr unsicher sind, wie sie jetzt gerade, wenn sie zum Beispiel 944
das erste Mal in ein Team reinkommen, agieren sollen. 945
I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? 946
B8: Die bieten wir an. Es gibt einen klar definierten Prozess für die Einschulung neuer 947
Mitarbeiter, wo sie sozusagen mal das Umfeld kennenlernen. Dann gibt es natürlich eben 948
eine ganze Bandbreite an Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. 949
I: Ist die verpflichtend in einem gewissen Ausmaß oder ist die freiwillig? 950
B8: Das ist in einem gewissen Ausmaß verpflichtend. Es gibt einen Einschulungsplan, der 951
wird für die Mitarbeiter erstellt, für jede Mitarbeiterin. Der beinhaltet gewisse Standards, 952
die jeder und jede machen muss. Das fängt an bei der Sicherheitsschulung, geht über 953
gewisse Prozesse und Abläufe im Unternehmen. Dann diversifiziert es sich halt, je 954
nachdem, an welchem Standort der oder die Mitarbeiterin eingesetzt wird, in welcher 955
Position. Da sind dann die Führungskräfte ganz stark auch eingebunden in der Konzeption 956
dieses Einschulungsplans. 957
I: Darf ein Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin auch Wünsche äußern, was sie, in welchen 958
Bereichen sie sich gern weiterbilden möchte? 959
B8: Die Möglichkeit gibt es im Rahmen des MitarbeiterInnengesprächs. 960
I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie in Österreich? 961
B8: In Österreich, jetzt muss ich kurz im Kopf rechnen, in Österreich ca. 600. 962
963
Interview B9 964
I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 965
ein? 966
(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 967
B9: Das ist eine sehr pauschale Frage. In welchem Bereich, oder soll ich nur mit ja oder 968
nein antworten? 969
I: Wenn Sie mir sagen, in einem Bereich ist es mehr und den erklären würden, ist es 970
super. 971
B9: Absolventinnen? Bewusst auf Frauen, oder? 972
I: Frauen und Männer. Entschuldigung, es ist bei uns auf der Universität so, dass eine 973
gendergerechte Ausdrucksweise sehr wichtig ist. 974
B9: Gibt es das Binnen-I noch? 975
I: Das Binnen-I, Entschuldigung. Absolventen und Absolventinnen natürlich. 976
298
B9: Alles klar, also ich würde es als fast steigend bezeichnen. Jetzt mal generell. Das war 977
jetzt eine sehr pauschale Antwort, aber ich würde es generell als steigend ansetzen. 978
I: In irgendwelchen Bereichen besonders steigend? 979
B9: Ja, ich glaube, dass es immer zu Verschiebungen kommt. So wie man es auch bei den 980
Fachhochschulen gesehen hat. Es kommt teilweise zu einem shift. Es werden 981
Berufsbilder, die früher vielleicht nicht von Akademikern ausgeübt worden sind, 982
mittlerweile sehr stark von Akademikern ausgeübt, natürlich auch, weil es ein höheres 983
Angebot gibt. Ich glaube, der Trend wird sich durchaus fortsetzen. Dann würde ich das 984
sehr generell sehen – also überall. 985
I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 986
in ihrem Unternehmen? 987
B9: Wie wir zu den Bewerbern kommen? 988
I: Ja, wie kommen Sie zu denen? Wie schreiben Sie die Stellen einfach aus? 989
B9: Das hängt ein bisschen von der Spezifikation und vom Level der jeweiligen Position 990
ab. Ich würde jetzt einmal sagen, wir arbeiten eigentlich generell mit 991
Personalberatungsbüros zusammen. Also, die für uns die Leute suchen. Und ob das dann 992
Direktansprache ist oder Inserate schalten, das hängt ein bisschen von der Verfügbarkeit 993
auch der jeweiligen Talente ab. Ich sage jetzt einmal, wenn es jetzt in den 994
Assistenzbereich geht, dann machen wir es wahrscheinlich ohne Personalberater. 995
I: Worin sehen Sie den Vorteil in Personalberatern? 996
B9: Das ist vielleicht ein Spezifikum in der Branche. Ich denke mir, ich sehe das aus dem 997
Blickwinkel der Pharmabranche. Es geht darum, bewusst und verdeckt Leute 998
anzusprechen. Es ist schon so, dass es speziell in dem Bereich auch Personalberater gibt, 999
die ein hohes Branchenwissen haben. Da kann es einfach dazu führen, dass sie in ihrem 1000
Stock schon Kandidaten haben und das führt dann zu einer schnelleren Vermittlung und 1001
zu einer schnelleren Nachbesetzung von Positionen. Ein Nachteil ist natürlich: höhere 1002
Kosten, wie soll ich sagen, ein gewisser administrativer Aufwand auch für 1003
Briefinggespräche, aber umso mehr arbeitet man dann wahrscheinlich mit fixen 1004
Agenturen zusammen, die einfach das Unternehmen gut kennen, die Kultur gut kennen 1005
und somit eigentlich eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, gute Mitarbeiter zu 1006
rekrutieren. 1007
I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 1008
(Ablauf, Methoden) 1009
B9: Ich gehe mal davon aus, und das ist auch die häufigste Situation, dass es 1010
Personalberater gibt. Dann bekommen wir einfach aus möglichen Kandidaten eine 1011
shortlist, die aus drei bis fünf Personen wahrscheinlich besteht. Wie gesagt, abhängig von 1012
Verfügbarkeit, aber die Personen von der shortlist werden dann eingeladen und dann 1013
kommt es einfach zu, sage ich jetzt einmal, relativ normalen Bewerbungsgesprächen, die 1014
299
je nach Position auch dann mit zwei bis fünf Personen im Unternehmen geführt werden. 1015
Je höher die Position ist, desto mehr Leute sprechen mit dem Kandidaten. 1016
I: Werden da irgendwelche Methoden eingesetzt oder sind das Gespräche, in denen man 1017
die fachlichen Kompetenzen misst? 1018
B9: Naja, also in der idealen Welt wäre es, sage ich jetzt einmal, sehr eng abgestimmt. Es 1019
ist auch so, dass unsere Führungskräfte immer wieder in dem Bereich auch Schulungen 1020
bekommen, um sich auch im Bewerbungsprozess hochprofessionell zu verhalten und das 1021
auch vom jeweiligen Befragenden auch spezielle Kompetenzen oder Erfordernisse 1022
abgefragt werden. Ich würde jedoch sagen, dass klappt in der Praxis noch immer nicht 1023
optimal. Es führt dazu, dass einfach diese Schulungen jetzt nicht laufend durchgeführt 1024
werden, sondern einfach periodisch stattfinden, aber dann kommen dazwischen natürlich 1025
immer wieder neue Führungskräfte in die Gruppe dazu. Grundsätzlich achten wir darauf, 1026
dass es schon zu einer Abstimmung kommt in diesem Bewerbungsprozess. Es ist vielleicht 1027
nicht immer der Fall. 1028
I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 1029
Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 1030
B9: Ja, da müssen wir natürlich die fachlichen Kompetenzen von den persönlichen 1031
Kompetenzen unterscheiden. Die fachlichen Kompetenzen ergeben sich einfach aus der 1032
Stellenbeschreibung, aus der Jobdefinition, aus der job description. Das heißt, das ist jetzt 1033
natürlich einmal grundsätzlich die Basis. Sei es jetzt, dass wir nach bestimmten 1034
Ausbildungen, bestimmten Erfahrungen usw., nach bestimmten Skills im inhaltlichen 1035
Bereich suchen. Sollten wir mehrere Kandidaten haben, die dem entsprechen würden, 1036
dann kommen natürlich auch, oder nicht nur dann, auch wenn wir nur einen haben, 1037
fließen natürlich sehr stark die persönlichen Skills und persönlichen Kompetenzen in die 1038
Bewerbung ein und natürlich bis zu einem gewissen Grad Wertevorstellungen. Passt der 1039
Kandidat zur Unternehmenskultur? 1040
I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 1041
B9: In einer Reihung würde ich sagen: sozial, fachlich, methodisch. 1042
I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 1043
B9: Naja, die persönlichen Kompetenzen definiere ich einfach dadurch, dass kein 1044
Mitarbeiter eine einzelne Insel ist, sondern einfach mit den verschiedensten Leuten im 1045
Unternehmen sehr stark interagieren muss. Diese persönlichen Kompetenzen, sei es 1046
Einfühlungsvermögen, sei es die Möglichkeiten der schnellen Adaptierung, 1047
Lernbereitschaft, ist zwar keine Kompetenz, aber trotzdem eine gewisse Lernbereitschaft, 1048
usw. Das sind, glaube ich, einfach Dinge in der heutigen Zeit, die weit über die fachliche 1049
Kompetenz noch zu stellen sind, weil sich einfach diese Lernzyklen so stark verkürzen. 1050
I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 1051
erhalten? (Verbesserungsbedarf?) 1052
300
B9: Ich würde es jetzt gar nicht so sehr von der universitären Seite sehen, sondern eher 1053
von der Kandidatenseite. Ich habe eher den Eindruck, dass die universitären, und die 1054
Universität ist ja auch sehr stark da, um Grundlagen usw. zu vermitteln, also weniger an 1055
Praxisorientierung gedacht, also jetzt von der Idee her. Das heißt, es ist eher eine 1056
Bringschuld von den Kandidaten, dass sie, um kompetitiv zu sein und zu bleiben 1057
gegenüber anderen Kandidaten, einfach in ihrem Lebenslauf heute sehr, sehr viel 1058
mitbringen müssen. Neben einer guten universitärer Ausbildung geht es da in Richtung 1059
Zusatzqualifikationen, Sprachenkompetenz, Auslandsaufenthalte, und dann auch noch 1060
vielleicht so Bereiche, wo man auch sehr stark persönliche Werte daraus ablesen kann. 1061
Sei das jetzt Hobbies oder Aktivitäten außerhalb des universitären Bereichs usw. Also ich 1062
würde das eher auf Seiten des Kandidaten sehen und nicht so sehr auf Seiten der 1063
Ausbildungsstätte. 1064
I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? Ist die freiwillig oder verpflichtend für Ihre 1065
MitarbeiterInnen? 1066
B9: Es hängt wieder ein bisschen von der Position ab. Jeder Mitarbeiter bekommt 1067
grundsätzlich eine gewisse Anzahl, ein gewisses Level an Weiterbildung. Das ergibt sich, 1068
aber die Menge, die Intensität, der Detailgrad usw. hängt sehr stark von der Position ab. 1069
Da würde ich sagen, kann man es in zwei Dinge teilen: Das erste ist, dass 1070
positionsbezogen jeder Mitarbeiter periodisch, also jährlich, mehrere Trainings hat, die 1071
sehr fachspezifisch sind. Angenommen es ist jemand Produktmanager von einem 1072
Produkt, dann gibt es eine marketingspezifische Ausbildung, Trainings, usw., die 1073
obligatorisch sind und zusätzlich dazu gibt es freiwillige Trainings, die aber nicht mit dem 1074
Gießkannenprinzip vergeben werden, sondern die sehr eng vermessen sind mit dem 1075
jeweiligen Performance und Mitarbeitergespräch, das zwei Mal im Jahr stattfindet. Wenn 1076
aus dem Gespräch heraus viele Erwartungen bzw. auch Bereiche erkannt werden, wo der 1077
Mitarbeiter Schulungsbedarf hat, dann ist das die zweite Säule, wo jeder dann 1078
Unterstützung in der Weiterbildung bekommt. 1079
I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie in Österreich? 1080
B9: Wir sind in Österreich 200 Mitarbeiter in etwa. 1081
1082
Interview B10 1083
I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 1084
ein? 1085
(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 1086
B10: Aus meiner Erfahrung würde ich sagen, dass der Bedarf auf jeden Fall gleichbleibend 1087
sein wird - wenn nicht sogar steigend, weil ich beobachtet habe, dass eine gewisse 1088
Akademisierung der Berufsgruppen stattfindet. Dass Stellen, die früher mit 1089
Maturantinnen und Maturanten besetzt wurden, nun durchaus mit Akademikern und 1090
301
Akademikerinnen sowohl von der Fachhochschule als auch von den Universitäten besetzt 1091
werden. 1092
I: Welche Studien können Sie benennen? 1093
B10: Ich würde sagen, dass Juristinnen, Juristen, BetriebswirtInnen aber auch zunehmend, 1094
Studienabsolventen von Geisteswissenschaften gefragt sind, die eben nicht nur das 1095
Fachwissen, sondern auch das vernetzte Denken mit einbringen können, und die eben 1096
einen Grundstock haben, eine akademische Ausbildung und die aber sehr vielfältig in 1097
unterschiedlichen Berufsgruppen einsetzbar sind. 1098
I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 1099
in ihrem Unternehmen? 1100
B10: Primär werden bei uns alle Stellen auf unserer Website ausgeschrieben. Die Stellen 1101
sind mindestens drei Wochen ausgeschrieben, manchmal auch länger bzw. wird 1102
verlängert, wenn sich herausstellt, dass es zu wenige potenzielle Bewerberinnen und 1103
Bewerber gibt, dann wird die Frist auch durchaus verlängert. Wenn wir im Vorfeld wissen, 1104
dass die Stelle sehr schwierig zu besetzen sein wird, dann schreiben wir auch in den 1105
diversen Printmedien aus. Also primär für den steirischen Bereich, eben in der kleinen 1106
Zeitung, manchmal aber auch im Standard bzw. in einer Fachzeitschrift. 1107
I: Nutzen Sie Headhunter? 1108
B10: Nein, wir nutzen keine Headhunter. 1109
I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 1110
(Ablauf, Methoden) 1111
B10: Das ist bei uns unterschiedlich. Zum einen gibt es ja AkademikerInnen, die in 1112
klassischen Berufen eingestellt werden, wo man eben AkademikerInnen in der Forschung 1113
benötigt. Auf der anderen Seite gibt es auch AkademikerInnen, die im 1114
Verwaltungsbereich angestellt werden. Im Verwaltungsbereich haben wir ein 1115
standardisiertes Verfahren, wo es eben einen Einstufungstest gibt, der sowohl eine 1116
Wissenskomponente als auch einen psychologischen Test enthält. Es gibt für alle Stellen 1117
generell ein strukturiertes Interview und wir haben für unsere Führungskräfte einen 1118
Leitfaden. Sowohl für Leute, die in der Forschung angestellt werden als auch Leute in der 1119
Verwaltung, haben wir zwei unterschiedliche Interviewleitfäden, die wir unseren 1120
Führungskräften zur Verfügung stellen. Bei Bedarf wird auch eine Mitarbeiterin der 1121
Stabsstelle für Personalentwicklung beigezogen. Das ist aber nicht verpflichtend, das ist 1122
ein Angebot, das besteht im Hause. Nachdem wir aber eine sehr kleine Abteilung sind, ist 1123
es nicht erforderlich, dass wir überall dabei sind und wir könnten den Bedarf auch gar 1124
nicht abdecken. Wie gesagt, das ist ein Angebot, das besteht. 1125
I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 1126
Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? Wie schaut so ein Profil aus? Du hast schon 1127
einiges gesagt von diesem Profil. Ist das spezifisch zwischen Verwaltungspersonal und 1128
Forschungspersonal unterschiedlich oder ist das gleich? 1129
302
B10: Es ist unterschiedlich. Also wenn man sich zum Beispiel im akademischen Bereich 1130
das anschaut, muss man schauen, was wird da bevorzugt gesucht. Sucht man jemanden, 1131
der in der Forschung sehr aktiv ist, in der Lehre, was natürlich unsere Kernaufgaben sind 1132
oder möchte man jemanden, der sich vorwiegend um die Kundenbetreuung kümmert. 1133
Wir können da auch durchaus Schwerpunkte setzen in der Ausschreibung. Das wäre bei 1134
den WissenschaftlerInnen und beim Verwaltungspersonal schaut es dann wieder ganz 1135
anders aus, also je nachdem ob wir jemanden zum Beispiel in der Rechtsabteilung oder im 1136
Controlling suchen oder Mitarbeiter im Forschungsmanagement, die eben den 1137
ForscherInnen zuarbeiten, wenn es eben um Projektanträge etc. geht. Also, da haben wir 1138
immer unterschiedliche Stellenprofile und eben unterschiedliche Ausschreibungstexte 1139
und Erwartungen in weiterer Folge. 1140
I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 1141
B10: Also ich würde gar nicht sagen, dass man das unbedingt reihen sollte. Ich finde, es 1142
haben alle drei Kompetenzen ihren Stellenwert. Wenn ich jemanden habe, der nur im 1143
Labor arbeitet und der nur seiner Forschung nachgeht, wird wahrscheinlich die fachliche 1144
Kompetenz am stärksten ausgeprägt sein bzw. notwendig sein. Sobald ich aber jemanden 1145
habe, der Mitarbeiterführung übernimmt und mit einem Team zusammenarbeiten muss, 1146
es muss nicht unbedingt in einer Führungsposition sein, ist aber die soziale Kompetenz 1147
unbedingt wichtig. Dann vielleicht sogar noch wichtiger als die fachliche, wobei ich aber 1148
keineswegs das werten soll. Es ist die soziale Kompetenz unbedingt wichtig, vielleicht 1149
sogar noch wichtiger als die fachliche Kompetenz. Die soziale Kompetenz ist eben immer 1150
unabdingbarer. 1151
I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 1152
B10: Soziale Kompetenz würde ich dadurch definieren, dass jemand eben auf Menschen 1153
eingehen kann. Erkennen kann, was hat er für eine Persönlichkeit vor sich und wie muss 1154
er mit dieser Person umgehen. Dass er eben mit verschiedensten Menschen im Team, die 1155
ja auch alle unterschiedliche Herkunftsgeschichten haben und unterschiedliche 1156
Ausbildungen, aus unterschiedlichen sozialen Schichten kommen, dass er eben wirklich 1157
auf jeden eingehen kann, mit jedem umgehen kann. 1158
I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 1159
erhalten? (Verbesserungsbedarf?) 1160
B10: Ja, also ich sehe, dass die fachlichen Ausbildungen, eben durch den Bologna-Prozess, 1161
immer mehr standardisiert werden, und dass es da durchaus Fortschritte gegeben hat in 1162
den letzten Jahren und die Ausbildungen durchaus ein gewisses Niveau haben, sich die 1163
österreichischen Universitäten im internationalen Vergleich scheuen müssen. Im Bereich 1164
der sozialen Kompetenz sehe ich durchaus noch, sagen wir, ein Verbesserungspotenzial. 1165
Ich weiß, dass es gerade an der Karl Franzens Universität, dass es ein sehr gutes Angebot 1166
gibt am Zentrum für Soziale Kompetenz, aber dass das Angebot nicht unbedingt von allen 1167
Studierenden gleichermaßen angenommen wird, und ich denke mir, dass es sehr hilfreich 1168
sein wird, wie es zum Beispiel an der Technischen Universität vorgeschrieben ist, in 1169
303
einigen Curricula, dass eben ein Mindestmaß an Fächern zu absolvieren ist. Da gibt es 1170
sicher in einigen Studienrichtungen noch Bedarf, dass man das in das Curriculum einbaut 1171
und einen stärkeren Stellenwert beimisst, wobei man natürlich sagen kann, dass das nur 1172
ein Grundstock sein kann, den man anbietet, aber dass es eben auch in der 1173
Eigenverantwortung der Studierenden liegt, dass sie das vorhandene Angebot nützen, 1174
I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? 1175
B10: Ja, wir haben ein sehr großes und gut ausgebautes Angebot in der internen 1176
Weiterbildung, das in einem gewissen Ausmaß auch verpflichtend ist. Zum Beispiel haben 1177
wir eine Führungskräfteausbildung, die verpflichtend ist. Da muss man gewisse Module 1178
eben absolvieren, sei es eben Arbeitsrecht, Budgetierung, also wirklich die Basics, die 1179
jemand aus unserer Fachwissenschaft in seinem Studium nicht mitbekommen hat. Das ist 1180
eben verpflichtend wahrzunehmen. Es gibt auch ein Angebot, das für die Habilitationen 1181
verpflichtend ist. Das bieten wir auch im Haus an. Dann gibt es natürlich auch noch 1182
freiwillige Seminare, die man absolvieren kann; also sei es aus Zeit- oder 1183
Selbstmanagement oder betriebliche Gesundheitsförderung, wir haben wirklich einen 1184
großen Katalog, aus dem sich jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin ein 1185
entsprechendes Angebot rausnehmen kann. 1186
I: In welche Branche ist Ihr Unternehmen tätig? 1187
B10: Wir sind im öffentlichen Bereich. 1188
I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? 1189
B10: Wir haben ca. 2300. Ich sage jetzt ca., weil es schwankt, weil es von der Anzahl der 1190
Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter abhängig ist. 1191