Kompetenzanforderungen an UniversitätsabsolventInnen … · 2017. 8. 2. · MMag.a Dr.in Karin...

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MMag. a Dr. in Karin Gerlinde Sonnleitner, Bakk. a phil. Kompetenzanforderungen an UniversitätsabsolventInnen Herausforderungen an das Lebenslange Lernen Mit einer empirischen Erhebung unter steirischen ArbeitgeberInnen DISSERTATION zur Erlangung des akademischen Grades Doktorin der Philosophie Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung Betreuer Em. Univ.-Prof. Dr. Werner Lenz Karl-Franzens-Universität Graz Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft/Erwachsenenbildung/Weiterbildung Erstgutachter Em.Univ.-Prof. Dr. Werner Lenz Karl-Franzens-Universität Graz Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft/Erwachsenenbildung/Weiterbildung Zweitgutachterin Univ.-Prof. Dr. in Elke Gruber Karl-Franzens-Universität Graz Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft/Erwachsenenbildung/Weiterbildung Graz, Januar 2017

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MMag.a Dr.in Karin Gerlinde Sonnleitner, Bakk.a phil.

Kompetenzanforderungen an UniversitätsabsolventInnen

Herausforderungen an das Lebenslange Lernen

Mit einer empirischen Erhebung unter steirischen ArbeitgeberInnen

DISSERTATION

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktorin der Philosophie

Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung

Betreuer

Em. Univ.-Prof. Dr. Werner Lenz

Karl-Franzens-Universität Graz

Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft/Erwachsenenbildung/Weiterbildung

Erstgutachter

Em.Univ.-Prof. Dr. Werner Lenz

Karl-Franzens-Universität Graz

Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft/Erwachsenenbildung/Weiterbildung

Zweitgutachterin

Univ.-Prof. Dr.in Elke Gruber

Karl-Franzens-Universität Graz

Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft/Erwachsenenbildung/Weiterbildung

Graz, Januar 2017

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Für meine Großeltern

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Dank

Mein herzlicher Dank gilt em. Univ.-Prof. Dr. Werner Lenz, der mich im Laufe des

Dissertationsprojekts beraten, mir Anstöße zur Problemlösung gegeben und vor allem

den Fortgang meiner Arbeit wesentlich gefördert hat.

Ebenfalls möchte ich Univ.-Doz.in Dr.in Gabriele Sorgo für die zahlreichen fachlichen

Diskussionen, Univ.-Prof.in Dr.in Elke Gruber für die Übernahme der Zweitbegutachtung

und Univ-Doz.in DDr.in Barbara Friehs als Mitglied des Prüfungssenats meinen Dank

aussprechen.

Mein eigener Berufseinstieg und meine bisherige Berufstätigkeit erlebe ich in einer

wertschätzenden Atmosphäre am Zentrum für Soziale Kompetenz. Dazu trägt

Assoz. Prof. Dr. Sascha Ferz durch seinen Rückhalt und das in mich gesetzte Vertrauen

wesentlich bei. Ferner ist meinen Kolleginnen Mag.a Isabella Brandner und

Mag.a Ursula Pichler zu danken, die mir einerseits bei der Korrektur behilflich waren und

mir andererseits zahlreiche Impulse, Ratschläge und Anregungen gaben.

Meine Tanten, Christa Gaschler und Astrid Sonnleitner, ermutigten mich stets, mich mit

Besonnenheit, Begeisterung und Neugierde meinem Dissertationsvorhaben zu widmen,

sowie bei allen beruflichen und privaten Entscheidungen. Des Weiteren stärkte mein

Lebensgefährte Mag. Florian Baravalle mir während des gesamten Schreibprozesses

tolerant, geduldig und verständnisvoll den Rücken. Danke!

Bei der Beschäftigung mit Kompetenzanforderungen für die Berufstätigkeit ist es

unerlässlich, sich intensiv mit der eigenen Lernbiographie auseinanderzusetzen. In diesem

Zusammenhang reflektierte ich nicht nur über meine universitären Ausbildungen,

sondern auch über meine informell erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die

insbesondere meine Großeltern, Gerlinde und Kurt Sonnleitner, förderten. Sie beide

haben somit wichtige Grundsteine für mein Berufsleben gelegt. Ihnen möchte ich diese

Arbeit widmen!

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Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere an Eides statt, dass ich die eingereichte wissenschaftliche Arbeit

selbstständig verfasst und andere als die angegebenen Hilfsmittel nicht benutzt habe, die

während des Arbeitsvorganges von dritter Seite erfahrene Unterstützung, einschließlich

signifikanter Betreuungshinweise, vollständig offengelegt habe, die Inhalte, die ich aus

Werken Dritter oder eigenen Werken wortwörtlich oder sinngemäß übernommen habe,

in geeigneter Form gekennzeichnet und den Ursprung der Information durch möglichst

exakte Quellenangaben (z.B. in Fußnoten) ersichtlich gemacht habe, die Arbeit bisher

weder im Inland noch im Ausland einer Prüfungsbehörde vorgelegt habe und zur

Plagiatskontrolle eine digitale Version der Arbeit eingereicht habe, die mit der gedruckten

Version übereinstimmt.

Ich bin mir bewusst, dass eine tatsachenwidrige Erklärung rechtliche Folgen haben wird.

Unterschrift Ort, Datum

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Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................... 8

Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................... 10

Tabellenverzeichnis ............................................................................................................. 11

I. Theoretischer Teil ........................................................................ 12

1. Einleitung ............................................................................................................ 12

1.1. Aufbau ............................................................................................................................ 13

1.2. Problemlage und Forschungsfrage................................................................................. 15

1.3. Forschungslage ............................................................................................................... 17

1.3.1. Studie Schlüsselqualifikationen: Gayk .................................................................. 17

1.3.2. Studien: Foscht/Angerer ...................................................................................... 20

1.3.3. AbsolventInnenbefragung: Griesbacher/Griesbacher ......................................... 23

1.3.4. Studierendenbefragung: Sonnleitner ................................................................... 24

1.3.5. Staufenbiel-Studie ................................................................................................ 27

1.3.6. Leonardo-da-Vinci-Programmes „Strategical Individual Competencies“ ............ 31

1.3.7. Erhebung Intersearch Executive Consultans ........................................................ 34

1.3.8. HIS-Absolventenuntersuchung: Schaeper/Briedis ............................................... 37

1.3.9. Zusammenfassung ................................................................................................ 38

1.4. Klärung der Begrifflichkeiten .......................................................................................... 41

1.5. Bildung – Qualifikation – Kompetenz im Kontext des lebenslangen Lernens ............... 43

1.5.1. Bildung .................................................................................................................. 43

1.5.2. Qualifikation ......................................................................................................... 51

1.5.3. Kompetenz ........................................................................................................... 56

1.6. Zusammenfassung und kritische Würdigung ................................................................. 62

2. Überlegungen zu den rechtlichen Kontexten in der Weiterbildung ................... 66

2.1. Weiterbildung nach dem Hochschulabschluss............................................................... 67

2.2. Finanzierung als staatliche Verantwortung.................................................................... 68

2.3. Staatliche und private Initiativen zur Förderung der Erwachsenenbildung .................. 70

2.3.1. Bildungskarenz ..................................................................................................... 71

2.3.2. Bildungsteilzeit ..................................................................................................... 72

2.3.3. Fachkräftestipendium .......................................................................................... 72

2.3.4. Gleitzeit und Urlaub ............................................................................................. 73

2.4. Zusammenfassung.......................................................................................................... 74

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3. Modelle beruflicher Handlungskompetenz ........................................................ 76

3.1. Handlungskompetenzmodell nach Bader/Müller .......................................................... 76

3.2. Kompetenzgefüge nach Sloane/Dilger ........................................................................... 79

3.3. Handlungskompetenz nach Erpenbeck/Heyse .............................................................. 79

3.4. Handlungskompetenz nach Peterßen ............................................................................ 81

3.5. Berufliche Handlungskompetenz nach Rebmann/Tenfelde/Schlömer ......................... 82

3.6. Handlungskompetenzmodell nach Widulle ................................................................... 84

3.7. Berufliche Handlungsfähigkeit nach Schaeper/Briedis .................................................. 85

3.8. Zusammenfassung der Handlungskompetenzmodelle .................................................. 86

3.9. Diskussion – Handlungskompetenzen als berufliche Voraussetzung? .......................... 87

4. Abhandlung ausgewählter Kompetenzen und deren Vermittlung ..................... 91

4.1. Kommunikationsfähigkeit – Allgemeines ....................................................................... 91

4.1.1. Grundströmungen der Kommunikation – Riemann-Thomann Modell ................ 92

4.1.2. Gewaltfreie Kommunikation – Marshall B. Rosenberg ........................................ 95

4.1.3. Kommunikationsmodell – Vera F. Birkenbihl ..................................................... 100

4.1.4. Das Vier-Seiten-Modell – Schulz von Thun ........................................................ 101

4.2. Konfliktmanagement – Allgemeines ............................................................................ 106

4.2.1. Eskalationsstufen – Fritz Glasl ............................................................................ 107

4.2.2. Grundmuster der Konfliktlösung – Gerhard Schwarz ........................................ 113

4.3. Fachübergreifendes Denken ........................................................................................ 115

4.4. Teamfähigkeit ............................................................................................................... 117

4.5. Organisationsfähigkeit ................................................................................................. 119

4.6. Zusammenfassende Bemerkungen .............................................................................. 120

5. Verfahren zur Kompetenzmessung in der Personalauswahl ............................ 124

5.1. Auswertung schriftlicher Unterlagen ........................................................................... 126

5.2. Bewerbungsgespräch ................................................................................................... 129

5.3. Arbeitsbasiertes Kompetenzinterview und Kompetenzbiographie ............................. 134

5.4. Psychologische Testverfahren ...................................................................................... 135

5.5. Assessment Center ....................................................................................................... 138

5.5.1. Gütekriterien des AC .......................................................................................... 140

5.5.2. AC-Aufgaben ....................................................................................................... 141

5.6. Kasseler-Kompetenz-Raster ......................................................................................... 147

5.7. Zusammenfassende Bemerkungen .............................................................................. 150

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II. Empirischer Teil ......................................................................... 153

1. Forschungsdesign .............................................................................................. 154

2. Qualitative Forschung ....................................................................................... 155

2.1. Gütekriterien in der qualitativen Forschung ................................................................ 159

2.2. Interviewformen .......................................................................................................... 161

2.3. Transkription ................................................................................................................ 163

2.4. Auswertungsmethode .................................................................................................. 165

2.5. Datenauswertung (Interviews)..................................................................................... 169

2.5.1. Bedarf an UniversitätsabsolventInnen ............................................................... 170

2.5.2. Einstellungsverfahren ......................................................................................... 172

2.5.3. Erwartungshaltung ............................................................................................. 177

2.5.4. Universitärer Hintergrund/Weiterbildung ......................................................... 181

3. Quantitative Forschung..................................................................................... 186

3.1. Fragebogen ................................................................................................................... 186

3.2. Datenauswertung (Fragebogenuntersuchung) ............................................................ 188

3.1.1 Stichprobenbeschreibung .................................................................................. 189

3.1.2 Erwartung an UniversitätsabsolventInnen ......................................................... 190

3.1.3 Definition des Begriffs soziale Kompetenz ......................................................... 201

3.1.4 Kompetenzgewichtung im Studium ................................................................... 203

3.1.5 Bieten Sie interne Weiterbildung an? ................................................................ 212

4. Analyse der Stellenausschreibungen ................................................................ 213

4.1. Anforderungsprofil ....................................................................................................... 213

4.2. Stichprobenbeschreibung ............................................................................................ 214

4.3. Methode ....................................................................................................................... 215

4.4. Auswertung Rechtswissenschaften .............................................................................. 215

4.5. Auswertung Pädagogik ................................................................................................. 218

5. Zusammenfassung der Forschungsergebnisse ................................................. 221

III. Zusammenfassung und Ausblick ................................................ 231

1. Beantwortung der Forschungsfragen ............................................................... 231

2. Empfehlungen ................................................................................................... 239

Literaturverzeichnis ................................................................................. 242

Anhang I: Infotext für die quantitative ArbeitgeberInnenbefragung .................................. 266

Anhang II: ArbeitgeberInnenbefragung - Fragebogen ...................................................... 267

Anhang III: Interviewsammlung ......................................................................................... 272

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Abkürzungsverzeichnis

a.A. anderer Ansicht

Abs. Absatz

AC Assessment Center

AlVG Arbeitslosenversicherungsgesetz

AKI Arbeitsbasiertes Kompetenzinterview

AMSG Arbeitsmarktservicegesetz

Anm. Anmerkung

Art. Artikel

AVRAG Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz

AZG Arbeitszeitgesetz

BGBl. Bundesgesetzblatt

BlgNR. Beilage(n) zu den Stenographischen Protokollen des

Nationalrates

BMUKK Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

BMWF Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung

BV-G Bundes-Verfassungsgesetz

bzw. beziehungsweise

d.h. das heißt

Dies. dieselbe(n)

EAC Einzel-Assessment Center

EB Erwachsenenbildung

ECDL European Computer Driving Licence

ECTS European Credit Transfer System

Erl. Erläuterungen

ErläutRV. Erläuterungen zur Regierungsvorlage

etc. et cetera

EQR Europäischer Qualifikationsrahmen

f. folgende

ff. fortfolgende

Fn. Fußnote

gem. gemäß

GFK Gewaltfreie Kommunikation

ggf. gegebenenfalls

GP Gesetzgebungsperiode

H. Heft

HIS Hochschul-Informations-System

idF in der Fassung

idgF in der geltenden Fassung

iS im Sinne

iVm in Verbindung mit

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iwS im weiteren Sinne

lit. Littera

LL.M Legum Magister/Magistra

Jg. Jahrgang

KKR Kasseler-Kompetenz-Raster

MBA Master of Business Administration

m.E. meines Erachtens

MSchG Mutterschutzgesetz

Nr. Nummer

NQR Nationaler Qualifikationsrahmen

OHG Offene Handelsgesellschaft

RGBl. Reichsgesetzblatt

Rn. Randnummer

S. Seite

sog. sogenannt, -e, -er, -es

TU Technische Universität

u.a. und andere, unter anderem

UrlG Urlaubsgesetz

usw. und so weiter

v.a vor allem

Vgl. vergleiche

VKG Väter-Karenzgesetz

VwGH Verwaltungsgerichtshof

Z. Ziffer

ZAS Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht

z.B. zum Beispiel

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Relevanz von Schlüsselqualifikationen für den Berufseinstieg. ................................................. 18

Abbildung 2: Vermittlung von Schlüsselqualifikationen in Unternehmen. ..................................................... 19

Abbildung 3: Wichtigkeit von Kenntnissen und Fähigkeiten für die derzeitige Berufstätigkeit (N=1127). ..... 20

Abbildung 4: Mehr Gewicht für das Erlernen von Kenntnissen und Fähigkeiten (N=1127). ........................... 21

Abbildung 5: Kompetenzen nach Wichtigkeit für den Beruf bzw. die beruflichen Wünsche.. ....................... 23

Abbildung 6: Items, an denen die Studierenden großes Interesse zeigen (N=1400). ..................................... 25

Abbildung 7: Bedeutung von sozialen Kompetenzen für die zukünftige Berufstätigkeit für Studierende der

rechtswissenschaftlichen Fakultät (REWI; n=200) sowie der umwelt-, regional- und

bildungswissenschaftlichen Fakultät (URBI; n=200). ....................................................................................... 26

Abbildung 8: Welche Fachrichtungen fragen Unternehmen nach? ................................................................ 28

Abbildung 9: Auf welche personenbezogenen Einstellungskriterien achten Unternehmen? ........................ 29

Abbildung 10: Welche Weiterbildungsmaßnahmen bieten Unternehmen? ................................................... 30

Abbildung 11: Die gefragtesten Kompetenzen in allen Teilnehmerländern (N=879); Mittelwerte der

Indikatoren/Subskalen). .................................................................................................................................. 33

Abbildung 12: Was waren in der Regel Bestandteile des Auswahlprozesses bei Ihrem Jobwechsel?

(Mehrfachnennungen möglich; N=116). ......................................................................................................... 34

Abbildung 13: Was haben Sie noch für Erfahrungen bei neuen Arbeitgebern gemacht?; (N=116). ............... 36

Abbildung 14: Zuordnungsverfahren nach dem NQR-Gesetz. ........................................................................ 55

Abbildung 15: Handlungskompetenzmodell nach Bader/Müller. ................................................................... 77

Abbildung 16: Kategoriales Kompetenzgefüge von Sloane/Dilger. ................................................................. 79

Abbildung 17: Handlungskompetenzmodell nach Heyse/Erpenbeck. ............................................................. 80

Abbildung 18: Ganzheitlich-integrative Handlungsfähigkeit nach Peterßen. .................................................. 82

Abbildung 19: Berufliche Handlungskompetenz nach Rebmann/Tenfelde/Schlömer. ................................... 83

Abbildung 20: Modell der beruflichen Handlungskompetenz nach Cranach und Hof mit Ergänzungen von

Widulle............................................................................................................................................................. 84

Abbildung 21: Handlungskompetenzmodell für die vorliegende Arbeit (eigene Graphik). ............................ 89

Abbildung 22: Grundausrichtungen allgemein. ............................................................................................... 92

Abbildung 23: Kommunikationsquadrat von Schulz von Thun (eigene Abbildung). ..................................... 103

Abbildung 24: Eskalationsstufen nach Glasl. ................................................................................................. 109

Abbildung 25: Grundmuster der Konfliktlösung nach Schwarz. .................................................................... 113

Abbildung 26: Übereinstimmung zwischen MitarbeiterIn und Position/Anforderungen. ............................ 124

Abbildung 27: Verfahren zur Kompetenzmessung in der Personalauswahl. ................................................ 126

Abbildung 28: Portfoliotypen. ....................................................................................................................... 128

Abbildung 29: Ablauf eines Bewerbungsgesprächs. ...................................................................................... 132

Abbildung 30: Persönlichkeitspyramide. ....................................................................................................... 137

Abbildung 31: Präsentationsthemen in einem AC. ....................................................................................... 145

Abbildung 32: Säulen qualitativen Denkens. ................................................................................................. 157

Abbildung 33: Die hermeneutische Spirale nach Danner. ............................................................................. 158

Abbildung 34: Ablaufmodell strukturierter Inhaltsanalyse in Anlehnung an Mayring.................................. 167

Abbildung 35: Ablaufmodell qualitativ-inhaltsanalytischer Verfahren am Beispiel induktiver

Kategorienbildung. ........................................................................................................................................ 168

Abbildung 36: In welcher Branche ist ihr Unternehmen tätig? (N=95). ........................................................ 189

Abbildung 37: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? (N=89). ........ 190

Abbildung 38: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischen Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (bereichsspezifische Fachkompetenzen)? ..................................... 191

Abbildung 39: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischen Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben (Sachkompetenz)? ......................................................................... 193

Abbildung 40: Gebundene Wahlfächer des Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. ................. 194

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Abbildung 41: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Methodenkompetenz)? ............................................................... 196

Abbildung 42: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Sozialkompetenz)? ....................................................................... 199

Abbildung 43: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Selbstkompetenz)? ....................................................................... 201

Abbildung 44: Welche Kompetenzen sollten in der akademischem Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten (Bereichsspezifische Fachkompetenz)? .......................................................................................... 207

Abbildung 45: Welche Kompetenzen sollten in der akademischem Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten (Sachkompetenz)? .......................................................................................................................... 208

Abbildung 46: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten (Methodenkompetenz)? ................................................................................................................. 209

Abbildung 47: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten (Sozialkompetenz)? ......................................................................................................................... 210

Abbildung 48: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten (Selbstkompetenz)? ........................................................................................................................ 211

Abbildung 49: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (N=73). ....................................................................... 212

Abbildung 50: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? ...................................................................................................... 222

Abbildung 51: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten? ....................................................................................................................................................... 223

Abbildung 52: Vergleich von Kompetenzen in Stellenausschreibungen für PädagogInnen und

RechtswissenschaftlerInnen. ......................................................................................................................... 228

Abbildung 53: eigenes Kompetenzmodell. .................................................................................................... 232

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die wichtigsten Schlüsselqualifikationen für Hochschulen, Unternehmen und StudentInnen. ..... 20

Tabelle 2: Worauf wurde während des Auswahlprozesses am meisten Wert gelegt? ................................... 35

Tabelle 3: Kompetenzdimensionen der HIS-Absolventenbefragung. .............................................................. 37

Tabelle 4: Handlungskompetenzbereiche und Handlungsdimensionen. ........................................................ 60

Tabelle 5: Abgrenzung zwischen Qualifikationen und Kompetenzen. ............................................................ 63

Tabelle 6: Zweidimensionale Matrix der Kompetenzdimensionen nach Bader/Müller. ................................. 78

Tabelle 7: Handlungskompetenzmodelle. ....................................................................................................... 86

Tabelle 8: Dauer und Wechsel. ........................................................................................................................ 93

Tabelle 9: Nähe und Distanz. ........................................................................................................................... 94

Tabelle 10: Beispiele für Beobachtungen und Bewertungen. ........................................................................ 96

Tabelle 11: Gefühlsäußerungen. ..................................................................................................................... 98

Tabelle 12: Fromme Wünsche und erfüllbare Bitten. ................................................................................... 100

Tabelle 13: Vermittlung des Kommunikationsquadrats. ............................................................................... 103

Tabelle 14: Vergleich zwischen DU-Botschaften und ICH-Botschaften. ........................................................ 105

Tabelle 15: Übersicht über Assessment Center............................................................................................. 139

Tabelle 16: Kasseler-Kompetenz-Raster ........................................................................................................ 148

Tabelle 17: Anzahl der MitarbeiterInnen der befragten Personalverantwortlichen. .................................... 169

Tabelle 18: Kompetenzstruktur. .................................................................................................................... 187

Tabelle 19: Kompetenzbereiche im Curriculum des Bachelorstudiums der Pädagogik. ............................... 204

Tabelle 20: Inhalte des 1. und 2. Abschnitts des Rechtswissenschaftlichen Studiums. ................................ 205

Tabelle 21: Stellenausschreibungen Rechtswissenschaften; Ranking der Kompetenzen. ............................ 217

Tabelle 22: Stellenausschreibungen Pädagogik; Ranking der Kompetenzen. ............................................... 220

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I. Theoretischer Teil

1. Einleitung

Der Begriff „Kompetenz“ ist vielschichtig, in unterschiedlichen Disziplinen anwendbar und

sowohl in der Wissenschaft als auch in der (Bildungs-)Politik immer wieder heiß diskutiert.

Im Bologna-Prozess ist vor allem die Kompetenzorientierung zentral, wonach u.a.

Lernergebnisse vergleichbar sein sollen.

Studierende sollten folglich Fach-, Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenzen in der

Theorie erlangen und in alltäglichen Situationen einsetzen können. Mit den angedeuteten

Ausführungen soll der eigentlichen Abhandlung jedoch nicht vorgegriffen werden, denn

gerade der Kompetenzbegriff enthält aufgrund der genannten Vielschichtigkeit zahlreiche

Elemente, die bei Betrachtung der Literatur nie enden wollend sind. Wie ein Schwenk von

der Wissenschaft in die Praxis zeigt, finden sich Kompetenzen nicht nur im Lehr- und

Wissenschaftssektor, sondern auch in Bereichen, in denen ein(e) aufmerksame(r) LeserIn

sich wohl fragen muss, welche konkreten Fähigkeiten und Fertigkeiten unter

„Baustoffkompetenz“ zu verstehen sind.

Für das konkrete Vorhaben und die soziologische Evaluierung ist es bedeutsam, zu Beginn

der Arbeit ein geeignetes Kompetenzverständnis festzulegen. Wenngleich Kompetenz

kein Fremdwort mehr ist, sondern ein Terminus, der in den modernen Unterricht, aber

auch in das lebenslange Lernen Eingang gefunden hat, handelt es sich um einen

unscharfen Begriff. Nicht zuletzt orientieren sich Personalverantwortliche bei der Auswahl

von zukünftigen MitarbeiterInnen an Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnissen. Doch wie

ist eine effiziente und detaillierte Kompetenzerfassung in einem Bewerbungsprozess

möglich? Schwingen persönliche Referenzen oder Sympathie bei der Personalauswahl mit

und sind Kompetenztypen überhaupt quantitativ messbar und qualitativ

charakterisierbar?

Aufgrund des Spannungsverhältnisses der Termini Bildung, (Schlüssel-)Qualifikation und

Kompetenz gilt es, jene Begrifflichkeiten voneinander abzugrenzen, die nicht nur in der

Bildungslandschaft beachtet werden müssen, sondern gerade auch in der Berufstätigkeit

praktische Relevanz besitzen.

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1.1. Aufbau

Die Arbeit lässt sich grob in drei Teile, d.h. einen theoretischen Teil, einen empirischen

Teil sowie eine Zusammenfassung mit einem Ausblick, gliedern.

Der theoretische Teil beginnt mit einer Einleitung in den Themenkomplex, in der

einerseits die Bestandsaufnahme der Problemlage sowie die Klärung der Forschungsfrage

und des Forschungsstandes stattfindet und die sich außerdem der Definition und

kritischen Würdigung der Begrifflichkeiten Bildung, Qualifikation und Kompetenz im

Kontext des lebenslangen Lernens widmet. Das Herausfiltern von Gemeinsamkeiten und

Differenzen bildet eine erste Grundlage für die Einordnung von Anforderungen, die

Unternehmens-verantwortliche von UniversitätsabsolventInnen erwarten. Das Kapitel soll

des Weiteren eine theoretische Grundlage für die empirischen Erhebungen bieten, zumal

Unternehmensverantwortliche gefragt wurden, ob sie für ihre MitarbeiterInnen interne

Weiterbildung anbieten bzw. diese fördern.

Daran anknüpfend ist im nächsten Kapitel darauf einzugehen, in welchen rechtlichen

Kontexten lebenslanges Lernen einzuordnen ist und welche Möglichkeiten

ArbeitnehmerInnen zur Verfügung stehen, um ihre privaten und beruflichen Fähigkeiten

und Fertigkeiten zu erweitern. In diesem Zusammenhang gilt es zu erörtern, ob sowohl

der Staat als auch ArbeitgeberInnen eine Erweiterung sämtlicher Lerninhalte fördern.

Denn in ein rechtliches Korsett sind beispielsweise die Bildungskarenz und -teilzeit sowie

Gleitzeitvereinbarungen und Urlaubsansprüche eingebettet, in denen weiterbildende

Maßnahmen stattfinden können.

Auf die allgemeine Begriffsklärung und die rechtlichen Grundlagen aufbauend sind im

dritten Kapitel des theoretischen Teils die Modelle beruflicher Handlungskompetenz

voneinander abzugrenzen, um diese als Hilfestellung für jenes Raster zu nutzen, das

definiert, über welche Kompetenzen UniversitätsabsolventInnen mit juristischen und

pädagogischen Studienabschlüssen verfügen sollten. Zudem wird aufgezeigt, dass ein

großes Konglomerat an Kompetenzen besteht, das unterschiedliche AutorInnen in ihre

jeweiligen Modelle einordnen. Demzufolge setzt sich die Begrifflichkeit Handlungs-

kompetenz aus drei bis sechs Komponenten zusammen, unter die wieder zahlreiche

Fähigkeiten und Fertigkeiten subsumierbar sind.

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Nach der theoretischen Abhandlung ist im vierten Kapitel ein Praxisbezug einzuflechten.

In diesem sind die Hintergründe ausgewählter Kompetenzen, die nicht nur in bisherigen

Erhebungen, sondern auch Personalverantwortliche in den empirischen Untersuchungen

der vorliegenden Dissertation einfordern, aufzuzeigen. Es ist unerlässlich, in dieser

praktischen Analyse konkret auf Methoden und mögliche Übungssequenzen zur

Vermittlung und Vertiefung einzugehen. In diesem Zusammenhang sind Kommunikations-

fähigkeit, Konfliktmanagement, fächerübergreifendes Denken, Team- und

Organisationsfähigkeit einer näheren Betrachtung zu unterziehen.

Zumal in der Dissertation der Fokus auf Kompetenzanforderungen an Universitäts-

absolventInnen beim Berufseinstieg liegt, ist im fünften Kapitel nicht außer Acht zu

lassen, wie deren Fähigkeiten und Fertigkeiten in Einstellungsverfahren gemessen

werden. Daher ist es naheliegend, das Bewerbungsgespräch, das Interview, die

Kompetenzbiographie, psychologische Testverfahren, das Assessment Center und den

Kasseler-Kompetenz-Raster zu erläutern. Jene Verfahren zur Kompetenzmessung in der

Personalauswahl bilden eine theoretische Basis für die durchgeführten Interviews und die

Fragebogenerhebung.

All die angestellten Überlegungen finden im II. Teil ihren Niederschlag, der die empirische

Forschung enthält. Um die qualitative Interview- und die quantitative Fragebogen-

erhebung nicht losgelöst stehen zu lassen, sind das Forschungsdesign und die

Auswertungsmethoden im Detail zu klären. Es ist aufgrund der Methode des Interviews

erforderlich, auf die Inhaltsanalyse, die Gütekriterien und die zugrunde liegenden

Transkriptionsregeln einzugehen, um auf dieser Basis die durchgeführten Interviews zu

analysieren. Eine Fragebogenerhebung unter Personalverantwortlichen und eine

Betrachtung von Stellenausschreibungen für angehende PädagogInnen und JuristInnen

runden den empirischen Teil ab.

Die Verknüpfung der genannten Erhebungsinstrumentarien unter Bezugnahme auf

bestehende Studien zielt auf eine umfangreiche Beantwortung der Forschungsfrage ab.

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1.2. Problemlage und Forschungsfrage

Bei Studierenden herrschen Unsicherheit und Ungewissheit darüber, welche

Lehrveranstaltungen, Zusatzausbildungen und Vertiefungsgebiete zu wählen sind, um

später in beruflichen Auswahlverfahren und im Arbeitsalltag bestehen zu können.

Stellenausschreibungen verweisen mittlerweile nicht mehr nur auf fachliche

Kompetenzen, sondern auch Methoden- und Sozialkompetenzen reihen sich neben diese.

Vor diesem Hintergrund ist zu hinterfragen, wie sich derartige Kompetenzen auszeichnen,

ob sie sich widersprechen und ob Fachkompetenz, Methodenkompetenz und

Sozialkompetenz für ArbeitgeberInnen, die UniversitätsabsolventInnen einstellen,

gleichermaßen bedeutsam sind.

Der Kompetenzbegriff wird im aktuellen Universitäts- und Berufsalltag facettenreich,

ständig und diffus verwendet. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass oftmals

die Erwartungen von UnternehmerInnen an UniversitätsabsolventInnen mit jenen

Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht übereinstimmen, die Lehrinhalt eines Studiums sind.

Diese Differenzen resultieren nicht nur aus der Divergenz zwischen theoretischer

Wissensvermittlung und praktischer Anwendung des Gelernten und aus einer sich ständig

wandelnden Arbeitswelt, sondern auch aus einem eigenständigen Selbstverständnis der

Universität.

Für Universitäten stellt sich die Frage, welche eigenständigen Kompetenzen und

Zielvorstellungen – z.B. Bildung durch Wissenschaft, Autonomie, Kritikfähigkeit – sie

vermitteln wollen oder ob sie ihr Selbstverständnis den Erwartungen des Arbeitsmarkts

anpassen und sich auf lebenslanges Weiterlernen der AbsolventInnen verlassen.

Um zu Klärungen von Erwartungen beizutragen, ist folgende Forschungsfrage zu stellen:

Welche Kompetenzen erwarten sich steirische ArbeitgeberInnen von

UniversitätsabsolventInnen?

Die Bearbeitung dieses Forschungsgebietes soll als Anregung dienen, dass Universitäten

ihr Selbstverständnis bezüglich der Bildung und Kompetenzen ihrer AbsolventInnen

erheben und formulieren sollten. Die Beantwortung der Forschungsfrage erfolgt auf drei

Ebenen:

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In einer theoretischen Abhandlung sind auf der ersten Ebene die Begrifflichkeiten Bildung,

Qualifikation und (Handlungs-)Kompetenz zu klären und in den Kontext des lebenslangen

Lernens einzuordnen.

Auf der zweiten Ebene sind die rechtlichen Zusammenhänge zu beachten und

ausgewählte Kompetenzen sowie deren Vermittlung näher zu erläutern. Ebenfalls ist

darauf einzugehen, welche Verfahren zur Kompetenzmessung zum Einsatz gelangen,

sodass sich UniversitätsabsolventInnen optimal auf ein Bewerbungsverfahren vorbereiten

können.

Die empirischen Erhebungen bilden die dritte Ebene. Diese dienen zur Abklärung der

Erwartungshaltung steirischer ArbeitgeberInnen bezüglich der Kompetenzen von

UniversitätsabsolventInnen des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften und des

Masterstudiums Erwachsenen- und Weiterbildung. Des Weiteren sind die Entwicklungen

und Anforderungen des Arbeitsmarktes durch eine Betrachtung von

Stellenausschreibungen für JuristInnen und PädagogInnen zu analysieren.

Als wissenschaftliche Methode dient einerseits eine Literaturanalyse, in der sowohl auf

den Begriff der (Handlungs-)Kompetenz und seine Untergliederung als auch auf Verfahren

zur Kompetenzmessung einzugehen ist. Andererseits bedarf es einer (Sekundär-)Analyse

der Arbeitsmarktentwicklung und einer rechtlichen Bestandsaufnahme, wie sich das

aktuelle Normenkonglomerat auf die Weiterentwicklung der individuellen und

beruflichen Kompetenzen auswirkt. Jene Recherche bildet die Grundlage für eine

Fragebogenerhebung. Zielgruppe der empirischen Untersuchung sind steirische

ArbeitgeberInnen, wobei ihre Erwartungshaltung gegenüber juristischen und

pädagogischen UniversitätsabsolventInnen ermittelt werden soll. Auch wird angestrebt,

qualitative Interviews zu führen und Stellenausschreibungen zu analysieren, um durch

eine Methodentriangulation aufschlussreiche und umfangreiche Ergebnisse zu erzielen.

In der Dissertation ist folglich beabsichtigt, zukunftsorientierte Ergebnisse zu den

genannten drei Ebenen zu erzielen. Durch die theoretische Klärung der Begrifflichkeiten

kann ein aktuelles Kompetenzkonzept vorgestellt werden. Die Analyse von

Stellenausschreibungen für JuristInnen und PädagogInnen eignet sich zur Beobachtung

von Entwicklungstrends und Perspektiven für den Arbeitsmarkt im Zusammenhang mit

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dem lebenslangen Lernen. Zudem zielt sie darauf ab, einen kompakten Überblick zu

bieten, welche Kompetenzen sich Personalverantwortliche von den genannten

UniversitätsabsolventInnen erwarten.

Die qualitative und quantitative Untersuchung der Erwartungshaltung von steirischen

ArbeitgeberInnen soll den Studierenden bzw. AbsolventInnen zusätzlich ein Raster in die

Hand geben, welche Kompetenzen für den Einstieg in die Arbeitswelt von Relevanz sind.

Insgesamt soll das Dissertationsprojekt zur Diskussion um die Zielsetzungen der

Universitäten in der Lehre beitragen, indem die Aussagen von ArbeitgeberInnen deutlich

dargestellt werden.

1.3. Forschungslage

Die Forschungslage rund um Handlungskompetenzen bzw. Schlüsselqualifikationen in

Verbindung mit dem Berufseinstieg ist aufzubereiten, um die vorgenommenen

empirischen Erhebungen1 einordnen und in Beziehung setzen zu können.

1.3.1. Studie Schlüsselqualifikationen: Gayk

Gayk verfasste die umfangreichste Studie zum Thema Schlüsselqualifikationen. Die Studie

„Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert“ wurde zwischen Oktober 2004 und Januar

2005 durchgeführt und enthält maßgebliche Ergebnisse, wie 5.456 Studierende, 157

HochschulvertreterInnen und 129 VertreterInnen von Unternehmen die Relevanz von

Schlüsselqualifikationen für den Berufseinstieg und den Berufserfolg einschätzen.2 Gayk

befragte die TeilnehmerInnen u.a., ob Schlüsselqualifikationen genauso wichtig, wichtiger

oder weniger wichtig als Fachwissen für die zukünftige Berufstätigkeit sind.

1 Siehe hierzu Kapitel II.

2 Gayk, F., SQ21 – Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert. Ergebnisbericht (2005) 4.

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Abbildung 1: Relevanz von Schlüsselqualifikationen für den Berufseinstieg.3

Studierende, VertreterInnen von Hochschulen und Unternehmen messen zu 64%, 70%

bzw. 65% Schlüsselqualifikationen die gleiche Wichtigkeit wie Fachwissen bei. Auffällig ist,

dass 28% der Befragten aus Unternehmen als zukünftige ArbeitgeberInnen von

HochschulabsolventInnen diese sogar wichtiger als Fachwissen einschätzen und lediglich

7% Schlüsselqualifikationen eine geringere Wichtigkeit zuschreiben. Zu 70% ordnen

VertreterInnen von Universitäten Schlüsselqualifikationen dieselbe Wichtigkeit wie

Fachwissen zu. 4% sind der Ansicht, dass diese wichtiger sind und 26% erkennen eine

geringere Relevanz als Fachwissen. Für 22% der Studierenden sind

Schlüsselqualifikationen wichtiger, für 14% weniger wichtig als Fachwissen.

Unternehmen setzen zur Vermittlung von Schlüsselqualifikationen an ihre

ArbeitnehmerInnen unterschiedliche Tools, wie Coachings bzw. Beratung, Trainings,

Nachwuchskräfteentwicklungsprogramme, Teamentwicklungs- und Trainee-Programme

usw., ein.

3 Gayk, F., SQ21 – Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert 4.

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Abbildung 2: Vermittlung von Schlüsselqualifikationen in Unternehmen.4

75% der Unternehmen bieten Coachingeinheiten und Beratungen an. Damit gelangt diese

Möglichkeit der Vermittlung noch vor Trainings mit 67,6% am häufigsten zum Einsatz.

Immerhin mehr als die Hälfte der Befragten bieten

Nachwuchskräfteentwicklungsprogramme (59,3%) und Teamentwicklungsmaßnahmen

(56,5%) an. Unternehmen investieren des Weiteren in Traineeprogramme, um

BerufseinsteigerInnen unterschiedliche Einheiten und Arbeitsgebiete im Unternehmen zu

zeigen. Beinahe ein Drittel nutzt individuelle Karriereberatungen, 18,5% orientiert sich an

allgemeinen Förderprogrammen. In Führungskräfteentwicklungsprgramme investieren

die befragten Personen für BerufseinsteigerInnen überhaupt nicht.

Gayk analysierte auch, welche Schlüsselqualifikationen für Hochschulen, Unternehmen

und StudentInnen am wichtigsten sind. In der folgenden Tabelle findet sich ein Ranking:

4 Gayk, F., SQ21 Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert 9.

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Tabelle 1: Die wichtigsten Schlüsselqualifikationen für Hochschulen, Unternehmen und StudentInnen.5

1.3.2. Studien: Foscht/Angerer

Foscht/Angerer ermittelten Ende 2005 bzw. Anfang 2006 in einer Online-Befragung unter

1.127 HochschulabsolventInnen die Bedeutung von Kompetenzen für die derzeitige

Berufstätigkeit.

Abbildung 3: Wichtigkeit von Kenntnissen und Fähigkeiten für die derzeitige Berufstätigkeit (N=1127).6

5 Gayk, F., SQ21 Schlüsselqualifikationen im 21. Jahrhundert 5.

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AbsolventInnen schätzen selbständiges Arbeiten zu 98,5% als wichtigste Fähigkeit für die

derzeitige Berufstätigkeit ein. An zweiter Stelle rangiert die Kommunikationsfähigkeit mit

ebenfalls beachtlichen 96,4% als Teilbereich der sozialen Kompetenz, mündliche

Ausdrucksfähigkeit liegt mit 95,5% beinahe gleich auf. Als weitere Stärken nehmen die

Befragten Problemlösungsfähigkeit (95%), Organisationsfähigkeit (93,4%), Kooperations-

und Teamfähigkeit (91,6%) sowie Zeitmanagement (90,5%) mit über 90% wahr.

Schriftliche Ausdrucksfähigkeit (85,6%) und fächerübergreifendes Denken (85,4%) sind

ebenso von Relevanz für die Berufstätigkeit wie Konfliktmanagement (81,6%).

In der Erhebung wurde des Weiteren ermittelt, ob das Erlernen diverser Kenntnisse und

Fähigkeiten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht erhalten sollte.

Abbildung 4: Mehr Gewicht für das Erlernen von Kenntnissen und Fähigkeiten (N=1127).7

6 Foscht, Th./Angerer, Th., AbsolventInnenbefragung für die Universität Graz (2006).

7 Foscht, Th./Angerer, Th., AbsolventInnenbefragung für die Universität Graz (2006).

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Fächerübergreifendes Denken steht mit 84,1% an der Spitze der Items, die deutlich

mehr/etwas mehr Gewicht erhalten sollten. An zweiter sowie dritter Stelle rangieren die

mündliche Ausdrucksfähigkeit (79,8%) und Kommunikationsfähigkeit (79,1%).

Nach Meinung von beinahe der Hälfte der Befragten sollte dem selbständigem Arbeiten

(47,5%) gleich bleibende Bedeutung zukommen. Hingegen sollte fächerübergreifendem

Denken (84,1%) deutlich mehr/etwas mehr Gewicht zuteil werden.

Für mehr als drei Viertel der Befragten sollte die Vermittlung von

Problemlösungsfähigkeit (78,8%) und Fremdsprachen (76,1%) häufiger erfolgen, 73,7%

messen Konfliktmanagement eine höhere Gewichtung bei.

Mehr als die Hälfte befürworten die Vermittlung von Kooperations- und Teamfähigkeit

(66,5%), Wirtschaftskenntnissen (62,7%), Organisationsfähigkeit (59,7%),

Zeitmanagement (59,1%), schriftlicher Ausdrucksfähigkeit (56,2%) und selbständigem

Arbeiten (51,9%).

Auf die offene Frage nach weiteren Inhalten, die mehr Gewicht erhalten sollten, gaben

von 49 Personen 22,4% an, dass Praxisbezug vermehrt einbezogen werden sollte, 12,2%

nennen soziale Kompetenzen im Allgemeinen.

Um ferner die Unternehmensseite abbilden zu können, analysierten Foscht/Angerer

zwischen Februar und März 2006 telefonische und persönliche Interviews mit 38

Führungskräften mit Personalverantwortung in bedeutenden steirischen Unternehmen,

um Stärken und Schwächen von UniversitätsabsolventInnen zu ermitteln. Zu den Stärken

zählen die Befragten selbstständiges Arbeiten (80%), schriftliche (77,3%) bzw. mündliche

Ausdrucksfähigkeit (61,5%) und Problemlösungsfähigkeit (60,7%). Zahlreiche

Führungskräfte äußern sich neutral zu Kommunikationsfähigkeit sowie Kooperations- und

Teamfähigkeit. Lediglich 8,7% nehmen Konfliktfähigkeit als Stärke wahr.

Diese beiden Studien verdeutlichen, dass eine Diskrepanz zwischen Selbstwahrnehmung

und Fremdwahrnehmung vorliegt. Denn beispielsweise vermeinen 96,4% der

AbsolventInnen, dass Kommunikationsfähigkeit sehr wichtig/eher wichtig für die

derzeitige Berufstätigkeit ist, allerdings betrachten nur 42,3% der Führungskräfte jene

Kompetenz als Stärke. 42,3% der Befragten äußern sich neutral, für 15,4% handelt es sich

um eine Schwäche.

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1.3.3. AbsolventInnenbefragung: Griesbacher/Griesbacher

Griesbacher/Griesbacher führten eine AbsolventInnenbefragung für die Studien der

Rechtswissenschaften (Diplomstudium, Doktoratsstudium) durch, um u.a. den

Stellenwert für die Aneignung bestimmter Kompetenzen für den Beruf bzw. die

beruflichen Wünsche zu ermitteln. Die Rücklaufquote beträgt 279 ausgefüllte

Fragebögen. Sie gelangten zu ähnlichen Ergebnissen wie Foscht/Angerer.

Abbildung 5: Kompetenzen nach Wichtigkeit für den Beruf bzw. die beruflichen Wünsche.8.

In Abbildung 5 befindet sich ein Ausschnitt der abgefragten Items über den Stellenwert

von Kompetenzen für den Beruf bzw. die beruflichen Wünsche. Die 6-stufige Likert-Skala

wurde in einer 3-stufigen Skala vereinfacht, indem die ersten zwei Stufen einem hohen

Stellenwert, die mittleren Anwortmöglichkeiten einem mittleren Stellenwert und die

letzten beiden einem niedrigen Stellenwert zuordenbar sind. 96,4% der AbsolventInnen

schreiben der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit einen hohen Stellenwert zu.

8 Griesbacher, E.-M./Griesbacher, M., Herausforderungen des rechtswissenschaftlichen Studiums.

Ergebnisse der Arbeitsmarktbedarfserhebung im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität (2013) 26.

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An den nächsten drei Stellen rangieren die Items vernetztes Denken (92,2%), mündliche

Präsentationsfähigkeit und Rhetorik (91,8%) sowie soziale Kompetenz (87,7%). Im

Gegensatz zu der Erhebung von Foscht/Angerer hat für die TeilnehmerInnen dieser

Untersuchung beispielweise Teamfähigkeit keinen so hohen Stellenwert (75,5%).

1.3.4. Studierendenbefragung: Sonnleitner

Zwischen Juni und Dezember 2012 führte ich eine Erhebung unter 1.400 Studierenden mit

dem Ziel durch, u.a. die nachstehenden Fragen zu beantworten:

Welches Interesse haben Studierende an sozialen Kompetenzen?

Welche überfachlichen Kompetenzen sind nach Meinung der Studierenden für

ihre zukünftige Berufstätigkeit von Relevanz?

Beide Fragestellungen sollen nachstehend in einem kurzen Abriss behandelt werden.

Zielgruppe sind Studierende der Fakultäten der Karl-Franzens-Universität sowie der

Technischen Universität, die noch keine Lehrveranstaltung am Zentrum für Soziale

Kompetenz9 besucht haben.

Der Fragebogen enthält die Frage nach den Interessen der Studierenden für soziale

Kompetenzen. Als Items hierfür wurden die Lehrveranstaltungen des Zentrums für Soziale

Kompetenz herangezogen. In der Analyse galt es zu klären, welche Dimensionen

Studierende für besonders wichtig erachten, und ob Unterschiede zwischen dem

Geschlecht, dem Alter und der Studienzugehörigkeit auszumachen sind. Ein weiterer

Fragenkomplex enthält die Einschätzung, welche sozialen Kompetenzen für die

Berufstätigkeit zukünftiger AkademikerInnen besondere Relevanz besitzen.

9 http://soziale-kompetenz.uni-graz.at/de/ [15.01.2017].

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Abbildung 6: Items, an denen die Studierenden großes Interesse zeigen (N=1400).

Bei einer Zusammenfassung der ersten vier Items in Abbildung 6 beinhalten alle

Lehrveranstaltungen die mündliche Ausdrucksfähigkeit. Gesprächsführung und

Kommunikationstraining dienen einerseits der Förderung der Selbst- und

Fremdwahrnehmung und dem Wissen um verschiedene Gesprächstypen, andererseits

erhalten die Studierenden Einblick in unterschiedliche Kommunikationsmodelle und

erlernen die Anwendung von kommunikationsfördernden Methoden.

Insgesamt zeigen die Studierenden aller Fakultäten sowie der Technischen Universität das

größte Interesse für Inhalte der Lehrveranstaltung Gesprächsführung (73,1%). Dies ist

wohl darauf zurückzuführen, dass sowohl bei Referaten und Präsentationen als auch im

Umgang mit anderen Personen im Studienalltag jene Kompetenz allgemein von Relevanz

ist.

Grundlagen der Rhetorik (65,4%), Kommunikationstraining (63,6%) und Improvisation

und Körpersprache (62,2%) sind für viele Befragte von Bedeutung. Zumal eine Person

nach Watzlawik nicht nicht kommunizieren kann10, können sich die Studierenden in der

10

Watzlawick, P. et. al., Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien10

(2000) 50 ff.

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Lehrveranstaltung Improvisation und Körpersprache beispielsweise in unterschiedlichen

Rollen ausprobieren.

Konfliktmanagement, für das 57,5% der Befragten großes Interesse zeigen, beinhaltet

spezielle Techniken zur Förderung der Kommunikations- und Verhandlungsfähigkeit. In

diesem Kontext stehen das Verständnis von Konflikttypen, das Führen von

Konfliktgesprächen und Modelle zur Konfliktlösung im Vordergrund.11

Bei einer detaillierten Betrachtung, welche Items für Studierende der

rechtswissenschaftlichen Fakultät (REWI) sowie der umwelt-, regional- und

bildungswissenschaftlichen Fakultät (URBI)12 eine große bzw. sehr große Bedeutung für

die Berufstätigkeit spielen, fällt auf, dass für beide befragten Gruppen

Konfliktmanagement mit 85,2% und 77,5% die größte Relevanz besitzt.

Abbildung 7: Bedeutung von sozialen Kompetenzen für die zukünftige Berufstätigkeit für Studierende der

rechtswissenschaftlichen Fakultät (REWI; n=200) sowie der umwelt-, regional- und

bildungswissenschaftlichen Fakultät (URBI; n=200).

11

Sonnleitner, K., Relevanz von sozialen Kompetenzen an Universitäten, in: Ferz, S./Augusta, R. (Hrsg.), Gesellschaftliche Verantwortung leben. Wissen Sie nur oder handeln Sie schon? (2013) 81 (90 f.). 12

An der URBI können Studierende das Bachelorstudium Pädagogik und die Masterstudien Sozialpädagogik, Inclusive Education sowie Erwachsenen- und Weiterbildung absolvieren; siehe hierzu http://erziehungs-bildungswissenschaft.uni-graz.at/de/studieren/ [15.01.2017].

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Mündliche Kommunikation kristallisierte sich schon bei der Analyse der vorherigen

Fragestellungen sowie in den Erhebungen von Gayk, Foscht/Angerer und

Griesbacher/Griesbacher als eine wichtige Kompetenz für die zukünftige Berufstätigkeit

heraus. 78,3% (URBI) und 75,5% (Rewi) der Befragten schreiben diesem Item große

Bedeutung nach Abschluss des Studiums zu.

1.3.5. Staufenbiel-Studie

Das Staufenbiel Institut führt jedes Jahr die Untersuchung Job Trends Deutschland unter

Unternehmen durch, die HochschulabsolventInnen einstellen. Durch eine Aufschlüsselung

in Branchen und AbsolventInnengruppen wird klar, welche Erwartungen

Unternehmensverantwortliche haben. Zwischen September und November 2015 nahmen

297 PersonalentscheiderInnen an der online-gestützten Befragung teil.13 Die

Unternehmensverantwortlichen wurden befragt, welche AkademikerInnen sie als

ArbeitnehmerInnen suchen. 29% haben Bedarf an JuristInnen, lediglich 17% an Sozial-

und GeisteswissenschaftlerInnen, worunter PädagogInnen zu subsumieren sind.14

Als entscheidende studienbezogene Einstellungskriterien nennen die Befragten zu 90%

den Studienschwerpunkt, zu 51% die Examensnote und zu 39% die Studiendauer sowie

den Studienverlauf. 21% legen auf die Fächerkombination und 8% auf den Ruf der

Hochschule viel Wert.

13

Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016. Entwicklungen und Trends auf dem Arbeitsmarkt für Absolventen (2016) 3. 14

Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016, 5.

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28

Abbildung 8: Welche Fachrichtungen fragen Unternehmen nach?15

AbsolventInnen der Wirtschaftswissenschaften (54%), der Informatik/Informationstechnik

(53%) und der Betriebswirtschaftslehre (52%) werden von deutschen Unternehmen am

häufigsten nachgefragt. Schlechtere Aussichten haben RechtswissenschafterInnen (28%),

die auf Rang 9 rangieren, und Sozial- und GeisteswissenschafterInnen (14%) auf Rang 15.

Ohne Englischkenntnisse gestaltet sich der Berufseinstieg schwierig. Denn

ArbeitgeberInnen erwarten diese von RechtswissenschafterInnen zu 72% und von Sozial-

und GeisteswissenschafterInnen als Zusatzqualifikationen.

Neben den Zusatzqualifikationen fragten die Studienherausgeber ab, auf welche

personenbezogenen Einstellungskriterien (Soft Skills) Unternehmensverantwortliche

achten. Mit 91% ist Eigeninitiative/Einsatzbereitschaft/Selbstständigkeit auf dem ersten

Platz zu finden. Gleich danach folgen Kommunikationsfähigkeit mit 87%, Teamfähigkeit

mit 83% und analytische und konzeptionelle Fähigkeiten mit 82%.

15

Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016, 26.

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Abbildung 9: Auf welche personenbezogenen Einstellungskriterien achten Unternehmen?16

Speziell von zukünftigen JuristInnen erwarten Unternehmen zu 88%

Eigeninitiative/Einsatzbereitschaft/Selbstständigkeit, zu 84% Kommunikationsfähigkeiten,

zu 82% Teamfähigkeit und zu 71% Leistungsbereitschaft. Bei ihrem Berufseinstieg sind

AbsolventInnen der Rechtswissenschaften zu 88% im Arbeitsrecht, zu 60% im

Wettbewerbs- und Kartellrecht und zu 59% im Bereich Compliance tätig.

Einstiegsbranchen von Sozial- und GeisteswissenschafterInnen sind zu jeweils 16% der

Consulting- und Medienbereich sowie der Dienstleistungssektor.17

Für AbsolventInnen bieten die Personalentwicklungsabteilungen der befragten

Unternehmen zahlreiche Maßnahmen an.

16

Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016, 34. 17

Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016, 37, 46 ff.

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Abbildung 10: Welche Weiterbildungsmaßnahmen bieten Unternehmen?

Insbesondere fachspezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten können MitarbeiterInnen in

Fachtrainings (90%) erwerben. EDV-Schulungen (77%), Produktschulungen (68%),

Persönlichkeitstraining (64%), individuelle Coachingeinheiten (61%) und Sprachkurse

(51%) nutzen mehr als die Hälfte der Befragten.

Als Auswahlverfahren bedienen sich Unternehmen zu 82% Gesprächen mit der Fach- und

Personalabteilung, zu 56% Telefoninterviews und zu 36% strukturierter Interviews.

Assessment-Center und Gespräche nur mit der Fachabteilung gelangen bei jeweils knapp

einem Drittel (32%) der Personalverantwortlichen zum Einsatz. Weitere Möglichkeiten

sind ein Bewerbertag/Workshop (24%), Skype/Videointerviews (16%) und Online-Tests

(13%). Selten lernen die Befragten ihre BewerberInnen in Fallstudien (11%) und

Persönlichkeitstests (10%) kennen.18

18

Staufenbiel Institut, Job Trends Deutschland 2016, 69.

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1.3.6. Leonardo-da-Vinci-Programmes „Strategical Individual Competencies“

Im Rahmen des Leonardo-da-Vinci-Programmes „Strategical Individual Competencies“

forschten Wirtschafts- und SozialwissenschaftlerInnen in acht europäischen Ländern über

die Bedeutsamkeit von Managementkompetenzen. Dabei stand die zentrale Fragestellung

im Mittelpunkt, welche Kompetenzen aus der Sicht von ManagerInnen in Zukunft

benötigt werden und welche Kompetenzen ManagerInnen auf dem europäischen

Arbeitsmarkt benötigen, um den Erfolg eines Unternehmens zu sichern. Von besonderer

Bedeutung war es, ebenfalls herauszufinden, ob es einen länderübergreifenden Konsens

zu diesen Fähigkeiten gibt.

Es wurden Kompetenzen ausgehend von der Idee ausgewählt, dass eine erfolgreiche

Unternehmensführung stark an einem strategischen Management orientiert und somit

von den individuellen Kompetenzen einer einzelnen Person (ManagerIn) abhängig ist.

Mittels eines Pre-Tests (N=57) wurden vier Kompetenzdimensionen aufgestellt:

Strategisches Denken, Führung, Zielstrebigkeit und Kooperation. Für jede Dimension

wurden weiters Indikatoren formuliert, die in einer Umfrage unter rund 900

ManagerInnen und Personalverantwortlichen (N=879) überwiegend aus dem tertiären

Sektor aus den Ländern Litauen (n=497), Österreich (n=45), Bulgarien (n=51), Deutschland

(n=44), Griechenland (n=92), Irland (n=51), Portugal (n=48) und Spanien (n=51) analysiert

wurden. In einem Fragebogen wurde erhoben, welches Verhalten oder Denken

erfolgreiche ManagerInnen haben sollen. Die statistischen Auswertungen

(faktorenanalytische Validierung der Subskalen) bestätigten die im Vorhinein

aufgestellten Kompetenzdimensionen.19

Strategisches Denken enthält vier Merkmale, die im Rahmen des Kompetenzkataloges

unterschieden wurden: Visionäres Denken, Veränderungsbereitschaft, Innovationsstärke

und Entscheidungsfähigkeit. Das Ergebnis zeigte, dass in allen teilnehmenden Ländern alle

vier Merkmale wichtige Kompetenzen darstellen, wobei besonders die

Entscheidungsfähigkeit als eine unentbehrliche Kompetenz gilt. Bezüglich der

Innovationskraft weichen lediglich die Ergebnisse bei den Befragten in Österreich ab,

19

Egger-Subotitsch, A./Kreiml, Th., Kompetent für’s Management – Das Leonardo-Projekt »Strategical Individual Competencies«, in: Egger-Subotitsch, A./Sturm, R., (Hrsg.), Kompetenzen im Brennpunkt von Arbeitsmarkt und Bildung (2009) 38 (38 ff.).

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denn Innovationen im Sinne von etwas Neues auszuprobieren, ist nach deren Ansicht

nicht ganz so wichtig, obwohl es ihnen wichtig ist, Visionen zu haben.

Die Kompetenzdimension Leadership wurde in die Indikatoren Begeisterungsfähigkeit,

Initiativkraft, Empathie und Selbstpräsentationsfähigkeit untergliedert. Auch hier zeigen

sich Unterschiede zwischen den österreichischen ManagerInnen und den restlichen

Befragten. Denn der Aspekt Begeisterungsfähigkeit nimmt einen hohen Stellenwert für

die österreichischen ManagerInnen ein, wobei international Selbstpräsentationsfähigkeit,

Empathie und Initiativkraft als höherwertig eingeschätzt wurden.

Zu den Kompetenzen, die unter die Dimension Zielstrebigkeit fallen, gehören

Zielorientierung, Planungsgeschick und Lernbereitschaft bzw. Verbesserungswille. Damit

die Erreichung eines Zieles verbessert werden kann, ist Lernbereitschaft vonnöten. Auf

internationaler Ebene wird die Lernbereitschaft als sehr bedeutsam eingestuft, bei den

Befragten in Österreich wird die Zielorientierung als wichtigster Faktor angesehen.

Kooperation umfasst in dieser Studie Wissensmanagement, Teamwork, Kommunikations-

und Konfliktfähigkeit. Mit Wissensmanagement sind Gruppenarbeitsprozesse gemeint,

welche als wichtigste Kompetenz in Österreich erachtet werden, gefolgt von Teamwork

und Kommunikationsfähigkeit. Im Gegensatz dazu empfinden die Beteiligten in den

anderen Ländern Konfliktfähigkeit als notwendigste Kompetenz.20

20

Egger-Subotitsch, A./Kreiml, Th. in Egger-Subotitsch, A./Sturm, R., 41 ff.

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33

Abbildung 11: Die gefragtesten Kompetenzen in allen Teilnehmerländern (N=879); Mittelwerte der

Indikatoren/Subskalen).21

Beim Vergleich der Ergebnisse zwischen Österreich und den restlichen Ländern fällt auf,

dass österreichische ManagerInnen den Kompetenzen keine auffallend hohe Bedeutung

beimessen. Die meisten Fähigkeiten werden als wichtig angesehen, haben aber nicht jene

derart hohe Bedeutsamkeit wie in den restlichen teilnehmenden Ländern. Die

Kompetenzdimension „Strategisches Denken“ wurde in Österreich noch am

bedeutsamsten eingestuft. Die Subskalen zeigen, dass österreichische ManagerInnen

visionäres Denken, Begeisterungsfähigkeit, Wissensmanagement und Zielorientierung

überbewerten.

Das Gesamtergebnis zeigt deutlich, dass sich die Einschätzungen der österreichischen

Befragten klar von den restlichen Ländern unterscheiden. Die höchste Ähnlichkeit zu

Österreich zeigt sich bei den Befragten aus Litauen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass

sich die Unternehmenskulturen der beiden Staaten ähneln. Die besonders hohe Differenz

zwischen den österreichischen und deutschen Ergebnissen ist darauf zurückführen, dass

in Österreich vorwiegend GeschäftsführerInnen, in Deutschland auch Verantwortliche aus 21

Egger-Subotitsch, A./Kreiml, Th. in Egger-Subotitsch, A./Sturm, R., 48.

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34

dem mittleren Management befragt wurden. Die Studie zeigt außerdem, dass personale

Kompetenzen zu den wichtigsten ManagerInnenkompetenzen zählen. Diese wurden zwar

nicht ausdrücklich abgefragt, jedoch fallen die Subdimensionen Entscheidungs-, Lern- und

Selbstpräsentationsfähigkeit darunter.22

1.3.7. Erhebung Intersearch Executive Consultans

Die Intersearch Executive Consultans befragten 150 Führungskräfte in den Sektoren

Dienstleistung, Handel und Industrie mittels Online-Fragebogen zu ihren Erfahrungen mit

einem Jobwechsel im Topmanagement. Im Mittelpunkt standen die Wechselbereitschaft,

Aspekte, die für den Jobwechsel wichtig sind, sowie Erlebnisse im Rekrutierungsprozess.

Hinsichtlich der Wechselerfahrungen machten die Beteiligten Angaben zu den

Bestandteilen des Auswahlprozesses beim Jobwechsel.

Abbildung 12: Was waren in der Regel Bestandteile des Auswahlprozesses bei Ihrem Jobwechsel?

(Mehrfachnennungen möglich; N=116).23

22

Egger-Subotitsch, A./Kreiml, Th. in Egger-Subotitsch, A./Sturm, R. 46 ff. 23

InterSearch Executive Consultants, Jobwechsel im Topmanagement (2014) 27; http://www.intersearch-executive.de/download/ISEC_Studie_Jobwechsel_im_Topmanagement.pdf [15.01.2017].

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35

Mit 85% am häufigsten wurden persönliche Gespräche in Bewerbungsverfahren geführt.

Zu den weiteren Methoden zählen Persönlichkeitstests (47%) und Assessment Center

(36%). Sonstige diagnostische Instrumente sind beispielsweise Fallstudien oder

Präsentationen, die zu 15% im Bewerbungsprozess stattfanden. 14% der BewerberInnen

durchliefen ein grafologisches Gutachten.

Kriterien Rang

Berufserfahrung generell (Seniorität) 1

Fachliche Qualifikationen 2

Internationale Erfahrungen 3

Erfahrungen mit einer ähnlichen Unternehmenskultur

4

Gute Anpassungsfähigkeit 5

Soziale Kompetenz 6

Gute Branchenerfahrung 7

Persönliche Sympathie 8

Zeugnisse 9

Referenzen 10

Tabelle 2: Worauf wurde während des Auswahlprozesses am meisten Wert gelegt?24

Soziale Kompetenzen vernachlässigen die Unternehmen im Auswahlprozess häufig.

Während am meisten Wert auf Berufserfahrung, fachliche Qualifikationen, internationale

Erfahrungen und Praxis in einer ähnlichen Unternehmenskultur gelegt wird, rangieren

gute Anpassungsfähigkeit, soziale Kompetenz und gute Branchenerfahrung in der

Wertigkeitsskala im Mittelfeld. Eine geringe Rolle im Rekruitingprozess spielen sowohl

persönliche Sympathie als auch Zeugnisse und Referenzen.

24

InterSearch Executive Consultants, Jobwechsel im Topmanagement 28.

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36

Abbildung 13: Was haben Sie noch für Erfahrungen bei neuen Arbeitgebern gemacht?; (N=116).25

Bei den Wechselerfahrungen besitzen für das in dieser Arbeit zu behandelnde Thema die

Items der geforderten Fach- und Sozialkompetenz Relevanz. Für mehr als ein Drittel (36%)

der Befragten waren die geforderten sozialen Kompetenzen nicht die, die für den Job

wirklich wichtig sind. Ähnlich verhält es sich mit den Fachkompetenzen, wonach für 35%

die geforderten fachlichen Kompetenzen nicht mit den tatsächlich benötigten

übereinstimmen. 34% stellten fest, dass sie selbst mit ihrer Persönlichkeit nicht in das

Unternehmen passen.

Auffallend ist des Weiteren, dass bei weiblichen Topmanagerinnen26 zu 31% gute soft

skills automatisch vorausgesetzt wurden, während die PersonalentscheiderInnen hard

skills in Frage stellten.

Folglich entscheiden Personalverantwortliche im Einstellungsverfahren noch immer auf

der Grundlage von harten Fakten wie der fachlichen Qualifikation, denn um andere

Faktoren einbeziehen zu können, bedarf es Tools zur Beurteilung der Persönlichkeit oder

des Führungsverhaltens. Eine langfristig erfolgreiche Besetzung einer Führungsposition

kann folglich nur erfolgreich gelingen, wenn das Persönlichkeitsprofil und die

25

InterSearch Executive Consultants, Jobwechsel im Topmanagement 30. 26

Welche negativen Rekrutierungserfahrungen haben Sie speziell als Frau gemacht? N=32; InterSearch Executive Consultants, Jobwechsel im Topmanagement 31.

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37

Unternehmenskultur aufeinander abgestimmt sind. Dazu bedarf es im

Rekrutierungsprozess unterschiedlicher Instrumentarien, die die Messung von fachlicher

und sozialer Kompetenz erfassen.

1.3.8. HIS-Absolventenuntersuchung: Schaeper/Briedis

Im Bewusstsein, dass sich allgemein Kompetenzmessungen schwierig gestalten, führten

Schaeper/Briedis die HIS-Absolventenuntersuchung, die in dieser Form erstmals im Jahr

1989 stattfand, durch. Dabei wurden AbsolventInnen um eine Einschätzung ihrer

Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zu folgenden Kompetenzdimensionen gebeten.

Tabelle 3: Kompetenzdimensionen der HIS-Absolventenbefragung.27

Die Befragten attestieren sich selbst ein hohes Niveau an Methodenkompetenz (73%),

mehr als die Hälfte gehen davon aus, über eine gute Präsentationskompetenz (55%) und

(Selbst-)Organisationskompetenz (54%) zu verfügen. Geringer ausgebildet ist die

bereichsspezifische Fachkompetenz mit nur 40%. Dies verwundert, denn es ist

anzunehmen, dass Studierenden während ihrer Ausbildung gerade jene Fähigkeiten und

Fertigkeiten vermittelt werden. Bei bereichsunspezifischen Fachkompetenzen, d.h. bei

27

Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen, berufliche Anforderungen und Folgerungen für die Hochschulreform, Projektbericht (2004) 14; http://www.bmbf.de/pub/his_projektbericht_08_04.pdf [15.01.2017].

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38

der Sachkompetenz, sind die Werte folgender Kompetenzen deutlich höher. Zu 62%

verfügen die Befragten über ein breites Grundlagenwissen, zu 55% über Kenntnisse in

EDV, zu 52% über fachübergreifendes Denken und zu 50% über Kenntnisse

wissenschaftlicher Methoden. Rechts- (20%) und Wirtschaftskenntnisse (23%) sowie die

Fähigkeit, wissenschaftliche Ergebnisse und Konzepte umzusetzen (27%), sind hingegen

geringer ausgebildet. Am schwächsten ist die Domäne Sozialkompetenz mit lediglich 31%

vertreten. AbsolventInnen geben an, dass ihr Durchsetzungsvermögen (35%), ihre

Konfliktmanagementfähigkeiten (28%), ihr Verhandlungsgeschick (21%) und ihre

Führungsqualitäten (20%) verhältnismäßig gering ausgeprägt sind. Als stärker entwickelt

schätzen sie hingegen ihre Kommunikations- (56%) und Kooperationsfähigkeiten (64%)

sowie die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen (58%) und die Interessen und

Sichtweisen anderer zu berücksichtigen (56%), ein.

Schaeper/Briedis haben neben anderen Studienrichtungen auch jene Prozentzahlen für

RechtswissenschaftlerInnen bzw. für PsychologInnen/PädagogInnen errechnet.

RechtswissenschaftlerInnen weisen durchschnittlich keine Kompetenz auf, in der sie

besser als die Gesamtgruppe sind. Eher schwach sind bei ihnen insgesamt

bereichsspezifischen Fachkompetenzen, Kenntnisse in Fremdsprachen und EDV sowie

fachübergreifendes Denken und die praxisorientierte Umsetzung wissenschaftlicher

Ergebnisse und Konzepte ausgeprägt. PsychologInnen und PädagogInnen verfügen über

mehr Sozialkompetenzen, (Selbst-)Organisationsfähigkeit und Präsentationskompetenzen

als der Durchschnitt der AbsolventInnen.28

1.3.9. Zusammenfassung

Foscht/Angerer kamen in ihrer AbsolventInnenbefragung zu dem Ergebnis, dass vor allem

Kommunikationsfähigkeit, mündliche Ausdrucksfähigkeit sowie Kooperations- und

Teamfähigkeit eine große Relevanz für die derzeitige Berufstätigkeit besitzen. In die

gleiche Richtung gehen die Ergebnisse von Griesbacher/Griesbacher, die ausschließlich

AbsolventInnen der Rechtswissenschaften befragten. JuristInnen plädieren für eine

verstärkte Vermittlung von Kommunikationsfähigkeit, Verhandlungsgeschick, mündliche

Präsentations- und Ausdrucksfähigkeit, fächerübergreifendem/vernetztem Denken und

28

Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen, berufliche Anforderungen und Folgerungen für die Hochschulreform, Projektbericht 13 ff.

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39

Konfliktmanagementkenntnissen. Des Weiteren meinen sie, dass vor allem schriftliche

Ausdrucksfähigkeit, mündliche Präsentationsfähigkeit und Rhetorik, vernetztes Denken,

soziale Kompetenz allgemein, Beratungskompetenz sowie Verhandlungsmanagement

bzw. -geschick einen hohen Stellenwert für ihren Beruf bzw. ihre beruflichen Wünsche

einnehmen. Bei der Zusammenschau der Ergebnisse fällt auf, dass vor allem soziale

Kompetenzen eine wesentliche Relevanz sowohl für die Vermittlung im Studium als auch

im zukünftigen Berufsfeld für die Befragten spielen. Gayk, der in seiner Erhebung

Unternehmen, Studierende und HochschulvertreterInnen zu Schlüsselqualifikationen

befragte, zeigt in seinen Ergebnissen auf, dass ein Großteil der Befragten

Schlüsselqualifikationen sogar dasselbe Gewicht wie Fachwissen für den Berufseinstieg

beimisst.

Die unterschiedlichen Studien weisen zwar eine gewisse Heterogenität der abgefragten

Items bzw. der Zuordnung der Items zu Fach-, Methoden-, Sozialkompetenzen bzw zu

Schlüsselqualifikationen auf, dennoch ist bei einer detaillierten Betrachtung zu

konstatieren, dass Unternehmensverantwortliche und Studierende Fachwissen und

Schlüsselqualifikationen das gleiche Gewicht für den Berufseinstieg beimessen. Die

Befragten benennen analytisches Denken, Kommunikationsfähigkeit und Teamfähigkeit

als wichtigste Schlüsselqualifikationen.

In der HIS-AbsolventInnenuntersuchung befragen Schaeper/Briedis anhand vordefinierter

Kompetenzdimensionen AbsolventInnen zu ihrer Einschätzung der individuellen

Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse. Während sich die Befragten selbst ein hohes

Maß an Methodenkompetenz attestieren, ist die Sozialkompetenz am schwächsten

ausgeprägt. Im Mittelfeld liegen die Präsentations- und (Selbst-)Organisationskompetenz

sowie die bereichsunspezifische Fachkompetenz, d.h. die Sachkompetenz. Weniger als die

Hälfte der Studierenden schreiben sich selbst ein hohes Niveau an bereichsspezifischer

Fachkompetenz zu.

Die von mir unter 1.400 Studierenden der Karl-Franzens-Universität Graz sowie der

Technischen Universität durchgeführte Fragebogenerhebung knüpft an die genannten

Untersuchungen an. Demnach besitzen kommunikative und rhetorische Fähigkeiten

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sowie Gesprächs- und Konfliktmanagementkompetenz für alle Studierende, unabhängig

davon welches Studium sie absolvieren, für die zukünftige Berufstätigkeit Relevanz.

In der jährlichen, online-gestützten Studie Staufenbiel Job Trends Deutschland nennen

90% der befragten Unternehmensverantwortlichen den Studienschwerpunkt als

entscheidendes studienbezogenes Einstellungskriterium. Als personenenbezogene

Einstellungskriterien achten sie bei JuristInnen vor allem auf

Eigeninitative/Einsatzbereitschaft/Selbstständigkeit, Kommunikations- und Teamfähigkeit

sowie auf analytische und konzeptionelle Fähigkeiten.

Um zu erfahren, welche strategischen, individuellen Kompetenzen ManagerInnen auf

dem europäischen Arbeitsmarkt benötigen, wurden Personalverantwortliche in acht

europäischen Ländern befragt. Demnach sind Entscheidungs-, Begeisterungs- und

Konfliktfähigkeit unentbehrliche Kompetenzen.

Einen Schritt weiter gingen die Intersearch Executive Consultans, die mittels Online-

Fragebogen 150 Führungskräfte zu Erlebnissen im Rekrutierungprozess sowie zu Aspekten

befragten, die für einen Jobwechsel wichtig sind. Bestandteile des Auswahlverfahrens

sind zumeist persönliche Gespräche (85%) und Persönlichkeitstests (47%). Mehr als ein

Drittel geben an, dass die geforderten sozialen Kompetenzen nicht jene sind, die für den

Job wirklich wichtig sind. Die geforderten Fachkompetenzen stimmen für 35% nicht mit

den tatsächlich benötigten überein.

Bei Betrachtung der behandelten Erhebungen schlagen alle Untersuchungsergebnisse

crosso modo in dieselbe Kerbe. Konflikt-, Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie

Organisationsfähigkeit und fachübergreifendes/vernetztes Denken besitzen für die

befragten Gruppen (Studierenden, Unternehmen und Hochschulverantwortlichen)

sowohl bei der Vermittlung während des Studiums als auch im Stadium des

Berufseinstiegs und darüber hinaus große Relevanz, weshalb jene Kompetenzen in Kapitel

I. 4. einer näheren Betrachtung unterzogen werden.

Aufgrund der unterschiedlichen Zuordnungen, die die genannten StudienautorInnen in

ihren Untersuchungen zu den einzelnen Items vornehmen, ist in einem nächsten Schritt

eine allgemeine Klärung des Bildungs-, Qualifikations- und Kompetenzbegriffs

vorzunehmen.

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41

1.4. Klärung der Begrifflichkeiten

Die Begriffe Bildung, Qualifikation und Kompetenz werden nicht nur in der pädagogischen

Fachliteratur häufig gebraucht, sondern auch in die Psychologie, die Betriebswirtschaft,

die Soziologie und die Bildungspolitik auf europäischer und nationaler Ebene finden diese

Eingang. Aufgrund der unterschiedlichen Definitionen sind jene Begrifflichkeiten vorerst

voneinander abzugrenzen.

Bildung, Ausbildung, Weiterbildung sowie lebenslanges Lernen sind im Zusammenhang

mit dem Berufseinstieg bzw. -alltag Schlüsselbegriffe. Jene Termini sind zweifelsohne mit

dem Kompetenzbegriff verbunden. Die ExpertInnenkommission der Europäischen

Kommission empfiehlt im Bericht „New Skills for New Jobs: Action Now“, dass eine

Kompetenzverbesserung der Arbeitnehmenden sowohl Vorteile für die Wirtschaft als

auch für die Gesellschaft, die ArbeitgeberInnen und die Individuen selbst darstellt, die in

Folge bessere Berufsaussichten haben.29 Folglich liegen Kompetenzen nicht „nur in

individueller sondern auch in gesellschaftlicher Verantwortung. Es ist eine kollektive

Aufgabe und Herausforderung, den Anforderungen unserer Zeit und der absehbaren

Zukunft zu begegnen“30.

Es steht daher fest, dass die Kompetenzentwicklung in der Arbeitswelt von einer

individuellen, betrieblichen und gesellschaftlichen Perspektive zu betrachten ist.31 Jener

sich wandelnde Arbeitsmarkt zieht ebenso eine Veränderung der Rolle der Universität

nach sich, die sich weg von einer reinen Lehruniversität hin zur kompetenzvermittelnden

Organisation orientieren muss, in der Interdisziplinarität, Interkulturalität und

Internationalität in den Vordergrund rücken.32

Für die Dissertation ist es bedeutsam, zu Beginn ein geeignetes Kompetenzverständnis zu

erarbeiten. Aufgrund des Spannungsverhältnisses der Termini (Schlüssel-)Qualifikation,

Bildung und Kompetenz gilt es, jene Begrifflichkeiten voneinander abzugrenzen, die nicht

nur in der Bildungslandschaft beachtet werden müssen, sondern gerade auch in der

29

Campbell, M./Devine, J./González, J./Halaász, G./Jenner, C./Jonk, A./Hultin, G./Münz, R./Strietska-Ilina, O., New Skills for New Jobs: Action Now. A report by the Expert Group on New Skills for New Jobs prepared for the European Commission (2010). 30

Lenz, W., Wertvolle Bildung: Kritisch - Skeptisch - Sozial (2011) 116. 31

Meyer, R., Kompetenz- und Organisationsentwicklung im Kontext moderner Beruflichkeit, in: Niedermair, G. (Hrsg.), Kompetenzen entwickeln, messen und bewerten (2012) 43 (44 ff). 32

Dressel, G. et al. (Hrsg.), Interdisziplinär und transdisziplinär forschen: Praktiken und Methoden (2014).

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42

Berufstätigkeit, soweit in Arbeitsmarktprognosen genannt33, praktische Relevanz

besitzen.

In den letzten Jahren hat sich das Wissens- und Qualifikationsniveau der beschäftigen

Personen erhöht. Betrachtet man die Bevölkerungsgruppe im Alter zwischen 25 und 64

Jahren mit Bildungsabschlüssen der Sekundarstufe II oder höher, ist zu erkennen, dass in

den EU-Ländern (28 Staaten) im Zeitraum von 2000 (64,4%) bis 2013 (75,2%) ein Anstieg

von mehr als 10% zu verzeichnen ist. Österreich liegt mit 83,1% der ArbeitnehmerInnen

über dem europäischen Durchschnitt liegt.34 Einen tertiären Bildungsabschluss35

erreichten in den EU-Ländern 25,3%. Österreich befindet sich mit nur 17,7% unter dem

EU-Durchschnitt. Durch die steigende Anzahl an Beschäftigten mit Bildungsabschlüssen

der Sekundarstufe II gilt es anzudenken, welche Kompetenzen insbesondere in den

nächsten Jahren nachgefragt werden. In Deutschland konstatieren Vogler-Ludwig/Düll für

die Zukunft eine starke Nachfrage nach Rechts-, Wirtschafts- und

SozialwissenschaftlerInnen, zumal Managementaufgaben allgemein, die wirtschaftliche,

soziale und rechtliche Aspekte miteinschließen, zum Anforderungsprofil von

UniversitätsabsolventInnen jener Studienrichtungen zählen.36

Zu den Herausforderungen der Arbeitswelt 2030 gehören zweifelsohne der oben

beschriebene demographische Wandel, verlängerte Arbeitszeiten und die Weiterbildung

als wichtige Bildungsquelle.37 Dahingehend gilt es zu erarbeiten, welche spezifisch

arbeitsrechtlichen Änderungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der

persönlichen Weiterbildung dienen können. Veränderungen am Arbeitsmarkt ziehen

demzufolge auch rechtliche Anpassungen nach sich. Urlaubsregelungen,

Kündigungsfristen, aber auch die Arbeitszeitgestaltung per se, z.B. in Form von

Gleitzeitmodellen, bieten dem Unternehmen und dem/der Beschäftigten mehr

Gestaltungsspielraum zur zeitlichen Arbeitseinteilung. Zusätzlich sind für Österreich aus

33

Vogler-Ludwig, K./Düll, N., Arbeitsmarkt 2030. Eine strategische Vorausschau auf Demografie, Beschäftigung und Bildung in Deutschland (2013). 34

Eurostat: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=de&pcode=tps00065&plugin=1 [15.01.2017]. 35

Bevölkerung mit einem tertiären Schulabschluss zwischen 15 und 64 Jahren; Eurostat; http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=edat_lfse_07&lang=de [15.01.2017]. 36

Vassiliadis, M. et al., Sozialpartnerschaft, in: Vogler-Ludwig, K./Düll, N. (Hrsg.), Arbeitsmarkt 2030. Eine strategische Vorausschau auf Demografie, Beschäftigung und Bildung in Deutschland (2013) 83 (84 f.). 37

Rump, J./Eilers, S., Weitere Megatrends, in: Vogler-Ludwig, K./Düll, N. (Hrsg.), Arbeitsmarkt 2030. Eine strategische Vorausschau auf Demografie, Beschäftigung und Bildung in Deutschland (2013) 13 (15 ff.).

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43

rechtlicher Perspektive die Begriffe Bildungskarenz und Bildungsteilzeit zu thematisieren,

die dem/der Beschäftigten zeitlich flexible Formen zum lebenslangen Lernen bieten.38

1.5. Bildung – Qualifikation – Kompetenz im Kontext des lebenslangen Lernens

Gesellschaftliche Trends entwickeln sich sowohl in der Bildungslandschaft als auch in der

Berufstätigkeit. Zu diesen zählt Lenz neben einer ständigen Flexibilität, einer erhöhten

Mobilität auch Employability39, Qualifikation und Kompetenz.40 Die in der Einleitung

genannte Unsicherheit von Studierenden drückt sich darin aus, dass immer häufiger

Unternehmen in Stellenausschreibungen Qualifikationen und Kompetenzen erwarten, die

in Zeugnissen nicht dokumentiert sind.

In der Diskussion um Weiterbildung als vierte Säule des Bildungssystems spielen

selbstverständlich die Begriffe Bildung und lebenslanges Lernen eine wichtige Rolle. Denn

einerseits muss das Lernen von Erwachsenen einen gewissen Bildungsanspruch erfüllen,

andererseits sind Personen, die sich beruflich weiterbilden, am Erwerb relevanter

Kompetenzen, die sie für ihre Tätigkeit nutzen können, interessiert.41 Folglich sind das

Verhältnis sowie mögliche Divergenzen und Konvergenzen zwischen den genannten

Begrifflichkeiten zu klären.

1.5.1. Bildung

In der heutigen Gesellschaft, in der wissenschaftliche Bestrebungen den Fokus zusehends

auf Kompetenzen und Konzepte des lebenslangen Lernens richten, ist zu hinterfragen,

welche Position „Bildung“ innerhalb der Erziehungswissenschaft einnimmt. Bei dem

Terminus Bildung handelt es sich um einen spezifisch deutschsprachigen Fachausdruck.

Während Erziehung und Bildung in der französischen und englischen Sprache unter

38

Lobinger, Th./Arnold, Ch./Linck, R./Seifert, A., Arbeitsrecht, in: Rump, J./Walter, N. (Hrsg.), Arbeitswelt 2030. Trends, Prognosen, Gestaltungsmöglichkeiten (2013) 123 (123 ff.). 39

Siehe hiezu näher Klaus, H., Employability und Studium, in: Speck, P. (Hrsg.), Employability – Herausforderungen für die strategische Personalentwicklung. Konzepte für eine flexible, innovationsorientierte Arbeitswelt

4 (2009) 169-188; Speck, P., Employability – Herausforderungen für die

strategische Personalentwicklung4 (2009).

40 Lenz, W., Wertvolle Bildung. Kritisch – skeptisch – sozial (2011) 7, 77 f.

41 Erpenbeck, J./Weinberg, J., Bildung oder Kompetenz – eine Scheinalternative? in: Siebert H. (Hrsg.),

Bildung und Motivation, Report Nr. 3/2004, 69 (69); abrufbar unter: http://www.die-bonn.de/doks/weinberg0402.pdf [15.01.2017].

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44

„education“ subsumiert werden, wird im Deutschen eine genaue Differenzierung

vorgenommen.42

Bildung und Erziehung betrachten das Heranwachsen von jungen Menschen aus

unterschiedlichen Perspektiven. Bildung ist immer nur als Selbstbildung möglich und eine

ständige innere Entwicklung. Erziehung hingegen setzt eine erziehende Person und

eine(n) zu Erziehende(n) voraus. Der/die ErzieherIn gibt Erfahrungswerte und Wissen mit

der Intention zur Selbständigkeit an den/die zu Erziehende(n) weiter. Er/sie agiert als

Subjekt und das Kind nimmt die Rolle des Objekts ein. Selbstdenken, Selbstbestimmung

oder Selbstaneignung sind hingegen essentialia negotii von Bildung, die ausschließlich von

außen angeregt werden kann. Eine absichtlich bewusste Herstellung von Bildung ist

demnach ausgeschlossen.43

Historisch betrachtet sind bis heute Ideen der Antike im Bildungsverständnis präsent.

Platon beschreibt seine Gedanken von Erziehung und Bildung in seinem bedeutendsten

Werk, der „Politeia“. Im „Höhlengleichnis“ verwendet er die Höhle als Metapher für die

Unbildung. Das Lernen der Schatten durch die BewohnerInnen ist unreflektiert, denn es

handelt sich lediglich um eine Nachahmung. Platon schließt daraus, dass das Lernen als

Umlernen von Gewohntem im Vordergrund steht. Ein Umlernen verursacht jedoch bei

dem/der Lernenden Schmerz und Widerstand, weshalb der Pädagoge bzw. die Pädagogin

als Hilfestellung zum Ausstieg aus dem Gewohnten, d.h. der Höhle, dient.44 Mit dem

Höhlengleichnis entwickelte Platon den Begriff der Erziehung und Bildung (altgriechisch

„paideia“) und somit auch das Erziehungsideal der Antike.45 Ziel ist die Umkehr des

Menschen und die Hinwendung zum Denken, d.h. zur Harmonie bzw. Balance zwischen

Körper und Seele und zur Einheit der menschlichen Seele.46

Im Mittelalter zeichnete sich Bildung durch die geistige Bildung des Gedächtnisses aus.

Nicht die Leibesbildung, sondern das geistig-transzendentale Einswerden mit Gott als

42

Raithel, J./Dollinger, B./Hörmann, G., Einführung Pädagogik: Begriffe, Strömungen, Klassiker, Fachrichtungen

3 (2009) 36.

43 Meueler, E., Die Türen des Käfigs. Wege zum Subjekt in der Erwachsenenbildung

2 (2009) 146 ff.; Krautz, J.,

Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie2 (2009) 15.

44 Mitgutsch, K., Schatten des Lernens. Die Höhle als Metapher der Unbildung, in: Dzierzbicka, A./Bakic,

J./Horvath, W. (Hrsg.), In bester Gesellschaft. Einführung in philosophische Klassiker der Pädagogik von Diogenes bis Baudrillard (2008) 31 (36 ff.). 45

Schwenk, B., Bildung, in: Lenzen, D. (Hrsg.), Pädagogische Grundbegriffe8, Band 1 (2006) 208 (209).

46 Reble, A., Geschichte der Pädagogik

15 (1989) 32 ff.

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45

dem Urgrund der Welt rückt in den Vordergrund. Das Wort Bildung steht daher im engen

Zusammenhang mit der Theologie und dem Abbild Gottes. Meister Eckhart zufolge hat

der/die Einzelne keinen Einfluss auf den Bildungsprozess. Im Gegensatz zur späteren

Forderung von Wilhelm von Humboldt ist es nicht die Aufgabe des Menschen, sich zu

bilden, sondern diese ist durch Gott bestimmt.47 Demnach handelt es sich um die Bildung

des inneren Menschen in seiner ganzen Subjektivität. Ein litteratus (Gebildeter) im

Mittelalter verfügte über die septem artes liberales48 und die artes mechanicae, den

technischen Fächern. Jeder Mensch sollte das Transitorische (das Vorübergehende)

überwinden und sich das Transzendentale (das Metaphysische) durch Übersteigerung des

Immanenten aneignen. Durch die Aneignung von Wissen konnte sich das Individuum

Einsicht erarbeiten und sich der kosmischen Ordnung göttlicher Schöpfung annähern.49

Im Humanismus und in der Aufklärung findet eine Umformung des Bildungsbegriffes

statt. Johann Amos Comenius50 entwickelte den philosophischen Grundsatz „omnes,

omnia, omnino“, wonach alle Menschen alle Dinge der Welt vollständig erlernen dürfen.

Als revolutionären Gedanken plädierte er für die Einführung einer allgemeinen

Schulpflicht für Jungen und Mädchen ohne Zwang und Gewalt, um gelehrte Bildung,

Frömmigkeit und Sittlichkeit zu erlernen. Der Mensch ist als vernünftiges Wesen den

anderen Geschöpfen übergeordnet und dazu angehalten, sich bis zur Vollendung des

24. Lebensjahres zu bilden.51 Während der Bildungsbegriff von Comenius noch stark

religiös geprägt war, lösten sich die Menschen in der Aufklärung aus der ständischen und

kirchlichen Gebundenheit.52

Der selbstbestimmte Verstandesgebrauch als Idee der Aufklärung umfasst den Verstand

sowohl als theoretisches als auch als praktisches Vernunftvermögen. Die

Verstandesnutzung sollte in sensu Kant selbstbestimmt durch die Realisierung von reiner

praktischer Vernunft, dem reinen Willen und der Moralität erfolgen. Damit zielt die

47

Lederer, B., Kompetenz oder Bildung. Eine Analyse jüngerer Konnotationsverschiebungen des Bildungsbegriffs und Plädoyer für eine Rück- und Neubesinnung auf ein transinstrumentelles Bildungsverständnis (2014) 34 f. 48

Trivium (Grammatik, Rhetorik, Logik/Dialektik) und Quadrivium (Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik). 49

Melville, G., Bildung! – Welche Bildung? in: Schlüter, A./Strohschneider, P. (Hrsg.), Bildung? Bildung! 26 Thesen zur Bildung als Herausforderung im 21. Jahrhundert (2009) 56 (62 f.). 50

Für didaktische Grundlagen vgl. Comenius, J. A., Große Didaktik, in: Filtner, A. (Hrsg.), Johann Amos Comenius. Mit einem Nachwort zur neueren Comeniusforschung von Klaus Schaller

9 (2000).

51 Lederer, B., Kompetenz oder Bildung 37; Reble, A., Geschichte der Pädagogik

15, 117 ff.

52 Langewand A., Bildung, in: Lenzen, D. (Hrsg.), Erziehungswissenschaft. Ein Grundkurs

2 (1994) 69 (70).

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46

Aufklärung auf die Moralisierung des Menschen ab, wodurch Aufklärung und Pädagogik

(Erziehung) identisch sind.53

Denn die Aufforderung von Kant lautet, dass der Mensch Mut haben solle, sich seines

eigenen Verstandes zu bedienen, sodass der/die BürgerIn über geistige, politische und

soziale Mündigkeit verfügt. Nur durch die ständige Benutzung des Verstandes könne einer

selbstverschuldeten Unmündigkeit entgegengewirkt werden.54

In diesem Punkt ist auf die Parallelität zum Höhlengleichnis von Platon zu verweisen, in

dem der Mensch aus Bequemlichkeit, Faulheit und aufgrund des damit einhergehenden

Schmerzes die Höhle nicht verlässt. Nach Kant ist die anthropologische Unterscheidung

zwischen Mensch und Tier dadurch gegeben, dass das Tier instinktiv durch „fremde

Vernunft“ handelt. Hingegen ist der Mensch vorerst instinktarm, muss seine Anlagen

durch Vernunft entwickeln und als einziges Geschöpf erzogen werden.55

Nieser beschreibt den Übergang von der Aufklärung zum Neuhumanismus

folgendermaßen:

„Mit dem Bildungsbegriff, wie ihn die deutsche Spätaufklärung entwickelt und

wie er den Übergang zum Neuhumanismus bestimmt, wird die Selbsttätigkeit

aller menschlichen Kräfte und die Selbstentwicklung der Individuen ganz in den

Vordergrund gerückt und in Erziehung und Aufklärung werden nur noch Mittel

gesehen, dieses Ziel, die Bildung, zu verwirklichen.“56

Wilhelm von Humboldt prägte den deutschen Bildungsbegriff im Neuhumanismus und

stellt den Menschen in den Mittelpunkt, der durch die Auseinandersetzung mit seiner

Umwelt Bildung erlangt. Die Bildungsinstitutionen selbst rücken in den Hintergrund. Denn

grundsätzlich hat jeder Mensch das Bedürfnis, sich zu bilden, um die Persönlichkeit zu

vervollkommnen und Individualität zu erlangen. Für Humboldt liegt der wahre Zweck des

Menschen in der höchsten proportionierlichsten Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen.

53

Schwarz, G., Kants Idee der Erziehung als Aufklärung des Menschen zu dessen Göttlichkeit. Kommentar zu Volker Ladenthin: Ist Aufklärung pädagogisch wertvoll? Bildung nach Kant, in: Kaplow, I. (Hrsg.), Nach Kant: Erbe und Kritik (2005) 84 (85). 54

Kant, I., Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung, in: von Weischedel, W. (Hrsg.), Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik 1 (1977 [1783]) 53 f. 55

Schwarte, J., Der werdende Mensch. Persönlichkeitsentwicklung und Gesellschaft heute (2002) 120. 56

Nieser, B., Aufklärung und Bildung: Studien zur Entstehung und gesellschaftlichen Bedeutung von Bildungskonzeption in Frankreich und Deutschland im Jahrhundert der Aufklärung (1992) 22.

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47

Dies bedeutet, dass alle Fächer Relevanz besitzen und Spezialisierungen vermieden

werden sollten.

Zudem bemüht sich das Bürgertum aufgrund des beginnenden Industriezeitalters in der

noch ständisch geprägten Gesellschaft des 18. und 19. Jahrhunderts um Emanzipation

und Selbstermächtigung.57 Lenz stellt diesen geschichtlichen Verlauf des Bildungsbegriffes

folgendermaßen dar:

„Das Bürgertum wollte sich Macht und Einfluss aufgrund eigener Leistung und

eigenständiger Bildung, nicht aber durch den ‚Adel des Blutes‘, nämlich durch

Vererbung, erwerben und sichern. Für die Arbeiterschaft des 19. Jahrhunderts sollte

Bildung ermöglichen, die Lebensverhältnisse zu verbessern, indem sie sich mit

kämpferischem Bewusstsein und verlässlichem Wissen aus der Abhängigkeit

emanzipierte.“58

Voraussetzung für diese Form einer umfassenden Bildung ist Freiheit, wobei Humboldt

den freien Zugang zur Allgemeinbildung, unabhängig von sozialer Herkunft oder

Schichtzugehörigkeit, verlangt.59

Klafki differenziert im 20. Jahrhundert zwischen materialer und formaler Bildung.

Materiale Bildung, d.h. der bildungstheoretische Objektivismus, enthält Inhalte, die

der/die Lernende aufgrund ihrer Wichtigkeit unbedingt lernen muss. Die Inhalte sind

gleichbedeutend mit den objektiven Inhalten der Kultur.

Die formale Bildung fokussiert auf das Subjekt, wobei Klafki wiederum eine Unterteilung

zwischen einer Theorie der funktionalen und der methodischen Bildung vornimmt. Die

funktionale Theorie stellt die „Formung, Entwicklung, Reifung von körperlichen,

seelischen und geistigen Kräften“60 in den Vordergrund, während die methodische

Theorie Bildung dadurch kategorisiert, Denkweisen, Gefühlskategorien und

Wertmaßstäbe zu gewinnen und zu beherrschen. Demnach muss der/die Lernende über

Methoden verfügen, wie er/sie sich Inhalte aneignet.61 Die zuletzt genannte Theorie der

57

Lederer, B., Kompetenz oder Bildung 39, 199 f. 58

Lenz, W., Sozialkapital statt Bildung?, Zeitschrift Umwelt & Bildung 2007, H. 4, 15 (16). 59

Humboldt von, W., Schriften zur Anthropologie und Bildungslehre, in: Flitner, A. (Hrsg.), Wilhelm von Humboldt (1984) 28 f. 60

Klafki, W., Studien zur Bildungstheorie und Didaktik (1975) 33. 61

Klafki, W., Studien zur Bildungstheorie und Didaktik 28 ff.

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48

methodischen Bildung ist ebenfalls zentral für die vorliegende Arbeit, zumal

unterschiedliche Handlungskompetenzmodelle62 die methodische Kompetenz beinhalten.

Unter Bezugnahme auf Comenius und Kant geht Klafki von einer Allgemeinbildung aus,

die drei Grundfähigkeiten einbezieht.

1. Selbstbestimmung umfasst die Fähigkeit, dass jede(r) eigenständig über seine/ihre

individuellen Lebensbeziehungen und Sinndeutungen zwischenmenschlicher,

beruflicher, ethischer und religiöser Art bestimmen kann.

2. Die Mitbestimmungsfähigkeit impliziert, dass jede(r) sowohl den Anspruch als

auch die Möglichkeit und Verantwortung hat, die gemeinsamen kulturellen,

gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse mitzugestalten und sich daran aktiv

zu beteiligen.

3. Solidaritätsfähigkeit steht im Konnex zu den ersten beiden Fähigkeiten. Um den

Anspruch auf Selbstbestimmung und Mitbestimmung zu rechtfertigen, muss das

Individuum versuchen, für die Rechte jener einzutreten, die über diese Rechte

nicht verfügen.

Als Entwickler des ersten deutschen Kompetenzmodells zählt Klafki Kritikbereitschaft und

-fähigkeit, Argumentationsbereitschaft und -fähigkeit sowie Empathie und die Fähigkeit

zu vernetztem Denken zur Allgemeinbildung.63

Abschließend ist ein Bildungsverständnis festzustellen, das unter Einbeziehung des

Humboldt’schen Bildungsverständnisses die Theorie der „kategorialen Bildung“

hervorgebracht hat. Die „kategoriale Bildung“ schließt gesellschaftliche Verantwortung

des sich bildenden und lernenden Menschen ein.

Wie der geschichtliche Abriss zeigt, gestaltet es sich schwierig, eine einheitliche Definition

von Bildung zu nennen. Lenzen orientiert sich bei seiner Begriffsklärung an fünf

Dimensionen:

1. Bildung als individueller Bestand

Die Eigenschaften des/der Gebildeten werden in der Bildung als individueller Bestand

bezeichnet. Folglich ist es das Resultat eines individuellen Bildungserwerbs. Der/Die

62

Siehe hierzu Kapitel I. 3. 63

Klafki, W., Abschied von der Aufklärung? Grundsätze eines bildungstheoretischen Gegenentwurfs, in: Krüger, H.-H. (Hrsg.), Abschied von der Aufklärung? Perspektiven der Erziehungswissenschaft (1990) 91 (93 f.).

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49

Gebildete verfügt über bestimmtes Wissen. Diese Dimension von Lenzen entspricht jener

der „materialen Bildungstheorie“ von Klafki, die vom Inhalt und Gehalt der Bildung

ausgeht. Allerdings gestalten sich die Legitimation der ausgewählten Inhalte und die

sinnvolle Anwendung derselben in konkreten Situationen problematisch.

2. Bildung als individuelles Vermögen

Unter Bildung als individuelles Vermögen sind Kräfte, Kompetenzen, Qualifikationen,

Vermögen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Verfahren zu subsumieren, durch die der

Mensch befähigt wird, sich zu bilden. Zu kritisieren ist in diesem Zusammenhang der

lückenhafte Transfer formaler Kompetenzen auf andere Inhalte. Um die

Gegenüberstellung und Kritik zwischen formaler und materialer Bildungstheorie zu

entschärfen, entwickelte Klafki die oben genannte kategoriale Bildung.

3. Bildung als individueller Prozess

Bildung als individueller Prozess weist auf den dynamischen Prozesscharakter von Bildung

hin und geht von einem permanenten Bewegungs- und Veränderungsvorgang aus. Dieses

Momentum findet sich ebenfalls im klassischen Begriff der bildungsphilosophischen

Reflexion, der „Bildsamkeit“, bei der es sich um einen Vorläufer des „life-long-learnings“

handelt.

4. Bildung als individuelle Selbstüberschreitung und als Höherbildung der

Gattung

Bildung als individuelle Selbstüberschreitung und als Höherbildung der Gattung als vierte

Dimension des Bildungsbegriffs entspricht der säkularisierten Version der Imago

Dei-Vorstellung. Der/die Gebildete versucht, sich im Bildungsprozess schrittweise dem

göttlichen Vorbild anzunähern. Dieser Versuch ist jedoch aufgrund der Gottesähnlichkeit

des Menschen unabschließbar.

5. Bildung als Aktivität bildender Institutionen oder Personen

Die letzte Dimension stellt die Bildung als Aktivität bildender Institutionen oder Personen

dar. Bereits Schleiermacher, Humboldt und Herbart haben auf die Wichtigkeit von

bildenden Personen und Institutionen hingewiesen. Letzteren kommen

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bildungstheoretische Aufgaben zu.64 In der von Benner in den 1980er Jahren entwickelten

Bildungstheorie sind „die vorgegebenen Institutionen pädagogischen Handelns daraufhin

zu untersuchen und dahingehend zu befragen, ob und wie in ihnen die individuelle, in den

konstitutiven Prinzipien der Bildsamkeit und der Aufforderung zur Selbsttätigkeit

begründete Seite mit der gesellschaftlichen, den regulativen Prinzipien eines

nichthierarchischen Verhältnisses der Einzelpraxen ausdifferenzierter Humanität und der

Überführung gesellschaftlicher Determination in pädagogische sowie praktische

Determination verpflichteten Seite pädagogischen Handelns zusammenstimmt“65.

Unter einem aktuellen Bildungsverständnis sind alle Inhalte zu subsumieren, die ein

Mensch gewinnt, indem er sich mit Sprache, Literatur, Wissenschaft und Kunst

beschäftigt.66 Die Begrifflichkeit hat sich allerdings bis heute ihre widersprüchliche

Ambiguität bewahrt. Einerseits impliziert Bildung den Oberbegriff für alle Lehr-Lern-

Aktivitäten, die in der Arbeitswelt Relevanz besitzen, andererseits handelt es sich um den

intellektuellen und kreativen Widerstand gegen die Verzweckung des Individuums im

Arbeitsalltag. Der Mensch ist als „erziehungs- und belehrungsbedürftiges Mängelwesen“67

dazu angehalten, lebenslang zu lernen.68

Eine moderne Begriffsdefinition verlangt zweifelsohne eine Differenzierung zwischen

Qualifikation und Kompetenz. Klafki geht davon aus, dass Bildung auf dem Ideal einer

autonomen und mündigen Persönlichkeit und einer gezielten Förderung beruht. Hingegen

stellt die Qualifikation den/die Arbeitende(n) in den Mittelpunkt, der/die

arbeitsplatzspezifische Anforderungen bewältigen muss. In einem zeitgemäßen

Bildungsbegriff wird die Grenze zwischen allgemeinen und berufsspezifischen Inhalten

allerdings immer unschärfer. Dennoch ist an den historischen Bildungsbegriff anknüpfend

davon auszugehen, dass die Entfaltung des Verstandes, die moralische und praktische

Willensbildung, aber auch die Befähigung zur kritischen Reflexion und unabhängiger

Urteilsbildung dem Bildungsbegriff immanent sind. Nachdrücklich soll das Individuum

daher nicht durch fremdgesetzte Zwecke vereinnahmt werden, sondern vielmehr ist

64

Ehrenspeck, Y., Philosophische Bildungsforschung: Bildungstheorie, in: Tippelt, R./Schmidt, B. (Hrsg.), Handbuch Bildungsforschung

3 (2010) 155 (159 ff.).

65 Benner, D., Allgemeine Pädagogik (1987) 166.

66 Schwenk, B. in Lenzen, D. 208.

67 Meueler, E., Die Türen des Käfigs

2, 156.

68 Meueler, E., Die Türen des Käfigs

2, 154 ff.

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51

unter Bildung ein Grundrecht für alle zu verstehen. Die Vorstellung von „Bildung“ und

einem „gebildeten Menschen“ steht in einem engen Zusammenhang zum lebenslangen

Lernen. Während ein sozial-differenzierendes Bildungsverständnis auf Zweckrationalität

und Instrumentalität sowie einer niedrigen Bildungsbereitschaft ausgeht, erfordert der

personal-differenzierende Ansatz eine hohe Bildungsbereitschaft und ist durch zweckfreie

persönliche Charakteristika gekennzeichnet.69

1.5.2. Qualifikation

Die (Schlüssel-)Qualifikations-Kompetenz-Diskussion ist komplex und vielschichtig. In den

1970er Jahren stand der Qualifikationsansatz im Vordergrund, wonach Qualifikationen

objektiv bestimmbare Erwartungen sind, die einerseits aus der Arbeitswelt resultieren

und andererseits als Grundlage für die Berufserziehung dienen. Demzufolge ist der

Qualifikationsbegriff enger als der Bildungsbegriff ausgestaltet, da er rein auf die Arbeit

orientiert ist. Qualifikationen sind auf die Erfüllung von bestimmten Zwecken gerichtet

und folglich fremdorganisiert. Sie sind objektbezogen, d.h. auf die Erfüllung einer

konkreten Nachfrage bzw. Anforderung sowie auf tätigkeitsbezogene Kenntnisse,

Fähigkeiten und Fertigkeiten gerichtet. Bei Qualifikationen handelt es sich um Elemente

individueller Fähigkeiten, die rechtsförmig zertifiziert werden können.70 Doch merkte

Mertens bereits 1974 an, dass die Bevölkerung eine gewisse „Anpassungsfähigkeit an

nicht Prognostizierbares“71 entwickeln müsse, um sich entsprechende Qualifikationen für

die Berufstätigkeit anzueignen.

Sloane et al. definieren Qualifikation als „Bezeichnungen für von Mitarbeitern (aber ggf.

auch von Maschinen oder Software) zu erfüllende Arbeitsaufgaben, werden also als

Qualifikationsanforderungen gedeutet“72. Jene enge Begriffsdefinition impliziert

Anforderungen aus der Arbeitswelt sowie die Bewältigung bestimmter Arbeitssituationen.

Weinberg geht einen Schritt weiter und knüpft daran an, dass Qualifikationen als

69

Tippelt, R./Schmidt, B., Zeitgemäße Bildung: Anregungen zum Diskurs aus bildungs- und lerntheoretischer Sicht, in: Otto, H.-U./Oelkers, J. (Hrsg.), Zeitgemäße Bildung. Herausforderung für Erziehungswissenschaft und Bildungspolitik (2006) 37 (37 f.). 70

Arnold, R., Qualifikation, in: Arnold, R./Nolda, S./Nuissl, E. (Hrsg.), Wörterbuch der Erwachsenenbildung2

(2010) 251 (252). 71

Mertens, D., Schlüsselqualifikationen – Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft, in: Allmendinger et al. (Hrsg.), Mitteilungen aus der Arbeits- und Berufsforschung. 7. Jahrgang (1974) 36 (39). 72

Sloane, P./Twardy, M./Buschfeld, D., Einführung in die Wirtschaftspädagogik2 (2004) 108.

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52

Essentialia für das Berufsleben durch ein Zeugnis oder Zertifikat73 bescheinigt werden

müssen.74 Die berufliche Zukunft sei ohne qualifizierenden Abschluss verbaut.75 Franzke

schafft einen erweiterten Qualifikationsbegriff. Denn in der Art und im Inhalt der

Anforderungen ist zwischen fachlichen, sozialen, politischen und gesellschaftlichen

Qualifikationen einerseits und prozessgebundenen, prozessunabhängigen, funktionalen

und innovatorischen Qualifikationen andererseits zu unterscheiden. Ebenfalls sind jene

Fähigkeiten der ArbeitnehmerInnen erfasst, die Verwendungssituation der

Qualifikationen mitzubestimmen.76

Um eine Annäherung des Qualifikationsbegriffes an den Bildungsgedanken

nachvollziehen zu können und nicht zu sehr auf den Anwendungsbezug zu fokussieren,

wurde der Begriff der Schlüsselqualifikation in die Qualifikationsdebatte eingefüht.77

Diesen prägte Mertens, der Kompetenzen aus einer berufspädagogischen Perspektive als

Schlüsselqualifikationen bezeichnete. Er nimmt eine Unterteilung zwischen

Basisqualifikation, Horizontalqualifikation, Breitenelementen und Vintage-Faktoren vor.

Basisqualifikationen sind Qualifikationen höherer Ordnung und umfassen ein breites

Spektrum vertikalen Transfers. Zu diesen zählt Mertens das logische, analytische,

kritische, strukturierende, dispositive, kooperative, konstruktive, konzeptionelle,

dezisionistische, kreative und kontextuelle Denken sowie die Lernfähigkeit.

Horizontalqualifikationen dienen zur Gewinnung, zur Verarbeitung und zum Verständnis

von Informationen. Zentral ist daher zu wissen, wo Informationen zu finden sind.

Breitenelemente beinhalten ubiquitäre Ausbildungselemente, beispielsweise

Computerkenntnisse, die in vielen Tätigkeitsbereichen verlangt werden. Vintage-Faktoren

heben generationsbedingte Bildungsdifferenzen auf (z.B. Differenzen zwischen Jüngeren

und Älteren aufgrund der Weiterentwicklung der Schullehrpläne).78

73

Zur Zertifizierung von ErwachsenbildnerInnen siehe ausführlich Gruber, E./Wiesner, G. (Hrsg.), Erwachsenenpädagogische Kompetenzen stärken. Kompetenzbilanzierung für Weiterbildner/-innen (2012). 74

Weinberg, J., Kompetenzerwerb in der Erwachsenenbildung, Hessische Blätter für Volksbildung 46/1996, H. 3, 209 (213). 75

Beck, U., Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne (1986) 244. 76

Franzke, R., Qualifikation – Qualifikationsforschung, in: Lenzen, D. (Hrsg.), Pädagogische Grundbegriffe7,

Band 2 (2005) 1290 (1290). 77

Gonon, Ph./Kraus, K., Gegenstand, in: Fuhr, Th./Gonon, Ph./Hof, C. (Hrsg.) Erwachsenenbildung - Weiterbildung. Handbuch der Erziehungswissenschaft 4 (2011) 35 (44 f.). 78

Mertens, D. in Allmendinger, J. et al. 41 f.

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53

Darüber hinaus entwickelte Oskar Negt ein gesellschaftskritisches

Schlüsselqualifikationskonzept, indem er von der Fragestellung ausgeht, was Menschen

wissen müssen, damit sie die heutige Krisensituation begreifen und ihre

Lebensbedingungen in solidarischer Kooperation mit anderen verbessern können. Zur

Einübung formuliert er die sechs gesellschaftlichen Schlüsselqualifikationen

Identitätskompetenz, technologische Kompetenz, Gerechtigkeitskompetenz,

ökologische, historische und ökonomische Kompetenz. Negt vermischt die

Begrifflichkeiten Schlüsselqualifikation und Kompetenz und sein Verständnis ist deutlich

politisch motiviert.79

Um nationale und sektorale Qualifikationsrahmen und -systeme vergleichen zu können

und die Transparenz sowie die Anerkennung von Qualifikationen von EU-BürgerInnen zu

erleichtern, trat im April 2009 auf Empfehlung des Europäischen Parlaments und des

Rates der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) in Kraft. Zur Beschreibung von

Qualifikationen dienen Lernergebnisse (learning outcomes). Die Europäische Kommission

begründet den Aufbau des EQR u.a. damit, dass die Transparenz von formellen und

informellen Lernprozessen gesteigert werden soll, die Durchlässigkeit innerhalb der

einzelnen Bildungssysteme erhöht wird, eine Förderung der Mobilität im Bildungs- und

Berufssystem stattfindet, informelles Lernen aufgewertet wird, Vertrauen zwischen den

BildungsanbieterInnen und -nachfragerInnen aufgebaut und die Qualität der beruflichen

Bildung erhöht wird.

Der EQR und der NQR umfassen das gesamte Bildungs- und Qualifizierungssystem. Beim

EQR ist die Gliederung von allgemeiner bzw. beruflicher Aus- und Weiterbildung,

universitärer Bildung sowie nicht formaler und informeller Bildung an acht

Referenzniveaus gebunden, wobei ein Kreditpunktesystem beachtet werden muss. Die

acht Niveaus (Levels) dienen zur Anrechnung in allen Bildungsbereichen und -prozessen

im In- und Ausland.80

In Anlehnung an den EQR entwickelte Österreich den NQR, der als Ziele u.a. die

Transparenz, die Stärkung am Arbeitsmarkt und die Durchlässigkeit des Bildungssystems

79

Negt, O., Kindheit und Schule in einer Welt der Umbrüche (Göttingen 1997) 210 ff., 227 ff., 232 ff. 80

Europäisches Parlament/Rat, Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Errichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen. Amtsblatt der Europäischen Union (2008) 5 ff.

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54

enthält. Der NQR besteht aus acht Niveaus, 24 Deskriptoren und drei Korridoren. Die

Niveaus enthalten die Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen des bzw. der

niedrigeren Niveaus. Die 24 Deskriptoren beschreiben wiederum die Lernniveaus. Die

NQR Tabelle, die aus den Niveaus und Deskriptoren besteht, lehnt sich an die

Deskriptoren des EQR an und wird durch die österreichspezifischen Erläuterungen

ergänzt. Durch den NQR werden keine Kompetenzen oder Personen, sondern

Qualifikationen zugeordnet. Die Zuordnung erfolgt auf der Grundlage von verschiedenen

Prinzipien:81

Prinzip des best-fit: ganzheitliche Betrachtung der Beschreibungen der

Lernergebnisse im jeweiligen Niveau;82

Prinzip der Gleichwertigkeit: gleichwertige Einstufung hinsichtlich des Umfangs,

der Dauer, der Form und des Zwecks;

Formale Qualifikationsabschlüsse: direkte Verankerung im NQR.83

Erst kürzlich konnte der NQR in Österreich in ein rechtliches Korsett gegossen werden,

denn das NQR-Gesetz84 trat am 15. März 2016 in Kraft. Dieses regelt gem. § 1 die

Zuordnung von österreichischen Qualifikationen zu einem Qualifikationsniveau des NQR

und schafft die Möglichkeit, diese Zuordnung in einem allgemein zugänglichen Register zu

veröffentlichen. Die OeAD-GmbH übt als NQR-Koordinierungsstelle ausschließlich diese

herausfordernde Aufgabe (§ 4 NQR-Gesetz) aus, die einen Beirat mit sieben

ausgewiesenen ExpertInnen aus dem Gesundheitswesen, der Berufspraxis, sowie der

Aus-, Fort- und Weiterbildung einrichtet (§ 6 NQR-Gesetz). Zusätzlich schafft das Gesetz

eine NQR-Steuerungsgruppe, die u.a. die für Qualifikationen zuständigen staatlichen

Behörde berät (§ 7 NQR-Gesetz). Die dritte Institution sind NQR-Servicestellen, die auf

Vorschlag der NQR-Steuerungsgruppe ermächtigt werden (§ 7 Abs. Z. 6 NQR-Gesetz) und

auf Initiative von Anbietern von nicht-formalen Qualifikationen im Zuordnungsprozess

und bei der Einbringung von Zuordnungsersuchen unterstützend tätig sind (§§ 2 Abs. 8, 9

NQR-Gesetz).

81

BMUKK/BMWF, Konsultationspapier – Nationaler Qualifikationsrahmen für Österreich (2008) 7 f., 17 ff. 82

Luomi-Messerer, K., Materialien und Überlegungen zur Gestaltung der Deskriptoren des NQR in Österreich (2009) 10. 83

BMUKK/BMWF, Konsultationspapier – Nationaler Qualifikationsrahmen für Österreich 17; BMUKK/BMWF, Aufbau eines Nationalen Qualifikationsrahmens in Österreich. Schlussfolgerungen, Grundeinschätzungen und Maßnahmen nach Abschluss des NQR Konsultationsverfahrens (2009) 6. 84

Bundesgesetz über den Nationalen Qualifikationsrahmen – NQR-Gesetz, BGBl I 14/2016.

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§§ 8 und 9 NQR-Gesetz regeln das Zuordnungverfahren von formalen und nicht-formalen

Qualifikationen detaillierter. Ein NQR-Handbuch, das in einer Erstversion besteht,

erleichtert zukünftig die Formulierung und Bearbeitung von Zuordnungsersuchen

(§ 10 NQR-Gesetz).85

Mayr/Tritscher-Archan stellen das Zuordnungsverfahren zur leichteren Verständlichkeit

graphisch dar.

Abbildung 14: Zuordnungsverfahren nach dem NQR-Gesetz.86

Da – wie aufgezeigt – Qualifikation im engen Zusammenhang mit Qualifizierung steht,

stellt sie im Gegensatz zum Bildungsbegriff einen direkten Anwendungsbezug her.87 Durch

den stetigen Wandel relevanter Qualifikationen am Arbeitsmarkt kann es bisweilen dazu

kommen, dass vormals wesentliche Qualifikationen nicht mehr gefragt sind. Im Gegensatz

dazu steht der Bildungsbegriff, der das Subjekt in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt.

85

ErläutRV 999 BlgNR 25 GP 2 ff. 86

Mayr, T./Tritscher-Archan, S., Der Nationale Qualifikationsrahmen in Österreich, ibw aktuell 2016, H. 19, 1 (6). 87

Gonon, Ph./Kraus, K., in Fuhr, T./Gonon, Ph./Hof, C. 44.

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56

Demnach ist der/die Lernende der zentrale Bezugspunkt pädagogischen Denkens und

Handelns.88

1.5.3. Kompetenz

In den 1980er Jahren folgte auf den Qualifikationsbegriff ein „Siegeszug“ des

Schlüsselqualifikationskonzepts. Zu Beginn der 1990er Jahre bemerkt Reinisch ein

„unreflektiertes ‚harmonisches Miteinander‘ von Kompetenz, Qualifikation und

Bildung“89, dem eine Dominanz des Kompetenzbegriffs ab der Mitte der 1990er Jahre

folgte. Im Gegensatz zum Qualifikationsbegriff ist der Subjektbezug ein charakteristisches

Merkmal des Kompetenzbegriffes. Das Individuum verfügt demnach über eine

individuelle Stärke, die es in neuen Situationen anwendet. In diesem Zusammenhang

richtet sich der Fokus nicht verstärkt auf Qualifikationen, sondern der

Kompetenzentwicklungsbegriff rückt mehr und mehr in den Vordergrund.

Der Begriff Kompetenz leitet sich vom lateinischen Verb „competere“ sowie vom Nomen

„competentia“ ab und bedeutet einerseits „zusammentreffen“ andererseits auch

„geeignet“ und „fähig sein“. Demnach handelt es sich um eine begriffliche Ambiguität, die

einen intersubjektiv-juristischen und einen pädagogischen Kompetenzbegriff beinhaltet.

Ersterer umfasste im römischen Recht die „Zuständigkeit“ und „Rechtmäßigkeit“ und

entwickelte sich zur klaren Zuschreibung von Rechten und Pflichten bzw. Zuständigkeiten

an Staatsorgane. In der Psychologie, aber auch in den Erziehungswissenschaften, der

Soziologie und den Kommunikationswissenschaften entspricht Kompetenz zurückgehend

auf den Psychologen Robert W. White der „Fähigkeit“ bzw. dem „geeignet sein“.90

White führte den Terminus in der Motivationspsychologie für spezifische, motivational

induzierte Lernprozesse ein, die das Individuum selbstorgansiert hervorbringt und die

weder angeboren noch durch Reifung bedingt sind. Demzufolge ist Kompetenz die

88

Reinisch, H., Kompetenz, Qualifikation und Bildung: Zum Diskurs über die begriffliche Fassung von Zielvorgaben für Lernprozesse, in: Minnameier, G./Wuttke, E. (Hrsg.), Berufs- und wirtschaftspädagogische Grundlagenforschung. Lehr-Lern Prozesse und Kompetenzdiagnostik. Festschrift für Beck, K. (2006) 259 (259); Gnahs, D., Kompetenzen – Erwerb, Erfassung, Instrumente (2010); Gnahs, D., Studientexte für Erwachsenenbildung: Kompetenzen – Erwerb, Erfassung, Instrumente (2007); Wittwer, W., Kompetenzentwicklung – Individualisierung oder Normierung?, in: Niedermair, G. (Hrsg.), Kompetenzen entwickeln, messen und bewerten (2012) 81-99. 89

Reinisch, H. in Minnameier, G./Wuttke, E. 263. 90

Brohm, M., Sozialkompetenz und Schule (2009 )15 f.

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57

Voraussetzung für Handlungen, die ein Individuum durch die selbstmotivierte Interaktion

mit seiner Umwelt setzt.91 Chomsky geht noch einen Schritt weiter und grenzt die

Kompetenz, d.h. die Fähigkeit, über situationsangemessene Sprachmuster zu verfügen,

von der Performanz ab. Letztere drückt sich dadurch aus, dass das Individuum korrekte

Äußerungen tätigen kann.92

In der heutigen Berufswelt muss das Individuum über ein Konglomerat von Kompetenzen,

sog. Handlungskompetenzen, verfügen, die Ausgangspunkt des Dissertationsprojektes

sind.

Bei der Kompetenzdiskussion ist insbesondere eine Abgrenzung zwischen Linguistik und

pädagogischer Psychologie vorzunehmen. Während in der Linguistik die Modelle von

Chomsky (Kompetenz – Performanz) und de Saussure (Langue – Parole) abzuhandeln sind,

gilt es in der pädagogischen Psychologie zwischen der Didaktik von Klafki (kategoriale

Bildung93), der Psychologie von Piaget (Lern- und Entwicklungsstufen) und der Pädagogik

von Roth (Selbst-, Sach- und Sozialkompetenz) zu differenzieren.

Was gegenwärtig als Handlungskompetenz bezeichnet wird, könnte mit den Worten von

Foucault als „régime of truth“94, d.h. als Wahrheitsregime, bezeichnet werden.

Demzufolge besteht eine Vorstellung davon, wie ein Individuum gebildet sein muss,

welche Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse es besitzen muss und wann ein(e)

Handelnde(r) ein kompetentes Subjekt ist.95

Roth führte den Begriff der Handlungskompetenz in den 70er Jahren in die

Erziehungswissenschaften ein und plädierte bereits in seiner Antrittsvorlesung für eine

realistische Wendung in der erziehungswissenschaftlichen Forschung mit dem Ziel der

Mündigkeit des Individuums.96

91

White, R. W., Motivation reconsidered: The concept of competence, Psychological Review 1959, 66, 297-333. 92

Chomsky, N., Sprache und Geist (1968) 4. 93

Siehe hierzu Kapitel I. 1.6.1. 94

Foucault, M., Power/Knowledge: Selected Interviews and Other Writings (1980) 131. 95

Thoma, M., Entwürfe des wirtschaftspädagogischen Subjekts (2011) 83. 96

Roth, H., Pädagogische Anthropologie. Bildsamkeit und Bestimmung3, Band 1 (1971) 389 f.

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58

Mündigkeit entsteht Roth zufolge durch das Zusammenwirken von drei Komponenten:

das sacheinsichtige Verhalten und Handeln (Sachkompetenz und intellektuelle

Kompetenz),

das sozialeinsichtige Verhalten (Sozialkompetenz und soziale Mündigkeit),

das werteinsichtige Verhalten (Selbstkompetenz und moralische Mündigkeit)97.

Sachkompetenz:

Das Erlernen von sacheinsichtigem Verhalten und Handeln bedeutet für Roth

Sachkompetenz. Der Weg zur Erreichung jener intellektuellen Mündigkeit verläuft auf

entwicklungspsychologischen Stufen, die vom Spiel (Ausprobieren, Hantieren) über die

Sacheinsicht und das kausale, sachbezügliche Denken schließlich zu einem systematischen

Lernprozess führen.98

Sozialkompetenz:

Zentral für die Sozialkompetenz99 ist nicht die kognitve Entwicklung, die im Mittelpunkt

der Sachkompetenz steht, sondern die soziale Entwicklung. Beide Kompetenzen können

nicht getrennt voneinander betrachtet werden, sondern idealiter besteht ein

Gleichgewichtszustand. Roth hebt für sozialeinsichtiges Verhalten Situationen heraus, in

denen das Individuum fähig ist, in Konflikten adäquat zu reagieren, Alternativen zu

erkennen und Lösungen vorzuschlagen. Das Entwicklungs- und Erziehungsziel ist es daher,

Offenheit und Sensibilität sowohl für soziale Fragen als auch für sozialen Wandel zu

erreichen. Kritisches und kreatives Sozialverhalten durch eigene Einsichtsfähigkeit steht

demzufolge auf einer Stufe mit der Selbst- und Sachkompetenz.100

Kritisch äußert sich Krautz zu der gebräuchlichen Definiton von sozialer Kompetenz, die

schlicht die Fähigkeit beinhaltet, mit zwischenmenschlichen Situationen

zurechtzukommen. Denn vergleichend mit einem Theater der Masken würde eine Person

nur noch für jede Lebenslage die passende Rolle spielen und ist dadurch in Bauteile

97

Roth, H., Pädagogische Anthropologie. Entwicklung und Erziehung2, Band 2 (1976) 448.

98 Roth, H., Pädagogische Anthropologie

3, Band 1, 458 ff.

99 Vgl. ausführlich Euler, D., Sozialkompetenzen bestimmen, fördern und prüfen. Band 1 (2004); Kanning, U.,

Soziale Kompetenz - Definition, Strukturen und Prozesse, Zeitschrift für Psychologie 2002, 210 (4), 154-163. Kanning, U., Diagnostik sozialer Kompetenzen. Band 4 (2003); Kanning, U., Soziale Kompetenzen (2005). 100

Roth, H., Pädagogische Anthropologie3, Band 1, 477 f.

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59

zerlegbar, handhabbar und verfügbar.101 Euler/Bauer-Kelbl präzisieren den Terminus

weiter und definieren Sozialkompetenz als „Disposition zur zielgerichteten Interaktion mit

anderen Menschen über sachliche, soziale oder persönliche Themen in spezifischen

Typen von Situationen“102.

Selbstkompetenz:

Anknüpfend an die moralische Entwicklung umfasst Selbstkompetenz das „Erlernen von

werteinsichtigem Verhalten und Handeln“. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass der/die

Handelnde in zugespitzten Konfliktsituationen selbstbestimmt und eigenverantwortlich

seine/ihre Entscheidungen trifft. Zur Veranschaulichung von Selbstbehauptung und

Selbstverlust greift Roth ein Beispiel des Psychoanalytikers Bettelheim auf, der Gefangene

in Konzentrationslagern beschreibt, die sich durch eine hohe Selbstbehauptungsleistung

auszeichnen. Als Gegenpol nennt er Gefangene, die sich selbst und ihre Werte verloren

hätten, und infolge dessen auch früher gestorben sind.103 Roth zieht aus dieser

Darstellung den Schluss, dass zur Verteidigung der demokratischen Lebensform eine

Erziehung zur Selbstbestimmung unerlässlich ist, denn der moralische Kern des Menschen

ist, wie beispielsweise das Stanford-Prison-Experiment oder das Milgram-Experiment

zeigen, lediglich schwach ausgeprägt. Selbstverantwortliches Handeln bedingt daher, sich

einerseits zu wehren, andererseits Konflikte gegen den Druck anderer auszutragen.104

Nach der Präzisierung ist ein Beispiel anzuführen, wie diese in einem spezifischen

beruflichen Situationskontext zusammenspielen. Eine Kundenberaterin in einer Bank

sollte die Anlageformen im Bankgeschäft unterscheiden können (Sachkompetenz), in

einem Gespräch einen Kunden gut beraten (Sozialkompetenz) und selbstständig zu

Angeboten von WettbewerberInnen recherchieren (Selbstkompetenz). Die genannten

Kompetenzen können jeweils in drei Handlungsdimensionen differenziert werden.

101

Krautz, J., Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie2

, 127 f. 102

Euler, D./Bauer-Klebl, A., Bestimmung und Präzisierung von Sozialkompetenzen. Theoretische Fundierung und Anwendung für die Curriculumsentwicklung, Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik 2008, 104 (1) 16 (16). 103

Roth, H., Pädagogische Anthropologie3, Band 1, 539 ff.

104 Roth, H., Pädagogische Anthropologie

3, Band 1, 553 f.

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60

Handlungsdimensionen Handlungskompetenzbereiche

Erkennen (Wissen)

Werten (Einstellungen)

Können (Fertigkeiten)

Sachkompetenzen Umgang mit Sachen (z.B. Anlageform, IT-Anwendungsprogramm)

Sozialkompetenzen Umgang mit anderen Menschen (KundInnen, KollegInnen, Vorgesetzten)

Selbstkompetenzen Umgang mit eigener Person (z.B. Lernen, Emotionen, Moral)

Tabelle 4: Handlungskompetenzbereiche und Handlungsdimensionen.105

Kognitive Handlungsschwerpunkte dominieren in der Dimension des Erkennens bzw.

Wissens, die sich durch Verstehen, Analysieren oder Evaluieren ausdrückt. Bei der

Dimension Werte bzw. Einstellungen stehen die affektiven und moralischen

Handlungsschwerpunkte, d.h. die Zustände des Individuums gegenüber Objekten,

Personen und Ideen, im Vordergrund. Das handhabend gestaltende Wirken impliziert die

Dimension des Könnens bzw. der Fertigkeiten. Als Beispiel ist die effektive Gestaltung

oder Veränderung der Beziehung zu einer anderen Persönlichkeit unter Einsatz von

spezifischen Techniken zu nennen.106

Krautz bezeichnet Kompetenz als innere Ökonomisierung der Bildung und erklärt die

Durchsetzung des Kompetenzbegriffs in der Wissenschaft und Öffentlichkeit damit, dass

Bildung in klar definierten Einheiten messbar sein soll. Denn das Zusammenaddieren von

Kompetenzen reicht nicht aus, um Bildung zu erreichen. Vielmehr handelt es sich um

einen ganzheitlichen Prozess. Schon allein der Bedeutungswandel des Kompetenzbegriffs

ist eindrucksvoll. Bezeichnete dieser früher noch eine amtliche Zuständigkeit eines

öffentlichen Organs der Justiz oder Verwaltung, sind es heute fachliche Fähigkeiten,

persönliche Einstellungen, Haltungen, Wertvorstellungen und Verhaltensweisen, d.h.

Kompetenz zielt auf die ganze Person ab. Der Kompetenzbegriff umfasst eine „angelegte,

spezialisierte und durch Zeit begrenzte Fähigkeit und Zuständigkeit eines Organismus“107.

Im Gegensatz zur Qualifikation als fachliche Fähigkeit beinhaltet Kompetenz

selbstmotivierte Entwicklung.

105

Euler, D., Von der programmatischen Formel zum didaktischen Konzept: Sozialkompetenzen präzisieren, fördern und beurteilen, in: Niedermayr, G. (Hrsg.), Kompetenzen entwickeln, messen und bewerten (2012) 183 (184). 106

Euler, D. in Niedermayr, G. 184 f. 107

Krautz, J., Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie2, 126.

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So formuliert Weinert Kompetenz als

„die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten

und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen

motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die

Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll

nutzen zu können“108.

Bei dieser Definition fällt auf, dass Wissen und Können alleine nicht ausreichen, sondern

auch die Motivation und der Wille als innere persönliche Einstellungen dem

Kompetenzbegriff immanent sind. Dabei fällt auf, dass die Zahl der möglichen

Kompetenzen unendlich ist, weshalb Krautz ironisch die Wortkreationen

„Günstigaberguteinkaufkompetenz“, die „Sonderangebotvergleichkompetenz“ schafft.

Daraus folgt, dass sich jedes menschlichen Denken und Handeln in einer Kompetenz

ausdrückt, die wiederum erfasst und antrainiert werden kann.109

Die Vorstellungen von Foucault und Roth haben sich in den letzten Jahrzehnten immer

wieder gewandelt, wobei Handlungskompetenz sowohl im privaten als auch im

beruflichen Kontext von Relevanz ist. Sich wandelnde Kontexte in der Arbeitswelt führen

dazu, dass Unternehmen von akademischen StellenwerberInnen vielfältige Fähigkeiten,

Fertigkeiten und Kenntnisse in unterschiedlichen Bereichen erwarten und voraussetzen.

Dadurch bedingt müssen diese hohe Erwartungen erfüllen und können sich nicht

automatisch darauf verlassen, dass eine universitäre Ausbildung die Eintrittskarte für eine

beruflich erfolgreiche Karriere ist.

Stellenanzeigen beinhalten nicht nur fachliche Kompetenzen als Anforderung an

AkademikerInnen, sondern verweisen zweifelsohne auch auf methodische und soziale

Kompetenzen. Mitbedacht werden muss ferner, dass das lebenslange Lernen an diesem

Scheidepunkt nicht endet, sondern ArbeitnehmerInnen häufig interne

Weiterbildungsmaßnahmen durchlaufen können bzw. müssen. Dies lässt zu dem Schluss

kommen, dass sich ein(e) Berufstätige(r) als homo oeconomicus durch die Erweiterung

seiner Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zu einem homo competensis entwickeln

kann, um diese in weiterer Folge optimal im Unternehmen einzusetzen. Daher ist schon in 108

Weinert, F., Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbstverständlichkeit, in: Ders (Hrsg.), Leistungsmessungen in Schulen

3 (2014) 17 (27 f.).

109 Krautz, J., Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie

2, 126 f.

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der universitären Ausbildung anzusetzen und zu hinterfragen, über welche Kompetenzen

UniversitätsabsolventInnen verfügen sollten, um in der Arbeitswelt, in der

gesellschaftlichen Teilhabe und im individuellen Lebensbereich „erfolgreich“ zu sein.110

Rosenstiel konstatiert, dass in vielen Personalabteilungen Kompetenz mit Wissen,

Fertigkeit, Erfahrung, Fähigkeit und Qualifikation gleichgesetzt wird. Aus einer

wissenschaftlichen Perspektive ist allerdings keine gleiche Bedeutung zu erkennen. In

einer modernen und berufsorientierten Kompetenzarchitektur ist zwischen

Metakompetenzen, Grundkompetenzen, abgeleiteten Kompetenzen und

Querschnittskompetenzen zu differenzieren. Metakompetenzen bezeichnen „Self

Awareness“ (Sich-seiner-selbst-bewusst-Sein, Selbstreflexion) und „Adaptability“

(Offenheit für und Umgang mit Neuem).111 Bei den Grundkompetenzen verweisen

AutorInnen zumindest auf fachlich-methodische und sozial-kommunikative

Kompetenzen.112 Neben diesen weisen abgeleitete Kompetenzen ein hohes

Abstraktionsniveau auf und sind in ihrer Anzahl kaum überschaubar. Abgeleitete

Kompetenzen geben an, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten zukünftige MitarbeiterInnen

aufweisen sollten. Eine übersichtliche Systematisierung entwickelten Heyse/Erpenbeck in

einem Kompetenzenatlas.113 Die gemischten abgeleiteten Kompetenzen führen als

weiterer Schritt zu den Querschnittskompetenzen, mit denen komplexe Situationen

bewältigt werden können (z.B. Führungskompetenz, Innovationskompetenz,

unternehmerische sowie interkulturelle Kompetenz).

Aus diesen unterschiedlichen Nuancen von Kompetenzen stellt sich als nächster Schritt

die Frage, was die Praxis fordert und wie eine derartige Testung in Einstellungsverfahren

erfolgt.

1.6. Zusammenfassung und kritische Würdigung

Ausgehend von Platon über Kant und Humboldt bis hin zu Klafki hat sich das Verständnis

von Bildung immer wieder gewandelt. Zu Zeiten von Comenius gibt Gott die Bildung vor,

im 18. Jahrhundert erhält das Individuum mehr Selbstverantwortung. Während Kant den

110

Sonnleitner, K., Citius, altius, fortius – schneller, höher, weiter. Kompetenzanforderungen an UniversitätsabsolventInnen, career service papers 2015, 35 (40). 111

Hall, D. T., The protean career: A quarter-century journey, Journal of Vocational Behavior 2004, 65, 1 (6 f.). 112

Siehe ferner Kapitel I. 3. 113

Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining: 64 Informations- und Trainingsprogramme (2004) XXI.

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gesellschaftlichen Nutzen von Erziehung und Bildung von jeder Persönlichkeit in das

Zentrum stellt, stehen im Neuhumanismus der Selbstzweck, die individuelle

Selbstentfaltung und die Autonomie im Vordergrund. Der funktionale Nutzen bzw. die

Verwertungsabsicht von Bildung ist zweitrangig.

Humboldt unterscheidet zwischen allgemeiner Menschenbildung und Ausbildung, wobei

das Ziel eine ganzheitliche Bildung zu einer „Einheit des Ganzen“ ist. Bildung impliziert

sowohl den beruflichen Erfolg als auch die individuelle Selbstentwicklung.

Klafki subsumiert im 20. Jahrhundert unter Allgemeinbildung die drei Grundfähigkeiten

Selbstbestimmungs-, Mitbestimmungs- und Solidaritätsfähigkeit und setzt damit einen

ersten Schritt zur Entwicklung eines deutschen Kompetenzmodells. Der Bildungsbegriff

der Gegenwart bezieht den Gebrauch der eigenen Vernunft, die Förderung der

Eigenständigkeit und die Selbstentfaltung des Individuums ein.

Enger als der Bildungsbegriff ist der Qualifikationsbegriff ausgestaltet, der sich

ausschließlich auf die berufliche Tätigkeit orientiert. In diesem Zusammenhang ist das im

März 2016 in Kraft getretene NQR-Gesetz von Relevanz, das darauf abzielt,

österreichische Qualifikationen zu einem Qualifikationsniveau des NQR zuzuordnen.

Arnold empfiehlt, sich an folgender Abgrenzung zwischen Qualifikationen und

Kompetenzen zu orientieren.

Qualifikationen … Kompetenzen …

beziehen sich auf unmittelbare tätigkeitsbezogene

Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten; beziehen sich auf die ganze Person;

beschränken sich auf die Erfüllung konkreter

Nachfragen bzw. Anforderungen, d.h. sie sind

objektbezogen;

sind subjektbezogen

(beziehen sich auf den/die jeweilige(n) LernerIn);

sind fremdorganisiert, weil auf die Erfüllung

vorgegebener Zwecke gerichtet; sind selbstorganisiert;

beziehen sich auf Elemente individueller

Fähigkeiten, die rechtsförmig zertifiziert werden

können;

umfassen die Vielfalt der unbegrenzten individuellen

Handlungsdispositionen;

orientieren sich an verwertbaren Fähigkeiten und

Fertigkeiten.

nähern sich dem klassischen Bildungsideal auf eine

neue, zeitgemäße Weise an.

Tabelle 5: Abgrenzung zwischen Qualifikationen und Kompetenzen.114

114

Arnold, R. in Arnold, R./Nolda, S./Nuissl, E. 252.

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Der letzte Punkt in der linken Spalte, d.h. die Orientierung an verwertbaren Fähigkeiten

und Fertigkeiten, rückt vom klassischen Humboldt’schen Bildungsideal ab, während sich

der Kompetenzbegriff dem klassischen Bildungsideal auf eine neue und moderne Weise

annähert. So konstatiert auch Gruschka über die Nebulosa-Numinosa Bildung und

Kompetenz, dass es sich um identische Begrifflichkeiten handelt, zumal diese auf etwas

Gemeinsames verweisen. „Kompetenzen „beschreiben“ (…) solche Fähigkeiten, die der

Bildungsbegriff „gemeint“, aber leider nicht explizit ausgesprochen, systematisch

ontogenetisch entfaltet und entsprechend operationalisiert hat.“115 Bildung und

Kompetenzerwerb sind zumeist daran gebunden, selbstbestimmt und selbstreflexiv zu

lernen. Kompetenzen beziehen sich wie Bildung auf keinen bestimmten Aufgabeninhalt

und keine enggeführte Anwendung. Beide gehen von vielfältigen Lösungen und

Entscheidungsmöglichkeiten aus. Durch neu gestellte Aufgaben muss das Individuum

weitere Kompetenzen entwickeln, wodurch sich ebenfalls ein Bildungsprozess

auszeichnet.116

Aufgrund dieser Übereinstimmung und der Kompetenzorientierung entsteht Melville

zufolge der Eindruck, mit Bildung „sei alles in bester Ordnung“. Kritisch weist er jedoch

darauf hin, dass sich das autonome Individuum im Sinne des Bildungsgedankens ständig

Evaluierungen und Standardisierungen aussetzen muss.117 Dieser Gedanke trägt dazu bei,

dass Bildung immer mehr zur Ware wird und die Ökonomisierung immer mehr Einfluss

erlangt.

Die Bildungsökonomisierung knüpft an die oben abgegrenzten Begrifflichkeiten an und ist

auf drei Dimensionen zu bearbeiten. Krautz unterscheidet zwischen der Ökonomisierung

der Bildungsinhalte, der Bildungsdienstleistungen und der Bildungsinstitutionen bzw. der

pädagogischen Beziehungen. Die inhaltliche Ökonomisierung setzt am Wissen sowie den

Kenntnissen und Fähigkeiten an, die für die Wirtschaft notwendig sind. Schon bei dieser

Dimensionen ist zu hinterfragen, ob nicht das Grundrecht auf freie Bildung der

Persönlichkeit verletzt wird.

115

Gruschka, A., Bildungsstandards oder das Versprechen, Bildungstheorie in empirischer Bildungsforschung aufzuheben, in: Pongratz, L./Reichenbach, R./Wimmer, M. (Hrsg.), Bildung – Wissen – Kompetenz (2007) 9 (15). 116

Ders in Dies 15 f. 117

Melville, G. in Schlüter, A./ Strohschneider, P. 56.

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65

Die zweite Dimension betrifft den Handel mit Bildungsdienstleistungen, denn bei einer

Betrachtung des Weiterbildungssektors wird klar, dass Einrichtungen standardisiertes und

verwertbares Wissen mit unterschiedlichen Inhalten und zu hohen bzw. sehr hohen

Preisen anbieten. Der Gewinn mit Bildung tritt in den Vordergrund.

Das Streben nach Gewinn betrifft auch die Bildungsinstitutionen sowie die Lehr- und

Lernverhältnisse als dritten Aspekt. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen müssen

universitäre Einrichtungen beachten, denn ein wechselseitiger wirtschaftlicher Nutzen

zwischen ProfessorInnen und Studierenden hat Priorität.

Aus diesen Dimensionen folgt, dass Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten einer

zwingenden industriellen Verwertbarkeit unterliegen, sodass ArbeitnehmerInnen – so

scheint es zumindest – zur ständigen Weiterbildung verpflichtet sind. Durch das

lebenslange Lernen ist der Mensch für das Unternehmen eine Kapitalanlage, die sich

durch Flexibilität auszeichnet und stets auf Veränderungen einstellen muss. Durch diesen

von Kautz beschriebenen Zwang, der jede Form von Bildung ökonomisiert, wird dem

Individuum die Freiheit genommen, wobei es zu bedenken gilt, dass Freiheit ein hohes

Gut für ArbeitnehmerInnen ist.118

Freiheit im Zusammenhang mit beruflicher Weiterbildung bzw. lebenslangem Lernen

impliziert m.E., dass jede(r) Einzelne selbst entscheiden kann, in welchen Bereichen er/sie

sich weiterbildet oder ob diese überhaupt zu einem bestimmten Zeitpunkt notwendig ist.

Wird der Mensch nur noch als Humankapital – ähnlich Maschinen und Werkzeugen, die

als Produktionsmittel dienen – betrachtet, eignet sich für eine Universität nicht mehr der

Begriff Bildungseinrichtung, sondern vielmehr die Bezeichnung „Wissensfabrik“.119

118

Krautz, J., Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie2, 111 ff.

119 Krautz, J., Ware Bildung. Schule und Universität unter dem Diktat der Ökonomie

2, 120.

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2. Überlegungen zu den rechtlichen Kontexten in der Weiterbildung

Zumal in der heutigen Arbeitswelt die Absolvierung eines Studiums im Kontext des

lebenslangen Lernens nicht mehr ausreicht, stellt der österreichische Gesetzgeber

rechtliche Möglichkeiten mit finanziellen Anreizen zur Verfügung, sich ebenfalls während

der beruflichen Tätigkeit weiterzubilden.

Zwangsnotwendigerweise stehen rechtliche Rahmenbedingungen im engen Konnex mit

erwachsenenbildnerischen Maßnahmen, die Beschäftigte in Anspruch nehmen. Dabei

stellt sich nicht nur die Frage, wie die Universität mit ihrer rechtlich normierten Aufgabe

zur Weiterbildung ihrer AbsolventInnen umgeht, sondern auch mit welchem normativen

Regulativ der Staat in die Finanzierung der Erwachsenenbildung bzw. der

Trägereinrichtungen eingreift. Das vorliegende Kapitel geht noch einen Schritt weiter,

indem ebenfalls staatliche Förderungen für ArbeitnehmerInnen zur individuellen und

beruflichen Qualifizierung einer Betrachtung zugeführt werden. Bildungskarenz oder

-teilzeit sind Modelle, die zur Inanspruchnahme von Erwachsenenbildung beitragen. Diese

geben den AntragsstellerInnen dennoch ein straffes Korsett der zu absolvierenden Inhalte

und verpflichtenden Nachweise vor. Nicht zuletzt ist die Überlegung anzustellen, welche

flexiblen Zeiträume Beschäftige nutzen, um sich ihren Interessen entsprechend

weiterzubilden.

Auf Initiative des Bürgertums, der ArbeiterInnenbewegung und der Kirche entwickelten

sich im 19. Jahrhundert Einrichtungen der Erwachsenenbildung und des

Volksbüchereiwesens. Die Universitäten widmeten sich „volkstümlichen Universitäts-

kursen“, die später die Volkshochschulen fortführten.

Im gesellschaftlichen Wandel nimmt das lebenslange Lernen einen immer höheren

Stellenwert ein, weshalb damit einhergehend die Bedeutung der Erwachsenenbildung

sukzessive zunimmt. Eine rechtliche Perspektive einnehmend fällt auf, dass die politische

Zuständigkeit für Erwachsenenbildung auf österreichischer Bundesebene zersplittert ist.

Auf nationaler Ebene sind neben dem Bundesministerium für Bildung und Frauen das

Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (z.B. für berufliche

Integration von Menschen mit Behinderung), das Bundesministerium für Land- und

Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (z.B. Förderung von Bildungsstätten der

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67

Landwirtschaftskammer) das Bundesministerium Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

(z.B. für die Förderung der betrieblichen Berufsausbildung und Weiterbildung) und das

Bundesministerium für Familien und Jugend (z.B. für Elternbildung und Familienberatung)

für Erwachsenenbildung zuständig.120 Als normative Grundlagen sind Gesetze,

Verordnungen sowie beispielsweise die Bund-Länder-Vereinbarung gemäß

Art. 15a BV-G über die Anerkennung des Qualitätsrahmens für die Erwachsenenbildung

Ö-Cert121 zu nennen. Folglich ist sowohl institutionell als auch rechtlich122 die

Erwachsenenbildung breit aufgestellt und tief verankert.

Selbstverständlich sind im universitären Alltag sowie in der Erwachsenenbildung

unterschiedliche Personen involviert, für die heterogene Gesetze anzuwenden sind.

Beispielsweise ist es für ein(e) ErwachsenenbildnerIn von Relevanz, auf welchen

rechtlichen Grundlagen sein/ihr Arbeitsverhältnis beruht (z.B. der BABE-Kollektivvertrag),

für eine Trägereinrichtung, welche sozialversicherungs- oder gewerberechtlichen

Bestimmungen einzuhalten sind, für den/die ArbeitnehmerIn, ob die Arbeitszeit, in der

die Weiterbildungsmaßnahme in Anspruch genommen wird, bezahlt oder unbezahlt ist

und für die Universität, wie sie mit Erwachsenenbildung als eine ihrer Aufgaben umgeht.

Es liegt auf der Hand, dass in dieser Arbeit nur einige der beschriebenen rechtlichen

Herausforderungen bearbeitet werden können.

2.1. Weiterbildung nach dem Hochschulabschluss

§ 3 Universitätsgesetz (UG) normiert, dass Universitäten im Rahmen ihres

Wirkungsbereichs ein Konglomerat an Aufgaben erfüllen. Dazu ist in Absatz 5 die

Weiterbildung von UniversitätsabsolventInnen und PädagogInnen zu zählen. Das Beispiel

der Karl-Franzens-Universität Graz zeigt, dass ein vielfältiges allgemeinbildendes und

beruflich qualifizierendes Angebot zum lebenslangen Lernen besteht.

120

Bundesministerium für Bildung und Frauen, Erwachsenenbildung in den Bundesministerien (2015) Online im Internet: http://erwachsenenbildung.at/themen/eb_in_oesterreich/organisation/bund_andere_bm.php [15.01.2017]. 121

Gruber, E., Erwachsenenbildung mit Qualität steuern, Weiterbildung 2013, H. 6, 32 (32 ff.). 122

Für eine Auflistung der für die Erwachsenenbildung relevanten Gesetze siehe Gruber, E./Lenz, W., Erwachsenen- und Weiterbildung Österreich

3 (2016) 39 ff.

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So hat die Universität eine eigene Weiterbildungsgesellschaft, die Uni for Life

SeminarveranstaltungsGmbH, gegründet, die Aus-, Fort- und Weiterbildungsinteressierten

zahlreiche universitäre und arbeitsmarktorientierte Lehrgänge und Fortbildungen

bietet.123

Die Zuständigkeit des Zentrums für Weiterbildung liegt in der universitären

Allgemeinbildung sowie in der wissenschaftlichen Weiterbildung und leistet durch

unterschiedliche Veranstaltungen, z.B. Montagsakademie oder Vita activa, einen

wichtigen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Kompetenzentwicklung in der

Steiermark.124

Auch die von der Karl-Franzens-Universität Graz und der Technischen Universität Graz

initiierte Plattform iMooX, trägt dem Gedanken der Erwachsenenbildung Rechnung und

steht an der Schnittstelle zwischen Universität und Berufstätigkeit, indem

wissenschaftlich fundierte Informationen unentgeltlich einer breiten Bevölkerungsschicht

zugänglich sind.125 Aufgrund der genannten Einrichtungen und der Vermittlung von

vielfältigen Inhalten ist der Schluss zu ziehen, dass die Universität ein wichtiger Player ist,

der zum lebenslangen Lern- und Bildungsprozess von Beschäftigten – sofern diese den

breiten Angebotskatalog kennen – beiträgt.

2.2. Finanzierung als staatliche Verantwortung

Eine zentrale rechtliche Grundlage für die Erwachsenenbildung ist das Gesetz über die

Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens (EB-Förderungsgesetz),

das bereits seit 1973 in Kraft ist und seither keiner großen inhaltlichen Novellierung

unterzogen wurde. Gründe für die Einführung dieses Normenkonglomerats sind dem

Bericht des Untersuchungsausschusses des Parlaments zufolge die gestiegenen

Bildungsbedürfnisse sowie die Notwendigkeit, den Ausbau und die Weiterentwicklung der

123

http://www.uniforlife.at/ [15.01.2017]. 124

Karl-Franzens-Universität, Entwicklungsplan 2013-2016. Anpassung 2015 (2015) 167 ff. http://static.uni-graz.at/fileadmin/Lqm/Dokumente/Entwicklungsplan_2013-2018_Uni_Gaz_Anpassungen_final_Druck.pdf [15.01.2017]. 125

Technische Universität, iMoox (2015) http://imoox.at/wbtmaster/startseite/index.html [15.01.2017].

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Erwachsenenbildung zu fördern. Denn gerade die berufstätige Bevölkerung sollte

ebenfalls von den Verbesserungen des Schulwesens profitieren.126

Das Ziel erstreckt sich gem. § 1 Abs. 1 auf die Förderung der Erwachsenenbildung und des

Volksbüchereiwesens durch den Bund. § 1 Abs. 2 EB-Förderungsgesetz definiert den

Terminus Erwachsenenbildung als alle „Tätigkeiten, die im Sinne einer ständigen

Weiterbildung die Aneignung von Kenntnissen und Fertigkeiten sowie der Fähigkeit und

Bereitschaft zu verantwortungsbewusstem Urteilen und Handeln und die Entfaltung der

persönlichen Anlagen zum Ziele haben“. Demzufolge sind die Begriffe

Erwachsenenbildung und Weiterbildung synonym zu verwenden.127

Zusätzlich enthält das Gesetz in § 2 Abs. 1 eine demonstrative, d.h. nicht abschließende,

Aufzählung von förderungswürdigen Aufgaben, wobei dazu beispielweise die politische

sowie die sozial- und wirtschaftskundliche Bildung, die berufliche Weiterbildung und die

Vermittlung der Erkenntnisse der Wissenschaften zu zählen sind.

Klar regelt § 2 Abs. 2, welche Bereiche nicht förderungswürdig sind (z.B. die

innerbetriebliche Berufsaus- und -fortbildung). Zu dem Gegenstand der Förderung und

den förderungswürdigen Aufgaben hält der Gesetzgeber fest, dass sich eine Definition für

den Begriff „Erwachsenenbildung“ schwierig gestaltet und eine zum in Kraft treten des

Gesetzes festgelegte Abgrenzung aufgrund des sich ständig wandelnden

Forschungsbereichs bereits in wenigen Jahren überholt sein könnte. Gerade deshalb zählt

§ 2 einen Positiv- und einen Negativkatalog auf. Es besteht kein Rechtsanspruch auf

Förderung.128

FörderungsempfängerInnen können ausschließlich juristische Personen sein, die einen

Sitz im Inland haben, deren Tätigkeit nicht auf Gewinn orientiert ist und die eine

dauerhafte und pädagogisch-planmäßige Bildungsarbeit in der Erwachsenenbildung oder

dem Volksbüchereiwesen leisten (§ 4). Filla kritisiert, dass der österreichische

Gesetzgeber kein Gesamtkonzept für die Erwachsenenbildung intiierte, zumal

126

Beilagen zu den stenographischen Protokollen des NR zum Bundesgesetz vom 21. März 1973 über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens, XIII. Gesetzgebungsperiode, 1. 127

Gruber, E./Maschina, A./Schlager, J., Der Begriff der „Erwachsenenbildung“ in § 49 Abs. 7 ASVG, ASoK 2012, 136 (137). 128

Platzer, K., Rechtliche Grundlagen der Erwachsenenbildung unter besonderer Berücksichtigung von EB-Gesetzen (2006) 58; Platzer, K., Weiterbildung als komplexe Rechtsmaterie (2009) 162 ff.

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beispielsweise Regelungen zur Verzahnung der Bildungssektoren oder für Nachweise von

Qualifikationen und Befähigungen von in den Einrichtungen tätigen Personen fehlen.129

In die Programm- und Lehrplangestaltung selbst sowie in die pädagogischen Methoden

und die Auswahl der MitarbeiterInnen darf der Bund gem. § 6 allerdings nicht eingreifen

und gewährleistet damit die Unabhängigkeit des Fördernehmers bzw. der

Förderungsnehmerin.130

Das Gesetz nennt seit der Novellierung im Jahr 1990 alle zehn Mitglieder der Konferenz

der Erwachsenenbildung Österreichs (KEBÖ) als anerkannte und förderungswürdige

Erwachsenenbildungsverbände. Dazu sind u.a. das WIFI, das BFI und der Verband

Österreichischer Volkshochschulen zu zählen. Folglich subventioniert der Staat zahlreiche

Einrichtungen, die sich für die Erstellung eines breiten Angebots verantwortlich zeigen.

2.3. Staatliche und private Initiativen zur Förderung der Erwachsenenbildung

Artikel 2 des 1. Zusatzprotokolls zur Menschenrechtskonvention, das sich in Österreich im

Verfassungsrang befindet, proklamiert seit 1948, dass das Recht auf Bildung niemandem

verwehrt werden darf. Die Suche nach einem Recht auf Erwachsenenbildung endet

allerdings vergebens. Unternehmen investieren in berufsbezogene Erwachsenenbildung,

um konkurrenzfähig zu bleiben, Beschäftigte zu motivieren und diese an den Betrieb zu

binden.131

Bei der Frage nach der Verwertung jener Maßnahmen für den Arbeitsmarkt suggeriert

letztendlich der stetige Weiterbildungsdruck, dass sich der/die ArbeitnehmerIn als „Ware

Arbeitskraft“ für ein Unternehmen verkauft. Damit einhergehend ordnet er/sie sich den

129

Filla, W., Von der freien zur integrierten Erwachsenenbildung. Zugänge zur Erwachsenenbildung in Österreich (2014) 177. 130

Zur Aufwandsentschädigung für Lehrende an Einrichtungen, die vorwiegend Erwachsenenbildung im Sinne des § 1 Abs. 2 EB-Förderungsgesetz, betreiben siehe VwGH 14.03.2013, 2010/08/0222. 131

Plattform für berufsbezogene Erwachsene/MAKAM Research, Weiterbildung: Unternehmen investieren, um sich für Wirtschaftsaufschwung zu rüsten (2015); http://www.tag-der-weiterbildung.at/downloads/2015/Presseinformation_STUDIE_Tag_der_Weiterbildung_PbEB_05_2015_FINAL.pdf [15.01.2017].

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71

Forderungen der Ökonomie unter und verwandelt sich durch Qualifizierungsmaßnahmen

in für das Unternehmen dienliches Humankapital.132

Bereits 1998 konstatierte Lenz, dass die Weiterbildung zum größten Bildungssektor

angewachsen ist.133 Wie einer Evaluation der Statistik Austria entnehmbar haben 2013

über 659.000 Personen in den letzten vier Wochen vor der Befragung an einer

Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen. Bei 29,5% der Befragten fiel der Besuch von

beruflichen Kursen sogar in die Freizeit.134 Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass

MitarbeiterInnen derartige Angebote nutzen, diverse Karenzierungsmaßnahmen

(Bildungskarenz oder -teilzeit) in Anspruch nehmen oder sich ebenfalls in der Freizeit (z.B.

Urlaub, Zeitausgleich) mit berufsspezifischen Inhalten beschäftigen.

2.3.1. Bildungskarenz

Im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz finden sich zwei Formen der Karenzierung,

bei deren Inanspruchnahme der/die ArbeitnehmerIn unter bestimmten Voraussetzungen

sozialversicherungsrechtliche Leistungen (z.B. Kranken-, Pensions- und Unfallver-

sicherung) erhält.

§ 11 AVRAG beinhaltet, dass der/die ArbeitnehmerIn mit dem/der ArbeitgeberIn gegen

Entfall des Arbeitsentgeltes eine Bildungskarenz im Ausmaß von zwei bis 12 Monaten

vereinbaren kann. wenn ein Arbeitsverhältnis ununterbrochen sechs Monate angedauert

hat. Der Gesetzgeber regelt in Abs. 1 des Weiteren, dass der/die Arbeitnehmende eine

neuerliche Bildungskarenz erst nach vier Jahren ab dem Beginn der letzten

Bildungskarenz beantragen kann. Dabei handelt es sich um eine Rahmenfrist. Auch eine

teilweise Inanspruchnahme von zumindest zwei Monaten ist möglich, wobei in der

Rahmenfrist von vier Jahren maximal 12 Monate förderbar sind.

In diesem Zeitraum entsteht gem. § 26 AlVG ein Anspruch auf Weiterbildungsgeld in der

Höhe des Arbeitslosengeldes, mindestens jedoch in der Höhe des Kinderbetreuungs-

132

Ribolits, E., Bildung – (k)ein Menschenrecht?, in: Egger, R./Gruber, E. (Hrsg.), Anspruch, Einspruch, Widerspruch. Festschrift für Lenz, W. (2012) 69 (70 f.). 133

Lenz, W., Lebensbegleitendes Lernen statt Erwachsenenbildung, in: Lenz, W. (Hrsg.), Bildungswege. Festschrift für Seel, H. (1998) 329 (329). 134

Statistik Austria, Bildung in Zahlen 2013/14 (2015); Technische Universität (2015) 66: iMoox. http://imoox.at/wbtmaster/startseite/index.html [15.01.2017].

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72

geldes (derzeit € 14,53 pro Tag). Die Weiterbildungsmaßnahme muss mindestens 20

Wochenstunden und bei Personen mit Betreuungspflichten für Kinder unter sieben

Jahren 16 Wochenstunden betragen, die mit Zeugnissen oder Kursbesuchsbestätigungen

nachzuweisen sind. Wird ein Studium in der Bildungskarenz aufgenommen, ist ein

Nachweis von zumindest vier Semesterwochenstunden oder acht ECTS-Punkten oder ein

anderer geeigneter Nachweis (z.B. Ablegung einer Diplomprüfung, Bestätigung des

Fortschrittes und zu erwartender positiver Abschlusses einer Diplomarbeit (§ 26 Abs. 1 Z.

5 AlVG) zu erbringen. Es besteht jedoch während der Bildungskaranz kein gesetzlicher

Kündigungsschutz wie bei der Karenz für Mütter und Väter gem. §§ 15 ff. MSchG bzw. §§

2 ff. VKG.135

2.3.2. Bildungsteilzeit

Seit Juli 2013 bietet die Bildungsteilzeit eine Alternative zur Bildungskarenz, die mit einer

Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit um mindestens ein Viertel und

höchstens der Hälfte einhergeht. Ebenfalls bestimmt § 11a AVRAG als Voraussetzung,

dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen sechs Monate angedauert hat. Die Dauer

selbst ist länger ausgestaltet und beträgt mindestens vier Monate bis zu zwei Jahre. Bei

der Rahmenfrist lehnt sich der Gesetzgeber an jene der Bildungskarenz im Ausmaß von

vier Jahren an. Wird die Bildungsteilzeit in Teilen vereinbart, muss die Dauer eines Teiles

zumindest vier Monate betragen und die Gesamtdauer der einzelnen Teile darf zwei Jahre

nicht überschreiten.

Ein einmaliger Wechsel zwischen den beschriebenen Modellen ist zulässig, wobei beim

Wechsel von Bildungskarenz auf Bildungsteilzeit die verbleibende Zeit zur Berechnung der

Höchstdauer der Bildungsteilzeit verdoppelt wird (§ 11 Abs. 3a AVRAG). Im umgekehrten

Fall wird die verbleibende Zeit halbiert (§ 11a Abs. 3 AVRAG).136

2.3.3. Fachkräftestipendium

Neben der Bildungskarenz und der Bildungsteilzeit können Personen, deren höchste

abgeschlossene Ausbildung unter dem Fachhochschulniveau liegt, das

135

Löschnigg, G., Arbeitsrecht. Gesetze und Kommentare12

(2015) 506 f. 136

Schörghofer, F., Bildungskarenz und Bildungsteilzeit, ZAS 2014, H. 39, 238 (238).

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73

Fachkräftestipendium beantragen (§ 34b AMSG). Da in den Jahren 2016 und 2017 keine

neuen Fachkräftestipendien mehr vergeben werden, ist auf jene Weiterbildungs-

möglichkeit an dieser Stelle der Vollständigkeit halber lediglich hinzuweisen.137

2.3.4. Gleitzeit und Urlaub

Gleitzeitregelungen sind in vielen österreichischen Unternehmen ein fixer Bestandteil und

zielen darauf ab, dass ArbeitnehmerInnen autonom den Beginn und das Ende der

täglichen Normalarbeitszeit innerhalb eines vereinbarten Rahmens bestimmen können

(§ 4b Abs. 1 AZG). Folglich stehen dem/der Beschäftigten durch die flexible

Arbeitszeitform Spielräume offen, um Weiterbildungsangebote zu nutzen. Die

Gleitzeitvereinbarung muss zwingend die Dauer der Gleitzeitperiode, den

Gleitzeitrahmen, allfällige Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben oder

Zeitschulden in die nächste Gleitzeitperiode sowie die Dauer und Lage der fiktiven

Normalarbeitszeit enthalten. Der zuletzt genannte Punkt definiert den Beginn und das

Ende der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit unter der Annahme, dass der/die

ArbeitnehmerIn nicht gleiten kann.138

Im Zusammenhang mit Weiterbildung ist der Gleitzeitrahmen, der die Grenzen der

täglichen Selbsteinteilung und damit den Spielraum für eine mögliche Weiterbildung

beinhaltet, von besonderem Interesse. Zur besseren Veranschaulichung dient das

folgende Beispiel.

Die Gleitzeitvereinbarung der Vollzeit beschäftigten Buchhalterin X ist folgendermaßen

ausgestaltet:

Gleitzeitrahmen: Montag – Freitag von 6:00 – 18:00

Fixe Normalarbeitszeit: 8:00 – 14:00

X arbeitet seit 10 Jahren in demselben Unternehmen und möchte sich nunmehr beruflich

umorientieren. Sie strebt an, Pädagogik zu studieren, Bildungskarenz oder -teilzeit

schließt sie aufgrund der für sie zu geringen finanziellen Förderung aus. X liest das

Lehrveranstaltungsverzeichnis ihrer Studienrichtung und erfährt, dass einige

137

Arbeiterkammer, Fachkräfte-Stipendium (2015) http://www.arbeiterkammer.at/beratung/bildung/bildungsfoerderungen/Fachkraefte-Stipendium.html [15.01.2017]. 138

Gleißner, R., Flexibilität in der Arbeitszeit, ZAS 2015, H. 18, 99 (100).

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Lehrveranstaltungen mit Anwesenheitspflicht auch am Nachmittag stattfinden. Im

nächsten Semester müsste sie am Dienstag und Donnerstag von 15:00-17:00 in Kursen

anwesend sein, weshalb X in ihrem Gleitzeitrahmen in diesen Zeiten arbeitet.

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag

8:00 – 17:00 8:00 – 14:30 8:00 – 17:00 8:00 – 14:30 8:00 – 17:00

Neben den Inhalten der Weiterbildung, die in einer Bildungskarenz oder -teilzeit erlernt

werden können, stellt sich die Frage, welche Zeiten dem Arbeiternehmer bzw. der

Arbeitnehmerin offen stehen, um sich aus persönlichem Interesse (sportliche, kulturelle,

gesundheitsfördernde Inhalte) heraus weiterzubilden. Denn lebenslanges Lernen sollte

ebenfalls außerhalb des beruflichen Kontexts zu einer höheren Lebensqualität führen. Bei

einer Abgrenzung von förderungswürdigen Weiterbildungsmaßnahmen argumentierte

der OGH, dass für eine Bildungskarenz darauf abzustellen ist, ob die „vermittelten

Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten die gegenwärtige oder künftige Berufsausübung

im weitesten Sinn erleichtern können sollen“139, wozu insbesondere Sprachkurse und das

Erlernen sowie die Verbesserung von Fremdsprachen zu zählen sind.

Unter der Annahme, dass eine Person sich im Laufe ihrer Arbeitstätigkeit persönlich

weiterbilden möchte und in ihrer Tätigkeit keinen Gleitzeitrahmen nutzen kann, steht ihr

aus arbeitsvertraglicher Perspektive lediglich Zeitausgleich oder Urlaub zur Verfügung.

Doch entspricht es eigentlich dem Zweck von Urlaub, sich weiterzubilden? Während in

der Bildungskarenz oder -teilzeit der/die ArbeitgeberIn das Arbeitsentgelt nicht leistet, ist

unter Urlaub die Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung des Entgelts zu verstehen

(§ 6 Abs. 1 UrlG). Dieser sollte jedoch uneingeschränkt der Erholung dienen.

2.4. Zusammenfassung

Die Universität hat bereits zur Jahrtausendwende zur Erwachsenenbildung und damit zum

lebenslangen Lernen beigetragen und initiiert derzeit eine Vielzahl an Veranstaltungen

und Weiterbildungsmaßnahmen für eine breite Bevölkerungsschicht. Sowohl in der

Universität als auch in der Arbeitswelt sind der Begriff lebenslanges Lernen und damit

einhergehend die Erwachsenenbildung kaum noch wegzudenken und müssen folglich in

139

OGH 24.05.2012, 1 Ob 75/12d.

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75

arbeitsrechtlichen Gesetzen und der Beschäftigungsbildungspolitik eine noch stärkere

Beachtung finden. In diesem Zusammenhang ist nicht nur interne, berufsspezifische

Weiterbildung ins Auge zu fassen, sondern auch die Tatsache, dass ein(e) ArbeitnehmerIn

ein Angebot in Anspruch nehmen möchte, das seinen/ihren individuellen, persönlichen

Bedürfnissen und Interessen entspricht. Gruber/Gnahs/Ribolits führen noch ein wichtiges

Argument ins Treffen, nämlich dass eine rechtliche Regelung (z.B. der Qualitätsrahmen

Ö-Cert) zur Profilierung und Anerkennung von Erwachsenenbildung bzw. -weiterbildung

im Verhältnis zu beispielsweise Therapie und Freizeitgestaltung beiträgt.140

Selbst wenn die Bildungskarenz und -teilzeit dem/der Beschäftigten Autonomie bieten,

reicht diese lediglich bis zur Zustimmung des/der ArbeitgeberIn. Denn es handelt sich um

keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch. Im Umkehrschluss müsste ein(e)

Beschäftigte(r), der/die eine berufsbegleitende Aufstiegs- oder Wechselqualifizierung

erwägt, kündigen oder sich gezielt im Rahmen der Gleitzeit oder im Urlaub weiterbilden.

Obgleich die gesetzliche Verankerung von Bildungskarenz und -teilzeit gute Möglichkeiten

für die Erwachsenenbildung bietet, zählt der zuletzt genannte Punkt zweifelsohne noch zu

den zukünftigen rechtlichen Herausforderungen.

140

Gruber, E./Gnahs, D./Ribolits, E., Qualitätsrahmen Ö-Cert zieht klare Grenzen zu Therapie, Freizeitgestaltung und Esoterik, Magazin Erwachsenenbildung 2015, Ausgabe 24, 10/1-8; http://www.erwachsenenbildung.at/magazin/15-24/meb15-24.pdf [15.01.2017].

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76

3. Modelle beruflicher Handlungskompetenz

Handlungskompetenz ist für zukünftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Leitziel

für die berufliche Tätigkeit. Nach Bader ist diese „zu einem Leitbegriff in den Diskussionen

um die Ziele der Berufsausbildung im Kontext der Neuordnung der Ausbildungsberufe

geworden. Dass jemand ‚handelt‘, wenn ‚Handlungsbedarf‘ besteht, und dass er/sie dies

‚kompetent‘ tut, wird im Berufsleben an sich selbstverständlich erwartet“141.

In diesem Kapitel soll der Versuch unternommen werden, Handlungskompetenzmodelle

zu betrachten, um letztendlich ein Modell zu entwickeln, das dieser Arbeit zu Grunde

liegt.

3.1. Handlungskompetenzmodell nach Bader/Müller

Bader/Müller bezeichnen Handlungskompetenz als „die Fähigkeit und Bereitschaft des

Menschen, in beruflichen, privaten und gesellschaftlichen Situationen sach- und

fachgerecht, persönlich durchdacht und in gesellschaftlicher Verantwortung zu

handeln“142. Im Mittelpunkt dieser Definition steht das Individuum, das reflektiert und

eigenständig sowie lösungsorientiert handelt. Handlungskompetenz umfasst als

Überbegriff die drei Dimensionen Fachkompetenz, Human- bzw. Selbstkompetenz und

Sozialkompetenz. Fachkompetenz beinhaltet die selbstständige, fachlich richtige und

methodengeleitete Bearbeitung von Aufgabenstellungen sowie die Beurteilung des

Ergebnisses. Hinzuzuzählen ist des Weiteren logisches, analytisches, abstrahierendes,

integrierendes Denken und Erkennen von System- und Prozesszusammenhängen.

Human- bzw. Selbstkompetenz bezeichnet „die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen

als Individuum, Entwicklungschancen, Anforderungen und Einschränkungen im Beruf,

Familie und öffentlichen Leben zu klären, zu durchdenken und zu beurteilen“143.

Die Sozialkompetenz stellt die Erfassung und das Verständnis von sozialen Beziehungen

und Interessenslagen, Zuwendungen und Spannungen in den Mittelpunkt. Auch ist es von

141

Bader, R., Berufliche Handlungskompetenz, Die berufliche Schule 1989, H. 2, Jg. 41, 73 (73). 142 Bader, R./Müller, M., Leitziel der Berufsbildung: Handlungskompetenz: Anregungen zur Ausdifferenzierung des Begriffs. Die berufsbildende Schule 2002, H. 6, Jg. 54, 176 (176). 143

Dies., Die berufsbildende Schule 2002, H. 6, Jg. 54, 178.

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77

Relevanz, sich mit anderen Persönlichkeiten rational und verantwortungsbewusst

auseinanderzusetzen.

Abbildung 15: Handlungskompetenzmodell nach Bader/Müller144

.

Wie in Abbildung 15 ersichtlich bedingen sich die genannten Kompetenzen, sind

miteinander vernetzt und enthalten als integrale Bestandteile die Methoden- und

Lernkompetenz sowie die kommunikative Kompetenz.

Methodenkompetenz impliziert das Verstehen von wissenschaftlichen Erkenntnissen, die

Reflektion von eigenen Handlungen sowie die Analyse von Teamstrukturen.

Lernkompetenz ist ein Begriff, der im universitären Alltag zu wenig Beachtung findet.

Denn jede(r) Lernende(r) sollte darüber reflektieren, wie er/sie am effizientesten

Informationen beschafft, strukturiert, erarbeitet und auswertet. Damit einher geht die

Entwicklung von individuellen Lerntechniken und -strategien sowie die Gestaltung des

Lernprozesses in der Gruppe.

Die kommunikative Kompetenz enthält u.a. das Verstehen und Verständlichmachen von

Fachtermini, das Verständnis und die Mitgestaltung von kommunikativen Situationen

sowie die Beherrschung von Kommunikationsstrategien. Auch Fremdsprachenkenntnisse

und die gemeinsame Präsentation von Arbeitsergebnissen zählen zu diesen.145

144 Bader, R./Müller, M., Die berufsbildende Schule 2002, H. 6, Jg. 54, 177. 145 Dies., Die berufsbildende Schule 2002, H. 6, Jg. 54, 179-181.

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78

Aus den genannten Kompetenzen bilden Bader/Müller eine zweidimensionale Matrix, in

der die Verbindungen zwischen den einzelnen Dimensionen nachvollziehbar sind.

Fachkompetenz Humankompetenz Sozialkompetenz

Methodenkompetenz

Methodische Analysen

Strategisches Wissen

Methoden der

Selbstreflexion

Eigene Kompetenz-

entwicklung planen

Teamstrukturen

analysieren

Soziale Beziehungen

gestalten

Lernkompetenz

Informationen beschaffen

Zusammenhänge

herausarbeiten

Eigene Lerninteressen

entwickeln

Eigene Lernprozesse

gestalten

Lernprozesse in

Gruppen verstehen;

gestalten

Lerndefizite erkennen

und Hilfestellung

anbieten

Kommunikative

Kompetenz

Verstehen fachlicher

Begriffe

Verstehen und

interpretieren von Mimik

und Gestik

Eigene und andere

Interessen in Einklang

bringen

Fremdsprache unter

Einbeziehung des

Verstehens fremder

Kulturen anwenden

Kommunikation

verstehen

Entscheidungen in der

Gruppe treffen

(Gesprächsregeln

vereinbaren; Konsens-

und Konfliktfähigkeit

entwickeln)

Tabelle 6: Zweidimensionale Matrix der Kompetenzdimensionen nach Bader/Müller.

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79

3.2. Kompetenzgefüge nach Sloane/Dilger

Anknüpfend an das Handlungskompetenzmodell von Bader/Müller entwickelten

Sloane/Dilger ein kategoriales Kompetenzgefüge mit einer Neun-Felder-Matrix.

Abbildung 16: Kategoriales Kompetenzgefüge von Sloane/Dilger.146

In dieser Matrix fassen Sloane/Dilger die Methoden- und Lernkompetenz zu einer

Querschnittskompetenz zusammen und legen die kommunikative Kompetenz enger als

im Modell von Bader/Müller als Sprachkompetenz aus. Als Novum reiht sich die ethische

Kompetenz mit einer Querschnittsbedeutung in das Kompetenzgefüge ein. Die

Dimensionen „Domäne“, „Person“ und „Gruppe“ beziehen sich einerseits auf das Handeln

in den Fachaufgaben eines Berufes, andererseits auf die Persönlichkeit und den sozialen

Kontext und repräsentieren die vormals gebräuchlichen Begriffe der Fach-, Personal- und

Sozialkompetenz. Dadurch ist eine Interpretation der Teilkompetenzen als integrale

Bestandteile eines Gesamtmodells der beruflichen Handlungskompetenz möglich. Denn

über die Punkte in der Matrix können Schwerpunkte gebildet und auf diese Weise der

Lernaufbau gesteuert werden.147

3.3. Handlungskompetenz nach Erpenbeck/Heyse

Gleich wie das Auffinden einer endgültigen Definition der Begriffe Können, Fertigkeiten,

Fähigkeiten und Qualifikationen nicht möglich ist, verhält es sich auch mit dem

Kompetenzbegriff. Vielmehr handelt es sich um psychologisch-sozialwissenschaftliche

146 Sloane, P./Dilger, B., The Competence Clash – Dilemmata bei der Übertragung des ‚Konzepts der nationalen Bildungsstandards‘ auf die berufliche Bildung, bwp@Ausgabe 2005, Nr. 8, 1 (14). 147

Dies., bwp@Ausgabe 2005, Nr. 8, 13.

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80

Kompetenzkonstrukte, die bestimmte Merkmale aufweisen. Kompetenzen sind

Erpenbeck/Heyse zufolge Selbstorganisationsdispositionen des Individuums. Folglich

organisiert ein Individuum reflexive, aktivitätsbetonte, geistig-instrumentelle oder

kommunikative Handlungen.

Während reflexive Handlungen beispielsweise Selbsteinschätzungen,

Selbstveränderungen oder neue Selbstkonzeptbildungen umfassen, zielen aktivitäts-

betonte Handlungen auf starke Willensabsichten und hohe Umsetzungsabsichten ab. Zu

geistig-instrumentellen Handlungen zählen Problemlösungsprozesse, kreative

Denkprozesse aber auch manuelle Verrichtungen und Produktionsaufgaben. Gespräche

allgemein oder Verkaufstätigkeiten speziell führen zu kommunikativen Handlungen. Um

jene Selbstorganisation zu gewährleisten, bedarf es unterschiedlicher Dispositionen

(Anlagen, Fähigkeiten, Bereitschaften), woraus sich folgende Kompetenzen bilden:

Personale Kompetenzen;

Aktivitäts- und umsetzungsbezogene Kompetenzen;

Fachlich-methodische Kompetenzen;

Sozial-kommunikative Kompetenzen.

Abbildung 17: Handlungskompetenzmodell nach Heyse/Erpenbeck.148

148

Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining XXI.

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81

Demnach entstehen personale Kompetenzen, zu denen beispielsweise

Selbstreflexionsbereitschaft oder Flexibilität zählen, aus reflexiven, auf sich selbst

bezogenen Handlungen und fachlich-methodischen Kompetenzen und beziehen sich auf

ein bestimmtes Objekt. Hingegen bilden sich sozial-kommunikative Kompetenzen,

beispielsweise Teamfähigkeit, Konfliktlösungsbereitschaft oder Einfühlungsvermögen,

durch den Bezug zu individuellen und kollektiven Subjekten. Aktivitäts- und

umsetzungsbezogene Handlungen erfassen nicht nur Emotionen, Motivationen,

Fähigkeiten und Erfahrungen, sondern alle anderen Kompetenzen, d.h. personale,

fachlich-methodische und sozial-kommunikative. Berufliche Handlungskompetenz setzt

sich folglich aus der synergetischen Verbindung der genannten Kompetenzbereiche

zusammen, die aus selbstorganisierten, reflexiven, geistig-instrumentellen und

kommunikativen Dispositionen resultieren. Diese äußert sich in weiterer Folge durch

ganzheitlich strukturierte Handlungsformen.149

3.4. Handlungskompetenz nach Peterßen

Ausgehend von Ansätzen der kognitivistischen Lernpsychologie und der östlichen

Tätigkeitspsychologie gilt für Peterßen derjenige bzw. diejenige als handlungsfähig,

der/die „imstande ist, selbstständig mit möglichst vielen Situationen fertig zu werden, in

die sein Leben hineinführt, weil er die darin vorfindbaren Probleme eigenständig zu lösen

fähig ist“150. Die Selbstständigkeit impliziert allerdings nicht, dass der/die Lernende

„alleine“ für die Problemlösung zuständig ist. Vielmehr steht im Vordergrund, dass

Begleitung und Unterstützung durch den/die Lehrende(n) für den Lernprozess essentiell

sind. Peterßen bezieht in den Handlungskompetenzbegriff neben der fachlichen,

methodischen und persönlichen Kompetenz auch die emotionale Komponente mit ein.

149

Erpenbeck, J./Heyse, V., Die Kompetenzbiographie. Wege der Kompetenzentwicklung2

(2007) 158 ff. 150

Peterßen, W., Kleines Methoden-Lexikon3 (2009) 10.

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82

Abbildung 18: Ganzheitlich-integrative Handlungsfähigkeit nach Peterßen.

Die Sachkompetenz setzt zur Lösung von Problemen umfangreiche Informationen voraus,

auf die ein Mensch stößt. Da Problemlösungen nicht immer alleine bewerkstelligt werden

können, sind Zusammenarbeit und Kommunikation mit anderen Personen Elemente der

Sozialkompetenz. Darüber hinaus umfasst Methodenkompetenz die selbstständige

Beschaffung von notwendigen Informationen für unbekannte Lebenssituationen.151

3.5. Berufliche Handlungskompetenz nach Rebmann/Tenfelde/Schlömer

Rebmann/Tenfelde/Schlömer beschreiben Kompetenz aus einer wirtschafts-

pädagogischen Perspektive und entwickelten ein Kreisstrukturmodell zur beruflichen

Handlungskompetenz. Demnach handelt es sich um ein kreisstrukturelles und

vollständiges System kognitiver Prozesse des Wahrnehmens, des Erwerbs und des

Strukturierens von Wissen und Erfahrungen, des Handelns und des Gebrauchs von

Sprache.

151 Peterßen, W., Kleines Methoden-Lexikon

3, 12.

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Abbildung 19: Berufliche Handlungskompetenz nach Rebmann/Tenfelde/Schlömer.152

Als Wissen und Erfahrung über fachwissenschaftliche Konzepte sowie als notwendige

Kernkompetenz zur Bearbeitung von komplexen Aufgaben und Projekten ist die

Fachkompetenz anzuführen, wobei durch Wissensanwendung und -überprüfung

Methodenkompetenz entsteht. Diese dient vor allem der gedanklichen Anwendung,

Strukturierung und Konzeptualisierung von Erfahrungen und Wissen zur Entwicklung von

Ideen, Konzepten und Handlungsstrategien. Gestaltungskompetenz zeigt sich bei der

praktischen Umsetzung von subjektiven Wirklichkeitsvorstellungen. Zumal berufliches

Handeln von anderen Personen abhängig ist, aber auch Konsequenzen für diese nach sich

zieht, fordern Beruf und Arbeit moralisch-ethische Kompetenz für den Umgang mit

sozialen Systemen. In jenen systemischen Strukturen der beruflichen Sozialisation

erweitern die Beteiligten ihre Sozialkompetenz durch die Entwicklung von beruflichem

Selbstbewusstsein sowie sprachlichen und kommunikativen Fähigkeiten. Durch Sprache

und Kommunikation können ArbeitnehmerInnen einerseits ihr Wissen und ihre berufliche

Erfahrung einbringen, andererseits die Wirklichkeitskonstrukte anderer nachvollziehen,

wodurch die sogenannte Abstraktionskompetenz erweitert wird. Da sich diese auf

152

Rebmann, K./Tenfelde, W./Schlömer, T., Berufs- und Wirtschaftspädagogik: Eine Einführung in Strukturbegriffe

4 (2011) 133.

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sprachlich-fächerübergreifende Kommunikation in beruflichen Geschäftsfeldern bezieht

und somit auf die Fachkompetenz verweist, schließt sich wiederum die Kreisstruktur.153

3.6. Handlungskompetenzmodell nach Widulle

Widulle lehnt sich in seinem konzipierten Modell an Hof154 an, die die Umwelt als Relation

zur Person in ihr Handlungskompetenzkonzept einbezieht. Ein erweiterter Wissensbegriff

steht für Widulle im Zentrum. Darunter ist sowohl deklaratives Wissen (Faktenwissen) als

auch prozedurales Wissen (methodisches Können), episodisches Wissen (Erfahrung,

Praxiswissen) und strategisches Wissen (Handlungspläne, Metakognition, Reflexion) zu

subsumieren.

Abbildung 20: Modell der beruflichen Handlungskompetenz nach Cranach155

und Hof156

mit Ergänzungen

von Widulle157

.

153 Bloemen, A./Schlömer, T., Berufliche Handlungskompetenz, in: Paechter, M. (Hrsg.), Handbuch Kompetenzorientierter Unterricht (2012) 121 (126 ff.); Rebmann, K./Tenfelde, W./Schlömer, T., Berufs- und Wirtschaftspädagogik

4, 133 ff.

154 Hof, C., Von der Wissensvermittlung zur Kompetenzorientierung in der Erwachsenenbildung?, in:

Nuissl, E./Schiersmann, C./Siebert, H. (Hrsg.), Report Nr. 49/ 2002 Kompetenzentwicklung statt Bildungsziele? (2002) 80 (80 ff.). 155

Cranach, M. von/Bangerter, A., Wissen und Handeln in systemischer Perspektive: Ein komplexes Problem, in: Mandl, H./Gerstenmaier, J. (Hrsg.), Die Kluft zwischen Wissen und Handeln: Empirische und theoretische Lösungsansätze (2002) 221 (235 ff.).

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85

Die Persönlichkeitsfaktoren Selbstkonzepte, Normen, Werte, Einstellungen, Emotionen

und Motive, die nicht über schulisch-kognitive Lernprozesse vermittelbar sind,

beeinflussen die Handlungssteuerung. Die daraus resultierenden Handlungsmöglichkeiten

stehen immer in einem Bezug zur Umwelt (beispielweise zur Arbeitsumgebung). In

diesem Modell finden folglich die Praxis, die eigene Erfahrung und das

persönlichkeitsnahe Lernen eine adäquate Berücksichtigung.

3.7. Berufliche Handlungsfähigkeit nach Schaeper/Briedis

Schaeper/Briedis beziehen sich bei ihrer Definition von beruflicher Handlungsfähigkeit auf

jene von Orth: „Schlüsselqualifikationen sind erwerbbare allgemeine Fähigkeiten,

Einstellungen und Wissenselemente, die bei der Lösung von Problemen und beim Erwerb

neuer Kompetenzen in möglichst vielen Inhaltsbereichen von Nutzen sind, sodass eine

Handlungsfähigkeit entsteht, die es ermöglicht, sowohl individuellen als auch

gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden.“158

Demnach sind Schlüsselqualifikationen/-kompetenzen nicht angeboren, sondern müssen

erworben werden, umfassen emotionale, motivationale und soziale Aspekte,

Werthaltungen und Verhaltensdispositionen und sind in sozialen und beruflichen Feldern

wichtig. Jene Fähigkeiten und Fertigkeiten leiten sich aus den Anforderungen der Arbeits-

und Lebenswelt ab. Für den Zweck der von Schaeper/Briedis durchgeführten HIS-Studie

war diese Definition jedoch zu weitreichend, weil sie sich in ihrer Untersuchung

ausschließlich mit Kompetenzen auseinandersetzen, die für die Bewältigung beruflicher

Anforderungen, die berufliche Handlungsfähigkeit, relevant sind. Folglich waren die

Begrifflichkeiten bereichsspezifische Fachkompetenz, Sach-, Methoden-, Sozial- und

Selbstkompetenz zentral.159

156

Hof, C., in Nuissl, E./Schiersmann, C./Siebert, H. 85. 157

Widulle, W., Handlungsorientiert lernen im Studium. Arbeitsbuch für soziale und pädagogische Berufe (2009) 45. 158

Orth, H., Schlüsselqualifikationen an deutschen Hochschulen. Konzepte, Standpunkte und Perspektiven (1999) 107. 159

Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen 4 f.

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86

3.8. Zusammenfassung der Handlungskompetenzmodelle

Wie anhand der dargestellten Handlungskompetenzmodelle aufgezeigt, mangelt es an

Versuchen, den Begriff Kompetenz allgemein zu definieren, wahrlich nicht. Obwohl sich

die Definitionsversuche in ihren inhaltlichen Elementen unterscheiden, kreisen sie

dennoch alle um das von Roth eingeführte sach-, sozial- und werteinsichtige Verhalten

bzw. nehmen eine Erweiterung um zusätzliche Komponenten vor.

Tabelle 7: Handlungskompetenzmodelle.

Ausgehend von der roth‘schen Definition unterscheiden die oben genannten AutorInnen

zwischen Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz oder noch weiter zwischen

fachlich-methodischer, sozialer und personaler bzw. humaner Kompetenz, die durch ein

integratives Zusammenwirken zu beruflicher Handlungskompetenz führen. Als zusätzliche

Dimensionen nennen Bader/Müller Lern- und kommunikative Kompetenzen oder

Erpenbeck/Heyse aktivitäts- und umsetzungsbezogene Kompetenzen.

Rebmann/Tenfelde/Schlömer nehmen in sechs Ebenen eine Definition vor und entwickeln

zusätzlich die moralisch-ethische Kompetenz sowie die Gestaltungs- und

Abstraktionskompetenz. Sloane/Dilger legen in ihrem kategorialen Kompetenzgefüge die

kommunikative Kompetenz als Sprachkompetenz aus und führen die Methoden- und

Lernkompetenz als Querschnittskompetenz zusammen. Auch die ethische Kompetenz

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erhält in diesem Modell eine Querschnittsbedeutung. Die vormals gebräuchlichen

Begriffe Fach-, Personal- und Sozialkompetenz werden durch die Dimensionen „Domäne“,

„Person“ und „Gruppe“ abgelöst. Peterßen bringt in seinem ganzheitlich-integrativen

Ansatz neben der fachlichen, methodischen und persönlichen Kompetenz die emotionale

Komponente als wesentliches Element der Handlungsfähigkeit ein.

Zudem hat sich das vormals klassische Modell des integrativen Zusammenwirkens der

Kompetenzbereiche in der Literatur gewandelt. Nach Erpenbeck/Heyse formen

Dispositionen, d.h. die selbstorganisierte Ausführung von Handlungen, Kompetenzen.

Widulle geht von einer systemtheoretischen, wissenspsychologischen und

handlungstheoretischen Auseinandersetzung mit der beruflichen Handlungskompetenz

aus und Rebmann/Tenfelde/Schlömer entwickeln ein Kreisstrukturmodell, in dem eine

Kompetenz auf der anderen aufbaut. Aus den dargestellten Modellen resultiert, dass

unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten für den sich ständig wandelnden

Arbeitsmarkt von Relevanz sind.

3.9. Diskussion – Handlungskompetenzen als berufliche Voraussetzung?

In sensu Reetz sind der Kompetenzbegriff und die Schlüsselqualifikationsdiskussion eng

miteinander verbunden, da die Zielformel von Schlüsselqualifikation in erster Linie

kompetenztheoretisch zu interpretieren ist.160 Reetz lehnt die Definition des

Kompetenzbegriffes ebenfalls eng an die pädagogische Anthropologie von Roth an und

zielt darauf ab, Kompetenzen zu erfassen, die für die berufliche Handlungsfähigkeit

relevant sind. Um beruflich handlungskompetent zu agieren, muss der/die MitarbeiterIn

über die Fähigkeiten verfügen, die an ihn/sie in beruflichen Situationen gestellten

Leistungsanforderungen zu erfüllen. Jene im Beschäftigungssystem verwertbaren

Fähigkeiten werden auch als Qualifikationen bezeichnet, die aus der pädagogischen

Perspektive von Kompetenz jedoch nur einen Teil der individuellen Fähigkeiten und

160 Reetz, L., Zum Zusammenhang von Schlüsselqualifikationen – Kompetenzen – Bildung, in: Tramm, T./Sembill, D./Klauser, F./John, E. (Hrsg.), Professionalisierung kaufmännischer Berufsbildung. Beiträge zur Öffnung der Wirtschaftspädagogik für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts. Festschrift für Achtenhagen, F. (1999) 32 (34).

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Fertigkeiten darstellen.161 Demzufolge ist der Kompetenzbegriff umfassender als jener der

Qualifikation, da ersterer mehr Gewicht auf die individuelle Selbstorganisation legt.162

In der Handlungskompetenzdiskussion steht daher nicht die Persönlichkeitsentwicklung

im Vordergrund, sondern vielmehr die Personalentwicklung für ein konkurrenzfähiges

Unternehmen.

In der Kompetenzdiskussion und den Unterschieden zwischen den

Handlungskompetenzmodellen wird klar, dass in Zukunft vor allem

Querschnittskompetenzen gefragt sein werden.163 Denn Orthey verweist neben

methodischen, sozial-kommunikativen und selbstbezogenen Kompetenzen darauf hin,

dass Unternehmen zukünftig auf folgende „erweiterte“ Fähigkeiten und Fertigkeiten Wert

legen werden:

Pluralitätskompetenz: Das Individuum sollte über die Kompetenzen verfügen, mit

hochkomplexen; unsicheren und nicht eindeutigen Situationen professionell

zurechtzukommen und unter diesen Bedingungen genügend Sicherheiten zu

generieren, um handlungsfähig zu bleiben.

Transversalitätskompetenzen: Dabei handelt es sich um Kompetenzen, um die

immer häufigeren (berufsbiografischen, tätigkeitsbedingten, qualifikatorischen,

sozialen) Übergänge so zu gestalten, dass einerseits sinnvoll mit Vergangenem

abgeschlossen und andererseits an Neues angeknüpft werden kann.

Beobachtungskompetenzen: MitarbeiterInnen sollten in der Lage sein,

Gegebenheiten zu beobachten und zu erkennen, welche Unterscheidungen diesen

Beobachtungen zugrunde liegen sowie welche Einflüsse dies auf Situationen und

ihre Entwicklung hat.

Reflexive Kompetenzen als Kompetenzen zum produktiven Umgang mit

Störungen: Diese Fähigkeit impliziert die reflexive Sinnfindung und den

produktiven Umgang mit Störungen.

161 Reetz, L. in Tramm, T./Sembill, D./Klauser, F./John, E. 38. 162 Bunk, G., Kompetenzentwicklung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Deutschland, Berufsbildung 1994, H. 1, 9 (10). 163 Orthey, F. M., Zeit der Modernisierung. Zugänge einer Modernisierungstheorie beruflicher Bildung (1999) 190 ff.

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Ästhetische Kompetenzen: Der/die ArbeitnehmerIn imstande sein, mit der neuen

Ästhetik der Alltags- und Arbeitswelt und deren „Bilderfluten“ (Virilio) umgehen

und deren Möglichkeiten nutzen zu können.

Aus den zuletzt erläuterten Querschnittskompetenzen ergibt sich, dass diese in der

heutigen Arbeitswelt unerlässlich sind. Die dargelegten Handlungskompetenzmodelle

bilden daher die Grundlage für die Entwicklung eines Handlungskompetenzmodells, auf

das die vorliegende Arbeit aufbaut.

Denn m.E. ist ausgehend vom roth'schen Modell und in Anlehnung an Schaeper/Brideis

die Fach-, Sach-, Methoden-und, Sozial und Selbstkompetenz164 einzubeziehen und um

die individuelle Umgebung jeder Person zu erweitern. Diese beeinflusst unterschiedliche

Lebensbereiche, weshalb beispielsweise die Familie oder die Arbeitswelt Einfluss auf die

Handlungskompetenz nehmen. Die von Orthey genannten Querschnittskompetenzen

wirken sich ebenfalls auf die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse des/der

Arbeitnehmenden aus. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass sich jene von Beruf zu Beruf

unterscheiden.

Abbildung 21: Handlungskompetenzmodell für die vorliegende Arbeit (eigene Graphik).

164

Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen 10.

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Durch die Handlungskompetenzmodelle wird des Weiteren klar, dass Fachwissen allein

nicht mehr ausreicht, vielmehr sind UniversitätsabsolventInnen gefordert, eine Vielfalt an

unterschiedlichen Kompetenzen bereits beim Berufseinstieg einzubringen. In einer

Beratung von Studierenden und AbsolventInnen sollte folglich darauf hingewiesen

werden, dass diese ebenso Lehrveranstaltungen besuchen, in denen die Vermittlung von

Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen im Vordergrund steht. Daher ist festzuhalten,

dass die zuletzt genannten Kompetenzen bedeutsam für die Bewältigung von komplexen

Aufgaben und im Umgang mit KollegInnen sind, diese aber dennoch fachspezifische

Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten keinesfalls ersetzen können.165 Denn ein solches

Modell von Bildung ist Weinert zufolge „not only a utopia, but also mostly nonsense“166.

165

Sonnleitner, K., career service papers 2015, 44. 166

Weinert, F., Concept of Competence: A Conceptual Clarification, in: Rychen, D. (Ed.), Defining and selecting key competencies (2001) 45 (53).

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4. Abhandlung ausgewählter Kompetenzen und deren Vermittlung

In der in Kapitel II. darzustellenden empirischen Analyse haben sich Kompetenzen

herauskristallisiert, die für steirische ArbeitgeberInnen bei der Einstellung von

AbsolventInnen der Rechtswissenschaften und der Pädagogik eine besondere Relevanz

besitzen. Diese sollen – ohne den Ergebnissen der Erhebung vorgreifen zu wollen – einer

theoretischen Abhandlung zugeführt werden. Auch ist es sinnvoll, Methoden zur

Entwicklung aufzuzeigen, um der in der Einleitung aufgestellten Anforderung gerecht zu

werden, Studierenden einen Raster mit Kompetenzen, aber auch deren Erwerb an die

Hand geben zu können. Folgende Kompetenzen bedürfen aufgrund deren besonderen

Relevanz für BerufseinsteigerInnen einer vertiefenden Betrachtung:

Kommunikationsfähigkeit

Konfliktmanagement

Fachübergreifendes Denken

Organisationsfähigkeit

Teamfähigkeit

4.1. Kommunikationsfähigkeit – Allgemeines

Kommunikationsfähigkeit zählt zu den zentralen sozialen Kompetenzen, die in vielen

Arbeitsbereichen eine Rolle spielen. Sie „schließt die bisherigen Erfahrungen und

Einstellungen zur Kommunikation ein, ebenso das Zuhören(-Können), die

Informationsverarbeitung, die Kommunikation in Gruppen sowie die Verständlichkeit

mündlicher und schriftlicher Informationen“167. Kommunikation ist alltäglich und der

Austausch mit anderen Personen nimmt aufgrund der stetigen Dynamik und Komplexität

im beruflichen und privaten Leben weiter zu. Gerade deshalb ist es essentiell, sich über

Erfahrungen und Probleme austauschen, aber auch einer/einem anderen RednerIn

zuhören zu können.

167

Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 289.

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Dauer

Wechsel

Distanz Nähe

Heyse/Erpenbeck empfehlen für das Training von Kommunikationsfähigkeit einen

mehrstufigen Lern- und Übungsprozess. Ebenfalls trägt regelmäßiges Feedback durch eine

andere Person zum Lernfortschritt bei. Zu Beginn ist anzuraten, einen

Selbsteinschätzungstest auszufüllen, um einerseits über seinen eigenen

Kommunikationstyp Kenntnis zu erlangen und andererseits eine „Zuordnung“ von

anderen Personen treffen zu können. Dafür eignet sich beispielsweise der

Selbsteinschätzungstest in Anlehnung an das Riemann-Thomann-Kreuz. Jede Person sollte

sich folglich darüber im Klaren sein, welche Kommunikationstypen es gibt, um

entsprechend das eigene Gesprächsverhalten zu steuern und dieses an andere

Kommunikationstypen anzupassen.

4.1.1. Grundströmungen der Kommunikation – Riemann-Thomann Modell

Thomann entwickelte aufbauend auf die tiefenpsychologische Studie „Grundformen der

Angst“168 von Riemann das Riemann-Thomann-Kreuz, das typische Verhaltensweisen und

Wirkungen einer Persönlichkeit aus der Perspektive von bestimmten Grundausrichtungen

beschreibt.

Abbildung 22: Grundausrichtungen allgemein.

168

Riemann, F., Grundformen der Angst40

(2011).

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Die vier Grundausrichtungen Dauer, Wechsel, Nähe und Distanz sind in unterschiedlichen

Ausprägungen bei jedem Menschen vorhanden und beeinflussen das Kommunikations-

und Beziehungsverhalten.169

1.2.1 Dauer und Wechsel

Eine Person, bei der die Dauer als Grundausrichtung überwiegt, ist auf Sicherheit,

Ordnung, Organisation, Planung und Kontrolle bedacht und hat sich auch in

konfliktbehafteten Situationen „im Griff“. Prinzipien, Verantwortung und Zuverlässigkeit

haben große Priorität und die Person lebt nach dem Motto: Es gehört sich! Zu den

Stärken eines „dauerhaften“ Menschen zählen Zuverlässigkeit, Treue, Ordentlichkeit und

Systematik, die Schwächen liegen darin, dass er/sie dogmatisch, kontrollierend, unflexibel

und pedantisch agiert.

Im Gegensatz dazu verhält sich ein(e) KommunikationspartnerIn, der/die zur

Grundausrichtung Wechsel tendiert, in Gesprächssituationen unzuverlässig, egotroph,

oberflächlich und chaotisch, wenngleich Kreativität, Improvisationsfähigkeit, Charme und

Dynamik zu seinen/ihren positiven Eigenschaften gehören. Große Relevanz besitzen

Veränderung, Wandel, Abwechslung, Überraschung und Spontaneität. Flexibilität,

Lebendigkeit und Entwicklung stehen als Prinzipien im Vordergrund und eine Person mit

einer ausgeprägten Wechselausrichtung lebt im Hier und Jetzt nach dem Leitgedanken:

Mir ist danach!170

Dauer Wechsel Stärken Schwächen Stärken Schwächen

zuverlässig dogmatisch kreativ unzuverlässig treu kontrollierend improvisierend egotroph

ordentlich unflexibel charmant oberflächlich systematisch pedantisch dynamisch chaotisch

Werte, Haltungen, Prinzipien Werte, Haltungen, Prinzipien Sicherheit Im Griff haben Veränderung Flexibilität Ordnung Prinzipien Wandel Lebendigkeit

Organisation Verantwortung Abwechslung Entwicklung Planung Zuverlässigkeit Überraschung Hier und Jetzt

Kontrolle Es gehört sich! Spontanität Mit ist danach!

Tabelle 8: Dauer und Wechsel.

169

Stahl, E., Dynamik in Gruppen: Handbuch der Gruppenleitung (2012) 225 f. 170

Thomann, Ch./Schulz von Thun, F., Klärungshilfe 1. Handbuch für Therapeuten, Gesprächshelfer und Moderatoren in schwierigen Gesprächen

3 (2006) 181 ff.; Stahl, E., Dynamik in Gruppen 230 f.

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Nähe und Distanz

Folgende Werte und Haltungen sind für eine(n) GesprächspartnerIn mit Näheausrichtung

von größter Wichtigkeit: Harmonie, Kooperation, Geselligkeit, Miteinander, Zärtlichkeit,

Gefühle und Vertrauen. Das tägliche Vorgehen basiert auf dem Prinzip: Ich für dich – Du

für mich!

Hingegen ist ein distanzierter Mensch der Ansicht, dass jede(r) für sich handeln muss und

begegnet seinen Mitmenschen mit Abstand, Intellekt, Respekt und Kühle. Er/sie zieht es

vor, unabhängig, autonom, frei und individuell zu leben. Eigenständigkeit,

Konfliktfähigkeit und Entschlossenheit sind seine/ihre Stärken, während die Schwächen

darin liegen, dass er/sie sich kontaktscheu, kühl und verschlossen in

zwischenmenschlichen Interaktionen sowie unbeholfen in Nachkontakten verhält.171

Nähe Distanz Stärken Schwächen Stärken Schwächen analytisch unflexibel eigenständig kontaktscheu verlässlich konservativ konfliktfähig kühl beständig engstirnig entschlossen verschlossen

pünktlich nachtragend unbeholfen in

Nachkontakten

Werte, Haltungen, Prinzipien Werte, Haltungen, Prinzipien Harmonie Zärtlichkeit Abstand Autonomie

Kooperation Gefühle Intellekt Freiheit Geselligkeit Vertrauen Respekt Individualität

Miteinander Ich für dich – Du für mich!

Kühle Unabhängigkeit

Tabelle 9: Nähe und Distanz.

Alle vier Grundströmungen der Kommunikation treffen auf jede Persönlichkeit in

unterschiedlichen Ausprägungen zu, die fließend ineinander übergehen. Schwerpunkte

sind jedoch erkennbar. Die Typen divergieren nicht nur in der Kommunikation

(Verbalisierung von Gefühlen und Bedürfnissen), sondern auch in der Denkrichtung, der

Denkart und der Weltanschauung.172

171

Thomann, Ch./Schulz von Thun, F., Klärungshilfe 13, 179 ff.; Stahl, E., Dynamik in Gruppen 230 f.

172 Thomann, Ch./Schulz von Thun, F., Klärungshilfe 1

3, 178, 183 f.

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Vermittlung von Kommunikationsfähigkeit: Wie gehe ich mit den einzelnen

Kommunikationstypen um, um ein gelungenes Gespräch zu führen?

Typ Distanz: Persönlichen Raum wahren (auch Körpersprache entsprechend anpassen);

versuchen, Missverständnisse zu vermeiden; klare Formulierungen und

Rahmenbedingungen; aktives Zuhören; sachlich argumentieren; Raum lassen; Zeit geben;

„ins Boot holen“ durch Wertschätzung; Argumente logisch, beweisbar, stichfest

aufbauen, Distanz wahren; Eigenständigkeit und Verantwortung überlassen; Gefühle

kontrollieren.

Typ Nähe : Offene Fragen stellen; Suggestivfragen vermeiden; gut zuhören; vor

Überforderung schützen; Hilfestellung bei Entscheidungen anbieten; offene

Interessensanalyse; Raum für Emotionen geben; Vertrauen schaffen; Verantwortung

abnehmen; Gefühle zeigen; einfühlsam sein; Zeit lassen; Vertrauen aufbauen.

Typ Dauer: Sicherheit vermitteln; Strukturen und Grenzen wahren; Rituale und Leitfäden

(Etikette) einhalten; Entwicklung Schritt für Schritt; Visualisierungstechniken entdecken;

Alternativen anbieten; fachliche Kompetenz würdigen; Klarheit schaffen; Strukturen

annehmen; planmäßiges und strukturiertes Vorgehen; Pünktlichkeit; Verlässlichkeit;

Vorbereitungszeit geben; Sicherheit vermitteln und Hilfe anbieten; Feedback geben.

Typ Wechsel: Hilfestellungen zur Fokussierung (Inhalte z.B. graphisch darstellen); auf

Grenzen hinweisen, Struktur vorgeben; Inhalte zur Entschleunigung zusammenfassen;

Alternativen aufzeigen; Offenheit für neue Ideen; Flexibilität entgegen bringen; Freiraum

lassen; Ideen Platz lassen.

Eine konkrete Technik für gelungene Gespräche und den Umgang mit Konflikten

entwickelte Marshall B. Rosenberg mit der Gewaltfreien Kommunikation.

4.1.2. Gewaltfreie Kommunikation – Marshall B. Rosenberg

Das Modell der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) von Marshall B. Rosenberg, der von

den Lehren von Carl Rogers und Ghandi beeinflusst ist, unterscheidet zwischen der

Giraffen- und der Wolfssprache. In der „Giraffensprache“ von Rosenberg finden die vier

Schritte Wahrnehmung, Gefühl, Bedürfnis und Bitte Berücksichtigung, während in der

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„Wolfssprache“ Bedürfnisse nicht erfüllt werden und es an Selbst- bzw. Fremdempathie

mangelt. Demzufolge bedarf es zu einer gelungenen Kommunikation einer

Bedürfnisbefriedigung der GesprächspartnerInnen. Die Giraffensprache ist als „Sprache

des Herzens“ konstruktiv, um empathisch zu agieren (sich mitteilen und aktives Zuhören).

Diese impliziert Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen, während in

der Wolfssprache Verteidigung, Rückzug und Angriff vorherrschen.173 Zur Förderung einer

wertschätzenden Unterhaltung sind die vier Schritte der GFK maßgeblich, die

nachstehend erläutert und mit Beispielen präzisiert werden.

Beobachtung:

Beim 1. Schritt der GFK ist zwischen Beobachtung und Bewertung zu differenzieren. Durch

eine reine Beobachtung klärt der/die GesprächspartnerIn die eigenen Befindlichkeiten,

durch eine Bewertung hingegen nimmt das Gegenüber häufiger Kritik wahr und

gleichzeitig eine Abwehrhaltung ein. Eine Beobachtung ohne Bewertung enthält

ausschließlich jene Tatsachen, die zu sehen oder zu hören sind/waren (z.B. genaue Zeit-

und Ortsangaben), jedoch keine Bewertungen, Interpretationen oder

Verallgemeinerungen (z.B. immer, nie, dauernd, jedes Mal…).

Dieser Schritt dient dem/der GesprächspartnerIn als erste objektive

Informationsquelle.174 Rosenberg befürwortet nicht, auf Bewertungen als statische

Verallgemeinerungen gänzlich zu verzichten, sondern vielmehr eine klare Trennung

zwischen Beobachtungen und Bewertungen vorzunehmen.175

Nachfolgend sind einige Beobachtungen und Bewertungen angeführt:

Tabelle 10: Beispiele für Beobachtungen und Bewertungen. 176

173

Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens8

(2009) 22 f. 174

Hubner, E., Einige wichtige Grundsätze der Gewaltfreien Kommunikation, in: Wanderer, U. (Hrsg.), Handbuch Mediation (2015) Reg. 5, Kap. 4.1.2. 175

Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation8, 45.

176 Holler, I., Mit dir zu reden ist sinnlos! … Oder? (2010) 48.

Beobachtung Bewertung

Diese Woche habe ich dich nicht beim Sport

gesehen. Diese Woche warst du ganz unsportlich.

Am Mittwoch bist du mit meiner Freundin ins

Kino gegangen.

Am Mittwoch warst du ganz schön lange mit

meiner Freundin weg.

Ich sehe einen Schal auf dem Sofa liegen. Der Schal liegt hier rum.

Im Mai hast du € 2000 ausgegeben. Mit Geld kannst du nicht umgehen.

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Für die Praxis ist es für KommunikationspartnerInnen zweckmäßig, sich eine Kamera als

Beobachtungshilfe vorzustellen, die objektiv bzw. bewertungsfrei einen Sachverhalt

aufnimmt.177

Gefühl:

Hascher formuliert treffend, dass Emotion bzw. Gefühl178 ein seltsamer Begriff ist. „Fast

jeder denkt, er versteht, was es bedeutet, bis er versucht, es zu definieren. Dann

behauptet praktisch niemand mehr, es zu verstehen.“179 Wie dieses Zitat klärt, sind

Gefühle komplex, vielschichtig und kaum beschreibbar. 1884 verfasst der Psychologe

William die These, dass Gefühle die Empfindung von körperlichen Veränderungen sind,

die sich durch die Wahrnehmung eines erregenden Ereignisses entwickeln.180 Zahlreiche

weitere AutorInnen versuchten sich an einer wissenschaftlich exakten Definition, eine

abschließende kann allerdings noch immer nicht ausgemacht werden. Die Anzahl der

Basis- bzw. Grundemotionen reicht von fünf181 über sieben182 bis hin zu 10183 Gefühlen.

In der GFK nehmen Gefühle als 2. Schritt eine zentrale Rolle ein, da Rosenberg davon

ausgeht, dass in der modernen Gesellschaft einerseits der Gefühlslage zu wenig

Bedeutung beigemessen wird und andererseits GesprächspartnerInnen Schwierigkeiten

haben, diese klar und verständlich auszudrücken. Zur Konkretisierung bedarf es für

private und berufliche Gespräche eines erweiterten Gefühlswortschatzes. Denn mit dem

Satzteil „ich habe das Gefühl, dass…“ wird lediglich eine Meinung geäußert, weshalb

Rosenberg dazu anregt, z.B. die Phrase „ich bin…“ zu nutzen. Als Hilfestellung

unterscheidet er zwischen wirklichen Gefühlen und „Wörtern, die beschreiben, was wir

darüber denken, wie wir sind“. Durch das Benennen tritt jedoch auch eine gewisse

Verletzlichkeit ein.184

177

Rust, S., Wenn die Giraffe mit dem Wolf tanzt. Vier Schritte zu einer einfühlsamen Kommunikation8

(2011) 68. 178

In den folgenden Kapiteln werden die Begriffe Emotion und Gefühl synonym verwendet. 179

Hascher, T., Emotionsbeschreibung und Emotionsverstehen (1994) 13. 180

James, W., What is an emotion? Mind 1884, H. 9 (34) 188 (190). 181

Oatley, K./Johnson-Laird, P. N., Towards a cognitive theory of emotions, Cognition and Emotion 1987, H. 1, 37-41. 182

Ekman, P., An Argument for Basic Emotions, Cognition and Emotion 1992, H. 6, 169 (170); Merten, J., Einführung in die Emotionspsychologie (2003). 183

Izard, C., The face of emotion (1971). 184

Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation8, 57 ff.

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Holler listet zum einfachen Gebrauch einige Gefühlsäußerungen auf, um diese von

Gedanken, Interpretationen, Analysen, Diagnosen oder Vergleichen abgrenzen zu

können:

Ich bin erschöpft.

Ich bin glücklich.

Ich bin neugierig auf deine neue Freundin.

Ich bin unsicher.

Ich bin so erleichtert, dass du mir hilfst.

Ich bin frustriert.

Ich bin wirklich begeistert von der neuen Urlaubsregelung.

Tabelle 11: Gefühlsäußerungen.185

Bedürfnis:

Ballreich/Glasl klassifizieren Bedürfnisse als die „elementaren Bedingungen zum Leben

und Überleben“186. Sie sind die Wurzel der Gefühle und etwas Unentbehrliches im

zwischenmenschlichen Miteinander, wobei eine gewisse Unzufriedenheit entsteht, wenn

Bedürfnisse nicht beachtet, deren Befriedigung verhindert bzw. nicht anerkannt werden

oder eine Verwechslung mit Wünschen eintritt.187

Holler schlägt für den Ausdruck von Bedürfnissen folgende Sprachmuster vor:

Ich fühle mich…, weil ich… brauche.

Beispiel: Ich fühle mich unter Druck, weil ich Ruhe/Entspannung brauche.

Ich bin…, weil mir/für mich… wichtig ist.

Beispiel: Ich bin genervt, weil mir wichtig ist, meine Zeit sinnvoll zu nutzen.

Zur Formulierung eines gefühl- und bedürfnisorientierten Sprachmusters führt Rosenberg

folgendes Beispiel an: „Ich war enttäuscht, als du nicht gekommen bist, weil ich ein paar

Dinge mit dir besprechen wollte, die mir Sorgen machen.

Verantwortung für die eigenen Gefühle abzugeben und folglich keine Bedürfnisse zu

benennen, wird durch unpersönliche Pronomina („es“, „das“) und Du-Botschaften noch

verstärkt. Zur besseren Veranschaulichung von Bedürfnissen entwickelte Rosenberg eine

185

Holler, I., Mit dir zu reden ist sinnlos! … Oder? 64. 186

Ballreich, R./Glasl, F., Mediation in Bewegung: ein Lehr- und Übungsbuch mit Filmbeispielen auf DVD. (2007) 123. 187

Glasl, F./Weeks, D., Die Kernkompetenzen für Mediation und Konfliktmanagement (2008) 79.

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Giraffe und einen Wolf als Handpuppen. Während die Giraffe als Tier mit dem größten

Herzen Bedürfnisse ausdrückt, nimmt der Wolf Interpretationen und Bewertungen in

seinen Gesprächen vor.188

Bitte:

Nach dem Schritt der Beobachtung, des Gefühls und des Bedürfnisses folgt die richtige

Formulierung von Bitten. Höller macht darauf aufmerksam, dass Bitten oftmals getarnte

Forderungen enthalten und vage oder mehrdeutig formuliert sind.189 Sie sollten allerdings

in einer klaren, positiven Handlungssprache ausgedrückt werden und nicht eine verneinte

Formulierung enthalten, sodass bei dem/der GesprächspartnerIn die Bereitschaft steigt,

rücksichtsvoll zu reagieren. Bitschnau differenziert zur besseren Erklärung zwischen

frommen Wünschen und erfüllbaren Bitten. In diesem Zusammenhang führt Rosenberg

folgendes Beispiel an:

„In einem Workshop beschrieb eine Frau, die frustriert darüber war, dass ihr Mann so viel

Zeit bei der Arbeit verbrachte, wie ihre Bitte zum Eigentor wurde. ‚Ich bat ihn, nicht so

viel Zeit bei der Arbeit zu verbringen. Drei Wochen später reagierte er mit der

Ankündigung, dass er sich für ein Golfturnier angemeldet hatte.“190

Wie durch das Beispiel ersichtlich gestaltet es sich schwierig, eine klare und eindeutige

Bitte mit den eigenen Bedürfnissen zu artikulieren, weshalb diese neben der positiven

Formulierung eine konkrete Handlung beinhalten sollte.191 Zur Veranschaulichung sollen

nachstehend Beispiele für fromme Wünsche und erfüllbare Bitten gegeben werden.

Frommer Wunsch Erfüllbare Bitte

Halten Sie bitte in Zukunft Termine ein!

Ich würde gerne mit Ihnen vereinbaren,

dass Sie mich bitte eine halbe Stunde vor

dem Termin verständigen, wenn Sie diesen

nicht einhalten können.

Bitte sei rücksichtsvoller!

Ich möchte dich bitten, dass du mir in

Zukunft sagst, wenn du später nach Hause

kommst.

188

Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation8, 72.

189 Höller, R., Gewaltfreie Kommunikation, Christlich-pädagogische Blätter 2009, H. 3, Jg. 122, 153 (153).

190 Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation

8, 89.

191 Bitschnau, K., Die Sprache der Giraffen (2008) 72 f.

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100

Seien Sie aufmerksamer!

Lesen Sie bitte den Bericht nochmals durch

und markieren Sie alle Termine,

einverstanden?

Räume bitte dein Zimmer auf! Kannst du dein Spielzeug, das du benutzt

hast, bitte wegräumen.

Tabelle 12: Fromme Wünsche und erfüllbare Bitten.192

Auch ist eine Abgrenzung zwischen einer Bitte und einer Forderung vorzunehmen.

Der/die GesprächspartnerIn kann eine Bitte ohne Angst vor Sanktionen ablehnen und den

Vorschlag mit seinem Gegenüber diskutieren.193

4.1.3. Kommunikationsmodell – Vera F. Birkenbihl

Birkenbihl differenziert aufbauend auf die Maslow’sche Bedürfnispyramide zwischen dem

Seins-Orientierten Menschen und dem Tuns-Orientieren Menschen. Ersterer erhält in

seiner Kindheit Lob und Anerkennung durch Streicheleinheiten, musste sich dafür

allerdings nicht speziell verhalten. Dadurch empfinden Seins-Orientierte-Menschen

Akzeptanz ohne besondere Leistung. Es gestaltet sich folglich schwierig, jenen Typ als

Erwachsenen zu motivieren, denn sie leben nach dem Spruch: „Ich lebe nicht, um zu

arbeiten, sondern ich arbeite, um zu leben!“ Tuns-Orientierte-Menschen werden in ihrer

Kindheit ausschließlich nach einer bestimmten Leistung gelobt, weshalb sie sich als

Erwachsene(r) hohe Ziele stecken. Lob vergrößert die Motivation, fehlendes Lob schürt

jedoch Selbstzweifel. Sie orientieren sich deshalb an dem Leitsatz: „Ohne Fleiß kein

Preis!“194

Birkenbihl regt – wie auch Rosenberg – für die Schaffung eines angenehmen

Gesprächsklimas die Paraphrasierung der Aussagen seines Gegenübers an.195 Bei dieser

Technik wird das Gehörte in eigenen Worten wiedergegeben. Missverständnisse sind

leichter vermeidbar, indem die Beteiligten ihre Aussagen durch Zusammenfassungen und

Rückfragen abgleichen und dem Gegenüber Verständnis, Empathie und Wertschätzung

192

Hubner, E. in Wanderer U. Reg. 5, Kap. 4.1.2; Holler, I., Mit dir zu reden ist sinnlos! … Oder? 100, 115. 193

Rust, S., Wenn die Giraffe mit dem Wolf tanzt8, 84.

194 Birkenbihl, V., Kommunikationstraining. Zwischenmenschliche Beziehungen erfolgreich gestalten

19

(1997) 56 ff. 195

Birkenbihl, V., Kommunikation für Könner … schnell trainiert. Die hohe Kunst der professionellen Kommunikation

6 (2000) 37 ff.

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101

vermitteln. Einleitungen für Paraphrasen sind beispielsweise: „Darf ich nochmals

rekapitulieren“ oder „Wenn ich Sie richtig verstanden habe,…“.196

An dieser Stelle ist zu beachten, dass diese Technik nicht falsch, gar manipulativ

eingesetzt wird. Schnell kann es passieren, dass der/die GesprächspartnerIn glaubt, dass

ihm/ihr absichtlich Worte untergeschoben werden, jedoch ist es das Ziel, Informationen

richtig zu verstehen, also das tatsächlich Gesagte richtig deuten zu können.197

Denn Ehrlichkeit hat zwar Priorität, Ehrlichkeit nur um der Ehrlichkeit willen ist allerdings

nicht sinnvoll, denn die Wahrheit kann andere Personen sogar verletzen oder ihnen

schaden. Außerdem kann Menschen, denen an ehrlicher Kommunikation nichts liegt,

diese nicht aufgezwungen werden.198

4.1.4. Das Vier-Seiten-Modell – Schulz von Thun

Das Vier-Seiten-Modell oder auch Kommunikationsquadrat ist ein Hilfsmittel, das

Friedemann Schulz von Thun entwickelte und das als Steuerungselement der

Kommunikation in Verhandlungen Abhilfe schaffen soll. Es besteht aus vier

Grundprinzipien:

1. Sachinhalt,

2. Selbstoffenbarung,

3. Beziehung,

4. Appell.

Sachinhalt:

Der Sachinhalt zeigt auf, dass jede Nachricht Sachinformationen enthält. In einer

Verhandlung über einen Gegenstand sind wichtige Aspekte nicht nur der Kaufpreis,

sondern auch die Beschaffenheit des angebotenen Gegenstandes. Dieser erste Schritt

bezieht sich ausschließlich auf Fakten und Informationen.

196

Birkenbihl, V., Kommunikationstraining19

, 178 f., 262. 197

Kleindienst-Passweg, S./Wiedermann, E., Spiegeln, Paraphrasieren oder Loopen, in: Wanderer, U. (Hrsg.), Handbuch Mediation (2012) Reg. 5, Kap. 4.2.2; Bühring-Uhle, Ch./Eidenmüller, H./Nelle, A., Verhandlungsmanagement (2009) 117 ff. 198

Birkenbihl, V., Kommunikationstraining19

, 217 ff.

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102

Selbstoffenbarung:

Jede Nachricht, die dem Informationsadressaten bzw. der Informationsadressatin

zukommt, sagt etwas über den/die InformationssenderIn aus. Anhand der Informationen

sind ebenfalls Befindlichkeiten, implizierte Wünsche, und Anschauungen erkennbar.

Beziehung:

Die jeweils gewählte nonverbale, paraverbale und verbale Kommunikation offenbart auch

etwas über den/die SenderIn der Information, z.B. wie die beiden

VerhandlungspartnerInnen zueinander stehen. Wenn ein(e) VerhandlungspartnerIn

beispielsweise sein/ihr Gegenüber dazu einlädt, gemeinsam die optimale Lösung für ein

anstehendes Problem zu finden, ist eine kooperative Haltung erkennbar.

Appell:

Auf der Seite des Appells findet sich das Ziel einer Nachricht. Derjenige/Diejenige, der/die

spricht, will ein gewisses Verhalten von seinem/ihrem Gegenüber fordern, welches sich in

einer Handlung oder Unterlassung ausdrücken soll.

Bereits die Aussage eines Verhandlungspartners bzw. einer Verhandlungspartnerin zu

Beginn einer gemeinsamen Sitzung, dass er/sie nur zwei Stunden lang Zeit und im

Anschluss eine weitere Verhandlung habe, lässt den/die InformationsempfängerIn

deutlich erkennen, dass der/die InformationssenderIn schnell zur Sache kommen und

keine Zeit vergeuden möchte.

Jeder dieser vier Grundsätze soll eine Unterstützung in der Kommunikation bieten, die es

leichter macht, seine Selbstwahrnehmung und die Fremdwahrnehmung zu schulen.199

199

Kürsteiner, P., Reden, vortragen, überzeugen (1999) 94 ff.; Bühring-Uhle, Ch./Eidenmüller, H./Nelle, A., Verhandlungsmanagement 116.

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103

Abbildung 23: Kommunikationsquadrat von Schulz von Thun (eigene Abbildung).

Vermittlung von Kommunikationsfähigkeit:

Tabelle 13: Vermittlung des Kommunikationsquadrats.200

200

Plate, M., Grundlagen der Kommunikation (2013) 77.

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104

Zur leichten und im Gespräch flüssigen Nutzung der vier Grundprinzipien empfiehlt Schulz

von Thun den Gebrauch von aktivem Zuhören und Ich-Botschaften. Denn eine Person, die

viel redet, vermeidet es, Neues zu lernen und möglicherweise daraus neue Lösungen für

zukünftige Probleme zu entwickeln. Das aktive Zuhören beschreibt sich aus einem

Wechselspiel zwischen zuhören und gezielt Aufmerksamkeit signalisieren. Genau an

diesem Punkt kommt die Körpersprache zum Zug. Blickkontakt, eine offene

Körperhaltung, auch ein zugewandter Kopf lassen es zu, dass derjenige/diejenige, der/die

gerade spricht, sich in dem Gespräch wohl fühlt. Sobald ein angenehmes

Verhandlungsklima geschaffen ist, erhöht sich wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass die

Individualität der Körpersprache an sich erkannt werden kann. Man kann nun von einer

authentischen Haltung der Person ausgehen und beginnen, Verhaltensmuster zu

erkennen.201

Mit sogenannten Ich-Botschaften ist es leichter möglich, Problemen aus dem Weg zu

gehen. Wenn der/die VerhandlungspartnerIn beispielsweise etwas sagt oder eine

Handlung setzt, die uns ärgert oder aufregt, sind wir schnell dazu geneigt, Vorwürfe zu

machen. Intuitiv wechselt man in die Angriffsstellung und der positive Fortgang der

Verhandlung wird unnötigerweise gehemmt. Ich-Botschaften bewirken, dass

Schuldzuweisungen gar nicht erst entstehen. Viele Verhandlungspartner wirken alleine

nur durch ihre Art, wie zum Beispiel lautes Reden, auf andere Personen aggressiv. Wirft

man dieses laute Reden nun vor, indem man beispielsweise meint, dass dadurch das

Verhandlungsklima vergiftet wird, und es sich überhaupt nur um eine Provokation

handelt, gestaltet es sich schwierig, wieder die Sachebene zu fokussieren. Vielen

Menschen ist oftmals nicht bewusst, dass gewisse Eigenarten, die sie haben, andere

stören.

201

Kleindienst-Passweg, S./Wiedermann, E. in Wanderer, U. Reg. 5, Kap. 4.2.2.

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105

Vermittlung von Kommunikationsfähigkeit

Tabelle 14: Vergleich zwischen DU-Botschaften und ICH-Botschaften.

Mit Ich-Botschaften lässt es sich erreichen, dass Vorwürfe erst gar nicht entstehen. Dem

Gegenüber wird durch eine gezielte Ich-Aussage vermittelt, dass man sich mit gewissen

Verhaltensmustern beispielsweise schwer abfinden kann. Mit dieser Technik entsteht

kein Vorwurf. Eine Information wird weitergegeben und die Sachebene tritt wiederum in

den Vordergrund.202

Wenn in Verhandlungen aggressives Verhalten an den Tag gelegt wird, reagiert zuerst

unser Körper. Adrenalin wird ausgeschüttet und man verspürt, das Bedürfnis zu flüchten

oder besser gesagt, man will den jeweiligen Ort so schnell wie möglich verlassen. Arme

und Beine werden aktiviert und es fällt schwer, in dieser Situation klar zu denken und die

richtigen Worte zu finden. Ich-Botschaften liefern das geeignete Werkzeug, um die

Situation schnell wieder in den Griff zu bekommen.203 Neben dem

Kommunikationsquadrat nimmt auch Schulz von Thun eine Abgrenzung zwischen

unterschiedlichen Kommunikationsstilen vor. Er differenziert zwischen der „bedürftig-

abhängigen“, „helfenden“, „selbstlosen“, „aggressiv-entwertenden“, „sich-beweisenden“,

„bestimmenden-kontrollierenden“, „distanzierenden“ und „mitteilungsfreudigen“

Persönlichkeit und beschreibt typische Varianten menschlichen Kontaktverhaltens. Ohne

nähere Beschreibung der einzelnen Kommunikationsweisen ist – ähnlich wie bei der

Typologie von Birkenbihl – festzuhalten, dass in jeder Persönlichkeit je nach konkreter

Situation und Gemütslage eine Vielzahl der einzelnen Stile steckt.204

202

Mayer, C.-H., Trainingshandbuch Interkulturelle Mediation und Konfliktlösung2 (2008) 118 f.

203 Bühring-Uhle, Ch./Eidenmüller, H./Nelle, A., Verhandlungsmanagement 124; Schmidt, Th.,

Kommunikationstrainings erfolgreich leiten (2006) 130 ff. 204

Schulz von Thun, F., Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung, Band 2 (1998) 61, 76, 94, 115, 153, 170, 191, 244.

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4.2. Konfliktmanagement – Allgemeines

Konflikte sind unvermeidbar und allgegenwärtig, haben aber dennoch schöpferischen

Charakter und ermöglichen nach Lösung derselben ein Zusammenarbeiten bzw. -leben

nach veränderten Maßstäben. Folglich wirken sie ebenfalls integrierend und produktiv.205

Konflikte sind nicht zwangsläufig zerstörerisch und nicht grundsätzlich negativ zu

bewerten. Sie sind eine für den sozialen Wandel notwendige Begleiterscheinung des

Zusammenlebens in allen Gesellschaften. Eine systematische Vermeidung von Konflikten

wäre kontraproduktiv, weil sie gesellschaftliche Veränderungsprozesse blockieren würde.

Eine Gesellschaft ohne Konflikte wäre somit wohl eine tote Gesellschaft. Die

Konfliktforschung zielt daher nicht auf die Abschaffung ab, sondern will vielmehr Mittel

und Wege finden, wie sie möglichst gewaltfrei und konstruktiv ausgetragen werden

können. Das primäre Ziel von Konfliktmanagement ist eine systematische

Auseinandersetzung mit Konflikten zur Reduktion von Kosten. In der Wissenschaft gibt es

eine Vielzahl von Definitionen. Konflikte haben prinzipiell viele Facetten.206

Glasl definiert Konflikte folgendermaßen:

„Eine Interaktion zwischen Aktoren (Organisationen, Individuen, Gruppen usw.), wobei

wenigstens ein Aktor eine Differenz bzw. Unvereinbarkeiten im Wahrnehmen und im

Denken bzw. Vorstellen und im Fühlen und im Wollen mit dem anderen Aktor (den

anderen Aktoren) in der Art erlebt, dass beim Verwirklichen dessen, was der Aktor denkt,

fühlt oder will eine Beeinträchtigung durch einen anderen Aktor erfolge.“207

Mit dieser Definition schließt Glasl sowohl das private als auch das berufliche Miteinander

ein. In Unternehmen können Auseinandersetzungen beispielsweise zum Absinken der

Arbeitsmotivation und -haltung, zu erhöhten Krankenständen, zu einem Imageverlust und

zu einer zunehmenden Illoyalität führen. Folglich ist es für Unternehmensverantwortliche

wichtig, ArbeitnehmerInnen zu finden, die den Eskalationsgrad von Konflikten erkennen

und damit entsprechend umgehen können.

Zur besseren Darstellung von Konfliktmanagement sollen nachstehend zwei theoretische

Grundlagen, nämlich die Eskalationsstufen von Glasl und die Grundmuster der

Konfliktlösung von Schwarz, dargestellt werden.

205

Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 329. 206

Schwarz, G., Konfliktmanagement – Konflikte erkennen, analysieren, lösen9 (2014) 39 ff.

207 Glasl, F., Konfliktmanagement – ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater

11 (2013) 17.

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107

4.2.1. Eskalationsstufen – Fritz Glasl

Nur wenn Konfliktsignale richtig gedeutet und dadurch eine adäquate Konfliktanalyse

erstellt werden kann, ist ein konstruktiver Umgang mit Konflikten möglich. Typische

Konfliktsignale sind z.B.

Rückzug einer Person: Personen vermeiden den Kontakt und auch den

Blickkontakt;

Herabsetzung einer Person: negative Äußerungen über die andere Person

werden getätigt;

Überhören von Äußerungen einer Person: Entscheidungen oder Anweisungen

der anderen Person werden ignoriert;

Indirekte Kommunikation: Geredet wird über die andere Person, nicht mit ihr;

Schweigen: die Personen vermeiden jede Art der Kommunikation;

Gestik und Mimik: die nonverbale Kommunikation wird verstärkt.208

Doch Konflikte entzünden sich nicht plötzlich, sie gestalten sich als Mixtur verschiedenster

Merkmale, Charakteristika und Verhaltensweisen, die zunehmend an Stärke gewinnen.

Bemerkenswert ist dabei die Tatsache, dass eine Konfliktverschärfung nicht fließend oder

stufenlos verläuft, sondern diese Merkmale einzelnen, eindeutig voneinander

abgrenzbaren Eskalationsphasen zugeordnet werden können. Das Erkennen der Phase, in

der sich die Konfliktparteien befinden, ist wichtig, um eine geeignete

Konfliktlösungsstrategie zu entwickeln.

Das Phasenmodell der Eskalation von Glasl209 besteht aus neun Phasen bzw. Stufen auf

drei Ebenen und eignet sich als Grundlage für die Ermittlung der Eskalationsphase.

Phase 1 (Verhärtung): Auf dieser Eskalationsstufe führen die Meinungsverschiedenheiten

der Streitparteien zu verhärteten Standpunkten, die aufeinanderprallen. Kleinere

Zwischenfälle, wie das Ignorieren von Wortmeldungen oder die Nichtweitergabe von

Informationen, werden zunächst als alltäglich eingestuft, können aber tiefere Ursachen

haben. Es kommt zu verbalen Ausrutschern, die noch korrigiert werden können. Zwischen

den Beteiligten entstehen bislang nicht erlebte Spannungen und Verkrampfungen.

208

Höher, P./Höher, F., Konfliktmanagement: Konflikte kompetent erkennen und lösen (2004) 57. 209

Zum Phasenmodell der Eskalation siehe Glasl, F., Konfliktmanagement11

, 235 ff.

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108

Phase 2 (Polarisation und Debatte): Auf der zweiten Eskalationsstufe polarisieren Denken,

Fühlen und Wollen und geraten in ein Schwarz-Weiß-Muster. Der Vortrag scheinbar

rationaler Argumente gleicht einem Schauspiel, die ZuschauerInnen erleben Unterschiede

zwischen den offiziellen Aussagen und den vermittelten Untertönen. Die Konfliktparteien

streiten und der zuvor offene Umgang wird zu einem Kampf um Überlegenheit.

Phase 3 (Taten statt Worte!): In jener Stufe der Eskalation erscheint den Konfliktparteien

jedes weitere Wort als verlorene Liebesmühe. Gespräche werden abgebrochen. Die

Konfliktparteien beginnen, einander vor vollendete Tatsachen zu stellen. Indem Fakten

geschaffen werden, beschleunigen sich die Ereignisse. Unter verschiedenen Fraktionen

entsteht Meinungsdruck und ein starkes „Wir-Gefühl“. Die Bereitschaft zur gegenseitigen

Einfühlung ist zu diesem Zeitpunkt vollständig verloren gegangen.

Phase 4 (Sorge um Image und Koalitionen): Die Wahrnehmung der Gegenpartei reduziert

sich in dieser Eskalationsstufe auf ein Klischee. Die Konfliktparteien versteifen sich auf

Feindbilder und sehen sich gegenseitig in der Rolle des „Bösen“. Vor den eigenen

UnterstützerInnen werben die Streitparteien um Anhängerschaft. Hinter den Kulissen

wird gestichelt, denunziert und provoziert.

Phase 5 (Gesichtsverlust): Auf der fünften Eskalationsstufe stellen die Konfliktparteien die

Gegenseite in der Öffentlichkeit bloß und unterstellen einander moralische Schwäche. Die

gegenseitigen Anschuldigungen münden in einen Kampf um Werte, Prinzipien und

Ideologien. Gesichtsverlust führt zum beiderseitigen Verlust von Glaubwürdigkeit. Das

gegenseitige Vertrauen sinkt auf null.

Phase 6 (Drohstrategien): Auf Drohungen folgen Gegendrohungen, mit dem Ziel,

Kontrolle über die Situation zu erlangen. Machtdemonstrationen wie etwa erpresserische

Forderungen führen zu Handlungszwängen, um nicht schwach zu erscheinen und

Glaubwürdigkeit zu bewahren. Mit jedem zusätzlichen Ultimatum steigt der Stress auf

beiden Seiten.

Phase 7 (Begrenzte Vernichtungsschläge): Der Konflikt gerät zu einer Schlacht, aus der die

Parteien als VerliererInnen hervorgehen müssen. Auf jede Aktion der Gegenseite folgen

Gegenangriffe. Jeder Trick, der der Gegenpartei schadet, wird angewendet. Als Gewinn

wird verbucht, was der eigenen Seite weniger schadet als dem/der GegnerIn.

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109

Phase 8 (Zersplitterung): Die Handlungen der Konfliktparteien werden von dem Wunsch

bestimmt, die andere Seite zur Kapitulation zu zwingen. Der/die GegnerIn soll durch

Angriffe beschädigt werden und seine/ihre Handlungsfähigkeit verlieren. Zudem wird

der/die GegnerIn von seinen/ihren UnterstützerInnen getrennt. Vernichtungsaktionen

sollen ihn/sie symbolisch zerstören.

Phase 9 (Gemeinsam in den Abgrund): Es gibt längst keinen Weg mehr zurück, das

Szenario gleicht dem „totalen Krieg“. Die Vernichtung der Gegenpartei wird jetzt auch um

den Preis des eigenen Untergangs angestrebt. Ein typisches Merkmal dieser Konfliktphase

sind Anwaltskosten, die das gesamte eigene Vermögen übersteigen. Die Konfliktparteien

riskieren ihre finanzielle, berufliche oder gesellschaftliche Selbstvernichtung und

weitreichende Schädigungen ihrer Umgebung und für ihre Nachkommen. 210

Die Unterscheidung zwischen win-win, win-lose und lose-lose stellen die „Wendepunkte

in der Eskalation“ dar. Mit dem Überschreiten dieser „Regressionsschwellen“ begibt man

sich auf das nächst höhere bzw. tiefere Gewaltniveau. Dadurch ändern sich die

Wahrnehmung, die Intention und die Verhaltensweisen der Konfliktparteien. Demzufolge

kommen auch neue „Kampfmittel“ zum Einsatz. Je niedriger die Stufe ist, desto

aggressiver erfolgt die Austragung des Konflikts.

Abbildung 24: Eskalationsstufen nach Glasl.211

210

Glasl, F., Konfliktmanagement11

, 235 ff. 211

Glasl, F., Konfliktmanagement11

, 235.

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110

Win-Win Strategie: Die ersten drei Phasen des Konfliktverlaufs sind durch die sich

wandelnde Beziehung zwischen den Konfliktparteien von einem kooperierenden hin zu

einem konkurrierenden Gesprächsverhalten gekennzeichnet. Es wird allerdings noch auf

sachlicher Ebene diskutiert und die Konfliktparteien besitzen die Hoffnung, zu einer

gemeinsamen Gesprächsbasis und einer gütlichen Einigung zu kommen.

Win-Lose Strategie: Die ersten drei Eskalationsphasen waren geprägt von den gemischten

Einstellungen (kooperativ, kompetitiv) der Parteien. Ab der vierten Stufe steht die eigene

Existenzsicherung und das sich nicht von dem/der Kontrahenten/Kontrahentin

überwältigen lassen im Vordergrund.212 Jede(r) will seinem Standpunkt zum Durchbruch

verhelfen. Die Stufen vier bis sechs sind durch Konkurrenzdenken und Fokussierung auf

den eigenen Sieg gekennzeichnet.

Lose-Lose-Strategie: In den letzten drei Eskalationsphasen ist eine Lösung des Konflikts

ohne Intervention von dritter Seite sehr unwahrscheinlich. Da sich die gegnerischen

Parteien auf ihren Standpunkten verfestigt haben, kommt es zu Verlusten auf beiden

Seiten. Die möglichen Szenarien in den letzten drei Phasen sind: Rückzug,

Kompromisslösung durch Intervention von außen oder schließlich als ultima ratio der

gemeinsame Weg in den Abgrund – ein Ausweg, bei dem es nur mehr VerliererInnen

gibt.213

Solange sich der Streit noch auf der Stufe 1 bis 3 (Ebene 1) des Eskalationsmodells nach

Glasl befindet, kann er von den Konfliktparteien noch selbst gelöst werden. Auch die

Konfliktparteien glauben in diesem Stadium noch an eine sachgerechte Lösung. Auf dieser

Ebene erscheint die Moderation als zielführendste Methode der Konflikthandhabung.

Konflikte in den Phasen 3 bis 5 haben die Chance mit Hilfe der sogenannten

Prozessbegleitung, in Phase 4 bis (6 oder) 7 mittels sozio-therapeutisch orientierter

Prozessbegleitung geschlichtet zu werden. Einem Konflikt, der sich in Phase 5 bis 7214

befindet, wird am ehesten durch die klassischen Vermittlungsmethoden, wie

beispielsweise der Mediation, beizukommen sein. Es ist festzuhalten, dass die

Konfliktparteien mit Verschärfung der Auseinandersetzung zunehmend die Fähigkeit –

212

Glasl, F., Konfliktmanagement11

, 256. 213

Höher, P./Höher F., Konfliktmanagement 64 f. 214

Die Methoden der Konfliktbewältigung können sich teilweise überschneiden.

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111

und den Glauben – verlieren, den Konflikt ohne Intervention von außen – im späteren

Verlauf selbst mit Hilfe neutraler Dritter ohne Entscheidungsgewalt – zu schlichten.

Ab Phase 6 des Eskalationsmodells sind die Konfliktparteien nicht mehr in der Lage, den

Streit ohne fremde Hilfe zu lösen. Zur Konfliktschlichtung ausreichend ist aber noch die

neutrale „Vermittlerrolle“ ohne Entscheidungsgewalt. Deswegen ist die Phase 6 (sowie

generell 5 bis 7) für Konfliktbewältigung unter Zuhilfenahme eines/einer kompetenten

Mediators/Mediatorin prädestiniert. Ab Phase 6 sollten die Konfliktparteien generell über

die „Delegation“ der Entscheidung an eine(n) Dritte(n) nachdenken.

Spätestens in Phase 8 erscheint dies unumgänglich. Der Streit wird hier durch die

ordentlichen Gerichte oder ein Schiedsgericht zu entscheiden sein.

Auseinandersetzungen der Phasen 7 bis 9 können ebenfalls durch die Entscheidung einer

Machtinstanz bewältigt werden. Ab Phase 9 ist dies sogar die einzig verbleibende Option.

Soll der Streit ein endgültiges Ende haben, ist es wichtig, dass die machtüberlegene

Instanz, welche den Akteur bzw die Akteurin „zerstört“215, auch fähig ist, die Situation

weiterhin zu kontrollieren, ansonsten erweist sich die Regelungsmethode nicht als

dauerhaft.

Mit Blick auf die Wahl der Konfliktregelungsmöglichkeiten ist im Allgemeinen jener der

Vorzug zu geben, welche auf einen Konsens abzielt. Unbedingt zu beachten ist, dass sich

die Konfliktparteien in verschiedenen Phasen befinden können. Sohin kann es sein, dass A

bereits daran denkt, eine Klage einzubringen (Phase 7), während B den Konflikt als

weniger eskaliert (Phase 5) wahrnimmt.216

Vermittlung von Konflikfähigkeit:

Die Eskalationsstufen werden anhand von Filmsequenzen aus „Der Rosenkrieg“, USA

1989, der auf jenen basiert, veranschaulicht und näher diskutiert. In einem weiteren

Übungsschritt reflektieren die Lernenden über die konflikteskalierende Abfolge des

nachstehenden Beispiels.

Phase 1: Zwei Nachbarn leben in einem Mietshaus. Einer davon (Nachbar A) hat einen

Bürojob, in dem er täglich ab 8 Uhr morgens arbeitet. Der andere (Nachbar B) arbeitet

nachts als DJ in einer Bar. Nachbar A fühlt sich in seiner Nachtruhe gestört, wenn

Nachbar B in den frühen Morgenstunden (zwischen vier und fünf Uhr früh) nach Hause

215

Z.B. die Kündigung eines Mitarbeiters durch die Chefin. 216

Glasl, F., Selbsthilfe in Konflikten. Konzepte – Übungen – Praktische Methoden7

(2015) 137 ff.

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kommt und noch duscht oder sich etwas zu essen macht (Piepsen der Mikrowelle).

Nachbar B hingegen fühlt sich im Schlaf gestört, wenn Nachbar A gegen sieben Uhr

aufsteht und duscht bzw. die Türen in der Wohnung auf und zu macht.

Phase 2: Die beiden begegnen sich im Treppenhaus und sprechen die Situation an. Keiner

der beiden weicht von seinem Standpunkt ab oder sieht ein, dass er auch selbst etwas

zur Situation beiträgt. Der andere soll sich gefälligst zusammenreißen, da man selbst

schließlich nichts dafür kann – man hat eben seine Arbeitszeiten.

Phase 3: Beide denken sich: Dem werde ich zeigen, wie lustig es ist, wenn ich dauernd

aus dem Schlaf hochschrecke. Nachbar A schlägt die Türen noch etwas kräftiger zu, wenn

er aus dem Haus geht und duscht etwas länger als üblich. Nachbar B schaltet die

Mikrowelle ein, auch wenn er gar nichts isst und schlägt ebenfalls die Türen ewas lauter

zu.

Phase 4: Nachbar A trifft zufällig einen anderen Nachbarn im Stiegenhaus und fragt ihn,

ob ihn dieser Lebenswandel von Nachbar B nicht auch stört. Das kann nicht normal sein.

Immer ist der nachts unterwegs und macht dann Lärm. Wer weiß, wen der ins Haus

bringt. Das könnte ja auch gefährlich sein. Da könnte man schon überlegen, ob man nicht

gemeinsam etwas dagegen unternimmt.

Phase 5: Beide beginnen ganz offensiv, andere aufzuhetzen. Sie gehen zu den Nachbarn

und erzählen von den letzten Eskapaden, wobei sie es auch mit der Wahrheit nicht mehr

ganz so genau nehmen: Nachbar A erzählt Nachbarin X, er hätte gesehen, wie Nachbar B

völlig betrunken mit einer Horde anderer Betrunkener ins Haus gekommen ist. Nachbar B

erzählt Nachbar Y, ihm wäre von Nachbar A nachts aufgelauert worden und der hätte ihn

wüst beschimpft – außerdem hätte er ihm das Auto zerkratzt.

Phase 6: Nachbar B droht Nachbar A: „Ich will, dass Sie noch heute aus dem Haus

ausziehen, andernfalls kann ich Ihnen versprechen, dass Sie sich in ihren eigenen vier

Wänden nicht mehr sicher fühlen.“

Phase 7: Nachbar A lauert Nachbarn B zu jeder Tages- und Nachtzeit auf und/oder macht

nachts Krach – man kommt zwar auch selbst nicht mehr allzu viel zum Schlafen, die

Arbeit leidet und auch die anderen Nachbarn haben vermutlich ein Problem damit, aber

das ist es Wert.

Phase 8: Nachbar B ruft anonym bei der Arbeitsstelle von Nachbar A an und unterstellt

ihm ein Alkoholproblem. Außerdem würde er mit Firmengeheimnissen hausieren. Der

nächtliche bzw. frühmorgendliche Lärm ist mittlerweile sowieso von beiden Seiten aus

dem Ruder gelaufen (das Radio wird in voller Lautstärke aufgedreht, man hämmert bei

anderen gegen die Wand, etc.). Nachbar A beschädigt das Arbeits-Equipment von

Nachbar B, das dieser im Keller lagert.

Phase 9: Nachbar B attackiert Nachbar A vor Zeugen mit einem Stock. Nachbar A legt ein

kleines Feuerchen im Keller, um die Existenzgrundlage von Nachbar B zu vernichten. Es

stört keinen der beiden mehr, ob sie sich damit selbst großen Schaden zufügen.

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4.2.2. Grundmuster der Konfliktlösung – Gerhard Schwarz

Schwarz zufolge lassen sich sämtliche Konfliktlösungsvarianten auf das folgende

sechsstufige Grundmodell reduzieren.

Abbildung 25: Grundmuster der Konfliktlösung nach Schwarz.217

Das stufenmäßige Grundmodell weißt eine hierarchische Struktur auf, dennoch ist nicht

gesichert, dass immer die nächsthöhere Ebene erreicht wird, da jede Konfliktverschärfung

einen Rückfall auf eine niedrigere Ebene bewirkt. Festzuhalten ist, dass zwischen den

Konfliktparteien eine gütliche Einigung nur dann möglich sein wird, wenn sich die

AkteurInnen auf derselben Ebene befinden, d.h. eine konsensuale Lösung kann nur dann

zustande kommen, sofern beide Streitteile einen Konsens anstreben. Steht einer der

AkteurInnen allerdings noch auf der Ebene des Kompromisses, ist auch lediglich eine

Kompromisslösung erzielbar.218

Flucht:

Laut Untersuchungen ist die Flucht als

quasi vorprogrammiertes, urinstink-

tives Verhaltensmuster die zumeist

präferierte Option in einer Konfrontation. Es ist zwar richtig, dass manche

Konfliktsituationen sicherlich mit dieser „Taktik“ gelöst werden können, zumeist stellt die

217

Schwarz, G., Konfliktmanagement9, 282.

218 Schwarz, G., Konfliktmanagement

9, 317.

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Flucht-Variante allerdings nur einen Aufschub dar und ist als dauerhafte Lösung gänzlich

ungeeignet. Gehen AkteurInnen einer Konfrontation aus dem Weg, gibt es zwar keine

VerliererInnen und es wird eine gewisse (meist gesunde) Distanz zwischen den

Streitteilen hergestellt, allerdings hat das Flüchten den großen Nachteil, dass kein

Lernprozess initiiert werden kann.

Vernichtung:

Stellt die Flucht keine tunliche Option

mehr dar, entbrennt ein Kampf

zwischen den KontrahentInnen. Im

Zuge dieses Kampfes versuchen beide

OpponentInnen, den/die jeweils andere(n) zu zerstören. Der Vorteil der Vernichtungs-

Variante liegt unbestreitbar darin, dass dadurch der/die FeindIn dauerhaft eliminiert wird.

Der Nachteil ist allerdings, dass mit dem Untergang des Opponenten/der Opponentin

zugleich sämtliche anderen Lösungsebenen eliminiert werden.

Unterordnung:

Zur Option der Unterordnung ist

auszuführen, dass im Rahmen dieses

Verhaltensmusters jene Konfliktpartei

die Oberhand behält, welche die

zentralere Position einnimmt (KönigIn gegenüber Untertanen). Die Lösungsvariante ist

nur möglich, wenn sich zwei widersprüchliche Standpunkte gegenüberstehen, wobei sich

lediglich einer als aufrechtbar bzw. brauchbar erweist und der/die KontrahentIn diesen

gegnerischen Standpunkt – wenn auch unfreiwillig – akzeptiert. Der Vorteil dieser

Variante liegt – v.a. historisch gesehen – in der Arbeitsteilung. Feinde wurden nicht

vernichtet, sondern ordneten sich unter. Sohin konnte man voneinander lernen und aus

der Sicht der sich unterordnenden Person gab es immer noch die Hoffnung auf

Umkehrbarkeit der Situation.

Delegation an Dritte:

Im Zuge der Delegation wird eine dritte

neutrale Person dem Konflikt

beigezogen, welche die Vermittlerrolle

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zwischen den Parteien wahrnehmen und so möglicherweise eine gütliche Einigung

herbeiführen kann. Der/die Dritte stellt sicher, dass die Kommunikation zwischen den

KontrahentInnen aufrecht bleibt. Die Delegation ist allerdings nur unter zwei

Voraussetzungen anwendbar. Erstens muss es in der jeweiligen Streitsituation eine

falsche und eine richtige Lösungsvariante geben. Zweitens muss der/die Dritte als höhere

Instanz die richtige Lösung finden.

Kompromiss:

Der Kompromiss stellt eine

Teileinigung in einem ausgewählten

Bereich dar. Der Vorteil dieser Option

ist zugleich auch deren Nachteil. Denn eine Schlichtung auf Kompromissbasis ist eben nur

eine Teileinigung und bei negativer Betrachtung ein Teilverlust für beide AkteurInnen. Bei

Kompromissen wird zwischen „faulen“ und guten Kompromissen differenziert.

Konsens:

Eine konsensuale Lösung kann erst dann zustande kommen, wenn die bereits

aufgezählten Optionen fruchtlos geblieben sind. In diesem Fall liegt eine sogenannte

Aporie, d.h. eine sich durch die drei nachfolgenden Elemente kennzeichnende logische

Ausweglosigkeit, vor:

Es gibt zwei einander widersprechende Interessen oder Behauptungen;

Beide sind wahr bzw. berechtigt;

Beide sind voneinander abhängig.

Zur Lösung dieser Situation ist es notwendig, dass die beiden Konfliktparteien einen

Lernprozess durchmachen. Am Ende kommt es zu einer gemeinsam erarbeiteten Lösung,

die beide Gegensätze miteinander versöhnt, ohne dass eine der bisher aufgezählten

„Ausstiegsoptionen“ (z.B. Vernichtung oder Unterwerfung) zum Tragen kommt.219

4.3. Fachübergreifendes Denken

Fachübergreifendes Denken aus der Unternehmensperspektive bezieht zahlreiche

Fachrichtungen mit ein. Dazu zählen nicht nur Kenntnisse ökonomischer und politischer

Zusammenhänge, sondern beispielsweise auch juristische, soziologische, pädagogische

219

Schwarz, G., Konfliktmanagement9, 283-305.

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116

und ästhetische Inhalte. ArbeitnehmerInnen, die fachübergreifend denken, schaffen

fließende Übergänge zwischen Fachwissen und anderen Kenntnissen und können

Systemübergänge und komplexe Anforderungsstrukturen erfassen. Aufgrund dessen, dass

sich alte Berufsbilder auflösen, bieten Unternehmensverantwortliche häufig jenen

Personen einen Arbeitsplatz an, die folgende Identifikationsmerkmale aufweisen:

Bereitschaft, über den „Tellerrand“ des eigenen Arbeitsbereiches, des eigenen

Unternehmens und der eigenen Fachkenntnisse hinauszublicken;

breite fachliche und überfachliche Allgemeinbildung;

Bereitschaft zu organisierter und selbstorganisierter Weiterbildung, um die

eigenen Kenntnisse weiterzuentwickeln;

Erkennen von Erfahrungsgewinnen als informelle Möglichkeiten zur Erweiterung

der eigenen Kenntnisse;

Interesse an der Entwicklung des eigenen Fachgebiets und daran angrenzende

Themenbereiche zur Ableitung von zukünftigen Konsequenzen.220

Vermittlung von fachübergreifendem Denken

Selbstcheck:

Für einen Selbstcheck empfehlen Heyse/Erpenbeck die Bearbeitung folgender

Fragestellungen:

Was wird sich wahrscheinlich hinsichtlich meiner Tätigkeit und meines

Aufgabenbereiches mittelfristig ändern?

Mit welcher Tätigkeitsgruppe werde ich noch intensiver zusammenarbeiten

müssen?

Wie könnte eine effiziente Anreicherung und Erweiterung meiner jetzigen

Tätigkeit aussehen?

Nach eigenständiger Klärung dieser Fragen ist es nützlich, weitere Personen, die den

Arbeitsbereich gut kennen in die Analyse einzubeziehen und in einem Gespräch mit der

Führungskraft Überlegungen anzustellen, welche überfachlichen Kenntnisse zu dem

220

Heyse, V., Strategien – Kompetenzanforderungen – Potenzialanalysen, in: Heyse, V./Erpenbeck, J., (Hrsg.), KompetenzManagement 11 (51).

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117

aktuellen Tätigkeitsfeld gehören, welche noch fehlen und wie diese Kenntnisse

zweckmäßig erworben werden können.221

Persönliche Maßnahme:

Ein(e) ArbeitnehmerIn sollte sich die Bearbeitung folgender Fragestellungen für die

nächsten drei Wochen vornehmen:

Was werde ich zuerst und vorrangig tun?

Wie kontrolliere ich die Resultate?

Wo werde ich mich weiter über fachübergreifendes Denken informieren?222

4.4. Teamfähigkeit

Teamfähigkeit ist „die Kompetenz eines Einzelnen zur geeigneten, effektiven,

zielgerichteten und letztlich positiv erlebbaren Zusammenarbeit mit anderen“223.

Gemeinschaftliches Handeln und die Aufgeschlossenheit für Neues stehen dabei im

Vordergrund.224

Teams sind mit den Dimensionen Spezialisierung, Hierarchie, Beständigkeit und

Integration zu klassifizieren. Teammitglieder können über spezialisiertes Wissen und

Fähigkeiten verfügen (Dimension Spezialisierung). In interdisziplinären Teams drückt sich

dieser Faktor beispielsweise dadurch aus, dass Personen nicht schnell ersetzbar sind. Der

Grund für einen geringen Spezialisierungsgrad kann darin liegen, dass sich

GeneralistInnen leicht gegenseitig vertreten können. Bei der Verantwortung von

Entscheidungen spielt Macht einen wichtigen Faktor (Dimension Hierarchie). Trifft eine

Person alleine Entscheidungen, ist die Hierarchie stark ausgeprägt. Wenn das Team

gemeinsam eine Entscheidung trifft, liegen geringe Machtstrukturen vor. Ein Team kann

eine gemeinsame Vergangenheit und Zukunft aufweisen (Dimension Beständigkeit),

indem Mitglieder beispielweise selten wechseln. Die vierte Dimension beschreibt die

Integration von Teams in die gesamte Arbeitsorganisation (Dimension Integration), wobei

221

Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 473. 222

Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 481 f. 223

Kleinmann, A., Teamfähigkeit (2005) 14. 224

Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 362.

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118

zwischen klassischen in die Organisation integrierten Arbeitsgruppen und Projektgruppen,

die temporär zusammenarbeiten, zu differenzieren ist.225

Tuckman teilt die Entwicklung eines Teams in die Phasen Forming, Storming, Norming

und Performing ein. In der ersten Phase, dem Forming, findet sich die Gruppe, es herrscht

Unsicherheit, formelle Höflichkeit und eher geringe Sympathie. Das Storming zeichnet

sich dadurch aus, dass die Teammitglieder wissen, wie sie ihre KollegInnen einschätzen

und wie diese arbeiten. Es kann Rivalität entstehen und die Leistung ist eher gering. Im

Norming diskutieren die Teammitglieder über Normen oder treffen darüber

stillschweigend eine Übereinkunft. Dadurch festigen sich die jeweiligen Rollen und die

gegenseitige Akzeptanz erhöht sich. Sobald das Team geschlossen handelt und ein

gemeinsames Ziel verfolgt, erreichen die Mitglieder das Performing und damit die letzte

Phase.226

In den 1970ern entwickelten Tuckman und Jensen eine zusätzliche fünfte Phase, das

Adjourning, das für Teams gilt, die gemeisam eine Aufgabe erledigen und im Anschluss

daran in einer neue Zusammensetzung innerhalb der Organisation an einem anderen

Auftrag arbeiten. Die Teammitglieder sind oftmals traurig über den bevorstehenden

Abschluss und machen sich Sorgen über die Zukunft.227

Vermittlung von Teamfähigkeit

Heyse/Erpenbeck regen zur Messung der Teameffektivität dazu an, beispielweise folgende

Basisfragen zu beantworten:

1. Welche sind die Produkte/Dienstleistungen unseres Teams?

2. Welche Tätigkeiten sind erforderlich, um die Leistungen zu erbringen?

3. Wie müssen wir uns demgemäß organisieren, wie müssen wir unsere Organisation

dazu strukturieren?

4. Wer trägt die Verantwortung, wie sind die Teilverantwortungen festzulegen?

5. Welche Kompetenzanforderungen ergeben sich daraus für uns?

225

Hollenbeck, J. R./Beersma, B./Schouten, M. E., Beyond Team Types and Taxonomies: A Dimensional Scaling Conceptualization for Team Description. Academy of Management Review 2012, 37, H. 1, 82-106; Kauffeld, S./Schulte, E.-M., Teams und ihre Entwicklung, in: Kauffeld, S. (Hrsg.), Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (2014) 151 (152 f.). 226

Tuckman, B. W., Developmental sequences in small groups. Psychological Bulletin 1965, 63, 348 (396 f.); siehe auch Kauffeld, S., Teamdiagnose (2001) 30. 227

Tuckman, B. W./Jensen, M.-A., Stages of Small-Group Development Revisited, Group & Organization Studies 1977, 2, 419-427; Dick von, R./West, M. A., Teamwork, Teamdiagnose, Teamentwicklung (2005) 24.

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119

6. Auf welche vorhandenen Kompetenzen und Qualifikationen können wir

zurückgreifen?

7. Welche Kompetenzen müssen wir stärken, erweitern, kombinieren, und welche

Qualifikationen müssen wir erwerben?

8. Wie gehen wir miteinander im Rahmen eines effektiven Arbeitsprozesses um, und

welche „Spielregeln“ wollen wir vereinbaren?228

Als weitere Methode können Bedingungen für effektive Besprechungen aufgestellt

werden. Dazu zählt z.B. eine klare Definition, wann, warum und wo die Sitzung

stattfindet. Auch sollte den Teammitgliedern ausreichend Zeit zur Vorbereitung zur

Verfügung stehen, wofür eine ausformulierte Tagesordnung unerlässlich ist. Für die

Besprechung selbst ist es sinnvoll, u.a. eine(n) BesprechungsleiterIn und eine(n)

ProtokollführerIn im Vorfeld zu bestimmen.229

4.5. Organisationsfähigkeit

Organisationsfähigkeit setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen. Einerseits enthält

jene Kompetenz das Erkennen von wesentlichen Inhalten, von wichtigen

Zusammenhängen und funktionalen Abhängigkeiten, andererseits ist das eigene

Engagement zur Gestaltung und Veränderung erkannter Zusammenhänge eine

wesentliche Voraussetzung. Dadurch ist es möglich, wesentliche und unwesentliche

Parameter in betrieblichen Abläufen zu klassifizieren. Steigende Dynamik und Offenheit

eines Unternehmens erfordern ebenfalls ein größeres Maß an Organisationsfähigkeit und

Selbstmanagement der MitarbeiterInnen und Führungskräfte. Folglich ist

Organisationsfähigkeit eng mit Planungsfähigkeit/Planungsverhalten und Tatkraft

verbunden.230

Erpenbeck/Sauter empfehlen in betrieblichen Prozessen und Projekten die Begleitung

durch einen Coach zur Erhöhung von Selbstorganisationsfähigkeit. Diese(r) soll den

Coachee befähigen, bei komplexen Handlungsverläufen selbstorganisiert optimale

Ergebnisse zu entwickeln. Coaching stärkt somit als „Hilfe zur Selbsthilfe“ die Fähigkeit zur

228

Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 364. 229

Fisher, K./Rayner, St./Belgard, W., Tips für Teams. Teameinsatz optimal realisieren (1995) 216 ff. 230

Heyse, V. in Heyse, V./Erpenbeck, J. 79.

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Selbststeuerung und Selbstorganisation und ist prozessorientiert (Wie wird gelernt?).231

Dem Coachee werden seine eigenen Ressourcen bewusst und er/sie kann in weiterer

Folge eigenständig Probleme bewältigen.232

Ein Coach kann Kompetenzentwicklungsprozesse in sechs Schritten begleiten:

1. Klärung des Entwicklungsziels und Festlegung des Entwicklungsbedarfs;

2. Gemeinsame Festlegung von Wegen zur Kompetenzentwicklung;

3. Gemeinsame Definition von Aufgaben in der Praxis und in Projekten;

4. Beobachtung und Unterstützung der Kompetenzentwicklung;

5. Durchführung von Auswertungsgesprächen;

6. Dokumentation des Entwicklungsprozesses und der Ergebnisse, Weitergabe der

Erfahrungen.233

Vermittlung von Organisationsfähigkeit

Selbstcheck:

Der Selbstcheck besteht aus zwei aufeinanderfolgenden Schritten. Zuerst muss sich die

Person an eigene Vorhaben erinnern, die gescheitert oder mit größerer Zeitverzögerung

erfüllt worden sind. Zu hinterfragen ist in weiterer Folge, woran das Scheitern oder die

Verzögerung liegt (z.B. Selbstüberschätzung, Planen „aus dem Bauch heraus“ ohne klare

Ziele, Maßnahmen und Endtermine).

Der zweite Schritt enthält die Anfertigung eines Versäumnisprotokolls mit dem konkreten

Vorhaben, den Grund und den Zeitpunkt der tatsächlichen Realisierung. Mit der Reflexion

darüber, welche Handlungen die Person aus heutiger Sicht konsequenter und gezielter

setzen würde, kann ein Kompetenzgewinn erzielt werden.234

4.6. Zusammenfassende Bemerkungen

Zusammenfassend sind die theoretischen Modelle bzw. Abhandlungen von

Kommunikations- und Konfliktfähigkeit, fächerübergreifendem Denken sowie Team- und

Organisationsfähigkeit gegenüberzustellen.

231

Erpenbeck, J./Sauter, W., Wissen, Werte und Kompetenzen in der Mitarbeiterentwicklung. Ohne Gefühl geht in der Bildung gar nichts (2015) 27. 232

Müri, P./Steiner, B., Coaching auf den Punkt gebracht (2006) 5 ff. 233

Erpenbeck, J./Sauter, W., Wissen, Werte und Kompetenzen in der Mitarbeiterentwicklung 28. 234

Heyse, V./Erpenbeck, J., Kompetenztraining 587.

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121

Rosenberg postuliert für die Gewaltfreie Kommunikation, dass gerade in

konfliktbehafteten Situationen sich die Beteiligten überlegt, aufrichtig und ehrlich äußern

und die Bedürfnisse, die hinter den Gefühlen stecken, benennen.235 Auch Birkenbihl

thematisiert den Begriff Ehrlichkeit in der Kommunikation, indem sie davon ausgeht, dass

100%ige Ehrlichkeit nicht möglich ist.236 Schulz von Thun zufolge können Offenheit und

Ehrlichkeit dem/der KommunikationspartnerIn gegenüber aufgrund von Verletzungen

riskant und schwierig sein. Ich-Botschaften erfüllen gerade den Zweck, offen

Empfindungen, Gefühle und Gedanken zu artikulieren.237 Birkenbihl und Rosenberg

empfehlen Paraphrasieren, d.h. das Wiederholen des Gesagten mit eigenen Worten, zur

Verhinderung von Unklarheiten und Missverständnissen. Der/die EmpfängerIn kann die

„gespiegelten Worte“ bestätigen oder er/sie hat die Möglichkeit, seine Aussage richtig zu

stellen.238 Feedback nutzt Schulz von Thun zur Entschlüsselung von Nachrichten und

Verbesserung der Kommunikation.239

Birkenbihl, Schulz von Thun und Riemann haben gemeinsam, dass sie auf Persönlichkeits-

bzw. Menschentypen näher eingehen. Rosenberg nennt keine bestimmten

Persönlichkeitstypologien. Riemann unterscheidet vier Grundausrichtungen, nämlich

Dauer, Wechsel, Nähe und Distanz, die in unterschiedlichen Ausprägungen bei jedem

Menschen vorhanden sind und das Beziehungs- und Kommunikationsverhalten

beeinflussen. Mit der Ausprägung der einzelnen Grundausrichtungen sind bestimmte

Wertvorstellungen, Motivationen und Bedürfnisse verknüpft.240

Bedürfnisse hebt Rosenberg insofern hervor, als dass er deren Erkennung und Artikulation

genau beschreibt und in Verbindung zu den empfundenen Gefühlen setzt. Birkenbihl stellt

einen Bezug zu der Maslowschen Bedürfnispyramide her und geht davon aus, dass

erfolgreiche Kommunikation erst nach Erfüllung der Grundbedürfnisse,

Sicherheitsbedürfnisse, sozialen Bedürfnisse und Ich-Bedürfnisse entstehen kann.241

Schulz von Thun betont, dass Menschen über sich reflektieren und wissen müssen, was in

235

Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation8, 25 f.

236 Birkenbihl, V., Kommunikationstraining

19, 217 ff.

237 Schulz von Thun, F., Störungen und Klärungen, Band 1 (1998) 79 f.

238 Birkenbihl, V., Kommunikationstraining

19, 178 f.; Rosenberg, M., Gewaltfreie Kommunikation

8, 118 f.

239 Schulz von Thun, F., Störungen und Klärungen 79 f.

240 Riemann, F., Grundformen der Angst

40, 22 ff., 68 ff., 121 ff., 179 ff.

241 Birkenbihl, V., Kommunikationstraining

19, 48 ff.

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ihnen vorgeht, um gut kommunizieren zu können. Jene Metakommunikation hilft dabei,

Bedürfnisse des Gesprächspartners bzw. der Gesprächspartnerin zu erfüllen.242

Der Umgang mit konfliktbehafteten Situationen ist für den Berufsalltag essentiell. Neben

den beschriebenen Kommunikationstechniken bieten die Modelle von Schwarz

(Grundmustet der Konfliktlösung) und Glasl (Eskalationsstufen) eine Orientierungshilfe für

ein ausgewogenes Miteinander. Denn nur wenn sich die Beteiligten – in eventu nach

Durchführung einer Konfliktanalyse – bewusst sind, auf welcher Stufe sich ihre

individuelle Auseinandersetzung befindet, können sie selbst oder Dritte beurteilen,

welche Deeskalationsmöglichkeit zur Anwendung gelangen kann.

Sohin ist es nicht zweckmäßig, Streitigkeiten auf Stufe 4 mit einer Klage bereinigen zu

wollen. Umgekehrt können Kosten und Mühen reduziert werden, wenn ein Konflikt

zwischen MitarbeiterInnen, der sich auf Stufe 4 befindet, durch eine Mediation gelöst

wird. Denn so sehr sich Konflikte in ihrer Ausprägung unterscheiden, so unterschiedlich

sind auch die Lösungen dafür.

Zur besseren Klärung und Einübung der geschilderten Phasen der Eskalation eignen sich

Rollenspiele sowie Sachverhaltsdarstellungen, die die Phasen konkret beschreiben.

Zusätzlich reflektieren Lernende darüber, in welchen Stadien sich ihre individuellen

Konflikte befinden.

Für Personalverantwortliche spielt ebenfalls fachübergreifendes Denken ihrer

MitarbeiterInnen eine Rolle. Die Fähigkeit, über den „Tellerrand“ zu blicken sowie über

eine breite fachliche und überfachliche Allgemeinbildung zu verfügen, sind wesentliche

Merkmale. Zur Vermittlung von fachübergreifenden Kompetenzen empfehlen

Heyse/Erpenbeck einen Selbstcheck, bei dem der/die AnwenderIn über bestimmte

Fragestellungen reflektiert und in den darauf folgenden Wochen persönliche Maßnahmen

setzt.

Fachübergreifendes Denken steht jedoch nicht für sich allein, denn arbeiten

MitarbeiterInnen mit unterschiedlichen fachlichen Hintgründen zusammen, ist

Teamarbeit gefragt. Ein Team durchlebt eine gemeinsame Entwicklung, die Tuckman in

Forming, Storming, Norming und Performing gliedert. Als Weiterentwicklung kam die

Phase des Adjourning hinzu, da sich Teams immer wieder neu formieren müssen. Zur

242

Schulz von Thun, F., Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung, Band 2 (1998) 57, 68.

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123

Vermittlung dienen Fragenkataloge, um die Teameffektivität zu messen, oder die Klärung

von Bedingungen für effektive gemeinsame Besprechungen.

Neben der Teamfähigkeit spielt Organisationsfähigkeit eine immer wichtigere Rolle im

Arbeitsalltag. Diese steht im engen Konnex zu der Planungsfähigkeit/Planungsverhalten

und Tatkraft und ist u.a. eine wesentliche Kompetenz zum Erkennen von wichtigen

Zusammenhängen und funktionalen Abhängigkeiten. Für den Erwerb empfiehlt sich ein

Coach, der bei der Entwicklung von komplexen Handlungsverläufen unterstützend agiert.

Als weitere Möglichkeit ist ein Selbstcheck mit Reflexionsfragen zu nennen.

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5. Verfahren zur Kompetenzmessung in der Personalauswahl

Um berufliche Anforderungen bewältigen zu können, ist der Person-Environment-Fit

erforderlich. Für eine Übereinstimmung ist an der Person und der Bedingung anzusetzen

und im Anschluss daran die Selektion und die Modifikation zu betrachten. Sowohl die

Fähigkeiten des/der Arbeitnehmenden und Arbeitsanforderungen seiner/ihrer Position im

Unternehmen als auch die Bedürfnisse, Interessen sowie Werthaltungen und die

Befriedigungsmöglichkeiten müssen miteinander korrespondieren. Daraus resultiert

jedoch, dass bereits im Stadium der Personalauswahl mit Hilfe geeigneter Verfahren zur

Kompetenzmessung das Entwicklungspotential erkannt und mögliche Veränderungen

Eingang in den Arbeitsalltag finden müssen, was die Notwendigkeit des lebenslangen

Lernens unterstreicht.243

Abbildung 26: Übereinstimmung zwischen MitarbeiterIn und Position/Anforderungen.244

243

Edwards, J. R./Caplan, R. D./Harrison, R. V., Person-environment fit theory. Conceptual foundations, empirical evidence, and directions for future research, in: Cooper, C. L. (Ed.), Theories of organizational stress (1998) 28 (28 ff.). 244

Rosenstiel von, L., Dispositionen zum selbstorganisierten Handeln entfalten: Wege der Kompetenzentwicklung, in: Niedermayr, G. (Hrsg.), Kompetenzen entwickeln, messen und bewerten (2012) 103 (109).

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125

Weinert warnt im Zusammenhang mit dem Fit davor, dass eine Balance zwischen Fit und

Diversity bestehen muss. Denn jede(r) BewerberIn verfügt über Eigenschaften, die

überdauernd oder veränderbar sind, sowie über Charakteristika, die messbar und kaum

messbar sind. Des Weiteren ist im Bewerbungsprozess u.a. auf die Passung zwischen

Person und Organisation, die allgemeinen Fähigkeiten, die Arbeitszufriedenheit, die

Organisationskultur, die gefragten Kompetenzen und das Profil der Organisation Bedacht

zu nehmen.245

In Einstellungsverfahren ist dementsprechend schon bei der Personalauswahl anzusetzen,

um in diesem Prozess mit bestimmten Indikatoren zu erkennen, ob ein(e)

UniversitätsabsolventIn den gestellten (zukünftigen) Anforderungen und Aufgaben

gewachsen ist.246

Folglich ist zu klären, welche Verfahren ArbeitgeberInnen zur Verfügung stehen, um die

Kompetenzen von HochschulabsolventInnen zu erfassen. Die Verfahren finden ihren

Ursprung einerseits in der Personaldiagnostik bei der Erfassung von

Persönlichkeitsmerkmalen247, andererseits in der Motivationsdiagnostik248 und

Emotionspsychologie249. In der Praxis eignen sich Bretschneider/Preißer zufolge

Kompetenzbilanzen, Qualifikationsportfolios oder der Bildungspass zur Erfassung von

Kompetenzen.250

245

Weinert, A., Organisations- und Personalpsychologie. Ein Lehrbuch5 (2004) 330 f.

246 Rosenstiel von, L. in Niedermayr, G. 110.

247 Siehe hierzu Lang von Wins, Th., Die Kompetenzhaltigkeit von Methoden moderner psychologischer

Diagnostik-, Personalauswahl- und Arbeitsanalyseverfahren sowie aktueller Management-Diagnostik-Ansätze, in: Erpenbeck, J./Rosenstiel, L.v. (Hrsg.), Handbuch Kompetenzmessung (2003) 585-618. 248

Rheinberg, F., Motivationsdiagnostik (2004) 21. 249

Ulich, D./Mayring, Ph., Psychologie der Emotionen. Grundriß der Psychologie2, Band 5 (2003) 33 f.

250 Bretschneider, M./Preißer, R., Sichtbarmachung und Anerkennung von informellem Lernen im Rahmen

der individuellen Erstellung von Weiterbildungspässen, in: Nuissl, E./Schiersmann, Ch./Siebert, H. (Hrsg.), Zertifikate. Literatur- und Forschungsreport Weiterbildung 4/2003, 31 (33).

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Abbildung 27: Verfahren zur Kompetenzmessung in der Personalauswahl.251

Es soll nicht das Ziel dieses Kapitels sein, alle Kompetenzerfassungsmodelle abzuarbeiten,

vielmehr dient es dazu, einen Überblick über die für ArbeitgeberInnen relevante

Messverfahren für die Personaleinstellung zu geben und um eine theoretische Basis für

die geführten Interviews und die Fragebogenerhebung im empirischen Teil der Arbeit252

zu schaffen.

Die Personalauswahl ist durch eine große Anzahl an Methoden gekennzeichnet, die von

Bewerbungsgesprächen über den Einsatz von Assessment Centern und

Kompetenzfeststellungsverfahren bis hin zu psychologischen Testverfahren reichen.

Dabei stellen sich gerade für HochschulabsolventInnen, die zum ersten Mal nach dem

Abschluss ihres Studiums einen Bewerbungsprozess durchlaufen, die Fragen, mit welchen

unterschiedlichen Verfahren sie rechnen müssen und welche Kompetenzen wie gemessen

werden. In diesem Kapitel ist daher die Brücke von den theoretischen Ausführungen über

die oben beschriebenen Kompetenzen hin zur praktischen Beurteilung derselben in

Einstellungsverfahren zu schlagen.

5.1. Auswertung schriftlicher Unterlagen

Mit Bewerbungsunterlagen nimmt der/die BewerberIn zumeist mit dem Unternehmen

Kontakt auf. Diese sollten einer sorgfältigen und systematischen Analyse unter Beachtung

von einheitlichen Begutachtungskriterien unterzogen werden.253 Kreuscher, der eine

repräsentative Umfrage durchführte, um zu ermitteln, wie viel Aufwand

Personalverantwortliche für die Sichtung von Bewerbungsunterlagen aufwenden,

veröffentlichte seine Ergebnisse unter dem scharfzüngigen Titel „Lebenslaufanalyse –

251

In Anlehnung an Berthel, J./Becker, F., Personal-Management: Grundzüge für Konzeptionen betrieblicher Personalarbeit

10 (2013).

252 Siehe hierzu Kapitel II.

253 Kanning, U., Standards der Personaldiagnostik (2004) 314 f.

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kürzer als das Rauchen einer Zigarette“. Demzufolge wenden 70% der deutschen

Unternehmen weniger als 10 Minuten für die Analyse der Unterlagen auf.

Großunternehmen nutzen lediglich 30 Sekunden.254

In dieser kurzen Analysephase sollten jedoch folgende Punkte der Bewerbungsunterlagen

Berücksichtigung finden:

formale Gestaltung,

Vollständigkeit,

stilistische Gestaltung,

Inhalt.255

Dadurch erhalten Personalverantwortliche eine erste Einschätzung und können

entscheiden, welche BewerberInnen sie zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch

einladen.256

Die Begutachtung folgt zumeist nach dem biographieorientieren Verfahren, wonach

beispielsweise davon auszugehen ist, dass eine Person mit sehr guten Noten in der Schule

und dem Studium im Berufsalltag herausragende Leistungen erbringt. Ebenfalls ist

anhand von Praktikums- oder Dienstzeugnissen erkennbar, wenn sich der/die BewerberIn

bereits in unterschiedlichen Arbeitsfeldern bewährt hat. Das Anschreiben, der Lebenslauf

und das Motivationsschreiben lassen zusätzlich Rückschlüsse auf den allgemeinen

Motivstatus zu. Wenngleich die Unterlagen aus mehreren Teilen bestehen, ist es

unausweichlich, Interpretationen anzustellen. Aufgrund der biographischen Fakten und

der formalen Qualifikationen ist keine fundierte Einschätzung der Persönlichkeit des

Bewerbers bzw. der Bewerberin möglich. Bei der Sichtung der Bewerbungsmappe und

beim Lichtbild liegt die Problematik beispielsweise im subjektiven Ästhetikempfinden.257

Ein Kompetenzportfolio dient als sinnvolle und inhaltlich fundierte Ergänzung der

Bewerbungsmappe. Als Folge des Bologna-Prozesses werden diese an Hochschulen und

im Stadium der Berufseinstiegs immer wichtiger. Baumgartner et al. definieren 18

unterschiedliche Portfoliotypen und nennen in diesem Zusammenhang drei

Hauptportfoliotypen:

254

Kreuscher, R., Lebenslaufanalyse – kürzer als das Rauchen einer Zigarette, Personalwirtschaft 2000, 10, 64 (64 ff.). 255

Stopp, U., Betriebliche Personalwirtschaft. Zeitgemäße Personalwirtschaft – Notwendigkeit für jedes Unternehmen

26 (2004) 72.

256 Müllerschön, A., Bewerber professionell auswählen. Handbuch für Personalverantwortliche

2 (2012) 35.

257 Kanning, U., Standards der Personaldiagnostik 314 ff.

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128

Abbildung 28: Portfoliotypen.

Das Reflexionsportfolio stellt die persönliche Entwicklung des Portfolioerstellers

bzw. der Portfolioerstellerin in den Mittelpunkt und dient der Reflexion von

Lernprozessen.

Das Entwicklungsportfolio zielt zwar ebenfalls auf den individuellen

Entwicklungsprozess ab, rückt allerdings die äußere Entwicklung der beruflichen

Laufbahn in den Vordergrund.

Das Präsentationsportfolio beinhaltet in erster Linie die Außendarstellung und

kann für Bewerbungen genutzt werden.258

Die Karl-Franzens-Universität Graz orientiert sich am Entwicklungs- und

Präsentationsportfolio, die sowohl die Aus- und Weiterbildungen als auch die berufliche

Laufbahn beleuchten. Auf diese Weise setzt bei der Erstellung durch die

Auseinandersetzung mit den persönlichen Kompetenzen, Eigenschaften und Werten ein

Lernprozess ein.259 Inhalt sind sowohl Kompetenzen, die Studierende während der Schul-,

Studiums- und Ausbildungszeit erwerben, als auch jene, die sie sich in der Freizeit, der

Familienarbeit oder in Praktika aneignen. Durch ein Kompetenzportfolio lernt der/die

ErstellerIn die persönlichen Lernwelten sowie die eigenen Stärken kennen, baut

Selbstreflexionsfähigkeit auf und nimmt das persönliche Kompetenzspektrum wahr.

258

Baumgartner, P./Himpsl, K./Zauchner, S., Einsatz von E-Portfolios an (österreichischen) Hochschulen: Zusammenfassung - Teil I des BMWF-Abschlussberichts “E-Portfolio an Hochschulen”: GZ 51.700/0064-VII/10/2006. Forschungsbericht (2009) 3 f. 259

Neuböck, K., Kompetenzportfolios als Instrument erfolgreicher Karriereplanung, career service papers 2011, 18 (18).

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129

Dieses kann in weiterer Folge als aussagekräftige Unterlage für Bewerbungen genutzt

werden, und die Studierenden sind in der Lage, ihre individuellen Stärken und

Kompetenzen in Bewerbungsgesprächen gezielt und bewusst zu kommunizieren.260

Das Kompetenzportfolio der Karl-Franzens-Universität Graz ist detailliert in sechs

Abschnitte aufgebaut:

eine Titelseite mit Informationen zur Person, zu derzeitigen Ausbildungen sowie

momentanen beruflichen und außerberuflichen Tätigkeiten;

eine Übersichtstabelle von bisherigen Aus- und Weiterbildungen sowie

beruflichen Tätigkeiten;

ein Tätigkeitsportrait;

ein Kompetenzprofil;

ein Sprachenprofil sowie

ein beruflicher und privater Aktionsplan.

Das Kernstück bildet das Kompetenzprofil, in dem bisher erworbene Fachkompetenzen,

Methodenkompetenzen, sozial-kommunikative Kompetenzen und personale

Kompetenzen genau ausgewiesen sind.261

Für den Übergang zwischen universitärer Ausbildung und Arbeitswelt zeigt sich in

Gesprächen mit Unternehmen bzw. den Personalverantwortlichen, dass sich die Qualität

von Bewerbungen erhöht und sich die BewerberInnen durch die intensive

Auseinandersetzung mit den eigenen Kompetenzen und der eigenen Persönlichkeit für

das Vorstellungsgespräch sehr gut vorbereiten.262

5.2. Bewerbungsgespräch

Das Bewerbungs-, Vorstellungs-, Auswahl-, Einstellungsgespräch oder Interview ist ein

Instrument zur Personalauswahl, das weltweit am häufigsten zum Einsatz gelangt.263

Dieses ist nicht so komplex wie die in den folgenden Kapiteln beschriebenen Assessment

260

http://akademie.uni-graz.at/de/die-akademie/fachbereiche/kompetenzportfolios/ [15.01.2017]. 261

Neuböck, K., career service papers 2011, 19. 262

Stock, M./Riebenbauer, E., Uni-Abschluss! Was nun? Übergang zwischen Universität und Arbeitswelt im Kontext der Kompetenzentwicklung und des lebenslangen Lernens unterstützt durch ePortfolio-Arbeit, bwp@ Spezial 5, 2011, 1 (13). 263

Weuster, A., Personalauswahl I. Internationale Forschungsergebnisse zu Anforderungsprofil, Bewerbersuche, Vorauswahl, Vorstellungsgespräch und Referenzen

3 (2012) 191.

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130

Center oder psychologischen Testverfahren, muss aber dennoch bestimmten

Qualitätsstandards entsprechen, sodass es zu aussagekräftigen Ergebnissen führt.

Kanning stellt in diesem Zusammenhang klar, dass eine Anforderungsanalyse in

Kombination mit einem standardisierten Interview im Verhältnis zu einem klassischen

Einstellungsgespräch bessere Ergebnisse zur Vorhersage der beruflichen Leistung erzielt.

Die BewerberInnen erhalten dieselben Fragestellungen, für deren Bewertung verbindliche

Kriterien im Vorfeld festgelegt werden.264 Je unstrukturierter ein Gespräch ist, desto

weniger Informationen erhält der/die BewerterIn (Reliabilität). Die Gewährleistung der

Validität wird einerseits durch die erwähnte Strukturierung des Gesprächs, andererseits

durch ausgewählte Fragestellungen, durch geschulte bzw. mehrere InterviewerInnen, den

reflektierten Umgang mit Vorinformationen über den/die BewerberIn und die

Konstruktvalidität265 erreicht.266

Wahrnehmungsverzerrungen und Beurteilungsfehlern kann dadurch vorgebeugt werden.

Die entscheidungsbefugten Personen, die das Bewerbungsgespräch führen, müssen des

Weiteren frageorientiert kommunizieren und für die verbale sowie für die nonverbale

Ebene (Mimik, Gestik, Körperhaltung) sensibel sein. Lorenz/Rohrschneider beschreiben,

dass ein guter Zuhörer bzw. eine gute Zuhörerin sich während des Gesprächs viele

Notizen machen, um keine Informationen zu vergessen, und Störungen vermeiden sollte.

Die schriftlichen Aufzeichnungen bilden die Grundlage dafür, dass die Antworten der

KandidatInnen nicht verwechselt werden. Die Gewährleistung der Objektivität gestaltet

sich schwierig, denn jede Person ist durch die bisher erlebten Erfahrungen geprägt.267

Ein Vorstellungsgespräch ist zudem an bestimmte Erwartungen geknüpft:

Information über die Persönlichkeit und die fachliche Qualifikation des Bewerbers

bzw. der Bewerberin;

Darstellung der Organisation, Beantwortung von Fragen zum zukünftigen

Arbeitsplatz (z.B. Regeln, Pflichten, Arbeitsverhältnis, Entlohnung,

Aufstiegsmöglichkeiten etc.);

264

Kanning, U., Personalauswahl - Mythen, Fakten, Perspektiven, in: Thielsch M. T./Brandenburg T. (Hrsg.), Praxis der Wirtschaftspsychologie II. Themen und Fallbeispiele für Studium und Anwendung (2012) 9 (19). 265

Bei einer hohen Konstruktvalidität misst der Test das aussagekräftig, was gemessen werden soll. 266

Weinert, A., Organisations- und Personalpsychologie5, 343 f.

267 Lorenz, M./Rohrschneider, U., Erfolgreiche Personalauswahl

2 (2015) 83 ff.

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131

Bewertung des Bewerbers bzw. der Bewerberin, ob diese(r) gleich abgelehnt oder

das Auswahlverfahren fortgesetzt wird.

Ziel ist es daher, „potenzielle Mitarbeiter kennenzulernen, zu sehen, welche

Persönlichkeit sie haben, ob sie zum Unternehmen, zur Abteilung und zur

Aufgabenstellung passen“268. Für die weitere Vorgehensweise im Einstellungsverfahren

sollen daher die am besten geeigneten KandidatInnen ermittelt werden.269

Organisatorisch kann das Bewerbungsgespräch in drei Formen geführt werden. Der/die

BewerberIn spricht entweder einzeln nacheinander (serielle Form) oder führt mit

mehreren VertreterInnen (Jury-Form) des Unternehmens ein Gespräch. Als dritte

Variante sind mehrere BewerberInnen und mehrere Personalverantwortliche

anwesend.270

Böhm/Poppelreuter untergliedern das Interview in drei Phasen. In der ersten Phase, die

dem Interview selbst vorgelagert ist, bildet sich der/die InterviewerIn auf Basis der

Bewerbungsunterlagen einen ersten Eindruck, der das Verhalten im Gespräch selbst

beeinflusst. Das Gesprächsverhalten des Interviewers bzw. der Interviewerin beeinflusst

wiederum den/die BewerberIn. Nach der zweiten Phase, d.h. nach dem Gespräch selbst,

erfolgt die abschließende Beurteilung und demzufolge eine Ablehnung, eine Einstellung

oder eine weitere Informationssammlung.271

Inhalt des Bewerbungsgesprächs sollten die gegenseitigen Erwartungen, die Interessen-

und Qualifikationspotenziale sowie die Tätigkeitsfelder sein. Des Weiteren sollte der/die

BewerberIn Informationen über die Vergütung, die Arbeitsbedingungen, die

Unternehmenskultur und die praktizierte Führung erhalten.272

268

Lorenz, M./Rohrschneider, U./Müller-Thurau, C.-P., Vorstellungsgespräche (2013) 10. 269

Gabrisch, J., Mit den richtigen Fragen ins Bewerber-Interview, Personalwirtschaft, Magazin für Human Resources 10/2013, 58 (58). 270

May, K. A., Problemfelder und Konzeptionen der Bewerberauswahl (1986) 73. 271

Böhm, W./Poppelreuter, St., Bewerberauswahl und Einstellungsgespräch7 (2009) 82.

272 Drumm, H. J., Personalwirtschaft

6 (2008) 302.

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132

Abbildung 29: Ablauf eines Bewerbungsgesprächs.273

Bei der Form des Bewerbungsgesprächs sind unstrukturierte, strukturierte und

halbstrukturierte Interviews zu unterscheiden.

In unstrukturierten Interviews sind die Inhalte und der Verlauf des Gesprächs offen. Die

Beteiligten können die zu besprechenden Themen frei wählen, weshalb jedes Interview

unterschiedliche Schwerpunkte, die Besprechung von individuellen Besonderheiten und

Abschweifungen enthält.274 Die InterviewerInnen orientieren sich an keiner gründlichen

Anforderungsanalyse und keinem schriftlichen Leitfaden. Bewertungsmaßstab sind

folglich Menschenkenntnis und intuitive Expertise.

Erhalten alle BewerberInnen dieselben Fragestellungen in derselben Reihenfolge, handelt

es sich um ein strukturiertes Vorstellungsgespräch. Die Grundlage bildet ein

Anforderungsprofil und zielt darauf ab, objektiv, reliabel und valide eine Auswahl zu

treffen. Sonstige Fragestellungen, wie etwa nach Beispielen, Ergänzungen und

273

Stopp, U., Betriebliche Personalwirtschaft26

, 92. 274

Holtbrügge, D., Personalmanagement5 (2013) 123; Engstle, S., Das Vorstellungsgespräch: Arten und

Vorbereitung; http://management-konkret.de/index.php/interview/ [15.01.2017].

Begrüßung und gegenseitige Vorstellung. Bemerkung zur Anreise des Bewerbers/der Bewerberin. Dank für die Bewerbung und das Zustandekommen des

Vorstellungsgesprächs. Versicherung, dass die Vertraulichkeit der Bewerbung gewährt bleibt. Begründung der Einladung

Eingehen auf die persönliche Situation des Bewerbers/der Bewerberin (Herkunft, Elternhaus, Familie, Wohnort)

Besprechung des Bildungsganges des Bewerbers/der Bewerberin (Schulischer Werdegang, aber auch Weiterbildungsabsichten

betriebsinterner und betriebsexterner Art, Hobbies)

Klärung der beruflichen Entwicklung (Erlernter Beruf, bisherige Positionen, Berufspläne)

Information über das Unter-nehmen, die Abteilung, Gruppe und Stelle

Vertragsverhandlung

Abschluss

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133

Detaillierungen, sind untersagt.275 Engstle gibt zu bedenken, dass

Personalverantwortliche durch diese Gesprächsform nicht auf die individuellen

Besonderheiten der einzelnen BewerberInnen eingehen können.276

In einem halbstrukturierten Interview als Mischform zwischen dem unstrukturierten und

strukturierten Interview ist ein Gesprächsrahmen mit einem Fragenkatalog

vorgegeben.277 Bei der Entwicklung von (halb-)strukturierten Einstellungsgesprächen

muss zunächst Klarheit über das genaue Anforderungsprofil (z.B. Aufgabenbereich,

Kompetenzen bzw. Verantwortung des zukünftigen Mitarbeiters bzw. der zukünftigen

Mitarbeiterin und Rahmenbedingungen im Unternehmen) für die zu besetzende Stelle

bestehen.278 Funktions-, Arbeitsplatz- und Stellenbeschreibungen finden sich oftmals in

Organisationshandbüchern. Denn nur wenn Transparenz über die notwendigen

Fähigkeiten, Fertigkeiten und Qualifikationen des Bewerbers bzw. der Bewerberin

herrscht, können Führungsverantwortliche ein zielorientiertes und effizientes Interview

führen. Nach der Klärung der Anforderungsmerkmale können ein Fragenkatalog und dem

zugeordnete Beurteilungsskalen entwickelt werden. Der Interviewleitfaden enthält

sodann Fragen zu den einzelnen Anforderungsbereichen.279

Schulz nimmt eine Unterscheidung zwischen Fragen zu den hard skills (Aus- und

Weiterbildung, Werdegang, Berufserfahrung, Umfeld und Referenzen) und jenen zu den

soft Skills vor. Zu den soft Skills zählt Schulz 111 Begriffe, deren Überprüfung jedoch nicht

in einem einzigen Interview gewährleistet werden kann. Vielmehr ist zu empfehlen, sich

auf fünf Kompetenzen entsprechend dem Anforderungsprofil zu konzentrieren. Jede

Kompetenz ist mit gezielten Fragestellungen valide überprüfbar.280

Bei der Interviewdurchführung ist die Führungskraft dazu angehalten, aktiv zuzuhören

und unterschiedliche Fragetechniken (z.B. offene Fragen, Informationsfragen oder

Alternativfragen) zu nutzen.281

275

Weuster, A., Personalauswahl3 (2012) 205 ff.

276 Engstle, S., Das Vorstellungsgespräch: Arten und Vorbereitung; http://management-

konkret.de/index.php/interview/ [15.01.2017]. 277

Holtbrügge, D., Personalmanagement5 (2013) 123.

278 Jetter, W., Effiziente Personalauswahl: durch strukturierte Einstellungsgespräche die richtigen

Mitarbeiter finden3 (2008) 100 ff.

279 Böhm, W./Poppelreuter, St., Bewerberauswahl und Einstellungsgespräch

7, 92 ff.

280 Schulz, L., Das Geheimnis erfolgreicher Personalbeschaffung (2014) 23, 83 ff.

281 Schulz, L., Das Geheimnis erfolgreicher Personalbeschaffung 121 ff.

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134

5.3. Arbeitsbasiertes Kompetenzinterview und Kompetenzbiographie

Das arbeitsbasierte Kompetenzinterview (AKI) basiert auf der Kompetenztheorie von

Heyse/Erpenbeck und enthält 568 mögliche Fragen bezogen auf die 64 Teilkompetenzen

des KompetenzAtlas.282

Die in Kapitel II. 2.5. beschriebenen Interviews legen den Schwerpunkt beispielsweise auf

die folgenden Fragestellungen:

Was sind ihre größten Stärken bzw. Schwächen?

Wie würden Sie sich als Person beschreiben?

Was möchten Sie in fünf Jahren arbeiten, was könnte eines Ihrer Ziele sein?

Heyse kritisiert dahingehend, dass jene Fragestellungen zu allgemein gehalten sind und

keinen Rückschluss auf Erfahrungen des Bewerbers bzw. der Bewerberin in Bezug auf die

zukünftige Tätigkeit zulassen. Hingegen orientieren sich die Interviewfragen des AKI auf

absolvierte und somit auf real erlebte Anforderungssituationen, wodurch eine Reflexion

über die erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Bewältigung möglich ist. Der/die

StellenbewerberIn soll über eine konkrete Situation und eine daraus generierte

individuelle Erfahrung berichten. Als Beispiel ist folgende Fragestellung anzuführen:

Berichten Sie über eine Arbeitssituation, in der Sie eine Entscheidung getroffen

haben, die sie heute, wären Sie nochmals in dieser Situation, anders treffen

würden.

Unter Bezugnahme auf den KompetenzAtlas und mit Hilfe einer siebenstufigen

Bewertungsskala erfolgt die Befragung auf den Ebenen der Situationsbeschreibung, der

Absicht, des Verhaltens, der Wirkung und des Ideals. Auf der ersten Ebene lässt sich der

Interviewer bzw. die Interviewerin die konkrete Anforderungssituation beschreiben. Von

dieser ausgehend soll die Person ihre Absicht und ihr konkretes Verhalten bzw. ihre

Aktivitäten zur Zielerreichung formulieren (Absichts- und Verhaltensebene). Den

Abschluss dieser Frage bilden die Darstellung der Resultate, die Folgen des gesetzten

Verhaltens und die Erklärung, wie sich die Person aus heutiger Sicht anders verhalten

würde (Wirkungs- und Idealebene). Um das AKI durchführen zu können, bedarf es jedoch

282

Vgl. hierzu Heyse, V./Erpenbeck J., Kompetenztraining XXI ff.

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wie bei jeder Rekrutierungsmaßnahme einer Erarbeitung der Unternehmensziele sowie

der Klärung, welche Kompetenzanforderungen für die zu besetzende Stelle bestehen.283

Neben dem AKI entwickelten Erpenbeck/Heyse die Kompetenzbiographie, durch die

Personalverantwortliche ein besseres Verständnis für den Kompetenzerwerb und die

-entwicklung erlangen. Eine Kompetenzbiographie ist „die qualitative und quantitative

Entfaltung menschlicher Handlungskompetenz als komplexes, selbstorganisiertes

Netzwerk Kompetenzen in der stets einzigartigen, lebenslangen biographischen

Entwicklung“284. Dafür führen Erpenbeck/Heyse narrative Interviews durch, die Elemente

des fokussierten und problemzentrierten Interviews enthalten und die Selbstfokussierung

und Selbstzentrierung des/der Interviewten in den Mittelpunkt stellen. Durch die

Fragestellung nach Kompetenzen sowie nach deren Entwicklung und die dadurch

entstehende Selbstzentrierung schwinden die Ängste, Unsicherheiten und Widerstände

der InterviewpartnerInnen, und sowohl die förderlichen als auch die hinderlichen, die

biographisch zurückliegenden und die aktuellen Bedingungen der Kompetenzentwicklung

sind ermittelbar.285

5.4. Psychologische Testverfahren

Psychologische Testverfahren eignen sich für jede zu besetzende Position, sollten

allerdings mit anderen Auswahlverfahren kombiniert werden. Aufgrund der

standardisierten Tests gelten für alle BewerberInnen die gleichen Bedingungen. Die

Reihenfolge der Fragestellungen ist ebenso ident wie die Anzahl, die Instruktionen, die

Hilfsmittel und die Bearbeitungszeit. Durch die zumeist computergestützte Auswertung

können die Personen einfach verglichen werden.286

Zu unterscheiden sind allgemeine Leistungstests, spezielle Funktionsprüfungs- und

Eignungstests, Intelligenz- sowie Persönlichkeitstests.

Alle Tests bauen auf fünf Prämissen auf:

283

Heyse, V. in Heyse, V./Erpenbeck, J. 131 ff. 284

Erpenbeck, J./Heyse, V., Die Kompetenzbiographie2, 228.

285 Erpenbeck, J./Heyse, V., Die Kompetenzbiographie

2, 158 ff.

286 Lohaus, D./Habermann, W., Personalauswahl im Mittelstand. Nicht die Besten sind die Besten, sondern

die Geeignetsten (2013) 141.

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136

Indikatoren, d.h. Merkmale, können die personalen Eigenschaften erfassen.

Die Merkmale weisen eine diskrete oder kontinuierliche Ausprägung auf, die

beobachtet und gemessen werden kann.

Die Merkmalsausprägungen sind normal verteilt.

Es besteht ein Zusammenhang zwischen einem Merkmal und einer Eigenschaft.

Das wesentliche Merkmal wird durch den Test genau gemessen.287

Obwohl es auch bei dieser Methode zur Personaleinstellung nicht den Eignungstest gibt,

sind bestimmte Aufgabentypen häufig enthalten, auf die sich ein(e) BewerberIn

entsprechend vorbereiten kann.288

Allgemeine Leistungstests

Allgemeine Leistungstests dienen der Erfassung von Aufmerksamkeit, Konzentration und

Belastbarkeit. Die Aufgabenstellungen enthalten beispielsweise Sortieraufgaben von

Buchstaben und Zahlen oder Rechenaufgaben. Um die relevanten Informationen zu

erhalten, muss der/die BewerberIn die Aufgabe in einem eng bemessenen Zeitraum mit

hoher Genauigkeit bearbeiten. Die Bewertung orientiert sich an validen

Normierungsdaten.

Spezielle Funktionsprüfungs- und Eignungstests

Durch diese Form von Eignungstests erhält der/die ArbeitgeberIn detaillierte Auskunft

über positionsspezifische Merkmale (z.B. Sehschärfe, Farbwahrnehmung) und Funktionen

(Fingerfertigkeit, Feinmotorik), die der/die BewerberIn aufweisen muss. Durch

Eignungstests können ebenfalls Verständnis-, Rechtschreib- oder Rechenkenntnisse valide

ermittelt werden. Dazu sind ebenfalls Berufs-Interessen-Tests und Berufs-Eignungs-Tests

zu zählen.289

Intelligenztests

„Intelligenztests messen vor dem Hintergrund unterschiedlicher Intelligenztheorien die

intellektuelle Leistungsfähigkeit.“290 Dazu zählt sowohl das sprachliche Denkvermögen als

287

Drumm H. J., Personalwirtschaft6, 94.

288 Für detaillierte Beispiele zu diversen Einstellungtests siehe Püttjer, C./Schnierda, U., Einstellungstest –

Das große Handbuch (2008). 289

Lorenz, M./Rohrschneider, U., Erfolgreiche Personalauswahl2, 118 ff.

290 Bröckermann, R., Personalwirtschaft. Lehr- und Übungsbuch für Human Ressource Management

4 (2007).

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137

auch die Kombinations-, Abstraktions- und Vorstellungsfähigkeit. Die Tests können sich je

nach zu besetzender Stelle wesentlich unterscheiden.

Persönlichkeitstests

Durch einen Persönlichkeitstest erhalten Personalverantwortliche detaillierte

Informationen über die Persönlichkeitsmerkmale eines Bewerbers bzw. einer Bewerberin.

Auf der Bedürfnispyramide bildet die Persönlichkeit (beispielsweise Werte, Einstellungen

und Motive) den Sockel, die schwer veränderbar ist und daher einen stabilen und zeitlich

konstanten Faktor darstellt. Das Verhalten ist durch neue Lernprozesse und der

Aneignung neuer Kompetenzen leichter abänderbar. Die Ebene des Wissens impliziert,

dass sich eine Person durch den Erwerb von weiteren Fertigkeiten gut qualifizieren kann.

Abbildung 30: Persönlichkeitspyramide.291

Vor diesem Hintergrund war es notwendig, Persönlichkeitsverfahren oder -tests zu

entwickeln, um die BewerberInnen für den betrieblichen Kontext besser einschätzen zu

können. Bei diesem Testverfahren gilt es allerdings, die Problematik zu beachten, dass

291

Lorenz, M./Rohrschneider, U., Erfolgreiche Personalauswahl2, 120.

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jede(r) ProbandIn Iteminhalte nicht sinngemäß gleich auffasst und sich zudem vorteilhaft

darstellen möchte.292

5.5. Assessment Center

Es bestehen zahlreiche Definitionen für Assessment Center (AC). Die nachstehende

enthält die wesentlichen Eckpfeiler dieses Einstellungsverfahrens, die Brand im Jahr 1989

postuliert hat: „Es werden mehrere interne und/oder externe Bewerber in einer ein- bis

dreitägigen AC-Veranstaltung hinsichtlich ihrer Kompetenzen und potentiellen

Fähigkeiten – vornehmlich für die Bewältigung zukünftiger Führungsaufgaben –

beurteilt.“293

Obermann präzisiert in seiner Definition die Anzahl der AC-TeilnehmerInnen, die zwischen

acht und zwölf BewerberInnen liegt. In einem AC durchlaufen die AC-TeilnehmerInnen in

einer Arbeitsprobe eine Vielzahl an Aufgaben und Übungen, deren Inhalte für ihre

späteren Tätigkeiten charakteristisch sein werden. Durch jene Anforderungen können

gezielt Stärken und Entwicklungspotentiale des Bewerbers bzw. der Bewerberin erkannt

werden. Das Instrument gelangt sowohl bei der Personalauswahl als auch bei der

Personalförderung zum Einsatz. Die Einschätzung von überfachlichen Kompetenzen ist

zentral im AC, denn mit der Positionsebene im Unternehmen nimmt die Bedeutung der

überfachlichen Kompetenzen zu.

Im Gegensatz zum Interview, in dem der/die BewerberIn darüber spricht, wie er/sie

bestimmte Situationen lösen würde, ist der Telos des AC, bestimmte

Arbeitskonstellationen zu simulieren (Prinzip der Simulation). Das Anforderungsprofil der

Zielposition der zu besetzenden Stelle bildet die Grundlage für die einzelnen Aufgaben

(Prinzip der Anforderungsorientierung). Zur Ermittlung der erwarteten Eigenschaften

werden heterogene Methoden und Verfahren kombiniert, um eine bessere Einschätzung

vornehmen zu können (Prinzip der Methodenvielfalt). Mehrere ExpertInnen, z.B.

Führungskräfte, Personalprofis, PsychologInnen oder AC-Profis, die im Vorfeld vorbereitet

werden, beobachten anhand festgelegter, verhaltensnaher Kriterien die

AC-TeilnehmerInnen (Prinzip der Mehrfachbeobachtung), wodurch eine objektive und

292

Amelang, M./Schmidt-Atzert, L., Psychologische Diagnostik und Intervention4, 302.

293 Brand, P., Das Assessment Center - ein erfolgreiches Instrument der Personalauswahl?, Psychologie und

Gesellschaftskritik 1989, H. 4, 25 (25 f.).

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zuverlässige Gesamteinschätzung gewährleistet wird. Über jene Kriterien und die zu

absolvierenden Übungen sind die BewerberInnen zur besseren Nachvollziehbarkeit und

höheren Akzeptanz des Verfahrens informiert. Nach Abschluss des AC erhalten sie zudem

eine genaue Einschätzung ihrer Stärken und Entwicklungspotentiale (Prinzip der

Transparenz).294

Die Anwendungsbereiche von AC’s liegen in der Personalauswahl und der

Personalentwicklung, wobei nachstehend aufgrund dessen, dass sich die vorliegende

Arbeit mit dem Berufseinstieg beschäftigt, ausschließlich die Personalauswahl zu

beachten ist. Der Rekrutierungsprozess von MitarbeiterInnen erfordert sowohl monetäre

(Anwerbungs-, Einarbeitungs- und Entlassungskosten) als auch nicht-monetäre

Investitionen (Unruhe und Verunsicherung beim bestehenden Personal), wobei sich der

Einsatz von AC’s zumeist bei der Einstellung von Führungskräften und Trainees lohnt.

Die nachstehende Tabelle bietet eine Übersicht über die unterschiedlichen Varianten,

deren Zielsetzungen und typischen Bezeichnungen in der Praxis. Diese sind allerdings

nicht im Detail zu behandeln.

Assessment Center Varianten

Zielsetzung Typische Bezeichnung in der

Praxis

Assessment Center (AC) Auswahl- und

Aufstiegsentscheidung Auswahltag, Auswahlverfahren,

Potenzanalyse

Development Center (DC) Persönlichkeitsentwicklung

während des Verfahrens oder im Anschluss

Entwicklungs-AC, Potenzial-AC, Orientierungsworkshop,

Personalentwicklungsseminar

Einzel-Assessment Center (EAC)

Auswahl- oder Aufstiegsentscheidung für

Mittel- oder Top-Management

Auswahltag, Einzelpotentialanalyse, Potentialanalysecheck

Management – Potentialanalyse

Identifikation von Stärken und Entwicklungsfeldern bei

Führungskräften

Führungskräfte-DC, Entwicklungs-AC

Management-Audit Standortbestimmung einer ganzen Managementebene

Standortbestimmung, Nachfolgeplanung,

Führungskräfteentwicklung

Development-Audit Differenziertes und

umfassendes Feedback für Führungskräfte

Personalentwicklungsaudit, Personalentwicklungsworkshop

Tabelle 15: Übersicht über Assessment Center.295

294

Obermann, C., Assessment Center5 (2013) 1 ff.

295 Obermann, C., Assessment Center

5, 5.

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Die Grenzen des Interviews liegen darin, dass überfachliche Kompetenzen, z.B.

Teamfähigkeit, strategisches Denken oder das Verhalten in Krisensituationen, schwer

abfragbar sind. Folglich stellt das AC ein bewährtes Instrument für die Investition in das

Human-Kapital dar, denn es bietet im Gegensatz zu allen anderen Einstellungsverfahren

durch die ein- oder mehrtägige Arbeitsprobe ein genaues Instrument, um den

individuellen Arbeitsstil oder die Gesprächsführungskompetenz kennenzulernen.

Obermann stellt immer wieder klar, dass gerade überfachliche Eigenschaften in

Fallstudien, computergestützten Unternehmensplanspielen oder Gruppenarbeiten

beobachtet und beurteilt werden können.296

Zumeist gelangt ein AC deshalb für die Auswahl von Trainees oder

HochschulabsolventInnen zum Einsatz, da Unternehmensverantwortliche hohe

Investitionen mit Trainee-Programmen und der Entwicklung von

Führungskräftenachwuchs tätigen. Universitäre Zeugnisse bieten zwar

Anknüpfungspunkte zu fachlichen Kompetenzen, geben allerdings zumeist keinen

Aufschluss über kommunikative und überfachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten.297

Ein AC bietet allerdings nicht nur Vorteile für das Unternehmen, sondern auch für die

BerufseinsteigerInnen selbst, denn diese erhalten durch den längeren Kennenlernprozess

einen Einblick in das Unternehmen und zusätzlich ein individuelles Feedback. Beide

Inhalte sind nicht Teil eines Interviews.298

5.5.1. Gütekriterien des AC

Assessment Center zur Auswahl von BewerberInnen und zur Potentialanalyse von

internen ArbeitnehmerInnen erfreuen sich steigender Beliebtheit, sind jedoch in Bezug

auf die Gütekriterien, d.h. die Reliabilität, die Objektivität und die Validität zu

hinterfragen.299

296

Obermann, C., Assessment Center5, 4 f; Sarges, W., Warum Assessment Center häufig zu kurz greifen –

und zudem meist das Falsche zu messen versuchen, Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie 2009, Jg. 53, 79 (79). 297

An der Karl-Franzens-Universität ist es am Zentrum für Soziale Kompetenz möglich, nach Abschluss von von acht oder mehr Semesterwochenstunden (= 12 ECTS) im Laufe des Studiums ein Zertifikat zu erhalten, auf dem die erworbenen Kompetenzen aufgelistet sind; http://soziale-kompetenz.uni-graz.at/de/studieren/ [15.01.2017]. 298

Obermann, C., Assessment Center5, 6.

299 Schuler, H., Assessment Center zur Auswahl von BewerberInnen und zur Potentialanalyse von internen

ArbeitnehmerInnen erfreuen sich steigender Beliebtheit, Wirtschaftspsychologie aktuell 2/2007, 27 (27).

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Die Reliabilität bezeichnet die Zuverlässigkeit eines diagnostischen Verfahrens, d.h. dass

bei einer wiederholten Messung unter denselben Bedingungen und Gegenständen bzw.

Personen dasselbe Ergebnis erzielt wird. Da die Abhaltung eines AC nicht ein zweites Mal

mit denselben BewerberInnen und unter denselben Bedingungen möglich ist, kann der

Reliabilitätsaspekt beispielsweise dadurch beurteilt werden, inwieweit die Urteile von

unterschiedlichen AssessorInnen, die dieselbe Übung beobachten, übereinstimmen

(Interrater-Reliabilität).

Der Wunsch nach einem objektiven Verfahren, d.h. die Unabhängigkeit der Messwerte,

ist ebenfalls verständlich, jedoch besteht bei der Beurteilung und Wahrnehmung von

BewerberInnen durch AssessorInnen sicherlich keine Objektivität. Die

Durchführungsobjektivität ist aufgrund der Besonderheiten situativer Übungen nicht

gewährleistet.300

Schuhmacher beschreibt, dass AC im Verhältnis zu anderen Einstellungsverfahren

aufgrund der multimodalen Verfahren und der mittlerweile überprüften Testverfahren

eine hohe Validität aufweisen. Zur Validität, d.h. wie genau das gemessen wird, was

gemessen werden soll, gibt es zahlreiche Untersuchungen mit widersprüchlichen

Ergebnissen.301

5.5.2. AC-Aufgaben

Zur Gewährleistung der Aussagekraft und der Validität bedarf es einer diffizilen

Vorbereitung der AC-Aufgaben dahingehend, was damit gemessen werden soll. Um ein

besseres Verständnis zu erhalten, sind nachstehend jene Aufgaben dargestellt, die häufig

Anwendung finden.

Gruppendiskussionen:

Gruppendiskussionen sind eine der aussagekräftigsten Aufgaben des AC und zielen darauf

ab zu erkennen, ob sich der/die BewerberIn in einem Team integrieren und aktiv

einbringen kann. In diesem Szenarium beobachten die AssessorInnen u.a. die

300

Amelang, M./Schmidt-Atzert, L., Psychologische Diagnostik und Intervention4 (2006) 462 ff.

301 Schuhmacher, F., Mythos Assessment Center. Risikomanagement bei Personalentscheidungen und

Leitfaden zur Anwendung (2009) 26.

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Kommunikationsfähigkeit, das Durchsetzungsvermögen, die Kooperationsfähigkeit, die

Konfliktfähigkeit, die Teamfähigkeit und die Kollegialität.

In diesem Zusammenhang sind folgende Konstellationen zu unterscheiden:

Gruppendiskussionen ohne vorgegebenes Thema und ohne Vorbereitungszeit;

Gruppendiskussionen mit vorgegebenem Thema und mit oder ohne

Vorbereitungszeit;

Gruppendiskussionen mit vorgegebenem Thema, vorgegebenen Rollen und

mit oder ohne Vorbereitungszeit.

Eine zusätzliche Herausforderung, nämlich die, der Diskussion Struktur zu verleihen,

besteht für den/die ModeratorIn, der/die zumeist gleichzeitig eine(r) der KandidatInnen

(gewählt von den BewerberInnen selbst oder von den AssessorInnen) ist. Diese(r)

übernimmt beispielweise die Aufgabe, die Ziele klar abzustecken, die

(Zwischen-)Ergebnisse zusammenzufassen oder auf die Einhaltung von Gesprächsregeln

(keine gegenseitigen persönlichen Angriffe, ausreden lassen) zu achten.302

Beispielhaft sind folgende Kriterien für die AssessorInnen anzuführen:

Wie erschließt der/die KandidatIn das Thema?

Welche Rolle nimmt der/die BewerberIn in der Gruppe ein?

Wie vertritt der/die KandidatIn seine/ihre Meinung?

Verfügt er/sie über ein gutes sprachliches Ausdrucksvermögen?

Wie versucht er/sie, seine/ihre Argumente durchzusetzen?

Postkorbübung:

Die Postkorbübung als ein wichtiger Bestandteil des AC zeichnet sich durch seine hohe

Augenscheinvalidität aus und gewährt dem/der Assessee einen gewissen Freiraum, zumal

keine Unterscheidung zwischen richtigen und falschen, sondern eine zwischen mehr und

weniger gelungenen Lösungen getroffen wird.303

Die AssessorInnen testen in dieser Übung u.a. die Entscheidungsfähigkeit, die

Selbstorganisation, das Zeitmanagement, die Problemlösungsfähigkeit und die

Führungskompetenz. Postkorbübungen simulieren alltägliche Handlungsvorgänge, in

denen die BewerberInnen Termine vergeben, Entscheidungen treffen oder Aufträge

302

Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center4 (2011) 36 ff.

303 Eck, C./Jöri, H./Vogt, M., Assessment-Center (2007) 139.

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143

abarbeiten bzw. delegieren müssen. Für diesen Teil des AC raten Hagmann/Hagmann,

über die Entscheidungsbefugnisse und die Arbeitsweise der beschriebenen Person zu

reflektieren. Die Simulation setzt sich aus privaten und beruflichen Problemen zusammen,

wobei sich Aufgaben überschneiden, der/die Assessee Konflikte zwischen

MitarbeiterInnen bearbeiten und private Verpflichtungen wahrnehmen muss. Mit dem

wachsenden Verantwortungsbereich der zu besetzenden Stelle steigen ebenfalls die

Komplexität und der Anforderungsmaßstab der Übungsinhalte.304

Grundlagen des Postkorbs sind interne Mitteilungen, Geschäftsberichte, Statistiken,

Briefe und Schriftstücke von KundInnen, Telefonnotizen, Rundschreiben, Artikel,

Rechnungen bzw. Mahnungen, Termine und Telefonnotizen. Inhaltlich unterscheiden sich

diese Dokumente in ihrer Dringlichkeit, Glaubwürdigkeit, Komplexität oder

Widersprüchlichkeit von anderen Notizen. Bei der Bearbeitung sollte nicht die zeitliche

Komponente (Speed-Faktor) im Vordergrund stehen, vielmehr sollten die

TeilnehmerInnen pro Postkorbvorgang drei bis fünf Minuten Bearbeitungszeit erhalten.

Während der Übung sind die AssessorInnen zumeist nicht anwesend. Bei der Auswertung

sind mehrere Varianten möglich. Der/die TeilnehmerIn formuliert Antwortschreiben und

Inhalte von Telefonaten, beantwortet vorformulierte offene Fragestellungen (z.B. Was ist

der wichtigste Aspekt dieser Tabelle?), entscheidet sich für eine der vorgegebenen

Antwortalternativen (z.B. Würden Sie a, b oder c tun?) oder erläutert in einem Interview

seine Lösungsstrategie.305

Die AssessorInnen beurteilen, ob der/die BewerberIn die Aufgaben nach der ABC-Analyse

priorisiert, Wichtiges von Unwichtigem trennt, Tätigkeiten delegiert, Entscheidungen trifft

und eine Ergebnisskizze erarbeitet. In der Regel präsentiert der/die TeilnehmerIn das

Ergebnis mündlich, sodass die AssessorInnen im Bedarfsfall nachfragen können.306

Fallstudien:

Fallstudien oder Fallbeispiele (z.B. die Beschreibung eines Unternehmensszenarios), die

als Gruppen- oder Einzelaufgabe konzipiert sind, verfolgen das Ziel, komplexe, alltägliche

und branchentypische Situationen der Arbeitstätigkeit zu simulieren. Auf zur Verfügung

gestellten Hintergrundinformationen und betriebswirtschaftlichen, logistischen,

304

Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center4, 104 ff.

305 Obermann, C., Assessment Center

5, 134 ff.

306 Schuhmacher, F., Mythos Assessment Center 144.

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144

organisatorischen, personellen oder personalpolitischen Fragestellungen soll der/die

Assessee nach einer kurzen Vorbereitungszeit reagieren. Als Beispiele sind die

Reklamation eines Kunden bzw. einer Kundin, eine Auslieferungsverzögerung oder

Meinungsverschiedenheit zwischen KollegInnen zu nennen.307

In diesen Übungssequenzen gewinnen die AssessorInnen beispielsweise Aufschluss über

die Problemlösungskompetenz, Entscheidungsfähigkeit, Führungskompetenz oder die

analytischen Fähigkeiten.308

Eine Variante der Fallstudie sind Organisationsaufgaben, in denen die TeilnehmerInnen

die Aufgabe haben, knappe Ressourcen (z.B. zeitliche und finanzielle Ressourcen) zu

verteilen. Obermann zufolge sind Organisationsaufgaben insbesondere für zukünftige

Führungskräfte mit Budgetverantwortung in das AC einzubeziehen.309

Präsentation:

Präsentationen zählen neben Gruppendiskussionen und Postkörben zu den beliebtesten

Übungen in einem AC. Vor der Durchführung gilt es allerdings, wie bei jeder Übung zu

analysieren, ob der/die BewerberIn, der/die die ausgeschriebene Stelle besetzen wird,

tatsächlich sehr viel präsentieren muss.

BewerberInnen müssen in einer Präsentationsübung ein vorgegebenes Thema mit Hilfe

von zur Verfügung gestelltem Material aufbereiten, strukturieren und vor der Gruppe und

den AssessorInnen vortragen. Obermann gibt zu bedenken, dass bei der Aufbereitung von

neuem Material der/die Assessee genug Vorbereitungszeit erhalten sollte.

Durch diese Übung sind die AssessorInnen in der Lage, u.a. Kommunikationsfähigkeit,

selbstständiges und strukturiertes Arbeiten, Durchsetzungsvermögen und analytisches

Denken zu beobachten.

307

Eck, C./ Jöri, H./Vogt, M., Assessment-Center 138. 308

Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center4, 125.

309 Obermann, C., Assessment Center

5, 128.

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145

Abbildung 31: Präsentationsthemen in einem AC.

Die Aufgabe des/der Assessee besteht darin, Fakten, Ideen oder Lösungsansätze zu

präsentieren. Die AssessorInnen beobachten die Selbstdarstellung, die Denkstruktur einer

Person sowie die Gliederung, Ordnung und Originalität der Präsentation.310 Zur

Kombination mit Präsentationen eignen sich kurze Einzelvorträge, die Vorstellung der

Ergebnisse von einer Fallstudie oder die Konfrontation mit Einwänden.311

Interview:

Die AssessorInnen (zumeist PersonalentscheiderInnen oder leitende Angestellte) können

mit den BewerberInnen in Anlehnung an Vorstellungsgespräche strukturierte und

unstrukturierte Interviews führen. Strukturierte Interviews, die auf die Vergleichbarkeit

zwischen den TeilnehmerInnen abzielen, verfügen über einen Fahrplan oder ein

Fragenschema, hingegen sind unstrukturierte Interviews312 vom Gesprächsverlauf

abhängig. Zu den Beobachtungskriterien zählen die emotionale Stabilität unter Stress, das

Ausdrucksvermögen, die Reduktion von Komplexität, die Konflikt- und

Überzeugungsfähigkeit.313

In der Regel ist das Interview, dem die Leistungen aus dem AC zugrunde liegen, eine der

letzten Stationen des Auswahlprozesses und bedarf einer guten Vorbereitung. Dieses

umfasst zumeist eine Stärken-Schwächen-Analyse, die Frage nach der

Leistungsmotivation für die zu besetzende Stelle sowie die Beurteilung des sprachlichen

Ausdrucksvermögens und der Körpersprache.314

310

Eck, C./Jöri, H./Vogt, M., Assessment-Center 137. 311

Obermann, C., Assessment Center5, 120 ff.

312 Siehe hierzu Kapitel I. 5.2.

313 Schuhmacher, F., Mythos Assessment Center 147 f.

314 Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center

4, 160 ff.

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146

Rollenspiel:

Enthält das Anforderungsprofil für die zu besetzende Position kommunikative Aspekte,

eignen sich insbesondere Rollenspiele für die Beurteilung derselben. Dazu zählen

beispielweise Verhandlungssituationen, kritische Vorgesetzten-MitarbeiterInnen-

Gespräche, Verkaufssituationen oder Diskussionsrunden. Ausgangspunkt ist eine

schriftliche Vorinformation, die die zu verkörpernde Rolle und die Rahmenbedingungen

für den/die TeilnehmerIn enthält. Als zweite(r) RollenspielerIn fungiert entweder eine

neutrale Person oder ein(e) AssessorIn. Bewertungskriterien sind aktives Zuhören,

Empathie, Lösungsorientierung und Umgang mit Stress.315

Die AssessorInnen erhalten in dieser Übung Aufschluss u.a. über die Kooperations-,

Kommunikations- und Problemlösungsfähigkeit sowie über den Führungsstil und das

Einfühlungsvermögen. Ein Rollenspiel dauert zwischen 10 und 20 Minuten.316

Planspiel:

Das Planspiel kombiniert Theorie und Praxis und trainiert den Umgang mit komplexen

Situationen, soziale Integration und verbessert den zwischenmenschlichen Umgang.317

Zu unterscheiden sind beispielsweise Unternehmensplanspiele (z.B. Simulation von

Handlungsfeldern in der betrieblichen Praxis) und Free-Form bzw. Verhaltensplanspiele

(Lösung von Organisationsentwicklungsproblemen). Als Nachteile eines Planspiels ist

anzuführen, dass dessen Anwendung auf sehr spezifische Situationen abzielt und die

Entwicklungskosten im Verhältnis zur Aussagefähigkeit hoch sind. Schuhmacher schlägt

deshalb vor, ein Planspiel nicht in das AC zu integrieren, sondern das gesamte AC als

Planspiel zu konzipieren. Mit dieser Aufgabenart werden ebenfalls Fachkompetenzen

geprüft.318 Nach der Absolvierung des AC besprechen die AssessorInnen mit dem/der

Assessee in einem Feedbackgespräch die Ergebnisse und Leistungen. Dadurch erhalten

die BewerberInnen einen Eindruck darüber, wie sie auf andere Personen wirken und

worauf die BeobachterInnen geachtet haben und können nachfragen, was sie für ihr

nächstes AC ändern sollten.319

315

Schuhmacher, F., Mythos Assessment Center 149 f. 316

Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center4, 77, 80.

317 Orth, C., Unternehmensplanspiele in der betriebswirtschaftlichen Aus- und Weiterbildung. Konzeption

eines Planspiels mit variabler Modellkomplexität (1997) 1. 318

Schuhmacher, F., Mythos Assessment Center 156 f. 319

Hagmann, Ch./Hagmann, J., Assessment Center4, 179.

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147

5.6. Kasseler-Kompetenz-Raster

Im Rahmen der deutschen „Arbeitsgemeinschaft Betriebliche Weiterbildungsforschung“

entwickelte sich der Kasseler-Kompetenz-Raster (KKR) als ein Beobachtungsverfahren für

Problemlösungen in Gruppen. Mit Hilfe von bestimmten Kriterien werden Fach-,

Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen von verbalen Äußerungen in

Gruppensituationen gemessen. Die kodierende Einheit ist entweder ein Satz, ein

Gedanke, eine in sich geschlossene Aussage, ein thematischer Bezug oder eine

Sinneinheit. Nach jedem SprecherInnenwechsel entsteht ein neuer Code, der den

Kriterien des KKR zuordenbar sein muss. Schildert der/die SprecherIn die Situation länger

als 20 Sekunden oder findet eine Unterbrechung statt, ist dieselbe Kategorie nochmals

neu zu kodieren. Durch ExpertInneninterviews können die einzelnen Kriterien den

Aspekten zugeordnet werden.

Als Bewertungskriterien fungieren der Verlauf und das Ergebnis der Gruppendiskussion.

Bei der Auswertung ist einerseits die Verteilung der Sinneinheiten zu den

Kompetenzfacetten, andererseits ein Korrelationsmuster zwischen den Kriterien des KKR

und den Zufriedenheitsmaßen sowie Güteindikatoren (mögliche Lösungen) zu

berücksichtigen. Dadurch ist es möglich zu erkennen, welche Kompetenzen für

ArbeitnehmerInnen zählen, und durch eine umfangreiche Kompetenzdiagnose zu messen,

welche Handlungskompetenz MitarbeiterInnen zur Bewältigung ihrer

Optimierungsaufgaben benötigen. Der KKR eignet sich für konkrete Anwendungs- und

Handlungssituationen und ist ein objektives Kompetenzmessverfahren, das ebenfalls die

– oftmals unberücksichtigte Selbstkompetenz – erfasst. Die Messung des Konstrukts

Sozialkompetenz gestaltet sich hingegen schwierig. Kauffeld/Frieling/Grote weisen darauf

hin, dass eine Generalisierung über alle Branchen hinweg – zu denken ist beispielsweise

an die Anforderungen von PädagogInnen und von JuristInnen – unmöglich ist.320

320

Kauffeld, S./Frieling, E./Grote, S., Soziale, personale, methodische oder fachliche: Welche Kompetenzen zählen bei der Bewältigung von Optimierungsaufgaben in betrieblichen Gruppen?, Zeitschrift für Psychologie 2002, 210, H. 4, 197 (200 ff.).

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Fachkompetenz Methodenkompetenz Sozialkompetenz Selbstkompetenz

Differenziertheit Probleme Positiv Positiv Positiv

Problem (Teil-Problem) benennen

Zielorientierung Auf Thema verweisen bzw. zurückführen

Ermunternde Ansprache z.B. stillere Personen ansprechen

Interesse an Veränderungen Interesse signalisieren

Problemerläuterung Problem veranschaulichen

Klärung/Konkretisierung Beitrag auf den Punkt bringen, klären

Unterstützung Vorschlägen, Ideen etc zustimmen

Eigenverantwortung Verantwortung übernehmen

Verknüpfung bei der Problemanalyse z.B. Ursache oder Folge aufzeigen

Verfahrensvorschlag Verschläge des weiteren Vorgehens

Aktives zuhören Interesse signalisieren („mmh“, „ja“)

Maßnahmenplanung Aufgaben zur Umsetzung verfeinern

Differenziertheit Lösungen Verfahrensfrage Frage zum weiteren Vorgehen

Ablehnung Sachlich widersprechen

Negativ

Sollentwurf, Vision, Anforderung beschreiben

Priorisieren Schwerpunkte setzen

(Verarbeitungs-)Rückmeldung z.B. signalisieren, ob etwas angekommen, neu, bekannt ist

Kein Interesse an Veränderungen z.B. Leugnen von Optimierungs-möglichkeiten

Lösungsvorschlag (Teil-)Lösung benennen

Zeitmanagement Auf Zeit verweisen

Atmosphärische Auflockerung z.B. Spaß

Allgemeinplatz Inhaltsloses Gerede, Worthülse

Lösungserläuterung Lösung veranschaulichen

Aufgabenverteilung Aufgaben in der Diskussion delegieren/übernehmen

Trennung von Meinungen und Tatsache (Ich-Botschaft) Eigene Meinung als solche kennzeichnen

Jammern Betonung des negativen Ist-Zustandes, Schwarzmalerei, auch Killerphrasen

Vernetztheit Lösungen Visualisierung Benutzen von Flipchart und Metaplan

Gefühle Gefühle wie Ärger, Freude ansprechen

Schuldigensuche Problem personalisieren

Problem zu Lösung Einwand gegen Lösung

Kosten-Nutzen-Abwägung Wirtschaftliches Denken zeigen

Lob; z.B. positive Äußerungen über andere Personen

Betonung autoritärer Elemente; auf Hierarchien und Zuständigkeit verweisen

Verknüpfung mit Lösung z.B. Vorteil einer Lösung benennen

Zusammenfassung Ergebnisse zusammenfassen

Negativ Abbruch Diskussion vorzeitig beenden (wollen)

Äußerungen zur Organisation Negativ Tadel/Abwertung Abwertung von anderen, „kleine Spitzen“

Organisationales Wissen Wissen über Organisation und Abläufe

Themen springen Neues Thema ohne Bezug zu Vorangegangenem

Unterbrechung Wort abschneiden

Äußerungen zum Wissensmanagement Verlieren in Details und Beispielen Nicht zielführendes Beispiel, Monolog

Seitengespräch beginnen oder sich darin verwickeln lassen

Wissen wer; Verweis auf SpezialistInnen

Reputation Verweis auf Diensterfahrung, Betriebszugehörigkeit etc.

Frage nach Meinung, Inhalt, Erfahrung

Tabelle 16: Kasseler-Kompetenz-Raster.

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Die in Tabelle 16 dargestellten Kriterien sind zur Vergleichbarkeit zwischen

MitarbeiterInnen, Gruppen und Unternehmen unabhängig von konkreten

Aufgabenstellungen.

Fachkompetenz iS des KKR bedeutet, Wissen für Aufgaben passfähig zu machen und

Probleme zu lösen. Zur Problemlösungsfindung müssen die relevanten Informationen

erläutert werden. Die Vernetztheit impliziert die Verknüpfung zwischen Problem, dessen

Analyse und einer Lösung. Zur Fachkompetenz zählt ebenfalls das Wissen über die

Organisation, um entsprechend in seinem Tätigkeitsfeld kompetent handeln zu können.

Ein weiteres Kriterium ist, dass der/die ArbeitnehmerIn Informationen über das

Wissensmanagement hat, um beispielsweise der zuständigen Person, eine Frage stellen

zu können.

Methodenkompetenz stellt die Strukturierung in den Fokus und enthält die Fähigkeit,

Ziele zu benennen, Beiträge zu klären bzw. zu strukturieren und Verfahrensvorschläge

und -fragen einzubringen. Des Weiteren ist auf die Zusammenfassung von Informationen

und Prioritätenfestsetzung abzustellen. Strukturierte Vorgehensweisen implizieren

ebenfalls eine gerechte Aufgabenverteilung während einer Diskussion, die Visualisierung

von Ergebnissen, eine Kosten-Nutzen-Abwägung und die Definition eines

Zeitmanagements. Verfügt eine Person über wenig Methodenkompetenz, zeigt sich dies

insbesondere in der fehlenden Systematik bei der Besprechung von Themen.

Fisch versteht unter Sozialkompetenz „überwiegend nicht sachbezogene, vielleicht sogar

unsachliche, intendierte und nicht intendierte Handlungen mit ausgeprägt emotionalen

Anteilen“321. Positive Eigenschaften sind beispielweise, stille TeilnehmerInnen direkt

anzusprechen, andere Personen zu loben oder Meinungen und Tatsachen voneinander zu

trennen. Tadel und Abwertung, Seitengespräche oder Unterbrechen von anderen

GesprächsteilnehmerInnen zählen zu den negativen Äußerungen oder Handlungen.

Bei einem hohen Maß an Selbstkompetenz sind Personen an Veränderungen interessiert

und zeichnen sich durch Eigenverantwortlichkeit in einer Gruppe aus. Ein zentraler

Bestandteil ist die Planung von Maßnahmen. Negativ wirkt sich hingegen aus, wenn die

Person kein Interesse an Veränderungen hat, was sich durch Killerphrasen,

321

Fisch, R., Eine Methode zur Analyse von Interaktionsprozessen beim Problemlösen in Gruppen, Gruppendynamik 1994, 25 (2), 149 (151).

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Rechtfertigungen, Ignorieren von Problemen oder Schwarzmalerei ausdrückt. Bei der

Suche nach einem/einer Schuldigen wird das Problem personifiziert.322

Bei dem Kasseler-Kompetenz-Raster fällt auf, dass die Methoden-, Sozial- und

Selbstkompetenz sowohl positive als auch negative Aspekte und Kriterien aufweisen. Bei

der Durchführung des Verfahrens gibt Kauffeld zu bedenken, dass es sich um ein sehr

zeitintensives Verfahren handelt. Ein(e) geübte(r) AnwenderIn könne das Verfahren mit

Hilfe einer Videoaufzeichnung zur Auswertung der verbalen Äußerungen in ca. fünf

Stunden durchführen. Folglich ist das Verfahren sehr zeitaufwendig und setzt mit den

Kriterien vertraute BeurteilerInnen voraus, zumal diese die Kriterien Satz für Satz

kodieren müssen. Der Kasseler-Kompetenz-Raster zeichnet sich ebenfalls dadurch aus,

dass sogar die Selbstkompetenz, die bisher unberücksichtigt blieb323 oder durch

Persönlichkeitsanalysen324 ermittelt wurde, operationalisierbar ist. Die Methode stößt

insofern an ihre Grenzen, als dass die Ergebnisse der Bewältigung von

Optimierungsaufgaben von MitarbeiterInnen in einer einzigen Situation im Zentrum der

Betrachtung stehen, für andere berufliche Situationen, z.B. Beratungs- oder

Verkaufsgespräche, jedoch nicht generalisierbar sind.325

5.7. Zusammenfassende Bemerkungen

Die Verfahren zur Kompetenzmessung in der Personalauswahl sind zahlreich und jede(r)

Personalverantwortliche muss abschätzen können, welches Verfahren sich für die

Besetzung der vakanten Stelle am besten eignet. Durch schriftliche

Bewerbungsunterlagen nehmen BewerberInnen zumeist den ersten Kontakt mit dem

Unternehmen auf. Diese sollten folglich eine gute formale und stilistische Gestaltung

aufweisen, vollständig und inhaltlich gut durchdacht sein. Konzentrieren sich

EntscheidungsträgerInnen allerdings ausschließlich auf das Anschreiben, den Lebenslauf

und das Motivationsschreiben, können sie noch zu wenige Rückschlüsse auf die

Persönlichkeit des Bewerbers bzw. der Bewerberin ziehen. Daher ist die Erstellung eines

Portfolios zu empfehlen, in dem sich der/die ErstellerIn mit den fachlichen Kompetenzen

322

Kauffeld, S., Das Kasseler-Kompetenz-Raster (KKR) – ein Beitrag zur Kompetenzmessung, in: Clement, U./Arnold, R. (Hrsg.), Kompetenzentwicklung in der beruflichen Bildung (2002) 131 (139 ff.). 323

Sonntag, K.-H./Schäfer-Rauser, U., Selbsteinschätzung beruflicher Kompetenzen bei der Evaluation von Bildungsmaßnahmen, Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie 1993, H. 37 (4), 163-171. 324

Erpenbeck, J./Heyse, V., Die Kompetenzbiographie2

(2007). 325

Kauffeld, S. in Clement, U./Arnold, R. 146 f.

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sowie mit den individuellen persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, Eigenschaften und

Werten auseinandersetzt.

M.E. unerlässlich, um die Persönlichkeit von UniversitätsabsolventInnen einschätzen zu

können, ist ein direktes und strukturiertes Bewerbungsgespräch. Entscheidungsbefugte

Personen müssen sich zur Gewährleistung der Reliabilität, Validität und Objektivität

jedoch dafür gut vorbereiten. Im Mittelpunkt steht nicht nur die Persönlichkeit, sondern

auch ein erstes Kennenlernen und die Einschätzung, ob der/die potenzielle MitarbeiterIn

zur Abteilung und dem Unternehmen passt. Der organisatorische Ablauf gliedert sich in

drei Phasen (Eindruck aufgrund der Bewerbungsunterlagen im Vorfeld, Gespräch,

abschließende Beurteilung).

Als spezielle Verfahren zur Kompetenzmessung sind das arbeitsbasierte

Kompetenzinterview (AKI) und die Kompetenzbiographie herauszustreichen. Das AKI

orientiert sich an 568 möglichen Fragestellungen, die auf einer siebenstufigen

Bewertungsskala evaluiert werden können. Die Fragen sind stets situationsbezogen und

beziehen sich auf die Absichts-, Verhaltens-, Wirkungs- und Idealebene des Bewerbers

bzw. der Bewerberin. Die Kompetenzbiographie weist die Besonderheit auf, dass die

Selbstfokussierung und -zentrierung des/der Interviewten im Mittelpunkt steht, wodurch

die Bedingungen der Kompetenzentwicklung ermittelbar sind.

Psychologische Testverfahren, d.h. allgemeine Leistungstests, spezielle

Funktionsprüfungs- und Eignungstests, Intelligenz- sowie Persönlichkeitstests sind

zumeist ein Teil des gesamten Bewerbungsprozesses. Allgemeine Leistungstests, aber

auch Intelligenz- und Persönlichkeitstests sind von besonderem Interesse, da diese

vornehmlich für die Auswahl von BerufseinsteigerInnen bzw. UniversitätsabsolventInnen

zum Einsatz gelangen.

In Assessment Center (AC) stellen AssessorInnen die Kompetenzen und potentiellen

Fähigkeiten von BewerberInnen gegenüber und nehmen eine Bewertung vor. Bei den

Aufgabenstellungen sind wiederum die Gütekriterien zu beachten, wobei eine diffizile

Vorbereitung notwendig ist. Zu den beliebtesten Aufgaben zählen Gruppendiskussionen,

Postkorbübungen, Fallstudien, Präsentationen sowie Rollen- und Planspiele.

Der Kasseler-Kompetenz-Raster (KKR) ist ebenfalls ein Beobachtungsverfahren und zielt

auf die Messung von Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen durch verbale

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Äußerungen ab. Es handelt sich allerdings um ein dauerhaftes Verfahren, das nicht nur

einer detaillierten Einschulung, sondern auch einer differenzierten Auswertung bedarf.

Bei all den genannten Methoden ist zu bedenken, dass der Einsatz der geeigneten

Methode im Bewerbungsverfahren zielgruppenabhängig ist. Daher sollten sich

Unternehmensverantwortliche darüber im Klaren sein, welche Kriterien der/die

zukünftige MitarbeiterIn konkret erfüllen soll. Das Einstellungsverfahren sollte

entsprechend ausgewählt werden, um Fehlentscheidungen zu reduzieren.

Bei einer Zusammenschau der dargestellten Einstellungsverfahren ist auf eine Studie von

Fruhner/Schuler/Funke/Moser Bezug zu nehmen, wonach BewerberInnen das Interview

aufgrund der kommunikativ-interaktiven Situation als Auswahlverfahren bevorzugen.

Obwohl diesen eine Leistung im Gespräch abgefordert wird, erleben sie den Druck in

einem Test oder AC als noch größer.326

326

Fruhner, R./Schuler, H./Funke, U./Moser, K., Einige Determinanten der Bewertung von Personalauswahlverfahren, Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie 1991, H. 4, 170-178.

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153

II. Empirischer Teil

Der Beginn eines empirischen Forschungsvorhabens ist durch die Frage gekennzeichnet,

welche Methode sich am besten für das zu untersuchende Feld eignet. Die

Forschungsmehode beschreibt folglich einen gezielten, planvollen und wissenschaflichen

Weg der Erkenntnisgewinnung. Eine grobe Unterscheidung bieten die Begrifflichkeiten

qualitative und quantitative Verfahren. Bei einem tieferen Blick in die Materie zielt

ersteres auf die Generierung gegenstandsbegründender Theorien sowie die Entdeckung

neuer Zusammenhänge ab und zeichnet sich durch kleinere Fallzahlen und eine

Prozessorientierung aus. Für letzteres bilden bestehende Modelle und Theorien den

Ausgangspunkt zur Untersuchung von Ursachen und Wirkungen. Durch die Bearbeitung

großer Datensätze ist es das Ziel, Hypothesen zu widerlegen oder zu bestätigen.327

Beide Forschungsmethodologien orientieren sich zwar an unterschiedlichen

Erkenntniszielen, eine Kombination ist dennoch nicht auszuschließen. Dies zeigt sich an

der bekannten Untersuchung von Jahoda, Lazarsfeld und Zeisel über die Arbeitslosen von

Marienthal328, in der die ForscherInnen beide Methoden nutzten.

Hofmann zufolge ist es für die differenzierte und umfangreiche Beantwortung einer

Forschungsfrage unterlässlich, qualitativ und quantitativ zu forschen.329 Zu den Modellen

der Methodenintegration sind beispielsweise das Phasenmodell (Nutzung einer

qualitativen Vorstudie zur Generierung von Hypothesen) oder die Triangulation330

(Anwendung von verschiedenen Methoden zur Erhöhung des Gütekriteriums der Validität

von Untersuchungsergebnissen) zu zählen.331 Die Gründe für qualitative Methoden liegen

einerseits darin, fremde Welten und unbekannte Aspekte in vertrauten Welten zu

entdecken und zu beschreiben, andererseits stehen neu entdeckte Zusammenhänge und

Theorien im Fokus. Eine qualitative Evaluation dient ebenfalls zur Erkennung von

Verbesserungsmöglichkeiten. Ein Nachteil liegt allerdings in der „missing data“, weshalb

327

Brüsemeister, Th., Qualitative Forschung. Ein Überblick2

(2008) 151 f. 328

Jahoda, M./Lazarsfeld, P./Zeisel, H., Die Arbeitslosen von Marienthal: ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit

22 (2009).

329 Hofmann, F., Quantitativ vs. qualitativ erhobene Befunde zum Thema „Umgang mit Heterogenität“:

Hinweise für eine starke Komplementarität, in: Hofmann, F./Schreiner, C./Thonhauser, J. (Hrsg.), Qualitative und quantitative Aspekte (2008) 57 (61). 330

Näheres zur Triangulation siehe Flick, U., Triangulation, in: Flick, U./Kardorff, E./Steinke, I. (Hrsg.), Qualitative Forschung

8 (2010) 309-318.

331 Kelle, U./Erzberger, Ch., Qualitative und quantitative Methoden: kein Gegensatz, in: Flick, U./Kardorff,

E./Steinke, I. (Hrsg.), Qualitative Forschung8 (2010) 299 (300 ff.).

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beispielsweise eine Checkliste dazu beitragen kann, das Nachfragen wichtiger

Informationen nicht zu vergessen.332

Hoffmeyer-Zlotnik geht davon aus, dass der/die ForscherIn die Wahl eines quantitativen

oder qualitativen Verfahrens genau abwägen muss, „da diese, immer von Forschungsziel

und Forschungsfrage abhängig ist. Eine die Genauigkeit von Wirkungszusammenhängen,

hypothesengeleitet, überprüfende Forschung setzt ein quantitatives Verfahren voraus;

sollen aber begründende Vermutungen über Regelhaftigkeiten in den einzelnen

Bereichen oder Feldern der sozialen Wirklichkeit gewonnen werden, so setzt dieses ein

qualitatives Verfahren (in der Regel verbunden mit der Gewinnung verbaler Daten)

voraus.“333 Die Methoden stehen folglich in einer gewissen Konvergenz zueinander.334

Für das dem Dissertationsprojekt zugrunde liegende Forschungsfeld ist aufgrund der

genannten Konvergenz zwischen den Methoden sowohl die Anwendung einer

qualitativen (Interviews) als auch einer quantitativen Methode (Fragebogen) zielführend.

Als sinnvolle Ergänzung dient die Analyse von Stellenausschreibungen für JuristInnen und

PädagogInnen, sodass eine fundierte Beantwortung der Forschungsfrage durch die auf

unterschiedlichen Ebenen angestellten Überlegungen zu erwarten ist.

1. Forschungsdesign

„Wenn ein Untersuchungsgegenstand apodiktisch an ein ganz bestimmtes

Forschungsparadigma gekoppelt wird, verstellt dies den Blick auf die Bedeutung der

jeweiligen Fragestellung und den Facettenreichtum des zu untersuchenden

Phänomens.“335

Effizienz und Effektivität haben bei der Auffindung der geeigneten Forschungsmethode zu

Beginn des Vorhabens Priorität. Um empirisch fundiert beantworten zu können, welche

332

Oswald, H., Was heißt qualitativ forschen? Eine Einführung in Zugänge und Verfahren, in: Friebertshäuser, B./Langer, A./Prengel, A. (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft

4 (2013) 183 (188, 191 ff.).

333 Hoffmeyer-Zlotnik, J., Einleitung: Handhabung verbaler Daten in der Sozialforschung, in: Hoffmeyer-

Zlotnik, J. (Hrsg.), Analyse verbaler Daten. Über den Umgang mit qualitativen Daten (1992) 1 (1). 334

Siehe hierzu Früh, W., Analyse sprachlicher Daten. Zur konvergenten Entwicklung ‚quantitativer‘ und ‚qualitativer‘ Methoden, in: Hoffmeyer-Zlotnik, J. (Hrsg.), Analyse verbaler Daten. Über den Umgang mit qualitativen Daten (1992) 59 (61); Esser, H., Zum Verhältnis von qualitativen und quantitativen Methoden in der Sozialforschung, oder: Über den Nutzen methodologischer Regeln bei der Diskussion von Scheinkontroversen, in: Voges, W. (Hrsg.), Methoden der Biographie- und Lebenslaufforschung (1987) 87 (99). 335

Popp, U., Geschlechtersozialisation und schulische Gewalt (2002) 287.

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Kompetenzen sich steirische ArbeitgeberInnen von UniversitätsabsolventInnen erwarten,

war es zielführend sowohl qualitative als auch quantitative Forschungsansätze zu wählen.

Daher wurde bewusst im Vorfeld der quantitativen Fragebogenerhebung mit 10

Personalverantwortlichen ein Interview geführt, um den Fragebogen entsprechend

anzupassen.

Zumal die Studie von Foscht/Angerer bereits sieben Jahre zurückliegt, gilt es mit Hilfe von

Fragebögen auf die Sichtweise der ArbeitgeberInnen einzugehen, um mögliche

Veränderungen zu den genannten Studien aufzeigen und einen Vergleich mit den

Auswertungen anstellen zu können.

In Anlehnung an die Studien von Foscht/Angerer (2006) und Schaeper/Briedis (2004) und

in Fortsetzung der Studie des Zentrums für Soziale Kompetenz (2013) soll der Fragebogen

für das vorliegende Dissertationsvorhaben folgendermaßen aufgebaut sein. Zielgruppe

sind Unternehmensverantwortliche steirischer Unternehmen.

2. Qualitative Forschung

Der qualitative Forschungsansatz bezweckt, einerseits die Perspektiven der Handelnden

möglichst authentisch zu erfassen und andererseits den Feldzugang offen zu halten. Denn

gerade die Vermeidung einer „Überstülpung“ eines zuvor festgelegten Theoriekonzepts

hat Priorität. Im Forschungsprozess orientiert sich der/die ForscherIn zwar an bestimmten

Fragestellungen, die allerdings im Verlauf eine ständige Modifizierung und Erweiterung

erfahren.336 Qualitative Forschung verfolgt nicht die Zielsetzung, Hypothesen und

Theorien zu überprüfen, sondern richtet den Fokus auf die Entdeckung von neuem und

die Entwicklung empirisch begründeter Theorien337. Folglich werden „nichtstandardisierte

Methoden der Datenerhebung und interpretative Methoden der Datenauswertung

[benutzt], wobei sich die Interpretation nicht nur wie (meist) bei den quantitativen

336

Strauss, A./Corbin, J., Grounded Theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung (1996) 8. 337

Flick, U./Kardorff, E./Steinke, I., Was ist qualitative Forschung? Einleitung und Überblick, in: Flick, U./Kardorff, E./Steinke, I. (Hrsg.), Qualitative Forschung

9 (2012) 13 (14).

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156

Methoden auf Generalisierung und Schlussfolgerungen bezieht, sondern auch auf die

Einzelfälle“338.

Mayring fasst die Grundlagen qualitativen Denkens in fünf Postulate zusammen.

Gegenstand von humanwissenschaftlichen Forschungen sind stets Menschen, d.h.

Subjekte, die sowohl der Ausgangspunkt als auch Ziel von Untersuchungen sind (Postulat

1). Zu leicht geraten bestimmte Methoden in den Vordergrund, die Subjekte als

eigentliche Ziele hingegen in den Hintergrund.339 Bereits Dilthey340 betonte, dass aufgrund

einer umfassenden Deskription der Gegenstandsbereich genau und umfassend

beschrieben werden muss. Dabei müssen unterschiedliche Quellen Berücksichtigung

finden (Postulat 2). Zusätzlich muss der Untersuchungsgegenstand der

Humanwissenschaften durch eine Interpretation erschlossen werden, denn jede

Handlung kann für die BeobachterInnen und AkteurInnen unterschiedliche Bedeutungen

haben (Postulat 3). Um eine Anpassung der Teilnehmenden an eine Laborsituation zu

verhindern, sollte die Untersuchung der Gegenstände möglichst in ihrem natürlichen,

alltäglichen Umfeld stattfinden. Die Verzerrung des Forschungsergebnisses kann auf diese

Weise verhindert und Unschärfen können verringert werden (Postulat 4).

Eine Begründung für die Verallgemeinerbarkeit von bestimmten Ergebnissen erfolgt im

Einzelfall, wobei schrittweise und klar zu argumentieren ist, warum die Resultate für

andere Situationen und Zeiten gelten (Postulat 5).

Die dargestellten Postulate Subjektbezogenheit, Deskription und Interpretation der

Forschungsergebnisse, Untersuchung im allgemeinen Umfeld sowie die

Verallgemeinerbarkeit sind in jedem qualitativen Vorhaben zu beachten. Bei letzterem ist

aufgrund der Problematik kleiner Stichproben speziell der Fokus darauf zu legen, wofür

die Ergebnisse Gültigkeit besitzen.341

Mayring differenziert jene fünf abstrakten Grundsätze wiederum in 13 Säulen

qualitativen Denkens, die konkrete Handlungsweisen vorschreiben, um effektive

Forschungsergebnisse erzielen zu können.

338

Oswald, H., Was heißt qualitativ forschen? Eine Einführung in Zugänge und Verfahren, in: Friebertshäuser, B./Langer, A./Prengel, A. (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft

4 (2013) 183 (187).

339 Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialforschung

5 (2002) 19 ff.

340 Vgl. Dilthey, W., Materialien zur Philosophie von Wilhelm Diltheys (1984).

341 Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialforschung

5, 19 ff.

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157

Abbildung 32: Säulen qualitativen Denkens.

Hierbei muss mit der Deskription, die sich in Einzelfallbezogenheit, Offenheit und

Methodenkontrolle gliedert, begonnen werden. Im Forschungsprozess müssen „immer

auch Einzelfälle mit erhoben und analysiert werden, an denen die Adäquatheit von

Verfahrensweisen und Ergebnisinterpretationen laufend überprüft werden kann“342. Das

Postulat der Offenheit zielt darauf ab, dass Änderungen auf theoretischer und

methodischer Ebene jederzeit möglich sein müssen, sodass der/die ForscherIn allfällige

neue Aspekte, die während des Forschungsprozesses auftreten, einerseits

berücksichtigen und andererseits Ergänzungen vornehmen kann. Im Stadium der

Methodenkontrolle werden Verfahrensschritte expliziert und festgehalten, sodass die

späteren Ergebnisse überprüfbar sind. Die Befolgung begründeter Regeln und die stete

Dokumentation sind elementar für die Verallgemeinerbarkeit nach Abschluss des

Projekts.343

Bei der Interpretation der Ergebnisse nimmt Mayring eine Unterteilung in das

Vorverständnis, die Introspektion und die Forscher-Gegenstands-Interaktion vor. Ein

gewisses Vorverständnis wirkt beeinflussend auf die Interpretation, denn diese ist nie

342

Ders., Einführung in die qualitative Sozialforschung5, 27.

343 Ders., Einführung in die qualitative Sozialforschung

5, 24 ff.

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voraussetzungslos möglich. Deshalb ist im Sinne einer hermeneutischen Spirale344 für die

Offenlegung des eigenen Vorverständnisses und die schrittweise Weiterentwicklung des

Gegenstandes zu plädieren.345

Abbildung 33: Die hermeneutische Spirale nach Danner.

Die Introspektion ist als selbstbeobachtendes Element in der qualitativen Forschung zu

berücksichtigen, obgleich das introspektive Datenmaterial als solches gekennzeichnet,

begründet und überprüft werden muss. Eigene Erfahrungen und Beobachtungen dürfen

demnach als Informationsquelle Verwendung finden. Die Forscher-Gegenstands-

Interaktion bedeutet, dass sowohl der/die ForscherIn als auch der Gegenstand während

des Forschungsprozesses einer Veränderung unterliegen.346 Die in

Kommunikationsprozessen gewonnenen Daten sind subjektive Deutungen, „die in

bestimmten Interaktionsprozessen entstehen“347. Zur Interaktion zählen ebenfalls Ängste,

Probleme und Herausforderungen des Forschers bzw. der Forscherin.348

Auf der Ebene des Subjekts reihen sich die Ganzheit, die Historizität und

Problemorientierung aneinander. In einer qualitativen Denkhaltung ist die

Ganzheitlichkeit des Subjekts zu betonen. Denn die menschlichen Funktionsbereiche, z.B.

denken, fühlen oder handeln, und die Lebensbereiche, z.B. Gesellschaft, Beruf und

Familie, sind einer gemeinsamen Betrachtung zu unterziehen und zu interpretieren. Die

Gegenstandauffassung muss primär historisch sein, da jedes Subjekt eine eigene

„Geschichte“ hat und dementsprechend Veränderungen und Entwicklungen zu

344

Danner, H., Methoden geisteswissenschaftlicher Pädagogik (1979) 53. 345

Kleining, G., Umriß zu einer Methodologie qualitativer Sozialforschung, KZfSS 1982, 34, 224-253. 346

Vgl. Hoffmann-Riem, Ch., Die Sozialforschung einer interpretativen Soziologie – Der Datengewinn, KZfSS 1980, 32, 339-372. 347

Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialforschung5, 32.

348 Siehe hierzu Devereux, G., Angst und Methode in den Verhaltenswissenschaften

2 (1988).

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159

berücksichtigen sind. Ein qualitatives Forschungsvorhaben soll an einer konkreten,

praktischen Problemstellung ansetzen, auf die sich wiederum die Untersuchungs-

ergebnisse beziehen.

Auf der Ebene des Verallgemeinerungsprozesses platziert das Mayring’sche Schema die

argumentative Verallgemeinerung, die Induktion, den Regelbegriff und die

Quantifizierbarkeit. Für die argumentative Verallgemeinerung gilt es zu klären, zu

welcher Zeit und in welcher Situation die Ergebnisse gelten. Elemente der Ergebnisse, die

verallgemeinerbar sind, müssen entsprechend explizit, argumentativ abgesichert und

begründet werden. Induktive Verfahren sind allgemein ein Teil von

sozialwissenschaftlichen Forschungen. Indem sich aus einzelnen Beobachtungen

Zusammenhangsvermutungen entwickeln, spielen jene Methoden für die

Verallgemeinerung von Ergebnissen eine wesentliche Rolle. Mayring stellt richtigerweise

klar, dass Personen nicht automatisch nach bestimmten und allgemein gültigen Gesetzen

funktionieren, sondern Gleichförmigkeiten besser mit kontextgebundenen Regeln

abgebildet werden können. Die Quantifizierbarkeit ist ein wichtiger Schritt zur

Verallgemeinerung bzw. Absicherung und entschärft den Gegensatz zwischen

quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden.

Diese 13 Säulen können als Grundlage für die Entwicklung qualitativer

Untersuchungspläne und -verfahren herangezogen werden und bieten gleichermaßen

eine Checkliste für den/die ForscherIn.349

2.1. Gütekriterien in der qualitativen Forschung

Die Gütekriterien für quantitative Verfahren und jene für qualitative Verfahren

unterscheiden sich, weshalb im folgenden Kapitel auf die methodischen

Kontrollmöglichkeiten in qualitativen Interviews einzugehen ist. Generell unterscheiden

sich die Gütekriterien zwischen der Reliabilität (Zuverlässigkeit), der Validität (Gültigkeit)

und der Objektivität. Zur Überprüfung der Reliabilität kann der Re-Test, der Parallel-Test

(Äquivalent-Form) oder die Konsistenz (Split-half) herangezogen werden. Der Re-Test

bedeutet, dass die Forschungsoperation ein zweites Mal durchzuführen ist, um die

Ergebnisse zu überprüfen. In einem Parallel-Test misst der/die ForscherIn dieselbe

349

Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialforschung5, 33 ff.

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Stichprobe mit einem anderen Untersuchungsinstrument. Bei der Konsistenz wird das

Untersuchungsmaterial in zwei gleiche Teile geteilt und auf die Erzielung ähnlicher

Ergebnisse überprüft. Mayring merkt hierzu kritisch an, dass sich der/die ForscherIn bei

der Konsistenzprüfung die Hälfte der Untersuchung sparen könnte, denn es ist klar, dass

bei einer Teilung ungleiche Hälften enstehen. Auch könne bei einem Re-Test nicht einfach

nochmals dasselbe untersucht werden, denn die Gesetze der Physik und der Medizin sind

nicht einfach auf die qualitative Sozialforschung übertragbar.350 Aufgrund dessen wurde

in der vorliegenden Studie zur Gewährleistung der Reliabilität das Datenmaterial von

einer zweiten Forscherin interpretiert und im Vorfeld der Erhebung festgelegte

Transkriptionsregeln351 beachtet.

Die Validität drückt sich in der qualitativen Sozialforschung dadurch aus, dass der/die

ForscherIn das Untersuchungsinstrument erprobt und ständig weiterentwickelt.352 In

concreto wurden Probeinterviews durchgeführt, um zu ermitteln, ob die

Fragenstellungen zur Erforschung des Themenkomplexes geeignet sind.

Eine Messung erfüllt das Gütekriterium der Objektivtät, wenn die erhobenen Daten und

die Testergebnisse von dem/der TestanwenderIn möglichst unabhängig sind. Dieses

Kriterium findet auf qualitative Untersuchungsmethoden selten Anwendung.353

Mayring erarbeitete speziell für qualitative Forschungsmethoden sechs Gütekriterien:

Verfahrensdokumentation (Dokumentation der Ergebnisse, z.B. Hinweis auf

genutzte Methoden zur besseren Nachvollziehbarkeit, Durchführung und

Auswertung der Datenerhebung);

Argumentative Interpretationsabsicherung (Adäquates Vorverständnis und

Schlüssigkeit der Interpretation, Suche nach Alternativ- und Negativdeutungen

sowie Überprüfung derselben);

Regelgeleitetheit (Planung und Modifizierung von Analyseschritten, schrittweises

und systematisches Vorgehen);

350

Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialfoschung5, 141 f.

351 Siehe hiezu Kapitel II. 2.3.

352 Früh, W., Inhaltsanalyse: Theorie und Praxis

8 (2015) 189 ff.

353 Flick, U., Gütekriterien qualitativer Forschung, in: Mey, G./Mruck, K. (Hrsg.), Handbuch Qualitative

Forschung in der Psychologie (2010) 395 (397).

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161

Nähe zum Gegenstand (Anknüpfung nahe an der Alltagswelt der beforschten

Subjekte, Interessenübereinstimmung mit dem/der Beforschten, Schaffung eines

gleichberechtigten und offenen Verhältnisses);

Kommunikative Validierung (Überprüfung der Interpretationsergebnisse durch

den/die Beforschte(n));

Triangulation (Verwendung von qualitativen bzw. quantitativen Analysegängen zur

Untersuchung derselben Forschungsfrage, Vergleich der Ergebnisse).354

2.2. Interviewformen

Ein Interview ist „eine verabredete Zusammenkunft; in der Regel eine direkte Interaktion

zwischen zwei Personen, die sich auf Basis vorab getroffener Vereinbarungen und damit

festgelegter Rollenvorgaben als Interviewende und Befragte begegnen“355. Um die

geeignete Interviewform für die qualitative Erhebung zu finden, ist es unerlässlich, das

narrative und das leitfadenorientierte Interview sowie das ExpertInneninterview grosso

modo voneinander abzugrenzen.

Fritz Schütze356 entwickelte das narrative Interview, das zu den am häufigsten zur

Anwendung kommenden Methoden der qualitativen Sozialforschung zählt. Der Stimulus

des Forschers bzw. der Forscherin liegt auf der Erzählung von eigenerlebten Geschichten.

Demzufolge handelt es sich um die Theorie des Erzählens, die durch die Mitteilung von

Inhalten bedingt ist.357 Der Vorteil des narrativen Interviews liegt in der direkten

Rückkoppelung zwischen den GesprächspartnerInnen und bietet daher wenig Raum für

Kommunikationsfehler. In einem erzählenden Gespräch fordert der/die InterviewerIn

den/die Befragte(n) auf, ein bestimmtes Themengebiet zu beschreiben. Das narrative

354

Mayring, Ph., Einführung in die qualitative Sozialforschung5, 144 ff.; Mayring, Ph., Qualitative

Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken12

(2015) 118. 355

Friebertshäuser, B./Langer, A., Interviewformen und Interviewpraxis, in: Friebertshäuser, B./Langer, A./Prengel, A. (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft

4 (2013)

437 (438). 356

Siehe beispielsweise Schütze, F., Biographieforschung und narratives Interview, Neue Praxis, Kritische Zeitschrift für Sozialarbeit und Sozialpädagogik 1983, 283-293. 357

Schütze, F., Die Technik des narrativen Interviews in Interaktionsfeldstudien – dargestellt an einem Projekt zur Erforschung von kommunalen Machtstrukturen, in: Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen (Hrsg.), Kommunikative Sozialforschung. Alltagswissen und Alltagshandeln. Gemeindemachtforschung, Polizei, Politische Erwachsenenbildung (1976) 159 (163).

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Interview ist je nach AutorIn in drei358, vier359 oder fünf Phasen360 unterteilt.361 Das

narrative Interview zielt darauf ab, dass der/die ErzählerIn, „die lebensgeschichtliche

Erfahrung in jener Aufschichtung, in jenen Relevanzen und Fokussierungen reproduziert,

wie sie für seine Identität konstitutiv und somit auch handlungsrelevant für ihn sind“362.

Der/die ForscherIn sollte den/die Erzählende(n) im Redefluss möglichst nicht

unterbrechen und am Ende des Interviews um Wiederholungen und Präzisierungen

bitten.363

Das leitfadenorientierte Interview gibt im Gegensatz zu dem beschriebenen narrativen

Interview mehr Struktur sowohl für den/die Interviewenden als auch für den/die

InterviewpartnerIn vor. Der Leitfaden enthält Fragestellungen, sodass der/die Befragte

wichtige zu ermittelnde Inhalte anspricht, jedoch sind die Fragen so offen formuliert, dass

er/sie in der Erzählung weiter ausholen kann. Durch diesen groben Orientierungsrahmen,

der Marotzky zufolge als Gedächnisstütze dient, kann der/die ForscherIn die

Vergleichbarkeit der besprochenen Themenbereiche sicherstellen. Zur Erstellung muss

er/sie das zu untersuchende Feld sehr gut kennen, um die relevanten Themenkomplexe

schon im Vorfeld zu ermitteln.364 Die Herausforderungen sind, dem/der Befragten die

geeigneten Fragen im passenden Moment zu stellen und der hohe Zeitaufwand.365

Leitfadengestützte sowie narrative Interviews werden zumeist mit den Methoden der

Inhaltsanalyse366 oder der Grounded Theory367 ausgewertet.

358

Kleemann, F./Krähnke, U./Matuschek, I., Interpretative Sozialforschung. Eine Einführung in die Praxis des Interpretierens

2 (2013) 74; siehe auch Przyborski, A./Wohlrab-Sahr, M., Qualitative Sozialforschung

4 (2014)

79 ff. 359

Fischer-Rosenthal, W./Rosenthal, G., Warum Biographieanalyse und wie man sie macht, Zeitschrift für Sozialforschung und Erziehungssoziologie 1997, 17, 405 (414). 360

Lamnek, S., Qualitative Sozialforschung5 (2010) 326 ff.

361 Näheres zu den erzähltheoretischen Grundlagen des narrativen Interviews siehe Bohnsack, R.,

Rekonstruktive Sozialforschung9 (2014) 93 ff.

362 Bohnsack, R., Rekonstruktive Sozialforschung

9, 94.

363 Atteslander, P., Methoden der empirischen Sozialforschung

13 (2010) 143.

364 Marotzki, W., Leitfadeninterview, in: Bohnsack, R./Marotzki, W./Meuser, M. (Hrsg.), Hauptbegriffe

qualitativer Sozialforschung3 (2011) 114 (114).

365 Schnell, R./Hill, P./Esser, E., Methoden der empirischen Sozialforschung

9 (2011) 353 f.; Atteslander, P.,

Methoden der empirischen Sozialforschung13

, 142. 366

Mayring, Ph., Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken12

(2015). 367

Strauss, A./Corbin, J., Grounded Theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung (1996); Strauss, A., Grundlagen qualitativer Sozialforschung: Datenanalyse und Theoriebildung in der empirischen soziologischen Forschung

2 (20007); Straus, A./Corbin, J., Basics of Qualitative Research. Techniques and

Procedures for Developing Grounded Theory2 (1998).

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163

Während sich die zwei beschriebenen Interviewformen über ihre methodische

Vorgehensweise definieren, ist das ExpertInneninterview auf den Gegenstand des

Interesses fixiert, nämlich auf den Experten bzw. die Expertin.368 ExpertInnen sind

Personen „die über ein spezifisches Rollenwissen verfügen, solches zugeschrieben

bekommen und eine darauf basierende besondere Kompetenz für sich selbst in Anspruch

nehmen“369. Sowohl Helfferich als auch Meuser/Nagel gehen bei ihrer Definition von

einem zugeschriebenen Status oder einer faktischen Postion eines Experten bzw. einer

Expertin innerhalb einer Hierarchie aus.370

In der vorliegenden Untersuchung orientiert sich die Auswahl von ExpertInnen an

Personen, die in steirischen Unternehmen als Personalverantwortliche tätig sind,

Einstellungsverfahren mit BerufseinsteigerInnen durchführen und dadurch über ein

detailliertes Wissen im Forschungsfeld verfügen. Des Weiteren war bei der Auswahl

darauf zu achten, eine ausgewogene Anzahl an Frauen und Männern als Befragte zu

interviewen.371

2.3. Transkription

Unter dem Begriff Transkription versteht Deppermann, akustische oder audiovisuelle

Gesprächsprotokolle nach vorher festgesetzten Regeln zu verschriftlichen. Mit dieser

beginnt die Auswertung des Datenmaterials.372 „Die Grundlage jeglicher Untersuchung

kommunikativen Verhaltens ist das ,Einfrieren‘ der aktuellen Kommunikation in einer

situationsentbundenen Form als dokumentarische Transkription, die die wesentliche

conditio sine qua non jeder Art von Beschreibung verbaler Interaktion überhaupt

darstellt.“373 Nachdem die qualitative Inhaltsanalyse als ein geeignetes Verfahren für die

zugrunde liegende Forschungsfrage gefunden wurde, stellt sich im nächsten Schritt des

sozialwissenschaftlichen Forschungsprozesses die Frage nach der Aufzeichnung und

368

Bogner, A./Littig, B./Menz, W., Interviews mit Experten. Eine praxisorientierte Einführung (2014) 9. 369

Przyborski/Wohlrab-Sahr, Qualitative Sozialforschung4, 133.

370 Helfferich, C., Die Qualität qualitativer Daten: Manual für die Durchführung qualitativer Interviews

4

(2011) 163; Meuser, M./Nagel, U., Experteninterview, in: Bohnsack, R./Marotzki, W./Meuser, M. (Hrsg.), Hauptbegriffe qualitativer Sozialforschung

3 (2011) 57 (57).

371 Littig, B., Interviews mit Experten und Expertinnen. Überlegungen aus geschlechtertheoretischer Sicht,

in: Bogner, A./Littig, B./Menz, W. (Hrsg.), Experteninterviews. Theorien, Methoden, Anwendungsfelder3

(2009) 181 (182 ff.), beschreibt ausführlich, dass es sich aufgrund der Vielzahl von Männern in Führungspositionen schwierig gestaltet, eine gezielte Quotierung des Samples vorzunehmen. 372

Knoblauch, H., Transkription, in: Bohnsack, R./Marotzki, W./Meuser, M. (Hrsg.), Hauptbegriffe qualitativer Sozialforschung

3 (2011) 159 (159); Deppermann, A., Gespräche analysieren

4 (2008) 39.

373 Dittmar, M., Transkription

3 (2009) 51.

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164

Transkription des Datenmaterials. In der vorliegenden Untersuchung wurden die

Interviews mit einem Diktiergerät aufgezeichnet und die Daten auf den Computer

transferiert.

Zur Überprüfbarkeit und zur leichteren Bearbeitung wurden diese mittels F4374 in

Anlehnung an die Transkriptionsregeln von Kuckartz375 transkribiert:

Wörtliche Transkription der Gespräche (nicht lautsprachlich oder

zusammenfassend),

Verschriftlichung in Standardorthographie und keine Verwendung von

vorhandenen Dialekten376;

Lückenfüllende Lautäußerungen der InterviewpartnerInnen werden nicht

transkribiert, beispielsweise „ähm“ oder „hmmm“;

Transkription von nichtsprachlichen, stimmlichen Phänomenen (z.B. Lachen,

Seufzen, Räuspern, Atmen usw.)377;

Kennzeichnung von längeren Pausen durch in Klammern gesetzte

Auslassungspunkte (…);

Kennzeichnung von unverständlichen Worten;

Kennzeichnung der Interviewerin mit dem Kürzel ‚I‘ und der befragten Person

mit einer eindeutigen Abkürzung, z.B. mit „B4“;

Kennzeichnung von Unterbrechungen während des Interviews (Geräusche im

Hintergrund oder Klingeln des Mobiltelefons)378;

Kennzeichnung jedes SprecherInnen-Wechsels durch einen Absatz.

Meuser/Nagel zufolge genügt es im Gegensatz zu biographischen Interviews bei

ExpertInneninterviews lediglich einzelne relevante Passagen zu transkribieren.379 Anderer

374

https://www.audiotranskription.de/f4.htm [15.01.2017]. 375

Kuckartz, U./Dresing, Th./Rädiker, St./Stefer, C., Qualitative Evaluation. Der Einstieg in die Praxis2 (2008)

27 f. 376

Kowal, S./O’Connel, D., Zur Transkription von Gesprächen, in: Flick, U./Kardorff, E./Steinke, I. (Hrsg.), Qualitative Forschung

9 (2012) 437 (440 ff.); Kuckartz, U., Qualitative Inhaltsanalyse

2, 136; a.A. Deppermann,

Gespräche4, 42, der die Angabe von Umgangssprache und Dialekten vorschlägt.

377 Siehe auch Helfferich, C., Die Qualität qualitativer Daten

4, 98 ff., die nonverbale Signale als wesentliche

Faktoren in einem Interview betrachtet. 378

Gläser, L./Laudel, G., Experteninterviews4, 193 f.; Kleemann, F./Krähnke, U./Matuschek, I., Interpretative

Sozialforschung2 (2013) 28 ff., 74 ff.

379 Meuser, M./Nagel, U., Experteninterview und der Wandel der Wissensproduktion, in: Bogner, A./Littig,

B./Menz, W. (Hrsg.), Experteninterviews. Theorien, Methoden, Anwendungsfelder3 (2009) 35

(56).

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Ansicht ist Dittmar, der durch das gesamte verschriftlichte Transkript erreichen möchte,

die reale Kommunikationssituation möglichst genau wiederzugeben.380

In der nachstehend vorgelegten Untersuchung erfolgte einerseits zur besseren

Verständlichkeit und andererseits zur leichteren Bearbeitung eine Transkription des

gesamten Interviews. Durch das Programm F4 war es möglich, die Wiedergabe durch eine

spezielle Taste zu stoppen, auf Pause zu schalten, das Interview neu zu starten und vor-

bzw. zurückzuspulen. Bei einem Absatzende wurde jeweils eine Zeitmarke gesetzt, um

eine Synchronisierung zwischen Text und Audiodatei herzustellen. Interviews konnten

nebeneinander gestellt und simultan verglichen werden. Die Einhaltung der oben

beschriebenen Transkriptionsregeln wird dadurch erheblich erleichtert.381

Das transkribierte Dokument gliedert sich in drei Spalten. In der ersten Spalte ist die

Zeilennummer, in der mittleren Spalte ist der/die SprecherIn (Befragte(r) bzw.

Interviewerin) zu finden und die dritte Spalte enthält die Äußerungen. Im Transkript

wurden die Namen der InterviewpartnerInnen anonymisiert und in der Reihenfolge des

Datums der Aufzeichnung kodiert (B1, B2, usw.).

2.4. Auswertungsmethode

Als Auswertungsmethode war die Inhaltsanalyse nach Mayring heranzuziehen. Ritsert

zufolge ist die Inhaltsanalyse „ein Untersuchungsinstrument zur Analyse des

gesellschaftlichen, letztlich des ideologischen Gehalts von Texten“382. Zahlreiche

Autoren383 haben bisher das Verständnis der Inhaltsanalyse definiert, Mayring hingegen

bedient sich keiner Definition, sondern weist auf sechs Spezifika hin, die dieser

sozialwissenschaftlichen Methode immanent sind:

Analyse der Kommunikation: Jede Art von Kommunikation ist die Übertragung

von Symbolen: Darunter ist Sprache, aber auch Musik und Bilder zu

380

Dittmar, M., Transkription3, 53.

381 Kuckartz, U., Qualitative Inhaltsanalyse

2, 138.

382 Ritsert, J., Inhaltsanalyse und Ideologiekritik (1975) 9.

383 Siehe beispielsweise Früh, W., Inhaltsanalyse: Theorie und Praxis

8, 27; Kromrey, H., Empirische

Sozialforschung: Modelle und Methoden der standardisierten Datenerhebung und Datenauswertung (2009) 301; Atteslander, P., Methoden der empirischen Sozialforschung

13, 195 oder Mühlfeld, C. et al.,

Auswertungsprobleme offener Interviews, Soziale Welt 1981, Jg. 32, H. 3, 325 (334).

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subsumieren. Berelson versteht darunter, „symbols (verbal, musical, pictoral

plastic, gestural) which make up the communication itself“384.

Analyse von fixierter Kommunikation: Kommunikation, d.h. Texte, Bilder,

Noten, muss in irgendeiner Form zur weiteren Bearbeitung protokolliert

vorliegen. Der Gegenstand der Analyse ist somit fixierte Kommunikation.

Systematischer Vorgang: Eine freie Interpretation ist in diesem Verfahren nicht

möglich, vielmehr hat der/die ForscherIn systematisch vorzugehen.

Regelgeleiteter Vorgang: Die Analyse läuft nach einem systematischen

Vorgang und nach expliziten Regeln ab, sodass sie ebenfalls für andere

Personen nachvollziehbar und überprüfbar ist.

Theoriegeleiteter Vorgang: Das Material wird auf der Grundlage einer

theoretischen Fragestellung analysiert und die Ergebnisse basierend auf der

Theorie interpretiert. Diese Vorgehensweise dient wiederum als Anknüpfung

an die Erfahrungen der befragten Personen zu dem zu untersuchenden

Gegenstand.

Rückschlüsse auf bestimmte Aspekte der Kommunikation: Zumal das

analysierte Material Teil eines Kommunikationsprozesses ist, handelt es sich

um eine schlussfolgernde Methode. Mit einer inhaltsanalytischen Auswertung

kann schlussendlich das Ziel verfolgt werden, auf bestimmte Aspekte der

Kommunikation rückschließen zu können.385

Wie anhand der Spezifika ersichtlich kann jeder Text, ein Brief, ein Interviewtranskript

oder Bilder ausgewertet werden. Zur systematischen Auswertung diverser

Kommunikationsmaterialien eignet sich die von Mayring entwickelte Form der

Inhaltsanalyse, die „zwischen einer klassifikatorischen und einer sinnrekonstruierenden

Vorgehensweise angesiedelt“386 ist. Vor der eigentlichen Analyse muss das Datenmaterial,

d.h. die Interviews, kodiert und Kategorien gebildet werden387. Jede(r) ForscherIn, der/die

die Inhaltsanalyse als Auswertungsmethode heranzieht, muss sich zweifelsohne damit

beschäftigen, wie und nach welchen Regeln die Kategorienbildung erfolgt und welche

384

Berelson, B., Content Analysis in Communication Research (1952) 13. 385

Mayring, Ph., Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken12

(2015) 12 f. 386

Meuser, M., Inhaltsanalyse, in: Bohnsack, R./Marotzki, W./Meuser, M. (Hrsg.), Hauptbegriffe qualitativer Sozialforschung

3 (2011) 89 (90).

387 Cropley, A., Qualitative Sozialforschung

4 (2011) 167.

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Anzahl notwendig ist.388 In der Literatur sind allerdings wenig hilfreiche Vorschläge wie

beispielsweise „Patentrezepte für die Kategorienbildung gibt es nicht“389 zu finden.

Für die Kodierung bedient sich Mayring drei spezieller qualitativer Techniken: der

Zusammenfassung, der Explikation und der Strukturierung, welche im Folgenden zu

erläutern sind, um die geeignete Technik für die vorliegende Untersuchung zu klären.

Ziel der Zusammenfassung ist die Reduktion des Materials auf die wesentlichen Inhalte.

Die Abstraktionsebene, „auf die das Material durch Einsatz der Makroebene transformiert

wird“390, muss deshalb genau festgelegt werden. Reduktive Prozesse sind das Auslassen,

die Generalisation, die Konstruktion, die Integration, die Selektion und die Bündelung.

Im Gegensatz zur Zusammenfassung zielt die Explikation auf eine Erweiterung durch

zusätzliche Materialien ab, um das Verständnis zu erhöhen und die einzelnen Textstellen

besser zu erläutern. Bei dieser Technik ist insbesondere darauf zu achten, welche

zusätzlichen Materialien herangezogen werden.

Durch die Strukturierung erhält das Material eine bestimmte Struktur, auf deren Basis

Kategoriensysteme zu bestimmen sind. Es ist wesentlich, die aus der Fragestellung

abgeleiteten und theoretisch begründeten Strukturierungsdimensionen genau zu

bestimmen.

Abbildung 34: Ablaufmodell strukturierter Inhaltsanalyse in Anlehnung an Mayring391

.

388

Kuckartz, U., Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung2 (2014) 59.

389 Kriz, J./Lisch, R., Methoden-Lexikon (1988) 134.

390 Mayring, Ph., Qualitative Inhaltsanalyse

12, 59.

391 Mayring, Ph., Qualitative Inhaltsanalyse

12, 98.

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168

In einem nächsten Schritt werden die Strukturierungsdimensionen in verschiedene

Ausprägungen differenziert. Diese ergeben gemeinsam ein Kategoriensystem. Um dies zu

erreichen, müssen drei Punkte Beachtung finden.

Bei der Definition der Kategorien ist darauf zu achten, welche Textteile zu

einer bestimmten Kategorie zuordenbar sind.

Konkrete Textstellen werden als Ankerbeispiel für eine Kategorie

bestimmt.

Für allfällige Abgrenzungsprobleme zwischen den einzelnen Kategorien

sind Kodierregeln zu formulieren, die eine eindeutige Zuordnung

ermöglichen.

Mayring nimmt bei der Strukturierung nochmals eine Differenzierung in formale,

typisierende, skalierende und inhaltliche vor, wobei für die vorliegende Untersuchung

ausschließlich letztere von Interesse ist.

Abbildung 35: Ablaufmodell qualitativ-inhaltsanalytischer Verfahren am Beispiel induktiver

Kategorienbildung.392

392

Mayring, Ph., Neue Entwicklungen in der qualitativen Forschung und der qualitativen Inhaltsanalyse, in: Mayring, Ph./Gläser-Zikuda, M. (Hrsg.), Die Praxis der qualitativen Inhaltsanalyse

2 (2008) 7 (12).

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169

Denn durch die inhaltliche Strukturierung sollen Themen, Inhalte und Aspekte aus dem zu

untersuchenden Material extrahiert, paraphrasiert und schlussendlich zusammengefasst

werden.393

2.5. Datenauswertung (Interviews)

Um umfangreiche Hintergründe und Informationen zu erhalten, wurde der gesamte

Bewerbungsprozess vom Bedarf an UniversitätsabsolventInnen bis hin zu

Weiterbildungsmöglichkeiten besprochen. Insgesamt konnten 10 Personen, fünf Frauen

und fünf Männer, aus unterschiedlichen Branchen für ein Interview gewonnen werden.

Die Abfrage der soziodemographischen Daten enthält die Anzahl der MitarbeiterInnen,

die im Unternehmen der befragten Personen tätig sind.

Anzahl MitarbeiterInnen in Österreich

B1 100 MitarbeiterInnen (B1/114)

B2 400 MitarbeiterInnen (B2/237)

B3 1400-1600 MitarbeiterInnen (B3/441).

B4 1700 MitarbeiterInnen (B4/571)

B5 675 MitarbeiterInnen (B5/675)

B6 1500 MitarbeiterInnen (B6/767)

B7 7200 MitarbeiterInnen (B7/868)

B8 600 MitarbeiterInnen (B8/962)

B9 200 MitarbeiterInnen (B9/1081)

B10 2300 MitarbeiterInnen (B10/1190)

Tabelle 17: Anzahl der MitarbeiterInnen der befragten Personalverantwortlichen.

Am wenigsten MitarbeiterInnen sind im Unternehmen von B1 (100 Personen) beschäftigt,

für die höchste Anzahl an Personal sind die Führungskräfte im Unternehmen von B7

(7.200 Personen) verantwortlich.

Nach anfänglich sechs Kategorien wurde nach der Auswertung von drei Interviews die

Anzahl auf vier Kategorien reduziert. Das entspricht einer Überarbeitung der Kategorien

von 10-50%. Diese sind:

Bedarf an UniversitätsabsolventInnen,

Einstellungsverfahren,

Erwartungshaltung,

Universitärer Hintergrund/Weiterbildung.

393

Gläser, J./Laudel, G., Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse4 (2010) 197 ff.; Mayring, Ph.,

Ph./Fenzl, Th., Qualitative Inhaltsanalyse, in: Baur, N./Blasius, J. (Hrsg.), Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung (2014) 543 (547 f.); Mayring, Qualitative Inhaltsanalyse

12, 67 ff., 97 ff.

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170

Bei der Bestimmung der Kategorien war darauf zu achten, dass diese klar voneinander

abgegrenzt sind, um jeweils verschiedene Aspekte herausarbeiten zu können.394 „Je

differenzierter und umfangreicher das Kategoriensystem, desto schwieriger ist es, eine

hohe Zuverlässigkeit der Resultate zu erzielen, obwohl gleichzeitig die inhaltliche

Aussagekraft einer Untersuchung steigen kann.“395 Aufgrund dessen ist die Anzahl der

Kategorien bewusst gering gewählt.

2.5.1. Bedarf an UniversitätsabsolventInnen

Die InterviewpartnerInnen wurden gefragt, wie sie den Bedarf von

UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren einschätzen. Als Skala zur

Einschätzung konnten die Befragten zwischen sinkend, gleich bleibend und steigend

wählen. Die InterviewpartnerInnen äußerten sich sehr deutlich zu ihren Einschätzungen

über den zukünftigen Bedarf von UniverstitätsabsolventInnen.

B1 sieht den Bedarf in Abhängigkeit des jeweiligen Bereichs. Sehr viele Bewerbungen

erhält das Unternehmen von AbsolventInnen der Fächer Betriebswirtschaft, Jus und

Psychologie. In diesen Bereichen werden jedoch mehr Personen ausgebildet, als Bedarf

besteht. Andererseits „haben technische Studierende sehr, sehr gute Chancen. Die suchen

nicht lange, da stehen die Firmen sozusagen auch schon in der Warteposition“ (B1/16).

Hingegen äußert sie Bedenken über Massenstudienfächer. „Gerade in diesen Bereichen

wird nicht unbedingt jeder seiner Qualifikation angemessen eine Stelle bekommen“

(B1/9).

Ebenfalls anknüpfend an die Studienrichtung äußert B5 einen leicht steigenden Bedarf.

(B5/579). Dabei thematisiert er eine verstärkte Nachfrage im Bereich Technik bzw.

Controlling und bekräftigt somit die von B1 bereits formulierte Ansicht.

Auch B4 vertritt die Meinung eines gegebenen Bedarfs und erläutert die Hintergründe.

„Weil es einfach Pensionierungen und neue Herausforderungen gibt, die abgedeckt

werden müssen“ (B4/447). B4 sieht Vorteile für Persönlichkeiten, die sich bereits in einem

Bereich, beispielsweise beim Umgang mit Bilanzen, spezialisiert haben. Diese bringen viel

theoretisches Wissen in das Unternehmen ein (B4/453).

394

Rössler, P., Inhaltsanalyse2 (2010) 100 ff.

395 Ritsert, J., Inhaltsanalyse und Ideologiekritik 70.

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171

Einen gleichbleibenden Bedarf beschreiben B2, B6 sowie B10. B2 bezieht sich in diesem

Zusammenhang auf alle Studienrichtungen. B6 untermauert seinen Standpunkt durch die

unterschiedlichen Stellenausschreibungen, wofür ein akademischer Abschluss nicht

immer notwendig ist. StellenwerberInnen, die einen akademischen Abschluss benötigen,

sind wirtschaftliche Studienrichtungen.

B10 weist auf eine steigende Tendenz hin, weil sie beobachtet hat, „dass eine gewisse

Akademisierung der Berufsgruppen stattfindet. Dass Stellen, die früher mit Maturantinnen

und Maturanten besetzt wurden, nun durchaus mit Akademikern und Akademikerinnen

sowohl von der Fachhochschule als auch von den Universitäten besetzt werden“

(B10/1089). Als gefragte Studien mit steigendem Bedarf sieht B10 JuristInnen,

BetriebswirtInnen und zunehmend GeisteswissenschaftlerInnen. Mit Sicherheit steigt

ebenso B3 zufolge der Bedarf in den nächsten Jahren (B3/244).

Die von B10 bereits angesprochene steigende Bedarfstendenz, stimmt mit den Ansichten

von B3, B5 und B9 überein. B9 bezeichnet den Bedarf als „fast steigend“ (B9/977). Er

unterstreicht seine Ansicht durch Verschiebungen, „so wie man es auch bei den

Fachhochschulen gesehen hat. Es kommt teilweise zu einem shift. Es werden Berufsbilder,

die früher vielleicht nicht von Akademikern ausgeübt worden sind, mittlerweile sehr stark

von Akademikern ausgeübt, natürlich auch, weil es ein höheres Angebot gibt. Ich glaube,

der Trend wird sich durchaus fortsetzen. Dann würde ich das sehr generell sehen – also

überall“ (B9/980).

Den Bedarf an UniverstitätsabsolventInnen stuft B7 in den nächsten Jahren weiterhin als

groß ein, „ob wir sie nehmen können, wird eine andere Frage sein. Budgetäre Probleme,

die es überall gibt“ (B7/773). Auch B7 sieht primär den Bedarf an JuristInnen

TechnikerInnen sowie AbsolventInnen der Betriebswirtschaft groß an.

B8 äußert das Problem, „dass wir schwer zu Absolventen kommen“ (B8/875), denn

größtenteils sind Stellen aus dem Bereich der Technik gefragt, wobei auch im Bereich

Rechnungswesen bzw. Controlling Bedarf besteht.

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172

2.5.2. Einstellungsverfahren

Zur Kategorie Einstellungsverfahren wurde folgende Frage gestellt: Wie informieren Sie

Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen in ihrem

Unternehmen?

B1 weist darauf hin, dass Ausschreibungen über Onlinemedien schnell und einfach an die

jeweilge Stelle anpassbar sind. Denn von einem/r BewerberIn für eine Position im

Rechnungswesen und einer Bewerberin für die Automatisierungstechnik werden

unterschiedliche Qualifikationen gefordert (B1/26).

B2 nutzt meistens die eigene Homepage, Netzwerke wie das Personalentwicklernetzwerk

sowie Online-Plattformen der Universität Graz, des Career-Centers und der

Wirtschaftskammer. Die Inanspruchnahme von Headhunters erfolgt nicht, zumal die

Kosten und der Nutzen nicht in Relation stehen. Zudem sind die Aufgabengebiete sehr

breit gefächert und als NGO wird insbesondere darauf geachtet, dass ein effektiver

Einsatz der finanziellen Mittel erfolgt (B2/123).

Im Detail erfolgen die Ausschreibungen offener Stellen im Unternehmen von B2 und B3

selten über das Medium Zeitung. B3 begründet dies mit dem hohen „Kostenfaktor, der ein

Zeitungsinserat eigentlich mit sich bringt und der Tatsache, dass gerade junge Leute eher

mehr im Internet Jobs suchen und nicht mehr klassisch über Printmedien“ (B3/251).

Deshalb werden die Stellen unternehmensintern und extern auf Plattformen

ausgeschrieben (B3/247).

B4 stellt klar, dass zuerst intern ausgeschrieben wird oder die Nachbesetzung durch eine

Person, die bereits in der Abteilung arbeitet, erfolgt. Ist die Stelle intern nicht

nachbesetzbar, ist eine öffentliche Ausschreibung über Online-Plattformen vorgesehen.

Headhunters sind in den Ausschreibungsprozess meistens nicht eingebunden (B4/457).

Einerseits ist das Unternehmen von B5 auf Berufsinformationsmessen vertreten,

andererseits lanciert es Stellenausschreibungen in universitäten Bewerbungstrainings, um

Studierende direkt anzusprechen (B5/585). Zeitungen, Online-Portale, Netzwerke und die

eigene Homepage bilden zusätzliche mediale Ausschreibungsmöglichkeiten. Headhunters

werden nicht für AbsolventInnen genutzt, wohl aber für Spitzenpositionen.

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Als Mitarbeiterin der Personalabteilung fungiert B6 wie eine Personalberaterin für die

einzelnen Abteilungen. Sobald Bedarf besteht, ist ein Profil zu erstellen, das Inserat zu

schalten und eine entsprechende Vorselektion durchzuführen. B6 führt selbst die

Bewerbungsgespräche und leitet eine Auswahl der besten BewerberInnen an die

Fachabteilung weiter. Für die Stellenausschreibung werden zu 80% Online-Inserate

genutzt.

B6 rechtfertigt den Verzicht auf Headhunter mit der Kostenersparnis. „Ein Onlineinserat

kostet 250 Euro und ein Printinserat im Kurier kostet 5000 Euro. Das steht in keiner

Relation“ (B6/684). Er befürwortet Onlineinserate und sieht in ihnen einen weiteren

Vorteil: „Wenn ich sehe, dass ich mit meinem Text die falsche Zielgruppe erreiche, kann

ich entsprechende Anpassungen vornehmen“ (B6/683).

Auch B7 verneint die Inanspruchnahme von Headhunters, vielmehr werden ebenfalls

Zeitungen und das Internet verwendet (B7/783).

B8 sucht sehr stark über Online-Portale und vertritt das Unternehmen auf

Berufsinformationsmessen. Zeitungsinserate schaltet B8 aus Kostengründen

ausschließlich für Führungspositionen (B8/893).

Die Rekrutierung potentieller BewerberInnen erfolgt bei allen InterviewpartnerInnen

Online. Eine weitere Besonderheit ist die Tatsache, dass lediglich zwei von 10 befragten

Personen Headhunters verwenden. Hinter diesen 2 InterviewpartnerInnen verbergen sich

B8 und B9. Während B8 hin und wieder mit Headhunters sucht, äußert sich B9 bejahend.

B9 beschreibt ausführlich die Beweggründe hierfür. „Es geht darum, bewusst und

verdeckt Leute anzusprechen. Es ist schon so, dass es speziell in dem Bereich auch

Personalberater gibt, die ein hohes Branchenwissen haben. Da kann es einfach dazu

führen, dass sie in ihrem Stock schon Kandidaten haben und das führt dann zu einer

schnelleren Vermittlung und zu einer schnelleren Nachbesetzung von Positionen“

(B9/998).

B10 schreibt Stellen über einen Zeitraum von drei Wochen auf der unternehmensinternen

Homepage aus. Gestaltet sich der Suchprozess aufgrund einer geringen Anzahl an

BewerberInnen schwierig, werden zusätzlich Printmedien herangezogen. Die Suche über

Headhunters schließt B10 generell aus.

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174

Auch gingen die Befragten auf Nachfrage näher auf den genauen Ablauf und die

Methoden eines Einstellungsverfahrens ein.

B1 beschreibt das Einstellungsverfahren im Detail: „Für das Lehr- und Forschungspersonal

gibt es ein Hearing. Im Vorfeld stellt das Kollegium eine Reihungsliste aus und in der

Geschäftsführung besprechen wir das. Wir schauen natürlich schon darauf, dass wir Leute

dabei haben, bei denen es auch hinsichtlich des Gehalts passt. Bei den anderen, den

Stabsstellen und dem Bereich Office, läuft das ganz normal über ein Bewerbungsgespräch.

Das findet zuerst im Fachbereich statt und die nach vorne gereihten Bewerbungen

durchlaufen dann ein Bewerbungsgespräch mit dem Personal und mir“ (B1/30). Ein

Assessment Center lohnt sich aufgrund der Größe des Unternehmens nicht.

Ebenfalls im Unternehmen von B2 wird ein mehrstufiges Einstellungverfahren

durchgeführt. „Es gibt zunächst eine erste Auswahl, die aufgrund der eingesandten

Unterlagen passiert – hier gibt es eine Reihung. Dann finden Erstgespräche statt – mit im

Schnitt 10 bis 15 Kandidaten. Hier wird darauf geachtet, wer in die engere Auswahl

kommt. Dann kommt es zu einer Zweitrunde mit den besten drei bis vier KandidatInnen.

Daran nehmen auch schon Fachvorgesetzte und gegebenenfalls die Geschäftsführung teil.

Falls noch keine Entscheidung getroffen werden kann, kommt es zu einer dritten Runde.

Hierfür werden die BewerberInnen eingeladen, sich eine Stunde lang den Aufgabenbereich

anzusehen und ein vertiefendes Gespräch mit der späteren Vorgesetzten zu führen“

(B2/138).

Für eine bessere Vergleichbarkeit der KandidatInnen bildet ein Fragebogen die Grundlage

für das erste Gespräch. „Das zweite Gespräch ist ein strukturiertes Interview, in dem die

Kandidaten ganz konkrete Beispiele aus der Praxis bekommen. Je nach Stelle gibt es auch

Praxistests, wie z.B. Aufgaben am PC“ (B2/150).

Wenn die Unterlagen das Interesse von B3 wecken, lädt er den/die BewerberIn zu einem

ersten Gespräch ein. „Sind die Qualifikationen von Bewerbern für mehrere Positionen

geeignet, muss ich im Vorgespräch herausfinden, welches Tätigkeitsfeld für den

Kandidaten in Frage kommt“ (B3/262). Nach den Bewerbungsgesprächen erarbeitet B3

eine final Shortlist der interessantesten KandidatInnen und erstellt nach einer nächsten

Gesprächsrunde den Besetzungsvorschlag.

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Das Einstellungsverfahren innerhalb der einzelnen Unternehmen verläuft sehr individuell

über Gespräche, mehrstufige Verfahrensrunden, die Personalabteilung oder Assessment

Center. B3 bietet ausschließlich für „Lehrlingscastings und nicht die breite Masse“

(B3/273). Assessment Center an. Begründet wird dies mit der jeweiligen

Stellenausschreibung und der hohen BewerberInnenanzahl. Sofern eine rasche

Reduzierung eines „relativ großen Bewerberpools“ (B3/284) erforderlich ist, wie

beispielsweise bei einem Trainee Programm, ist ein Assessment Center hilfreich.

Wenn sich nur wenige Personen für die ausgeschriebene Stelle beworben haben, führt B4

gemeinsam mit dem/der zuständigen FachabteilungsleiterIn oder dem/der

OrganisationseinheitenleiterIn ein Interview durch. Bei vielen BewerberInnen nutzt das

Unternehmen ein Assessment Center, das einen halben Tag dauert. B4 bezeichnet dies als

Gruppeninterview, in dem verschiedene Aufgaben und Herausforderungen zu bestehen

sind, um die Qualifikationen, Qualitäten und Stärken kennenlernen zu können. Auf diese

Weise können sich die Vorgesetzten ein Bild von den Person machen und „wie sie in das

Gefüge der Abteilung oder des Unternehmens passt“ (B4/484).

Wie B2 schließt auch B5 Testverfahren aus und setzt auf persönliche Gespräche. Dies gilt

sowohl für ausgeschriebene Stellen als auch für Initiativbewerbungen. „Als

Erstverantwortlicher lade ich zu einer Unterhaltung ein und in der zweiten Runde ist dann

die verantwortliche Führungskraft dabei. In einer dritten Runde entscheiden wir

gemeinsam mit dem Bereichsleiter über die Stellenbesetzung“ (B5/509).

„Für den ersten Durchgang ist entweder die Personalabteilung oder ein Rekruiter

zuständig, in dem sie darauf achten, ob die Person zu unserem Unternehmen passt und

wir die Rahmenbedingungen erfüllen können“ (B6/700). Wenn B6 einen guten Eindruck

von dem/der BewerberIn hat, führt er gemeinsam mit dem/der FachabteilungsleiterIn ein

zweites Gespräch, in dem es auch um die fachliche Abfrage geht. B6 wendet Assessment

Center „nur für gewisse Positionen“ (B6/707) an, wie beispielsweise für ein Traineeship, in

dem sechs bis acht TeilnehmerInnen verschiedene Aufgabenstellungen, beispielweise

Präsentationen, Gruppenübungen, Rollenspiele oder Strategieübungen, bewältigen

müssen (B6/708).

B7 arbeitet in einer staatlichen Einrichtung, weshalb er an Vorgaben bei

Stellenausschreibungen gebunden ist, die bereits seit 30 Jahren Anwendung finden.

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Wenn eine Stelle nicht intern nachbesetzt werden kann, muss diese öffentlich

ausgeschrieben werden, sodass BewerberInnen die Möglichkeit haben, sich mit einem

Bewerbungsformular zu bewerben. Als neues Projekt weist B7 darauf hin, dass es in

Zukunft Online-Bewerbungen geben soll. Nach einer formalen Prüfung aller

Voraussetzungen laut Ausschreibung werden alle KandidatInnen eingeladen, einen Test

zu absolvieren. In diesem arbeitet die Abteilung von B7 mit psychometrischen und

fachlichen Messmethoden. „Dann gibt es eine Entscheidung, d.h. eine Vorentscheidung,

wer aufgrund dieser Daten die offenkundig bestgeeignetsten sind und diese Personen

laden wir meistens noch zu einem Vorstellungsgespräch mit den zukünftigen Chefs ein“

(B7/795). B7 bedient sich für keine ausgeschriebene Position eines Assessment Centers.

Im Unternehmen von B8 beschreibt der/die ProjektleiterIn oder die zuständige

Führungskraft dem HR-Management das zugrunde liegende Anforderungsprofil. Die Stelle

wird in einem nächsten Schritt in Onlinemedien ausgeschrieben. Die

Bewerbungsgespräche führen alle verantwortlichen Personen, d.h. er selbst, die direkte

Führungskraft und der/die HR-ManagerIn sind anwesend. Im Anschluss daran erfolgt die

Entscheidung (B8/907). Assessment Center setzt B8 nicht ein.

Zumeist erhält B9 von einem/einer PersonalberaterIn eine Shortlist, die aus drei bis fünf

Personen besteht, die zu einem Bewerbungsgespräch mit mehreren Verantwortlichen

eingeladen werden. „Je höher die Position, desto mehr Leute sprechen mit dem

Kandidaten“ (B9/1008). B9 bietet für die Führungskräfte unternehmensinterne

Schulungen an, sodass der Bewerbungsprozess hochprofessionell abgearbeitet wird. „Ich

würde jedoch sagen, dass klappt in der Praxis noch immer nicht optimal“ (B9/1016).

B10 erklärt den Bewerbungsprozess folgendermaßen: Der erste Schritt ist ein

standardisierter Einstufungstest, der sowohl eine Wissenskomponente als auch eine

psychologische Komponente enthält. Nach der erfolgreichen Absolvierung des Tests steht

den Führungskräften ein Leitfaden für ein strukturiertes Interview zur Verfügung.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass ein(e) MitarbeiterIn der Personalentwicklung

anwesend ist (B10/1116).

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2.5.3. Erwartungshaltung

Zu der Kategorie Erwartungshaltung beantworten die Personalverantwortlichen die

Frage, welche Erwartungen sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss stellen,

wenn sie sich um eine Stelle bei ihnen bewerben?

Neben sozialen Kompetenzen bzw. soft Skills sehen die meisten InterviewpartnerInnen

die fachlichen Kompetenzen im Vordergrund.

B1 setzt fachliche, methodische und soziale Kompetenzen voraus. „Es muss jemand

natürlich auch fachlich versiert sein, deshalb haben wir zuerst im Fachbereich das

Gespräch. Bei dem Hearing möchten wir dann erfahren, wie jemand mit Stress umgeht,

wie er/sie kommunizieren kann“ (B1/48). Auch ein Psychologe oder eine Psychologin ist

bei Bewerbungsgesprächen anwesend, der/die auf die Körpersprache achtet und klärt, ob

der/die BewerberIn in das Team passt (B1/52). Ein separates Verfahren zur Messung der

Methoden- und Sozialkompetenz besteht nicht. Das Verfahren orientiert sich an einem

Punktesystem.

B9 differenziert ebenfalls spezifisch zwischen fachlichen und persönlichen Kompetenzen.

„Die fachlichen Kompetenzen ergeben sich einfach aus der Stellenbeschreibung, aus der

Jobdefinition, aus der job description. Das heißt, das ist jetzt natürlich einmal

grundsätzlich die Basis. Sei es jetzt, dass wir nach bestimmten Ausbildungen, bestimmten

Erfahrungen usw., nach bestimmten Skills im inhaltlichen Bereich suchen. Sollten wir

mehrere Kandidaten haben, die dem entsprechen würden, dann kommen natürlich auch,

oder nicht nur dann, auch wenn wir nur einen haben, fließen natürlich sehr stark die

persönlichen Skills und persönlichen Kompetenzen in die Bewerbung ein und natürlich bis

zu einem gewissen Grad Wertevorstellungen. Passt der Kandidat zur

Unternehmenskultur?“ (B9/1032).

Für B5 hingegen sind weniger konkrete Kompetenzen als viel mehr Erfahrungen und

Zusatzqualifikationen von Bedeutung, was sie im Detail wie folgt schildert. „Wenn ich jetzt

an Studenten oder an Absolventen denke, ist natürlich schon auch interessant, ob jemand

während des Studiums gearbeitet oder Praktika gemacht hat. Gab es da

Auslandsaufenthalte oder sogar ein Auslandsstudium dazwischen, ein Semester oder ein

ganzes Jahr? Gab es dazwischen irgendwelche Zusatzabschlüsse?“ (B5/617).

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B2 erwartet einerseits, dass sich der/die BewerberIn mit dem Unternehmen

auseinandergesetzt hat, andererseits „dass er sich einigermaßen gut ausdrücken kann,

was er will und uns gegenüber offen und ehrlich sagt, was er sucht. Wir versuchen, im

Erstgespräch die Stelle möglichst gut und genau vorzustellen, damit der Bewerber ein

gutes Bild davon bekommt. Deshalb erwarte ich mir auch vom Bewerber, das Gespräch in

erster Linie nicht als Verkaufsgespräch zu sehen“ (B2/156). Das Erstgespräch dient

vielmehr als Kennenlerngespräch und zu Abklärung von Erwartungen (B2/157).

B4 und B6 stellen wie B2 das Interesse an dem Unternehmen in den Mittelpunkt. B4 gibt

zu bedenken, dass der/die Stellensuchende zur Vermeidung von Missverständnissen oder

Unklarheiten seine/ihre eigenen Erwartungen klar ausdrücken sollte (B4/497). B6 ergänzt

als wichtige Komponente das Interesse am Menschen und Hausverstand (B6/715).

Für B3 ist es nicht effizient, zu hohe Erwartungen an jemanden zu stellen. Vielmehr sollte

der/die BewerberIn Engagement, Ernsthaftigkeit für die Sache und Spaß am Arbeiten

haben. Dies sind jedoch Werte, die nicht validierbar sind. „Die für das Unternehmen

relevanten Werte kristallisieren sich in Kombination mit dem Job in den ersten sechs

Monaten heraus“ (B3/296).

B7 weist eine Besonderheit im Erwartungsprofil an die BewerberInnen auf. In dessen

Unternehmen gibt es eine Stellenbewertung, die nicht die Person, sondern die Stelle an

sich bewertet. „Das heißt, was auf einer Stelle zu tun ist, das hat einen bestimmten Wert,

einen Stellenwert. Dieser Stellenwert ergibt sich aus den Anforderungen, die eine Tätigkeit

oder eine Aufgabe mit sich bringt“ (B7/823). Daher müssen die fachlichen

Voraussetzungen bereits im Anforderungsprofil klar und konkret enthalten sein.

B8 verweist ebenfalls auf das Anforderungsprofil und führt aus, dass sich die

Beantwortung der Frage schwierig gestaltet, zumal für die ausgeschriebenen Stellen

unterschiedliche Anforderungsprofile bestehen. Von besonderer Wichtigkeit ist jedoch,

eine gewisse Leistungsbereitschaft, Innovationsfreudigkeit, Kreativität und „die

Bereitschaft, über den Tellerrand zu schauen“ (B8/920).

Aus den unterschiedlichen Stellenprofilen und Ausschreibungstexten ergeben sich für B10

in weiterer Folge die Erwartungen an die BewerberInnen (B10/1139).

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Für eine genauere Einschätzung der Erwartungshaltung konnten die ExpertInnen eine

Reihung der Wichtigkeit zwischen fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen

vornehmen und diese näher begründen.

Nach B1 ist die methodische Kompetenz am wichtigsten und die soziale und fachliche

Kompetenz liegen gleichrangig an zweiter Stelle (B1/69).

Für B2 gestaltet sich eine Reihung schwierig. Vielmehr ist er der Meinung „wenn jemand

will und die Voraussetzung, etwas lernen zu wollen, vorhanden ist, kann sich die Person

fachliche Kompetenzen aneignen. An der Persönlichkeit kann weniger „geschraubt“

werden“ (B2/164). Im Vordergrund steht daher, dass ein(e) BewerberIn persönlich gut zur

ausgeschriebenen Stelle und in das bestehende Team passt. Fachliche

Grundkompetenzen, die während der Beruflichkeit noch vertieft werden können, müssen

allerdings vorhanden sein.

B3 nimmt eine eindeutige Reihung vor und setzt die fachliche Kompetenz an erste Stelle,

danach folgt die soziale Kompetenz und die Methodik kommt zum Schluss. Ausführend

beschreibt B3, dass der/die BewerberIn sich während des Studiums eine gewisse

Methodik für eine Problembehandlung zu Recht legt. Diese verliert jedoch schnell in

einem Unternehmen an Bedeutung, das u.U. andere Methodiken nutzt. Daher müsse eine

gewisse Anpassung an das System geschehen. Die soziale Komponente bezieht B3 nicht

nur auf den/die Stellensuchende(n), sondern es ist das gesamte Team einzubeziehen und

zu beachten, wie die Person in die gesamte Mannschaft passt. Wenn allerdings die

fachlichen Voraussetzungen fehlen, kommt eine Einstellung nicht in Frage (B3/303).

Wie bereits B5 erwähnt, wird die Relevanz sozialer Kompetenzen generell in Verbindung

mit der Arbeit in Arbeitsgruppen oder Teams genannt. B4 bekräftigt diesen Standpunkt

indem er auf die soziale Kompetenz bzw. auf die Zusammenarbeit mit anderen Menschen

und mit anderen Abteilungen eingeht und in den Vordergrund „sozial verträgliche

Lösungen und Klarheit innerhalb von Gruppen und im Team“ (B4/505) stellt. Daher liegen

fachliche und soziale Kompetenzen gleich auf. Die soziale Kompetenz wird beispielsweise

durch Beobachtungen innerhalb von Gruppenübungen von B4 wahrgenommen.

B7 ist es am wichtigsten „eine Balance zwischen den drei Kompetenzen zu haben. Am

wichtigsten ist im Vorfeld die fachliche Kompetenz, am deutlichsten wird die soziale

Kompetenz erst im Arbeitsbereich. Wir vermischen die methodische und fachliche

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Kompetenz, weil ohne fachliche Kompetenz nützt die beste Methode nichts und

umgekehrt. Neben der sozialen Kompetenz ist für uns noch die persönliche Kompetenz

wesentlich“ (B7/829). Diesem Standpunkt schließt sich B5 an und bekräftigt dies mit

folgender Aussage: „Das braucht er alles, ich meine methodische und fachliche Kompetenz

setze ich jetzt mal voraus, wenn jemand ein Studium absolviert und natürlich ist die soziale

Kompetenz auch wichtig, weil wir großteils in Teams arbeiten und nicht abgekapselt für

uns alleine.“ (B5/625).

B6 ist der Meinung, dass ein(e) MitarbeiterIn aufgrund der fachlichen Kompetenzen „sehr

schnell in die Rolle hineinwachsen“ (B6/725) kann, die Persönlichkeit könne jedoch nicht

geändert werden. B8 stellt die methodischen Kompetenzen in den Vordergrund, nennt

danach die sozialen und an dritter Stelle folgen die fachlichen Kompetenzen (B8/928).

B9 reiht nach den sozialen, die fachlichen und methodischen Kompetenzen (B9/1042).

B10 differenziert nicht die einzelnen Kompetenzen, sondern beschreibt eine gewisse

Abhängigkeit von der zu besetzenden Stelle. Für eine Person, die MitarbeiterInnen führen

muss, „ist die soziale Kompetenz unbedingt wichtig, vielleicht sogar noch wichtiger als die

fachliche Kompetenz. Die soziale Kompetenz ist eben immer unabdingbarer“ (B10/1149).

Um zu ermitteln, was Personalverantwortliche unter der Begrifflichkeit soziale Kompetenz

verstehen, wurden sie um eine Definition gebeten.

B1 definiert soziale Kompetenz mit der Metapher „in den Schuhen des anderen laufen

können“ (B1/74) und bezieht auch erfolgreiche Lehrveranstaltungen, Teamarbeit und die

Abwicklung von Beschwerden mit ein. Empathie hat in diesem Zusammenhang einen

hohen Stellenwert (B1/75). Für B2 ist soziale Kompetenz von der jeweilgen Stelle

abhängig. Allgemein sollte sich ein(e) MitarbeiterIn jedoch immer durch

Entscheidungsfreudigkeit, Teamgeist, Struktur sowie Kreativität auszeichnen (B2/173).

Nach B3 muss ein Mitarbeiter bzw. eine Mitarbeiterin „mit Leuten können“ (B3/345).

Personen machen Fehler und im Team entstehen Konflikte, die wieder bereinigt werden

müssen (B3/346).

Die Definition von sozialer Kompetenz beinhaltet ähnliche Schwerpunkte. B4 ist der

Überzeugung, dass soziale Kompetenz sowohl etwas mit Lösungsorientierung, Auftreten

im Team und Körpersprache als auch mit Wertschätzung zu tun hat. Wertschätzung

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181

assoziiert B4 insbesondere mit einer guten Begegnung zwischen übergeordneten und

untergeordneten Personen. Diese Meinung schließt sich B6 an und stellt das Interesse an

KollegInnen in den Mittelpunkt. Dahingehend äußert er, „dass man mit allen gleichwertig

und wertschätzend umgeht. Das ist für mich soziale Kompetenz“ (B6/733). Ein weiterer

wichtiger Bestandteil der sozialen Kompetenz ist die Kommunikationsfähigkeit, wie B8 in

seiner Äußerung bestätigt. „Ganz klar Kommunikationsfähigkeit als Fähigkeit

Informationen auch gezielt und zuverlässig weiter zu geben“ (B8/932).

Zu Kommunikationsfähigkeit zählt B8 Problemlösungsfähigkeit. Der/die MitarbeiterIn

sollte in der Lage sein, schnelle, umsetzbare und nachhaltige Lösungen zu erarbeiten

(B8/930). Diese Ansicht vertritt auch B5. „Soziale Kompetenz ist für mich, wenn jemand

das Ganze im Blick hat und dann sieht, wenn jemand Unterstützung braucht, aber auch

sich Unterstützung holen kann, also in die Kommunikation gehen“ (B5/630). B5 misst

ebenso Teamarbeit einen hohen Stellenwert bei.

Ein signifikanter Punkt ist der Umgang mit Problemen. Für einige InterviewpartnerInnen

zählt zur sozialen Kompetenz der Umgang mit Problemen, Konflikten und der

Lösungsorientierung. B4 stellt in Bezug auf soziale Kompetenz die Fragen: „Kann es nur

eine Lösung, meine Lösung, um jeden Preis geben? Gibt es auch etwas in der Mitte

zwischen der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten und wie verhalte ich mich?“ (B4/513).

B7 definiert soziale Kompetenz „als eine Fähigkeit, in einer hochkomplizierten Situation

(…) einen konstruktiven Beitrag zu leisten“ (B7/836).

Nach B9 ist kein Mitarbeiter „eine einzelne Insel, sondern einfach mit den verschiedensten

Leuten im Unternehmen sehr stark interagieren muss“ (B9/1045). Daher bedarf es

Einfühlungsvermögen, Möglichkeiten der schnellen Adaptierung und Lernbereitschaft.

Den Umgang mit anderen KollegInnen nennt auch B10. Denn jede Persönlichkeit in einem

Unternehmen sollte mit den unterschiedlichen Herkunftsgeschichten, Ausbildungen und

sozialen Schichten umgehen können (B10/1156).

2.5.4. Universitärer Hintergrund/Weiterbildung

Der Faktor universitärer Hintergrund/Weiterbildung umfasst ebenfalls mehrere

Fragestellungen. U.a. beantworteten die InterviewpartnerInnen die Frage, welche

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Kenntnisse und Fähigkeiten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht erhalten sollten

bzw. wo sie einen möglichen Verbesserungsbedarf sehen.

Verbesserungsbedarf in der Universitätsausbildung erkennen B5, B8 und B10 im Bereich

der sozialen Kompetenzen. B10 äußert hierzu einen möglichen Lösungsvorschlag und

zieht die Einführung von Pflichtstunden, wie beispielsweise bereits im Curriculum der

Technischen Universität verankert, in Betracht. B8 führt in diesem Zusammenhang

sowohl die Entwicklung der Kommunikationsfähigkeit als auch den „Umgang mit anderen

Menschen, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ (B8/941) an. BewerberInnen seien

einfach unsicher, wenn sie in einem Team interagieren müssen (B8/944). Dieselbe

Meinung vertretend ist B1 davon überzeugt „sich eben auf verschiedenen Ebenen mit

verschiedenen Menschen, mit verschiedenen Kulturen auseinanderzusetzen“ (B1/82). Sie

fordert zudem eine gewisse Offenheit als Teil der sozialen Kompetenz. B5 spricht

insbesondere die Vermittlung von Teamkompetenz und Projektmanagement-Tools an

(B5/635).

B2 formuliert eine Einbüßung der Selbständigkeit und führt dies auf das zunehmend

„verschulte System“ (B2/198) zurück. Untermauert wird diese Meinung durch B3. Sie ist

der Ansicht, dass das derzeitige System mehr SpezialistInnen als GeneralistInnen

hervorbringt und wünscht sich daher „dass vor allem die Universitäten wieder zum

Ursprung zurückkehren und in ihren Studienplänen und in ihren Ausrichtungen wieder

mehr Generalisten produzieren als Spezialisten“ (B3/375). Damit schlägt B3 in die gleiche

Kerbe wie Lenz, der bereits vor über 10 Jahren aufzeigte, dass Topmanager und

Personalverantwortliche GeneralistInnen brauchen. ArbeitnehmerInnen sollten einerseits

Mut zum Risiko haben und andererseits neue Probleme mit unkonventionellen Methoden

bewältigen können.396

Zudem fehlt UniversitätsabsolventInnen die Fähigkeit, „sich große Stoffmengen in

bewältigbare Häppchen runter zu brechen“ (B2/195). Mehr Gewicht sollten in der

Universitätsausbildung Praktika erhalten (B2/183).

B4 glaubt, dass die Universitätsausbildung insgesamt schon sehr gut ist. Zweifel hegt er

jedoch hinsichtlich soft Skills, wie beispielsweise den Erwerb von

Präsentationsfähigkeiten. Hierzu schlägt er vor, Studierende speziell ihrem Studium

396

Lenz, W., Weiterbildung – vom Studium zum Beruf, in: Lenz, W. (Hrsg.), Weiterbildung als Beruf (2005) 7 (16).

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entsprechend zu schulen. Als zweiten Punkt spricht B4 GastrefertInnen aus der Praxis an,

die auf Einladung der Universität den Studierenden Anwendungskenntnisse vermitteln

sollten (B4/538).

Einen anderen Blickwinkel sprechen B6 und B7 an. Sie sehen im Bereich der praktischen

Erfahrungen Verbesserungspotential. B7 untermauert ihre Ansicht wie folgt: „Sie haben

Fachwissen, was zum Teil nicht gebraucht wird und das Fachwissen, das wir bräuchten,

haben sie nicht“ (B7/842). Als zweiten Punkt nennt B7 die Diversität der Ausbildungen,

„die absolut ein Jungle und unmöglich zu durschauen ist“ (B7/853). Unterschiedliche

Zertifikate erschweren die Einschätzung der erworbenen Kompetenzen.

B6 fehlt grundsätzlich im universitären System der praktische Aspekt. Auch an der

Universität würden noch veraltete Lehrmethoden eingesetzt (B6/745).

B9 hebt die Bringschuld der KandidatInnen hervor und sieht in der Universität eine

Ausbildungsstätte, die Grundlagen vermittelt. UniversitätsabsolventInnen müssten selbst

darauf achten, Zusatzqualifikationen und Sprachkompetenzen zu erwerben sowie

Auslandsaufenthalte zu absolvieren. Persönliche Werte finden ebenso im

Bewerbungsprozess Beachtung.

Da Weiterbildung im beruflichen Alltag von Relevanz ist, war Teil der Erhebung, ob und in

welcher Form Unternehmen interne, weiterbildende Maßnahmen anbieten.

B1 schließt verpflichtende Weiterbildungsmaßnahmen aus, vielmehr besteht für

MitarbeiterInnen ein Weiterbildungskontingent, das in Absprache mit dem/der

Vorgesetzten für technical und social Skills genutzt werden kann. Besonderen Wert legt

das Unternehmen auf die Kommunikations- und Konfliktkompetenz. Beispielsweise

erhalten MitarbeiterInnen in konfliktären Situationen die Möglichkeit, ein Coaching in

Anspruch zu nehmen. Allgemein ist B1 der Meinung, dass sich das Personal stets fachlich

weiterbilden muss, weshalb spezifische Weiterbildung unerlässlich ist (B1/87).

Im Unternehmen von B2 hat die Abteilung für das Office-Personal ein gewisses Budget,

für das übrige Personal besteht eine Weiterbildungsverpflichtung. Auf der Grundlage von

MitarbeiterInnengesprächen, Projekten und Themen können die Vorgesetzten

gemeinsam mit dem Personal entscheiden, welche Weiterbildungsmaßnahmen effizient

sind. Dabei handelt es sich um einen weiten Begriff von Bildungszielmaßnahmen, der

auch Coachings, Supervisionen, eine Job-Rotation oder einen Benchmark-Besuch umfasst.

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Entsprechend den Bedürfnissen kann mit externen ReferentInnen ein Mix von fachlichen

und sozialen Kompetenzen angeboten werden (B2/212).

Interne Weiterbildungen bieten die InterviewpartnerInnen überwiegend auf freiwilliger

Basis für ihre Angestellten an. Eine verpflichtende Teilnahme wird in Zusammenhang mit

einer bestimmten Position innerhalb des Unternehmens von B7 genannt. Er ist der

Ansicht: „Die Leute können aus einem Seminarprogramm wählen, was sie wollen, und es

gibt eine Grundausbildung, die verpflichtend ist“ (B7/861).

Innerhalb des Unternehmens von B6 sind die Weiterbildungsangebote prinzipiell

freiwillig, lediglich „wenn jemand Führungsverantwortung übernimmt, muss er

Führungsausbildungsseminare absolvieren. Das ist uns wichtig. Sonst ist es grundsätzlich

freiwillig und jeder Mitarbeiter kann sich aussuchen, was er gerne machen möchte und

wohin er sich entwickeln möchte“ (B6/758). Zudem verfügt B6 über „einen sehr großen

Seminarkatalog mit ca. 45 verschiedenen Themen im Haus. Das kann fachliche oder

persönliche Weiterbildung sein, Weiterbildung für Führungskräfte bieten wir auch an“

(B6/748). Ebenfalls ein großes und gutes internes Weiterbildungsangebot hat das

Unternehmen von B10. Die interne Weiterbildung findet ähnlich wie bei B6 generell

freiwillig statt. Die Weiterbildung ist für angehende Führungskräfte verpflichtend. „Da

muss man gewisse Module eben absolvieren.“ (B10/1167). Des Weiteren können freiwillig

Seminare in Anspruch genommen werden, die z.B. Zeit- und Selnstmanagement oder die

betriebliche Gesundheitsförderung betreffen (B10/1178).

B9 erläutert, „dass positionsbezogen jeder Mitarbeiter periodisch, also jährlich, mehrere

Trainings hat, die sehr fachspezifisch sind“ (B9/1070). Die Menge, die Intensität und der

Detailgrad an Weiterbildung korreliert mit der Höhe der Position. Daher gibt es

Weiterbildung, die obligatorisch absolviert werden muss und zusätzlich freiwillige

Trainings, die im MitarbeiterInnengespräch besprochen werden (B8/1069).

B3 setzt auf vollständige Freiwilligkeit bei der Beteiligung an Weiterbildungen und vertritt

die Meinung: „Wenn ich jemanden verpflichten muss, dass er etwas lernt, dann wäre es

besser, dass ich mich von dem Kollegen trenne“ (B3/430). Im Unternehmen von B3

nehmen die MitarbeiterInnen meistens die Angebote gerne an, sofern es die Arbeitszeit

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erlaubt (B3/431). Die InterwiepartnerIn bestärkt ihre Ansicht, „dass es fast nie vorkommt,

dass ich jemanden verpflichten muss, etwas Neues zu lernen“ (B3/432).

B4 bietet den MitarbeiterInnen sowohl Weiterbildung direkt in den Abteilungen als auch

in externen Bildungsinstanzen an. Weiterbildung basiert auf Freiwilligkeit und hat einen

hohen Stellenwert. Durch einen gelungenen Lerntransfer können neu erworbene

Kompetenzen in den Arbeitsalltag einfließen (B4/560).

Auch B5 differenziert zwischen interner und externer Weiterbildung. Nach einer

Einschulungsphase entwickelt der/die Vorgesetzte mit dem/der MitarbeiterIn einen

individuellen Weiterbildungsplan. Intern kann es sich dabei, wie ebenfalls B2 berichtet,

um einen Benchmark-Besuch (B2/219) handeln, extern vermitteln TrainerInnen einer

gewissen Gruppe notwendige Skills (B5/664). Wie B5 spricht auch B8 von einer ersten

Einschulung. Nach dieser Phase kann der/die MitarbeiterIn aus einer Bandbreite von Aus-

und Weiterbildungsangeboten wählen. Ein gewisses Ausmaß ist entsprechend der

Position verpflichtend. Das Personal hat die Möglichkeit, im Rahmen des

MitarbeiterInnengesprächs Wünsche zu äußern (B8/948).

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3. Quantitative Forschung

In dem Kapitel zur quantativen Forschung397 sind einerseits kurz die theoretischen

Grundlagen des Fragebogens und seine Gliederung zu klären und andererseits die

Datenauswertung per se vorzunehmen.

3.1. Fragebogen

Die Forschungsfrage, welche Erwartung steirische ArbeitgeberInnen an

UniversitätsabsolventInnen stellen, wurde ebenfalls mit Hilfe eines Fragebogens

untersucht. Die Vorteile liegen darin, dass sowohl die Beeinflussbarkeit des/der Befragten

durch den/die InterviewerIn wegfällt als auch im geringen Aufwand und in der besseren

Gewährleistung der Anonymität. Als Nachteile sind allerdings die Gefahr einer geringen

Rücklaufquote sowie eine mögliche Beeinflussung des/der Befragten durch andere

Personen anzuführen.398

Ohne entsprechende Fachkompetenzen ist der Berufseinstieg für eine(n)

UniversitätsabsolventIn geradezu unmöglich. Vielmehr ist zu unterscheiden, ob das

Unternehmen generalistisches oder spezielles Fachwissen voraussetzt. Zwar verfolgen

Universitäten u.a. das Ziel, wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden, dennoch

benötigen nicht alle BerufseinsteigerInnen Kenntnisse über wissenschaftliche

Methoden.399 Wenngleich fachliche und sachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten

unerlässlich sind, sind die weiteren Kompetenzdomänen, die Methoden-, Sozial- und

Selbstorganisationskompetenz, im Arbeitsalltag zu beachten. Der Fragebogen400 enthielt

u.a. Angaben zu den an AbsolventInnen gestellten Erwartungen und jenen Kompetenzen,

die zukünftig verstärkt in der universitären Ausbildung gefördert werden sollten. In

Anlehnung an die Kompetenzdimensionen der HIS-Studie von Schaeper/Briedis wurden

daher folgende Faktoren evaluiert:

397

Zur quantitativen Forschung siehe näheres Schwetz, H. et al., Einführung in das quantitativ orientierte Forschen

2 (2010).

398 Paier, D., Quantitative Sozialforschung (2010) 98; Micheel, H.-G., Quantitative empirische

Sozialforschung (2010) 92. 399

Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen 34. 400

Zum Fragebogen im Detail siehe Anhang II.

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187

Tabelle 18: Kompetenzstruktur.401

Es handelt sich um einen variablen und reliablen Fragebogen. Die Objektivität konnte

dadurch erzielt werden, dass mithilfe der Online-Umfrage-Applikation Lime-Survey die

Umfrage erstellt und ein Link generiert werden konnte, den die Wirtschaftskammer

Steiermark an Unternehmensverantwortliche ausschickte.

Der Fragebogen gliedert sich in vier Teile.

Der erste Teil enthält Fragen zur Rekrutierung von UniversitätsabsolventInnen. Dazu

zählt die Einschätzung, ob der Bedarf an UniversitätsabsolventInnen in den nächsten

Jahren sinken, gleich bleiben oder steigen wird. Diese Frage dient einerseits als Einstieg,

andererseits als Überleitung zur nächsten Frage, die die Rekrutierung von BewerberInnen

(Blindbewerbungen, Ausschreibungen etc.) beinhaltet. Näher konkretisierend schließt der

erste Teil mit der Erwartungshaltung an zukünftige MitarbeiterInnen mit akademischem

Abschluss ab.

Der zweite Teil beinhaltet die Fragestellung, ob Fachkompetenz, Methodenkompetenz

oder Sozialkompetenz in der Universitätsausbildung mehr Gewicht zukommen sollte. In

einer weiteren Frage wurde näher auf die einzelnen Kenntnisse und Fähigkeiten

401

Schaeper, H./Briedis, K., Kompetenzen von Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen 10.

Bereichsspezifische Fachkompetenz

Sachkompetenz Methodenkompetenz Sozialkompetenz (Selbst-)

Organisationskompetenz

Spezifisches Fachwissen

Breites Grundlagenwissen

Zeitmanagement Kommunikationsfähigkeit Fähigkeit, konzentriert

und diszipliniert zu arbeit

Kenntnis wissenschaftlicher

Methoden Kenntnisse in EDV

Fähigkeit, Wissens-lücken zu erkennen

und zu schließen

Sichtweisen und Interessen anderer

berücksichtigen

Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen

Fachspezifische theoretische Kenntnisse

Rechtskenntnisse

Fähigkeit, vorhandenes Wissen auf neue Probleme

anzuwenden

Kooperationsfähigkeit Fähigkeit, sich auf andere

Umstände einzustellen

Wirtschaftskenntnisse Selbständiges

Arbeiten Konfliktmanagement

Fremdsprachen Problemlösefähigkeit Verhandlungsgeschick

Fachübergreifendes

Denken Kritisches Denken Durchsetzungsvermögen

Wissenschaftliche

Ergebnisse/Konzepte praktisch umsetzen

Analytische Fähigkeit Führungsqualitäten

Organisationsfähigkeit Schriftliche

Ausdrucksfähigkeit

Mündliche

Ausdrucksfähigkeit

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eingegangen, bei der die Befragten ihre Antworten aus einer dreistufigen Likert-Skala

(weniger Gewicht – gleich bleibend – mehr Gewicht) wählen konnten. Da in der bereits

durchgeführten Erhebung unter den 1.400 Studierenden in einer offenen Frage ermittelt

wurde, was sie unter sozialer Kompetenz verstehen, definierten zur Gegenüberstellung

auch die ArbeitgeberInnen diesen Begriff.

Der beruflichen Weiterbildung widmet sich der dritte Teil. Einerseits wurde abgefragt, ob

ein Angebot an interner Weiterbildung besteht, andererseits in welchen Bereichen

Personalverantwortliche Weiterbildungsbedarf nach der Aufnahme der MitarbeiterInnen

erkennen.

Der letzte Teil dient der Erfassung von allgemeinen Daten des Unternehmens. Neben der

Branche wird ebenso abgefragt, wie viele MitarbeiterInnen beschäftigt sind.

3.2. Datenauswertung (Fragebogenuntersuchung)

Die im Online-Umfragetool ausgefüllten Fragebögen wurden direkt in das

Statistikprogramm SPSS402 transferiert, bereinigt und ausgewertet. Zur besseren

Verständlichkeit werden die Ergebnisse graphisch dargestellt und in einem nächsten

Schritt interpretiert. Um wiederum einen Bezug zu juristischen und pädagogischen

UniversitätsabsolventInnen herzustellen, ist an die Curricula des Diplomstudiums der

Rechtswissenschaften, des Bachelorstudiums der Pädagogik sowie des Masterstudiums

Weiterbildung – Lebensbegleitende Bildung der Karl-Franzens-Universität Graz

anzuknüpfen. Die angestellten Berechnungen mittels SPSS beruhen auf der deskriptiven

Statistik.

Die Minima und die Maxima der Antwortkategorien reichen von 1 (wichtig/sehr wichtig)

bis 3 (unwichtig/eher unwichtig) und enthalten damit den niedrigsten und den höchsten

angegebenen Wert der Variable.

402

Bühl, A., SPSS 20. Einführung in die moderne Datenanalyse13

(2012).

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189

3.1.1 Stichprobenbeschreibung

Nach der Durchführung der zuvor beschriebenen Studierendenbefragung im Jahr 2012

mit dem Ziel zu erheben, welche Kompetenzen für ihre zukünftige Berufstätigkeit relevant

sind, galt es als nächsten Schritt, steirische ArbeitgeberInnen über ihre Erwartungshaltung

an UniversitätsabsolventInnen zu befragen, um Studierenden bzw. AbsolventInnen einen

„Raster“ an die Hand zu geben, welche Kompetenzen für den Einstieg in die Arbeitswelt

wesentlich sind.

Mit Unterstützung der Wirtschaftskammer Steiermark konnte die Zielgruppe der

Untersuchung, nämlich Personalverantwortliche von steirischen Unternehmen, die

UniversitätsabsolventInnen mit erziehungswissenschaftlichen oder rechtswissen-

schaftlichen Abschluss einstellen, mit einer Online-Befragung erreicht werden.

100 Personalverantwortliche nahmen an der Erhebung teil.

Abbildung 36: In welcher Branche ist ihr Unternehmen tätig? (N=95).

Die meisten Befragten sind mit 29% in der Dienstleistungsbranche tätig, gleich danach

rangieren VertreterInnen aus der Industrie mit 26%. Im öffentlichen Bereich sind 16%

tätig, lediglich 6% bzw. 5% kreuzten die Items Handel bzw. Soziales an. 13% der Befragten

ordnen sich sonsigen Branchen zu.

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Abbildung 37: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? (N=89).

53% der Unternehmen beschäftigen 250 und mehr MitarbeiterInnen, 19% zwischen

50 und 249 Personen. Nur sehr gering fällt der Prozentsatz für jene Befragten aus, in

deren Unternehmen 0-9 (9%) und 10-49 (8%) Beschäftigte tätig sind.

3.1.2 Erwartung an UniversitätsabsolventInnen

Bei der Auswertung der Erwartungshaltung wird abermals auf die

Kompetenzdimensionen von Schaeper/Brideis Bezug genommen. In diesem

Zusammenhang wurde Unternehmensverantwortlichen die Frage gestellt, welche

Erwartungen Sie im Einstellungsprozess an BewerberInnen mit akademischem Abschluss

stellen.

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Abbildung 38: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischen Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (bereichsspezifische Fachkompetenzen)?403

Bei der Auswertung der bereichsspezifischen Fachkompetenz erwarten sich

ArbeitgeberInnen von StellenbewerberInnen mit einem rechts- oder

erziehungswissenschaftlichen Hochschulabschluss, dass sie über spezielles Fachwissen

(71%) und fachspezifische theoretische Kenntnisse (57%) verfügen und stufen diese als

wichtig/sehr wichtig ein.

Unter Berücksichtigung des aktuellen Curriculums des Bachelorstudiums Pädagogik404 an

der Karl-Franzens-Universität Graz sind darunter wohl Lehrveranstaltungen zur Pädagogik

– Individuum – Gesellschaft, zu trans- und interdisziplinären Zugängen der Erziehungs-

und Bildungswissenschaft, zur Methodologie und Wissenschaftstheorie sowie zur Analyse

und Organisation pädagogischer Handlungs- und Berufsfelder zu subsumieren. Hinter

403

Spezielles Fachwissen: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; fachspezifische theoretische Kenntnisse: N= 92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Kenntnis wissenschaftlicher Methoden N=91 Personen, 9 Personen machten keine Angabe. 404

Curriculum für das Bachelorstudium Pädagogik; siehe unter https://online.uni-graz.at/kfu_online/wbMitteilungsblaetter.display?pNr=510878 [15.01.2017].

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192

diesen Begrifflichkeiten verbergen sich wiederum näher definierte Vorlesungen, Tutorien,

Proseminare und Seminare.

Das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung405 enthält ebenfalls

berreichsspezifische Fachkompetenzen, wozu die Grundlagen der Erwachsenen- und

Weiterbildung (Modul A), Lehren und Lernen Erwachsener (Modul B), Theorien und

Konzepte von Bildung und Gesellschaft (Modul C), Forschungsmethoden (Modul D),

Professionalisierung und Management der Erwachsenen- und Weiterbildung (Modul E)

und das Mastermodul (Modul E) zu zählen sind.

Für angehende JuristInnen ist das Curriculum für das Diplomstudium der

Rechtswissenschaften406 heranzuziehen, das im Verhältnis zum Bachelor- und

Masterstudium Pädagogik eine detaillierte Differenzierung in drei Studienabschnitte

vornimmt. Neben einführenden Lehrveranstaltungen zu rechtlichen Grundlagen im

1. Abschnitt müssen Studierende im 2. Abschnitt u.a. in 10 Fachprüfungen fachspezifische

theoretische Kenntnisse in folgenden Rechtsgebieten erwerben: Verfassungsrecht und

Allgemeine Staatslehre, Verwaltungsrecht und Verwaltungslehre, Bürgerliches Recht

einschließlich Internationales Privatrecht, Zivilgerichtliches Verfahren, Strafrecht und

Strafprozessrecht, Europarecht, Unternehmensrecht, Völkerrecht, Finanzrecht, Arbeits-

und Sozialrecht.

Im 3. Abschnitt sind Inhalte aus einem Spezialisierungsgebiet zur Erlangung von

speziellem Fachwissen zu wählen.

Kenntnisse wissenschaftlicher Methoden, die Unternehmensverantwortliche bei der

Einstellung von AbsolventInnen zu 22% mit wichtig/sehr wichtig, zu 33% mit manchmal

wichtig und zu 36% mit unwichtig/eher unwichtig bewerten, sind mit jeweils einer

zweistündigen Lehrveranstaltung Inhalt des juristischen und pädagogischen Studienplans.

405

Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen ; https://online.uni-graz.at/kfu_online/wbMitteilungsblaetter.display?pNr=2900494 [15.01.2017]. 406

Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften; http://static.uni-graz.at/fileadmin/rewi/Referat_fuer_Studium_und_Lehre/Gesetze_Verordnungen/Studienplan_2014.pdf [15.01.2017].

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Abbildung 39: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischen Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben (Sachkompetenz)?407

Unter den Sachkompetenzen ist den Befragten fächerübergreifendes Denken mit 83%

wichtig/sehr wichtig, gefolgt von Kenntnissen in EDV mit 79%. Die Relevanz von

Fremdsprachenkenntnissen (64%), der Fähigkeit, wissenschaftliche Ergebnisse bzw.

Konzepte umzusetzen (54%) und Wirtschaftskenntnisse (52%) schätzen mehr als die

Hälfte als sehr hoch/hoch ein. Es ist anzunehmen, dass Personalverantwortliche, die

JuristInnen einstellen, Rechtskenntnisse unter bereichsspezifische Fachkenntnisse

subsumieren und deshalb schon voraussetzen. Diese werden von 13% als wichtig/sehr

wichtig eingeschätzt.

Spezifische fachübergreifende Kompetenzen sollen laut Studienplan zukünftige

PädagogInnen im Rahmen ihrer freien Wahlfächer (im Ausmaß von 54 ECTS-Anrechnungs-

punkten408) erwerben. Generell richtet sich die Empfehlung auf Lehrveranstaltungen, die

407

Fachübergreifendes Denken: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Kenntnisse in EDV: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Fremdsprachen: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Wirtschaftskenntnisse: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Rechtskenntnisse: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe. 408

Ein ECTS-Anrechnungspunkt entspricht 25 Echtstunden.

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die Vermittlung von Fähigkeiten des vernetzten Denkens und einer mehr-

perspektivischen Problembearbeitung einbeziehen. Zudem wird explizit auf

Lehrveranstaltungen zur Organisationssoziologie, betriebswirtschaftliche, juristische und

politikwissenschaftliche Fächer sowie Lehrveranstaltungen aus der Frauen- und

Geschlechterforschung hingewiesen.409 Somit finden ebenfalls Wirtschafts- und

Rechtskenntnisse als Empfehlung Eingang in die pädagogische Ausbildung.

Auch in freien Wahlfächern sollen sich Studierende des Masterstudiums Kenntnisse und

Fähigkeiten aus dem eigenen Fach nahe stehenden Gebieten sowie aus Bereichen von

allgemeinem Interesse aneignen. Ausdrücklich empfohlen werden Lehrveranstaltungen

zur Frauen- und Geschlechterforschung sowie Fremdsprachenkenntnisse.410 Zusätzlich

können zukünftige Erwachsenen- und WeiterbildnerInnen in gebundenen Wahlfächern

(Modul G) gezielt in einem Fächerbündel spezifische Inhalte wählen.

Modul G I: Allgemeine Pädagogik und Philosophie

G.1: Allgemeine Pädagogik (Geschlecht in Erziehung, Bildung und Beruf. Eine kritische Bilanz mit Perspektiven) (4 ECTS)

G.2: Seminar zur Allgemeinen Pädagogik (4 ECTS) G.3: Einführung in die Philosophie des Geistes (4 ECTS)

Modul G II: Kultur und Ästhetik

G.4: Kultur und Geschichtlichkeit (4 ECTS) G.5: Ethnographie und Feldforschung (Qualitative Methoden) (4 ECTS) G.6: Allgemeine Museologie oder Denkmalpflege (4 ECTS)

Modul G III: Nachhaltigkeit und Umwelt

G.7: Entwicklung der Globalisierung 1 (3 ECTS) G.8: Mensch-Umwelt-Beziehung (3 ECTS) G.9: Theorien, Methoden und Konzepte der Nachhaltigkeit (3 ECTS) G.10: Globaler Klima- und Umweltwandel (3 ECTS)

Modul G IV: Soziale Kompetenzen

G.11: Kommunikationstraining (3 ECTS) G.12: Gesprächsführung (3 ECTS) G.13: Konfliktmanagement (3 ECTS) G.14: Führen von MitarbeiterInnen und Teams (3 ECTS)

Modul G V: Gender

G.15: Theorien und Methoden kulturwissenschaftl. Geschlechterforschung (4 ECTS) G.16: Geschlechterbilder: Hegemoniale und subversive Imaginationen bzw. Konzeptionen von Geschlecht (4 ECTS) G.17: Grundprobleme der Geschlechtergeschichte (4 ECTS)

Modul G VI: Recht und Management

G.18: Arbeits- und Sozialrecht (4 ECTS) G.19: Unternehmensrecht für die Sozial- & Wirtschaftswissenschaften (4 ECTS) G.20: LV zum Thema Management aus dem Angebot des

Timegate (4 ECTS)

Modul G VII: Ethik und Politik

G.21: Einführung in Sozialphilosophie, Geschichtsphilosophie, Politische Philosophie, Ideologiekritik (4 ECTS)

G.22: Vorlesung aus dem Bereich der Politischen Philosophie (4 ECTS) G.23: Rechtsethik und Rechtspolitik (4 ECTS)

Abbildung 40: Gebundene Wahlfächer des Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung.411

409

https://online.uni-graz.at/kfu_online/wbMitteilungsblaetter.display?pNr=510878 [15.01.2017]. 410

Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen, § 3 Abs. 3. 411

Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen, § 3 Abs. 4.

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Die Varianten bieten ein breites Spektrum, um sich in einen Bereich zu vertiefen. Der

Hinweis im Bachelorstudium, freie Wahlfächer mit betriebswirtschaftlichen, juristischen

und politikwissenschaftlichen Inhalten zu besuchen, zieht sich im Masterstudium fort,

wobei jene Fächer nunmehr zu den gebundenen Wahlfächern zählen.

JuristInnen müssen im 3. Abschnitt ein Kombinationsfach wählen, das

fächerübergreifende Kenntnisse anhand von konkreten Fällen oder Projekten vermittelt.

Zudem legen die Unterrichtsgrundsätze fest, dass sich die Lehre allgemein am

fächerübergreifenden Lehren und Lernen zu orientieren hat.412 Im Gegensatz zum

Curriculum für PädagogInnen sieht jenes für angehende JuristInnen einen verpflichtend

zu erbringenden Leistungsnachweis im Ausmaß von zwei Semesterstunden413 in einer

lebenden Fremdsprache vor.414

Gleich verhält es sich mit Wirtschaftskenntnissen, die einerseits bereits Teil des

1. Abschnitts (§ 9) sind und andererseits die Möglichkeit besteht, das Spezialisierungs-

gebiet „Wirtschaft“ im 3. Abschnitt zu wählen, das vertiefende Inhalte zum privaten

Wirtschaftsrecht, Arbeitsrecht, Insolvenzrecht und Unternehmenssteuerrecht enthält.415

Spezifisch zu erlernende Kenntnisse in EDV sowie wissenschaftliche Ergebnisse und

Konzepte umzusetzen, ist in den beiden Curricula nicht angeführt, obgleich es sich 79%

bzw. 54% der befragten Unternehmensverantwortlichen erwarten.

Die Erwartungshaltung an Methodenkompetenzen rangiert zwischen 71% für analytische

Fähigkeiten und 89% für Organisationsfähigkeit und der Fähigkeit, vorhandenes Wissen

auf neue Probleme anzuwenden.

412

Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, §§ 2 Abs. 2, 13 Abs. 10. 413

Dies entspricht einer Lehrveranstaltung mit 3 bis 5 ECTS; Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Leistungen im Rahmen von Studienaufenthalten im Ausland anrechenbar. 414

Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, § 5. 415

Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, §§ 9, 13 Abs. 6.

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196

Abbildung 41: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Methodenkompetenz)?416

Im Qualifikationsprofil für zukünftige JuristInnen ist die Methodenkompetenz verankert.

Dieses sieht vor, dass sie nach Abschluss ihres Studiums u.a. über Organisationsvermögen

verfügen. Da nicht näher definiert ist, wie dieses erworben wird, ist davon auszugehen,

dass die Vermittlung von Organisationsfähigkeit Teil der zu absolvierenden

Lehrveranstaltungen ist. Gleich verhält es sich mit der Fähigkeit, vorhandenes Wissen auf

neue Probleme anzuwenden und der Problemlösungsfähigkeit. Demnach verfügen

AbsolventInnen über ein juristisches Problembewusstsein und können erworbenes

Fachwissen auf praktische Fälle anwenden. Eine selbständige, kompetente und

zweckmäßige Aufgabenerfüllung von juristischen Tätigkeiten ist das Ziel des

rechtswissenschaftlichen Studiums.417 Zeitmanagement, kritisches Denken und

416

Organisationfähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, vorhandenes Wissen auf neue Probleme anzuwenden: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Selbstständiges Arbeiten: N=91 Personen, 9 Personen machten keine Angabe; Problemlösungsfähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen und zu schließen: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Zeitmanagement: N=91 Personen, 9 Personen machten keine Angabe; Kritisches Denken: N=93 Personen; Analytische Fähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe. 417

Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, 3 f.

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197

analytische Fähigkeiten sind nicht Teil des Curriculums. Methodenkompetenz allgemein

erfährt keine nähere Definition, vielmehr lösen Studierende Rechtsfragen nach

„anerkannten Methoden“.

Der Erwerb von Organisationsfähigkeit ist für PädagogInnen nicht nur im

Qualifikationsprofil genannt, sondern Studierende sollten nach Absolvierung des Moduls

„Analyse und Organisation pädagogischer Handlungs- und Berufsfelder“ in der Lage sein,

u.a. in unterschiedlichen Lern- und Arbeitsformen kritisch, bewusst, selbstorganisiert und

selbstreflexiv zu arbeiten. Das Qualifikationsprofil nimmt folgende Untergliederung der zu

erwerbenden Kompetenzbereiche vor:

Fachliche Kompetenzen zur Analyse pädagogischer Prozesse;

Kompetenzen in sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden und deren

Anwendung;

Soziale und persönlichkeitsbildende Kompetenzen;

Methodische und didaktische Handlungskompetenzen;

Spezifische fachübergreifende Kompetenzen;

Im Gegensatz zu Schaeper/Brideis, die Organisationsfähigkeit unter die

Methodenkompetenzen subsumieren, ist im Curriculum u.a. die Fähigkeit zur

Selbstreflexion und Selbstorganisation zu den sozialen und persönlichkeitsbildenden

Kompetenzen zu zählen. Darunter fallen ebenfalls die eigenständige und zielorientierte

Suche nach adäquaten Problemlösungen, eine problemadäquate Situationsanalyse

pädagogischer Prozesse und eine mehrperspektivische Problembearbeitung.418 Die

kritische Reflexion von wissenschaftlichen Analysen und Inhalten (Situationsanalyse,

Datenanalyse, Analyse von Organisationen und Prozessen, gesellschaftskritische Analyse)

ist Teil jedes Moduls. Hingegen ist die Vermittlung von Zeitmanagement nicht Inhalt des

Curriculum.

Die Vermittlung von Organisationsfähigkeit ist auch im Masterstudium Erwachsenen- und

Weiterbildung ein fixer Bestandteil, der im Qualifikationsprofil sowie für den Bedarf und

die Relevanz des Studiums für die Wissenschaft und den Arbeitmarkt Ausdruck findet.

Arbeitsfelder für PädagogInnen mit abgeschlossenem Masterstudium ergeben sich u.a.

418

Curriculum für das Bachelorstudium Pädagogik, 5 f, 24.

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198

bei der Konzeption und Organisation beruflicher, innerbetrieblicher Weiterbildung im

Profit- und Non-Profit-Bereich (Bedarfsanalysen, Konzeptentwicklung, Durchführung und

Evaluation, Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, Arbeitsstiftungen,

Recruitment).419 AbsolventInnen sind in der Lage, selbstständig zu arbeiten, da sie

wissenschaftliche und empirische Methoden auf Basis theoretischer Grundlagen und

wissenschaftstheoretischer Zugänge selbstständig entwerfen und umsetzen können.

Analytische Fähigkeiten sind Teil von mehreren Modulen, da Studierende nicht nur

Einblick in die forschungeleitete Analyse der AnbieterInnen und Angebotsstruktur sowie

in die Steuerung des Mehrebenenensytems Erwachsenen- und Weiterbildung erhalten,

sondern auch gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen von Lern- und

Bildungsprozessen Erwachsener systematisch reflektieren und analysieren. Für sie ist es

möglich, anhand komplexer Analyseprozesse Forschungsergebnisse zu erarbeiten.

Anknüpfend an die gebundenen Wahlfächer, in deren Rahmen Studierende des

Curriculums Erwachsenen- und Weiterbildung Sachkompetenzen und u.a.

fachübergreifendes Denken erwerben, fällt auf, dass der Vermittlung von

Sozialkompetenzen, die im Modul G ein eigenes Fächerbündel darstellen, eine große

Relevanz im Verhältnis zum Curriculum des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften

zukommt. Das genannte Fächerbündel vereint die Lehrveranstaltungen

Kommunikationstraining, Gesprächsführung, Konfliktmanagement und Führen von

MitarbeiterInnen und Teams.420

Jene Fähigkeiten und Fertigkeiten finden sich auch in der Erwartungshaltung der

Befragten wieder. An der Spitze liegen mit 91% die Kommunikationsfähigkeit und die

mündliche Ausdrucksfähigkeit. Die Fähigkeit, Sichtweisen und Interessen anderer zu

berücksichtigen (81%), Kooperationsfähigkeit (81%), schriftliche Ausdrucksfähigkeit (74%)

und Konfliktmanagement (68%) stufen mehr als zwei Drittel der Befragten mit einer

hohen/sehr hohen Wichtigkeit ein. Bei den Items Verhandlungsgeschick und

Durchsetzungsvermögen ist die Relevanz geringer, wobei im Verhältnis zu den anderen

Sozialkompetenzen der Prozentsatz der Personen, für die jene Kompetenzen manchmal

419

Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen, § 1 Abs. 4. 420

Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen, § 3 Abs. 4, Anhang I.

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199

wichtig sind, mit 26% und 31% höher ist. Führungsqualitäten werden von

UniversitätsabsolventInnen lediglich zu 27% erwartet.

Abbildung 42: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Sozialkompetenz)?421

Im Curriculum für JuristInnen sind Sozialkompetenzen sowie die zuletzt beschriebenen

Methodenkompetenzen im Qualifikationsprofil enthalten, indem AbsolventInnen u.a.

über mündliche und schriftliche Kommunikationskompetenz verfügen.

Lehrveranstaltungsinhalte, sondern können beispielsweise im Rahmen des

Ausbildungsschwerpunktes „Verhandlungskompetenz und Konfliktmanagement“422 im

421

Kommunikationsfähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Mündliche Ausdrucksfähigkeit: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Sichtweisen und Interessen anderer berücksichtigen: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Kooperationsfähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Schriftliche Ausdrucksfähigkeit: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Konfliktmanagement: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Verhandlungsgeschick: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Durchsetzungsvermögen: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Führungsqualitäten: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe. 422

http://static.uni-graz.at/fileadmin/projekte/mediation/Mediation/AS_Verhandlungskompetenz_Stand_01.10.2015_final.pdf [15.01.2017].

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3. Abschnitt absolviert werden. Im Curriculum wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass

Studierende insbesondere soziale Kompetenzen im Rahmen der freien Wahlfächer am

Zentrum für Soziale Kompetenz423 der Karl-Franzens-Universität Graz erwerben können.

Kommunikationsfähigkeit sowie mündliche Ausdrucksfähigkeit, die die Befragten mit 91%

am häufigsten von HochschulabsolventInnen erwarten, erwerben PädagogInnen sowohl

in Modul A „Pädagogik – Individuum – Gesellschaft“ als auch im Modul D „Analyse und

Organisation pädagogischer Handlungs- und Berufsfelder“. Demzufolge sollen die

Studierenden nach Absolvierung von Modul A u.a. über die sozialen und fachlichen

Kompetenzen für Kommunikation und Diskurs, Selbstreflexion und Selbstkritik verfügen.

Die Inhalte von Modul D reichen noch weiter, indem Studierende nach Absolvierung

desselben theoretisch fundierte praktische Basiskompetenzen in den Bereichen

Kommunikation, Kooperation, Kollaboration, Konfliktmanagement, Team- und

Gruppenarbeiten für den Einsatz in pädagogischen Handlungs- und Berufsfeldern nutzen

können.424

Diese Zielsetzung fasst die in der empirischen Erhebung abgefragten Items

Kommunikationsfähigkeit bzw. mündliche Ausdrucksfähigkeit (beides 91%), die Fähigkeit,

Sichtweisen anderer zu berücksichtigen (81%), Kooperationsfähigkeit (81%) und

Konfliktmanagement (68%) zusammen. Die Vermittlung von Verhandlungskompetenz,

Durchsetzungsvermögen und Führungsqualitäten ist im Curriculum nicht angeführt.

423

Scala, K./Ferz, S., Vorwort, in: Scala, K. (Hrsg.): Universitäten vermitteln soziale Kompetenz. Das Beispiel Uni Graz (2010) 13 (13 ff.). 424

Curriculum für das Bachelorstudium Pädagogik, 21, 25.

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201

Abbildung 43: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei ihnen bewerben (Selbstkompetenz)?425

Gleich wie bei den Sozialkompetenzen verhält es sich bei den Selbstkompetenzen, die die

befragten Unternehmensverantwortlichen mit 88% (Fähigkeit, sich auf andere Umstände

einzustellen) 86% (Fähigkeit, konzentriert und diszipliniert zu arbeiten) und 80%

(Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen) voraussetzen.

In den zu analysierenden Curricula sind diese Kompetenzen nicht Teil der universitären

Ausbildung bzw. werden nicht explizit genannt.

3.1.3 Definition des Begriffs soziale Kompetenz

Von den 100 Teilnehmenden haben 67 Personen eine Definition von sozialer Kompetenz

im Fragebogen angeführt.

Aus den Antworten ergeben sich folgende fünf Bereiche, die die Beteiligten am häufigsten

benennen.

425

Fähigkeit, sich auf veränderte Umstände einzustellen: N=93 Personen, 7 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, konzentriert und diszipliniert zu arbeiten: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen: N=92 Personen, 8 Personen machten keine Angabe.

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202

Teamfähigkeit:

Unter dem Terminus Teamfähigkeit, der 27 Mal genannt wurde, subsumieren die

Beteiligten unterschiedliche Dimensionen. ArbeitnehmerInnen sollten in der Lage sein,

sich in ein Team einzubringen, sich in dieses einzufügen und durch ihr Know- How das

Unternehmen voranzubringen. Sich auf unterschiedliche Rollen und Anforderungen in

einem Team einlassen zu können ist ebenso von Relevanz wie die Fähigkeit, sich in

diesem zu vernetzen und gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten. Unter sozialer Kompetenz

ist des Weiteren zu verstehen, dass Personen gruppendynamische Prozesse und

Stimmungen in einem Team wahrnehmen und auf diese eingehen können.

Konfliktfähigkeit:

Konflikte auszuhalten, zu behandeln und an einer Lösung mitzuarbeiten, ist eine

Kompetenz, die 19 ReponentInnen mit sozialer Kompetenz verbinden. Grundsätzlich

sollte Konflikten vorgebeugt werden, wobei jene Fähigkeit in einem engen

Zusammenhang zu Kritikfähigkeit und -stabilität steht. Konflikt und Kritik sind keine

negativ konnotierten Begriffe, sondern ein angemessener, zukunftsorientierter Umgang

und eine konstruktive Auseinandersetzung stehen im Vordergrund.

Umgang mit Menschen:

Beziehungs- bzw. Emotionsmanagement und die Fähigkeit, sich auf andere Menschen

unterschiedlicher Herkunft, Ausbildung und Funktion einzustellen, sind wichtige

Eigenschaften für 22 VertreterInnen der befragten Unternehmen.

UniversitätsabsolventInnen, die einen positiven Umgang zu KundInnen haben und sich

auf diese einstellen können, werden bei einem Bewerbungsgespräch bevorzugt

eingestellt. Nicht nur der positive Zugang nach außen, sondern vor allem der

wertschätzende und respektvolle Umgang und die effektive Zusammenarbeit mit allen

MitarbeiterInnen zählen für die Beteiligten zur sozialen Kompetenz. Dabei wird

besonderer Wert darauf gelegt, Personen „als Individuen und nicht als Nummern einer

Statistik“ zu sehen. In diesem Zusammenhang ist der Umgang zwischen Führungskräften

und MitarbeiterInnen hervorzuheben. Alle Beteiligten in einem Unternehmen sollten in

der Lage sein, sich auf unterschiedliche Typen und Gruppendynamiken einzustellen. Die

soziale Interaktion bzw. Anschlussfähigkeit, Kontaktfähigkeit und ein konstruktives

Miteinander rücken in den Fokus. Die Befragten stellen eine Verbindung zur

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Kommunikationsfähigkeit her, indem es für sie wichtig ist, dass Personen gemeinsam ein

Thema besprechen, eine gemeinsame Linie erarbeiten und diese umsetzen können.

Eigene Interessen vehement zu vertreten, steht dem Anspruch gegenüber, Rücksicht auf

andere zu nehmen.

Empathie/Einfühlungsvermögen:

Neben unterschiedlichen Umschreibungen definieren 15 Personen Empathie bzw.

Einfühlungsvermögen konkret als Teil der sozialen Kompetenz. Umschrieben werden die

Begrifflichkeiten mit „sich in andere Personen hineinversetzen können“, „Herz haben“,

„Verständnis für den anderen aufbringen“ oder „die Probleme, Interessen und

Bedürfnisse anderer Menschen nachvollziehen zu können“ (insgesamt 29 Personen).

Kommunikationsfähigkeit/Gesprächsführung:

Kommunikation und eine situationsadäquate, klare Ausdrucksweise sowie auch die

passive Komponente des Zuhörens sind nicht nur wesentliche Faktoren der im Theorieteil

beschriebenen Kompetenzmodelle, sondern auch für 28 Personalverantwortliche der

befragten Unternehmen von immenser Bedeutung. Für diese Dimension werden beinahe

keine Umschreibungen genutzt. Vielmehr wird differenziert, dass Kommunikation auch zu

anderen Kulturen Relevanz besitzt.

3.1.4 Kompetenzgewichtung im Studium

Um nicht nur die Erwartungen einer Ist-Analyse zu unterziehen, gaben die Befragten

darüber Auskunft, welche Kompetenzen in rechtswissenschaftlichen und pädagogischen

Studien in Zukunft mehr Gewicht erhalten sollten.

Betrachtet man die Gewichtung in den aktuellen Curricula, fällt auf, dass Studierende des

Bachelorstudiums Pädagogik ausformuliert nachlesen können, welche Kompetenzen sie

erwerben sollten.

Fachliche Kompetenzen zur Analyse pädagogischer Prozesse

Die Basis für eine problemadäquate Situationsanalyse pädagogischer Prozesse bilden erziehungs-, human-, sozial-, geistes- und naturwissenschaftliche Theorien sowie Kenntnisse aus systematischer, historischer und vergleichender Erziehungs- und Bildungswissenschaft und fundierte Einblicke in Theorie und Praxis pädagogischer Handlungsfelder.

Kompetenzen in sozial-wissenschaftlichen Forschungsmethoden und deren Anwendung

Fundierte Kenntnisse über Methoden der quantitativen und qualitativen Sozialforschung bilden die Voraussetzungen für anwendungsorientiertes wissenschaftliches Arbeiten und für die Grundlagenforschung. Weiters werden die Studierenden zur Planung, Durchführung und Evaluation

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sozialwissenschaftlicher Forschung befähigt. Sie sind in der Lage, sich kritisch mit den gewonnenen Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung auseinanderzusetzen und diese angemessen zu interpretieren.

Soziale und persönlich-keitsbildende Kompetenzen

Als wesentliche Grundlage für die pädagogische Arbeit erwerben die Studierenden während des Studiums vor allem kommunikative und kooperative Kompetenz sowie Kritik- und Konfliktfähigkeit. Sie sind in der Lage, eigenständig und zielorientiert nach adäquaten Problemlösungen zu suchen. Kritisches Bewusstsein sowie die Fähigkeit zur Selbstreflexion und Selbstorganisation werden speziell gefördert.

Methodische und didaktische Handlungskompetenzen

Studierende erlangen durch kreative und kommunikative Lehr- und Lernformen im Studium die Fähigkeit zu eigenständiger beruflicher Tätigkeit und verfügen damit über vielfältige didaktische und methodische Handlungskompetenzen, wie etwa die optimale Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen, die gezielte Auswahl inhaltsadäquater Lehr- und Lernmethoden in der Bildungsarbeit sowie den effizienten Einsatz von Medien.

Spezifische fachübergreifende Kompetenzen

Darüber hinaus wird den Studierenden vorgeschlagen, fachübergreifende Lehrveranstaltungen bei der Wahl ihrer freien Wahlfächer zu berücksichtigen. Empfohlen werden Lehrveranstaltungen, die sich auf die Fähigkeit des vernetzten Denkens und einer mehr-perspektivischen Problembearbeitung beziehen. In diesem Zusammenhang werden auch Lehrveranstaltungen aus Organisationssoziologie bzw. betriebswirtschaft-lichen, juristischen und politikwissenschaftlichen Fächern sowie Lehrveranstaltungen aus der Frauen- und Geschlechterforschung empfohlen.

Tabelle 19: Kompetenzbereiche im Curriculum des Bachelorstudiums der Pädagogik.426

Bei dieser Gliederung fällt auf, dass zwischen den einzelnen Kompetenzdimensionen427

genau unterschieden wird. Diese reichen von Fachkompetenzen, die sich an

pädagogischen Prozessen in Anlehnung an unterschiedliche Theorien orientieren über

soziale und persönlichkeitsbildende Kompetenzen, die näher formuliert werden bis hin zu

speziellen Methodenkompetenzen in der sozialwissenschaftlichen Forschung. Dabei fällt

auf, dass PädagogInnen über einen breiten Wissensschatz in der Methodik verfügen.

Denn neben den bereits erwähnten Forschungsmethoden, sind methodische und

didaktische Handlungskompetenzen, d.h. die Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen, die

Auswahl geeigneter Lehr- und Lernmethoden sowie der effiziente Einsatz von Medien,

zentrale Elemente der Ausbildung. Zur Erlangung von fachübergreifenden Kompetenzen

sollten Studierende Wahlfächer in unterschiedlichen Fachrichtungen wählen. Die Auswahl

dieses zu absolvierenden Stundensausmaßes in Form von freien Wahlfächern lässt auf

den ersten Blick vermuten, dass mit 54 ECTS-Anrechnungspunkten ein geringes

Kontingent zur eigenständigen Auswahl besteht. Bei näherer Betrachtung des

Arbeitsaufwandes für das gesamte Studium von 180 ECTS-Anrechnungspunkten, wobei

426

Curriculum für das Bachelorstudium Pädagogik, 5 f. 427

Siehe hierzu Kapitel I. 3. zu unterschiedlichen Handlungskompetenzmodellen.

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205

die Bachelorarbeit mit 12 ECTS und die verpflichtende Praxis mit 10 ECTS gewichtet sind,

können Studierende beinahe ein Drittel ihrer Lerninhalte, in denen sie spezifische

fachübergreifende Kompetenzen erwerben sollen, frei wählen. Bei Absolvierung des

Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung können die

Studierenden Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 8 ECTS-Anrechnungspunkten frei

wählen. 428

Ein Vergleich der Anzahl der Wahlfächer zum rechtswissenschaftlichen Diplomstudium

zeigt, dass in diesem lediglich 12 ECTS zur freien Wahl zur Verfügung stehen. Diese

können insbesondere für einen Ausbildungsschwerpunkt der Rechtwissenschaftlichen

Fakultät oder für den Erwerb sozialer Kompetenzen am Zentrum für Soziale Kompetenz

der Karl-Franzens-Universität Graz in Anspruch genommen werden.429

Während das Bachelorstudium Pädagogik auf spezifische Kompetenzen detailliert

eingeht, sind im rechtswissenschaftlichen Curriculum Qualifikationen und Kompetenzen

von AbsolventInnen allgemeiner beschrieben. In der Abhandlung der allgemeinen und

breiten juristischen Bildung sind die Inhalte des 1. und 2. Abschnitts nochmals aufgezählt.

1. Kenntnisse über die Entwicklung vom römischen bis zum österreichischen und europäischen Recht

4. Kenntnisse in Rechtstheorie und Rechtsmethodenlehre

2. Kennnisse in den Kernfächern des österreichischen Rechts (Öffentliches Recht, Privatrecht, Strafrecht; inklusive des jeweiligen Prozessrechts)

5. Kenntnisse in Rechtspolitik und Rechtsethik, Volkswirtschaftslehre für juristische Belange, internem und externem Rechnungswesen, Politikwissenschaften

3. Kenntnisse in den teilweise verselbständigten Sondermaterien Arbeits- und Sozialrecht, Finanzrecht, Insolvenzrecht sowie Unternehmensrecht

6. Kenntnisse der Rechtsinformatik sowie Verwendung facheinschlägiger Datenbanken

Tabelle 20: Inhalte des 1. und 2. Abschnitts des Rechtswissenschaftlichen Studiums.

Des Weiteren besitzen AbsolventInnen spezialisiertes Wissen in einem Bereich, den sie im

3. Abschnitt430 selbständig wählen können.

428

Curriculum für das Masterstudium Erwachsenen- und Weiterbildung. Änderungen, § 3 Abs. 3. 429

Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, 6 f. 430

Eine Auswahl ist zwischen den Bereichen internationale Beziehungen, Justiz, öffentliche Verwaltung, Politik und Gesellschaft sowie Wirtschaft zu treffen.

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206

In den nächsten Punkten werden konkrete Kompetenzen angeführt:

Juristisches Problembewusstsein und rechtswissenschaftliche Argumentation;

Anwendung von erworbenem Fachwissen auf praktische Fälle sowie Lösung

von Rechtsfragen nach anerkannten Methoden unter Erstellung eines

wissenschaftlichen Anmerkungsapparates;

Nutzung von Fachliteratur und Analyse von Gerichtsentscheidungen;

Universelle und interdisziplinäre Anwendung von erworbenem Wissen;

Juristische Argumentation in einer Fremdsprache;

Bewusstsein über mögliche ethische, gesellschaftliche und ökonomische

Implikationen;

Teamfähigkeit, mündliche und schriftliche Kommunikationsfähigkeit sowie

Organisationsvermögen.431

Ein Vergleich der Kompetenz- bzw. Qualifikationserfordernisse zeigt, dass neben den

fachlichen Kompetenzen beispielsweise methodische Kompetenzen ausführlich für

PädagogInnen angeführt sind. Hingegen verweist das Curriculum für

RechtswissenschaftlerInnen generell auf „anerkannte Methoden“. Soziale und

persönlichkeitsbildende Kompetenzen, die PädagogInnen in ihrem Studium erwerben,

sind ebenfalls im Detail verankert, wohingegen sich JuristInnen diese mit Ausnahme von

Teamfähigkeit, mündlicher und schriftlicher Kommunikationsfähigkeit sowie

Organisationsvermögen im Rahmen ihrer freien Wahlfächer (12 ECTS) aneignen sollen.

431

Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, 3 f.

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207

Abbildung 44: Welche Kompetenzen sollten in der akademischem Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten (Bereichsspezifische Fachkompetenz)?432

Aufgrund der beschriebenen Kompetenzen in den beiden Curricula verwundert es nicht,

dass sich Unternehmensverantwortliche lediglich zu 27% dafür aussprechen, speziellem

Fachwissen eine größere Gewichtung zukommen zu lassen. Die Vermittlung von

bereichsspezifischen Fachkompetenzen sollte zu 58% (spezielles Fachwissen), 55%

(Kenntnis wissenschaftlicher Methoden) sowie 57% (fachspezifische theoretische

Kenntnisse) gleich bleiben. 17% bzw. 18% der Befragten sprechen sich sogar dafür aus,

dass zukünftig fachspezifische theoretische Kenntnisse bzw. die Kenntnis

wissenschaftlicher Methoden weniger in das Studium Eingang finden sollten.

432

Spezielles Fachwissen: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Fachspezifische theoretische Kenntnisse: N= 87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Kenntnis wissenschaftlicher Methoden N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe.

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208

Abbildung 45: Welche Kompetenzen sollten in der akademischem Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten (Sachkompetenz)?433

Bei der Sachkompetenz liegt das fachübergreifende Denken mit 67% mehr Gewichtung an

erster Stelle. Bei einem Vergleich dieses Prozentsatzes mit den Curricula fällt auf, dass

dieses Item bei JuristInnen in Lehrveranstaltungen über Sozial- und

Wirtschaftswissenschaften und durch konkrete Fälle, Projekte, Prozessspiele (Moots

courts) gefördert wird. Zusätzlich hat sich nach § 2 Abs. 2 die Lehre stets am Grundsatz

des fächerübergreifenden Lehrens und Lernens zu orientieren. Eine nähere

Konkretisierung, wie diesem Grundsatz gerecht zu werden ist, ist dem Curriculum nicht zu

entnehmen.434

Die Items wissenschaftliche Ergebnisse/Konzepte umsetzen und Fremdsprachen sollten

nach Meinung von 59% und 47% der Befragten mehr Gewicht im Studium erhalten. Bei

433

Fachübergreifendes Denken: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Kenntnisse in EDV: N=87 Personen; Fremdsprachen: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Wirtschaftskenntnisse: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Rechtskenntnisse: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe. 434

Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, 3, 5, 17.

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Wirtschaftskenntnissen, Rechtskenntnissen und Kenntnissen in EDV überwiegen jene

Personen, die diese Kompetenzen mit einer gleich bleibenden Gewichtung bewerten.

Wirtschaftskenntnisse finden bei JuristInnen als fachübergreifendes Wissen

Berücksichtigung, für PädagogInnen enthält das Curriculum eine Empfehlung, freie

Wahlfächer u.a. zu betriebswirtschaftlichen und juristischen Inhalten zu belegen.

Abbildung 46: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten (Methodenkompetenz)?435

Vorhandenes Wissen auf neue Probleme anzuwenden, erhält von

Unternehmensverantwortlichen mit 70% den größten Zuspruch für eine höhere

Gewichtung. Außerdem sollten kritisches Denken (58%) und Problemlösungsfähigkeit

(57%) häufiger vermittelt werden. Mehr als die Hälfte der Befragten plädieren für die

435

Organisationfähigkeit: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, vorhandenes Wissen auf neue Probleme anzuwenden: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Selbstständiges Arbeiten: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Problemlösungsfähigkeit: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen und zu schließen: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Zeitmanagement: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Kritisches Denken: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Analytische Fähigkeit: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe.

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Items Wissenslücken erkennen und schließen (53%), selbstständiges Arbeiten (48%) und

Organisationsfähigkeit (45%).

Abbildung 47: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten (Sozialkompetenz)?436

Unter den Sozialkompetenzen erhält das Item Sichtweisen und Interessen anderer

berücksichtigen mit 67% am meisten Zuspruch, mehr Gewicht im Studium zu erhalten.

Inhalte zur Vermittlung von Kommunikationsfähigkeit (65%), Kooperationsfähigkeit (54%)

und Konfliktmanagement (55%) sind zwar im Curriculum des Bachelorstudiums für

Pädagogik enthalten, sollten aber dennoch mit einem hohen Prozentsatz eine höhere

Gewichtung haben. JuristInnen sollten laut Studienplan über mündliche und schriftliche

Kommunikationskompetenz verfügen, dennoch sind m.E. Konflikt- und

Kooperationsfähigkeit entscheidende Inhalte zur Klärung von Anspruchsgrundlagen. Denn

436

Kommunikationsfähigkeit: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Mündliche Ausdrucksfähigkeit: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Sichtweisen und Interessen anderer berücksichtigen: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Kooperationsfähigkeit: N=86 Personen, 14 Personen machten keine Angabe; Schriftliche Ausdrucksfähigkeit: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Konfliktmanagement: N=89 Personen, 11 Personen machten keine Angabe; Verhandlungsgeschick: N=86 Personen; Durchsetzungsvermögen: N=89 Personen, 14 Personen machten keine Angabe; Führungsqualitäten: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe.

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hinter jeder juristischen Fragestellung wird zwangsnotwendigerweise eine Abweichung

zwischen Meinungen von zwei oder mehreren Parteien bestehen. Verhandlungsgeschick

(41%) ist in beiden Curricula nicht vertreten, allerdings für Personalverantwortliche eine

Kompetenz, über die AbsolventInnen bereits verfügen sollten.

Abbildung 48: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten (Selbstkompetenz)?437

Obgleich nach der Analyse der Curricula feststeht, dass Selbstkompetenzen nicht

enthalten sind, sollte aus Sicht der Befragten insbesondere der Fähigkeit, sich auf

veränderte Umstände einzustellen (58%) und der Fähigkeit, Verantwortung zu

übernehmen (58%) mehr Gewicht im pädagogischen und rechtswissenschaftlichen

Studium zukommen.

Neben der Erwartungshaltung an Studierende und der zukünftigen Gewichtung von

Kompetenzen im Studium beantworteten die TeilnehmerInnen die Frage, ob sie interne

Weiterbildung anbieten.

437

Fähigkeit, sich auf veränderte Umstände einzustellen: N=87 Personen, 13 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, konzentriert und diszipliniert zu arbeiten: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe; Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen: N=88 Personen, 12 Personen machten keine Angabe.

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3.1.5 Bieten Sie interne Weiterbildung an?

Die Frage nach dem Angebot von interner Weiterbildung bejahten 70% der Befragten.

30% bieten keine interne Weiterbildung an.

Abbildung 49: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (N=73).

Wiederum aufbauend auf die Kompetenzstruktur von Schaeper/Brideis ist die Frage

auszuwerten, welche Weiterbildung von Fähigkeiten und Fertigkeiten in Unternehmen

intern erfolgt. Von den an der Erhebung teilnehmenden 100 Unternehmens-

verantwortlichen beantworteten 61 Personen diese offene Fragestellung.

Bereichsspezifische Fachkompetenz

Den Begriff Fachkompetenz nennen die Befragten mit 33 Mal am häufigsten. Diese

umfasst die Beschreibung des beruflichen Wissens und Könnens, d.h. welche fachlichen

Kompetenzen sind für eine bestimmte Aufgabe erforderlich. Auch der Kontakt und

Umgang mit KlientInnen und KundInnen als spezielles Fachwissen und die Kenntnis

wissenschaftlicher Methoden wird jeweils zwei Mal angeführt.

Sachkompetenz

Das interne Weiterbildungsangebot der Sachkompetenz ist bei der Vermittlung von EDV-

(16 Nennungen) und Fremdsprachenkenntnissen (17 Nennungen) am umfangreichsten.

Bei Rechts- und Wirtschaftskenntnissen besteht für fünf Befragte der Bedarf zur

vertieften Auseinandersetzung nach Abschluss des Studiums.

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Methodenkompetenz

Im Verhältnis zu den Sachkompetenzen nehmen die Befragten bei

Methodenkompetenzen keine nähere Differenzierung vor. Hingegen stellen diese bei den

sechs Nennungen immer einen Bezug zu Fach- und Sozialkompetenzen her.

Sozialkompetenz

Weiterbildungsmaßnahmen zur Vermittlung von unterschiedlichen Sozialkompetenzen

bieten die befragten Unternehmensverantwortlichen im Verhältnis zu den anderen

Kompetenzen am häufigsten an. Dazu zählen Fortbildungen zur Erweiterung von

Führungs- (25 Nennungen), Kommunikations- bzw. Konfliktlösungs- (16 Nennungen) und

Projektmanagementkompetenzen (11 Nennungen). Seltener nennen die Befragten

Gender/Diversity (4 Nennungen), interkulturelle Kompetenzen (2 Nennungen),

Präsentationsfähigkeiten (2 Nennungen) und Verhandlungskompetenzen (2 Nennungen).

Neben diesen genauen Ausführungen konnte 15 Mal der Begriff Persönlichkeitsbildung

bzw. -entwicklung erhoben werden, eine genauere Definition führten die Beteiligten nicht

an.

Selbstorganisationskompetenz

Selbstorganisationskompetenzen werden wie Methodenkompetenzen jeweils sechs Mal

genannt. Diese unterteilen die Befragten in Organisationsfähigkeit (2 Nennungen), die

Fähigkeit, sich auf unterschiedliche Situationen einzustellen (2 Nennungen) und

Zeitmanagement (2 Nennungen).

4. Analyse der Stellenausschreibungen

Für eine umfangreiche Beantwortung der Forschungsfrage und in Fortführung der

qualitativen und quantitativen Erhebungen ist es erforderlich, Stellenausschreibungen für

angehende RechtswissenschaftlerInnen und PädagogInnen anhand des

Anforderungsprofils in einer Stellenausschreibung zu analysieren.

4.1. Anforderungsprofil

Ein Anforderungsprofil beinhaltet jene Kriterien, die ein(e) zukünftige(r) StelleninhaberIn

erfüllen sollte. Es handelt sich um eine Sammlung der Vorstellungen der

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EntscheidungsträgerInnen und ist für diese die Basis für ein zweckdienliches und faires

Such- und Auswahlverfahren. Im Gegensatz erhält der/die BewerberIn Informationen

über die zu besetzende Stelle. Weuster stellt klar, dass die Voraussetzung für ein

effizientes Auswahlinstrument die Definition eines gültigen Anforderungsprofils ist. Fehlt

ein solches, beurteilen Personalverantwortliche BewerberInnen auf der Basis von

Sympathie und Antipathie und somit nach subjektiven Vorstellungen. Aufgrund eines

ungenügenden Anforderungsprofils nehmen stereotype Auffassungen Einfluss auf die

Auswahlentscheidung oder der Arbeitsgewinn sowie das Einkommen treten in den

Hintergrund.438

4.2. Stichprobenbeschreibung

Für die Stichprobe wurden Stellenausschreibungen auf unterschiedlichen

Internetplattformen und Online-Zeitungen in drei Zeiträumen gesucht und dokumentiert.

Von den Ergebnissen der untersuchten Stichprobe kann auf die Grundgesamtheit439

geschlossen werden.440 Im Rahmen der Dissertation erfolgte die Auswahl der

Stellenanzeigen unter der folgenden Einschränkung. Die Abfrage umfasste ausschließlich

Stellenausschreibungen für BerufseinsteigerInnen mit rechtswissenschaftlichem oder

pädagogischem Studienabschluss. Die Suche beschränkte sich auf die Internetplattformen

karriere.at und jene des AMS sowie die Online-Zeitungen des Standard und der Kleinen

Zeitung. Sie bezog sich auf Stellenausschreibungen in ganz Österreich, da davon

ausgegangen werden kann, dass AbsolventInnen der Karl-Franzens-Universität Graz sich

auch in anderen Bundesländern bewerben. Für eine ausreichende Anzahl an zu

analysierenden Inseraten ergaben sich drei Abfragezeiträume von jeweils zwei Monaten

(Mai/Juni 2015, September/Oktober 2015, Mai/Juni 2016), in denen jeweils 50

Arbeitsplatzangebote für JuristInnen und PädagogInnen den festgelegten Kriterien

entsprechend recherchiert werden konnten. Die Stellenausschreibungen für

PädagogInnen enthalten solche für HochschulabsolventInnen mit Abschluss der

Masterstudien der Weiterbildung – Lebensbegleitenden Bildung.

438

Weuster, A., Personalauswahl3, 37 f.

439 Unter der Grundgesamtheit sind alle Merkmalseinheiten, die untersuchbar sind und die die gleichen

Merkmale bzw. Merkmalskombinationen aufweisen, zu verstehen; siehe hierzu Raithel, J., Quantitative Forschung: Ein Praxiskurs (2008) 54. 440

Döring, N./Bortz, J., Forschungsmethoden und Evaluation in den Sozial- und Humanwissenschaften5

(2016) 292.

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215

4.3. Methode

Die Analyse der Stellenausschreibungen erfolgt anhand der von Universitäts-

absolventInnen geforderten Kompetenzen.

Diese sind – gleich wie in der qualitativen und quantitativen Erhebung – in das

Kompetenzmodell von Schaeper/Briedis441 einzuordnen, wobei wiederum zwischen

bereichsspezifischer Fachkompetenz, Sachkompetenz, Methodenkompetenz,

Sozialkompetenz und Selbstkompetenz zu differenzieren ist.

In der Analyse ist nunmehr festzustellen, wie häufig die Nennung der Anforderungen in

den Stellenanzeigen erfolgt. Je häufiger einzelne Kompetenzen genannt werden, umso

eher ist darauf zu schließen, dass diese allgemein von Relevanz sind. Die vereinzelte

Nennung einer Anforderung legt nahe, dass sie nur in speziellen Unternehmen

wesentliche Bedeutung besitzt.

Durch die beschriebene Analysetechnik ist ebenfalls aufzuzeigen, ob

Unternehmensverantwortliche von BerufseinsteigerInnen mit juristischen und

pädagogischen Hochschulabschlüssen unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten

erwarten.

4.4. Auswertung Rechtswissenschaften

Als bereichsspezifische Fachkompetenzen enthalten alle Stellenausschreibungen den

Abschluss eines rechtswissenschaftlichen Studiums inklusive abgeschlossenem

Gerichtspraktikum, wenngleich ebenfalls Zusatzqualifikationen wie der Abschluss eines

wirtschaftlichen Studiums, LL.M., MBA, Doktorat oder vergleichbare postgraduale

Studien, Praktika oder die Vertiefung in ein bestimmtes Rechtsgebiet (z.B. Arbeitsrecht,

Unternehmensrecht, Kartellrecht, Steuerrecht, Medizinrecht usw.) erfüllt werden sollten.

Publikationen in Fachzeitschriften, Erfahrungen im Projektmanagement/Change

Management und überdurchschnittliche Studienleistungen können sich vorteilhaft auf

den Bewerbungsprozess auswirken.

In den 50 Stellenausschreibungen verlangten Unternehmensverantwortliche am

häufigsten die Methodenkompetenz „selbständiges Arbeiten“ (31 Nennungen). Darunter

441

Siehe hierzu Kapitel I. 3.7.

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sind Items wie eine lösungsorientierte, sorgfältige, strukturierte, zielorientierte,

gewissenhafte und präzise Arbeitsweise zu subsumieren. Zukünftige juristische

MitarbeiterInnen sollten über einen professionellen Arbeitsstil verfügen, Eigeninitiative

zeigen und eigenverantwortlich handeln. Ein gewisses Maß an Verantwortung zu

übernehmen und verantwortungsbewusst zu agieren, wird von HochschulabsolventInnen

erwartet. Es ist auffallend, dass sich die Anforderungen auf Methodenkompetenzen

allgemein konzentrieren, denn AbsolventInnen sollten 20 Stellenausschreibungen zufolge

über ein hohes Maß an Flexibilität, Einsatzfreude und Belastbarkeit, d.h. über ein gutes

Zeitmanagement, verfügen.

Für 12 Unternehmen sind analytische Fähigkeiten (Analysefähigkeit und analytisches

Denken) von Relevanz, für 10 Unternehmen spielt die Fähigkeit, Wissenslücken zu

erkennen und zu schließen, im Arbeitsalltag eine wichtige Rolle. Jene Fähigkeit wird mit

der Freude an Weiterbildung, der Motivation zur raschen Einarbeitung in neue

Rechtsgebiete bzw. für eine abwechslungsreiche Tätigkeit sowie Lern-, Spezialisierungs-,

Weiterentwicklungs- und Leistungsbereitschaft umschrieben.

Stellenausschreibungen Rechtswissenschaften Abfragezeiträume: Mai/Juni 2015, September/Oktober 2015, Mai/Juni 2016

Rang Kompetenz Item Formulierung in der

Stellenausschreibung

Häufigkeit der

Nennung

1. Sachkompetenz Fremdsprachen Englischkenntnisse, Sprachkenntnisse,

Fremdsprachenkenntnisse 32

2. Methodenkompetenz Selbständiges

Arbeiten

Selbstständige, zielorientierte, präzise, gewissenhafte, strukturierte

Arbeitsweise; lösungsorientiertes, sorgfältiges

Arbeiten; professioneller Arbeitsstil; Selbstständigkeit; Eigeninitiative;

Eigenverantwortung; Verantwortung übernehmen; Verantwortungsbewusstsein;

31

3. Sozialkompetenz Sichtweisen und

Interessen anderer berücksichtigen

Teamgeist, Teamfähigkeit, Zusammenarbeit mit Personen,

Teamarbeit, Teamspirit, Teamorientierung, Stärkung der

Teamperformance

23

4. Methodenkompetenz Zeitmanagement Flexibilität, Einsatzfreude,

Belastbarkeit 20

5. Sachkompetenz EDV-Kenntnisse EDV-Kenntnisse 15

6. Sozialkompetenz Kommunikations-

fähigkeit

Kommunikation, Kommunikationsstärke,

Ausgeprägte Kommunikation, Kommunikationsfähigkeit,

Kommunikative Persönlichkeit

12

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217

7. Methodenkompetenz Analytische

Fähigkeit

Unternehmerisches Denken, lösungsorientiertes Denken,

analytisches Denken, Analysefähigkeit

12

8. Selbstkompetenz Fähigkeit, sich auf andere Umstände

einzustellen Sicheres, gepflegtes Auftreten 12

9. Methodenkompetenz

Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen und zu

schließen

Eigenmotivation, Freude an Weiterbildung, Motivation zur raschen Einarbeitung in neue

Rechtsgebiete, geistige Wendigkeit, Lernbereitschaft, Spezialisierungs-

und Weiterentwicklungsbereitschaft, Motivation für abwechslungsreiche

Tätigkeit, Leistungsbereitschaft

10

10. Sachkompetenz Wirtschafts-kenntnisse

Interesse für wirtschaftliche, technische und unternehmerische Zusammenhänge, wirtschaftliches

Denken, wirtschaftliches Verständnis, fundierte Kenntnisse im

Wirtschaftsrecht, betriebswirtschaftliches Verständnis

(Grundwissen), ausgeprägtes wirtschaftliches Interesse

6

11. Sozialkompetenz Verhandlungs-

geschick

Ausgeprägtes Verhandlungsgeschick, Freude am Verhandeln, routinierte

Gesprächs- und Verhandlungsführung

6

Tabelle 21: Stellenausschreibungen Rechtswissenschaften; Ranking der Kompetenzen.

In 30 Inseraten sind perfekte, sehr gute, exzellente oder ertrags- bzw.

verhandlungssichere Englischkenntnisse – Fremdsprachen zählen zur Sachkompetenz –

gefordert. Verbunden mit den erforderlichen Fremdsprachen fällt auf, dass perfekte

Deutschkenntnisse nicht selbstverständlich sind, sondern diese extra angeführt werden

(perfektes, ausgezeichnetes Deutsch oder Deutsch als Muttersprache). Ebenfalls zur

Sachkompetenz sind EDV-Kenntnisse und Wirtschaftskenntnisse zuzurechnen.

Erstere sind 15 Mal – beispielsweise mit Begrifflichkeiten wie PC-AnwenderInnen-

kenntnisse, hohe IT- und Onlineaffinität, versierter bzw. ausgezeichneter Umgang mit MS

Office – Teil der Stellenausschreibung. Wirtschaftskenntnisse (6 Nennungen) sind hin-

gegen seltener vertreten, jedoch im Detail als Interesse für wirtschaftliche, technische

und unternehmerische Zusammenhänge, ausgeprägtes wirtschaftliches Denken bzw.

Verständnis oder betriebswirtschaftliches Wissen bezeichnet.

Die Sozialkompetenz „Sichtweisen und Interessen anderer berücksichtigen“ sollten

BewerberInnen von 23 Stelleninseraten erfüllen, indem sie über Teamgeist, -fähigkeit,

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-spirit oder -orientierung verfügen und gut mit anderen Persönlichkeiten

zusammenarbeiten können. Explizit werden auch Kommunikationsfähigkeit

(12 Nennungen) und Verhandlungsgeschick (6 Nennungen) als Sozialkompetenz genannt.

Untere erstere sind die Formulierungen Kommunikationsstärke, ausgeprägte

Kommunikation oder kommunikative Persönlichkeit einzuordnen, unter letztere

ausgeprägtes Verhandlungsgeschick, Freude am Verhandeln oder routinierte Gesprächs-

und Verhandlungsführung.

Die Erwartungshaltung erstreckt sich ebenso auf die Selbstkompetenz „Fähigkeiten, sich

auf andere Umstände einzustellen“. Demnach ist ein sicheres und gepflegtes Auftreten

verbunden mit einer hohen Service- und KundInnenorientierung eine Voraussetzung.

Weniger als sechs Nennungen entfallen auf die Begrifflichkeiten Engagement,

Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Loyalität, Hands-on Mentalität, Führerschein B, Termintreue,

soziale Kompetenz als allgemeiner Begriff oder Erfahrung im Umgang mit

Rechtsdatenbanken.

4.5. Auswertung Pädagogik

Auffallend ist, dass das Stellenprofil für PädagogInnen oftmals AbsolventInnen anderer

Studienrichtungen umfasst. Zu diesen zählen PsychologInnen, LehrerInnen mit Praxis oder

GermanistInnen, aber auch mehrjährige Erfahrung in einem bestimmten der Pädagogik

nahen Bereich ist ausreichend. Im Gegensatz dazu, dass für juristische Berufe

ausschließlich ein universitärer Abschluss als Voraussetzung angeführt ist, sind die

fachlichen Grundausbildungen für PädagogInnen vielschichtiger. Einer universitären

Ausbildung sind unterschiedliche FH-Studien, Kollegs, BAKIP, abgeschlossene Akademie

für Sozialarbeit bzw. pädagogische Akademie oder abgeschlossene Ausbildung zu

dem/der Lebens- und SozialarbeiterIn gleich gestellt.

Hinzu kommt ein Katalog mit zahlreichen gewünschten Zusatzqualifikationen. Anzuführen

sind eine Zusatzausbildung im DaF/DaZ-Bereich, im Bereich Kompetenzbilanzierung oder

Suchtprävention, TrainerInnen- und Coachingausbildungen, ein gültiges Gender

Mainstreaming und Diversity Zertifikat und die Befähigung zum fundierten

wissenschaftlichen Arbeiten. All die genannten Qualifikationen sollen die BewerberInnen

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nachweislich in einem bestimmten Stunden- bzw. Tagesausmaß erbracht haben.

Einschlägige Berufserfahrungen in Form von Praktika während der Grundausbildung

vermeinen selbstverständlich zu sein.

In den 50 pädagogischen Stellenausschreibungen war ebenfalls die Methodenkompetenz

„selbständiges Arbeiten“ mit 20 Nennungen am häufigsten vertreten, worunter vor allem

eine selbständige, lösungsorientierte und gewissenhafte Arbeitsweise zu verstehen ist.

Des Weiteren ist Zeitmanagement, d.h. zeitliche und örtliche Flexibilität und

Belastbarkeit, für jene Berufsgruppen wichtig (14 Nennungen). AbsolventInnen einer

pädagogischen Ausbildung sollten überdies über Organisationsfähigkeit (9 Nennungen)

verfügen, die in Inseraten genau beschrieben ist. Zu den Aufgabengebieten zählen

Projektvorstellung, Projektmanagement und Projektkoordination sowie die

projektbezogene Beantragung und Abrechnung von Fördergeldern. Unter analytischen

Fähigkeiten sind lösungsorientierte, ausgeprägte analytische und konzeptionelle

Fähigkeiten sowie logisches Denkvermögen zu subsumieren (8 Nennungen).

Stellenausschreibungen Pädagogik Abfragezeiträume: Mai/Juni 2015, September/Oktober 2015, Mai/Juni 2016

Rang Kompetenz Item Formulierung in der

Stellenausschreibung

Häufigkeit der

Nennung

1. Methodenkompetenz Selbständige Arbeitsweise

Selbstständige, zielorientierte, präzise, gewissenhafte, strukturierte

Arbeitsweise; sorgfältiges Arbeiten;

professioneller Arbeitsstil, Selbstständigkeit, Eigeninitiative,

Eigenverantwortung, Verantwortungsbewusstsein,

Lösungsorientierung

20

2. Sozialkompetenz Kommunikations-

fähigkeit

Kommunikation, Kommunikationsstärke,

ausgeprägte Kommunikation, Kommunikationsfähigkeit,

Kommunikative Persönlichkeit, Know- How in der Gesprächsführung,

gute Menschenkenntnis und geübt im aktiven Zuhören

15

3. Sachkompetenz EDV-Kenntnisse

Gute EDV Kenntnisse, sehr gute PC Kenntnisse, sehr gute MS-Office

Kenntnisse, Know-How im Umgang mit neuen Medien, ECDL-Zertifikat

von Vorteil, IT-Affinität

14

4. Methodenkompetenz Zeitmanagement Flexibilität, zeitliche Flexibilität,

hohes Maß an Flexibilität Einsatzfreude, Belastbarkeit

14

5. Selbstkompetenz Fähigkeit, sich auf Sicheres gepflegtes, 14

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andere Umstände einzustellen

kundenorientiertes und überzeugendes Auftreten,

Kunden- und Serviceorientierung, dienstleistungs- und

kundInnenorientiertes Auftreten, rhetorisch versiertes Auftreten

6. Sozialkompetenz Sichtweisen und

Interessen anderer berücksichtigen

Teamgeist, Teamfähigkeit, Zusammenarbeit mit Personen,

Teamarbeit, Teamspirit, Teamorientierung

14

7. Methodenkompetenz Organisations-

fähigkeit (Projektmanagement)

Projektvorstellungen, Projektmanagement,

Projektkoordination, Erfahrung in CSR und Projektarbeit,

Projektbezogene Beantragung + Abrechnung von Fördergeldern,

Unterstützung bei Projekten

9

8. Methodenkompetenz Analytische

Fähigkeit

Unternehmerisches, lösungsorientiertes, analytisches

Denken, ausgeprägte analytische und konzeptionelle Fähigkeiten

analytisches, logisches Denkvermögen, ausgezeichnete

analytische Fähigkeiten

8

9. Sozialkompetenz Soziale Kompetenz

allgemein Soziale Kompetenz 7

Tabelle 22: Stellenausschreibungen Pädagogik; Ranking der Kompetenzen.

Während Fremdsprachenkenntnisse selten als Voraussetzung genannt sind, ist das Item

EDV-Kenntnisse als Sachkompetenz 14 Mal vertreten. Dazu sind die Formulierungen gute

EDV-Kenntnisse, sehr gute MS-Office Kenntnisse, ein ECDL-Zertifikat, hohe IT-Affinität

oder Know-How im Umgang mit neuen Medien zu zählen. Vereinzelt sind konkrete

Kenntnisse einer speziellen Software – Grafikbearbeitung mit Photoshop, Erfahrungen im

Content-Management-System Typo3 und Kenntnisse von Web 2.0 Technologien, Social

Media und Lernplattformen (insbesondere Moodle) – aufgelistet.

Zukünftige PädagogInnen sollten zudem sozial kompetent sein, indem sie beispielsweise

kommunikationsfähig (15 Nennungen) sind. Als kommunikationsstarke Persönlichkeit

runden ein ausgeprägtes Know-How in der Gesprächsführung, gute Menschenkenntnis

und die Anwendung spezieller Techniken (aktives Zuhören, paraphrasieren) das

Stellenprofil ab. Die Sichtweisen und Interessen anderer zu berücksichtigen

(14 Nennungen), was sich u.a. dadurch ausdrückt, dass ArbeitnehmerInnen Teamgeist

und -fähigkeit besitzen und teamorientiert tätig sind, wird oftmals gefordert. Zusätzlich zu

der Ausformulierung der einzelnen sozialen Kompetenzen, ist die Begrifflichkeit allgemein

in sieben Stellenausschreibungen ausdrücklich angeführt.

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Die Fähigkeit, sich auf andere Umstände einzustellen (Selbstkompetenz) ist für

Unternehmen, die PädagogInnen einstellen, mit 14 Nennungen von Relevanz, denn

sicheres, überzeugendes und rhetorisch versiertes Auftreten im Umgang mit KundInnen

bzw. KlientInnen sowie eine hohe Service- und Dienstleistungsorientierung werden

vorausgesetzt.

Weitere Formulierungen beziehen sich auf Erfahrungen mit Personen mit

Migrationshintergrund, Engagement, Genderzertifikate, Englisch-Kenntnisse,

Führerschein B, Bereitschaft zur Gruppen- und Einzelsupervision und strafrechtliche

Unbescholtenheit. AbsolventInnen sollten ebenfalls konfliktfähig sein, um Streitigkeiten

zu lösen sowie in Trennungs- und Scheidungskonflikten zu vermitteln.

5. Zusammenfassung der Forschungsergebnisse

Bei einer Zusammenschau der quanitiativen Auswertung zeigt sich, dass sich

Personalverantwortliche von UniversitätsabsolventInnen zu jeweils 91%

Kommunikationsfähigkeit bzw. mündliche Ausdrucksfähigkeit erwarten. An den nächsten

Stellen rangieren die Methodenkompetenzen Organisationsfähigkeiten (89%),

vorhandenes Wissen auf neue Probleme anwenden (89%), selbstständiges Arbeiten (88%)

und Problemlösungsfähigkeit (88%). Ebenfalls ist die Erwartungshaltung zu 88% bzw. 86%

sehr groß, dass BewerberInnen über die Fähigkeiten verfügen, sich auf andere Umstände

einzustellen (88%) und konzentriert sowie diszipliniert zu arbeiten (86%). Beide Items

zählen zu den Selbstkompetenzen. Erst an 9. Stelle nennen die Befragten die

Sachkompetenz fächerübergreifendes Denken (83%). Kooperationsfähigkeit schätzen sie

mit 81% als wichtig/sehr wichtig für den Berufseinstieg ein.

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Abbildung 50: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn sie

sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben?

Auf die Frage, welche Kompetenzen in der universitären Ausbildung zukünftig mehr

Gewichtung erhalten sollte, befindet sich die Methodenkompetenz, vorhandenes Wissen

auf neue Probleme anzuwenden, mit 70% an erster Stelle. Jeweils 67% entfallen auf die

Sozialkompetenz Sichtweisen und Interessen anderer zu berücksichtigen und auf die

Sachkompetenz fächerübergreifendes Denken. Für 65% der Befragten sollte die

Sozialkompetenz Kommunikationsfähigkeit eine höhere Gewichtung im Curriculum

erhalten. Jeweils 58% sprechen sich dafür aus, dass die Methodenkompetenz kritisches

Denken sowie die Fähigkeiten, sich auf veränderte Umstände einzustellen sowie

Verantwortung zu übernehmen, die zu den Selbstkompetenzen zählen, vermehrt Eingang

in die Lehre finden sollten.

Immerhin mehr als die Hälfte der Personalverantwortlichen benennen die

Sozialkompetenzen Konfliktmanagement (55%) und Kooperationsfähigkeit (54%) sowie

die Methodenkompetenz Wissenslücken erkennen und schließen (53%), als Fähigkeiten,

die Studierende während ihrer universitären Ausbildung erwerben sollten.

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Abbildung 51: Welche Kompetenzen sollten in der akademischen Ausbildung zukünftig mehr Gewicht

erhalten?

Insgesamt zeigt sich sowohl bei der Frage nach der Erwartungshaltung als auch nach der

zukünftigen Gewichtung in universitären Curricula, dass die Befragten zu einem hohen

Prozentsatz Sozial-, Selbst- und Methodenkompetenzen als sehr wichtig für den

Berufseinstieg bzw. die Berufstätigkeit allgemein einschätzen. Kommunikations- und

mündliche Ausdrucksfähigkeit stehen ebenso im Vordergrund wie die Kompetenzen,

vorhandenes Wissen auf neue Probleme anzuwenden und Sichtweisen und Interessen

anderer zu berücksichtigen.

Diese Einordnung der Erwartungshaltung ist ebenfalls den ExpertInnen, die sich zu einem

Interview bereit erklärten, zu entnehmen. Denn B1 setzt fachliche, methodische und

soziale Kompetenzen voraus und achtet im Hearing darauf, wie der/die BewerberIn mit

Stress umgeht und wie er/sie kommunizieren kann. Ebenfalls auf Kommunikation achtet

B2. Sie legt Wert darauf, dass sich die Person gut ausdrücken kann und sich mit dem

Unternehmen auseinander gesetzt hat. Dabei stehen das gegenseitige Kennenlernen und

die Klärung der Erwartungshaltung im Vordergrund. Auch B4 und B6 stellen das Interesse

am Unternehmen und die Erwartungsklärung in den Mittelpunkt.

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B3 benennt Werte, die nicht validierbar sind. Ihm zufolge sollte ein(e) BewerberIn

Engagement sowie Ernsthaftigkeit für die Sache zeigen und Spaß an der Arbeit haben. B5

zählt Erfahrung und Zusatzqualifikationen als wichtige Komponenten auf. B8 führt eine

gewisse Leistungsbereitschaft, Innovationsfreude, Kreativität und die Bereitschaft, über

den Tellerrand hinaus zu schauen ins Treffen.

Für B7 und B10 ist es wichtig, dass der/die KandidatIn dem Anforderungsprofil

entsprechend die fachlichen Voraussetzungen erfüllt. Auf die Stellenbeschreibung

verweist gleichermaßen B9. Bei BewerberInnen mit derselben fachlichen Ausbildung

fließen sehr stark die persönlichen Kompetenzen in den Entscheidungsprozess ein.

Für die Suche nach potentiellen Bewerberinnen nennen die Befragten unterschiedliche

Medien. B3 konkretisiert, dass er aufgrund der hohen Kosten selten ein Zeitungsinserat

schaltet. Zuerst schreibt er die vakante Stelle unternehmensintern und erst danach

unternehmensextern aus. Gleich verhält es sich bei B4, der im Anschluss an die

beschriebene Vorgehensweise Online-Plattformen nützt. Auf jenes Medium konzentriert

sich ebenfalls B1, da es schnell und einfach ist. B10 bedient sich lediglich Printmedien,

wenn nach einer dreiwöchigen unternehmensinternen Ausschreibung die

BewerberInnenzahl zu gering ist.

Zusätzlich zur Veröffentlichung von Ausschreibungen auf Online-Plattformen vertritt B8

das Unternehmen auf Berufsinformationsmessen. Zeitungsinserate schaltet er für die

Besetzung von Führungspositionen. B5 lanciert Stellenausschreibungen sowohl auf

Berufsinformationsmessen als auch in universitären Bewerbungstrainings. Zusätzlich

nutzt das Unternehmen Zeitungen, Online-Portale, Netzwerke und die eigene Homepage.

B2 nennt neben der eigenen Homepage und Online-Plattformen aufgrund des effektiven

Einsatzes von finanziellen Mitteln zusätzlich Netzwerke wie das

Personalentwicklernetzwerk sowie die Wirtschaftskammer. B6 fungiert hingegen selbst

wie ein Personalberater, zumal er einerseits Inserate online schaltet und andererseits

eine Vorselektion für die EntscheidungsträgerInnen vornimmt.

Um Kosten zu sparen, bedienen sich B2, B6 und B7 nicht der Unterstützung eines

Headhunter. B5 schaltet einen Headhunter nur für Spitzenpositionen ein. B10 hingegen

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ist davon überzeugt, dass ein Headhunter aufgrund des hohen Branchenwissens schneller

zu einer Vermittlung und letztendlich zur Nachbesetzung der Stelle beitragen kann.

Einstellungsverfahren:

In einen nächsten Schritt ist auszuwerten, wie das Einstellungsverfahren gestaltet ist. Im

Unternehmen von B2 ist dieses maximal dreistufig angelegt, um den BewerberInnen die

Chance zu geben, die Abteilung kennenzulernen. B3 führt zuerst ein

Bewerbungsgespräch. Danach erarbeitet er eine Shortlist mit den interessantesten

BewerberInnen. Nach einem weiteren Gespräch erstellt B3 einen Besetzungsvorschlag.

Auch B9 nutzt eine Shortlist, die allerdings ein(e) externe(r) PersonalberaterIn erstellt.

Diese(r) listet die KandidatInnen auf, mit denen B9 gemeinsam mit allen Verantwortlichen

ein Gespräch führt. Im Unternehmen von B1 folgt nach einem ersten Gespräch im

Fachbereich mit den besten BewerberInnen ein Interview mit allen verantwortlichen

Führungskräften.

B6 orientiert sich an einer ähnlichen Vorgehensweise wie B3 und B9. Für den ersten

Durchgang liegt die Zuständigkeit bei der Personalabteilung oder einem Rekruiter. Bei

einem guten Eindruck folgt ein zweites Gespräch mit B6 und dem/der

FachabteilungsleiterIn zur fachlichen Abfrage. Eine(n) FachabteilungsleiterIn oder

OrganisationseinheitenleiterIn bezieht B4 gleich im ersten Interview. Auch im

Unternehmen von B8 führt er gemeinsam mit allen Verantwortlichen ein Gespräch und

trifft gleich danach die Entscheidung.

B10 nutzt eine Kombination von Verfahren zur Kompetenzmessung. Der erste Schritt

enthält einen standardisierten Einstufungstest, der zweite Schritt ist ein strukturiertes

Interview.

B5 geht sogar noch weiter, indem er zuerst ein persönliches Gespräch führt, in der

zweiten Runde die Führungskraft dazu bittet und in der dritten Runde die

Verantwortlichen gemeinsam mit dem/der BereichsleiterIn eine Entscheidung über die

Stellenbesetzung treffen. Ein mehrstufiges Verfahren nutzt ebenfalls B2, die aufgrund der

eingesandten Bewerbungen eine erste Auswahl trifft. Im nächsten Schritt führt sie mit

mehreren Personen ein Gespräch und nach einem weiteren Interview, an dem der/die

Fachvorgesetzte und die Geschäftsführung teilnehmen, entscheiden sich alle Beteiligten

für die am besten geeignete Person.

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B7 berücksichtigt vor einer öffentlichen Ausschreibung eine interne Nachbesetzung der

vakanten Stelle. Bei einer öffentlichen Ausschreibung lädt B7 nach einer formalen

Überprüfung der Voraussetzungen zu einem Test ein. Dieser bildet die Grundlage für eine

Vorentscheidung. Die bestgeeignetsten Personen erhalten die Gelegenheit, ein

Bewerbungsgespräch mit dem/der zukünfigen Vorgesetzten zu führen.

B1, B3, B4, B6 und B7 äußern sich zu der Möglichkeit, ein Assessment Center im

Bewerbungsverfahren einzusetzen. Während sich B1 und B7 generell gegen dieses

Verfahren der Personalauswahl aussprechen, nutzen B3 und B6 Assessment Center für

gewisse Stellen, wie beispielsweise für Trainees, Lehrlingscastings und

Führungspositionen, B4 jedoch für viele Bewerbungsverfahren.

Wichigkeit von Kompetenzen

Für B1 sind methodische Kompetenzen am wichtigsten, soziale und fachliche

Kompetenzen liegen gleichrangig an zweiter Stelle. Im Gegensatz dazu stehen für B2

soziale und fachliche Kompetenzen im Vordergrund, danach folgt die

Methodenkompetenz. Wie B2 führt auch B6 aus, dass ein(e) MitarbeiterIn nach einer

Einarbeitungsphase die fachlichen Kompetenzen verbessen könne, an der Persönlichkeit

könne jedoch weniger „geschraubt“ werden.

B4 beginnt die Aufzählung mit den fachlichen und sozialen Kompetenzen, danach folgen

die methodischen. Genau umgekehrt reiht B8 an erster Stelle die methodischen, an

zweiter Stelle die sozialen und an dritter Stellen die fachlichen Kompetenzen.

Für die Bedeutsamkeit der Kompetenzen ist kein gemeinsamer Tenor feststellbar. B3, B5

und B7 legen sich fest, dass die fachliche Kompetenz im Vordergrund stehen sollte. Denn

der/die BewerberIn wird für eine bestimmte Position im Unternehmen gesucht und

benötigt daher bestimmte fachliche Kompetenzen. Dennoch sind soziale und

methodische Fähigkeiten und Fertigkeiten für die Arbeit in Teams unerlässlich. Für B10 ist

die soziale Kompetenz generell unverzichtbar, dennoch ist von der jeweiligen Stelle

abhängig, ob die MitarbeiterIn über mehr methodische oder mehr fachliche

Kompetenzen verfügen muss.

Zukünftige Gewichtung von Kompetenzen

B1, B5, B8 und B10 zufolge sollten soziale Kompetenzen eine größere Gewichtung in der

universitären Ausbildung erhalten. Demzufolge sollten UniversitätsabsolventInnen über

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227

mehr Kommunikations- und Teamfähigkeit, Offenheit und Projektmanagement-Tools

verfügen. B2 und B3 wünschen sich für die Zukunft die Ausbildung von GeneralistInnen,

die große Stoffmengen gut bearbeiten können. Jedenfalls sollten nach den Ansichten von

B2, B6 und B7 Praktika einen höheren Stellenwert haben. B4 führt GastreferentInnen ins

Treffen, die Anwendungskenntnisse in den universitären Alltag bringen können. Er gibt

ebenfalls zu bedenken, dass der Erwerb von Präsentationskenntnissen forciert werden

sollte. B9 sieht die Studierenden in der Pflicht, die darauf achten müssen, dass sie

Zusatzqualifikationen und Sprachkompetenzen erwerben und Auslandsaufenthalte

absolvieren.

Weiterbildung

Auf die Frage, ob die Befragten unternehmensinterne Weiterbildung anbieten und ob die

Inanspruchnahme freiwillig oder verpflichtend ist, antworteten sie folgendermaßen: B1

klärt auf, dass jede(r) MitarbeiterIn ein Weiterbildungskontingent hat, das er/sie für die

Entwicklung von technical und soft Skills nutzen kann. Besonderen Wert legz das

Unternehmen auf eine gute Kommunikations- und Konfliktkompetenz. Auch B3 setzt auf

vollständige Freiwilligkeit.

Für Führungskräfte besteht im Unternehmen von B2 eine Weiterbildungspflicht. Das

Angebot setzt sich aus einem Mix von Weiterbildungsmaßnahmen über fachliche und

soziale Kompetenzen zusammen. B6, B7 und B10 kombinieren ebenfalls eine

verpflichtende Teilnahme an einer bestimmten Weiterbildung mit einer Position, z.B. eine

Führungsposition, die der/die Beschäftigte erreichen möchte. B8 und B9 bieten interne

Weiterbildung an, die teilweise obligatorisch ist und teilweise aufgrund von

MitarbeiterInnengesprächen freiwillig absolviert werden kann.

B4 ladet zu internen Maßnahmen ein, MitarbeiterInnen können allerdings auch externe

Bildungsinstanzen in Anspruch nehmen. Ferner bedient sich B5 externer TrainerInnen, die

einer gewissen Gruppe gezielt Skills vermitteln.

Neben den quantitativen und qualitativen Untersuchungen wurden

Stellenausschreibungen für PädagogInnen und JuristInnen analysiert, in den am

häufigsten der Anspruch nach einer selbständigen Arbeitsweise erhoben wird.442

Zusätzlich müssen AbsolventInnen für rechtswissenschaftliche Berufe Fremdsprachen als

442

Stellenausschreibungen Pädagogik 20 Nennungen; Stellenausschreibungen Jus 31 Nennungen.

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228

Sachkompetenz mit 30 Nennungen perfekt beherrschen. Diese Kompetenz lässt gleich

noch einen weiteren Unterschied zwischen den analysierten Ausschreibungen erkennen.

Während in juristischen Anzeigen explizit darauf hingewiesen wird, dass perfekte

Deutschkenntnisse oder Deutsch als Muttersprache eine Voraussetzung für den/die

zukünftige(n) StelleninhaberIn ist, findet diese Fähigkeit für PädagogInnen zumindest in

den Stellenausschreibungen keine Berücksichtigung.

Stellenausschreibungen Pädagogik Stellenausschreibungen Rechtswissenschaften

Kompetenz Items Häufigkeit

der Nennung

Kompetenz Items Häufigkeit

der Nennung

Sachkompetenz Fremdsprachen 32

Sachkompetenz EDV-Kenntnisse 14 Sachkompetenz EDV-Kenntnisse 15

Sachkompetenz Wirtschafts-kenntnisse

6

Methoden-kompetenz

Selbständige Arbeitsweise

20 Methoden-kompetenz

Selbständiges Arbeiten

31

Methoden-kompetenz

Zeitmanagement 14 Methoden-kompetenz

Zeitmanagement 20

Methoden-kompetenz

Analytische Fähigkeit 8 Methoden-kompetenz

Analytische Fähigkeit 12

Methoden-kompetenz

Organisations-fähigkeit

(Projektmanagement) 9

Methoden-kompetenz

Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen und zu

schließen

10

Sozialkompetenz Sichtweisen und

Interessen anderer berücksichtigen

14 Sozialkompetenz Sichtweisen und

Interessen anderer berücksichtigen

23

Sozialkompetenz Kommunikations-

fähigkeit 15 Sozialkompetenz

Kommunikations-fähigkeit

12

Sozialkompetenz Soziale Kompetenz

allgemein 7 Sozialkompetenz

Verhandlungs-geschick

6

Selbstkompetenz Fähigkeit, sich auf andere Umstände

einzustellen 14 Selbstkompetenz

Fähigkeit, sich auf andere Umstände

einzustellen 12

Abbildung 52: Vergleich von Kompetenzen in Stellenausschreibungen für PädagogInnen und

RechtswissenschaftlerInnen.

Ferner betreffen die Anforderungen Methodenkompetenzen wie analytische Fähigkeiten,

die Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen und zu schließen oder Zeitmanagement. Freilich

kann unter Berücksichtigung der zahlreichen Handlungskompetenzmodelle diskutiert

werden, ob Zeitmanagement tatsächlich eine Methodenkompetenz ist oder doch eher zu

den Sozial- oder gar zu den Selbstkompetenzen zu zählen ist. Aufgrund dessen war es von

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229

besonderer Wichtigkeit, die Modelle abzuarbeiten und nunmehr jenes von

Schaeper/Briedis als Grundlage zu nutzen. Eine Arbeitsweise unter Berücksichtigung eines

effizienten Zeitmanagements und den Einsatz analytischer Fähigkeiten und sicheres bzw.

gepflegtes Auftreten sollten beide BewerberInnengruppen erfüllen. Für PädagogInnen ist

Erfahrung im Projektmanagement (Organisationsfähigkeit) eine zusätzliche Voraussetzung

für die Aufnahme in ein Unternehmen.

Die analysierten Anforderungsprofile für RechtswissenschaftlerInnen enthalten

Sozialkompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit (12 Nennungen), die Fähigkeit,

Sichtweisen und Interessen anderer zu berücksichtigen (23 Nennungen) oder

Verhandlungsgeschick (6 Nennungen). In Ausschreibungen für PädagogInnen besitzt

Verhandlungsgeschick keine Relevanz, jedoch Kommunikationsfähigkeit (15 Nennungen),

und die Berücksichtigung anderer Sichtweisen (14 Nennungen), was sich beispielsweise

durch Teamfähigkeit oder -orientierung ausdrückt.

Als geforderte Sachkompetenz rangieren EDV-Kenntnisse an erster Stelle. Diese werden

in 15 Anforderungsprofilen für JuristInnen und in 14 für PädagogInnen genannt.

RechtswissenschaftlerInnen sollten darüber hinaus über Wirtschaftskenntnisse oder

gleich über einen zusätzlichen Abschluss in BWL verfügen.

Bei JuristInnen sind selten Projektmanagementkenntnisse gefragt. Den Ausschreibungen

zufolge müssen sie zwar über Belastbarkeit verfügen, jedoch nicht über ein hohes Maß an

Konfliktfähigkeit. Mit Streitigkeiten sind allerdings gerade RechtswissenschaftlerInnen

sowohl in Unternehmen in Vertragsverhandlungen oder im Zusammenhang mit dem

Dienst- und Arbeitsrecht als auch bei Gericht und Behörden und erst recht als

AnwältInnen konfrontiert.

Die geforderten bereichsspezifischen Fachkompetenzen beschränken sich bei JuristInnen

auf ein facheinschlägiges Studium sowie das abgeschlossene Gerichtsjahr. PädagogInnen

sollten bereits im Stadium des Berufseinstiegs über diverse weitere Qualifikationen (im

DaF/DaZ-Bereich, im Bereich Kompetenzbilanzierung oder Suchtprävention, TrainerInnen-

und Coachingausbildungen, ein gültiges Gender Mainstreaming und Diversity Zertifikat)

sowie über Praktika verfügen.

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230

Studierende der Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität können im

Rahmen ihrer Wahlfächer eine Lehrveranstaltung besuchen, in der sie durch die

Kombination von Rechtspraxis und Seminar Erfahrungen für ihre berufliche Zukunft

gewinnen.443

Demzufolge verwundert es nicht, dass Studierende bereits während ihres

Bachelorstudiums Pädagogik an der Karl-Franzens-Universität Graz ein Praktikum im

Ausmaß von 240 Arbeitsstunden zur Erprobung und praxisorientierten Anwendung ihrer

erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten absolvieren.444 Auf das Masterstudium Weiter-

und Erwachsenenbildung entfällt nochmals ein mindestens 160 (Arbeits-)Stunden

umfassendes Praktikum zur Berufsfelderkundung.445

443

Curriculum für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften, § 13 Abs. 7 444

Curriculum für das Bachelorstudium Pädagogik, 18. 445

Curriculum für das Masterstudium Weiterbildung – Lebensbegleitende Bildung, 6.

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231

III. Zusammenfassung und Ausblick

1. Beantwortung der Forschungsfragen

Bei der Beantwortung der Forschungsfrage auf der ersten Ebene, nämlich jener der

Klärung der Begrifflichkeiten Bildung, Qualifikation und (Handlungs-)Kompetenz sowie der

Einordnung derselben in den Kontext des lebenslangen Lernens ist ein Facettenreichtum

zu konstatieren.

Zahlreiche Persönlichkeiten haben sich mit dem Bildungs-, Qualifikations- und

Kompetenzbegriff auseinandergesetzt. Aus einem rechtlichen Blickwinkel ist das

NQR-Gesetz aktuell, mit dem ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt wird, um

österreichische Qualifikationen einem bestimmten Qualifikationsniveau zuordnen zu

können. Im Gegensatz zu Qualifikationen stellt Bildung das Subjekt in den Mittelpunkt der

Betrachtung. Anknüpfend daran ist Gruschka zu folgen, der konstatiert, dass Bildung und

Kompetenz identische Begrifflichkeiten sind. Auf der Grundlage von letzterem werden

Fähigkeiten explizit beschrieben und operationalisiert, während der Bildungsbegriff diese

nicht „explizit ausspricht“.

Die Diskussion über Kompetenz ist per se kritisch zu hinterfragen. Denn Erpenbeck/Sauter

beanstanden zu Recht, dass „eine solche Zerhackstückelung des Wissens, eine

Vermischung von tausenden mikrologisch getrennten Wissens-Kleinportionen,

Fertigkeiten und einigen Handlungsfähigkeiten (Kompetenzen) unter dem allgemeinst

gebrauchten „Oberbegriff Kompetenzen“446 bedenklich (ist)“, und zu einer

Begriffsbeliebigkeit führt.

Mit dieser Begriffsbeliebigkeit müssen sich UniversitätsabsolventInnen beschäftigen, um

in der Lage zu sein, sich neue Fachkenntnisse und Arbeitsmethoden anzueignen, im Team

gut zusammenzuarbeiten und ihre eigenen Stärken und Schwächen einzuschätzen.447

Kutscha stellt dahingehend realistisch fest, dass „immer unklarer wird, was zu lernen ist,

immer unvermeidbarer, dass gelernt werden muss“448. Bei Betrachtung der Vielfalt an

446

Erpenbeck, J./Sauter, W., Wissen, Werte und Kompetenzen in der Mitarbeiterentwicklung VI. 447

Tippelt, R./Schmidt, B. in Otto, H.-U./Oelkers, J. 40. 448

Kutscha, G., Modernisierung der beruflichen Aus- und Weiterbildung unter dem Aspekt ganzheitlicher Bildung für die Informations- und Wissensgesellschaft beim Übergang ins dritte Jahrtausend, Gewerkschaftliche Bildungspolitik 1998, H. 5/6, 6 (7).

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232

Handlungskompetenzmodellen tritt die Einheitlichkeit der Kompetenzen in den

Hintergrund, denn sichtbar wird eine beinahe diffuse Heterogenität. Zurückkommend auf

das der Arbeit zugrunde liegende Kompetenzverständnis449 ist es m.E. nicht dienlich, eine

weitere Zerstückelung des Kompetenzbegriffs auf eine beinahe unendlich scheinende

Zahl an Kompetenzen „aufzublähen“. Nach einer detaillierten Auseinandersetzung ist das

roth'sche Modell, das das sach-, sozial- und werteinsichtige Verhalten und Handeln

postuliert, als Basis heranzuziehen und zu erweitern, sodass die Fach-, Sach-, Methoden-,

Sozial- und Selbstkompetenzen gleichberechtigt nebeneinander stehen.

Jede Person wird klarerweise durch ihre Lebensbereiche (Familie, Freunde,

ArbeitskollegInnen) in der individuellen Handlungskompetenz beeinflusst. Fest im Modell

sind ebenfalls Querschnittskompetenzen (z.B. Pluralitäts-, Transversalitäts- oder

Beobachtungskompetenz) verankert.

Abbildung 53: Eigenes Kompetenzmodell.

Gerade die Relevanz von sozialer Kompetenz, die einige AutorInnen überbewerten und

andere unterbewerten, ist in Unternehmen nicht zu verleugnen. Oberneder gibt in diesem

diesem Zusammenhang zu bedenken, dass unternehmensinternes Change-Management

449

Siehe hierzu Kapitel I. 3.8.

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233

„im Sinne einer radikalen Neupositionierung ein professionelles Know-how im Bereich der

sozialen und emotionalen Kompetenz“450 braucht.

Bei der Beantwortung der Forschungsfrage auf der zweiten Ebene sind einerseits die

rechtlichen Zusammenhänge zu beachten und andererseits ausgewählte Kompetenzen

sowie deren Vermittlung näher zu erläutern. Ebenfalls war darauf einzugehen, welche

Verfahren zur Kompetenzmessung zum Einsatz gelangen.

Unternehmensinternes lebenslanges Lernen ist aus drei Perspektiven zu betrachten.

Einerseits resultiert es daraus, dass (1) BerufseinsteigerInnen fehlende Kompetenzen, die

sie während der universitären Ausbildung nicht erworben haben, ausgleichen oder

(2) sich spezifische für ihre Berufstätigkeit relevante fachliche Fähigkeiten und

Fertigkeiten aneignen. Des Weiteren (3) können Beschäftige aus ihrem persönlichen

Engagement heraus für sie wichtige Kompetenzen erlangen.

In diesem Zusammenhang waren Überlegungen dahingehend anzustellen, in welchen

rechtlichen Kontexten weiterbildende Maßnahmen eingebettet sind, wer die Kosten trägt

und ob diese der Arbeits- oder Freizeit zurechenbar sind. Auf nationaler Ebene teilen sich

unterschiedliche Ministerien die Zuständigkeit für Erwachsenenbildung und fördern

diverse Einrichtungen. Gleichermaßen resultiert aus dem Universitätsgesetz für

Universitäten die Aufgabe zur Weiterbildung von AbsolventInnen und PädagogInnen. Die

staatliche Finanzierung ergibt sich aus dem EB-Fördergesetz, wonach gewisse

Institutionen, die Weiterbildung anbieten, förderungswürdig sind. Für Erwerbstätige, die

sich zusätzlich und unabhängig von ihrer beruflichen Tätigkeit qualifizieren möchten, ist

abzuwägen, ob sie Bildungskarenz bzw. -teilzeit beanspruchen oder ihre Freizeit

dementsprechend nutzen. In der Bildungskarenz, die unter gewissen Voraussetzungen

beantragt werden kann und zwischen zwei und 12 Monate andauert, entsteht für den/die

ArbeitnehmerIn der Anspruch auf Weiterbildungsgeld. Die Bildungsteilzeit hingegen

impliziert die Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit um mindestens ein

Viertel und höchstens die Hälfte, wodurch dem/der Beschäftigen Zeit für weiterbildende

Maßnahmen bleiben. Die dritte Möglichkeit ist der Urlaub, der zwar dem Telos nach die

450

Oberneder, J., Soziale Kompetenz – neuer Trend oder alte Mode, in: Niedermayr, G. (Hrsg.), Kompetenzen entwickeln, messen und bewerten (2012) 199 (207).

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234

uneingeschränkte Erholung bezwecken sollte, allerdings ebenfalls für die persönliche

Fortbildung genutzt wird.

In einem nächsten Schritt waren Kompetenzen abzuhandeln, deren Auswahl sich

einerseits an den Erhebungen orientiert, die in Kapitel I. 1.3. analysiert wurden,

andererseits ergaben die Auswertungen der Erhebungen der Dissertation, dass

Personalverantwortliche großen Wert auf Kommunikations-, Konflikt-, Organisations- und

Teamfähigkeit sowie auf fächerübergreifendes Denken legen.

Die Abhandlung zeigt nicht nur die grundlegenden Theorien bestimmter Fähigkeiten und

Fertigkeiten auf, sondern widmet sich gleichermaßen der didaktischen Vorgehensweise

bei der Vermittlung und bietet Übungssequenzen, die zum Einsatz gelangen können.

Dabei handelt es sich um Basisübungen, die je nach Studienrichtung entsprechend

abzuändern sind.

Die theoretischen Grundlagen mögen auf den ersten Blick klar und einfach wirken, es

bedarf allerdings m.E. ein hohes Maß an Übung und Reflexionsbereitschaft, um die

besprochenen Kompetenzen im Arbeitsalltag anwenden zu können.

Denn in Zeiten, in denen die Begriffe Wirtschafts- und Finanzkrise in aller Munde sind,

müssen sich Unternehmen entsprechend von ihrer Konkurrenz abheben. Dies geschieht

nicht nur durch technische Innovationen, sondern ebenfalls durch MitarbeiterInnen, die

ihr Wissen, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten optimal einbringen. Folglich achten

Personalverantwortliche im Recruitingverfahren besonders auf die Einstellung der am

besten geeigneten und zum bestehenden Team passenden BewerberInnen. Für

UniversitätsabsolventInnen bedeutet dies, sich auf unterschiedliche Verfahren in der

Personalauswahl gekonnt einzustellen. Aussagekräftige schriftliche Unterlagen, die ein

Motivationsschreiben, den vollständigen Curriculum vitae und ein auf die

ausgeschriebene Stelle angepasstes Anschreiben enthalten, sind unerlässlich. Als ein

weiteres Dokument kann beispielsweise ein Kompetenzportfolio der Bewerbung

beigelegt werden, sodass Personalverantwortliche sowohl über die Qualifikationen, aber

vor allem über die individuellen Kompetenzen einen fundierten Überblick erhalten. Ein

Reflexions-, Entwicklungs- oder Präsentationsportfolio erfordert von dem/der ErstellerIn

ein hohes Maß an Reflexionsbereitschaft über die persönlichen Lernwelten und Stärken,

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dient durch die intensive Auseinandersetzung mit sich selbst aber auch als gute

Vorbereitung für ein Bewerbungsgespräch.

Die Qualität desselben steht und fällt mit der Festlegung von verbindlichen Kriterien, der

Strukturiertheit und der Organisation der Unterhaltung. Eine besondere Form ist das

arbeitsbasierte Kompetenzinterview, das es zulässt, mit 568 möglichen Fragestellungen

eine breite Palette an Teilkompetenzen zu ermitteln und das auf dem von

Heyse/Erpenbeck entwickelten KompetenzAtlas aufbaut. Ebenfalls können

Personalverantwortliche mit Hilfe von narrativen Interviews basierend auf der

Kompetenzbiographie von Heyse/Erpenbeck die biographisch zurückliegenden und die

aktuellen Bedingungen der Kompetenzentwicklung ermitteln.

Es fällt auf, dass sich neben das gebräuchliche Vorstellungs-/Bewerbungsgespräch

zahlreiche weitere Verfahren reihen, von denen vermehrt für die Besetzung von

bestimmten Positionen das Assessment Center genutzt wird. Mit der Begründung,

monetäre (Anwerbungs-, Einarbeitungs- und Entlassungskosten) und nicht-monetäre

Aufwendungen (Unruhe und Verunsicherung beim bestehenden Personal) minimieren zu

wollen, gelangen AC insbesondere im Rekrutingverfahren von BerufseinsteigerInnen zum

Einsatz. Bei diesem Verfahren – wie auch bei einem Bewerbungsgespräch – zeigt sich,

dass die BeurteilerInnen bzw. BeobachterInnen unterschiedliche Wahrnehmungen haben,

auf deren Grundlage sie subjektive Interpretationsrückschlüsse ziehen. Eine Steigerung

der Objektivität können Unternehmensverantwortliche gerade durch die Beachtung der

Gütekriterien und eine durchdachte und der Stelle angepasste Auswahl von AC-Aufgaben

(Gruppendiskussion, Postkorbübung, Fallstudie, Präsentation, Interview, Rollen- oder

Planspiel) erreichen.

Die Kombination von Bewerbungsgesprächen und psychologischen Testverfahren eignet

sich für die Besetzung jeder Position, zumal einerseits ein persönlicher Eindruck

gewonnen werden kann und andererseits durch die computergestützte Auswertung die

Personen einfach vergleichbar sind. Zu den gängigen Aufgabentypen zählen allgemeine

Leistungstests, spezielle Funktionsüberprüfungs- und Eignungstests oder Intelligenz- und

Persönlichkeitstests.

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236

Als besonderes Auswahlverfahren ist der Kasseler-Kompetenz-Raster hervorzuheben, mit

dem die Messung von Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen durch die

Kodierung von verbalen Äußerungen in Gruppensituationen möglich ist.

Welches Auswahlverfahren auch immer zur Anwendung gelangt, jedenfalls müssen

Unternehmensverantwortliche im Vorfeld die Unternehmensziele erarbeiten und die

Kompetenzanforderungen für die zu besetzende Stelle klären.

Die empirischen Erhebungen bilden die dritte Ebene der Forschungsfrage. Auf dieser war

die Erwartungshaltung steirischer ArbeitgeberInnen zu den Kompetenzen von

UniversitätsabsolventInnen der Rechtswissenschaften und der Erwachsenen- und

Weiterbildung zu erforschen. Für eine detaillierte Betrachtung waren ergänzend die

Entwicklungen und Anforderungen des Arbeitsmarktes auf der Grundlage von

Stellenausschreibungen zu analysieren.

Aus den bisherigen empirischen Befunden und der für die Dissertation durchgeführten

Erhebungen ist für eine verstärkte Vermittlung von Kommunikations-, Konflikt- und

Teamfähigkeiten, die sowohl von AbsolventInnen der Rechtswissenschaften als auch von

jenen der Erwachsenen- und Weiterbildung im Berufs- und Arbeitsleben am häufigsten

verlangt und gefordert werden, zu plädieren.

Zurückkommend auf die Erhebung von Gayk unter Hochschulen, Unternehmen und

Studierenden fällt auf, dass die Befragten Kommunikationskompetenzen als wichtig für

die Berufstätigkeit wahrnehmen. Gleich verhält es sich bei den für diese Untersuchung

durchgeführten Interviews, der Fragebogenerhebung und den Stellenausschreibungen.

Dabei ist klar, dass sich das Wort „Kommunikation“ in vielen Begrifflichkeiten sowie

Umschreibungen wiederfindet. In Stellenausschreibungen sollen BewerberInnen über

mündliche Fähigkeiten verfügen, als ausgeprägte, kommunikative Persönlichkeit mit

Know-How in der Gesprächsführung auftreten oder geübt im aktiven Zuhören sein.

Zu ähnlichen Ergebnissen gelangen Foscht/Angerer, die eine Studie unter

Personalverantwortlichen durchführten, die sich von StellenbewerberInnen neben

Allgemeinbildung und analytischen Fähigkeiten Kommunikationsfähigkeiten sowie

Kooperations- und Teamfähigkeit für ihre Berufstätigkeiten erwarten.

Es erscheint für UniveristätsabsolventInnen neben dem Erwerb von fachlichen

Kompetenzen unerlässlich, sich soft skills anzueignen. Denn keine Stellenausschreibung

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verweist ausschließlich auf Fachwissen, AbsolventInnen sind vielmehr gefordert,

zahlreiche Kompetenzen mitzubringen. In der Beratung von Studierenden sollte gezielt

darauf hingewiesen werden, dass sie Lehrveranstaltungen besuchen, in denen die

Vermittlung von Methoden-, Sozial- und Selbstorganisationskompetenzen im

Vordergrund stehen. Im umgekehrten Fall können jene Fähigkeiten und Fertigkeiten

fachspezifische Kenntnisse keinesfalls ersetzen. Ein solches Modell von Bildung ist

Weinert zufolge „not only a utopia, but also mostly nonsense“451.

Der von Weinert gebrauchte Begriff der Utopie ist ebenfalls auf der Ebene des

Bewerbungsprozesses zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der in Kapitel I. 1.3. analysierten

Erhebungen kritisch betrachtend ist anzumerken, dass Unternehmen einen hohen

Maßstab an UniversitätsabsolventInnen in Einstellungsverfahren anlegen.

Wenn jedoch beispielsweise ein Curriculum nicht die Vermittlung von sozialen

Kompetenzen beinhaltet, ist es für BewerberInnen schwierig, diese mit einem Zertifikat

oder Zeugnis nachzuweisen. Umgekehrt sind Studierende ständig in ihrer universitären

Laufbahn dazu angehalten, sich ein individuelles Kompetenzenrepertoire mit Blick auf die

zukünftige Berufstätigkeit anzueignen.452

In einem nächsten Forschungsschritt ist deshalb anzudenken, gezielt VertreterInnen

weiterer Branchen – ähnlich der Staufenbiel-Studie in Deutschland – zu befragen, um

ausführliche und spezifische Informationen für die UniversitätsabsolventInnen

unterschiedlicher Studienrichtungen zu erhalten.

In den Interviews erläuterten die ExpertInnen im Detail das Bewerbungsgespräch, in dem

es primär um ein Kennenlernen und ein gegenseitiges Abklären von Erwartungen gehe.

Eine Vorabinformation über das Unternehmen erwarten sie aber generell von dem/der

BewerberIn.

Für die Bedeutsamkeit der Kompetenzen ist kein gemeinsamer Tenor feststellbar. Die

Wichtigkeit ist sehr individuell. Tendenziell vertreten B3, B5 und B7 die Meinung, dass die

fachliche Kompetenz im Vordergrund stehen sollte. Denn der/die BewerberIn wird

schließlich für eine bestimmte Position im Unternehmen gesucht und benötigt bestimmte

451

Weinert, F., Concept of Competence: A Conceptual Clarification, in: Rychen, D. (Hrsg.), Defining and selecting key competencies (2001) 45 (53). 452

Sonnleitner, K., career service papers 2015, 44.

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fachliche Kompetenzen. Gewisse soziale und methodische Kompetenzen müsse ein(e)

UniversitätsabsolventIn jedoch mitbringen. Durch die empirischen Erhebungen bzw. die

Stellenausschreibungen und analysierten Curricula ist es gelungen, ein erstes Raster von

Kompetenzen zu entwickeln. Zu diesen zählen unabhängig von der jeweilgen

Studienrichtung Kommunikations-, Konflikt-, Team- und Organisationsfähigkeit sowie

fächerübergreifendes Denken. Folglich ist es Studierenden zu empfehlen, sich derartige

Fähigkeiten und Fertigkeiten während ihrer Ausbildung anzueignen.

Dadurch wird klar, dass sich UniversitätsabsolventInnen nicht ausschließlich auf ihre

erworbenen Fachkompetenzen verlassen können. Es liegt jedoch an der Initiative der

jeweiligen Person, sich die erwarteten Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben. Gerade

die Analyse des aktuellen Curriculums für das Diplomstudium der Rechtswissenschaften

an der Karl-Franzens-Universität Graz verdeutlicht, dass der Vermittlung von

Sozialkompetenzen wenig Bedeutung zukommt. Griesbacher/Griesbacher stellten jedoch

in ihrer Erhebung bereits fest, dass AbsolventInnen damit rechnen, jene Fähigkeiten und

Fertigkeiten im Berufsalltag einsetzen zu müssen.

Der ab 01.10.2016 angebotene Master Erwachsenen- und Weiterbildung geht in eine

andere Richtung. Als ein mögliches Modul „Soziale Kompetenzen“, das als gebundene

Wahlfächer konzipiert ist, nehmen diese Fähigkeiten und Fertigkeiten einen höheren

Stellenwert im Fächerkanon ein. Des Weiteren kristallisiert sich heraus, dass die von

PädagogInnen zu erwerbenden Methodenkompetenzen detailliert in den Curricula

beschrieben sind. Die zu absolvierenden Praktika im Ausmaß von 240 Praxisstunden

(Bachelor) und 160 Praxisstunden (Master) treiben die Studierenden dazu an, sich bereits

in einem frühen Stadium mit der Wissensanwendung auseinanderzusetzen sowie

Bewerbungssituationen und potentielle ArbeitgeberInnen kennzulernen.

Die Beantwortung der Forschungsfrage ist abschließend auf die Erwartung eines

Befragten, die ebenfalls in Stellenausschreibungen häufig zu finden ist,

herunterzubrechen: „Ein Universitätsabsolvent sollte bei seinem Berufseinstieg über ein

fundiertes Fachwissen verfügen, kommunikations-, konflikt- und teamfähig sein und die

Kompetenz besitzen, über den Tellerrand hinaus zu blicken“ (B8/923).

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2. Empfehlungen

Aus den erforschten Curricula sowie aus den Stellenbeschreibungen geht hervor, dass

Unternehmen teils unterschiedliche teils gleiche Erwartungen an zukünftige JuristInnen

und PädagogInnen stellen. Von beiden Gruppen wird Selbständigkeit vorausgesetzt, die

als zielorientierte, präzise, gewissenhafte, strukturierte und verantwortungsvolle

Arbeitsweise näher ausformuliert ist. Ein Unterschied liegt in den Fremdsprachen.

Während JuristInnen für ihren Berufseinstieg jedenfalls neben perfekten

Deutschkenntnissen weitere Sprachen sprechen sollen, spielt diese Sachkompetenz für

PädagogInnen nur eine untergeordnete Rolle. Genau umgekehrt verhält es sich mit

Organisationsfähigkeit. Denn PädagogInnen sollten über Projektmanagement sowie

-koordination usw. verfügen. Des Weiteren fällt auf, dass für AbsolventInnen beider

Studienrichtungen Zeitmanagement, EDV-Kenntnisse, analytische Fähigkeit und die

Fähigkeit, sich auf andere Umstände einzustellen, eine wichtige Rolle beim Berufseinstieg

spielen.

Zukünftigen JuristInnen ist folglich zu empfehlen, sich neben den fachlichen Kompetenzen

Sprach- und EDV-Kenntnisse sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Erweiterung ihrer

selbständigen Arbeitsweise sowie Team-, Analyse- und Kommunikationsfähigkeit,

anzueignen. Für PädagogInnen sollten neben einer selbständigen Arbeitsweise die

Aneignung von Kommunikationsfähigkeit, EDV-Kenntnissen, Zeitmanagement sowie die

Fähigkeit, sich auf andere Umstände einzustellen, Priorität haben.

Zu der in der Problemlage angestellten Überlegung, ob Universitäten eigenständige

Kompetenzen und Zielvorstellungen vermitteln wollen oder ob sie ihr Selbstverständnis

den Erwartungen des Arbeitsmarkts anpassen bzw. sich auf das lebenslange Weiterlernen

der AbsolventInnen verlassen sollen, sind auf der Grundlage der empirischen Erhebungen

folgende Empfehlungen zu formulieren.

Die an der Karl-Franzens-Universität unterrichteten Curricula sollten allgemein bzgl. der

vermittelten fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen einerseits neu

betrachtet und andererseits gegenübergestellt werden. Denn wie der Überblick der

analysierten Curricula für angehende JuristInnen und PädagogInnen zeigt, sind zahlreiche

Unterschiede zu konstatieren.

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Forschung auf diesem Sektor ist in jedem Fall weiter zu betreiben, sei es in Form von

Befragungen von AbsolventInnen, Universitätsverantwortlichen oder Unternehmen.

Letztendlich orientieren sich junge Erwachsene in ihrer Studienwahl auch daran, in

welchem Feld sie gute Berufsaussichten haben und welche Kompetenzen dafür

notwendig sind. Der Kontakt zur Wirtschaft durch Rückmeldungen der Alumni und der

Aufbau von Netzwerken sind ebenfalls zu berücksichtigen.

Das Zentrum für Soziale Kompetenz der Karl-Franzens-Universität Graz leistet mit dem

Angebot zu Lehrveranstaltungen über Kommunikation und Selbstwahrnehmung (z.B.

Kommunikationstraining, Mein Arbeitsplatz nach Maß, Rhetorik und Developmentcenter/

Orientierungsassessment), Eigensteuerung (Stress- und Zeitmanagement, Lebens- und

Karriereplanung usw.), Kooperation (z.B. Konfliktmanagement, Gesprächsführung, Führen

und sich führen lassen) und gesellschaftliche Verantwortung (Projektmanagement,

Organisationsentwicklung und Change Management, Beratungskompetenz usw.) einen

wichtigen Beitrag. Denn der Ruf nach jenen Fähigkeiten und Fertigkeiten aus der

Arbeitswelt ist stets anhaltend und mittlerweile nicht mehr überhörbar. Dies ist nicht nur

aus dem bestehenden Forschungsstand453, sondern auch aus den in der Dissertation

durchgeführten Erhebungen zu schließen. Die Analyse der Stellenausschreibungen

plakatiert zudem deutlich, dass Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen unerlässlich

für BerufseinsteigerInnen sind.

Weil ebenfalls für Berufstätige die Erstausbildung nicht mehr genug ist, rückt die

Weiterbildung von fachlichen, methodischen und sozialen Inhalten immer mehr in den

Mittelpunkt. Durch ein finanzielles Anreizsystem, beispielsweise die Bildungskarenz oder

-teilzeit, besteht für ArbeitnehmerInnen auch die rechtliche Grundlage, lebenslanges

Lernen zu forcieren. Es ist zweifelsohne notwendig, diese Angebote weiterhin zu fördern

und auszubauen.

M.E. gilt es jedoch gezielt zu differenzieren, welche Kompetenzen beispielsweise ein(e)

zukünftige ChemikerIn, JuristIn, LehrerIn, PädagogIn, TechnikerIn usw. in seinem/ihrem

späteren Berufsleben benötigt. Als Anregung für eine weiterführende Forschung ist auf

die Diskussion über die additive oder integrative Vermittlung von überfachlichen

453

Siehe hierzu Kapitel I. 1.3.

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241

Kompetenzen lediglich hinzuweisen. Es ist durchaus wert, näher zu erforschen, ob

Studierende derartige Fähigkeiten und Fertigkeiten besser additiv, d.h. in einer Gruppe

mit Studierenden unterschiedlicher Disziplinen, oder integrativ mit ihren FachkollegInnen

erwerben. Als dritte Variante ist in den Raum zu stellen, ob an VertreterInnen von

Studienrichtungen derselben Fakultät (z.B. SoziologInnen, BetriebswirtInnen und

VolkswirtInnen) am Arbeitsmarkt ähnliche Anforderungen gestellt werden, weshalb für

jene Studierenden ein speziell ihren Bedürfnissen entsprechendes Angebot zu entwickeln

ist.

In diesem Zusammenhang ist anzudenken, fachdidaktische Fortbildungen für das neue

und bestehende Lehrpersonal an der Universität zu intensivieren, um Studierenden einen

kompetenzorientieren und der jeweiligen Studienrichtung angepassten Lernprozess zu

ermöglichen.

Des Weiteren lohnt es sich mit Blick auf den Bologna-Prozess und die steigende

Internationalisierung, Forschung über die Erwartungshaltung von ArbeitgeberInnen in

anderen EU-Staaten zu betreiben und mit jener in Österreich zu vergleichen.

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265

Höchstgerichtliche Judikatur

OGH 24.05.2012, 1 Ob 75/12d.

VwGH 14.03.2013, 2010/08/0222.

Page 266: Kompetenzanforderungen an UniversitätsabsolventInnen … · 2017. 8. 2. · MMag.a Dr.in Karin Gerlinde Sonnleitner, Bakk.a phil. Kompetenzanforderungen an UniversitätsabsolventInnen

266

Anhang I: Infotext für die quantitative

ArbeitgeberInnenbefragung

Sehr geehrte Damen und Herren!

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie am Zentrum für Soziale Kompetenz der Karl-

Franzens-Universität Graz führt Univ.-Ass. MMag. Dr. Karin Sonnleitner eine

Untersuchung zum Thema „Kompetenzanforderung an UniversitätsabsolventInnen“

durch. Es gilt zu erforschen, welche Erwartungen und Anforderungen Unternehmen an

akademische BewerberInnen stellen und wie zukünftige ArbeitnehmerInnen in ihrem

Studium optimal auf den Berufseinstieg vorbereitet werden können.

Um aussagekräftige Ergebnisse erzielen zu können, ist Ihre Teilnahme an der

Fragebogenerhebung von besonderer Wichtigkeit.

Die gesamte Umfrage ist selbstverständlich anonym und die Ergebnisse werden nur in

zusammengefasster Form ausgewertet.

Kontakt für Rückfragen: [email protected]

Link zur Umfrage:

https://survey.uni-graz.at/index.php?sid=66929&lang=de

Herzlichen Dank für Ihre wertvolle Unterstützung!

Mit besten Grüßen

Karin Sonnleitner

Univ.Ass. MMag. Dr. Karin Sonnleitner Zentrum für Soziale Kompetenz Merangasse 12, 8010 Graz Tel: +43/316/380-3657 Fax: +43/316/380-9270 http://soziale-kompetenz.uni-graz.at/de/

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Anhang II: ArbeitgeberInnenbefragung - Fragebogen

Liebe/r TeilnehmerIn!

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie am Zentrum für Soziale Kompetenz der Karl-

Franzens-Universität Graz wird eine Untersuchung zum Thema „Kompetenzanforderung

an UniversitätsabsolventInnen“ durchgeführt. Dabei ist Ihre Mithilfe sehr wichtig.

Sie werden im Folgenden nach Ihrer persönlichen Erfahrung bzw. Meinung gefragt –

dabei gibt es keine richtigen oder falschen Antworten. Ihre Angaben werden

selbstverständlich anonym ausgewertet und vertraulich behandelt. Bitte füllen Sie den

Fragebogen vollständig aus, damit aussagekräftige Resultate aus Ihren Antworten

generiert werden können.

Vielen Dank schon im Voraus für Ihre Unterstützung!

Diese Umfrage enthält 10 Fragen.

Erwartungen

1. Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren

ein?

Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus:

sinkend

gleich bleibend

steigend

2. Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene

Stellen in ihrem Unternehmen?

Bitte wählen Sie alle zutreffenden Antworten aus:

Blindbewerbungen

Externe Ausschreibungen (Internet, Zeitungen)

Interne Ausschreibungen (zB Schaukasten, Intranet)

AMS

Headhunters

Sonstiges:

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3. Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss,

wenn Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben?

Bitte wählen Sie die zutreffende Antwort für jeden Punkt aus:

unwichtig

eher

unwichtig

manchmal

wichtig wichtig

sehr

wichtig

Fremdsprachen

Spezielles Fachwissen

Fachspezifische

theoretische Kenntnisse

Kenntnis

wissenschaftlicher

Methoden

Wissenschaftliche

Ergebnisse/Konzepte

praktisch umsetzen

Kommunikationsfähigkeit

Verhandlungsgeschick

Kritisches Denken

Organisationsfähigkeit

Kenntnisse in EDV

Fähigkeit, sich auf

veränderte Umstände

einzustellen

Schriftliche

Ausdrucksfähigkeit

Mündliche

Ausdrucksfähigkeit

Fähigkeit, Wissenslücken

zu erkennen und zu

schließen

Führungsqualitäten

Rechtskenntnisse

Wirtschaftskenntnisse

Kooperationsfähigkeit

Zeitmanagement

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unwichtig

eher

unwichtig

manchmal

wichtig wichtig

sehr

wichtig

Fähigkeit, vorhandenes

Wissen auf neue Probleme

anzuwenden

Durchsetzungsvermögen

Fachübergreifendes

Denken

Selbstständiges Arbeiten

Fähigkeit, Verantwortung

zu übernehmen

Konfliktmanagement

Fähigkeit, konzentriert und

diszipliniert zu arbeiten

Problemlösungsfähigkeit

Fähigkeit, die Sichtweisen

und Interessen anderer zu

berücksichtigen

Analytische Fähigkeiten

4. Sollte das Erlernen der folgenden Kompetenzen in der Universitätsausbildung mehr

Gewicht erhalten?

Bitte wählen Sie alle zutreffenden Antworten aus:

Fachkompetenz

Methodenkompetenz

Sozialkompetenz

5. Bitte notieren Sie in Stichworten, was soziale Kompetenz für Sie bedeutet?

Antworten Sie spontan und schreiben Sie alles auf, was Ihnen dazu einfällt.

Bitte geben Sie Ihre Antwort hier ein:

6. Sollte das Erlernen der folgenden Kenntnisse und Fähigkeiten in der

Universitätsausbildung mehr Gewicht erhalten oder nicht?

Bitte wählen Sie die zutreffende Antwort für jeden Punkt aus:

weniger

Gewicht

gleich

bleibend

mehr

Gewicht

Fremdsprachen

Spezielles Fachwissen

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weniger

Gewicht

gleich

bleibend

mehr

Gewicht

Fachspezifische theoretische

Kenntnisse

Kenntnis wissenschaftlicher Methoden

Wissenschaftliche Ergebnisse/Konzepte

praktisch umsetzen

Kommunikationsfähigkeit

Verhandlungsgeschick

Kritisches Denken

Organisationsfähigkeit

Kenntnisse in EDV

Fähigkeit, sich auf veränderte

Umstände einzustellen

Schriftliche Ausdrucksfähigkeit

Mündliche Ausdrucksfähigkeit

Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen

und zu schließen

Führungsqualitäten

Rechtskenntnisse

Wirtschaftskenntnisse

Kooperationsfähigkeit

Zeitmanagement

Fähigkeit, vorhandenes Wissen auf

neue Probleme anzuwenden

Durchsetzungsvermögen

Fachübergreifendes Denken

Selbstständiges Arbeiten

Fähigkeit, Verantwortung zu

übernehmen

Konfliktmanagement

Fähigkeit, konzentriert und diszipliniert

zu arbeiten

Problemlösungsfähigkeit

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weniger

Gewicht

gleich

bleibend

mehr

Gewicht

Fähigkeit, die Sichtweisen und

Interessen anderer zu berücksichtigen

Analytische Fähigkeiten

7. Bieten Sie interne Weiterbildung an?

Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus:

Ja

Nein

8. In welchen Bereichen erkennen Sie nach der Aufnahme eines/einer MitarbeiterIn

Weiterbildungsbedarf?

Bitte geben Sie Ihre Antwort hier ein:

9. In welcher Branche ist ihr Unternehmen tätig?

Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus:

Industrie

Dienstleistung

Öffentlicher Bereich

Handel

Soziales

Sonstiges

10. Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen?

Bitte wählen Sie nur eine der folgenden Antworten aus:

0-9

10-49

50-249

250 und mehr

Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!

Dr. Karin Sonnleitner

Zentrum für Soziale Kompetenz

http://soziale-kompetenz.uni-graz.at/

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Anhang III: Interviewsammlung

Interview B1 1

I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 2

ein? 3

(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 4

B1: Darf ich noch einmal kurz nachfragen. Wir sind hier an einer Fachhochschule, soll ich 5

das trotzdem für Universitätsabsolventen einschätzen? 6

I: Überhaupt für akademisches Personal, ja. 7

B1: In den Bereichen, wo Bedarf besteht, schätze ich den Bedarf an 8

UniversitätsabsolventInnen gut ein. Es gibt aber auch Massenstudienfächer. Gerade in 9

diesen Bereichen wird nicht unbedingt jeder seiner Qualifikation angemessen eine Stelle 10

bekommen. 11

I: Was meinen Sie mit Massenstudienfächer? 12

B1: Wir haben zum Beispiel sehr viele Bewerbungen in den Fächern Betriebswirtschaft, 13

Jus, auch Psychologie. Also es gibt Fächer, wo ich einfach sehe, dass mehr ausgebildet 14

worden ist, als Bedarf besteht. Wir haben einige technische Studien, die haben sehr, sehr 15

gute Chancen. Die suchen nicht lange, da stehen die Firmen sozusagen auch schon in der 16

Warteposition. Also ich denke, dass muss man mehrgeteilt sehen. 17

I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 18

in ihrem Unternehmen? 19

B1: Onlinemedien, Zeitung – ganz unterschiedlich. 20

I: Unterschiedlich in dem Sinne, dass sie individuell angepasst an die Studien sind oder 21

werden sie grundsätzlich online gestellt? 22

B1: Sie reden noch immer von Bewerbern unseres Hauses und nicht von Studierenden? 23

I: Ja. 24

B1: Ganz normal wie ein Unternehmen auch. Wir schreiben Anzeigen und bekommen 25

Bewerbungen. Natürlich ist das individuell, weil jemand, der in Rechnungswesen eine 26

Stelle annimmt, etwas anderes können muss als jemand in der Automatisierungstechnik. 27

I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in Ihrem Unternehmen? 28

(Ablauf, Methoden) 29

B1: Das ist auch zweigeteilt. Für das Lehr- und Forschungspersonal gibt es ein Hearing. Im 30

Vorfeld stellt das Kollegium eine Reihungsliste aus und in der Geschäftsführung 31

besprechen wir das. Wir schauen natürlich schon darauf, dass wir Leute dabei haben, bei 32

denen es auch hinsichtlich des Gehalts passt. Bei den anderen, den Stabsstellen und dem 33

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Bereich Office, läuft das ganz normal über ein Bewerbungsgespräch. Das findet zuerst im 34

Fachbereich statt und die nach vorne gereihten Bewerbungen durchlaufen dann ein 35

Bewerbungsgespräch mit dem Personal und mir. 36

I: Gibt es bei dem wissenschaftlichen Personal auch so etwas wie einen Fachtest, oder 37

reicht das Hearing aus? 38

B1: In dem Hearing bekommen sie schon eine Aufgabe. Es muss fachspezifisch etwas 39

dargestellt, präsentiert werden. Das haben wir auch für andere Fachstellen so – also, dass 40

wir eine Aufgabe geben und darauf schauen, was die Leute daraus machen. 41

I: Halten Sie so etwas wie ein Assessment Center ab? 42

B1: Nein. Das halten wir nicht ab. Das lohnt sich bei uns nicht – aufgrund der Größe. 43

I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 44

Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? Methodenkompetenz, Fachkompetenz, 45

Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, soziale Kompetenz – welche 46

Erwartungen haben Sie? (Profil eines Bewerbers) 47

B1: Die genannten Dinge verlange ich absolut. Es muss jemand natürlich auch fachlich 48

versiert sein, deshalb haben wir zuerst im Fachbereich das Gespräch. Bei dem Hearing 49

möchten wir dann erfahren, wie jemand mit Stress umgeht, wie er/sie kommunizieren 50

kann. Denn die Person soll dann auch im Lehrsaal stehen. Auch wie die Person mit 51

Challenges umgeht – wir haben auch immer einen Psychologen dabei, der auf diesen 52

Aspekt besonders Acht gibt, wie die Körpersprache und der Auftritt ist. All diese Dinge wie 53

auch die soziale Kompetenz sind sehr wichtig, den Studierenden gegenüber sowie auch 54

intern. Wir sind ein kleines Team, das heißt, da sollte man auch gut und effektiv 55

zusammenarbeiten können. 56

I: Wird die Stressbelastung anhand des Psychologen getestet? 57

B1: Stress zu messen, ist schwer, aber ein Hearing mit Fachleuten usw. bedeutet immer 58

Stress. Die eine Person geht mit den vielen Fragenstellungen auf eine andere Art und 59

Weise um wie eine andere Person. 60

I: Aber Sie haben kein separates Verfahren, in dem Sie z.B. Methodenkompetenz, soziale 61

Kompetenz messen? 62

B1: Durch dieses Verfahren eben, durch die Aufgabenstellung können Punkte erreicht 63

werden. Wir haben auch unsere Kriterien und die Personen, die dem Hearing beiwohnen, 64

müssen die Punkte vergeben. Es ist jetzt aber nichts online oder so, dass wir Tests 65

schreiben lassen. Das haben wir ab und an schon mal für Office-Kräfte gemacht aber für 66

Lehrpersonal nicht. Das käme, glaube ich, auch nicht so besonders gut an. 67

I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 68

B1: Das ist schwierig zu sagen. Ich denke, die methodische Kompetenz ist wichtig und das 69

andere gleich an zweiter Stelle. 70

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I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 71

B1: Soziale Kompetenz würde ich persönlich definieren, dass ich erkenne, in den 72

Gesichtern lesen kann, haben es die Leute im Lehrbereich verstanden, wie komme ich mit 73

den Kollegen aus, also in den Schuhen des anderen laufen können. Wie bringe ich die 74

Leute wieder zusammen, um mein Ziel zu erreichen. Wie z.B. eine erfolgreiche 75

Lehrveranstaltung, Teamarbeit oder im Büro eine Beschwerde erfolgreich abzuwickeln. 76

Auch die Empathie zu haben und gemeinsam etwas zu erreichen. 77

I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 78

erhalten? (Verbesserungsbedarf) 79

B1: Das ist schwierig. Das muss auch etwas differenziert werden. Generell ist es gut, wenn 80

die Leute soziale Kompetenzen haben. Das heißt jetzt nicht, dass es fehlt, aber soziale 81

Kompetenzen kann man immer und überall brauchen. Sich eben auf verschiedenen 82

Ebenen mit verschiedenen Menschen, mit verschiedenen Kulturen auseinandersetzen. 83

Das ist, glaube ich, auch ein Trend, der kommen wird – eben eine gewisse Offenheit zu 84

haben. 85

I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (freiwillig, im bestimmten Ausmaß verpflichtend?) 86

B1: Ja. Wir haben grundsätzlich nichts, was verpflichtend ist. Die Leute haben ein 87

sogenanntes Weiterbildungskontingent. In Absprache mit dem Vorgesetzten machen die 88

Leute, was sie möchten – ob technical Skills oder social Skills. Wir haben unsere 89

Kernkompetenzen festgelegt und dazu gehören auch Kommunikationsfähigkeiten, usw. 90

Wir hatten heute z.B. ein Gespräch mit einer Person, die einen Konflikt hatte. Da bieten 91

wir an, dass sie z.B. ein Coaching machen kann. Wir schauen schon darauf, dass die Leute 92

etwas machen können, aber verpflichten sollte man niemanden – gerade im social Skills-93

Bereich kommt das nicht so gut an. 94

I: Das Kontingent kann auch ausgereizt werden? 95

B1: Ja, genau. Für unsere Office-Leute haben wir etwas weniger. Für das 96

Forschungspersonal etwas mehr, weil sie sich auch fachlich weiterentwickeln müssen. Das 97

kann auch in der Dienstzeit genutzt werden. Alles, was darüber hinausgeht, kann 98

natürlich auch gemacht werden – dann aber eben in der Freizeit, in den Gleitzeitstunden. 99

I: In welchen Bereichen erkennen Sie nach der Aufnahme eines/einer MitarbeiterIn 100

Weiterbildungsbedarf? 101

B1: Das ist auch immer sehr individuell. Am meisten müssen sich die Leute in die neue 102

Kultur, in diese Spezifika einarbeiten. Wenn wir Fachexperten einstellen, sind sie 103

eigentlich immer relativ schnell in ihrem Thema eingearbeitet. Wir achten schon darauf, 104

dass die Leute Lehrerfahrungen aufweisen können. Wir hatten z.B. eine IT-Leiterstelle zu 105

besetzen. Dafür haben wir als Aufgabe das Projekt gegeben, welches die Person auch 106

später umsetzen sollte. Wir achten schon darauf, dass die Personen nicht komplett „bei 107

Null anfangen“. Auch Office-Kräfte haben normalerweise ihre Ausbildung, die sollten mit 108

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den Programmen vertraut sein. Hier kommt meist nur die Umstellung vom Sekretariat auf 109

die Studierendenverwaltung. 110

I: Wie viele Personen sitzen in dieser Hearingkommission? 111

B1: Auch das ist ganz verschieden – je nachdem zwischen fünf und acht. 112

I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in Ihrem Unternehmen? 113

B1: Wir beschäftigen knapp 100 Personen. Es sind aber auch ca. 20 geringfügige 114

Aushilfskräfte bei uns tätig. 115

116

Interview B2 117

I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 118

ein? (Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 119

B2: Ich würde sagen, dass sich der Bedarf gleichbleibend darstellt. 120

I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 121

in ihrem Unternehmen? 122

B2: Wir schreiben die Stellen aus, allerdings selten über die Zeitung. Meistens über 123

unsere Homepage, über Netzwerke wie z.B. Personalentwicklernetzwerk oder über 124

Online-Plattformen wie der Universität Graz, des Career-Centers bzw. über die 125

Jobplattform des WIFI. 126

I: Nutzen Sie so etwas wie Headhunter? 127

B2: Nein. 128

I: Warum nicht? 129

B2: Kosten und Nutzen stehen für uns nicht in Relation – weil wir selten Arbeitsplätze 130

ausschreiben, zu denen es genau definierte oder allgemein bekannte Jobprofile gibt, wie 131

z.B. Buchhaltung, Lohnverrechnung, Sekretariat. Wir haben oft sehr breite 132

Aufgabengebiete und wir wollen das auch nicht „außer Haus geben“. Es ist zudem auch 133

eine Kostenfrage. Wir sind eine NGO – und aus dieser Warte betrachtet, müssen wir 134

darauf achten, wie wir unsere finanziellen Mittel effektiv einsetzen. 135

I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren (von AkademikerInnen) in ihrem Unternehmen? 136

(Ablauf, Methoden) 137

B2: Das ist mehrstufig. Es gibt zunächst eine erste Auswahl, die aufgrund der 138

eingesandten Unterlagen passiert – hier gibt es eine Reihung. Dann finden Erstgespräche 139

statt – mit im Schnitt 10 bis 15 Kandidaten. Hier wird darauf geachtet, wer in die engere 140

Auswahl kommt. Dann kommt es zu einer Zweitrunde mit den besten drei bis vier 141

KandidatInnen. Daran nehmen auch schon Fachvorgesetzte und gegebenenfalls die 142

Geschäftsführung teil. Falls noch keine Entscheidung getroffen werden kann, kommt es zu 143

einer dritten Runde. Hierfür werden die BewerberInnen eingeladen, sich eine Stunde lang 144

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den Aufgabenbereich anzusehen und ein vertiefendes Gespräch mit der späteren 145

Vorgesetzten zu führen. Das Einstellungsverfahren ist also maximal dreistufig. 146

I: Gibt es so etwas wie einen Fachtest, ein Vorarbeiten? 147

B2: Vorarbeiten nicht. Stellenbezogen gibt es schon Praxisbeispiele. Um die 148

Vergleichbarkeit zu garantieren, wird das Erstgespräch mittels eines Leitfadens geführt. 149

Das zweite Gespräch ist ein strukturiertes Interview, in dem die Kandidaten ganz konkrete 150

Beispiele aus der Praxis bekommen. Je nach Stelle gibt es auch Praxistests, wie z.B. 151

Aufgaben am PC. 152

I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 153

Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 154

B2: Ich erwarte mir, dass der Bewerber sich im Vorfeld über das Unternehmen schlau 155

gemacht hat, dass er sich einigermaßen gut ausdrücken kann, was er will und uns 156

gegenüber offen und ehrlich sagt, was er sucht. Wir versuchen, im Erstgespräch die Stelle 157

möglichst gut und genau vorzustellen, damit der Bewerber ein gutes Bild davon 158

bekommt. Deshalb erwarte ich mir auch vom Bewerber, das Gespräch in erster Linie nicht 159

als Verkaufsgespräch zu sehen – sondern als Kennenlerngespräch. Damit gegenseitig auch 160

die Erwartungen abgeklärt werden können. 161

I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? 162

B2: Eine Reihung vorzunehmen ist schwer. Ich möchte es anders formulieren: ich sage 163

immer, wenn jemand will und die Voraussetzung, etwas lernen zu wollen, vorhanden ist, 164

kann sich die Person fachliche Kompetenzen aneignen. An der Persönlichkeit kann 165

weniger „geschraubt“ werden. Uns ist also wichtiger, dass jemand persönlich gut zur 166

Stelle und in das Team passt. Bestimmte fachliche Grundkompetenzen müssen schon 167

vorhanden sein – weist der Bewerber aber noch gewisse fachliche Mankos auf, können 168

diese später erlernt werden. Mir ist also schon wichtiger, dass die sozialen Kompetenzen 169

vorhanden sind. 170

I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 171

B2: Also je nach Stelle sind die Anforderungen unterschiedlich. Mal brauche ich 172

jemanden, der sehr entscheidungsfreudig ist, der sich nicht davor scheut, Entscheidungen 173

vielleicht alleine zu treffen. Manchmal brauche ich einen absoluten Teamplayer. 174

Manchmal brauche ich jemanden, der unglaublich strukturiert arbeitet und sehr genau 175

ist, wenn es um Kontrollen geht. Manchmal brauche ich einen kreativen Kopf, der einfach 176

mit dem Chaos wunderbar umgehen kann. Also es hängt dann ganz von der Stelle ab. Es 177

wird dann eher aufgrund von ganz konkreten Beispielen auch irgendwie abgeklärt. 178

I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 179

erhalten? (Verbesserungsbedarf) 180

B2: Also, das heißt, was bringen sie derzeit zu wenig mit? 181

I: Ja. Was sollte in der universitären Ausbildung mehr Gewicht erhalten? 182

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B2: Das ist in der Praxis wahrscheinlich sehr schwer umsetzbar, aber vielleicht so Praktika. 183

I: Also, dass schon während der Universitätsausbildung Praxis erlangt wird. 184

B2: Genau, dass Praxis erworben werden kann. Sie bringen sehr viel mit, vorher ist mir 185

noch irgendein Gedanke eingefallen. Praxis, also so Praktika wären sicher hilfreich. Noch 186

irgendetwas ist mir eingefallen. Vielleicht fällt es mir wieder ein. 187

I: Es geht auch darum, dass das Studium im Moment sehr fachlich ausgerichtet ist. Dass 188

man sehr viele fachliche Kompetenzen nacheinander erlernt, dass oft beispielsweise 189

Kommunikationsfähigkeit in Curricula fehlt. Jetzt ist die Frage, ob vielleicht irgendetwas 190

anderes noch gebraucht wird? 191

B2: Ich weiß schon wieder. Was mir in den letzten Jahren ein bisschen abhanden 192

gekommen ist, dass liegt aber auch aufgrund der Stunden oder der Studienpläne – was 193

ich sehr schätze an Universitätsabsolventen ist die Fähigkeit, sich große 194

Aufgabenstellungen aufzubereiten und sich große Stoffmengen in bewältigbare Häppchen 195

runter zu brechen. Es gibt auch immer wieder in der Berufspraxis so riesen Themen, die 196

auf mich zukommen und da muss ich wissen, wie bereite ich mir das auf. Durch dieses 197

zunehmend verschulte System wird da ein Teil der Selbstständigkeit, glaube ich, 198

eingebüßt. Weil ich muss mich nicht mehr selber darum kümmern, wie organisiere ich 199

was, wann gehe ich was an, wie breche ich mir das runter, sondern ich muss regelmäßig 200

meine Aufgaben machen, habe die Anwesenheiten – das finde ich etwas schade. Damit 201

geht das, ist dieses verschule System, da geht für mich ein bisschen etwas verloren. Das 202

wäre fein, wenn das erhalten bliebe oder wieder mehr ausgebaut werden könnte. 203

Bezüglich Praktika, muss ich sagen, da sind wir mit den Absolventen, die wir eingestellt 204

haben, sehr zufrieden von der Ausbildung her. 205

I: Bieten Sie eigentlich selber Praktika an, wenn jemand bei Ihnen anfragt? 206

B2: Wenn es irgendwie möglich ist, ja. 207

I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (freiwillig, im bestimmten Ausmaß verpflichtend?) 208

B2: Ja. 209

I: Und wie schaut das aus? Ist das freiwillig, ist das irgendein Kontingent, das man 210

innerhalb eines Jahres machen muss? 211

B2: Da muss man unterscheiden. Einige haben eine Weiterbildungsverpflichtung. Die 212

Büromitarbeiter, da hat jede Abteilung ein Budget. Da gibt es dann inhaltliche 213

Rahmenbedingungen, aber sonst können die Vorgesetzten mit den Mitarbeiterinnen, je 214

nach Mitarbeitergespräch, je nach Projekten, je nach Themen, die anliegen, sehr 215

individuell entscheiden, was braucht die Mitarbeiterin, was möchte sie machen und was 216

möchte er machen. Das ist sehr weitgefasst. Das sind nicht nur Weiterbildungen, sondern 217

das können auch Coachings sein, können Supervisionen sein, können auch mal eine Job-218

Rotation oder ein Benchmark-Besuch sein. 219

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I: Also je nachdem. Diese Bildungszielmaßnahmen sind ziemlich breit gefasst. Sind sie 220

auch verpflichtend? 221

B2: Großteils freiwillig, es gibt ganz wenige Ausnahmen, wo wir verpflichtende 222

Weiterbildungen anbieten. Das ist dann teilweise, wenn wir dann zum Beispiel ein neues 223

Tool bei uns einführen, wo wir dann sagen, dass wir jetzt alle Mitarbeiter schulen wollen. 224

Oder wenn wir wie vor zwei Jahren für die Führungskräfte so ein 225

Weiterbildungscurriculum auf die Beine stellen. Also wirklich einen internen Lehrgang, 226

der modulweise aufgebaut ist, wo wir natürlich sagen, das gibt es, da werden soft Skills 227

vermittelt, da werden fachliche Themen vermittelt und da ist dann die Teilnahme 228

verpflichtend. Da haben wir einen bunten Mix zwischen fachlicher Kompetenz und soft 229

Skills. Auf die Mitarbeitergruppe, die wir da durchschleusen sozusagen abgestimmt. Was 230

braucht die Person fachlich, was braucht sie persönlich. Mit externen Referenten, 231

modulweise aufgebaut, läuft über ein bis zwei Jahre, je nachdem. Das ist verpflichtend. So 232

etwas gibt es für unterschiedliche Mitarbeiter. Die können sich dann allerdings für diese 233

speziellen Fortbildungen bewerben. Und dann ist natürlich die Teilnahme oder das 234

Zertifikat, das ist dann an eine gewisse Mindestpräsenzzahl gebunden. 235

I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in Ihrem Unternehmen? 236

B2: Um die 400. 237

238

Interview B3 239

I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 240

ein? (Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 241

B3: Ich würde mal sagen hoch. 242

I: Also steigend? 243

B3: Ja, mit Sicherheit. 244

I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 245

in ihrem Unternehmen? 246

B3: Naja, ausgeschrieben. Die Stellen werden ausgeschrieben, extern sowie intern. Auf 247

allen möglichen Plattformen. 248

I: Zeitungen sind auch dabei? 249

B3: Nein also, Zeitungen sind sehr selten. Das liegt eigentlich an zwei Gründen. Auf der 250

einen Seite der hohe Kostenfaktor, der ein Zeitungsinserat eigentlich mit sich bringt und 251

der Tatsache, dass gerade junge Leute eher mehr im Internet Jobs suchen und nicht mehr 252

klassisch über Printmedien. 253

I: Rekrutieren Sie auch über Headhunter? 254

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B3: Über Headhunter, nein. Wobei, wenn man unter Headhunter Personaldienstleister 255

auch versteht, dann wieder ja. Das sind zwei verschiedene paar Schuhe. Wir arbeiten mit 256

Personaldienstleister und nicht mit Headhunter. 257

I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 258

(Ablauf, Methoden) 259

B3: Gleich wie bei Nichtakademikern. Wenn wir die Unterlagen bekommen und die 260

Bewerbung unser Interesse weckt, dann gibt es ein erstes Gespräch mit dem Bewerber im 261

Haus. Sind die Qualifikationen von Bewerbern für mehrere Positionen geeignet, muss ich 262

im Vorgespräch herausfinden, welches Tätigkeitsfeld für den Kandidaten in Frage kommt. 263

Da wird im Prinzip mit dem Bewerber ein Vorgespräch geführt, um herauszufinden, 264

welches Tätigkeitsfeld, welcher Bereich eher mehr für den Kandidaten oder die 265

Kandidatin in Frage kommt. Wenn, wie gesagt, aus den Unterlagen schon hervorgeht, 266

welche Stelle oder welche Abteilung das Ganze betrifft, dann wird schon ein Gespräch 267

direkt mit der Fachabteilung geführt. Je nach dem, wie viele Bewerber sich um eine Stelle 268

bewerben, gibt es dann eine final Shortlist von den interessantesten Kandidaten und 269

dann erfolgt nach einer entsprechenden Reihung die Besetzung. 270

I: So etwas wie Assessment Center halten Sie ab? 271

B3: Lustigerweise haben wir morgen wieder eines, allerdings nur für, sage ich jetzt einmal, 272

die Lehrlingscastings und nicht die breite Masse. Das liegt aber auch daran, dass wir eben 273

in einem relativ speziellen Bereich, also eher mehr im technischen Bereich, Personen 274

suchen und dort dann Fachkräfte- und Technikermangel doch sehr groß ist und man sich 275

schon fast ein bisschen freuen muss, wenn sich überhaupt jemand bewirbt. Umgekehrt 276

haben wir jetzt eine Marketingstelle ausgeschrieben. Da haben wir innerhalb von drei 277

Tagen über 80 Bewerbungen bekommen und da würden wir den Aufwand dann auch 278

wieder nicht betreiben. Da greift man lieber auf die klassischen Varianten zu. Also wir 279

haben jetzt nicht so ein Trainee Programm im Hintergrund, in dem das eher Sinn macht, 280

wenn man so Trainee Programme startet und sagt, man fängt jetzt mit 20 oder 25 Leuten 281

an und die gehen jetzt 12, 14 Monate durch ein Trainee Programm durch das 282

Unternehmen und werden im Konzern platziert. Da machen AC´s mehr Sinn, weil ich 283

einfach wahrscheinlich einen relativ großen Bewerberpool recht schnell reduzieren muss. 284

Auch das brauchen wir nicht, weil wir gar nicht so viele Bewerbungen für die einzelnen 285

Stellen bekommen. 286

I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 287

Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 288

B3: Na ja, das hängt jetzt natürlich sehr stark von der Stelle ab, auf die sie sich bewerben. 289

Ich sage einmal. Jeder junge Mensch, sage ich mal, der jetzt von der Uni oder von der 290

Fachhochschule kommt, hat natürlich ein gewisses Interesse, dass er mal einen Job 291

bekommt und den Job im Prinzip gut macht. Erwartungen, die für unser Unternehmen 292

relevant sind, sind Realität, Engagement, irgendwie Ernsthaftigkeit für die Sache, auch 293

Spaß am Arbeiten, das sind alles Werte, die man in einem Bewerbungsprozess so und so 294

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nicht validieren kann. Man kann zwar schauen, wie sehr jemand engagiert ist, mit den 295

interessantesten und lustigsten Fragetechniken. Die für das Unternehmen relevanten 296

Werte kristallisieren sich in Kombination mit dem Job in den ersten sechs Monaten 297

heraus. Deswegen ist es vielleicht, ahm, gerade im Bereich des Recruitings nicht 298

unbedingt wahnsinnig der effizienteste Weg zu hohe Erwartungen an jemand zu stellen. 299

Hat die vielleicht auch schon in dem Prozess also vor Unterschrift, Dienstvertrag und einer 300

Eingewöhnungsphase großartig bewerten zu wollen, weil man es nicht bewerten kann. 301

I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 302

B3: Also ich würde da in die Richtung gehen fachlich, sozial und dann methodisch. Mit 303

dem Hintergrund, wenn ich von hinten anfangen darf von einer Erklärung. Wie jemand 304

methodisch im Prinzip arbeitet, da kann man sich im Studium eine Methode zurecht 305

legen, wie ich arbeiten möchte in Zukunft oder wie ich mich durch mein Studium durch 306

gearbeitet habe. Dann hat man eine gewisse Methodik und einen gewissen Zugang. Der 307

verliert manchmal aber relativ schnell an Bedeutung und auch an Wert, wenn es in ein 308

Unternehmen geht und das Unternehmen vielleicht mit einem anderen System, 309

Methoden arbeitet, wie man es vielleicht im Studium gewohnt ist und dann im Prinzip 310

einen Job hat. Das heißt, die Methodik würde ich deswegen nicht ganz in den 311

Vordergrund stellen. Sozial ist immer so eine Sache. Es hängt nicht nur von der Person ab, 312

sondern auch von dem Rest der Mannschaft. Da muss man auch ein bisschen ein Gefühl 313

haben im Recruiting, passt die jetzt in das Team oder nicht, wie ist er so von seinem Tun 314

und Machen und Haben. Aber unterm Strich ist sicher, passen sie fachlich, das ist 315

vielleicht ein bisschen gemein formuliert oder jetzt nicht so populär formuliert. Genauso 316

wie wenn man ein Werkzeug zukauft, sich einen Hammer oder einen Bohrer kauft für 317

eine bestimmte Tätigkeit, kauft man sich im Unternehmen Personal für bestimmte 318

Tätigkeiten. Der Vergleich, an und für sich, für die Tätigkeit, an und für sich, wofür diese 319

Person dann im Unternehmen eingesetzt wird, wird genau dafür eingesetzt, wofür sie 320

geholt wird. Hole ich mir einen Vertriebsmitarbeiter, will ich, dass der im Vertrieb arbeitet 321

und Sachen verkauft. Hole ich mir einen Buchhalter, will ich, dass der die Buchhaltung 322

macht. Das ist gleich wie mit einem Bohrer und mit einem Hammer, und wenn die 323

fachliche Kompetenz nicht gegeben ist, wenn der Hammer nicht hämmert und der Bohrer 324

nicht bohrt, weil er das einfach nicht kann, dann habe ich das falsche Werkzeug für die 325

falsche Anforderung und aus dem Grund muss ich die fachliche Anforderung oder 326

fachliche Kompetenz immer in einer Bewertung ganz oben, sehr weit oben stehen. Es hilft 327

mir zwar auch nichts, wenn ich jemanden habe, der sich super auskennt, aber den kann 328

ich nicht in das Team integrieren. Aber das ist dann eine Entscheidung, die im 329

Recruitingprozess fallen muss. Passt der in das Team oder passt der nicht in das Team? 330

Weil es hilft mir genauso wenig etwas, wenn ich jemanden im Team habe, der super in 331

das Team passt, nur macht er die Arbeit nicht, weil er es nicht kann. Dann haben sie alle 332

miteinander eine Gaude, aber wir kommen nicht wirklich weiter und da sind die Personen 333

dann durchaus im Haus relativ kritisch, die Kollegen und sagen: Jetzt haben wir da einen 334

und der kennt sich nicht aus. Wenn jemand was lernen muss und sich jemand in etwas 335

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hinein lernen muss, das ist ganz normal. Da braucht man ein, zwei Jahre, bis man da mal 336

weiß, um was es wirklich im Detail geht. Ein Bilanzbuchhalter hat am Ende des zweiten 337

Jahres vielleicht gerade mal seine zweite Bilanz erstellt. Das ist jetzt nicht so wahnsinnig 338

viel. Und er bekommt halt irgendwie nur ein Mal im Jahr die Chance, dass er eine Bilanz 339

erstellt. Er bereitet sich das ganz Jahr darauf vor und einmal macht er es dann. Also 340

braucht es im Prinzip auch Zeit. Wenn man aber in der Kollegenschaft mitbekommt, dass 341

da die Basis komplett fehlt, dann schwindet auch relativ schnell die Akzeptanz und 342

Toleranz, dass jemand eine Zeit lang braucht, dass er drinnen ist. 343

I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 344

B3: Ich reduziere das einfach darauf, der muss mit Leuten können. Wir sind im Alltag in 345

einem Unternehmen nicht davor gefeit, dass immer einzelne Personen Fehler machen 346

und dass aus Fehlern Konflikte entstehen. Die Konflikte müssen wir auch irgendwie 347

wieder bereinigen. Unterm Strich funktioniert das nicht am besten, indem man alle 7000 348

Kurse zu soft Skills besucht. Dann wissen wir zwar relativ viel, aber das heißt noch gar 349

nichts. Und wenn man nicht auf andere dann zugeht, wenn man nicht Konflikte auch 350

anspricht oder auch Fehler verzeihen kann, die passieren, dann hat man es im Prinzip 351

schwer. Als Unternehmen kann man nur versuchen, mit seiner ganzen Mannschaft eine 352

Kultur zu leben oder sie versuchen zu generieren, wenn man sie noch nicht hat, in der vor 353

allem Fehler gemacht werden dürfen und in der man auch offen mit Fehlern umgeht. Der 354

eine kann das ein bisschen besser und der andere kann das ein bisschen schlechter. Wir 355

haben unter Anführungszeichen, muss ich jetzt sagen, ein bisschen Glück, was das angeht, 356

weil wir einen recht hohen Männeranteil im Unternehmen haben, eigentlich einen sehr 357

hohen, und das geht bei Männern ein bisschen einfacher. Die können mit Konflikten und 358

Fehlern eigentlich leichter umgehen. In Abteilungen, in denen wir viele Frauen haben, 359

haben wir viel mehr diese unterschwelligen Konflikte, die halt nie so richtig an den Tag 360

kommen und wo wir uns auch immer ein bisschen schwer tun, diese aufzulösen. Dafür 361

haben wir mit unseren Hähnen im Stall Themen, die nicht wirklich so witzig sind. Also es 362

ist komplett egal. wir sind in einem Umfeld tätig, das heißt für uns, da sind jetzt 363

Veränderungen, die den täglichen Arbeitsprozess angehen, keine Seltenheit, sondern 364

eher Normalität. In diesem Umfeld, in dem sich permanent irgendetwas ändert, und diese 365

Änderungen auch laufend Auswirkungen auf die eigene Arbeit haben, kann das relativ 366

schnell so zu angespannten Situationen führen. Deshalb reduziere ich das darauf: Man 367

muss mit anderen können, man muss sich selber vielleicht nicht immer so wichtig und so 368

ernst nehmen. Dann passt das schon. 369

I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 370

erhalten? 371

B3: So Kleinigkeiten heraus zu fischen, wäre, glaube ich, vorschnell. Das liegt eher am 372

Studierenden, also an der Universität an und für sich selbst. Was wir halt doch sehen oder 373

ich würde mir wünschen, das wird aber wahrscheinlich ein Wunschtraum bleiben, nach 374

dem ich hinten nachlaufe, wie eine Karotte, dass vor allem die Universitäten wieder zum 375

Ursprung zurückkehren und in ihren Studienplänen und in ihren Ausrichtungen wieder 376

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mehr Generalisten produzieren als Spezialisten. Wir haben auch jetzt die eingeführten 377

Bachelor und Master. Vor 15 Jahren war ein Betriebswirt jemand, der hat sich nicht 378

wirklich überall ausgekannt, der hat sich überall ausgekannt aber nie in irgendetwas 379

wirklich richtig. Sagen wir es einmal so. Dafür haben die meisten aber auch Gnaden und 380

Fähigkeiten gehabt, dass sie sehr generell einsetzbar waren und man sie im Unternehmen 381

sehr gut überall untergebracht hat. In der heutigen Zeit müssen sie durch die 382

Spezialisierung, wenn Sie BWL herausnehmen, relativ früh entscheiden, was sie dann 383

eigentlich machen wollen. In welche Spezialisierung sie gehen und sie bekommen dann 384

von anderen Teilen nicht wirklich etwas mit. Bei Technikern ist es so. Wenn Sie heute 385

sagen, ich studiere Elektrotechnik, technische Informatik oder sonst irgendetwas, da ist 386

von Anfang an klar, in welche Richtung es geht. Der Betriebswirt war eher immer noch so 387

der Generalist und durch diese ganzen Bologna-Umstellungen geht das jetzt auch mehr in 388

Richtung Spezialistentum. Für die Spezialisten brauche ich keine Uni, da kann ich eine FH 389

auch hernehmen. Da war früher vielleicht so ein bisschen eine schönere Trennung, dass 390

man auf einer Universität einfach gelernt hat genereller zu arbeiten, selber die Sachen 391

alle herzuholen und sich mit Eigenmotivation voranzukämpfen. Auf der FH, da habe ich 392

mich hingesetzt wie in der Schule und nach fünf Jahren bin ich dann fertig gewesen und 393

konnte irgendetwas. Da habe ich genau das gelernt, was mir die Leute vorsetzten. Leider 394

Gottes entwickelt sich die Uni auch immer mehr in die Richtung. Was gerade bei den 395

Betriebswirten eigentlich total Schade ist, weil von denen es total viele gibt. Die suchen 396

alle einen Job, oder in der Steiermark suchen sehr viele einen Job. Was wir Bewerbungen 397

von Betriebswirten haben, das geht schon bald gar nicht mehr auf eine Kuhhaut. Sie tun 398

sich voll schwer, weil sie halt schon eine Spezialisierung haben, weil sie sich auf einmal 399

nur mehr in einem gewissen Bereich in einem Unternehmen am Anfang etablieren 400

können. Ich sage einmal aus einem Bilanzbuchhalter wird vielleicht irgendwann einmal 401

ein Controller oder sowas in der Richtung, aber dann alles andere, also alles, was darüber 402

hinausgeht, sind dann bemerkenswerte Einzelfälle. Das ist im Prinzip auch ein bisschen 403

schade, weil man doch relativ lange für etwas studiert und dann eine Spezialisierung hat, 404

die ein anderer auf der FH leider Gottes genauer bekommt und noch spezialisierter. Und 405

wenn das Unternehmen sagt, ich muss das richtige Werkzeug aussuchen, dann, das zeigt 406

auch die Erfahrung, dass ich dann mit dem einen oder anderen Fachhochschüler die 407

bessere Erfahrung habe. Viele Uniabsolventen, also nicht alle, aber die meisten fühlen 408

sich hier vom ersten Tage an zu Größerem berufen. Jetzt bin ich Betriebswirt und 409

eigentlich komme ich in die Firma und in zwei Jahren sehe ich mich eigentlich als 410

Geschäftsführer. Die Fachschüler sind demütiger und haben das Streben nach mehr. Und 411

in einem Unternehmen werden selten alle zwei Jahre die Geschäftsführer ausgetauscht, 412

nur weil man jetzt ein paar Studierende eingestellt hat und man braucht doch auch 413

einiges an Berufserfahrung, um solche Jobs dann im Endeffekt zu machen. Und da haben 414

sicher die Studierenden, die vor 10, 15 Jahren gerade auf der Karl-Franzens-Universität 415

noch ihren Abschluss gemacht haben, wahrscheinlich eine leichtere Chance oder einen 416

anderen Zugang einfach, weil die sind halt einfach anders. Ich würde nicht sagen 417

konditioniert, aber die haben halt einen anderen Lehrgang gehabt und der hat andere 418

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Qualitäten gefordert als der aktuelle. Das wäre so etwas, wenn Sie mich fragen, was ich 419

mir wünschen würde oder nicht. Back to the roots, weil die Fachhochschüler gibt es für 420

die Spezialgeschichten und die Generalisten werden immer weniger. Es gibt immer 421

weniger Leute, die sich in verschiedene Themen rein arbeiten und dort einmal einen 422

Status irgendwie erheben, was sie dazu sagen können, vielleicht die eine oder andere 423

Entscheidung treffen und dann wieder wie eine Karawane zum nächsten Thema ziehen. 424

Unternehmen, die alle ihre Probleme in ihren eigenen Prozessen haben, brauchen viele 425

von diesen Personen, die diese Fehler in den Prozessen, in den Schnittstellen, in den 426

Abläufen im Unternehmen irgendwann mal ausbügeln. 427

I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (Freiwillig? Im bestimmten Ausmaß 428

verpflichtend?) 429

B3: Wenn ich jemanden verpflichten muss, dass er etwas lernt, dann wäre es besser, dass 430

ich mich von dem Kollegen trenne. Das ist mal meine Grundgeschichte. Es ist so, dass es 431

fast nie vorkommt, dass ich jemanden verpflichten muss, etwas Neues zu lernen. Es kann 432

ab und zu sein, dass man zu einem Mitarbeiter sagt, du, dass sein Englisch, Spanisch oder 433

Italienisch nicht wahnsinnig toll ist. Da sollten wir vielleicht ein bisschen was tun, aber in 434

der Regel sind diese Personen für solche Hinweise meistens dankbar und nehmen die 435

Angebote relativ gerne an. Es scheitert eher manchmal an der Zeit, dass sie keine Zeit 436

haben, dass sie das alles machen. Das kommt aber eher nicht vor. Wir bieten 437

Weiterbildungen in einem sehr großen zeitlichen und finanziellen Ausmaß an, weil das für 438

das Unternehmen und für die Entwicklung des Unternehmens einfach relevant ist. 439

I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? 440

B3: Also aktuell sind es 304 interne und um die 60 externe, am Standort in Leoben. Und 441

am Standort in Graz sind es 1300, 1400 knapp. 442

443

Interview B4 444

I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 445

ein? (Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 446

B4: Ja, also auf jeden Fall ist der Bedarf gegeben. Ja, weil es einfach Pensionierungen und 447

neue Herausforderungen gibt, die abgedeckt werden müssen. Ja, aus dem heraus. 448

I: Ist das in einem gewissen Bereich, sehen Sie da irgendwelche Studien im Vordergrund, 449

also irgendein konkretes Studium? 450

B4: Ganz sicher in verschiedensten Fachabteilungen, wo man dann einfach sagt, es gibt 451

zum Thema Bilanzen, wo man dann einfach hergeht und sagt, man schätzt schon, wenn 452

es Vorwissen gibt. Zumindest in der Theorie. Wünschenswert ist auch schon eine gewisse 453

Praxis. 454

I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 455

in ihrem Unternehmen? 456

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B4: Auf der einen Seite durch den internen Stellenmarkt, in dem intern, offen und 457

transparent ausgeschrieben wird oder es ist schon sehr klar, dass es aus der eigenen 458

Abteilung eine Nachfolge gibt. Ja, ist es intern nicht nachbesetzbar, dann erfolgt es offen 459

ausgeschrieben und da in weiterer Folge kommt es dann eben zu einem Gespräch mit der 460

Personalentwicklung bzw. auch mit zuständigen Führungskräften der Abteilungen oder 461

von Kompetenzzentren. 462

I: Schreiben Sie über Zeitungen aus oder über Internet, online? 463

B4: Online bzw. zum Teil auch über einen Aushang. 464

I: Nutzen Sie Headhunter? 465

B4: In den meisten Fällen nein. 466

I: Und das Einstellungsverfahren, wenn Sie da weiter berichten können, also es geht in die 467

Personalabteilung und danach? 468

B4: Ja, also es geht in die Personalabteilung. Daraufhin schaut man natürlich an, welche 469

Bewerberinnen und Bewerber hat man. Aus dem heraus kommt es dann zu einer 470

Einladung oder zu einem Gruppeninterview, wenn man aus mehreren die Wahl hat. Sind 471

es nur ganz wenige oder man sucht sehr spezifisch, dann ist es einfach jemand aus der 472

Personalentwicklung gemeinsam mit dem zuständigen Fachabteilungsleiter oder 473

Organisationseinheitenleiter. Ja, damit man sich einfach ein Bild von der Person und aber 474

auch von der Fachkompetenz machen kann. 475

I: Also ist da so ein Fachtest eingeschoben? 476

B4: Das kann sein, dass es entweder in einem Gruppeninterview ist, wo verschiedenste 477

Aufgaben und Herausforderungen zu bestehen sind und wo man dann seine 478

Qualifikationen und seine Qualitäten und Stärken herzeigen kann oder es ist, wenn es 479

eben so ein Dreiergespräch ist, mit der Personalabteilung und auch mit 480

Fachverantwortlichen, also sprich mit der Führungskraft, dass man dann schon die 481

Interessen aber auch das Können und die Stärken sehr gezielt abfragt. Man fragt auch, 482

was es an beruflicher Vorqualifikation gibt bzw. wo besondere Interessen und Stärken 483

sind, wo man sich auch ein Bild von der Person machen kann, wie sie in das Gefüge der 484

Abteilung oder des Unternehmens passt. 485

I: Ist das Gruppeninterview so etwas wie ein Assessment Center? 486

B4: Ah, das ist ein Assessment Center ja, mit mehreren Beobachtern und natürlich auch 487

mit mehreren Bewerbern. 488

I: Und über mehrere Tage hinweg oder …? 489

B4: Nein. Das findet ungefähr einen halben Tag bis zu einem Tag statt. 490

I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 491

Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 492

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B4: Ja, größtmögliches Interesse an dem Unternehmen. In weiterer Folge auch, dass man 493

sich über das Internet oder über die jeweilige Anzeige schon auch Gedanken macht, was 494

erwartet mich. Also was könnten die Erwartungen des zukünftigen Unternehmens sein, 495

aber auch, dass ich meine eigenen Erwartungen klar ausdrücken kann. Damit man dann 496

merkt, wo gehen Erwartungen Hand in Hand, damit es da nicht jetzt zu 497

Missverständnissen oder Unklarheiten kommt, sondern dass wirklich beide Seiten, 498

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, zukünftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass 499

man sich da dann wirklich findet. 500

I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? 501

B4: Zunächst sicher einmal, wenn man Fachleute sucht, würde ich die Fachkompetenz 502

aber unbestritten in Verbindung mit einer sozialen Kompetenz nennen, weil es einfach 503

darum geht, mit anderen Menschen, mit anderen Abteilungen zusammen zu arbeiten und 504

da sozial verträgliche Lösungen und Klarheit innerhalb von Gruppen und im Team zu 505

schaffen. 506

I: Wie fragen Sie die soziale Kompetenz ab? Wie sehen Sie das bei einem Bewerber? 507

B4: Das kann sein zum Beispiel in Gruppenübungen, in der mich einfach die Gruppe in 508

verschiedensten Herausforderungen und Aufgaben natürlich sehr stark beobachtet. Wie 509

ist das Verhalten und was wird gezeigt? 510

I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 511

B4: Für mich ist soziale Kompetenz, wie jemand persönlich im Team auftritt. Habe ich eine 512

Lösungsorientierung, bin ich wertschätzend, wie trete ich einfach auf. Kann es nur eine 513

Lösung, meine Lösung, um jeden Preis geben. Gibt es auch etwas in der Mitte zwischen 514

der verschiedenen Lösungsmöglichkeiten und wie verhalte ich mich. Entweder 515

körpersprachlich, mit der Stimme, wie ist mein Einsatzvermögen und wie wertschätzend 516

begegne ich hierarchisch dann durchaus entweder Übergeordneten oder auch zukünftig 517

Untergeordneten, damit es einfach wertschätzend ist und in eine Unternehmenskultur 518

und in eine Mitarbeiterkultur hineinpasst. 519

I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 520

erhalten? (Verbesserungsbedarf) 521

B4: Also generell glaube ich, die Ausbildung ist rundherum schon sehr, sehr gut. Man 522

sollte aber jetzt nicht, wenn es zum Beispiel um das Thema Präsentation geht, dass man 523

jetzt nicht nur versteht, mit den neuesten Medien, also sprich in Power Point, etwas 524

abzuwickeln und zu sagen der Power Point Vortrag, den die Menschen oder die 525

Kundinnen und Kunden an der Leinwand sehen, ist zugleich das Handout, sondern dass 526

man sich dann schon Gedanken macht, wie anwenderfreundlich ist das. Entspricht das 527

wirklich einer Folientechnik, wo nur Headlines drauf sind, und wo es dann noch einen 528

lebhaften Vortrag gibt und gleichzeitig aber ein ausführendes Handout, wo halt mehr 529

drinnen steht, wo Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem unterschiedlichen 530

Wissensstand auch dann noch in der Nachbereitung dieses Vortrages arbeiten können. 531

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Wenn jemand von den Uniabsolventen dann eingeladen ist, ein Thema aufzubereiten, 532

dass es auch dann noch verständlich und nachlesbar ist und vielleicht auch mit 533

Praxisbeispielen, wo man sich ein bisschen bemüht, in verschiedenste Branchen und 534

Bereiche hinein zu hören und sagt, wie ist das gerade Gelernte, das Modell, die Theorie, 535

die Statistiken. Was bedeutet das in einem Unternehmen? Da sehe ich auf alle Fälle 536

Verbindungen, die gestärkt werden können und dass man auch immer wieder versucht, 537

auf der Uni vielleicht Gastreferenten und Gastreferentinnen aus dem Privatbereich, aus 538

Klein-, Mittel- und Großunternehmen zu bekommen, damit man dann einmal sieht: Man 539

kann auf einem karierten Blatt erfolgreich sein, man kann auf einem Flipchart erfolgreich 540

sein, wie schreibe ich leserlich, wie ist es auch da wieder mit Präsentationstechnik, wie ist 541

es freundlich, dass ich das rüberbringe, dass ich auch in der Lage bin, am Flipchart zu 542

arbeiten, Ich muss mit überlegen, ob überhaupt meine Stifte schreiben, damit ich einfach 543

nicht nur sage, ich trage jetzt den Titel Magister oder Doktor, sondern dass ich ihn auch 544

professionell zur Verfügung stelle. 545

I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (freiwillig, im bestimmten Ausmaß verpflichtend?) 546

B4: Ja, wir bieten auf jeden Fall Weiterbildung an. Auf der einen Seite erfolgt 547

Weiterbildung direkt in den Abteilungen, aber auch in weiterer Folge in Aus- und 548

Weiterbildungsveranstaltungen, die auf der einen Seite entweder intern sind. Das kann 549

auch in übergeordneten Bildungsinstanzen oder auf dem externen Seminarmarkt sein. Es 550

hängt natürlich vom Thema ab, ob eine Gruppe groß genug ist, dass es im Haus 551

stattfinden kann oder wir gehen bewusst nach außen, weil wir einfach ein bis zwei 552

Personen für ein spezielles Thema absolut fit machen möchten. 553

I: Geben Sie da Themen vor oder kommen Vorschläge? 554

B4: Die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter melden das selbstständig, erhalten 555

auch, wenn es Aufgabe der Abteilung und des Arbeitsplatzes ist, die Befürwortung und 556

das erlebe ich in unserem Unternehmen so, aber auch privat so, dass Aus- und 557

Weiterbildung ganz einen hohen Stellenwert hat und in weiterer Folge meldet dann die 558

Personalentwicklung und bezahlt das auch. Sehr schön ist es natürlich dann, wenn es zu 559

einem gelungenen Lerntransfer kommt und dieses Wissen vom jeweiligen Seminar in die 560

Arbeit schnellst möglich einfließt, damit auch da eine hohe Praxisorientierung und 561

Umsetzung gewährleistet ist. 562

I: In welcher Branche ist Ihr Unternehmen tätig? Ist das Dienstleistung? Unter welchen 563

großen Bereichen? 564

B4: Auf jeden Fall Dienstleistung bzw. es ist natürlich klar, Dienstleistung heißt für mich an 565

jemanden einen Dienst leisten, ein Dienstleister zu sein heißt auch in der persönlichen 566

Betreuung top zu sein und es hat natürlich auch ein Stück mit Handel zu tun, wo es 567

einfach darum geht, bedarfsorientiert abzufragen, den Bedarf der Kundinnen und Kunden 568

zu schätzen und da bestmögliche kompetente Lösungen anzubieten, die praxisorientiert 569

und wirtschaftlich sind. 570

I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in Ihrem Unternehmen? 571

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B4: In diesem Unternehmen werden 1700 Mitarbeiter beschäftigt. Ca. 1700. Es gibt 572

einfach auch weitere Tochterunternehmen. 573

574

Interview B5 575

I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 576

ein? 577

(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 578

B5: Ich würde sagen leicht steigend. Es kommt aber auch auf die Studienrichtung an. 579

I: Welche Studienrichtung, glauben Sie, ist da gefragter? 580

B5: Also ich glaube im technischen Bereich, aber auch eventuell im Bereich Richtung 581

Controlling – diese Studienrichtungen. 582

I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 583

in ihrem Unternehmen? 584

B5: Wir sind auf der Teconomy vertreten. Die größte Berufsinformationsmesse für 585

Techniker. Wir haben auch Kontakt, jetzt weiß ich es nur nicht auswendig, aber da gibt es 586

eine Stelle für die Studenten der Karl Franzens Universität. Wir können auch darüber 587

Stellenausschreibungen lancieren, ich kann das jetzt aber auswendig nicht sagen, wie die 588

Stelle heißt. 589

I: Meinen Sie Alumni? 590

B5: Das ist das eine, aber es gibt am Campus eine Stelle, wo Studenten auch festmachen 591

können, wofür sie sich am besten eignen, wo sie Bewerbungstrainings machen können. 592

Ich muss nachschauen, wenn Sie das interessiert, weil das ist so toll. Und natürlich 593

glauben wir schon, dass wir Studenten dann ansprechen oder Absolventen, wenn wir 594

unsere Stellen auf ganz normalem Wege ausschreiben. 595

I: Also Zeitungen meinen Sie? 596

B5: Zeitungen, Online-Portal, auf unserer Homepage und wir haben sogar, es gibt ja so 597

Netzwerke, also zum Beispiel im Bereich Controlling gibt es auch so Absolventen, aber 598

was Spezielles, wo wir das auch lancieren. Das müsste ich nur nachschauen, auswendig, 599

wie gesagt, kenne ich die Kontaktstellen dann doch nicht. 600

I: Nutzen Sie Headhunter? 601

B5: Headhunter, nicht für Absolventen, nein. 602

I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 603

(Ablauf, Methoden) 604

B5: Naja, das ist so, dass wir auf persönliche Gespräche setzen. Also, wir haben jetzt nicht 605

irgendwie dann dahinter so Testverfahren, sondern wenn jemand für uns für die 606

ausgeschrieben Stelle interessant erscheint, die wir haben oder auch wenn es eine 607

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Initiativbewerbung ist, wo wir denken, da könnte sich vielleicht mittelfristig eine Stelle 608

ergeben, laden wir zu einem Gespräch ein. Als Erstverantwortlicher lade ich zu einer 609

Unterhaltung ein und in der zweiten Runde ist dann die verantwortliche Führungskraft 610

dabei. In einer dritten Runde entscheiden wir gemeinsam mit dem Bereichsleiter über die 611

Stellenbesetzung. 612

I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 613

Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 614

B5: So allgemein, ich muss ganz ehrlich sagen, so allgemein kann man das gar nicht 615

beantworten. Also das ist, ich bekomme immer wieder diese Frage, aber es ist sehr 616

spezifisch. Wenn ich jetzt an Studenten oder an Absolventen denke, ist natürlich schon 617

auch interessant, ob jemand während des Studiums gearbeitet oder Praktika gemacht 618

hat. Gab es da Auslandsaufenthalte oder sogar ein Auslandsstudium dazwischen, ein 619

Semester oder ein ganzes Jahr. Gab es dazwischen irgendwelche Zusatzabschlüsse? Das 620

ist natürlich schon interessant, aber man muss das immer im Zusammenhang mit der 621

Stelle sehen, die dann im Endeffekt besetzt werden soll. So ganz allgemein kann ich es 622

nicht sagen, genau das braucht es für jede Stelle. 623

I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 624

B5: Das braucht er alles, ich meine methodische und fachliche Kompetenz setze ich jetzt 625

mal voraus, wenn jemand ein Studium absolviert und natürlich ist die soziale Kompetenz 626

auch wichtig, weil wir großteils in Teams arbeiten und nicht abgekapselt für uns alleine. 627

I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 628

B5: Da geht es mir darum, dass jemand in einem Team arbeiten kann. Soziale Kompetenz 629

ist für mich, wenn jemand das Ganze im Blick hat und dann sieht, wenn jemand 630

Unterstützung braucht, aber auch sich Unterstützung holen kann, also in die 631

Kommunikation gehen. 632

I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 633

erhalten? (Verbesserungsbedarf) 634

B5: Sicherlich in der Förderung dieser sozialen Kompetenz, dieser Teamkompetenz. Das 635

wäre sicherlich wünschenswert. Und eventuell, was mir bisher auffällt, auch in Richtung 636

Projekttechniken. Also, wie bearbeite ich Projekte, wie gehe ich ein Projekt an. In diese 637

Richtung sich auch Kompetenz im Studium aufzubauen, das wäre sicherlich 638

erstrebenswert. 639

I: Meinen Sie Projektmanagement-Tools? 640

B5: Ja. 641

I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (Freiwillig? Im bestimmten Ausmaß 642

verpflichtend?) 643

B5: Ja. Also, wenn jemand eingestellt ist, gibt es einmal einen Einschulungsplan und dann 644

haben wir jährliche Mitarbeitergespräche, wo auch besprochen wird, was wir jetzt für 645

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diese Stelle brauchen. Also um den Mitarbeiter bestens zu qualifizieren bzw. was streben 646

wir auch langfristig an. Also in welche Richtung soll es gehen? Da entsteht dann ein 647

Weiterbildungsplan, wirklich auf die Person bezogen, und da gibt es dann 648

Weiterbildungen. Es muss nicht immer nur extern sein, kann natürlich auch intern oder 649

on the job, sein. 650

I: Sie sagen intern, on the job. Was haben Sie da für Weiterbildungen? Ist das 651

Kommunikation, ist das was Fachliches? 652

B5: Nein. Kommunikation würde ich dann eher wo anders sehen. Also intern wäre zum 653

Beispiel, wenn man sagt, man muss sich jetzt als Controller Know-How auch in der 654

Bilanzierung aufbauen, damit man die Schnittstelle besser abdecken kann. Dann würden 655

wir sagen, ok, dann schauen wir, dass derjenige, was weiß ich, einmal ein paar Wochen in 656

der Bilanzierung mitarbeitet. Ja, das ist intern. Oder es muss sich jemand mehr Wissen 657

aneignen, damit er die Informationen aus dem System rauskriegt oder die Berichte 658

entsprechend aufbereiten kann. Dann wäre mit einem Key-User eine Schulung intern 659

notwendig. Oder jemand braucht einfach Aufbau, Know-How, damit er weiß, wie er mit 660

Lieferanten besser umgehen kann. Kann sein, dass der Vorgesetzte anbietet, dass er mit 661

ihm eine Zeit lang mitgeht zu den Lieferanten oder ihn dann bei Verhandlungen 662

einbezieht, damit der Mitarbeiter so lernen kann. So, das wären interne Geschichten. 663

I: Und extern, holen Sie sich dann von außen einen Trainer und der macht mit einer 664

gewissen Gruppe, die alle das gleiche brauchen, gewisse Skills? 665

B5: So ist es. 666

I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? 667

B5: 675. 668

669

Interview B6 670

I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 671

ein? 672

(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 673

B6: Also, ich glaube, dass es gleichbleibend ist. Wir sehen das auch an den 674

Stellenausschreibungen, wie unterschiedlich Stellenausschreibungen sind und es braucht 675

nicht immer einen akademischen Abschluss für unsere Stellen, die wir ausschreiben. 676

I: Wenn Sie an Stellen denken, die einen akademischen Abschluss benötigen, welche 677

Studienrichtungen sind das dann, die Sie ansprechen? 678

B6: Wirtschaft, Jus und Pädagogen mit Zusatzqualifikationen. 679

I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 680

in ihrem Unternehmen? 681

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B6: Grundsätzlich ist es so, dass wir wie ein Personalberater arbeiten. Das heißt, die 682

Abteilungen schreiben uns an, rufen uns an und sagen, wir haben jetzt einen Bedarf. Wir 683

gehen hin, besprechen die Stelle, besprechen das Profil, kreieren dann das Inserat, 684

schalten das Inserat und machen dann auch eine Vorselektion, bei manchen Stellen 685

machen wir sogar die ersten Gespräche und geben dann nur mehr eine Auswahl an guten 686

Bewerbern an die Fachabteilung weiter. Aber im Prinzip handeln wir wie ein 687

Personalberater. 688

I: Schreiben Sie über Zeitungen aus oder machen Sie das im Internet? Nutzen Sie 689

Headhunter? 690

B6: Also zu 80% machen wir Onlineinserate. Das funktioniert sehr, sehr gut. Der Vorteil ist 691

natürlich eine wahnsinnige Kostenersparnis. Ein Onlineinserat kostet 250 Euro und ein 692

Printinserat im Kurier kostet 5000 Euro. Das steht in keiner Relation. Ein weiterer Vorteil 693

von Onlineinseraten ist, dass wenn ich sehe, dass ich mit meinem Text die falsche 694

Zielgruppe erreiche, kann ich entsprechende Anpassungen vornehmen. 695

I: Nutzen Sie Headhunter? 696

B6: Nein. 697

I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 698

(Ablauf, Methoden) 699

B6: Also, im Normalfall über persönliche Gespräche. Für den ersten Durchgang ist 700

entweder die Personalabteilung oder ein Rekruiter zuständig, in dem sie darauf achten, 701

ob die Person zu unserem Unternehmen passt und wir die Rahmenbedingungen erfüllen 702

können. Wenn das alles gegeben ist, wenn wir da einen guten Eindruck vom Bewerber 703

haben, dann gibt es ein zweites Gespräch gemeinsam mit der Fachabteilung, wo es dann 704

auch um die fachliche Abfrage geht. 705

I: So etwas wie Assessment Center, haben Sie das in Ihrem Unternehmen? 706

B6: Es gibt schon Assessment Center, aber nur für gewisse Positionen. Also wir haben zum 707

Beispiel so einen Traineeship, wo wir zuerst ein persönliches Gespräch führen, dann 708

ungefähr sechs bis acht Teilnehmer aussuchen und die kommen dann zu einem 709

Assessment Center mit verschiedenen Aufgabenstellungen wie einer Präsentation, einer 710

Gruppenübung, einem Rollenspiel und einer Strategieübung. 711

I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 712

Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 713

B6: Es klingt jetzt vielleicht ein bisschen abgedroschen, aber Interesse am Handel, das ist 714

uns ganz, ganz wichtig, Interesse am Menschen und Hausverstand. Einfach jemand, der 715

sagt, das interessiert ihn, das pack er an. Der braucht auch ein bisschen Geduld bedingt 716

durch die Größe des Unternehmens. Durch die Struktur kann man nicht gleich ganz 717

kurzfristig da jetzt eine tolle Führungsaufgabe übernehmen, sondern da muss man 718

hineinwachsen in diese ganze Sache. Wir haben auch Positionen, die gibt es einfach 719

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draußen am Markt nicht und in diese Positionen muss man dann auch hineinwachsen 720

sowohl persönlich als auch fachlich. 721

I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 722

B6: Der Mensch. Dass der Mensch zum Unternehmen passt, dass er einfach interessiert 723

ist am Unternehmen, am Handel, am Menschen, das ist uns ganz, ganz wichtig. Wenn 724

jemand einen akademischen Abschluss hat, kann der fachlich sehr schnell in die Rolle 725

hineinwachsen. Aber nur, die Persönlichkeit verändert man dann nur mehr zum Teil und 726

nur bedingt. 727

I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 728

B6: Das Interesse am Menschen, am Mitarbeiter, am Kollegen. Auch die Möglichkeit, jetzt 729

gerade als Akademiker, im Handel kommen sie mit Menschen aus unterschiedlichsten 730

Bildungsniveaus zusammen. Mit einem Lagerarbeiter, der vielleicht nur einen 731

polytechnischen Abschluss hat oder mit Leuten, die draußen im Verkauf sind und die 732

eben eine Lehre gemacht haben. Dass man mit allen gleichwertig und wertschätzend 733

umgeht. Das ist für mich die soziale Kompetenz. 734

I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 735

erhalten? (Verbesserungsbedarf?) 736

B6: Also ich glaube, dass in unserem Schulsystem grundsätzlich diese praktische Erfahrung 737

sehr fehlt. Ich habe selber jetzt nicht studiert, da tue ich mir dann da bisschen schwer, 738

aber man lernt so viele Dinge, wo man sich denkt, wozu brauche ich das. Ich glaube, dass 739

Hausverstand viel wichtiger wäre, dass man sagt, ok, das gibt es, ich muss bestimmte 740

Dinge wissen, aber es reicht, wenn ich das nachschauen kann, das brauche ich nicht 741

auswendig lernen. Oder ein Marketingprofessor, der 65 ist, und kein Englisch spricht, 742

passt nicht für die Ausbildung. Das passt einfach nicht, also das ganze Schulsystem gehöre 743

von Grund auf reformiert. Das beginnt bei der Volksschule und endet dann im 744

Universitätsstudium. Ich glaube, dass wir da noch sehr veraltete Lehrmethoden haben in 745

Österreich. 746

I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? (Freiwillig? Im bestimmten Ausmaß verpflichtend? 747

B6: Ja. Wir haben einen sehr großen Seminarkatalog mit ca. 45 verschiedenen Themen im 748

Haus. Das kann fachliche oder persönliche Weiterbildung sein. Weiterbildung für 749

Führungskräfte bieten wir auch an. Die Trainer, die wir da in dem Katalog verpflichten, die 750

schauen wir uns jedes Jahr an. Es gibt immer Feedback zu den Seminaren, das wird auch 751

jedes Jahr evaluiert. Wir können da natürlich auch auf die Inhalte dann besser zugreifen. 752

Was auch ein großer Vorteil an diesen Seminaren ist, ist, dass Leute aus der Zentrale, aus 753

dem Verkauf gemeinsam ein Seminar machen und so auch ein bisschen die Probleme und 754

die Bedürfnisse voneinander auch hören und kennenlernen. 755

I: Sind diese Weiterbildungsangebote freiwillig oder in einem bestimmten Ausmaß 756

verpflichtend? 757

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B6: Sowohl als auch. Wenn jemand Führungsverantwortung übernimmt, muss er 758

Führungsausbildungsseminare absolvieren. Das ist uns wichtig. Sonst ist es grundsätzlich 759

freiwillig und jeder Mitarbeiter kann sich aussuchen, was er gerne machen möchte und 760

wohin er sich entwickeln möchte. Aber es gibt natürlich auch die Möglichkeit, wenn 761

jemand sagt, ich finde da im Katalog nichts, oder wir brauchen Inhalte in diese Richtung 762

speziell, weiß ich nicht, Telefonmarketing ein Seminar, dann unterstützen wir auch da 763

unsere Fachabteilungen und sagen, ok, wir schauen, wer das gut anbieten kann. 764

I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? 765

B6: In der Zentrale, für die ich jetzt gesprochen habe, das habe ich Ihnen, glaube ich, 766

geschrieben. Es sind so 1500, die wirklich im Büro sitzen. 767

768

Interview B7 769

I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 770

ein? 771

(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 772

B7: Der wird nach wie vor, der Bedarf wird groß sein. Ob wir sie nehmen können, wird 773

eine andere Frage sein. Budgetäre Probleme, die es überall gibt. Wir haben sehr viele, 774

unterschiedliche Dienstzweige. In erster Linie ist das die Verwaltung, die Juristen sind 775

gefragt. Aber in vielen Bereichen die Techniker, also von der TU, sehr stark von der 776

juristischen Fakultät und zunehmend in den nächsten Jahren wahrscheinlich von der 777

betriebswirtschaftlichen Seite. 778

I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 779

in ihrem Unternehmen? 780

B7: Im Normalfall durch Ausschreibungen, öffentliche Ausschreibungen. 781

I: Zeitungen? 782

B7: Zeitungen, es wird immer im Internet ausgeschrieben, aber nicht über diverse 783

Jobportale – das nicht. Wir verwenden natürlich unsere Informationen dann, um sie dann 784

selbst dort hinein zu stellen. 785

I: Nutzen Sie Headhunter? 786

B7: Im Normalfall nicht. 787

I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 788

(Ablauf, Methoden) 789

B7: Das ist seit über 30 Jahren gleich geregelt. Wir haben so Regeln, die einmal verlangen, 790

dass, wenn eine Stelle frei wird und diese intern nicht nachbesetzt werden kann, dass die 791

Stelle öffentlich ausgeschrieben wird. Dass die Bewerberinnen und Bewerber die 792

Möglichkeit haben, sich mit einem formalen Bewerbungsformular zu bewerben. 793

Angedacht ist jetzt die Online-Geschichte auch. Also, dass man es online auch machen 794

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kann, aber das ist ziemlich mühsam. Und dann gibt es eine formale Prüfung, das heißt, 795

wer hat die Voraussetzung, wer hat sie nicht laut Ausschreibung. Die, die die 796

Voraussetzung haben, werden von uns allen, meistens, das hängt davon ab, welche 797

Verwendung es ist, sind zum Auswahlverfahren eingeladen. Das besteht meistens aus 798

einem Test vorweg. Wir haben psychometrische Messmethoden, wir haben 799

Persönlichkeitsmessmethoden, wir haben fachliche Messmethoden. Dann gibt es eine 800

Entscheidung, d.h. eine Vorentscheidung, wer aufgrund dieser Daten die offenkundig 801

bestgeeignetsten sind und diese Personen laden wir meistens noch zu einem 802

Vorstellungsgespräch mit den zukünftigen Chefs ein. 803

I: Weil Sie gesagt haben, Sie haben verschiedene Messmethoden. Kann ich mir das wie 804

ein Assessment Center aneinandergereiht vorstellen? 805

B7: Nein. Assessment Center haben wir gehabt. Wir führen es auch teilweise ein, aber 806

fast nur bei Führungsgeschichten, also wenn Führungsfunktionen dabei sind. Sonst sind es 807

Testsysteme, die beispielsweise von einer Firma entwickelt wurden, wo wir analog zu den 808

Anforderungen die Tests einsetzen, wo wir glauben, dass die uns genügend Daten liefern, 809

damit wir eine Vorentscheidung treffen können. 810

I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 811

Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 812

B7: Bei uns haben wir eine Stellenbeschreibung. Jede Stelle ist im SAP mit einem 813

Mindesterfordernis definiert. Aufgrund dieser Mindesterfordernisse definieren wir ein 814

Anforderungsprofil. Das müssen die Dienststellen machen. Die definieren ein 815

Anstellungsprofil, ein Anforderungsprofil, wobei die fachlichen Anforderungen schon 816

vorher in der Ausschreibung definiert sind. Also die fachlichen Anforderungen, die 817

müssen konkret sein. Die persönlichen Anforderungen müssen konkret sein und diese 818

sind dann aufgereiht in einem Anforderungsprofil. Es wird von beiden Seiten hinterfragt 819

und hat die Besonderheit, dass oft das Bedürfnis wesentlich höher anzutragen ist, als die 820

Stelle wert ist. Die Besonderheit ist, wir haben eine Stellenbewertung. Ich weiß nicht, ob 821

Ihnen das was sagt. Es ist die Stelle bewertet und nicht die Person, die auf dieser Stelle 822

sitzt. Das heißt, was auf einer Stelle zu tun ist, das hat einen bestimmten Wert, einen 823

Stellenwert. Dieser Stellenwert ergibt sich aus den Anforderungen, die eine Tätigkeit oder 824

eine Aufgabe mit sich bringt, und fordert dann auch die Bezahlung von denjenigen, die 825

dort sitzen. Und weniger jetzt Universität, nicht ausbildungsbezogen, Universität oder 826

höhere Schule oder Fachschule oder sonst irgendetwas. 827

I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 828

B7: Ja, also am wichtigsten ist es, eine Balance zwischen den drei Kompetenzen zu haben. 829

Am wichtigsten ist im Vorfeld die fachliche Kompetenz, am deutlichsten wird die soziale 830

Kompetenz erst im Arbeitsbereich. Wir vermischen die methodische und fachliche 831

Kompetenz, weil ohne fachliche Kompetenz nützt die beste Methode nichts und 832

umgekehrt. Neben der sozialen Kompetenz ist für uns noch die persönliche Kompetenz 833

wesentlich. 834

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I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 835

B7: Ich definiere sie als eine Fähigkeit, in einer hochkomplizierten Situation einen 836

konstruktiven Beitrag zu leisten. 837

I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 838

erhalten? (Verbesserungsbedarf?) 839

B7: Ja, das ist das alte Leiden. Also, es ist viel zu wenig Praxisbezug. Die Leute haben nicht 840

wirklich eine Ahnung, wenn sie daher kommen, was verlangt wird und was sie können 841

müssten. Sie haben Fachwissen, was zum Teil nicht gebraucht wird und das Fachwissen, 842

das wir bräuchten, haben sie nicht. Beispiel: Da geht es jetzt aber eher um 843

Fachhochschulen. Wir haben eine Gruppe, die Sozialarbeiter. Jetzt heißen sie diplomierte 844

Sozialarbeiter. Aus der Entwicklung heraus waren es früher FürsorgerInnen, weiß nicht, 845

ob Sie das noch kennen. Dann hat es die Akademie der Sozialarbeiter gegeben. Die 846

Zugangsbedingungen waren normalerweise schon Matura, aber das hat man sonst auch 847

machen können. Jetzt ist es eine FH, eine FH für soziales Management oder soziale Arbeit. 848

Diejenigen, die den Master machen, denen fehlt manchmal überhaupt das Rüstzeug in 849

der Sprengelsozialarbeit, wie wir sie brauchen. Die haben keine Ahnung vom 850

Jugendwohlfahrtsgesetz. Sie wissen nicht, dass sie als Behördenvertreter da sind. Das 851

fehlt komplett. Und das Zweite, was uns ganz massiv auf den Kopf fällt, ist diese, so schön 852

das Wort ist, diese Diversität in den Ausbildungen, die absolut ein Jungle und unmöglich 853

zu durchschauen ist. Jeder zweite hat ein eigenes Zertifikat. Es gibt, ich habe 854

nachgeschaut, elfhundert universitäre Lehrgänge und man weiß nicht einmal mehr, d.h. 855

das Bundesministerium für Wissenschaft, wohin diese gehören. Also die Orientierung 856

darin ist zum Teil nicht mehr möglich. 857

I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? 858

B7: Ja. 859

I: Ist die freiwillig oder im bestimmten Ausmaß verpflichtend? 860

B7: Ja und ja. Wir haben eine Akademie, ein eigenes Bildungsinstitut dafür. Die Leute 861

können aus einem Seminarprogramm wählen, was sie wollen, und es gibt eine 862

Grundausbildung, die verpflichtend ist. 863

I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? 864

B7: Ja also, ich schätze, dass wir jetzt, weil wir sind am Abbauen, am Stellenabbauen und 865

natürlich fallen dann auch Leute weg. Ich schätze, dass wir derzeit so um die 7000, 7500 866

Mitarbeiter haben. Aber ca. 6500 Stellen. Wir rechnen vollzeitäquivalente und die 867

Personen, die darauf sitzen. Ich schätze aber, dass es so um die 7200 sind. 868

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Interview B8 869

I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 870

ein? 871

(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 872

B8: Ja, das ist eine gute Frage, weil wir auch gerade mit dem Thema beschäftigt sind, weil 873

wir mehr Universitätsabsolventen bekommen. Den Bedarf schätze ich als hoch ein. Wir 874

stehen nur vor dem Problem, dass wir schwer zu Absolventen kommen. 875

I: Wie meinen Sie das, Sie kommen schwer dazu? 876

B8: Wir bekommen einfach keine Bewerbungen. Wir haben sehr viele Jobs 877

ausgeschrieben, wo wir Absolventen brauchen würden. Vielleicht kurz noch; Wir haben 878

mehrere Standorte, davon zwei in Österreich und vier in Deutschland. Es ist aber egal wo, 879

in Österreich oder an unseren deutschen Standorten. Wir bekommen aus 880

Stellenausschreibungen kaum Bewerbungen von Universitätsabsolventen. 881

I: Suchen Sie da TechnikerInnen, sprechen Sie da die an? 882

B8: Ungefähr 90% unsere Stellen sind für Techniker. Wir haben aber natürlich auch im 883

kaufmännischen Bereich einige Stellen. Wir haben jetzt gerade im Bereich, 884

Rechnungswesen bzw. Controlling und Jus Stellen ausgeschrieben, wo ich sage einmal, 885

der Bewerbungsprozess oder der Suchprozess sehr schleppend verläuft. Einfach weil 886

keine oder kaum Bewerber mit entsprechender Qualifikation dabei sind. 887

I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 888

in ihrem Unternehmen? 889

B8: Wir haben so, muss ich noch dazu sagen, ich bin ja noch nicht so lange im 890

Unternehmen, also soweit ich weiß, haben wir sehr stark in Österreich, sehr stark über 891

karriere.at. Also wir suchen sehr stark über Online-Portale. Wir fahren auch auf 892

Berufsinformationsmessen, da sind wir sehr stark präsent, wobei das sind eher die 893

Messen, die sich an Maturanten, Maturantinnen bzw. HTL-Absolventen wenden. Also wir 894

haben jetzt noch keine Veranstaltungen besucht, wo wir direkten Kontakt zu 895

Universitätsabsolventen haben. 896

I: Suchen Sie auch mittels, also in Zeitungen oder das eher nicht? 897

B8: Eher nicht. Also das ist nur für ganz bestimmte Positionen, Führungspositionen, wo es 898

Zeitungsinserate gibt, aber wir haben uns schon primär auf Onlineinserate verlegt. Damit 899

gibt es einfach schon gute Erfahrungen im Konzern. 900

I: Mit Headhunter suchen Sie? 901

B8: Suchen wir hin und wieder, ja. 902

I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 903

(Ablauf, Methoden) 904

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B8: Es hängt natürlich von der Position ab. Ich sage jetzt einmal: einen Techniker im 905

Projektbereich zum Beispiel. Da schaut das so aus: die Anforderung kommt vom 906

Projektbereich, vom Projektleiter oder der zuständigen Führungskraft an das HR- 907

Management am jeweiligen Standort. Die HR-Manager schreiben das auf der internen 908

Plattform und danach in den Onlinemedien aus. Dann werden Bewerbungsgespräche 909

geführt, wo meistens eben die direkte Führungskraft und der HR-Manager oder die HR- 910

Managerin dabei sind. Nach dem Gespräch ist eben die Entscheidung, oder nach den 911

Gesprächen. 912

I: Nutzen Sie auch Assessment Center? 913

B8: Soweit ich weiß, bis jetzt noch nicht. 914

I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 915

Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 916

B8: Das ist eine schwierige Frage, weil wir eben sehr unterschiedlich suchen. Ich sage 917

einmal, so allgemein, egal in welcher Position, in welcher Hierarchieebene, es muss eine 918

gewisse Leistungsbereitschaft gegeben sein. Innovationsfreudigkeit ist bei uns ein sehr 919

großes Thema, Kreativität, und überhaupt die Bereitschaft, über den Tellerrand zu 920

schauen und immer wieder auf der Suche nach neuen Ideen, neuen Technologien zu sein, 921

weil es sich bei uns doch relativ schnell immer wieder verändert. Die Anforderungen, die 922

vom Kunden her kommen, sage ich jetzt einmal. Ein Universitätsabsolvent sollte bei 923

seinem Berufseinstieg über ein fundiertes Fachwissen verfügen, kommunikations-, 924

konflikt- und teamfähig sein und die Kompetenz besitzen, über den Tellerrand hinaus zu 925

blicken. 926

I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 927

B8: Ich würde jetzt sagen, am wichtigsten ist die methodische Kompetenz, dann sozial 928

und dann fachlich. Es ist natürlich auch sehr schwierig, dass sehr allgemein zu sagen, aber 929

ich würde jetzt sagen, bei den meisten Stellen ist es so. 930

I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 931

B8: Ganz klar Kommunikationsfähigkeit als Fähigkeit Informationen auch gezielt und 932

zuverlässig weiter zu geben. Ahm, Problemlösefähigkeit. Dann spielt auch ein bisschen 933

das Thema Unternehmertum mit hinein. Also so, dass mit dem Hausverstand auch 934

arbeitet. Keine allzu komplizierten Lösungen zu suchen, sondern eher in die Richtung 935

wirklich schnell und gut umsetzbare Lösungen zu entwickeln, die auch nachhaltig sind. 936

I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 937

erhalten? (Verbesserungsbedarf?) 938

B8: Also da würde ich jetzt einmal recht schwammig antworten und eben auf diese 939

sozialen Kompetenzen hin abzielen. Also gerade so Themen wie Kommunikationsfähigkeit 940

oder auch das Zugehen und den Umgang mit anderen Menschen, mit Mitarbeiterinnen 941

und Mitarbeitern. Das ist einfach wichtig. Jetzt gar nicht so, dass soziale Inkompetenz bei 942

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den Bewerbern herrscht, aber man hat einfach oft das Gefühl, dass die Bewerber und 943

Bewerberinnen sich selbst sehr unsicher sind, wie sie jetzt gerade, wenn sie zum Beispiel 944

das erste Mal in ein Team reinkommen, agieren sollen. 945

I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? 946

B8: Die bieten wir an. Es gibt einen klar definierten Prozess für die Einschulung neuer 947

Mitarbeiter, wo sie sozusagen mal das Umfeld kennenlernen. Dann gibt es natürlich eben 948

eine ganze Bandbreite an Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. 949

I: Ist die verpflichtend in einem gewissen Ausmaß oder ist die freiwillig? 950

B8: Das ist in einem gewissen Ausmaß verpflichtend. Es gibt einen Einschulungsplan, der 951

wird für die Mitarbeiter erstellt, für jede Mitarbeiterin. Der beinhaltet gewisse Standards, 952

die jeder und jede machen muss. Das fängt an bei der Sicherheitsschulung, geht über 953

gewisse Prozesse und Abläufe im Unternehmen. Dann diversifiziert es sich halt, je 954

nachdem, an welchem Standort der oder die Mitarbeiterin eingesetzt wird, in welcher 955

Position. Da sind dann die Führungskräfte ganz stark auch eingebunden in der Konzeption 956

dieses Einschulungsplans. 957

I: Darf ein Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin auch Wünsche äußern, was sie, in welchen 958

Bereichen sie sich gern weiterbilden möchte? 959

B8: Die Möglichkeit gibt es im Rahmen des MitarbeiterInnengesprächs. 960

I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie in Österreich? 961

B8: In Österreich, jetzt muss ich kurz im Kopf rechnen, in Österreich ca. 600. 962

963

Interview B9 964

I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 965

ein? 966

(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 967

B9: Das ist eine sehr pauschale Frage. In welchem Bereich, oder soll ich nur mit ja oder 968

nein antworten? 969

I: Wenn Sie mir sagen, in einem Bereich ist es mehr und den erklären würden, ist es 970

super. 971

B9: Absolventinnen? Bewusst auf Frauen, oder? 972

I: Frauen und Männer. Entschuldigung, es ist bei uns auf der Universität so, dass eine 973

gendergerechte Ausdrucksweise sehr wichtig ist. 974

B9: Gibt es das Binnen-I noch? 975

I: Das Binnen-I, Entschuldigung. Absolventen und Absolventinnen natürlich. 976

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B9: Alles klar, also ich würde es als fast steigend bezeichnen. Jetzt mal generell. Das war 977

jetzt eine sehr pauschale Antwort, aber ich würde es generell als steigend ansetzen. 978

I: In irgendwelchen Bereichen besonders steigend? 979

B9: Ja, ich glaube, dass es immer zu Verschiebungen kommt. So wie man es auch bei den 980

Fachhochschulen gesehen hat. Es kommt teilweise zu einem shift. Es werden 981

Berufsbilder, die früher vielleicht nicht von Akademikern ausgeübt worden sind, 982

mittlerweile sehr stark von Akademikern ausgeübt, natürlich auch, weil es ein höheres 983

Angebot gibt. Ich glaube, der Trend wird sich durchaus fortsetzen. Dann würde ich das 984

sehr generell sehen – also überall. 985

I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 986

in ihrem Unternehmen? 987

B9: Wie wir zu den Bewerbern kommen? 988

I: Ja, wie kommen Sie zu denen? Wie schreiben Sie die Stellen einfach aus? 989

B9: Das hängt ein bisschen von der Spezifikation und vom Level der jeweiligen Position 990

ab. Ich würde jetzt einmal sagen, wir arbeiten eigentlich generell mit 991

Personalberatungsbüros zusammen. Also, die für uns die Leute suchen. Und ob das dann 992

Direktansprache ist oder Inserate schalten, das hängt ein bisschen von der Verfügbarkeit 993

auch der jeweiligen Talente ab. Ich sage jetzt einmal, wenn es jetzt in den 994

Assistenzbereich geht, dann machen wir es wahrscheinlich ohne Personalberater. 995

I: Worin sehen Sie den Vorteil in Personalberatern? 996

B9: Das ist vielleicht ein Spezifikum in der Branche. Ich denke mir, ich sehe das aus dem 997

Blickwinkel der Pharmabranche. Es geht darum, bewusst und verdeckt Leute 998

anzusprechen. Es ist schon so, dass es speziell in dem Bereich auch Personalberater gibt, 999

die ein hohes Branchenwissen haben. Da kann es einfach dazu führen, dass sie in ihrem 1000

Stock schon Kandidaten haben und das führt dann zu einer schnelleren Vermittlung und 1001

zu einer schnelleren Nachbesetzung von Positionen. Ein Nachteil ist natürlich: höhere 1002

Kosten, wie soll ich sagen, ein gewisser administrativer Aufwand auch für 1003

Briefinggespräche, aber umso mehr arbeitet man dann wahrscheinlich mit fixen 1004

Agenturen zusammen, die einfach das Unternehmen gut kennen, die Kultur gut kennen 1005

und somit eigentlich eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, gute Mitarbeiter zu 1006

rekrutieren. 1007

I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 1008

(Ablauf, Methoden) 1009

B9: Ich gehe mal davon aus, und das ist auch die häufigste Situation, dass es 1010

Personalberater gibt. Dann bekommen wir einfach aus möglichen Kandidaten eine 1011

shortlist, die aus drei bis fünf Personen wahrscheinlich besteht. Wie gesagt, abhängig von 1012

Verfügbarkeit, aber die Personen von der shortlist werden dann eingeladen und dann 1013

kommt es einfach zu, sage ich jetzt einmal, relativ normalen Bewerbungsgesprächen, die 1014

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je nach Position auch dann mit zwei bis fünf Personen im Unternehmen geführt werden. 1015

Je höher die Position ist, desto mehr Leute sprechen mit dem Kandidaten. 1016

I: Werden da irgendwelche Methoden eingesetzt oder sind das Gespräche, in denen man 1017

die fachlichen Kompetenzen misst? 1018

B9: Naja, also in der idealen Welt wäre es, sage ich jetzt einmal, sehr eng abgestimmt. Es 1019

ist auch so, dass unsere Führungskräfte immer wieder in dem Bereich auch Schulungen 1020

bekommen, um sich auch im Bewerbungsprozess hochprofessionell zu verhalten und das 1021

auch vom jeweiligen Befragenden auch spezielle Kompetenzen oder Erfordernisse 1022

abgefragt werden. Ich würde jedoch sagen, dass klappt in der Praxis noch immer nicht 1023

optimal. Es führt dazu, dass einfach diese Schulungen jetzt nicht laufend durchgeführt 1024

werden, sondern einfach periodisch stattfinden, aber dann kommen dazwischen natürlich 1025

immer wieder neue Führungskräfte in die Gruppe dazu. Grundsätzlich achten wir darauf, 1026

dass es schon zu einer Abstimmung kommt in diesem Bewerbungsprozess. Es ist vielleicht 1027

nicht immer der Fall. 1028

I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 1029

Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? (Profil eines Bewerbers) 1030

B9: Ja, da müssen wir natürlich die fachlichen Kompetenzen von den persönlichen 1031

Kompetenzen unterscheiden. Die fachlichen Kompetenzen ergeben sich einfach aus der 1032

Stellenbeschreibung, aus der Jobdefinition, aus der job description. Das heißt, das ist jetzt 1033

natürlich einmal grundsätzlich die Basis. Sei es jetzt, dass wir nach bestimmten 1034

Ausbildungen, bestimmten Erfahrungen usw., nach bestimmten Skills im inhaltlichen 1035

Bereich suchen. Sollten wir mehrere Kandidaten haben, die dem entsprechen würden, 1036

dann kommen natürlich auch, oder nicht nur dann, auch wenn wir nur einen haben, 1037

fließen natürlich sehr stark die persönlichen Skills und persönlichen Kompetenzen in die 1038

Bewerbung ein und natürlich bis zu einem gewissen Grad Wertevorstellungen. Passt der 1039

Kandidat zur Unternehmenskultur? 1040

I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 1041

B9: In einer Reihung würde ich sagen: sozial, fachlich, methodisch. 1042

I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 1043

B9: Naja, die persönlichen Kompetenzen definiere ich einfach dadurch, dass kein 1044

Mitarbeiter eine einzelne Insel ist, sondern einfach mit den verschiedensten Leuten im 1045

Unternehmen sehr stark interagieren muss. Diese persönlichen Kompetenzen, sei es 1046

Einfühlungsvermögen, sei es die Möglichkeiten der schnellen Adaptierung, 1047

Lernbereitschaft, ist zwar keine Kompetenz, aber trotzdem eine gewisse Lernbereitschaft, 1048

usw. Das sind, glaube ich, einfach Dinge in der heutigen Zeit, die weit über die fachliche 1049

Kompetenz noch zu stellen sind, weil sich einfach diese Lernzyklen so stark verkürzen. 1050

I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 1051

erhalten? (Verbesserungsbedarf?) 1052

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B9: Ich würde es jetzt gar nicht so sehr von der universitären Seite sehen, sondern eher 1053

von der Kandidatenseite. Ich habe eher den Eindruck, dass die universitären, und die 1054

Universität ist ja auch sehr stark da, um Grundlagen usw. zu vermitteln, also weniger an 1055

Praxisorientierung gedacht, also jetzt von der Idee her. Das heißt, es ist eher eine 1056

Bringschuld von den Kandidaten, dass sie, um kompetitiv zu sein und zu bleiben 1057

gegenüber anderen Kandidaten, einfach in ihrem Lebenslauf heute sehr, sehr viel 1058

mitbringen müssen. Neben einer guten universitärer Ausbildung geht es da in Richtung 1059

Zusatzqualifikationen, Sprachenkompetenz, Auslandsaufenthalte, und dann auch noch 1060

vielleicht so Bereiche, wo man auch sehr stark persönliche Werte daraus ablesen kann. 1061

Sei das jetzt Hobbies oder Aktivitäten außerhalb des universitären Bereichs usw. Also ich 1062

würde das eher auf Seiten des Kandidaten sehen und nicht so sehr auf Seiten der 1063

Ausbildungsstätte. 1064

I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? Ist die freiwillig oder verpflichtend für Ihre 1065

MitarbeiterInnen? 1066

B9: Es hängt wieder ein bisschen von der Position ab. Jeder Mitarbeiter bekommt 1067

grundsätzlich eine gewisse Anzahl, ein gewisses Level an Weiterbildung. Das ergibt sich, 1068

aber die Menge, die Intensität, der Detailgrad usw. hängt sehr stark von der Position ab. 1069

Da würde ich sagen, kann man es in zwei Dinge teilen: Das erste ist, dass 1070

positionsbezogen jeder Mitarbeiter periodisch, also jährlich, mehrere Trainings hat, die 1071

sehr fachspezifisch sind. Angenommen es ist jemand Produktmanager von einem 1072

Produkt, dann gibt es eine marketingspezifische Ausbildung, Trainings, usw., die 1073

obligatorisch sind und zusätzlich dazu gibt es freiwillige Trainings, die aber nicht mit dem 1074

Gießkannenprinzip vergeben werden, sondern die sehr eng vermessen sind mit dem 1075

jeweiligen Performance und Mitarbeitergespräch, das zwei Mal im Jahr stattfindet. Wenn 1076

aus dem Gespräch heraus viele Erwartungen bzw. auch Bereiche erkannt werden, wo der 1077

Mitarbeiter Schulungsbedarf hat, dann ist das die zweite Säule, wo jeder dann 1078

Unterstützung in der Weiterbildung bekommt. 1079

I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie in Österreich? 1080

B9: Wir sind in Österreich 200 Mitarbeiter in etwa. 1081

1082

Interview B10 1083

I: Wie schätzen Sie den Bedarf von UniversitätsabsolventInnen in den nächsten Jahren 1084

ein? 1085

(Sinkend, Gleich bleibend, Steigend) 1086

B10: Aus meiner Erfahrung würde ich sagen, dass der Bedarf auf jeden Fall gleichbleibend 1087

sein wird - wenn nicht sogar steigend, weil ich beobachtet habe, dass eine gewisse 1088

Akademisierung der Berufsgruppen stattfindet. Dass Stellen, die früher mit 1089

Maturantinnen und Maturanten besetzt wurden, nun durchaus mit Akademikern und 1090

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Akademikerinnen sowohl von der Fachhochschule als auch von den Universitäten besetzt 1091

werden. 1092

I: Welche Studien können Sie benennen? 1093

B10: Ich würde sagen, dass Juristinnen, Juristen, BetriebswirtInnen aber auch zunehmend, 1094

Studienabsolventen von Geisteswissenschaften gefragt sind, die eben nicht nur das 1095

Fachwissen, sondern auch das vernetzte Denken mit einbringen können, und die eben 1096

einen Grundstock haben, eine akademische Ausbildung und die aber sehr vielfältig in 1097

unterschiedlichen Berufsgruppen einsetzbar sind. 1098

I: Wie rekrutieren Sie Stellensuchende und potentielle BewerberInnen über offene Stellen 1099

in ihrem Unternehmen? 1100

B10: Primär werden bei uns alle Stellen auf unserer Website ausgeschrieben. Die Stellen 1101

sind mindestens drei Wochen ausgeschrieben, manchmal auch länger bzw. wird 1102

verlängert, wenn sich herausstellt, dass es zu wenige potenzielle Bewerberinnen und 1103

Bewerber gibt, dann wird die Frist auch durchaus verlängert. Wenn wir im Vorfeld wissen, 1104

dass die Stelle sehr schwierig zu besetzen sein wird, dann schreiben wir auch in den 1105

diversen Printmedien aus. Also primär für den steirischen Bereich, eben in der kleinen 1106

Zeitung, manchmal aber auch im Standard bzw. in einer Fachzeitschrift. 1107

I: Nutzen Sie Headhunter? 1108

B10: Nein, wir nutzen keine Headhunter. 1109

I: Wie erfolgt das Einstellungsverfahren von AkademikerInnen in ihrem Unternehmen? 1110

(Ablauf, Methoden) 1111

B10: Das ist bei uns unterschiedlich. Zum einen gibt es ja AkademikerInnen, die in 1112

klassischen Berufen eingestellt werden, wo man eben AkademikerInnen in der Forschung 1113

benötigt. Auf der anderen Seite gibt es auch AkademikerInnen, die im 1114

Verwaltungsbereich angestellt werden. Im Verwaltungsbereich haben wir ein 1115

standardisiertes Verfahren, wo es eben einen Einstufungstest gibt, der sowohl eine 1116

Wissenskomponente als auch einen psychologischen Test enthält. Es gibt für alle Stellen 1117

generell ein strukturiertes Interview und wir haben für unsere Führungskräfte einen 1118

Leitfaden. Sowohl für Leute, die in der Forschung angestellt werden als auch Leute in der 1119

Verwaltung, haben wir zwei unterschiedliche Interviewleitfäden, die wir unseren 1120

Führungskräften zur Verfügung stellen. Bei Bedarf wird auch eine Mitarbeiterin der 1121

Stabsstelle für Personalentwicklung beigezogen. Das ist aber nicht verpflichtend, das ist 1122

ein Angebot, das besteht im Hause. Nachdem wir aber eine sehr kleine Abteilung sind, ist 1123

es nicht erforderlich, dass wir überall dabei sind und wir könnten den Bedarf auch gar 1124

nicht abdecken. Wie gesagt, das ist ein Angebot, das besteht. 1125

I: Welche Erwartungen stellen Sie an BewerberInnen mit akademischem Abschluss, wenn 1126

Sie sich um eine Stelle bei Ihnen bewerben? Wie schaut so ein Profil aus? Du hast schon 1127

einiges gesagt von diesem Profil. Ist das spezifisch zwischen Verwaltungspersonal und 1128

Forschungspersonal unterschiedlich oder ist das gleich? 1129

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B10: Es ist unterschiedlich. Also wenn man sich zum Beispiel im akademischen Bereich 1130

das anschaut, muss man schauen, was wird da bevorzugt gesucht. Sucht man jemanden, 1131

der in der Forschung sehr aktiv ist, in der Lehre, was natürlich unsere Kernaufgaben sind 1132

oder möchte man jemanden, der sich vorwiegend um die Kundenbetreuung kümmert. 1133

Wir können da auch durchaus Schwerpunkte setzen in der Ausschreibung. Das wäre bei 1134

den WissenschaftlerInnen und beim Verwaltungspersonal schaut es dann wieder ganz 1135

anders aus, also je nachdem ob wir jemanden zum Beispiel in der Rechtsabteilung oder im 1136

Controlling suchen oder Mitarbeiter im Forschungsmanagement, die eben den 1137

ForscherInnen zuarbeiten, wenn es eben um Projektanträge etc. geht. Also, da haben wir 1138

immer unterschiedliche Stellenprofile und eben unterschiedliche Ausschreibungstexte 1139

und Erwartungen in weiterer Folge. 1140

I: Welche Kompetenzen sind Ihnen am wichtigsten? (fachlich, methodisch, sozial) 1141

B10: Also ich würde gar nicht sagen, dass man das unbedingt reihen sollte. Ich finde, es 1142

haben alle drei Kompetenzen ihren Stellenwert. Wenn ich jemanden habe, der nur im 1143

Labor arbeitet und der nur seiner Forschung nachgeht, wird wahrscheinlich die fachliche 1144

Kompetenz am stärksten ausgeprägt sein bzw. notwendig sein. Sobald ich aber jemanden 1145

habe, der Mitarbeiterführung übernimmt und mit einem Team zusammenarbeiten muss, 1146

es muss nicht unbedingt in einer Führungsposition sein, ist aber die soziale Kompetenz 1147

unbedingt wichtig. Dann vielleicht sogar noch wichtiger als die fachliche, wobei ich aber 1148

keineswegs das werten soll. Es ist die soziale Kompetenz unbedingt wichtig, vielleicht 1149

sogar noch wichtiger als die fachliche Kompetenz. Die soziale Kompetenz ist eben immer 1150

unabdingbarer. 1151

I: Wie definieren Sie soziale Kompetenz? 1152

B10: Soziale Kompetenz würde ich dadurch definieren, dass jemand eben auf Menschen 1153

eingehen kann. Erkennen kann, was hat er für eine Persönlichkeit vor sich und wie muss 1154

er mit dieser Person umgehen. Dass er eben mit verschiedensten Menschen im Team, die 1155

ja auch alle unterschiedliche Herkunftsgeschichten haben und unterschiedliche 1156

Ausbildungen, aus unterschiedlichen sozialen Schichten kommen, dass er eben wirklich 1157

auf jeden eingehen kann, mit jedem umgehen kann. 1158

I: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollten in der Universitätsausbildung mehr Gewicht 1159

erhalten? (Verbesserungsbedarf?) 1160

B10: Ja, also ich sehe, dass die fachlichen Ausbildungen, eben durch den Bologna-Prozess, 1161

immer mehr standardisiert werden, und dass es da durchaus Fortschritte gegeben hat in 1162

den letzten Jahren und die Ausbildungen durchaus ein gewisses Niveau haben, sich die 1163

österreichischen Universitäten im internationalen Vergleich scheuen müssen. Im Bereich 1164

der sozialen Kompetenz sehe ich durchaus noch, sagen wir, ein Verbesserungspotenzial. 1165

Ich weiß, dass es gerade an der Karl Franzens Universität, dass es ein sehr gutes Angebot 1166

gibt am Zentrum für Soziale Kompetenz, aber dass das Angebot nicht unbedingt von allen 1167

Studierenden gleichermaßen angenommen wird, und ich denke mir, dass es sehr hilfreich 1168

sein wird, wie es zum Beispiel an der Technischen Universität vorgeschrieben ist, in 1169

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einigen Curricula, dass eben ein Mindestmaß an Fächern zu absolvieren ist. Da gibt es 1170

sicher in einigen Studienrichtungen noch Bedarf, dass man das in das Curriculum einbaut 1171

und einen stärkeren Stellenwert beimisst, wobei man natürlich sagen kann, dass das nur 1172

ein Grundstock sein kann, den man anbietet, aber dass es eben auch in der 1173

Eigenverantwortung der Studierenden liegt, dass sie das vorhandene Angebot nützen, 1174

I: Bieten Sie interne Weiterbildung an? 1175

B10: Ja, wir haben ein sehr großes und gut ausgebautes Angebot in der internen 1176

Weiterbildung, das in einem gewissen Ausmaß auch verpflichtend ist. Zum Beispiel haben 1177

wir eine Führungskräfteausbildung, die verpflichtend ist. Da muss man gewisse Module 1178

eben absolvieren, sei es eben Arbeitsrecht, Budgetierung, also wirklich die Basics, die 1179

jemand aus unserer Fachwissenschaft in seinem Studium nicht mitbekommen hat. Das ist 1180

eben verpflichtend wahrzunehmen. Es gibt auch ein Angebot, das für die Habilitationen 1181

verpflichtend ist. Das bieten wir auch im Haus an. Dann gibt es natürlich auch noch 1182

freiwillige Seminare, die man absolvieren kann; also sei es aus Zeit- oder 1183

Selbstmanagement oder betriebliche Gesundheitsförderung, wir haben wirklich einen 1184

großen Katalog, aus dem sich jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin ein 1185

entsprechendes Angebot rausnehmen kann. 1186

I: In welche Branche ist Ihr Unternehmen tätig? 1187

B10: Wir sind im öffentlichen Bereich. 1188

I: Wie viele MitarbeiterInnen beschäftigen Sie derzeit in ihrem Unternehmen? 1189

B10: Wir haben ca. 2300. Ich sage jetzt ca., weil es schwankt, weil es von der Anzahl der 1190

Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter abhängig ist. 1191