Kostenträger Entscheiderbrief - Medizin-EDV · Entscheiderbrief Fehlkalkulationen bei...

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Entscheiderbrief Fehlkalkulationen bei Einsteigertarifen, dra- stische Beitragserhöhungen zum Jahres- wechsel und perspektivisch eine Vervielfa- chung der Beiträge bis zum Rentenalter – mit Fakten und Meinungen ist das Modell der privaten Krankenversicherung erneut ins Gerede gekommen. Müssen oder soll- ten sich die PKVen vom Vollversicherungs- geschäft verabschieden? Michael Reiter sprach mit Volker Leienbach, Direktor des Verbands der privaten Krankenversicherung, und Flo- rian Lanz, Sprecher des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung. Kostenträger Entscheiderbrief: Herr Leienbach, in den vergangenen Wochen haben Politiker, gesetzliche Kassen und Ver- braucherschützer gleichermaßen Zweifel an der Zukunftsfähigkeit der privaten Kranken- versicherung geäußert. Läuft das Geschäfts- modell der PKV aus? Volker Leienbach: Das Gegenteil ist richtig: Mit 9 Millionen Vollversicherten und 22 Millionen Zusatzversicherungen gibt es der- zeit so viele Privatversicherte wie nie zu- vor. Auch 2012 wieder wechselten weit über 200.000 Menschen aus der Gesetzlichen in die PKV, wobei dieser Wechsel stets freiwil- lig ist. Die Kritik der vergangenen Wochen hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Sie skandalisiert Einzelfälle mit verhältnismä- ßig hohen Beitragssteigerungen. Solche Fäl- le sind aber die absolute Ausnahme. Meh- rere unabhängige Analysedienste haben einen durchschnittlichen Beitragsanstieg in der PKV von aktuell nur rund zwei Prozent ermittelt. Laut den Analysten von „Morgen & Morgen“ gibt es 2012 in fast der Hälfte der Tarife gar keinen Beitragsanstieg. Und was die selbsternannten Kritiker gern ver- schweigen: Für die wenigen tatsächlichen Problemfälle existiert seit Jahren eine Lö- sung: Jeder Privatversicherte hat jederzeit tems unverzichtbar. Nur die PKV ist auf die demografische Alterung der Gesellschaft vorbereitet. Sie hat bereits rund 170 Milli- arden Euro Kapitalreserven gebildet, um damit für die höheren Gesundheitskosten im Alter vorzusorgen. Die Umlagefinanzie- rung der GKV hingegen lädt die Last der steigenden Ausgaben einfach auf die Schul- tern der kleiner werdenden künftigen Ge- nerationen. Wie sollte die Politik Ihrer Ansicht nach auf diese Entwicklung reagieren? Leienbach: Die dringlichste Aufgabe für Gesundheitspolitiker jeder Partei muss es sein, das Gesundheitssystem zukunftsfest zu machen. Dabei gilt in Zeiten des de- mografischen Wandels: Je mehr Menschen und Leistungen kapitalgedeckt in der PKV abgesichert werden, desto besser für die Zukunft des Gesundheitswesens. Die PKV ist dazu bereit. Kostenträger Entscheiderbrief Neue Strategien und Technologien für die Führungskräfte der Branche Erscheint im Antares Computer Verlag Ausgabe 1/2012 conhIT Branchentreff für Healthcare IT S. 16 – www.conhit.de Liebe Leserin, lieber Leser, auch diese Ausgabe bietet Ihnen wieder kontroversen Lesestoff: Steht das Modell der privaten Krankenversicherung vor dem Aus? Sollten Leistungserbringer hierzulande dafür gerade stehen, dass die Bundesregierung sich im Zugzwang sieht, Milliarden zur Sanierung des griechischen Staatshaushaltes beizutra- gen? Neben Statements bekannter Persön- lichkeiten und Experten zu diesen aktuellen Themen finden Sie erneut Interviews und Fach- beiträge zu Strategien und prägenden Ent- wicklungen im Versorgungsmanagement, zu Lösungsangeboten für effizienzsteigernde Technologien und ein Update zur elektroni- schen Gesundheitskarte. Ihre Meinung zu allen diesen Themen- bereichen interessiert uns – schreiben Sie einfach eine Mail an [email protected]. Ihr Michael Reiter Chefredakteur Volker Leienbach, Direktor des Verbands der Privaten Krankenversicherung So positionieren sich die Verbände Die PKV – ein auslaufendes Geschäftsmodell? Fortsetzung Seite 5 das Recht zum Wechsel in andere, günsti- gere Tarife seines Versicherers. Für lang- jährig Versicherte gibt es darüber hinaus einen sehr preiswerten Sozialtarif: den bran- cheneinheitlichen Standardtarif. Warum braucht das deutsche Gesundheits- wesen überhaupt ein zweigliedriges System? Leienbach: Weil es sich in der Praxis bes- tens bewährt. Dank des Zwei-Säulen-Sys- tems aus GKV und PKV hat Deutschland eine Versorgungsqualität, um die es welt- weit beneidet wird. Die Konkurrenz von GKV und PKV stellt kurze Wartezeiten, ei- nen guten Zugang zu Ärzten und Kranken- häusern sowie medizinischen Fortschritt für alle sicher. In einem Einheitssystem las- sen sich die Leistungen dagegen erheblich einfacher einschränken. Das sieht man gut am Beispiel Großbritannien, dessen Bürger- versicherung für die Versicherten zu einer Wartelistenmedizin mit stark rationierten Leistungen geführt hat. Zudem ist die PKV für die Nachhaltigkeit des Gesundheitssys-

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Entscheiderbrief

Fehlkalkulationen bei Einsteigertarifen, dra-stische Beitragserhöhungen zum Jahres-wechsel und perspektivisch eine Vervielfa-chung der Beiträge bis zum Rentenalter –mit Fakten und Meinungen ist das Modellder privaten Krankenversicherung erneutins Gerede gekommen. Müssen oder soll-ten sich die PKVen vom Vollversicherungs-geschäft verabschieden? Michael Reiter sprachmit Volker Leienbach, Direktor des Verbandsder privaten Krankenversicherung, und Flo-rian Lanz, Sprecher des Spitzenverbandesder Gesetzlichen Krankenversicherung.

Kostenträger Entscheiderbrief:Herr Leienbach, in den vergangenen Wochenhaben Politiker, gesetzliche Kassen und Ver-braucherschützer gleichermaßen Zweifel ander Zukunftsfähigkeit der privaten Kranken-versicherung geäußert. Läuft das Geschäfts-modell der PKV aus?

Volker Leienbach: Das Gegenteil ist richtig:Mit 9 Millionen Vollversicherten und 22Millionen Zusatzversicherungen gibt es der-zeit so viele Privatversicherte wie nie zu-vor. Auch 2012 wieder wechselten weit über200.000 Menschen aus der Gesetzlichen indie PKV, wobei dieser Wechsel stets freiwil-lig ist. Die Kritik der vergangenen Wochenhat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Sieskandalisiert Einzelfälle mit verhältnismä-ßig hohen Beitragssteigerungen. Solche Fäl-le sind aber die absolute Ausnahme. Meh-rere unabhängige Analysedienste habeneinen durchschnittlichen Beitragsanstieg inder PKV von aktuell nur rund zwei Prozentermittelt. Laut den Analysten von „Morgen& Morgen“ gibt es 2012 in fast der Hälfteder Tarife gar keinen Beitragsanstieg. Undwas die selbsternannten Kritiker gern ver-schweigen: Für die wenigen tatsächlichenProblemfälle existiert seit Jahren eine Lö-sung: Jeder Privatversicherte hat jederzeit

tems unverzichtbar. Nur die PKV ist auf diedemografische Alterung der Gesellschaftvorbereitet. Sie hat bereits rund 170 Milli-arden Euro Kapitalreserven gebildet, umdamit für die höheren Gesundheitskostenim Alter vorzusorgen. Die Umlagefinanzie-rung der GKV hingegen lädt die Last dersteigenden Ausgaben einfach auf die Schul-tern der kleiner werdenden künftigen Ge-nerationen.

Wie sollte die Politik Ihrer Ansicht nach aufdiese Entwicklung reagieren?

Leienbach: Die dringlichste Aufgabe fürGesundheitspolitiker jeder Partei muss essein, das Gesundheitssystem zukunftsfestzu machen. Dabei gilt in Zeiten des de-mografischen Wandels: Je mehr Menschenund Leistungen kapitalgedeckt in der PKVabgesichert werden, desto besser für dieZukunft des Gesundheitswesens. Die PKVist dazu bereit.

Kostenträger

EntscheiderbriefNeue Strategien und Technologien für die Führungskräfte der Branche

Erscheint im Antares Computer Verlag Ausgabe 1/2012

conhIT

Branchentreff für

Healthcare IT

S. 16 – www.conhit.de

Liebe Leserin, lieber Leser,

auch diese Ausgabe bietet Ihnen wieder kontroversen Lesestoff: Steht das Modell derprivaten Krankenversicherung vor dem Aus?Sollten Leistungserbringer hierzulande dafürgerade stehen, dass die Bundesregierung sichim Zugzwang sieht, Milliarden zur Sanierungdes griechischen Staatshaushaltes beizutra-gen? Neben Statements bekannter Persön-lichkeiten und Experten zu diesen aktuellenThemen finden Sie erneut Interviews und Fach-beiträge zu Strategien und prägenden Ent-wicklungen im Versorgungsmanagement, zu Lösungsangeboten für effizienzsteigerndeTechnologien und ein Update zur elektroni-schen Gesundheitskarte. Ihre Meinung zu allen diesen Themen-bereichen interessiertuns – schreiben Sie einfach eine Mail an [email protected].

Ihr Michael ReiterChefredakteur

Volker Leienbach, Direktor des Verbandsder Privaten Krankenversicherung

So positionieren sich die Verbände

Die PKV – ein auslaufendesGeschäftsmodell?

Fortsetzung Seite 5

das Recht zum Wechsel in andere, günsti-gere Tarife seines Versicherers. Für lang-jährig Versicherte gibt es darüber hinauseinen sehr preiswerten Sozialtarif: den bran-cheneinheitlichen Standardtarif.

Warum braucht das deutsche Gesundheits-wesen überhaupt ein zweigliedriges System?

Leienbach: Weil es sich in der Praxis bes-tens bewährt. Dank des Zwei-Säulen-Sys-tems aus GKV und PKV hat Deutschlandeine Versorgungsqualität, um die es welt-weit beneidet wird. Die Konkurrenz vonGKV und PKV stellt kurze Wartezeiten, ei-nen guten Zugang zu Ärzten und Kranken-häusern sowie medizinischen Fortschrittfür alle sicher. In einem Einheitssystem las-sen sich die Leistungen dagegen erheblicheinfacher einschränken. Das sieht man gutam Beispiel Großbritannien, dessen Bürger-versicherung für die Versicherten zu einerWartelistenmedizin mit stark rationiertenLeistungen geführt hat. Zudem ist die PKVfür die Nachhaltigkeit des Gesundheitssys-

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2 Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012

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Herausgeber und ChefredakteurMichael Reiter M.A. (Kürzel: MR)Tel.: 060 74 / 81 49 [email protected]

Redaktionelle MitarbeitDagmar Finlayson (Kürzel: DF)Tel.: 060 74 / 81 52 [email protected]

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soll wohl dem Rettungsschirm mit Kredit-garantien für Griechenland zugute kom-men. Somit verfehlt der Gesundheitsfondsseinen Zweck und seine Zielsetzung – diein der ausreichenden Finanzierung von Ge-sundheitsleistungen bestehen. Und dies istfür den Krankenhaussektor im Jahr 2012nicht wirklich gesichert.

Warum benötigen die Leistungserbringermehr Finanzmittel?

Löbus: Im Zuge des GKV-Finanzierungsge-setzes sind die Budgets der Krankenhäuserzweimal – im Jahr 2011 ebenso wie 2012 –gekürzt worden. Dazu kommen die aktu -ellen Tarifabschlüsse. Dabei dürfen im laufenden Jahr die Budgets für Kranken-hausleistungen nur um 1,48 Prozent stei-gen – die Gegenfinanzierung der Tarifab-schlüsse ist somit nicht sichergestellt. Rundeine Milliarde Euro werden allein aufgrundder Entwicklung im ärztlichen wie nicht-ärztlichen Bereich den Krankenhäusern 2012fehlen. Mehrmals war uns von politischerSeite zugesichert worden, dass die Kran-kenhäuser einen Tarifsausgleichsbetrag erhalten würden. Zur Vermeidung der ver-stärkten Unterfinanzierung ist diese An-passung, so lautet die Forderung des Ver-bandes der KrankenhausdirektorenDeutschlands, sofort vorzunehmen. Jedesfünfte Krankenhaus schreibt rote Zahlen.

Was wäre die Konsequenz, wenn der Tarifs -ausgleichsbetrag nicht geleistet wird?

Löbus: Personalabbau und eine noch höhe-re Arbeitsbelastung durch Leistungsver-dichtung für die Beschäftigten wären dieFolgen. Dabei stehen aufgrund der demo-graphischen Entwicklung einer potenziel-len Verringerung der Beschäftigtenzahlenjährlich steigende Patientenzahlen gegen-über. Die oft angesprochene Optimierungder Prozesse und Steigerung der Produkti-vität durch Technologieeinsatz, die für Ent-spannung bei dieser Entwicklung sorgensollen, hat klare Grenzen, wenn man bei-spielsweise das Geschehen in den Notauf-nahmen betrachtet. Qualifiziertes Personalin ausreichender Zahl ist trotz allem die

Grundvoraussetzung für funktionierendeRoutine und qualitative Patientenbehand-lung im Rahmen unserer Verantwortung.Darüber hinaus verschärft sich in vielenHäusern die defizitäre Situation, da die Kos-ten-Erlöse-Schere sich noch weiter öffnet.

Wo sehen Sie die Perspektiven?

Löbus: Abgesehen davon, dass aktuell dieursprünglich geplanten Gelder die finan-zielle Situation entschärfen müssen – diemittelfristige Entwicklung ist klar: Überal-terung der Gesellschaft und sinkende Ge-burtenraten führen zu mehr Nachfrage nachGesundheitsleistungen und sinkende Zah-len an beitragsleistenden Mitglieder – somitschrumpfen verfügbare Gelder. Was wir al-so brauchen, sind völlig neue Strukturen.Dazu muss analysiert werden, welche medi-zinischen Leistungen konkret wo vorgehal-ten werden müssen; die Verzahnung ambu-lant-stationär muss zum Zusammenrückenführen; Facharztwissen muss, beispielswei-se durch neue Technologien, effizient undeffektiv vor Ort gebracht werden. Die Poli-tik ist hier, in Zusammenarbeit mit den Ak-teuren im Gesundheitswesen, zum raschenHandeln aufgerufen.

www.vkd-online.de

Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012 3

Peter Löbus, Geschäftsführer des KlinikumsBernburg und 1. Vizepräsident des Verbandes

der Krankenhausdirektoren Deutschlands(VKD) e. V.

„Die Stimmung in der Wirtschaft ist unge-brochen gut“, so lauteten die Ergebnisseder DIHK-Konjunkturumfrage zum Jahresbe-ginn 2012. Die Steuereinnahmen des Bun-des sind so hoch wie seit Jahrzehnten nicht.Und die Gesetzlichen Krankenkassen habeninzwischen Reserven von rund 20 MilliardenEuro angesammelt … Vor diesem Hinter-grund erstaunt es nicht, dass sich jetzt Ak-teure im Gesundheitsbereich zu Wort mel-den, die durch die Sparbeschlüsse der jüngstenZeit spürbare Nachteile zu ertragen haben.Zu ihnen zählen – neben den Niedergelasse-nen, den Apothekern und der Pharmaindus-trie – die gut 2.000 deutschen Krankenhäu-ser. So fordert Alfred Dänzer, Präsident derDeutschen Krankenhausgesellschaft (DKG)e. V., bei Gesundheitsminister Daniel Bahreine Millarde Euro für eine Verbesserungder prekären finanziellen Situation ein.

Ist es angemessen, dass deutsche Milliardenfür die Sanierung von EU-Ländern einge-setzt werden, die wenig verantwortungsvollagiert haben – sollte nicht lieber ein Schwer-punkt auf den Gesundheitssektor gesetzt wer-den, der, so der Tenor, finanziell Not leidet?Detaillierte Argumente für eine Lockerungdes Sparkurses und für das Einhalten frühe-rer Zusagen erläuterte gegenüber MichaelReiter der Geschäftsführer des KlinikumsBernburg und 1. Vizepräsident des Verban-des der Krankenhausdirektoren Deutschlands(VKD) e. V., Peter Löbus.

Kostenträger Entscheiderbrief:Wie beurteilen Sie die Situation?

Peter Löbus: Die Rücklagen im Gesundheits-fonds der Kassen sind inzwischen enormangewachsen – insbesondere aufgrund derBudgetkürzungen gegenüber den Leistungs-erbringern. Die Kostenträger sind offen-sichtlich weder bereit zu einer Rückerstat-tung an die Versicherten noch eine andereForm der finanziellen Entlastung zu leisten… mit dem Hinweis, es könnten ja auch wie-der schlechtere Zeiten kommen. Dazu kommt,dass das Bundesfinanzministerium wohlaus ähnlichen Gründen erwägt, die Zuschüs-se für den Gesundheitsfonds um zwei bisvier Milliarden zu kürzen – dieser Betrag

Leistungserbringer fordern endlich faire Budgetanpassungen

Bluten deutsche Krankenhäuser für Griechenland?

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4 Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012

Von der reaktiven zur proaktiven Einrichtung: Vorsitzender Dr. Rainer Hess über Ist und Soll der Aufgabenstellungen des G-BA

„Herausforderung einer Gesamtplanungfür die Versorgung annehmen“

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)ist das oberste Beschlussgremium der ge-meinsamen Selbstverwaltung der Ärzte,Zahnärzte, Psychotherapeuten, Kranken-häuser und Krankenkassen in Deutsch-land: Der G-BA bestimmt mit seinen Richt-linien den Leistungskatalog der GesetzlichenKrankenversicherung (GKV) für mehr als70 Millionen Versicherte, indem er fest-legt, welche medizinischen Leistungenvon den gesetzlichen Krankenkassen über-nommen werden. Auch Maßnahmen derQualitätssicherung für den ambulantenund stationären Bereich zählen zum Auf-gabenbereich des G-BA.

Wohin entwickelt sich unter ver -änderten Rahmenbedingungen das ein-flussreiche Gremium mit Sitz in Berlin? Wie sehen die nächsten Ziele und Heraus-forderungen aus? Michael Reiter im Ge-spräch mit Dr. Rainer Hess, dem unpar-teiischen Vorsitzenden des G-BA.

Kostenträger Entscheiderbrief:Wo sehen Sie den Auftrag des G-BA im Hinblick auf den Zugang der Patienten zurVersorgung?

Dr. Rainer Hess: Das Aufgabenspektrumdes G-BA ist sehr breit, denn er hat so-wohl eine Bewertungskompetenz für neueals auch für bereits länger etablierte Me-thoden. Sein Einfluss im Kontext des Zu-gangs zur Leistungserbringung hingegenist eingeschränkt. Die Zuständigkeitenumfassen in diesem Bereich insbesondereDisease-Management-Programme (DMP),etwa für Diabetes-Erkrankungen. Darü-ber hinaus ist die ambulante Behandlungim Krankenhaus nach § 116b SGB V zunennen und indirekt beeinflusst die Min-destmengenregelung nach § 137 SGB Vden Zugang zu bestimmten Leistungen..

Wie war bisher der Einfluss Ihrer Einrich-tung auf die Versorgungsstrategien?

Dr. Hess: Bisher war dieser Einfluss ehergering. So sind die hausarztzentrierte, diefacharztzentrierte und die integrierte Ver-

sorgung durch den G-BA nicht beeinfluss-bar. Bei diesen Bereichen geht es um Leis-tungserbringerrecht. Auch Wahltarife undSelektivverträge fallen nicht in die Kom-petenz des G-BA.

Inwiefern haben sich die Rahmenbedin-gungen in der letzten Zeit verändert?

Dr. Hess: Hervorzuheben ist in diesemZusammenhang besonders der § 116b SGBV. Die Umsetzung der ambulanten Ver-sorgung im Krankenhaus funktioniertebislang nur unzureichend, und die Zulas-sung durch die zuständigen Landesplanungs -behörden führte mitunter zu Rechtsstrei-ten. Der G-BA ist nun durch das zum 1.Januar 2012 in Kraft getretene GKV-Ver-sorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) be-auftragt, den neuen Bereich der spezial-ärztlichen Versorgung zu regeln. Im Laufedes Jahres werden dafür neue Richtlinienerarbeitet. Auch bezüglich der Chroniker-programme erfolgen künftig rechtsver-bindliche Festlegungen durch den G-BA,nachdem bislang lediglich Empfehlungenzur Aktualisierung der DMP an das Bun-desministerium für Gesundheit (BMG) ab-gegeben wurden. Die bislang verabschie-deten Empfehlungen werden n Kürze inverbindliche Richtlinien überführt.

Welchen Einfluss haben die gesetzlichenVeränderungen auf das künftige Vorge-hen, wie wird dieses konkret aussehen?Dr. Hess: Der G-BA wird den § 116b völ-lig neu ausgestalten. Darüber hinaus wirdder G-BA Richtlinien zur studienbegleite-ten Erprobung von Methoden und Medi-zinprodukten erarbeiten, wie es der neue§ 137c und e SGB V vorsieht. Auch dieseVerfahren bringen für den G-BA neue Ab-läufe mit sich. Die Mindestmengen sindja derzeit noch Gegenstand von gerichtli-chen Überprüfungen, deren Ausgang ab-gewartet werden muss.

Welche Reaktionen auf diese neuen Tä-t igkeitsfelder des G-BA erwarten Sievon den jeweiligen Akteuren im Gesund-

heitswesen. Wie positionieren sich IhreTräger hierzu?

Dr. Hess: Die gesetzlichen Neuregelungenund neuen Aufgaben werden von den Trä-gern akzeptiert und begrüßt. Die Verfah-rens- und Geschäftsordnung müssen nochin gemeinsamen Anstrengungen an dieinhaltlichen und formalen Neuerungenangepasst werden.

Welche Entwicklungen in der Versorgungwürden Sie für Patienten aus Sicht von Pu-blic Health langfristig als zielführend be-trachten? Welchen Beitrag kann der G-BAhierbei leisten?

Dr. Hess: Ich gebe Ihnen darauf meinepersönliche Antwort. Sie ist perspekti-visch und langfristig: Die gesamte Arbeitdes G-BA sollte sich aus meiner Sicht lang-fristig viel stärker an Versorgungsproble-men ausrichten. Wie ist beispielsweiseder Stand der Versorgung von Patientenmit Depressionen in Deutschland? MitHilfe von breitgefächerten Analysen soll-te der G-BA Lösungen erarbeiten und de-ren Umsetzung voranbringen. Schließlicherfordert etwa das genannte Beispiel der

„Die gesamte Arbeit des G-BA sollte sichlangfristig viel stärker an Versorgungspro-blemen ausrichten“: Dr. Rainer Hess, unpar-tei ischer Vorsitzender des GemeinsamenBundesausschusses

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Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012 5

Depression ein abgestimmtes evidenzba-siertes Versorgungskonzept, das die Arz-neimitteltherapie und die Psychotherapieeinbezieht. Dieses Vorgehen wäre wesent-lich aktiver, bislang ist die vorherrschendeArbeitsweise des G-BA reaktiv – er wirdauf Antrag tätig. Das G-BA-Plenum hatsolchen Ansätzen bisher nicht zugestimmt.

Hier spielen meines Erachtens Berührungs-ängste eine Rolle, und vielleicht auch dieBefürchtung, dass Schwachstellen aufge-zeigt werden könnten sowie Probleme, dieder G-BA nicht lösen kann, weil er die er-forderlichen Zuständigkeiten nicht hat. Qua-lifizierungsfragen beim medizinischen undpflegerischen Personal sind hier ein Bei-

spiel. Allerdings könnte man bei solchenHürden an die entsprechenden Akteure he-rantreten und sie zum Handeln bewegen.Die Gesamtverantwortung für eine ange-messene Gesundheitsversorgung ist hierdie Herausforderung, die der G-BA anneh-men sollte – allerdings erst, sobald die neu-en gesetzlichen Aufgaben umgesetzt sind.

www.g-ba.de

Lanz: Die PKV scheint mit den Herausforde-rungen des 21. Jahrhunderts an ihre Gren-zen zu stoßen. Nicht umsonst haben sie mitgroßer Anstrengung darum gekämpft, dassdie Ergebnisse der Preisverhandlungen zwi-schen dem GKV-Spitzenverband und denPharmaunternehmen bei neuen Arzneimit-teln auch für die private Krankenversiche-rung gelten. Viele Versicherte der PKV kla-gen über die Beitragsexplosion. Darauf hatdie PKV als Standardantwort den Hinweisdarauf, dass die Versicherten ja in günsti-gere Tarife wechseln könnten. Allerdingswird dabei vergessen zu erwähnen, dassdiese günstigeren Tarife auch weniger Ver-sorgung bieten. Wer als Antwort auf Kos-tensteigerung lediglich Leistungsstreichungfür seine Kunden hat, der hat in der Tat einernsthaftes Zukunftsproblem.

Warum „läuft das PKV-Geschäftsmodell aus“,wie lautet die Alternative?

Lanz: Dass das Geschäftsmodell ausläuft,ist offensichtlich: Die Anzahl der Wechslerin Richtung GKV nimmt zu, die Klagen überPreisexplosionen werden häufiger und im-mer mehr PKV-Versicherte mussten in Tari-fe wechseln, deren Leistungsniveau unterdem der GKVen liegt. Und dass bei der PKVstandardmäßig Themen wie die Anschluss-heilbehandlung oder Mütter-Väter-Kind-Kuren nicht zum Leistungsspektrum ge -hören, hat sich ebenfalls herumgesprochen.

Es ist die Aufgabe der Politik, mög -liche Szenarien für die Weiterentwick-lung der Systeme zu entwickeln. Man kannaber an dieser Stelle festhalten, dass dieGKV sicherlich in der Lage wäre, die Pri-vatversicherten im Bedarfsfall ebenfallsmit abzusichern.

Wenn die Privatversicherten tatsächlichkünftig Mitglied der GKV wären, so hättedas für die GKV keine weiterreichendenAuswirkungen. Die dann gegebenenfallsehemals privat Versicherten bekämen dieGewissheit, in einem seit 125 Jahren be-währten System solidarischer Absicherungvon Krankheitsrisiken gut versichert und

versorgt zu werden. Man müsste sicherlichfragen, wie der Übergang zu organisierenwäre. Aber noch einmal, die Entscheidung,ob so etwas überhaupt gewollt ist, trifft diePolitik. Wir treiben dies nicht voran.

Wie ist Ihr langfristiger Ausblick für die Absicherung der Bevölkerung hinsichtlichakuter und chronischer Erkrankungen vordem Hintergrund des demographischen Wandels, auch im internationalen Vergleich?

Lanz: Die Kostenentwicklung im Gesund-heitswesen wird sicherlich einer der zentra-len Herausforderungen bleiben. Allerdingsmuss man darauf hinweisen, das die Glei-chung älter = teurer nicht immer aufgeht.Wir wissen mittlerweile, dass viele heuteSiebzigjährige gesünder sind und damit ge-ringere Kosten verursachen, als diejenigen,die vor wenigen Jahrzehnten sechzig Jahrealt waren. Das Heben von Wirtschaftlich-keitsreserven, z. B. durch mehr wettbewerb-liche Elemente innerhalb des solidarischenRahmens, ist eine der zentralen Aufgaben,der sich alle Akteure in der GKV stellen müs-sen. Die Einführung der Rabattverhandlun-gen für neue und innovative Arzneimittelist dabei ein richtiger und vernünftiger Schritt.Diese Herangehensweise sollte auf andereLeistungsbereiche ausgeweitet werden.

Die GKV-Position

Kostenträger Entscheiderbrief:Worin sehen Sie die Vorteile des GKV-Systems – gesamtgesellschaftlich und im Vergleich mit PKV?

Florian Lanz: Unter gesamtgesellschaftli-chen Gesichtspunkten ist die GKV dasRückgrat der gesundheitlichen Versor-gung in Deutschland. Wir stellen sicher,dass jeder, ob arm oder reich, ob jungoder alt, ob behindert oder nicht be -hindert, die in seinem individuellen Fallnotwendige medizinische Behandlung be-kommt. Während die PKV als Nischen-anbieter lediglich knapp fünf MillionenVersicherte hat, die ihre Beiträge tatsäch-lich eigenständig voll bezahlen, versorgtdie GKV rund 70 Millionen Menschen.Hinzu kommt, dass die PKV gelegentlichMenschen nicht annimmt, z. B. weil siezu krank sind. Hier stellt sich die grund-sätzliche Frage, welche Aufgabe dem Ge-sundheitssystem und den Akteuren bei-gemessen werden sollte - die Versorgungvon kranken Menschen oder Gewinnin-teressen von Anteilseignern?

Wie beurteilen Sie den Erfolg des Modellsder GKV?

Lanz: Die GKV hat sich als wandlungs -fähig erwiesen. Von 1.815 gesetzlichenKassen im Jahr 1970 sind heute noch 145übrig. Durch Zusammenschlüsse und Neu-organisation haben sich die Kassen in ei-ner beeindruckenden Dynamik den neuenund sich immer wieder ändernden Gege-benheit angepasst. Wenn jeder Bereichim deutschen Gesundheitswesen zu solchgravierenden Veränderungen bereit wäre,dann hätten wir viele Probleme nicht. An dieser Stelle sei nur auf der verkrus-teten Strukturen in der stationären Ver-sorgung hingewiesen.

Wie sehen Sie die aktuelle Positionierungder PKVen im Markt hinsichtlich der Versor-gung, der Interaktion mit Leistungserbrin-gern, Medizintechnik und Pharma?

Fortsetzung von Seite 1

Florian Lanz, Sprecher des Spitzenverbandes derGesetzlichen Krankenversicherung

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Wer bietet die beste Versorgungsqualitätbei einem vorgegebenen Budget? Mit pro-blembezogenen Zufriedenheitsanalysenbei Patienten hat sich das Picker Institutüber Jahrzehnte in vielen Ländern einenhohen Bekanntheitsgrad geschaffen. MitMaria Nadj-Kittler als Geschäftsführerinder deutschen Tochtergesellschaft erwei-terte die Organisation zu Beginn diesesJahres ihr Management. Michael Reiter sprachmit der Kennerin des deutschen Gesund-heitsmarktes, die auch über ein umfassen-des Wissen über die Gesundheitssystemein Europa verfügt, über Ziele und Strate-gien der deutschen Organisation.

Kostenträger Entscheiderbrief:Wann und von wem wurde das Picker Insti-tut gegründet, mit welchen Zielsetzungenist es in welchen Ländern aktiv?

Maria Nadj-Kittler: Das Picker Institut hatseinen Ursprung in USA: Harvey Picker,vielen bekannt durch seine Ultraschall-Ge-räte, gründete es 1986 in Boston. NachJahren der Erfahrung im US-Gesundheits-wesen etablierte man 1998 weitere Insti-tute in Europa – in Schweden, Deutsch-land und in der Schweiz. Im Jahr 2000folgte die Gründung des Picker InstituteEurope im Vereinigten Königreich. Ziel-setzung aller Institute weltweit ist die Ent-wicklung und Förderung eines patienten-zentrierten Pflegeansatzes.

Mit wem arbeitet Ihr Institut zusammen?

Nadj-Kittler: Die Zusammenarbeit ist viel-fältig; sie reicht von der projektbezogenenUnterstützung bis hin zu dauerhafter Ko-operation mit Wissenschaftlern, Instituten,Hochschulen und anderen interessiertenOrganisationen (z.B. Patientenverbänden).

Fördert das Institut somit auch Vergleichbar-keit und Wissenstransfer auf internationalerEbene?

Nadj-Kittler: Die Picker-Methode ist wis-senschaftlich anerkannt und hoch angese-hen; sie gilt weltweit als "Urmutter" derZufriedenheitsmessungen im Gesundheits-wesen. Sie hat methodische Standards ge-

6 Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012

Das Picker Institut baut sein Engagement in Deutschland strategisch aus

setzt; viele Fragebögen, die von unterschied-lichsten Akteuren für Befragungen einge-setzt werden, tragen Merkmale und Elemen-te der Picker-Fragebögen. Durch die engeZusammenarbeit aller Institute weltweit ver-fügen wir über eine sehr breite, valide undaktuelle Datenbasis, die sich für internatio-nales Benchmarking heranziehen lässt.

Bitte beschreiben Sie die Entwicklung desdeutschen Tochterinstituts.

Nadj-Kittler: Das Picker Institut Deutsch-land gGmbH wurde 1998 als Tochter desamerikanischen Picker Institute gegründet.Als gemeinnützige Organisation hat das In-stitut seit der Gründung einen signifikan-ten Beitrag dazu geleistet, die Patientenzu-friedenheit als wesentliches Element in derGesundheitsversorgung zu verankern undhierbei mit relevanten gesellschaftlichenGruppierungen, sozialpolitischen und wis-senschaftlichen Vertretern zusammenzuar-beiten. Seit Mitte 2010 sind wir eine hun-dertprozentige Tochter des englischen PickerInstitute Europe mit dem Auftrag, nebenden deutschsprachigen Gesundheitsmärk-ten perspektivisch auch in weitere europäi-sche Märkte zu expandieren.

Welche Angebote für welche Auftraggeber undZielgruppen haben Sie konkret in Deutschland?Wie werden die Ergebnisse Ihrer Arbeit genutzt?

Den Patienten in den Mittelpunkt stellen – aus einem Marketingslogan wird Realität

Nadj-Kittler: Zielgruppen sind Krankenhäu-ser, Ambulanzen und Selbsthilfevereine vonchronischen Patienten, z.B. auf den GebietenMukoviszidose, Diabetes, Rheuma etc. Kran-kenkassen nutzen das Werkzeug im Kontextder integrierten Versorgung, aber auch alsqualitative Ergänzung zu eigenen Befrag -ungen, die in der Regel nicht über den Leveleines Marketinginstrumentes hinausgehen.

Bitte nennen Sie erfolgreiche Projektbeispiele.

Nadj-Kittler: Unser Spektrum umfasst u. a.den Klinikführer Bremen mit 12 Kranken-häusern, den Klinikführer Berlin - mit allenBerliner Krankenhäusern außer der Charité,den Klinikführer Rhein-Ruhr mit 51 Kran-kenhäusern, den Mukoviszidose-Verein mitdem Projekt „Bundesweite Befragung zurVersorgungsqualität von Mukoviszidose-Patienten aus deren Sicht“, aber auch großeKlinikketten wie SANA und viele mehr.

Wo sehen Sie Besonderheiten bei den Rah-menbedingungen in Deutschland, wo ggf.Aufholbedarf im internationalen Vergleich?

Nadj-Kittler: Im deutschen Gesundheitssys-tem wird primär die Frage "wer trägt die Kos-ten" gestellt, nicht aber nach "wer liefert bes-te Qualität fürs Geld". Die Folgen bestehendarin, dass der Wettbewerb schwach ausge-

Will Patientenbedürfnisse gesetzlich verankern helfen: Maria Nadj-Kittler Geschäftsführerin PickerInstitut Deutschland gGmbH

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prägt ist und Patienten lediglich Diagnosenohne individuelle Wünsche und Bedürfnissedarstellen. Problemorientierte Zufriedenheits-analysen – gleich ob bei Patienten, Mitarbei-tern oder Einweisern – messen echte Quali-tät, und Qualität ist das Steuerungsinstrumentschlechthin. Dafür gibt es unzählige Beispie-le im Alltag, also warum nicht auch in derGesundheitswirtschaft? Die qualitative Erhe-bung der Patientenzufriedenheit ist in denUSA und Großbritannien obligatorisch, invielen anderen westlichen Gesundheitssyste-men gehört sie immer mehr zu den wichtigs-ten Bewertungskriterien, wenn sich Patien-ten für eine Einrichtung zu entscheiden haben.

Bei welchen Playern im Gesundheitssektor er-kennen Sie vor dem Hintergrund bisherigerProjekte den größten Handlungsbedarf im Hin-blick auf ein nachhaltiges Gesundheitssystem?

Nadj-Kittler: Die Gewährleistung der Souve-ränität des Patienten und die Sicherstellungder bestmöglichen Behandlung im individu-ellen Krankheitsfall ist eine nationale Aufga-be. Gefragt ist der Gesetzgeber, eine vernünf-tige, menschliche Gesundheitspolitik mit undfür den Patienten auf den Weg zu bringen –und nicht am Patienten vorbei. Die politi-schen Parteien, Versicherer/Kostenträger undalle gesellschaftspolitischen Gruppierungen

mit Berührungspunkten zum Gesundheitswe-sen sind ebenfalls zum Handeln aufgefordert.

Mit welchen Strategien bringen Sie Ihre An-gebote künftig in den deutschen Markt?

Nadj-Kittler: Als gemeinnützige Organisa-tion wollen wir einen maßgeblichen Bei-trag zur Verankerung von Patientenwün-schen und -bedürfnissen in den gesetzlichenRahmenbedingungen unserer Gesundheits-versorgung leisten. Dazu werden wir allezur Verfügung stehenden Strategien undMittel nutzen – und sind uns sicher, damitauf eine breite Konsensbasis zu treffen.

Was gibt Ihren Auftraggebern Sicherheit?

Nadj-Kittler: Die Picker-Methode entsprichtohne Einschränkungen den Anforderun-gen nach dem EFQM- oder KTQ-Modell so-wie der DIN EN ISO 9001-2008. Die Me-thode ist ferner von der JCAHO, dem BritischenDepartment of Health sowie dem SchweizerSpitalverband akkreditiert. Die Ergebnisseeignen sich daher als Steuerungsinstru-mente im Rahmen des Qualitätsmanage-ments und sind uneingeschränkt zur „Ein-speisung“ in das TQM-System geeignet,z.B. für Qualitätszirkel, Selbstbewertun-gen, Balanced Score Cards und Ähnliches.

Wie positionieren Sie die Rolle Ihrer Arbeitfür eine nachhaltige Zukunft des Gesund-heitswesens?

Nadj-Kittler: Das Picker Institut fördertForschung und Lehre auf dem Gebiet derpatientenzentrierten Versorgung, mit Un-terstützung und in Kooperation mit un-terschiedlichsten Instituten, Hochschulenund anderen interessierten Organisatio-nen. Unsere Mission ist es, das theoreti-sche und praktische Verständnis der patientenzentrierten Versorgung zu för-dern, indem wir unseren Fokus auf dieBelange der Patienten richten und die Sicht-weise der Patienten auf das Gesundheits-wesen in den Mittelpunkt stellen. Das Picker Institut ist führend bei der Messungund Befragung von Patientenerfahrungenund als solches anerkannt als wichtige Quel-le für Informationen, Unterstützung undBeratung in diesem Bereich. Der Vorstanddes Picker Institutes fördert die Weiterent-wicklung der Wissenschaft mit einer Reihevon Programmen, Auszeichnungen, „Best-Practice-Initiativen“ und weiteren For-schungsprojekten – immer mit dem Ziel,die Krankenversorgung aus Sicht der Pa-tienten zu verbessern.

www.pickerinstitut.de

Innerhalb der GKV geht mehr als jede zwei-te Präventionsmaßnahme am Arbeitsplatz,in Schulen und Kindergärten auf das Enga-gement der AOK zurück. Der Vorstandsvor-sitzende des AOK-Bundesverbandes, Jür-gen Graalmann, will in Sachen Präventiondabei nun auch verstärkt auf den Einsatzmoderner Medien setzen: "App und Webgehören für immer mehr Menschen zumAlltag dazu. Darin steckt noch sehr viel Potenzial, um das Leistungsspektrum imBereich der Prävention zu erweitern. Mitdiesen technischen Möglichkeiten könnenwir zukünftig noch mehr Menschen errei-chen und auf diesem Weg das Bewusstseinfür gesunde Ernährung und Bewegung nach-haltig in den Alltag integrieren", sagte Graal-mann auf der CeBIT in Hannover.

Vor diesem Hintergrund hatte die AOK erst-mals den "AOK-Leonardo - Gesundheits-preis für Digitale Prävention" ausgeschrie-ben. Graalmann: "Unsere Familienstudie2010 hat deutlich aufgezeigt, wie wichtigein gesunder und strukturierter Alltag für

Eltern und Kindern ist. Der AOK-Leonardowidmet sich in diesem Jahr deshalb Projek-ten mit dem Schwerpunkt Familiengesund-heit. Hierzu haben wir über 40 Bewerbun-gen erhalten. Das zeigt, dass wir damit einwichtiges Thema aufgegriffen haben.“ DerAOK-Leonardo wurde auf der CeBIT in denKategorien Praxisbewährtes und Förder-preis verliehen. Auch die Politik erkennt dasPotenzial der modernen Kommunikations-und Informationstechnologie für die Ge-sundheit, so ein Sprecher der AOK. Für denAOK-Leonardo konnten somit das Bundes -ge sundheitsministerium für den Praxispreisals auch das Bundesforschungsministeriumfür den Förderpreis als Schirmherren ge-wonnen werden. Bundesforschungsministe-rin Annette Schavan sagte: "Ge-sundheitsvorsorge wird in einerGesellschaft des längeren Lebensimmer wichtiger. Der Wettbewerbgeht neue Wege, indem er gesell-schaftliche Trends wie die Nutzungvon Smartphones berücksichtigt.Das entspricht ganz dem Ziel unse-

rer Hightech-Strategie: Wir möchten in-telligente Technologien dort einsetzen, wosie dem Menschen dienen." Bundesgesund-heitsminister Daniel Bahr unterstrich: "Prävention und ein gesunder Lebensstilhelfen, Krankheiten vorzubeugen oder deren Verlauf abzumildern. Das führt zumehr Lebensqualität. Mit intelligent ein-gesetzten neuen Medien und Technikenkönnen Informationen vermittelt und dieMenschen für Prävention motiviert undbegeistert werden." DF

Die Preisträger des ersten AOK-Leonardo mit Ministerialdirektor Prof. Dr. Wolf-Dieter Lukas(rechts), dem Kabarettisten Dr. Eckart von Hirsch-hausen (vierter v. r.) und AOK-Vorstandschef Jürgen Graalmann (fünfter v. r.).

AOK setzt bei Prävention auch auf digitale Medien

Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012 7

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Wenn sie Patienten entlassen, sollten Kran-kenhäuser eine nachhaltige Versorgung si-chern. In dieser Hinsicht zeigt die Realitätder Patientenversorgung heute noch zahlrei-che Schwachstellen; das Versorgungsstruk-turgesetz fordert Krankenhäuser und Kran-kenkassen auf, vertragliche Regelungen zuschaffen. Welche Möglichkeiten haben Kran-kenkassen, aktiv zu werden – und welcheVorteile bringt ihnen die koordinatorischeUnterstützung für die Leistungserbringer?Mit Dr. med Dominik Deimel, Mitglied im er-weiterten Vorstand des BundesverbandesManaged Care e.V. (BMC) und Geschäftsfüh-render Gesellschafter, com2health GmbH,sprach Michael Reiter.

Kostenträger Entscheiderbrief:Wie sehen Sie die derzeitige Lage in deut-schen Krankenhäusern im Hinblick auf dasEntlassmanagement?

Dr. Dominik Deimel: Die Qualität in der Durch-führung des Entlassmanagements ist sehrunterschiedlich. Unabhängig von den Ge-setzesinitiativen der letzten Jahre haben ei-nige Häuser bereits Strukturen aufgebaut,um die Organisation und Überleitung derPatienten in die Nachversorgung zu ver-bessern. Flächendeckend muss man aller-dings feststellen, dass die Versorgungsrea-lität für Patienten und alle am Prozessbeteiligten Akteure immer noch viele Schwach-stellen und Herausforderungen mit sich bringt.Das Versorgungsstrukturgesetz hat dieseSituation aufgenommen und fordert Kran-kenhäuser und Krankenkassen nun auf, dieses Versorgungsproblem durch vertrag-liche Regelungen zu lösen.

Worin liegen die Gründe für diese Vernachlässigung?

Dr. Deimel: Die Hauptursache für diese Si-tuation liegt in der Tatsache, dass es für einKrankenhaus häufig keine Anreize gibt, sei-nen Fokus weg vom reinen stationären Auf-enthalt hin zu einem auf das übergreifendeVersorgungsmanagement des Patienten zurichten. Eine potentielle Verkürzung derVerweildauer bzw. die Reduktion von Er-lösverlusten durch frühzeitige Wiederauf-

nahmen reichen nicht aus, um die erweiter-ten Ressourcen zur Verfügung zu stellen,die eine qualifiziertes und patientenorien-tiertes Entlassmanagement erfordert. Kran-kenhäuser, die allerdings erkannt haben,dass sie durch eine optimal organisierteund durchgeführte Überleitung in die Nach-versorgung einen Wettbewerbsvorteil aus-bauen können, haben in die resultierendenVerbesserung der Patienten- und Zuweiser-Services investiert.

Für welche Falltypen wären Verbesserungen für die Krankenhäuser vorteilhaft - und welche?

Dr. Deimel: Der Bedarf des Patienten nacheinem übergreifenden Entlassmanagementist hoch in den Situationen, in denen einakutes Ereignis (z. B. Unfall, Schlaganfall,Herzinfarkt, akute Tumorerkrankung u. a.)die Lebenssituation des Patienten gravie-rend verändert bzw. in Situationen, in de-nen chronische Erkrankungen durch eineEntgleisung einen stationären Aufenthaltinitiieren. Gerade bei Patienten mit chro-nischen Grund- und Nebenerkrankungenist es erforderlich, die ambulante Weiter-versorgung so nachhaltig zu organisieren,dass Re-Hospitalisierungen im Kranken-haus bzw. auch im Pflegeheim verhindertwerden können.

Welche Rolle spielt die Vernetzung der Häuser mit Partnern?

Dr. Deimel: Wenn es den Krankenhäusergelingt, in einem übergreifenden Versor-gungsmanagement-Ansatz die für die Wei-terversorgung notwendigen Akteure (Zu-weiser, Pflegedienste, Sanitätshäuser u.a.) in die Organisation und Überleitungeng einzubinden, dann werden Medien-brüche, fehlende Abstimmungen und dieUnterbrechung der Versorgungskonti-nuität vermieden. Hierzu ist es aber not-wendig, dass Krankenhäuser proaktiv han-deln und Partnerschaften in der Regionaufbauen. Auch die Anwendung von Vernetzungs-Informationstechnologie zurbesseren Vernetzung der Akteure im Entlassmanagement würde einen wesent-lichen Beitrag zur Verbesserung leisten.

8 Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012

Herausforderung und Lösungsbausteine

Versorgungskontinuität durch vernetztesEntlassmanagement verbessern

Wie sind die Rahmenbedingungen für Veränderungen?

Dr. Deimel: Das Versorgungsstrukturgesetzsieht vor, dass im Rahmen der Verträge zum§ 112 Krankenkassen und Krankenhäuserdie Umsetzung des Entlassmanagementsauf Landesebene vereinbaren. Abgesehenvon der Tatsache, dass es nicht in allen Bun-desländern entsprechende Verträge gibt,fehlen auf Seiten des Gesetzgebers jeglicheImplementierungshilfen, die z. B. Aussagenüber die Qualität der Umsetzung bzw. auchsonstige inhaltliche Unterstützung machen.Der Bundesverband Managed Care e.V. (BMC– www.bmcev.de) hat aus diesem Grunde ineinem Positionspapier zum Entlassmanage-ment im Krankenhaus Lösungsbausteinevorgeschlagen, die dazu dienen können,die vertraglich zu schließenden Vereinba-rungen der Krankenkassen und Kranken-häuser inhaltlich zu unterstützen.

Wo steht hierbei der Patient?

Dr. Deimel: Aus Sicht des Versorgungs-managements geht es im Entlassmanage-

Dr. med Dominik Deimel ist Mitglied im er-weiterten Vorstand des Bundesverbandes Ma-naged Care e.V. (BMC) und Geschäftsführen-der Gesellschafter, com2health GmbH

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Aus dem Markt

ment aus den Krankenhäusern nicht nurdarum, die Versorgungssituation kurz nachdem stationären Aufenthalt zu gestalten,sondern eine nachhaltige Versorgung zusichern. Dies gelingt nur, wenn nebender Vermittlung und Organisation pro-fessioneller Hilfsangebote im Bereich Pfle-ge, Reha und Hilfsmitteln auch Angebotezum Selbstmanagement und zur Verbes-serung des Umgangs mit der Erkrankungdurch Patienten und Angehörige erreichtwerden. Diese Beratungsangebote können im Krankenhaus beginnen, müs-sen aber im ambulanten Bereich weiterzur Verfügung stehen bzw. auch im Rah-men des Entlassmanagementprozessesaktiviert werden.

Wie kann die Kontinuität der Versorgungsichergestellt werden?

Dr. Deimel: Hierzu ist nicht nur die ange-sprochene Vernetzung der Krankenhäusermit den regionalen Hilfsangeboten not-wendig, das Krankenhaus sollte für den

Patienten auch einen definierten Ansprech-partner (Patientenkoordinator) für die Um-setzung des Entlassmanagements bereit-stellen, der auch in den ambulanten Bereichgut vernetzt ist. Eine echte Patientenori-entierung würden wir dann erreichen, wennzusätzlich für den Patienten und seine An-gehörige auch im ambulanten Bereich einPatientenkoordinator – oder, wenn er durchdie Krankenkassen gestellt wird, Patien-tenbegleiter – zur Verfügung steht, derden Staffelstab aus dem Krankenhaus über-nimmt und die Weiterversorgung über-wacht und koordiniert.

Wie lautet Ihre Handlungsaufforderung an die Kostenträger?

Dr. Deimel: Im Dialog mit den Krankenhäu-sern sollte auch von Seiten der Kostenträ-ger Anreize dafür geschaffen werden, dassKrankenhäuser in die Organisation des über-greifenden Versorgungsmanagements imKontext ihres Versorgungsauftrages inves-tieren. Dies lässt sich z. B. dadurch sicher-

stellen, dass Krankenkassen mit Kranken-häusern Vereinbarungen treffen, die aucheine enge Verzahnung im Prozess der Be-urteilung und Kostenzusage für den Nach-sorgebedarf bringen. Das Angebot, demKrankenhaus hier einen übergreifenden"Care Manager" anzubieten, der Leistun-gen aus SGB V und SGB XI übergreifendkoordiniert, fördert einerseits die Möglich-keit der gemeinsamen Beratung des Pa-tienten und seiner Angehörigen und gleich-zeitig den Prozess der gemeinsamenVersorgungsgestaltung.

Darüber hinaus sollten die Kranken -kassen Überlegungen anstellen, wie sieauch im ambulanten Bereich primär fürChroniker die Bereitstellung eines Pa -tientenkoordinators fördern bzw. eine eige-nen Patientenbetreuer bereitstellen kön-nen, welcher pflegerische, rehabilitativeund soziale Leistungen aus dem SGB Vund SGB XI, eng verzahnt mit Haus- undFachärzten, übergreifend beurteilen undkoordinieren kann.

www.bmc.de

Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012 9

Die BKK VBU ist neuer Kunde für die CaseManagement Software providinCare des Tü-binger IT-Unternehmens careon. Mit der Soft-ware setzt die Krankenkasse mit Hauptsitzin Berlin künftig ihre Disease ManagementProgramme (DMP) nach der Risikostruktur-ausgleichsverordnung (RSAV) effizient um.

Die BKK VBU fusionierte Anfang des Jah-res mit der BKK futur, die bereits providin-Care genutzt hatte. Nach der Fusion ent-schied sich die Kasse, die DMP-Lösung ihresFusionspartners zu übernehmen. Sie setztmit providinCare auf eine der führendenFallmanagement-Softwareanwendungen zurBetreuung von chronisch Kranken. Die Soft-ware ist auch im Rahmen medizinischerBetreuungsprogramme im In- und Auslandim Einsatz.

Die BKK VBU betreut bundesweit ins-gesamt rund 400 000 Versicherte und ge-hört damit zu den 30 größten Krankenver-sicherungen Deutschlands.

www.careon.de

Mit einem Bonusprogramm gestaffelterGeldprämien belohnt die Techniker Kran-kenkasse (TK) ihre Versicherten, die sichan gesundheitsfördernden Maßnahmenbeteiligenmit. Etwa 700.000 Versichertenehmen derzeit an dem Programm teil.Dessen komplette Abwicklung hat die TKseit 2010 wieder in Eigenregie übernom-men, nachdem sie die Aufgabe zuvor aneinen externen Dienstleister delegiert hat-te. Damit die Versicherten, die ihre Bo-nushefte eingeschickt haben, ihre Prämi-en zügig erhalten, werden die Hefte inFarbe eingescannt und verarbeitet. Dabeikommt der PDF Compressor der LuraTechEurope GmbH zum Einsatz. Er ist eine pro-duktionstaugliche Anwendung zur Kom-pression, Wandlung nach PDF(/A), Zei-chenerkennung (OCR), Klassifikation sowieFormulardatenextraktion und wandelt indiesem Fall die Dateien aus dem TIFF-Format bei gleichzeitiger Kompressionins PDF/A-Format um. So können die far-bigen Dokumente platzsparend versendetund archiviert werden.

www.luratech.com

Expertenworkshop „Entlass -management“: neue Konzepte

Auf hohe Resonanz treffen die derzeit statt-findenden Expertenworkshops der com2he-alth zum Thema "Regionale Kooperation durchneue Wege im Entlassmanagement".

Schon bei der ersten Veranstaltung am 23.März bei Frankfurt trafen sich über 30 Ex-perten und Anwender von Krankenhäusernund Kostenträgern, um das neue Konzeptder com2health zum vernetzten Entlassma-nagement zu diskutieren.

Im Zentrum steht die Organisation derProzesse im Entlassmanagement aus einerHand durch das Team "Patientenkoordina-tion", das nach der Methode von Case Ma-nagement arbeitet und sich eng mit nach-versorgenden Einrichtungen und Kostenträgernvernetzt. Über die eHealth Plattform Case-Guide werden die Informationen zwischenden Beteiligten über den gesamten Prozessausgetauscht und die Versorgungskontinui-tät sichergestellt.

Die nächsten Workshoptermine: 19. April in Stuttgart / 16. Mai in Gelsen -kirchen.

www.com2health.de

Case Management-Software:Fallmanagement für Chroniker

Dokumentformat PDF/A beider Techniker Krankenkasse

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SB-Lösungen für Krankenkassen sind inDeutschland im Kontext der elektronischenGesundheitskarte gut gestartet. Inzwischenwird klar: Zu den vielfältigen Zusatzvortei-len zählen – neben der Unterstützung beider Erstellung der Karte – optimierte Orga-nisationsprozesse, neue Kommunikations-möglichkeiten und Zusatzservices. Lars Klie-foth, Direktor Healthcare bei NCR CentralEurope, erläutert gegenüber Michael Reiterdie dauerhaften Nutzenpotenziale von eKiosks.

Kostenträger Entscheiderbrief:Wie positionieren Sie sich allgemein im Markt?

Lars Kliefoth: Wir sind ein Marktführer fürSelbstbedienungstechnologien. Schwerpunkt-mäßig kennt man NCR aus den BranchenBanken und Einzelhandel; dort bieten wirKomplettsysteme – vom Konzept über Hard-ware und Software, selbstbedient und mit-arbeiterbedient, inklusive Installation, Wartung und Updates.

Seit wann ist NCR im Gesundheitswesen aktiv?

Kliefoth: In Deutschland seit vier Jahren.Unser Ziel ist, Selbstbedienungslösungenim deutschen Gesundheitswesen zu etablie-ren. Wir gehen davon aus, dass sich auch

in diesem Sektor der Trend zu mehr SB durch-setzt, der in allen anderen Wirtschaftsbe-reichen deutlich zu erkennen ist – vergleich-bar mit Automaten für Bahnfahrkarten,Paketsendungen und Zapfsäulen an derTankstelle.

Welche Einsatzmöglichkeiten sehen Sie dennprinzipiell in diesem Sektor?

Kliefoth: In Krankenkassen wie in Kran-kenhäusern gibt es prinzipiell drei Berei-che, in denen die Kiosklösung Vorteile bringt.Zum Einen sind es Organisationsprozesse,die sich durch diese Lösungen optimierenlassen – mit dem Ziel höherer Produktivi-tät, reduzierter Kosten und geringerer War-tezeiten für Patienten bzw. Versicherte. Qua-litätsmanagement ist ein weiteres Gebiet,das sich unterstützen lässt. Ferner ergibtsich ein Kommunikationskanal, über densich Leistungen anbieten lassen.

In Krankenhäusern umfassen die ge-nannten Anwendungsgebiete beispiels-weise bezüglich der Prozesse die Patien-tenanmeldung und Patientenaufklärung;bei der Qualitätssicherung kommt das Pa-tientenfeedback ins Spiel, das bei der Mei-nungsabfrage per SB eher ehrliche undoffene Kritik bringt als bei einem persön-lichen Gespräch; und abrufbare Leistungs-

angebote können IGeL und Gesundheits-Checks beinhalten.

10 Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012

Technologischer Brückenschlag mit Perspektive vermindert

Personalaufwand und verstärktKundenbindung

Deutlich näher am Versicherten mit dem eKiosk

Der eKiosk als Technologiebrücke mit Existenzberech-tigung auf Dauer, um Informations- und Servicean -gebote nach Hause auf den PC oder mobil aufdas Smartphone zu bringen – exemplarisch gezeigtan einem Messesystem. (Fotos S. 10: MR)

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Welche Optionen für den Einsatz sehen Siebei den Kostenträgern?

Kliefoth: Für die Krankenkassen ergibt sicheine ähnliche Vielfalt an vorteilhaften Nut-zungsmöglichkeiten. Hier bietet sich dasSB-System für die Produktion der Gesund-heitskarte an; dieser Bedarf ist nicht nur biszur endgültigen Einführung der eGK aktu-ell, sondern dauerhaft, weil jedes Jahr rund20 Prozent der Karten aufgrund von Defek-ten, Verlusten, Daten- bzw. Bildänderungenoder Kassenwechsel ersetzt werden müssen.Dies ist über das SB-System möglich.

Die Software zur Erstellung einer Gesundheitskarte beinhaltet übrigens eineautomatische und qualitätsgesicherte Foto-erfassung laut den dafür definierten Rahmenbedingungen. Eine zusätzliche Va-lidierung ist nicht notwendig.

Darüber hinaus lässt sich über das System das Service-Portfolio darstellen undkann als Kommunikationskanal zwischenKasse und Versicherten zum Präsentierenvon der Kasse selbst, von Informationenoder auch als Service-Schnittstelle dienen.

Das Prüfen der Karte und der daraufvorgehaltenen Informationen ist über dasSystem möglich – was der gesetzlichen Anor-derung nachkommt, dass Herausgeber einer Gesundheitskarte ihren Versichertenden Zugang zu betreffenden Informationenmöglich machen müssen.

Das Abrufen von Unterlagen – unterVerwendung einer PIN –, die im geschütz-

ten Bereich des Kassen-Servers liegen, istebenfalls realisierbar: Mit „Kontoauszügen“in Form von Patientenquittungen kommenKassen dem grundsätzlichen Recht der Pa-tienten auf Information zu Leistungen nach– erste Kassen bieten quartalsweise Zusam-menfassungen zu aufgelaufenen Kostenpo-sitionen an. Bislang war das ein hoher ma-nueller Aufwand und nur direkt oder überdas Internet zu erhalten. Jetzt ist die auto-matisierte Umsetzung über Softwarelösun-gen und SB-Systeme möglich und wird vonNCR unter Einbeziehung entsprechenderPartner bearbeitet.

Weitere Einsatzmöglichkeiten bietensich etwa bei Disease Management-Pro-grammen an. Im Zusammenhang mitSchmerz-, Diabetes- und weiteren Program-men ermöglichen SB-Lösungen die konti-nuierliche Kommunikation mit dem Versi-cherten, der hierdurch seine Daten bequemeinbringen kann. Früher war dies sehr pa-pierlastig; ein Kioskterminal ist hier dererste Schritt, später mag die Vernetzungüber Online-Medien hinzukommen … undim letzten Schritt sind mobile Endgeräte ei-ne Option in der Weiterentwicklung.

Wie sieht es mit der Akzeptanz beim Bürger,beim Patienten aus?

Kliefoth: Positiv ist, dass eKiosks von al-len Altersgruppen angenommen werden.Bei der Weiterentwicklung im Gesund-heitssektor wird man einen Schritt nachdem anderen gehen wollen … mobile End-geräte sind ja bei Älteren nicht so weitverbreitet, Berührungsängste und Sicher-heitsbedenken stehen eher im Vorder-grund. Ich sehe die Zukunft im Gesund-heitsbereich analog zu den Bankautomaten,die inzwischen allgemein eine sehr großeAkzeptanz gefunden und neben Online-Anwendungen und Smartphone-Apps weiter Bestand haben.

Die Kassen sind momentan dabei, dieKommunikation mit ihren Versichertenzu verändern – zusätzlich zum persönli-chen Gespräch in der physischen Geschäfts-stelle hin zur Nutzung moderner Kom-munikationskanäle. Online-Filialen derKassen, aufwändig eingerichtet und be-trieben, werden aber bisher kaum genutzt– hier haben Versicherer nach meinemEindruck Schritt 2 vor Schritt 1 getan.Der eKiosk stellt eine geeignete Brücke inder Evolution dar, Informations- und Ser-viceangebote nach Hause auf den PC odermobil auf das Smartphone zu bringen.Dabei haben eKiosks wiederum auf Dauerihre Existenzberechtigung.

Wo werden eKiosks aufgestellt?

Kliefoth: Im ersten Schritt sind Versiche-rungsgeschäftsstellen der geeignete Ort.Apotheken, Standorte von Leistungser-bringern und Organisationen mit einemhohen „Durchsatz“ an Versicherten kom-men hier auch infrage, etwa BKK-Ge -sellschafterbetriebe. SB-Kontaktpunkteeignen sich beispielsweise dafür, Mitglieds-anträge an den Geräten anzubieten – fürBekannte und Verwandte von Mitgliedern– oder auch um Gesundheitstipps zu Schutz-impfungen etc. zu geben. So lassen sichErkrankungen vermeiden sowie die Kun-denbindung und -nähe verstärken – mitder Botschaft „Ihre Kasse ist für Sie da“.

Wie ist Ihr Angebotsumfang, welche Refe-renzinstallationen gibt es?

Kliefoth: Unser Angebot reicht vom Kon-zept über die Implementierung bis hin zurWartung. Die Systeme sind bereits bei ei-nigen der großen Kassen implementiert.Bei einer der Kassen laufen im Durchschnittpro Tag 8.000 bis 10.000 Interaktionenauf knapp 200 Systemen. Die Preise hän-gen von der Menge und dem Funktions-umfang ab; Einsparungen beim Personal-aufwand und Kundenbindungseffekte führenin einem überschaubaren Zeitraum zumReturn on Invest.

Wie ist das Erscheinungsbild des Systems?

Kliefoth: Die intuitive Bedieneroberflächemit ihren Funktionen ist standardisiert,ähnlich wie bei Kontoauszugsdruckern.Das Erscheinungsbild des Komplettsystemsinklusive Gehäuse lässt sich jedoch nachden Wünschen der jeweiligen Kasse „bran-den“. Auch die Wertigkeit des Systems durchdas Erscheinungsbild ist wichtig, da hier-durch Sicherheit und Nachhaltigkeit ver-mittelt werden.

Welche Durchsetzung der Lösung erwarten Sie?

Kliefoth: Die Versicherer müssen ihrer In-formationsverpflichtung nachkommen,und die genannten weiteren Vorteile wer-den Versicherer vermehrt überzeugen. Wirgehen somit von einer hohen Marktdurch-dringung unserer Lösung aus. Die hoheNachfrage zeigt auch deutlich das Inte-resse der Versicherungen, Selbstbedie-nungstechnologie einzusetzen.

www.ncr.com

Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012 11

Wesentliche Vorteile bei Prozessen und Kunden-bindung: Lars Kliefoth, Direktor Healthcare, NCRCentral Europe, sieht große Potenziale beim eKiosk.(Foto NCR)

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Effizienz und Transparenz bilden die Grund-lage für ein gerechtes und nachhaltigesGesundheitswesen. Diese Entwicklungszie-le lassen sich nur durch die digitale Unter-stützung von Prozessen erreichen, die wie-derum die Digitalisierung prozessrelevanterDokumente voraussetzen, so ChristophSchmelter. Im Gespräch mit Michael Reiterbeschreibt der Geschäftsführer des Archi-vierungsdienstleisters DMI GmbH & Co. KGtragfähige, zukunftorientierte Herange-hensweisen mit Vorteilen für alle Beteilig-ten in der Behandlungskette.

Kostenträger Entscheiderbrief:Wo sehen Sie die Nutzenpotenziale für moderne Archivierungsstrategien in den Krankenkassen?

Christoph Schmelter: Krankenkassen sindWirtschaftsunternehmen. Sie tragen Ver-antwortung für die Einhaltung vorgegebe-ner Budgets. Moderne Archivierungsstrate-gien bringen Effizienz und insbesondereTransparenz in Verwaltungsabläufe undKommunikationsprozesse.

Welchen Nutzen haben diese Ansätze für dieZusammenarbeit der Kassen mit Leistungs-erbringern?

Schmelter: Es geht zunächst um das Inte-resse, dem potenziellen „moralischen Risi-ko“ von Unregelmäßigkeiten in der Leis-tungsabrechnung in der Zusammenarbeitder Krankenkassen mit den Leistungser-bringern souverän zu begegnen. Das be-deutet: Krankenkassen müssen beurteilen,inwieweit abgerechnete Leistungen am Pa-tienten erforderlich waren, um sie leistungs-gerecht zu vergüten.

Ohne die Verfügbarkeit einer sicherenDatenbasis ist dies nicht möglich. Insofernspielt die ordnungsgemäße Archivier -ung der patienten-/behandlungsrelevan -ten Dokumentation eine sehr wichtige Rolle in einer von Transparenz undFairness geprägten Kommunikation zwi-schen Krankenkassen und Krankenhäusern.

Wo liegen die Vorteile für digitale Herange-hensweisen?

Schmelter: Zunächst sichert die Digitalisie-rung die Verfügbarkeit nicht nur an einemOrt, sondern – bei Bedarf, und den gibt esja spätestens im Rahmen einer MDK-Prü-fung – an mehreren Orten gleichzeitig.

Darüber hinaus lassen sich Recherche-prozesse durch die Klassifizierung der ab-rechnungsrelevanten Dokumente effizien-

ter und zielgerichteter gestalten. Dazu ge-hört auch, dass auf Dauer, wenn sich dieneue Art der Informationsversorgung/-gewinnung zwischen Leistungserbringernund Krankenkassen etabliert hat, auf auf-wändige Begehungen verzichtet werden kann.

Wie ist nach Ihrer Einschätzung die entspre-chende Marktdurchdringung?

Schmelter: Wir stehen noch am Anfang derDigitalisierung. In Krankenhäusern dürfteder Anteil bereits bei 50 Prozent liegen –das heißt aber keinesfalls, dass die Infor-mationsversorgung auf diesem Wege statt-findet. Hier gibt es teilweise auch das be-kannte Phänomen, dass man von gewohntenpapierbasierenden Prozessen nicht abwei-chen will. Hier ist vielleicht irgendwannsogar der Gesetzgeber gefordert, um derpositiven Entwicklung weitere Dynamikzu verleihen.

Welche Lösungen bietet konkret DMI an?

Schmelter: DMI bietet das komplette Spek-trum einer servicebasierten, revisionssiche-ren digitalen Archivierung an. Jede fünftePatientenakte wird durch DMI SGB-gerechtmit Signatur digitalisiert, so dass sie an-

12 Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012

Der Archivdienstleister DMI zu den Nutzenvorteilen des medienbruchfreien Informationsflusses

Digitalisierung ermöglicht Transparenz undFairness im Gesundheitswesen

„Effizienz und Transparenz, ermöglicht durch digitales Informationsmana-gement, sichern die Fortexistenz eines innovativen Sozialstaats – davonprofitieren die Menschen als Patienten und sozialbeitragszahlende

Bürger“: Christoph Schmelter. Geschäftsführer des Archivierungsdienst-leisters DMI GmbH & Co. KG

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schließend vernichtet werden kann. UnsereDienste gehen aber noch deutlich darüberhinaus. So sind wir mit unseren Technolo-gien in der Lage, Patientenakten mit feins-ter Granularität zu indexieren.

Wie werden Ihre Angebote von den Kassenangenommen?

Schmelter: Natürlich ist die Archivierungpersonalisierter Gesundheitsdaten immereine hochsensible Angelegenheit. Insoferngibt es (noch) nicht so viele Outsourcing-Projekte.

Wir haben Referenzen mit großen deut-schen Krankenkassen, die uns aufgrund derErfahrung und Expertisen als Marktführerim Gesundheitswesen die erforderlicheZuverlässigkeit zusprechen können.

Dabei sind wir auf eine Referenz beson-ders stolz: Es handelt sich um eine der füh-renden gesetzlichen Kranken versicher -ungen mit 1,5 Millionen Mitgliedern undeinem Haushaltsvolumen von 4,5Milliarden Euro. Hier wird durch Digita -

lisierung und detailgenaue Indexierungvon jährlich 1,5 Millionen AU-Beschei -nigungen die Plattform für zielgerichtetesKostenmanagement geschaffen.

Die AU-Bescheinigungen werden täg-lich mit einer deutschlandweit lückenlosenLogistik ins DMI Servicecenter transfe -riert und tagaktuell verarbeit, so dass sieam Folgetag, integriert im Online-Archiv„archiv24“. einem spezialisierten Service -center der Krankenkasse zur Verfügungsteht, das mit 120 Agents für gezieltesKostenmanagement ausgestattet ist.

Welche künftigen technologischen Entwick-lungen und Nutzenvorteile bahnen sich an?Welche Barrieren sehen Sie hierbei gegebe-nenfalls?

Schmelter: Wer nachhaltig, effizient, undtransparent arbeiten und damit die Grund-prämissen für die Existenz in der Zukunftsichern will, muss seine Prozesse digitalisie-ren. Das Fundament dafür ist die Digitali-sierung prozessrelevanter Dokumente.

Die Vorteile liegen auf der Hand: NurEffizienz und Transparenz schaffenGerechtigkeit und sichern dauerhaft dieExistenz eines innovativen Sozialstaats.Davon profitieren insbesondere dieMenschen als Patienten und sozialbeitrags-zahlende Bürger.

Der Datenschutz muss lösungsorientiertagieren und darf sich nicht nur hinter denSelbstbestimmungsrechten der einzelnenMenschen „verstecken“. Denn das Gut einesexistenzsicheren Sozialstaats ist nur durchEffizienz, also Arbeitsteilung, zu erreich -en. Auch vor diesem Hintergrund ist derGesetzgeber gefordert, beispielsweise durcheine eindeutige und marktwirtschafts -gerechte Definition des Erfüllungs ge - hil fenbegriffs im Strafgesetzbuch sowie der Vereinheitlichung von Datenschutz -gesetzen und -richtlinien auf Bundesebene,diese notwendige Entwicklung zum Wohledes marktwirtschaftlich motiviertenSozialstaats zu fördern.

www.dmi.de

Die Reformvorhaben der Bundesregierung auf dem Prüfstand

Demografischer Wandel, medizinisch-tech-nischer Fortschritt und ein gravierenderFachkräftemangel machen Reformen in derGesundheitspolitik zur Daueraufgabe. DerHauptstadtkongress 2012 nimmt die aktu-ellen Reformen in den Fokus: So werdenim Hauptstadtforum in der Veranstaltung„Zur Zukunft unseres Gesundheitswesens“Fragen zur Finanzierung, Rationierung undPriorisierung in den Mittelpunkt gestellt.Zugleich wird auch gefragt, ob eine weiter-entwickelte Bürgerversicherung am Endenicht doch das ‚Modell der Zukunft‘ seinkönnte. Auf dem Pflegekongress erörternExperten unter dem Motto „Pflegereformreloaded“, ob 2012 denn nun das wahreJahr der Pflege wird und die vorgelegtenReformeckpunkte einen großen Wurf odereher ein Reförmchen darstellen. Im Ärzte-forum geht es u. a. darum, ob das Versor-

gungsstrukturgesetz tatsächlich die Versor-gung im ländlichen Raum sicherstellt oder

nur ein „Rundum-Sorglos-Paket“ für Land-ärzte bietet. – Wie in den Vorjahren sindauch die maßgeblichen Vertreter der Ge-sundheitspolitik wie Daniel Bahr, AnnetteWidmann-Mauz, Dr. Carola Reimann, ElkeFerner, Jens Spahn und Birgitt Bender vorOrt und stellen sich der Diskussion.

Gipfel zur Gesundheitswirtschaft

Der Hauptstadtkongress Medizin und Ge-sundheit 2012 startet mit einem Highlight:dem Gesundheitswirtschaftsgipfel. Hier dis-kutieren Topmanager der Gesundheitswirt-

schaft u. a. über die enormen Wachstums-chancen des Gesundheitssektors. Mit dabeisind Roland Koch, Ministerpräsident a. D.und Vorsitzender von Bilfinger Berger, René Obermann, Vorstandsvorsitzender derDeutschen Telekom, und Christopher Vieh-bacher, Vorstandsvorsitzender von Sanofi.Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr kom-plettiert diese illustre Runde.

Beim Hauptstadtkongress finden unterdem Dach des Hauptstadtforums Ge -sundheitspolitik die drei FachkongresseKrankenhaus Klinik Rehabilitation,Deutscher Pflegekongress und DeutschesÄrzteforum statt. Hier diskutieren über 600Referenten in 180 Veranstaltungen. Rund200 Aussteller sind dabei. Erwartet werdenwieder über 8.000 Kongressbesucher.

DF

Wissen vermitteln, Trends in der Gesundheitswirtschaft aufzeigen, Gedankenaustauschermöglichen: Der Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit findet vom 13. bis 15. Juni im

ICC Berlin statt – www.hauptstadtkongress.de.

Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit

Bürgerversicherung: das Modell der Zukunft?

Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012 13

Page 14: Kostenträger Entscheiderbrief - Medizin-EDV · Entscheiderbrief Fehlkalkulationen bei Einsteigertarifen, dra-stische Beitragserhöhungen zum Jahres-wechsel und perspektivisch eine

Auf den zweiten Blick: Füllhorn von Kommunikations-Lösungen

Zum Monatswechsel Februar-März traf sichdie Call-Center-Branche zur jährlichen Leit-messe in der Hauptstadt, erneut mit Rekord-zahlen bei Ausstellern und Teilnehmern. Trotzdieser Dichte waren vielerlei Gespräche mitAusstellern möglich – und auch nötig: DerBlick in Ausstellungskatalog und Hallenplä-ne half kaum, für Kostenträger relevante An-bieter zu identifizieren. Blieb die Recherche,wer von den „üblichen Verdächtigen“ zu ent-decken war, etwa Interflex als Software-An-bieter. Und das Überlegen, welche Leistun-gen Krankenhäuser und Ärzteschaft in ihrerKommunikation untereinander flankierenkönnen – und in ihrer Kommunikation mitden Patienten. Letztlich also, an welchen Stell-schrauben Kostenträger hier oder da anset-zen könnten, mithilfe von Software, Weiter-bildung oder schlichtem Outsourcen vonKommunikations-Dienstleistungen. Die Bran-che nennt das „Inbound-Telefonate“, wennetwa Notruf-Services oder Kommunikationrund um Telemedizin angesprochen sind.

Bei T.D.M. fand sich im Geschäftsführer Diet-mar Klug ein Gesprächspartner, der sich mitseinem Unternehmen im Hannoveraner Raumals kompetent ansieht, wenn auch bis datonur peripher, etwa als HelpDesk 24/7 für Be-atmungsgeräte – die Rund-um-die-Uhr-Be-treuung per Telefon zu technischen Fragen.

Auch führt T.D.M. Vertriebsgespräche fürMedizintechnik in Krankenhäuser hinein.Und fühlt sich durchaus auch in der Lage,ein „Telemedizinisches Service-Center“ auf-zubauen. Dann natürlich mit aller erforder-licher Ausstattung mit medizinischem Fach-personal und Datensicherheit: Die Infrastruktursei prinzipiell vorhanden, so der Geschäfts-führer (www.tdm.de).

INCAS Voice Solution wiederum hat denBereich „Medical Services“ als eigenes Un-ternehmen bereits 2009 ausgegründet undbietet Software-Lösungen für Krankenhäu-ser, medizinische Versor gungszentren undandere medizinische Organisationen. Key-Account-Manager Mike Collé verweist aufentsprechende Praxiserfahrung und passtmit den modularen Software-Lösungen vonIntracall bestens in das Leitthema „UnifiedCommunications“ der CallCenterWorld 2012.Gemeint ist, alle Varianten der Kommuni-kation zusammen zu führen, um daraus wie-der gezielt sinnvolle Gesprächspartner imZielunternehmen zu identifizieren und denKontakt herzustellen … sei es per Telefon,E-Mail, Fax usw. Hilfreich sicherlich auchfür Krankenkassen, die Spezialisten auf ver-schiedene Standorte verteilt in der Kom-munikation ihrer Mitglieder zuordnen undKontakte bündeln können (www.incas.de).

Auch speech analytics wird relevant

14 Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012

werden, das kann sichauch Swen Borgmannvon NICE vorstellen,Channel ManagerGermany: Bis datobrauche die linguis-tisch ausgerichteteSoftware zwar nocheine gewisse Eichzeitbeim Telefonat, umemotionale Schwan-kungen heraus zu fil-tern und zu entschei-den, ob ein Anruferverängstigt, wütend oder guten Mutes ist.Kriterien für Reklamationsanrufe zum Bei-spiel. Doch ist denkbar, auch ohne vorheri-ges Kalibrieren schlicht über phonetischeKriterien den Gemütszustand von Anrufernbinnen Sekunden zu identifizieren. Hilf-reich für Notruf-Services oder telemedizi-nische Beratung, dem persönlichen Kontaktvorgeschaltet, etwa in einer (möglichst zuvemeidenden) Warteschleife, die in Kürzeübrigens kostenfrei bleiben muss(www.nice.com).

Die Kollegen von Interflex sehen sichim medizinischen Bereich auch für Call-Lösungen bestens aufgestellt: Zum „Work -force-Management“ gehören naturgemäßauch intelligente Anrufverteilung und inte-grative Personaleinsatzplanung (www.inter-flex.de, Gesprächspartner: Andreas Helzel).

Interessante Gedanken brachte GünterGreff ins Gespräch ein, als Telemarketer derersten Stunde in Deutschland ebenfalls 2012auf der Berliner Leitmesse anzutreffen. Mitseinem Unternehmen „Cloudlearning“ ist erdabei, digitales Fernlernen auf Social Me-dia zu übertragen und so das gute alte eLe-arning endlich (wieder?) salonfähig zu ma-chen. Diverse Abnehmer von Aus- undWeiterbildungs-Kursen gehören dem The-menkreis „Health“ an, so etwa im Pflege -bereich. Und weil Infrastruktur und Daten-banken komplett verfügbar sind, ist dasEinbringen anderer Inhalte relativ raschlösbar. Welches Berufsbild mit welchen re-levanten Inhalten möchte man woran an-gepasst haben, aus Sicht eines Kostenträ-gers? „Tomorrow’s learning today“ ist einClaim, der viel verspricht – und dennocheigentlich nur ausdrückt, was wie sein soll-te (www.cloudlearning.eu).

So schließt sich der Kreis: Unified Com-munications – Social Media – kostenloseWarteschleifen: Drei zentrale Themen der Leitmesse CallCenterWorld 2012. Wiesich zeigt, alle drei relevant auch für „Healthcare“, in vielerlei Hinsicht (www.call-centerworld.de). Hanspeter Reiter, München, www.dialogprofi.de

Ein Koffer wertvoller Kontakte für Kostenträger auf der CallCenterWorld in Berlin

Hanspeter Reiter

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Erstmals wurden Gesundheitsthemen aufder diesjährigen CeBIT im neuen FormatHealth&Vitality präsentiert. Bundesgesund-heitsminister Daniel Bahr eröffnete gemein-sam mit Dr. Franz-Josef Bartmann, Vorsit-zender des Ausschusses Telematik derBundesärztekammer, Rainer Höfer, Leiterder Abteilung IT-Systemfragen/Telematikim GKV Spitzenverband, sowie Rolf Buchvom Präsidium des Bundesverbandes In-formationswirtschaft, Telekommunikationund neue Medien e.V. (BITKOM) am 6. Märzin Halle 8 die Veranstaltung. Er betonte,dass die gegenwärtige Einführung der elek-tronischen Gesundheitskarte (eGK) mit dernoch aufzubauenden IT-Infrastruktur großeChancen bietet, die Herausforderungen derZukunft zu meistern – Ärztemangel und zu-nehmend älter werdende Gesellschaft. Bahrzeigte sich zuversichtlich, dass das ange-strebte Ziel, weitere 50 Millionen Gesund-heitskarten an die gesetzlich Versichertenbis Ende 2012 auszugeben, erreicht wer-den wird. Des Weiteren begrüßte er auchdas nun schrittweise Vorgehen bei der Ein-führung der ersten Anwendungen für dieeGK, dies sei sicherlich der richtige Weg,um die Akzeptanz zu fördern.

Der aktuelle Stand der eGK war auch The-ma einer Vortrags- und Diskussionssessiondes Health&Vitality Forums. Dr. Matthiasvon Schwanenflügel (BMG) betonte, dassEnde 2012 endgültig der „Point of no Re-turn“ für die eGK erreicht sein wird und mitersten Feldtests der Online-Phase 1 für dasVersichertenstammdatenmanagement imSommer 2013 begonnen werden wird. Da-mit können dann Verwaltungsdaten auf derelektronischen Gesundheitskarte online ak-tualisiert werden. Ein Austausch der Karte,z.B. bei Adress- oder Statusänderungen, kannsomit entfallen. Das Bundesministerium wirddie Prozesse weiter eng begleiten und, so-fern es nötig ist, auch seine aufsichtsrecht-

lichen Möglichkeiten nutzen. Die gematikist für diese Stufe 1 des neuen beschleunig-ten Verfahrens der zentrale Koordinations-partner der Testregionen, so Sven Marx (ge-matik). Mit dem dazu notwendigenAusschreibungsverfahren wird noch im Früh-jahr 2012 begonnen.

Im Beitrag von Ingo Bettels (KKH-Alli-anz) kam deutlich zum Ausdruck, welcheMehrwerte sich die Krankenkassen in Zu-kunft von der eGK erwarten. Derzeit hat dieeGK bis auf das Bild des Versicherten die-selbe Funktionalität wie die alte Kranken-versichertenkarte (KVK), und Bettels siehtdie geplanten Anwendungen der eGK aufabsehbare Zeit nicht zur Verfügung stehen.Der Ausgabeprozess der eGK sieht die KKH-Allianz als unproblematisch an und wirddie für 2012 geforderte Quote von 60 Pro-zent sicher erfüllen können. Die Bildbe-schaffung beteitet keine Schwierigkeiten,nur sehr wenige Versicherte weigern sichein Bild einzusenden; allerdings sinkt dieBereitschaft, ein Bild einzureichen, je län-ger die Restlaufzeit der KVK ist. Die KKH-Allianz zeigte zusammen mit Atos World-line die Anwendung Pay4Med, ein Bezahl-system für medizinischen Leistungen in Ver-bindung mit der eGK und dem neuen Per-sonalausweis (nPA). Versicherte erwartenschon heute mehr von der eGK, so Bettels,eine neue Karte allein reicht eben nicht.

Wilhelm Wilharm (KV Niedersachsen)gab einen abschließenden bundesweitenÜberblick über den Stand des Basis-Rolloutder neuen eGK-Kartenlesegeräte. Der in derFinanzierungsvereinbarung festgelegte Fi-nanzierungszeitraum erstreckte sich offi-ziell vom 1. April bis 30. September 2011,allerdings konnten in einigen Länder KVennoch Anträge bis spätestens 15.12. bzw.31.12.2011 unter Beifügung der Bestellbe-stätigung eingereicht werden, und einigeGerätehersteller hatten Lieferengpässe. Weitüber 90 Prozent aller Arztpraxen in Deutsch-

Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012 15

land sind gegenwärtig mit den zukunftssi-cheren eGK-Lesegeräten ausgestattet undsomit auch prinzipiell online-fähig. Um auf-tretende Probleme mit den neuen Geräten,deren Anschluss an das jeweilige Praxis-verwaltungssystem (PVS) oder mit dem Le-sen der eGK schnell und kompetent zu lö-sen, bietet die KV-Telematik ARGE einenFirst-Level-Support auf ihrer Website www.kv-telmatik.de an.

Michael Brockt (Concat AG) stellte alseine der ersten Anwendungen für die eGKeinen neu entwickelten Kiosk für Warte-zimmer in Arztpraxen, Kliniken oder Medi-zinischen Versorgungszentren vor. An die-sem, mit einem Touchscreen ausgestatteten,Terminal kann der Versicherte die auf dereGK gespeicherten Daten ansehen und aus-drucken, um gegebenenfalls seiner Kran-kenkasse Veränderungen umgehend mittei-len zu können. Der Wartezimmer-Kiosk istso konzipiert, das er schon jetzt auf denspäteren Online-Abgleich der Versicherten-stammdaten technisch vorbereitet ist.

DLR

Neues über die eGK von der CeBIT 2012

Diskussionsrunde zur elektronischen Gesund-heitskarte mit (von rechts nach links) MichaelBrockt (Concat AG), Dr. Matthias v. Schwanen-flügel (Bundesgesundheitsministerium), DirkArendt (OpenLimit), Wilhelm Wilharm (KV Niedersachsen), Ingo Bettels (KKH Allianz), SvenMarx (gematik) und Dr. Lutz Reum (Moderator)

Eröffnung von Health&Vitality durch Bundes -gesundheitsministern Daniel Bahr (Fotos:Concat AG)

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In Zeiten knapper Budgets und eines zuneh-menden Wettbewerbs sind Krankenhäuserbestrebt, ihre klinischen und administrati-ven Prozesse bei anhaltend hoher Versor-gungsqualität effizient zu gestalten. IT fürMobilität, Telemedizin für verbesserten Zu-gang zu Diagnostik und Therapie und inter-sektoral vernetzte Kommunikation zählenhier zu den aktuellen Themen. Kostenträgersollten sich darüber informieren, welche For-derungen sie in dieser Hinsicht an ihre Part-ner in der Leistungserbringung stellen kön-nen. Aber auch die Krankenkassen selbstsind gehalten, die Verbesserungspotenzialefür ihre internen Abläufe und die Zusam-menarbeit nach außen zu erkennen und mitIT-Unterstützung zu erschließen.

Vom 24. bis 26. April wird die conhITfür das komplette Spektrum der IT im Ge-sundheitsmarkt zur Plattform der Know-How-Vermittlung und Diskussion. Kongress,Akademie, Anbietermesse und Networking

– das sind die vier Säulen des attraktivenBranchentreffs.

Konkrete Informationsangebotefür GKV und PKV

An die Entscheidungsträger in den Kassenwenden sich mehrere Kongress-Sessions. Sobehandelt am 24. April die Vortragsreihe„Instrumente zur Versorgungsplanung und -steuerung“, unter Vorsitz von Dr. DominikDeimel vom Bundesverband Managed Careund Dr. Christian Peters vom AOK-Bundes-verband, die Programmpunkte „RegionaleVersorgungsprozesse“ (Referenten: Meik Eus-terholz, Unity; Dirk Jaeckel, Elblandklini-ken; Moritz Weghorn, Agfa HealthCare); „Ef-fizientes Versorgungsmanagement durchGesundheitsanalytik“ (Gregor Emch, Accen-ture) und „Anforderungen an die IT aus Sichtdes Versorgungsmanagements“ (ChristianeVössing, KIT Services Knappschaft Bahn See).

„IT-Lösungen zur Unterstützung vonVersorgungssteuerung und von Direkt ver-trägen in der ambulanten Ver sorgung“, Vor-sitz Dr. med. Christian Peters vom AOK-Bundesverband, stehen am 25. April mitdiesen Themen auf dem Kongress pro gramm:„Versorgungssteuerung in Ärztenetzen“ (JensNaumann, medatixx); „Umsetzung von Di-

rektverträgen mit IT“ (Karsten Knöppler,gevko – AOK Systems) und „Initiative füreinen IT-Standard zur Unterstützung vonSelektivverträgen“ (Matthias Leu, Compu-Group Medical).

Wer sich über aktuelle Entwicklungender IT im Gesundheitswesen informieren,Kontakte in der Branche knüpfen und sichauf hohem Niveau weiterbilden will, kommtim April nach Berlin – www.conhit.de. MR

16 Kostenträger Entscheiderbrief 1/2012

conhIT 2012IT optimiert Versorgungs -steuerung, Behandlungs pro -zesse und Informationsfluss

Renommierte Experten, Anwender undVertreter der Anbieter diskutieren auf der

conhIT Wege zur Erschließung von Effizienzpo-tenzialen (hier: conhIT 2011, Foto MR)