Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes...

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Kompetenzorientierung und Begabungsförderung Lernen, Begabung, Intelligenz und Kompetenz aus Sicht der Lern- und Schulforschung. Pädagogischer Tag, Schulsprengel Innichen WFO Innichen 19. April 2017 Prof. Dr. phil. nat. Willi Stadelmann

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Kompetenzorientierung und

Begabungsförderung Lernen, Begabung, Intelligenz und Kompetenz

aus Sicht der Lern- und Schulforschung.

Pädagogischer Tag, Schulsprengel Innichen

WFO Innichen

19. April 2017

Prof. Dr. phil. nat. Willi Stadelmann

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I. Teil

Vorbemerkungen

1. Lernen Historisches; Vererbung und soziale Umwelt; Lernen aus

Sicht der kognitiven Neuropsychologie; Bedeutung des

Vorwissens.

2. Heterogenität. Menschen sind Unikate

3. Begabung und Intelligenz

II. Teil

4. Jeder lernt anders: Was macht lernen und lehren

sinnvoll?

5. «Gute» Schule

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Vorbemerkungen zum Einstieg

«Wenn wir die Kinder des 21. Jahrhunderts

von Lehrern mit einem Ausbildungsstand

des 20. Jahrhunderts in einem Schulsystem

unterrichten lassen, das im 19. Jahrhundert

konzipiert wurde und sich seitdem nur

graduell verändert hat, dann kann das so

nicht funktionieren.»

Andreas Schleicher, PISA-Koordinator

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4 Referat

UN-Konvention über die Rechte des Kindes

Art. 29:

Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein,

die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen

und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung zu

bringen.

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«Bildung beginnt mit Neugierde. Man töte in

jemandem die Neugierde ab, und man nimmt ihm

die Chance, sich zu bilden.»

Peter Bieri: ZEITmagazin Leben 32/07, 26

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«Staunen ist der erste Schritt zu einer Erkenntnis»

Louis Pasteur (1822-1895)

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«Alles Lernen ist nicht einen Heller wert, wenn

Mut und Freude dabei verloren ginge.»

J.H. Pestalozzi (1746-1827) 1,121

«Die Natur will also, dass der Mensch durch ruhiges,

stilles festhaltendes Anschauen und Betrachten all der

Dinge, die vor ihn kommen, sich in Stand stelle, nach

und nach richtige Urteile über diese Gegenstände zu

fällen.

Die Schule bringt dem Menschen das Urteil in

den Kopf, ehe er die Sache sieht und kennt.»

III, 142

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8

Ziel aller

Bemühungen ist

die Förderung

von

Begabungen,

nicht

ausschliesslich

die Förderung

von

Hochbegabten.

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9 Referat

I. Teil

1. Lernen

1.1 Grundsätzliche Erkenntnisse über

«Lernen» sind seit vielen Jahrhunderten

bekannt:

«Sage es mir,

und ich werde es vergessen.

Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten.

Lass es mich tun, und ich werde es können.»

Konfuzius 515 – 479 v. Chr.

Auch Lao-tse zugeschrieben ca. 300 v.Chr. 9 Referat

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Man kann einen Menschen nicht lehren,

man kann ihm nur helfen, es in sich selbst

zu tun

Galileo Galilei

1564 - 1642

10 Referat

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«Langsam selber auf eigene Erfahrung kommen ist

besser, als schnell Wahrheiten, die andere Leute

einsehen, durch Auswendiglernen ins Gedächtnis

bringen und mit Worten gesättigt den freien,

aufmerksamen, forschenden Beobachtungsgeist des

eigenen Kopfes verlieren.»

Pestalozzi J.H. (1746-1827) Gesammelte Werke in zehn Bänden Hrsg. Bosshart et

al. Zürich (1945 ff) 9, 139

«Lernbulimie»

11 Referat

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Ziel aller didaktischen Massnahmen

ist die Anregung der Lernenden

zum „Selbst- Tun“.

• Äusserliches Tun

• Verinnerlichtes Tun

12 Referat

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13 Referat

Die Verantwortung für das Lernen liegt letztlich bei den

Lernenden. Ihre eigene Aktivität bestimmt die Qualität ihrer

Lernprozesse.

« Man kann ein Pferd zur Tränke führen, aber man kann es

nicht zwingen zu trinken»

(Herkunft unbekannt)

13 Referat

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14 Referat

1.2 Vererbung und (soziale) Umwelt

Vor nicht allzu langer Zeit glaubten auch Hirnforscher

noch, das Gehirn werde von genetischen Programmen

zusammengebaut.

Dieses Weltbild aus dem Maschinenzeitalter spukt

leider noch immer in vielen Köpfen herum.

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15 Referat

Immer wieder hört und liest man, die kognitive

Entwicklung und damit die Hirnentwicklung eines

Menschen, seine Begabung und Intelligenz seien zu 50-

80% erblich. Nur der Rest sei formbar.

Dies suggeriert, der Anteil der sozialen Umwelt

an der kognitiven Entwicklung liege nur bei 20-

50%.

Das ist eine falsche Vorstellung.

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Es geht nicht um «Erblichkeit» sondern um den

«genotypischen Varianzanteil»

Vgl. Fischbach/Niggeschmidt. «essentials» Springer, Wiesbaden (2016) S.2

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«Phänotypische Varianz» von Kindern in einer Gruppe

(z.B. Schul-Klasse):

V = V + V phän. gen. Umwelt

(«Umwelt-Faktoren»)

Aktiv erlebte Umwelt, individuell rezipierte Umwelt

basierend auf der bisherigen Lernbiografie!

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18 Referat

Spektrum

Juli 2015 18

Methylgruppe

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Sicher ist:

Ohne Gene funktioniert gar nichts.

Aber:

Gene sind die Potenziale eines Menschen. Sie

bestimmen die kognitiven Entwicklungs-

Möglichkeiten eines Menschen.

Ob die Möglichkeiten «ausgeschöpft» werden, hängt

von der Umwelt ab.

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Der Mensch ist kein durch die Gene

programmierter Automat, der sich kognitiv mit

Hilfe eines Autopiloten entwickelt.

Wir sind nicht die Sklaven unserer Gene!

Vgl. Bauer (2007) S.17

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Es kommt darauf an, in welche Familie ein Kind

hineingeboren wird, in welcher Umgebung es

aufwächst, ob es zuhause einen Hund hat, in welche

Schulen es geht, welche Lehrerinnen und Lehrer,

welche Freunde es hat, in welchen Vereinen es

mitwirkt, ob es ein Musikinstrument spielt, ob es Sport

treibt…

Die Lernbiografie prägt den Menschen zum

Individuum, zum Unikat.

21 Referat

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1 Das Gehirn verändert sich beim Lernen physisch:

Jeder Mensch hat seine eigene Lernbiografie.

2 Vielseitige Tätigkeiten fördern/stabilisieren die

Hirnentwicklung - ein Leben lang. Das Gehirn ist

plastisch (Aufbau und Abbau).

1.3 Lernen aus Sicht der kognitiven

Neuropsychologie

22 Referat

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1.3.1 Wahrnehmung

ist notwenige Voraussetzung für Lernen.

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Synapse

Axon

Dendrit

Vester 1972

24 Referat

Durchmesser einer Zelle:

5-30 Mikrometer

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Das Gehirn hat keinen direkten Zugang

zur Aussenwelt, sondern nur indirekte

Verknüpfungen über Sinnesreize, die

aber nach Massgabe bereits

bestehender Verknüpfungen im Gehirn

wahrgenommen werden oder nicht.

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26 Referat

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28 Referat Bedeutung für Bildbetrachtung!

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„Das Gehirn ist taub und blind für die Welt.

Es kann nur mit Signalen umgehen.“

Gerhard Roth

Universität Bremen, 2003

30 Referat

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«Es gibt keine objektive ‘Umwelt’, die das Leben

eines Menschen bestimmt. Was wir ‘Umwelt’

nennen, ist immer abhängig von unserer subjektiven

Bewertung.»

Gerald Hüther: Mit Freude lernen ein Leben lang. Vandenhoeck & Ruprecht,

Göttingen (2016) S. 97

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32 Referat

Massgeblich dafür, ob ein

Sinneseindruck bewusst „wahr“

genommen wird, ist eben nicht der

Umstand, wie „wahr“ er ist, sondern als

wie individuell wichtig der Eindruck

durch die Person eingeschätzt wird.

Emotionen spielen dabei eine grosse

Rolle.

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33 Referat

1.4 Lernen heisst Hirnentwicklung: Plastizität

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Aus: Martin Meyer: Fittes Gehirn. Universität Zürich//Vortrag Meyer/Stadelmann 2014 34 Referat

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G&G 5/2014 S.43

35 Referat Nervenzelle (Zellkultur im Labor) aus dem Hippocampus: Dendritische Dornen (Spines)

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L. Jäncke (2013) s. 89

36 Referat

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37 Referat

Durch „pruning“ wird erreicht, dass diejenigen

Verschaltungsmuster (Netzwerkteile) erhalten

bleiben und gestärkt werden, die häufig

benutzt, also immer wieder aktiviert werden.

to prune: beschneiden

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38 Referat

Die Entwicklung eines Säuglings zum

erwachsenen Menschen ist also bei der Geburt

nicht determiniert!

Lernen ist ein individueller lebenslanger Prozess, der

durch eigene Tätigkeiten in Wechselwirkung mit der

Umwelt ermöglicht wird.

Lernen heisst selbst tun.

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Giulio Tononi und Chiara Cirelli: Warum wir schlafen. Spektrum Dezember 2014, 26.

Cirelli, C., Tononi, G.: Sleep and the Price of Plasticity. Neuron 81, 12-34, 2014

Bedeutung des Schlafs für das Lernen: «… ist ausreichender Schlaf in der Kindheit und Jugend

besonders wichtig. Schliesslich handelt es sich um

Zeichen intensiven Lernens.»

39 Referat

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40 Referat

«Ein genügend langer und ungestörter Schlaf ist

wahrscheinlich die beste Form von Neurodoping

überhaupt.»

Hans Rudolf Olpe/Erich Seifritz: Bis er uns umbringt? Wie Stress die Gesundheit

attackiert – und wie wir uns schützen können. Huber, Bern (2014) S.80

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Use it or lose it

Lernen heisst selbst tun:

Das Netzwerk baut sich fortlaufend auf und um,

wenn es denn genutzt wird

Vgl. Lutz Jäncke: «Bund» 27. März 2017 S. 31

41 Referat

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Das Kind ist ein von der Umwelt extrem

abhängiges Wesen: Wenn ihm seine

Umwelt die notwendigen Erfahrungen,

Tätigkeitsfelder vorenthält, kann es sich

nicht seinen Potenzialen entsprechend

entwickeln.

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Modellvorstellung für den Unterschied

zwischen kindlichem Lernen und

Erwachsenenlernen: Kindliches Lernen: Strukturen aufbauen,

stabilisieren, schneller

machen, optimieren (pruning).

Hohe Plastizität. Kristalline und

fluide Intelligenz entwickeln.

Erwachsenenlernen: Strukturen ergänzen, reorganisieren

erweitern, verbinden;

reflektieren;

Lernstrategien anwenden.

Kristalline Intelligenz steigern.

Fluide Intelligenz kaum noch

entwickelbar.

(vgl. auch A. Neubauer G&G 8/2014 S. 32, 33) 43 Referat

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1.5 Neuropsychologisches Paradoxon

und die Bedeutung des

Vorwissens:

Je mehr vorhanden ist, desto mehr geht

hinein

44 Referat

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Wichtigkeit des Vorwissens und Vorkönnens

für das erfolgreiche Lernen von Neuem

Neues Wissen und Verhalten, neue Fähigkeiten und

Fertigkeiten müssen an bisheriges ‘andocken’ können

‘Chunking’ (Chunks = Bündel)

45 Referat

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Elsbeth Stern, ETH Zürich, Vortrag Salzburg November 2013

• Hans baute ein Boot

• Urs liess einen Drachen steigen

• Lutz ass einen Apfel

• Beat ging über das Dach

• Jochen versteckte ein Ei

• Dominik setzte das Segel

• Peter schrieb ein Drama

• Viktor drückte den Schalter. 46 Referat

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• Wer ass einen Apfel?

• Wer versteckte ein Ei?

• Wer liess einen Drachen steigen?

• Wer ging über das Dach?

• Wer setzte die Segel?

• Wer baute ein Boot?

• Wer schrieb das Drama?

E. Stern (2013)

47 Referat

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• Noah baute ein Boot

• Benjamin Franklin liess einen Drachen steigen

• Adam ass einen Apfel

• Der Weihnachtsmann ging über das Dach

• Der Osterhase versteckte ein Ei

• Christoph Kolumbus setzte die Segel

• William Shakespeare schrieb ein Drama

• Thomas Edison drückte den Schalter.

E. Stern (2013) 48 Referat

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• Wer ass einen Apfel?

• Wer versteckte ein Ei?

• Wer liess einen Drachen steigen?

• Wer ging über das Dach?

• Wer setzte die Segel?

• Wer baute ein Boot?

• Wer schrieb das Drama?

E. Stern (2013)

49 Referat

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50 Referat

Ziel:

Lehrpersonen gestalten ihren Unterricht so,

dass die Schülerinnen und Schüler das Neue

in ihre Wissens- und Denkstrukturen einbauen

können.

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2. Heterogenität. Menschen sind Unikate

Jedes Gehirn ist ein Unikat. Jeder Mensch ist ein Unikat.

Je mehr der Mensch lernt, desto grösser wird seine

Einzigartigkeit.

51 Referat

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Gruppen von Menschen sind nie

homogen. Sobald zwei Menschen

zusammen kommen, haben wir

eine heterogene Gruppe.

Heterogenität ist natürlich.

Heterogenität lässt sich durch

Selektion nicht

vermeiden.

52 Referat

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«Es gibt nichts Ungleicheres als die gleiche

Behandlung von ungleichen Menschen»

Thomas Jefferson (vgl. auch: Stern/Neubauer: Intelligenz, München 2013, 9)

53 Referat

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Unterforderung ist ebenso problematisch wie

Überforderung.

Die Stress- Symptome sind kaum unterscheidbar.

20-30% der in die Schule eintretenden Schülerinnen und

Schüler in der deutschsprachigen Schweiz sind

unterfordert.

«Als entscheidend erleben Burn-out-Betroffene oft

fehlenden Spielraum für Individuelles, sinnentleerte und

uninteressante Aufgaben sowie fehlende Anerkennung

und Wertschätzung.»

Dr. med. Hanspeter Flury, Spezialist für Burn-out, Chefarzt der Klinik Schützen

Rheinfelden (Vista Nr. 10 Dezember 2013 S. 21)

Auch: «Boreout»!

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55 Referat

Bore-out und Burn-out:

In Deutschland fühlt sich mehr als jeder 10. bei seiner

Arbeit unterfordert. Die Betroffenen klagen über zu

anspruchslose Aufgaben (52%), zu wenig Verantwortung

(48%) und zu viel Routine (37%).

Institut Forsa (2011). Aus G6G Nr. 7/2014 23

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3. Begabung und Intelligenz

«Begabung» und «Intelligenz» sind Konstrukte.

«Unglücklicherweise herrscht in der Wissenschaft, wenn über

Begabung und Hochbegabung gesprochen wird, ein nahezu

babylonisches Sprachgewirr.»

(Albert Ziegler 2008, s.14)

56 Referat

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3.1 Begabung

«Begabung» umschreibt einen lebenslangen

individuellen Lern-Prozess. «Begabung» ist keine

Konstante. «Dynamischer Begabungsbegriff».

«Begabung» umschreibt die individuelle

Lernfähigkeit auf der Basis individueller

Potenziale.

57 Referat

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3.2 Intelligenz

Intelligenz ist das messbare Produkt des individuellen

Lernens eines Menschen auf der Basis seiner Potenziale

(Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, Verhalten) im

Vergleich mit Gleichaltrigen aus der gleichen Kultur.

Intelligenz ist eine Folge von Begabung. Begabung ist

Voraussetzung für Intelligenz.

Intelligenz ist angewandte, realisierte Begabung

58 Referat

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«Intelligenz ist immer eine Eigenschaft eines ganzen

Organismus; davon ist der Körper, die gesamte

Sensomotorik ein zentraler Bestandteil.»

Die Interaktion mit der Umwelt über unseren Körper

ist für intelligentes Verhalten «mindestens so wichtig

wie das Gehirn.»

«Zwischen der Informationsverarbeitung des Gehirns

und dem Körper besteht ein sehr enger

Zusammenhang.»

Rolf Pfeifer, Universität Zürich, Magazin 1/14 S. 30

Rolf Pfeifer: How the Body Shapes the Way We Think. A new view of intelligence.

The MIT Press (2006)

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«Denn Intelligenz entsteht nur, wenn ein Körper

sich in seiner Umwelt verhält.»

«embodied mind»

Hans-Johann Glock, Universität Zürich. Magazin 1/14 S.32

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«Lernen macht intelligent» !

Buchtitel Neubauer/Stern: Lernen macht intelligent. DVA München (2007)

61 Referat

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Kein Kind wird begabt oder gar hochbegabt

und schon gar nicht intelligent geboren.

Kinder werden mit verschiedenen Potenzialen

geboren.

62 Referat

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63 Referat

UMWELT

Stimulation Stimulation

«Epigenetik»

Genexpression

BEGABUNG lernen INTELLIGENZ Potenzial + «kristallin»: Wissen,

Lernfähigkeit ‘Schulwissen’

«fluid»: Verstehen;

vielseitige Verarbeitung

von Informationen,

Schlussfolgerungen,

Hypothesen

Stadelmann (2014): Vortrag Meyer/Stadelmann «Alles Neuro?» Zürich 19.11.2014

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64 Referat

«Üben, üben, üben…»

«Die Strasse zum Erfolg besteht aus einem jahrelangen,

zielstrebigen Üben…»

Heiner Gembris (Hg) Begabungsförderung und Begabungsforschung in der Musik.

IBFM Lit Berlin (2010) S.54

64 Referat 64 Referat

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65 Referat

Ericsson et al. 2007

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66 Referat

«… können sich weniger intelligente

Menschen bei entsprechenden

Übungsmöglichkeiten in ein Inhaltsgebiet so

einarbeiten, dass sie imstande sind, die

gleichen Leistungen zu erbringen wie

intelligentere Personen»

Neubauer/Stern 2004, 175

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67 Referat

«Wir interpretieren das so, dass auch weniger

intelligente Personen die Effizienz ihrer

Gehirnnutzung steigern, wenn sie sich nur lange

genug mit einer speziellen Aufgabe oder

Wissensdomäne beschäftigen.» Stern/Neubauer (2013) 173

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68 Referat

«If I don’t practise for a day, I know it.

If I don’t practise for two days, my wife knows ist.

If I don’t practise for three days, the whole world

knows ist.»

Horowitz zugeschrieben

Colvin, (2006) p. 90. Zit, nach Grassinger (2012)

68 Referat

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69 Referat

«So wurde noch nie eine spätere Nobelpreisträgerin/ein

späterer Nobelpreisträger in Hochbegabtenstudien

identifiziert, doch einige als ungenügend begabt

zurückgewiesen.»

Albert Ziegler (2010)

69 Referat

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70 Referat

«Wenn Sie sich die Personen anschauen, die in den

letzten 50 Jahren etwas Bedeutendes zustande

gebracht haben, dann stellen Sie fest, dass keiner von

denen ein besonders gutes Abitur gemacht hat.

Aber alle haben sich dadurch ausgezeichnet, dass sie

sich ihren Eigensinn, ihre Gestaltungslust und ihre

Entdeckerfreude bewahrt haben.»

Gerald Hüther in Eckoldt (2014) S. 63

Page 71: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

„Ein aktuelles leistungsmotiviertes Handeln

findet besonders dann statt, wenn die Tendenz

‚Hoffnung auf Erfolg‘ die Tendenz ‚Furcht vor

Misserfolg“ überwiegt.“

Walter Edelmann: Lernpsychologie Beltz 2000 S. 254

71 Referat

Motivation

71 Referat

Page 72: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

II. Teil: Jeder lernt anders

4. Was macht Lernen und Lehren

«Sinn-voll»?

«Sinn» als Katalysator für Lernen und Verhalten ist ein

Prozess, ein Weg; er verändert sich im Laufe des

Lebens.

Was «Sinn» macht, ist individuell verschieden.

Trotzdem gibt es Zugänge zu «Sinn-vollem» Lernen, die

für viele Individuen wirksam sein können.

Page 73: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Einige Beiträge zu «Sinn-vollem» Lernen und

Lehren im Überblick:

• Emotionalität; Identifikationsmöglichkeiten für die SchülerInnen;

Persönlichkeit der Lehrerin, des Lehrers

• Vorwissen und Vorverhalten

• Vernetzung, Interdisziplinarität; die Welt verstehen lernen

• Balance zwischen Konkretion und Abstraktion

• Zeit für Reflexion. Weg von der «50-Minuten-Hackmachine»; weg

vom «bulimischen Lernen»

• Selbst-verantwortetes Lernen (selbst-organisiertes) Lernen fördern:

inhaltliche und pädagogische Freiheitsgrade

• Anwendbarkeit des Wissens; Kompetenzorientierung • Sprachliche Verbindlichkeit und Klarheit

• Weder Unterforderung noch Überforderung:

Unterrichtsdifferenzierung

• Förderorientierte Beurteilung; Selbstbeurteilung

• Schulautonomie (Qualität wächst bottom up): «Gute

Schule»

Page 74: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

4.1 Emotionalität. Persönlichkeit der

Lehrerin/des Lehrers

Der Lernstoff sollte emotional «aufgeladen» sein.

SchülerInnen müssen das Gefühl haben, dass etwas für

sie und für ihr Leben emotional wichtig ist; dass sie

deshalb lernen wollen.

Die Person, von welcher die Schülerin/der Schüler etwas

lernt, sollte als bedeutsam erlebt werden. Eine emotionale

Beziehung zu Lehrenden ist von grosser Bedeutung.

Page 75: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Lehrerinnen und Lehrer wirken

mit ihrer Person.

Persönlichkeit manifestiert sich im

Handeln

75 Referat 75 Referat

Page 76: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

«Person» kommt sprachlich von

persona (lat.) = «Maske»

(ev. etruskischen Ursprungs)

Im Mittelhochdeutschen (18. Jh.) im Sinne von

«das dargestellte Wesen».

(Vorsicht mit «personare» (lat.) hindurchtönen).

Kluge: Ethymologisches Wörterbuch. De Gruyter (1975)

76 Referat 76 Referat

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«Es gibt eine Dialektik von Person und Rolle, von

Individualität und Maske. Denn Masken verbergen

nicht nur, sie fordern heraus und machen

Rollenangebote.»

Man schlüpft in eine Rolle und wächst über sich

hinaus. «Und gibt es nicht auch Rollen im Leben, in

die man hineinwachsen muss, wenn man eine

Persönlichkeit werden will?»

Niklaus Peter: Die Maske der Tugend. Das Magazin Nr. 9, 4. März 2017 S. 7

Page 78: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Was wirkt auf Schülerinnen und Schüler?

• Begeisterungsfähigkeit:

«Emotionales Infizieren»; «Begeisterung ist

Dünger für das Hirn» M. Stamm, Münster 10.9.2015

• Wertschätzung

• Empathie

• Teil der eigenen Biografie geben

• Vorbild-Funktion; Identifikationsfigur

• Authentizität

• Kommunikationsfähigkeit

• Reflexion der eigenen Tätigkeit (auch

Feedback-Verhalten; Schüler-Feedback)

• Fachliche Kompetenz

78 Referat 78 Referat

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4.2 Zeit für Reflexion der Lernprozesse und des

Gelernten. Weg von der 50-Minuten-

Hackmaschine

• zu wenig Zeit für das Eintauchen in die Materie

• zu wenig Gelegenheit zur sozialen Interaktion

• zu wenig Methodenvielfalt

• zu wenig Zusammenhänge

• zu wenig Reflexion

Weniger Stoff; mehr verstehen!

Der Unterschied zwischen Wissen und Bildung liegt

insbesondere in der Reflexion, im eigenen Involviertsein.

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4.3 Selbst-verantwortetes, selbst-organisiertes

Lernen fördern («SOL»)

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81 Referat

Selbstreguliertes Lernen soll die intrinsische

Motivation der SchülerInnen steigern durch

Freiheitsgrade:

• in Teilen der Stoffauswahl oder

Stoffvertiefung

• im Arbeitstempo

• in den Lernformen

• in den Lernstrategien

• in der Darstellung und Kommunikation des

Gelernten

• in der Selbstbeurteilung

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82 Referat

Didaktische Szenarien und Formen des

selbstorganisierten Lernens, z.B.:

• Fallstudie

• Forschungsorientiertes Lernen

• Projekt erarbeiten (allein oder in der Gruppe)

• Selbständige Lektüre oder Internetrecherche

mit Zusammenfassung und persönlichem

Kommentar zu einer Aufgabe

• Erarbeitung und Herstellung von Modellen

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83 Referat

Also:

Eigenverantwortetes Lernen in der Schule

erfordert offenere Unterrichtsformen, das heisst

die Gewährung von lernorganisatorischen und

inhaltlichen Freiräumen und die

Weiterentwicklung der Lehrerrolle von der

direkten Instruktion zum adaptiven Lerncoaching.

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84 Referat

Bemerkung: Es braucht immer wieder

«direktive» Unterrichtsteile.

Ein Coach hat auch die Aufgabe, klare Ziele zu

vermitteln und Resultate zu fordern. Er muss immer

wieder festhalten, was für alle gilt!

Lehrperson als «Coach» bedeutet also nicht, die

Jugendlichen einfach sich selbst zu überlassen.

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Kritik aus der Schulpraxis:

Wie können solche individuelle, «selbstverantwortete»

Schüler- Leistungen im Klassenverband beurteilt/benotet

werden?

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4.4 Anwendbarkeit des Wissens; Aufbau auf

dem Vorwissen und Vorkönnen:

Kompetenzorientierung

«Lernen ist ein aktiver Prozess, bei welchem neue

Information mit bestehendem wissen in Beziehung

gesetzt wird. Neue Kompetenzen entwickeln sich durch

neue Erfahrungen aus bestehenden heraus.»

Prüfungen, Benotung und Lehr-Lernaktivitäten müssen so

aufeinander abgestimmt sein, dass sie die Schülerinnen

und Schüler optimal in ihrem Lernen unterstützen.

Vgl. Elsbeth Stern ETH Zürich (2013) 17

Page 87: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Kompetenz

«Unter dem Begriff der Kompetenz kann in einem

ganzheitlichen Sinne die Fähig- oder Fertigkeit

verstanden werden, komplexe Anforderungen und

Aufgaben in einem konkreten Kontext erfolgreich zu

bewältigen, indem man Ressourcen mobilisiert.»

«Ressourcen» = Wissen, Techniken und

Verfahrensweisen (lesen, schreiben,

Informationsbeschaffung), Denk- und Problemlöse-

Strategien, Empathie, Kommunikationsfähigkeit,

Infrastruktur, persönliches Netzwerk….

Criblez, Oelkers, Reusser, Berner, Halbheer, Huber (2009) 35

87 Referat 87 Referat

Page 88: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

«Über eine Kompetenz verfügt ein Schüler oder eine

Schülerin dann, wenn er oder sie:

• Zur Bewältigung einer Situation vorhandene Fähigkeiten nutzt;

• dabei auf vorhandenes Wissen zugreift und sich benötigtes

Wissen verschafft;

• die zentralen Zusammenhänge eines Lerngebietes oder eine

Fachbereiches verstanden hat;

• angemessene Lösungswege wählt;

• bei seinen oder ihren Handlungen auf verfügbare Fertigkeiten

zurückgreift;

• seine oder ihre gesammelten Erfahrungen in seine oder ihre

Handlungen mit einbezieht.»

Criblez, Oelkers, Reusser et al. (2009) 35/36

88 Referat 88 Referat

Page 89: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Kritik aus der Unterrichtspraxis:

Kompetenzen lassen sich im Gegensatz zu Wissen

kaum mit Noten bewerten.

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4.5 Vernetzung, Interdisziplinarität Problem: Isoliertes Faktenwissen statt

konzeptuelles Netzwerk E. Stern, Salzburg 2013

• Die Stärke des Gehirns liegt in der Vernetzung

• Wissen und Verhalten werden im Gehirn nicht lokal gespeichert

• Fach-Gefässe füllen, genügt nicht für das Verstehen von

Zusammenhängen.

• «Sinn» liegt in Zusammenhängen, in der Ordnung der Einzelteile vgl. Luhmann

• Die Welt manifestiert sich nicht in den zu Schulfächern

auseinandergerissenen Details.

Vermehrt Fachbereiche!

Page 91: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Zum Beispiel «Lehrplan 21» für die deutschsprachigen

Volksschulen, Schweiz (in Einführung):

Natur, Mensch, Gesellschaft:

Natur und Technik

Wirtschaft, Arbeit, Haushalt

Räume, Zeiten, Gesellschaften

Ethik, Religionen, Gemeinschaft

(Analoge Entwicklung in Österreich)

Page 92: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Kritik aus der Unterrichtspraxis:

Kenntnisse und Fähigkeiten, die auf

Zusammenhängen und Wechselwirkungen beruhen,

lassen sich nicht gut oder gar nicht mit Noten

bewerten.

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4.6 Beurteilung von Schülerleistungen und

von Schülerverhalten

Notengebung in der Schweiz:

1 = schlechteste Note

6 = beste Note

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94

Die Hauptaufgabe der Beurteilung:

die Schülerinnen und Schüler fördern.

(Förderung steht pädagogisch vor Selektion)

• Beurteilung unterstützt und fördert das Lernen

• Beurteilung ermöglicht persönliche

Standortbestimmung

• Beurteilung animiert zum Besser-Machen

• Beurteilung unterstützt die Persönlichkeits-

Entwicklung

• Beurteilung unterstützt Laufbahn-

entscheide

Page 95: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

95

• Sie orientiert sich an klar definierten Zielen

• Sie zeigt den persönlichen Fortschritt auf

• Sie ist in einen offenen Dialog eingebettet

• Selbstbeurteilung der SchülerInnen ist wichtig und

wird gefördert. Sie ist Teil der Gesamtbeurteilung.

Anforderungen an die

Beurteilung

Page 96: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

4.6.1 Kritik an der Schülerbeurteilung durch

Noten

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Schülerinnen und Schüler wünschen sich in aller

Regel eine Leistungsbeurteilung mit Noten (weil sie

sich so gewöhnt sind und nichts anderes kennen?).

Sie kritisieren aber häufig das Verfahren, das zur

Notengebung führt:

«Insbesondere monieren sie die mangelnde

Transparenz, die dazu führt, die

Notengebung wie ein undurchschaubares

Schicksal zu erleben.»

Oelkers 2002

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98 Referat

Vögeli-Mantovani (1999): Kritik an Noten als alleinige Unterrichtsbeurteilung

Noten sind schlecht oder unbrauchbar, weil: • Verschiedene Lehrkräfte bewerten dieselbe Arbeit unterschiedlich

• Die Lehrkraft hat die Tendenz, dieselbe Arbeit zu verschiedenen

Zeitpunkten unterschiedlich zu bewerten

• Es ist keineswegs klar, was mit einer Note ausgedrückt wird

• Noten sind zur Beurteilung bestimmter Sachverhalte ungeeignet

• Notenarithmetik ist mathematisch unzulässig.

Vgl. auch Oelkers 2002

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Messen heisst vergleichen:

Messstandard/Messeinheit.

Physikalische Grössen wie Masse, Länge, Zeit haben

definierte Standards, einen definierten Nullpunkt.

Noten hingegen erlauben «lediglich Aussagen über

Rangplätze».

«Die Note 5 ist besser als die Note 4, aber eine 4 ist nicht

doppelt so gut wie eine 2».

Einen arithmetischen Mittelwert darf man aus

messtheoretischer Sicht nicht interpretieren

(‘Notendurchschnitt’).

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Die Berechnung von Durchschnitten würde Daten auf

einer Intervallskala voraussetzen und würde erfordern,

dass Daten, welche zu einem Durchschnitt beitragen,

sich auch inhaltlich auf eine gemeinsame Skala

beziehen. In einer Intervallskala lässt sich die Grösse von Abständen

zwischen Messwerten vergleichen und als inhaltlich

bedeutungstragend interpretieren.

Noch einmal: «Notendurchschnitte sind aus

messtheoretischer Sicht folglich weder zulässig

noch interpretierbar. Daraus folgt, dass Entscheide aufgrund von Notendurchschnitten

mit einem zusätzlichen, schwer schätzbaren Fehler behaftet sind,

welcher über die Messfehler der einzelnen Prüfungen hinausgeht.»

Elsbeth Stern ETH Zürich (2013) 21

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Die Praxis der Notengebung auf allen Schulstufen

unterstellt die Vergleichbarkeit der Notengebung der

Lehrerinnen und Lehrer eines bestimmten Faches an

allen Orten.

Tatsache ist aber, dass die Bewertungen von

Schule zu Schule, von Fach zu Fach, von

Lehrperson zu Lehrperson variieren, zum Teil

erheblich und ärgerlich.

Page 102: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

«In verschiedenen Fächern wird mit unterschiedlicher

Strenge zensiert, die Strenge nimmt mit der Bedeutung

des Faches in der Stundentafel zu, ‘stark selektive

Hauptfächer’ haben die strengste Notengebung.»

Die Benotungsstrenge nimmt mit der Klassenstufe zu.

Die Hauptfächer des Gymnasiums steigern die

Anforderungen, die Zensuren in den Nebenfächern ist

milder.

De Groot (1971); Ingenkamp (1976); Hopp/Lienert (1976); Oelkers (2002)

Page 103: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Der prognostische Wert von Zensuren und

Zeugnissen ist gering und reproduziert das

«klasseninterne Bezugssystem», also die Relativierung

der Notenaussagen im Blick auf Ort und Kontext, in

dem sie entstehen. Sie zeigen lediglich die Verteilung in

einer bestimmten Leistungsgruppe auf.

Noten umschreiben den internen Rangunterschied.

Ziegenspeck (1999); Weinert (2001)

Page 104: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Die Streuung der Aufsatznoten ist ein bekanntes

Phänomen, weniger bekannt sind Befunde, die darauf

hindeuten, dass die gleichen Beurteiler die gleiche

Arbeit zu verschiedenen Zeitpunkten höchst

unterschiedlich bewerten.

Es gibt auch eine «Verlaufskurve der Bewertung»: Die

erste Arbeit einer Korrekturserie wird tendenziell anders

bewertet als die letzte.

Page 105: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

«Der stärkste Faktor für Erfolg oder Misserfolg

aber ist die Schichtzugehörigkeit, das soziale

Milieu, aus dem die Schülerinnen und Schüler

stammen.» Ingenkamp (1976); Moser/Rhyn (2000)

Mädchen erhalten bessere Zeugnisnoten als

Jungen, sie repetieren erheblich weniger und

haben den grösseren Schulerfolg. Richter (1996)

Page 106: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Aber: «Mädchen müssen mit schlechteren

Physik-Noten rechnen»

«Lehrerinnen und Lehrer in der Schweiz und Österreich,

die seit weniger als zehn Jahren unterrichten, benoten

Mädchen signifikant schlechter als Knaben.» Benachteiligung in der CH im Schnitt 0,7 Noten; in A 0,9 Noten.

Deutschland: «Die Lehrer benoten Schülerinnen und

Schüler gleich, die Lehrerinnen hingegen verhalten sich

wie ihre Schweizer und Österreicher-Kollegen.»

Benachteiligung im Schnitt 0,9 Noten. Eine Erklärung für

diesen Unterschied zwischen A,D und CH gibt es nicht.

Dissertation Sandra Hofer, ETH Zürich.

Hofer, S.: Studying Gender Bias in Physics Grading: The role of teaching experience

and country. International Journal of Science Education, 2015, 37, 2879-2905

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Es ist nicht verwunderlich, «dass Korrelationen

zwischen professionell konstruierten Leistungstests

und den Noten in dem entsprechenden Fach selten

r =.40 übersteigen.

Vgl. Elsbeth Stern, ETH Zürich; November 2013

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Wichtigkeit der Selbstbeurteilung:

Fähigkeit, den eigenen Lernprozess und das

Lernergebnis selbst beurteilen zu können.

«Schülerinnen und Schüler, die ihre eigenen

Leistungen annähernd realistisch einschätzen können,

verfügen über eine solide Basis für weiterführende

Lernprozesse. Sie sind in der Lage, ihr Lernen selbst

zu regulieren und die Motivation für das Lernen

aufrecht zu erhalten.»

Städeli/Obrist/Sägesser: Kerngeschäft Unterricht. hep Verlag Bern 2003 S. 86

Page 111: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Mögliche Fragestellungen für die Selbstbeurteilung:

• Lernzuwachs: Was kann ich jetzt mehr oder besser?

• Lernerfolg: Was gelang mir gut? Warum? Was

förderte meinen Lernerfolg?

• Lernprobleme: Wo hatte ich Schwierigkeiten? Warum?

Was hemmte meinen Lernerfolg?

• Lernklima: Was gefiel mir, was nicht?

• Lernhilfen: Was half mir beim Lernen, was nicht?

Welche Lernhilfen brauche ich künftig,

um besser zu lernen?

Beeler (1999), 130; verändert WS

Page 112: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

• Lernjournal / Lerntagebuch

• Lernportfolio

Page 113: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Weigand et al.(2014) S.199

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114

Ziele festlegen

Beobachtungen Beurteilen

Fördern

Idealvorstellung:

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E. Stern (2013) S. 17

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116

5.«Gute» Schulen

Klafki, Fend, Aurin

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117 Referat

«Wissenschaftlich ist längstens belegt, dass die

Qualität der Lehrkräfte und die Güte ihrer

Zusammenarbeit in ihrer Schule die stärksten

positiven Auswirkungen auf den Lernerfolg der

Kinder und Jugendlichen haben.»

Rolf Dubs: Bildungspolitik und Schule wohin? Tobler Verlag Altstätten (2010) 26

«Was alle angeht, können nur alle lösen»

Friedrich Dürrenmatt

Page 118: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

118 Referat

Helmut Fend (1986):

… die Wiederentdeckung «der einzelnen Schule als

pädagogische Handlungseinheit.»

Das Kollegium einer Schule kann im Zusammenwirken

mit SchülerInnen und Eltern pädagogisch Erhebliches

bewirken, kann die eigene Schule zu einer «guten

Schule» gestalten (damit ist insbesondere eine

förderorientierte Schule zu verstehen).

Page 119: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

• Zielkonsens

Die Lehrerschaft erarbeitet einen Konsens in den

Erziehungs- und Bildungszielen, in den Vorstellungen

über die Persönlichkeits- und Charaktererziehung der

Schülerinnen und Schüler: Schule als pädagogischer

Organismus.

• Eigene Schulhauskultur:

Schul- und Lernklima, Unterrichtsatmosphäre, Arbeits-

und Lernzufriedenheit aller an der Schule Beteiligten

haben grosse Bedeutung und werden aktiv gepflegt.

«Gute» Schulen

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• Leistungserwartung

Die Lehrpersonen stellen klare Forderungen, an die

Schülerinnen und Schüler und an sich selbst, unter-

stützen die Schülerinnen und Schüler beim Lernen

und geben ihnen intensiv Feedback. Lehrpersonen trauen

ihren Schülern etwas zu und haben eher optimistische

Erwartungen hinsichtlich ihrer Fähigkeiten.

• Kooperation

Lehrpersonen wirken in wichtigen Entscheidungs-

prozessen mit und pflegen untereinander sowie mit

Schulleitung, Behörden und den Eltern eine gute

Zusammenarbeit. Keine «freie Künstlerschaft», kein

«Einzelkämpfertum».

«Gute» Schulen

Page 121: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

• Leadership:

Die Schule ist geleitet. Die Schulleitung ist an

pädagogischen Entwicklungen interessiert, führt und

unterstützt das Lehrerkollegium («Leadership») und

schafft gute Voraussetzungen für Innovations- oder

Optimierungs- Prozesse. Sie regt zur Mitwirkung und

Mitentscheidung an und trifft bei gemeinsam nicht

lösbaren Problemen die notwendigen Entscheidungen.

«Gute» Schulen

Page 122: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

• Evaluation:

Lehrpersonen reflektieren ihren Unterricht und

überprüfen für sich und ihre Schule die selbst

gesetzten erzieherischen und unterrichtlichen Ziele in

einer Selbstevaluation. Periodisch lassen ganze

Schulen ihre Arbeit und Zielerreichung durch eine

externe Evaluation überprüfen.

• Unterrichtsreflexion:

Lehrpersonen tappen nicht in die «Erfahrungsfalle».

Sie sind bereit, ihre eigene Arbeit immer wieder

selbstkritisch zu prüfen und mit andern zu erörtern.

«Gute» Schulen

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Schulkultur (Schulen aller Ebenen):

Kulturen zeichnen sich aus durch:

• gemeinsame Ziele

• gemeinsame Normen, Abmachungen,

Absprachen

• Austausch innerhalb der Gruppe

(Gemeinschaft)

• gemeinsame Rituale mit dazugehörenden

Zeitgefässen.

Kulturen beruhen nicht auf Beliebigkeit.

Page 124: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

124 Referat

Eine Gruppe von EinzelkämpferInnen bzw. von freien

KünstlerInnen kann keine «gute» Schule führen.

«Begabungsförderung an Schulen ist ohne

Schulentwicklung nicht möglich.»

Stadelmann news&science Salzburg 2006

Page 125: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

5.1 Ganz besonders: Schulleitung

125 Referat

Page 126: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Die Schulleitung ist eine ‘Schlüsselgrösse’ (Steffen et al. 1993 S. 89)

Schwerpunkte effektiven Schulleitungshandelns sind:

• Langfristige Schwerpunktsetzung bezüglich der

Lerninhalte

• Erarbeiten eines Schulentwicklungsplans, der vom

Kollegium getragen wird; Weiterbildungsstrategie und

–Planung.

• Zusammenhang zwischen einzelnen schulischen

Elementen schaffen

• Inkohärenzen bekämpfen. Effiziente Zusammenarbeit

fördern.

Fullan (2000) zitiert nach Diss. Stemmer (2011/2012) S. 8

126 Referat

Page 127: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

«Pädagogische Führung bedeutet insbesondere:

• Leit-, Schul- und Jahresprogramm mit dem Kollegium

erarbeiten und umsetzen

• Schul- und Unterrichtsentwicklung initiieren und

evaluieren

• Schulinterne Weiterbildung planen und umsetzen.»

Diss. Gabriele Stemmer Obrist (2011/2012) Universität Zürich S. 50

127 Referat

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Fazit «gute Schule»:

Leistungsqualität an Schulen ergibt sich vor allem aus

• der Qualität der Lehrpersonen

• der Zusammenarbeit im Kollegium

• der Wirkung der Schulleitung

• dem Zusammenspiel zwischen Systemvorgaben

und Eigengestaltung.

Qualität kann nicht top-down dekretiert werden.

Qualität wächst bottom-up: Schulautonomie!

Page 129: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

129 Referat

5.2 Eine begabungsfördernde Schule ist ohne

Schul- und Unterrichtsentwicklung nicht zu

realisieren.

Es braucht beides:

• «Ich und meine Klasse»

• «Wir und unsere Schule»

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130

Die vier Beine der

Schulentwicklung

Kompetenzen-

Delegation

(politisch):

„Teilautonome

Schulen“

Organisations-

entwicklung:

Schulleitung,

Leadership.

Pädagogische

Schulleitung!

Pädagogische

Entwicklung:

„Schule als

pädagogische

Einheit“

Gemeinsame

Ziele.

Beg.förderung

Qualitäts-

entwicklung:

Selbstevalua-

tion, Externe

Evaluation,

Systemeva-

luation

Stadelmann news&science 2006

Page 131: Kompetenzorientierung und Begabungsförderung...4 Referat UN-Konvention über die Rechte des Kindes Art. 29: Die Bildung jedes Kindes muss darauf gerichtet sein, die Persönlichkeit,

Genes make a difference

Parents, family, peer-group make a difference

Teachers make a difference (John Hattie)

Schools make a difference

Politics make a difference