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Einleitung In der letzten Ausgabe haben wir grundlegende Infor- mationen zu kritischen angeborenen Herzfehlern vor- gestellt. Der Fokus lag auf der Pathophysiologie, der Diagnostik und den Grundlagen der Behandlung kriti- scher Herzfehler des Neugeborenen. Auf Basis dieses Wissens werden in diesem Artikel nun ausgewählte kritische Herzfehler des Neugeborenen, deren Patho- physiologie, Diagnostik, initiales Management und die möglichen Therapieoptionen thematisiert. Duktusabhängige Herzfehler Für Vitien mit duktusabhängiger Lungen- oder Sys- temperfusion gelten für die postnatale Therapie die in der Vorausgabe beschriebenen allgemeinen Therapie- prinzipien. Herzfehler mit duktusabhängiger Lungen- perfusion (Rechtsherzobstruktion) Kritische Pulmonalstenose (PS) Definition und Epidemiologie. Die isolierte valvuläre Pulmonalstenose macht etwa 8 12 % aller angebore- nen Herzfehler aus. Die kritische Pulmonalstenose des Neugeborenen mit Duktusabhängigkeit ist viel seltener. Hier ist die effektive Klappenöffnungsfläche zu klein, um einen ausreichenden antegraden Fluss zur Lunge und damit eine ausreichende Oxygenierung zu gewährleisten [1]. Anatomie und Hämodynamik. Die Pulmonalklappe ist oft bikuspidal mit teilfusionierten Kommissuren, selte- ner myxematös verdickt und dysplastisch (typisch bei Noonan-Syndrom). Nicht selten besteht eine begleiten- de subvalvuläre Stenose des rechtsventrikulären Aus- flusstrakts. Schon intrauterin entwickelt sich eine Hypertrophie des rechtsventrikulären Myokards, nicht selten sogar eine konsekutive Hypoplasie des rechten Ventrikels und der Trikuspidalklappe. In dieser Situa- tion kann eine duktusabhängige Lungenperfusion bestehen. Über das Foramen ovale besteht außerdem ein entlastender Rechts-Links-Shunt, der jedoch zusätzlich zur postnatalen Zyanose beiträgt. Kritische Herzfehler des Neugeborenen Teil 2: Ausgewählte kritische Herzfehler Martin Böhne, Thomas Jack, Harald Köditz, Philipp Beerbaum Übersicht Einleitung 149 Duktusabhängige Herzfehler 149 Herzfehler ohne nominelle Duktusabhängigkeit 164 Kernaussagen 170 Neonatologie Scan 2 ê 2015 ê DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1391992 ê VNR 2760512015147121012 Teil 1 des Beitrags erschienen in der Vorausgabe: Neonatologie Scan 2015; 4: 61 88: http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1391489 Fortbildung 149 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

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Einleitung

In der letzten Ausgabe haben wir grundlegende Infor-mationen zu kritischen angeborenen Herzfehlern vor-gestellt. Der Fokus lag auf der Pathophysiologie, derDiagnostik und den Grundlagen der Behandlung kriti-scher Herzfehler des Neugeborenen. Auf Basis diesesWissens werden in diesem Artikel nun ausgewähltekritische Herzfehler des Neugeborenen, deren Patho-physiologie, Diagnostik, initiales Management und diemöglichen Therapieoptionen thematisiert.

Duktusabhängige Herzfehler

Für Vitien mit duktusabhängiger Lungen- oder Sys-temperfusion gelten für die postnatale Therapie die inder Vorausgabe beschriebenen allgemeinen Therapie-prinzipien.

Herzfehler mit duktusabhängiger Lungen-perfusion (Rechtsherzobstruktion)

█ Kritische Pulmonalstenose (PS)

Definition und Epidemiologie. Die isolierte valvulärePulmonalstenose macht etwa 8–12% aller angebore-nen Herzfehler aus. Die kritische Pulmonalstenose desNeugeborenenmit Duktusabhängigkeit ist viel seltener.Hier ist die effektive Klappenöffnungsfläche zu klein,um einen ausreichenden antegraden Fluss zur Lungeund damit eine ausreichende Oxygenierung zugewährleisten [1].

Anatomie und Hämodynamik. Die Pulmonalklappe istoft bikuspidal mit teilfusionierten Kommissuren, selte-ner myxematös verdickt und dysplastisch (typisch beiNoonan-Syndrom). Nicht selten besteht eine begleiten-de subvalvuläre Stenose des rechtsventrikulären Aus-flusstrakts. Schon intrauterin entwickelt sich eineHypertrophie des rechtsventrikulären Myokards, nichtselten sogar eine konsekutive Hypoplasie des rechtenVentrikels und der Trikuspidalklappe. In dieser Situa-tion kann eine duktusabhängige Lungenperfusionbestehen. Über das Foramen ovale besteht außerdemein entlastender Rechts-Links-Shunt, der jedochzusätzlich zur postnatalen Zyanose beiträgt.

Kritische Herzfehler des Neugeborenen

Teil 2: Ausgewählte kritische Herzfehler

Martin Böhne, Thomas Jack, Harald Köditz, Philipp Beerbaum

Übersicht

Einleitung 149Duktusabhängige Herzfehler 149Herzfehler ohne nominelleDuktusabhängigkeit 164Kernaussagen 170

Neonatologie Scan 2 ê2015 êDOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1391992 êVNR 2760512015147121012

Teil 1 des Beitrags erschienen in der Vorausgabe:Neonatologie Scan 2015; 4: 61–88:http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1391489

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Merke: Für die kritische Pulmonalstenose mit ver-

schlossenem Ductus arteriosus gilt: Je geringer die

antegrade Perfusion über die stenotische Pulmo-

nalklappe, desto ausgeprägter ist der Rechts-Links-

Shunt auf Vorhofebene und damit die Zyanose des

Neugeborenen.

Klinik und Diagnostik. Bei Verschluss des Ductusarteriosus präsentieren sich die Neugeborenen mit:█ Zyanose█ Tachypnoe█ Zeichen der Rechtsherzdekompensation mitHepatomegalie

Ein gespaltener 2.Herzton sowie ein raues, spindelför-miges Systolikum mit Punctum maximum im 2./3. ICRlinks parasternal und Fortleitung in beide Thoraxhälf-ten ist auskultierbar. Bei rechtsventrikulärer Dekom-pensation kann das Austreibungsgeräusch komplettfehlen. Im Röntgen-Thorax zeigt sich eine verminderteLungengefäßzeichnung, echokardiografisch stellt sicheine verdickte, kaum öffnende Pulmonalklappemit nureinem geringen antegraden Fluss, ein Rechts-Links-Shunt über das Foramen ovale und ein Links-Rechts-Shunt bei offenem Ductus arteriosus dar (Abb.1).

Merke: Echokardiografisch korreliert der Gradient

(z. B. CW-Doppler) über die Pulmonalklappe nicht

immer mit dem Schweregrad einer Pulmonal-

klappenstenose: Die Flussgeschwindigkeit über die

stenosierte Klappe ist reduziert, wenn bereits eine

eingeschränkte rechtsventrikuläre Pumpfunktion

besteht und/oder wenn der Lungengefäßwider-

stand noch erhöht ist.

Management. Bei zentraler Zyanose ist eine PGE1-Infu-sion zum Offenhalten bzw. Wiedereröffnen des Ductusarteriosus indiziert. Nach Stabilisierung erfolgt als The-rapie der Wahl eine katheterinterventionelle Ballon-valvuloplastie [2]. Diese führt in über 90% der Fälle zu

a b

LV

RV

VCS

PDA

AAo81% PA

VCI

51%

53%53%

98%

72 %

98%

82%

81%

LA

RA

LLVRLV

53%

Abb.1 Kritische Pulmonalstenose des Neonaten. a Grafische Darstellung der Hämodynamik bei kritischer Pulmonalstenose. Angezeigt sind jeweils die Sauer-stoffsättigungswerte nach Beginn einer PGE1-Infusion. Es besteht obligat ein Rechts-Links-Shunt auf Vorhofebene (durchgezogener blauer Pfeil). In Abhängigkeitvon der Pulmonalstenose, der rechtsventrikulären Funktion und dem Lungengefäßwiderstand findet sich eine unterschiedlich ausgeprägte antegrade Perfusionüber die Pulmonalklappe (gestrichelter blauer Pfeil). b Echokardiografische Darstellung in parasternal kurzer Achse am 2. Lebenstag bei einem Zwillingsfrühge-borenen der 32. SSWmit einem Geburtsgewicht von 1700g. Es zeigt sich eine valvuläre Pulmonalstenose bei dysplastischer Klappenanlage mit einer nur geringenzentralen Öffnungsfläche. Über die Pulmonalklappe stellt sich ein beschleunigter antegrader Fluss mit einer maximalen Geschwindigkeit von 4m/s dar. Der Pul-monalarterienhauptstamm ist poststenotisch dilatiert. Bei nicht ausreichendem antegraden Fluss über die Pulmonalklappe wird der Ductus arteriosus (großeDuktusampulle) mittels PGE1-Infusion (Prostaglandin E1) zur Sicherstellung der Lungendurchblutung offengehalten. Im Alter von 2 Wochen erhielt das Kind imHerzkatheterlabor eine Ballonvalvuloplastie der Pulmonalklappe. Bei sehr gutem postinterventionellen Ergebnis ohne Reststenose der Pulmonalklappe konnte diePGE1-Infusion beendet werden. Der Dopplergradient über die Pulmonalklappe (Druckdifferenz zwischen rechtem Ventrikel und Pulmonalarterienhauptstamm)kann postnatal durch den noch erhöhten pulmonalarteriellen Widerstand gering sein und damit die Schwere der Pulmonalstenose unterschätzen.

Abkürzungen in Abbildungen

AAo = Aorta ascendens

MAPCA = major aortopulmonary

collateral artery

LA = linker Vorhof

LLV = linke Lungenvenen

LPA = linke Pulmonalarterie

LV = linker Ventrikel

PA = Pulmonalarterien-

hauptstamm

PDA = persistierender Ductus

arteriosus

RA = rechter Vorhof

RLV = rechte Lungenvenen

RPA = rechte Pulmonalarterie

RV = rechter Ventrikel

SS = Sammelsinus

VCI = untere Hohlvene

VCS = obere Hohlvene

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einer Reduktion des Druckgradienten. Bei einigenNeugeborenen ist die antegrade Perfusion der Lungenüber die Pulmonalklappe nach der Ballonvalvuloplastieaufgrund einer rechtsventrikulären Hypoplasie nochnicht ausreichend. Diese Kinder benötigen zummittel-fristigen Offenhalten des Ductus arteriosus entwedereine Fortsetzung der Prostaglandin-E1-Infusion (PGE1-Infusion) für einige Zeit oder– falls anatomischmöglich– eine Stent-Implantation in den Ductus arteriosus.Alternativ kann die chirurgische Anlage eines aorto-pulmonalen Shunts bei Persistenz der Duktusabhän-gigkeit notwendig sein.

Ca. 15% der Patienten benötigen im späteren Alter eineReintervention an der Pulmonalklappe.

Bei schwerer Klappendysplasie (z.B. beim Noonan-Syndrom) sind die Ergebnisse der Ballonvalvuloplastieschlechter (Erfolgsrate maximal 60–65%), ein Versuchist jedoch meist gerechtfertigt. Nicht selten besteht indieser Konstellation eine zusätzliche supravalvulärePulmonalarterienstenose am sinutubulären Übergang.

█ Fallot-Tetralogie (TOF)

Definition und Epidemiologie. Die Fallot-Tetralogie(TOF) ist der häufigste zyanotische Herzfehler (ca.5–10% aller angeborenen Herzfehler; AHF) [1,3]. Er istnicht selten mit einer Mikrodeletion 22q11 assoziiert.Der Herzfehler ist charakterisiert durch eine Deviationdes Konusseptums nach rechts-anterior mit konse-

kutiver rechtsventrikulärer Ausflusstraktobstruktion(valvuläre, subvalvuläre und oft auch supravalvulärePulmonalstenose) mit resultierender rechtsventriku-lärer Hypertrophie, einem großen „Malalignment“-Ventrikelseptumdefekt (VSD) und einer über dem VSDreitenden, entsprechend der Position des Konussep-tums ebenfalls nach rechts-anterior verlagertenAortenwurzel (Abb.2a).

Anatomie und Hämodynamik

Merke: Das Ausmaß der Obstruktion des rechts-

ventrikulären Ausflusstrakts bestimmt den intra-

kardialen Rechts-Links-Shunt und damit die Zya-

nose. Aufgrund des großen VSD besteht ein iden-

tischer Druck in beiden Ventrikeln. Die Aorta ist

durch ihr Überreiten des VSD funktionell beiden

Ventrikeln zugeordnet.

Die Ausprägung der rechtsventrikulären Ausflussob-struktion bestimmt die Klinik des Neugeborenen:█ Bei nur geringer Ausprägung der rechtsventrikulärenAusflusstraktobstruktion fließt ausreichend Blut inden Lungenkreislauf und die Neugeborenen sindpostnatal azyanotisch („Pink Fallot“). Normalerweisenimmt die Ausprägung der rechtsventrikulären Aus-flusstraktobstruktion innerhalb der ersten Monatezu. Der Pulmonalklappenring wie auch der Pulmo-nalarterienhauptstamm sind häufig hypoplastisch,die Pulmonalarterien schmal. In einigen Fällen erfolgtdie Lungenperfusion zusätzlich über aortopulmonale

LV

RV

VCSAAo

78%

PA

VCI

a b

54%

48 %

50%

51%

50%

95%

90%

LA

RA

LLVRLV

Abb. 2 Hämodynamik eines Patienten mit Fallot-Tetralogie. a Sauerstoffsättigungswerte bei Fallot-Tetralogie mit infundibulärer und valvulärer Pulmonalste-nose. Der blaue Pfeil stellt den intrakardialen Rechts-Links-Shunt über den VSD dar. Aufgrund der Obstruktion im rechtsventrikulären Ausflusstrakt ist der ante-grade Fluss in die Lungenarterien reduziert (gestrichelter blauer Pfeil über die Pulmonalklappe). b Echokardiografie (parasternal lange Achse) eines Patienten mitFallot-Tetralogie. Darstellung eines perimembranösen Malalignment-VSD. Die Aortenwurzel überreitet den VSD. Im Farbdoppler (rechts): In der Systole Darstel-lung eines Rechts-Links-Shunts über den VSD mit Ausstrom des rechtsventrikulären Blutes über die Aortenklappe.

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Kollateralen („major aortopulmonary collateral arte-ries“, MAPCAs), die ehemaligen embryonalen Gefä-ßen zwischen Lunge und Aorta entsprechen.

█ Bei einer ausgeprägten rechtsventrikulären Ausfluss-traktobstruktion fließt ein großer Anteil des desoxi-genierten Blutes, wie in Abb.2 dargestellt, aufgrunddes hohen Auswurfwiderstands anstelle in den Lun-genkreislauf über die Aorta in den Körperkreislauf(intrakardialer Rechts-Links-Shunt; „Blue Fallot“).

Merke: Bei einer ausgeprägten Stenosierung des

rechtsventrikulären Ausflusstrakts (funktionelle

Pulmonalatresie) können Neugeborene bereits

direkt postnatal mit einer Zyanose auffällig wer-

den.

█ Im Extremfall tritt eine Atresie der Pulmonalklappeauf. Diese kommt in ca. 7% der Patienten mit TOF vor[1]. Bei diesen Patienten sind ein offener Ductus arte-riosus oder MAPCAs für die Oxygenierung notwendig(siehe auch nachfolgender Abschnitt über Pulmonal-atresie mit VSD).

In 15–20% besteht ein rechter Aortenbogen, nicht sel-ten finden sich auch Ursprungsanomalien der Koro-nararterien, die ggf. für die operative Korrektur rele-vant sein können. Sehr selten zeigt sich ein doppelterAortenbogen.

Klinik und Diagnostik. Bei Verschluss des Ductus arte-riosus fallen Neugeborene mit funktioneller oder ana-tomischer Pulmonalatresie durch eine Zyanose auf.

Merke: In den meisten Fällen ist die Zyanose im

Neugeborenenalter nur gering ausgeprägt (sog.

Pink Fallot) und wird erst nach einigen Monaten

offensichtlich, entsprechend besteht keine neona-

tale Duktusabhängigkeit der Lungenperfusion.

Ein 3/6-gradiges raues spindelförmiges Systolikum mitp.m. über 2./3. ICR links parasternal und thorakalerFortleitung wird durch die Obstruktion der rechts-ventrikulären Ausflussbahn verursacht. Das EKG zeigtunspezifisch eine Rechtshypertrophie (Abb.10 derVorausgabe). Die Echokardiografie sichert die Dia-gnose, stellt kardiale Begleitfehlbildungen und die Aus-prägung der strukturellen Anomalie bzw. ihre funktio-nelle Relevanz dar. Das Röntgenbild des Thorax zeigtdie typische Herzsilhouette („Golfschlägerherz“) undermöglicht die Beurteilung der verminderten pulmo-nalen Gefäßzeichnung als Hinweis auf eine möglicheHypoplasie des pulmonalarteriellen Systems.

Merke: Bei sehr hypoplastischer Lungenstrombahn

und/oder Verdacht auf multifokale Lungenperfu-

sion und/oder assoziierten Koronararterienanoma-

lien ist eine Herzkatheteruntersuchung oder eine

CT-Angiografie erforderlich.

Management. In der Mehrzahl der Fälle ist bei einem„Pink Fallot“ in der frühen Neonatalperiode keine spe-zifische Therapie notwendig.

Als Standardtherapie wird eine Korrekturoperation mitErweiterung des rechtsventrikulären Ausflusstraktsund VSD-Verschluss im 3.–12. Lebensmonat durchge-führt, entweder primär bei Pink Fallot oder sekundär

Übersicht hypoxämischer Anfall (kinderkardiologischer Notfall)

Hämodynamik

akuter Abfall des peripheren Widerstands

und/oder Obstruktion des rechtsventriku-

lären Ausflusstrakts

Typische Auslöser

körperliche oder psychische Belastung

(Schreien, Aufwachen), Abfall des Sys-

temwiderstands (Füttern, Baden), Hypo-

volämie, Fieber

Klinik█ initial Zunahme der Zyanose mit Tachy-

kardie und Tachypnoe, gefolgt von Zei-

chen der Systemkreislaufinsuffizienz mit

blass-grauem Hautkolorit, Tonusverlust

der Muskulatur, Bewusstseinsverlust,

zerebrale Krampfanfälle („blasses oder

zyanotisches Kind ohne adäquate

Reaktion“)█ kein Ausströmungsgeräusch auskultier-

bar

Therapie█ Erhöhung des systemischen Wider-

stands zur Steigerung der antegraden

Perfusion in die Pulmonalarterien (Knie

an die Brust beugen, Hockstellung)█ großzügige intravenöse Volumen-

gabe (mehrfache Bolusgaben von

10ml/kg KG)

█ Sedierung (Morphin 0,1–0,2mg/kg KG

s. c., i. v., i.m.; Ketamin 1–2mg/kg KG

i. v.)█ Sauerstoffgabe█ Ausgleich einer metabolischen Azidose

durch Pufferung mit Natriumbikarbonat█ bei Persistenz der Zyanose intensiv-

medizinische Therapie mit intravenöser

Applikation von Vasokonstriktoren

(Noradrenalin), ß-Blockern

Prophylaxe

ß-Blocker (z. B. Propranolol

2–6mg/kg KG p. o. in 3–4 ED)

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nach vorheriger Palliation (s.u.) bei initialer Duktusab-hängigkeit oder bei rascherer Progression der Zyanoseim jungen Säuglingsalter.

Bei neonataler zentraler Zyanose und duktusabhängi-ger Lungenperfusion ist zunächst eine passagere PGE1-Infusion notwendig. Zur invasiven Palliation vor dereigentlichen Korrekturoperation gibt es je nach indivi-duellen anatomischen Gegebenheiten und Erfahrungdes Zentrums verschiedene Optionen:█ Katheterinterventionell kann ein Stent in den Ductusarteriosus implantiert werden, falls die Duktusanato-mie dieses zulässt.

█ Katheterinterventionell kann eine Ballondilatationder Pulmonalklappe erfolgen, wenn diese Kompo-nente überwiegt.

█ Katheterinterventionell kann– in entsprechenderfahrenen Händen – eine Stentimplantation über dierechtsventrikuläre Ausflussbahnstenose und Pulmo-nalklappenstenose erwogen werden.

█ Ebenso kann die ausreichende Lungenperfusion klas-sischerweise durch einen chirurgischen aortopulmo-nalen Shunt sichergestellt werden.

█ Auch kann eine operative Frühkorrektur angestrebtwerden.

Eine primäre Korrektur-OP ist durchaus bereits imNeugeborenenalter möglich, geht jedoch dann miteiner erhöhten perioperativen Mortalität und oftweniger günstigem hämodynamischen Resultat einher[3]. Daher bevorzugen diemeisten Zentren noch immerein zweizeitiges Vorgehen, wenn bereits im Neugebo-renenalter eine Behandlungspflicht besteht.

Auch können hypoxämische Anfälle bereits in derNeonatalperiode auftreten, normalerweise präsentie-ren sie sich aber ab dem 3.–4. Lebensmonat.

Merke: Das Auftreten von hypoxämischen Anfällen

ist ein kinderkardiologischer Notfall. Nach der

Akutbehandlung (siehe Infobox Übersicht hypoxä-

mischer Anfall) ist eine definitive Sicherung der

Lungenperfusion notwendig, entweder als Korrek-

tur-OP oder bei jüngeren Säuglingen mittels Pallia-

tion.

█ Pulmonalatresie mit VSD (PA-VSD)

Definition und Epidemiologie. Bei der PA-VSD (ca. 1%aller AHF) ist im Gegensatz zur Pulmonalatresie mitintaktem Ventrikelseptum (PA-IVS) der rechte Ventri-kel meist gut entwickelt [4]. Der Herzfehler entsprichtdamit einer Extremvariante der Fallot-Tetralogie mit

einer Atresie der Pulmonalklappe. Dieser Herzfehler istgehäuft mit einer Mikrodeletion 22q11 assoziiert.

Anatomie und Hämodynamik. Die wesentliche mor-phologische und funktionelle Variable ist die Ausbil-dung der Lungenarterien, hier gibt es ein weitesSpektrum (Abb.3). Die Perfusion der hypoplastischenLungenarterien erfolgt entweder unifokal (ein zentra-les zuführendes Gefäß) über einen Ductus arteriosusoder multifokal über sog. „major aortopulmonary col-lateral arteries“ (MAPCAs), die residuale embryonaleGefäße zwischen Lunge und Aorta darstellen. In derExtremform können die zentralen Pulmonalgefäßevollständig fehlen, dann erfolgt die Lungenperfusionausschließlich über MAPCAs und es besteht keine Duk-tusabhängigkeit (Abb.3d). Ferner gibt es:█ Varianten mit fehlenden zentralen Lungenarterien█ Verzweigungsanomalien█ Stenosen der peripheren Lungenarterien█ duale Versorgung der Lunge, sowohl durch hypoplas-tische Lungenarterien (duktusabhängig!) als auch

a b

c d

LV

LV

LVRV

RV RV

RV

VCS

VCS VCS

VCSAAo

AAoAAo

AAoPA PA

VCI

VCI VCI

VCI

LA

LA

LV

LA

LA

RA

RARA

RA

PDA

MAPCAMAPCA

Abb.3 Einteilung der Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt. Verschiedene mor-phologische Varianten einer Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt existieren, diesich hauptsächlich in der Ausprägung der Hypoplasie der Lungenarterien und dem Vor-handensein von „major aortopulmonary collateral arteries“ (MAPCAs) unterscheiden.a Zentrale und periphere Pulmonalarterien angelegt, Ductus arteriosus vorhanden.b Rechte und linke zentrale Pulmonalarterie konfluierend angelegt, kein Pulmonalarte-rienhauptstamm, Ductus arteriosus und/oder MAPCAs vorhanden. c Rechte und linke zen-trale Pulmonalarterie aplastisch oder hypoplastisch, kein Pulmonalarterienhauptstamm,kein Ductus arteriosus, MAPCAs vorhanden. d Keine zentralen Pulmonalarterien, Lungen-durchblutung ausschließlich über MAPCAs, multifokal.

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MAPCAs, ggf. liegen auch Stenosierungen dieserGefäße vor.

Klinik und Diagnostik.Neugeborenemit PA-VSD fallenmit einer Zyanose auf, deren Ausprägung von der Aus-bildung vonMAPCAs abhängig ist. Ein systolisches Aus-treibungsherzgeräusch fehlt, im Unterschied zur Fallot-Tetralogie. Eventuell ist ein systolisch-diastolischesHerzgeräusch als Hinweis auf einen Ductus arteriosusoder aortopulmonale Kollateralarterien zu hören. DieDiagnose wird durch die Echokardiografie gestellt. Hierzeigen sich ein verschlossener rechtsventrikulärer Aus-flusstrakt sowie eine über einem VSD überreitendeAorta. Eine diagnostische Herzkatheteruntersuchungbzw. CT-Angiografie zur Darstellung der Anatomie undPerfusion der Lungenarterien ist notwendig. Hierdurchsollte evaluiert werden:█ Perfusion der Lungenarterien█ Vorhandensein von zentralen Lungenarterien█ Vorhandensein einer Bifurkation█ Vorhandensein eines Ductus arteriosus█ MAPCAs

Management. Bei duktusabhängiger Lungenperfusion(keine MAPCAs, zentrale Pulmonalarterien sind ange-legt) erfolgt die Applikation einer PGE1-Infusion.

Merke: Bei der Pulmonalatresie mit VSD ist eine

Darstellung der Perfusion der Lungenarterien

(Duktusabhängigkeit vs. MAPCAs) notwendig.

Eventuell besteht trotz atretischer Pulmonalklappe

keine PGE1-Abhängigkeit.

Der weitere Behandlungsplan ist häufig individuell undhängt entscheidend von der Anatomie der arteriellenLungengefäßversorgung ab. Er umfasst neben operati-ven Maßnahmen zur Unifokalisation etwaiger MAPCAsmit deren Anbindung an die zentralen Pulmonalarte-rien auch katheterinterventionelle Therapien wie dieCoil-Embolisationen von MAPCAs. Ziel ist die Herstel-lung einer aufnahmefähigen rekonstruierten zentralenPulmonalarterie und deren Anbindung an den rechtenVentrikel über eine Gefäßprothese (Konduit). Bei güns-tiger Anatomie kann dabei auch der VSD durch einenPatch verschlossen werden, bei sehr hypoplastischenPulmonalgefäßen wird man erst deren Wachstum und(interventionelle) Therapie abwarten wollen, um denrechten Ventrikel vor einer zu hohen, suprasystemi-schen Druckbelastung zu schützen.

█ Pulmonalatresie mit intaktemVentrikelseptum (PA-IVS)

Definition und Epidemiologie. Bei der PA-IVS (<1% allerAHF, ca. 2,5% der kritischen AHF) gelangt das Blut desrechten Ventrikels nicht über die atretische Pulmonal-klappe (muskulär-infundibuläre oder valvulär-mem-branöse Atresie) in die Pulmonalarterien [1].

Anatomie und Hämodynamik. Die fetale Zirkulation istim ersten Teil in Abb.4 dargestellt. Die Pulmonalarte-rien werden über den Ductus arteriosus retrograddurchblutet (wichtiger Marker in der fetalen Echokar-diografie!). Das rechtsventrikuläre Blut entleert sichz.T. unter hohem Druck entweder über die insuffizien-te Trikuspidalklappe in den rechten Vorhof oder überFisteln (sog. Myokardsinusoide), die mit den Korona-rarterien in Verbindung stehen. Die Koronararterienkönnen stenosiert oder atretisch sein. Zudem kann dieKoronarperfusion über sinusoidale Verbindungen vomrechten Ventrikel abhängig sein. Normalerweisebesteht der rechte Ventrikel aus drei Anteilen, einemEinlass-(Inlet-), einem trabekularisierten und einemAuslass-(Outlet-) Teil.

Merke: Bei der PA-IVS weisen Größe und Morpho-

logie des rechten Ventrikels und der Trikuspidal-

klappe eine große Variabilität auf.

Das Spektrum reicht von einer ausgeprägten Hypopla-sie der rechten Kammer und Trikuspidalklappe miteiner fast vollständigen Lumenobliteration bis hin zueiner nur milden Hypoplasie. Der Blutdruck im rechtenVentrikel ist höher als im linken Ventrikel („suprasys-temisch“).

Postnatal hängt die Oxygenierung vom Blutfluss überden offenen Ductus arteriosus in die Lungengefäße ab.Das Vorhofseptum ist normalerweise nicht restriktivmit obligatem (!) Rechts-Links-Shunt (d.h. der gesamtesystemvenöse Rückstrommuss durch das Vorhofsep-tum zur linken Herzseite passieren). Bei Verschluss desDuctus arteriosus bricht die Lungenperfusion zusam-men und die Neugeborenen präsentieren sich mit einerschweren Zyanose und sekundärem Kreislaufversagen.

Klinik und Diagnostik. Es besteht eine zentrale Zyanosebei duktusabhängiger Lungenperfusion. Echokardio-grafisch (Abb.4) zeigen sich neben einem breitenSpektrum in der Morphologie des rechten Ventrikelsund der Trikuspidalklappe zusätzlich zur Atresie derPulmonalklappe (valvulär oder infundibulär) ggf. auchKoronarfisteln. Wichtig ist ferner die Beurteilung des

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Vorhofseptums: Hier besteht ein obligater Rechts-Links-Shunt, eine Restriktion ist eher selten.

Merke: Für die weitere individualisierte Therapie-

planung bei großer anatomischer Variabilität und

zur Beurteilung der Koronarperfusion ist in der

Regel eine diagnostische Herzkatheteruntersu-

chung notwendig.

Sollte das Vorhofseptum restriktiv sein (indirekte Zei-chen: Hepatomegalie und Lebervenen-/Hohlvenen-stauung durch Rückstau!), kann eine Ballonatriosep-tostomie nach Rashkind angezeigt sein (s. Kapitel„Transposition der großen Arterien“).

Merke: Solange sowohl die Inlet- als auch die Out-

let-Portion des rechten Ventrikels angelegt sind,

kann durch geeignete palliative Zwischenschritte

ein Wachstum induziert werden, welches nicht sel-

ten nach einigen Jahren eine Zweikammer-Korrek-

tur erlaubt. Dennoch verbleibt meist eine restrik-

tive Funktionsstörung des rechten Ventrikels [5].

Management. Der sofortige Beginn einer PGE1-Infusionund entsprechender supportiver Therapiemaßnahmen(s. Teil 1 in der Vorausgabe) ist indiziert. Die individu-elle Therapieplanung hängt von der Morphologie desrechten Ventrikels, der Größe der Trikuspidalklappeund der Existenz von signifikanten Koronarfisteln oder-anomalien ab:█ Bei Vorliegen einer membranösen Pulmonalatresieund ausreichend großem rechten Ventrikel und aus-reichender Trikuspidalklappe kann die Ausflussbahn

zu den Pulmonalarterien katheterinterventionelloder chirurgisch in der Neonatalperiode eröffnetwerden, um eine Dekompression und damit ein wei-teres Größenwachstum des rechten Ventrikels zuerzielen [6,7]. In diesem Fall ist meist ein „tripartiter“(dreiteiliger) rechter Ventrikel vorhanden und dieTrikuspidalklappe ausreichend groß, entsprechendwird eine biventrikuläre Korrektur angestrebt.

█ In weniger günstigen Fällen ist eine teilentlastendeOperation mit einem Anschluss der oberen Hohlvenean die Pulmonalarterien (obere cavopulmonaleAnastomose [CPA]) und PFO-/ASD-Verschluss mög-lich (Abb.11). Die Pulmonalarterie wird jedoch nichtabgesetzt. Damit erreicht das systemvenöse Blut dieLungenarterien über zweiWege: über die CPA aus deroberen Hohlvene und antegrad über die Pulmonal-klappe aus der unteren Hohlvene über den rechtenVentrikel. Der rechte Ventrikel ist somit volumenent-lastet, da er nur das Blut der unteren Hohlvene überdie eröffnete Pulmonalklappe pumpen muss (sog.„one-and-a-half-repair“).

█ Ist der rechte Ventrikel stark hypoplastisch mitextrem hypoplastischer Trikuspidalklappe und/odereiner vom rechten Ventrikel abhängigen Koronarper-fusion, kann zur Kreislauftrennung letztendlich nureine stufenweise univentrikuläre Palliation erfolgen:– Zunächst wird die Lungenperfusion durch einenchirurgischen aortoplumonalen Shunt oder einenDuktusstent gesichert.

– Danach erfolgt mit 4–6Monaten ein Anschluss deroberen Hohlvene an die Pulmanalarterien (obereCPA). Hierbei wird der Pulmonalarterienstammvom Herzen abgesetzt (s. Abb.11).

Abb.4 Echokardiografie eines Patienten mit Pulmonalatresie und intaktem Ventrikelseptum. a Im Vierkammerblick zeigt sich deutlich die Myokardhypertrophiedes rechten Ventrikels bei nur kleinem Cavum. b Korrespondierende parasternal lange Achse.

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– Mit etwa 2 Jahren folgt schließlich die Komplettie-rung der Kreislauftrennung nach dem Fontanprin-zip durch Anschluss auch der unteren Hohlvene andie rechte Pulmonalarterie (intrakardialer oderextrakardialer Tunnel), inklusive Fenestration desTunnels zum pulmonalvenösen Vorhof und Atrio-septektomie (s. Abb.12).

Merke: Bei einer vom rechten Ventrikel abhängigen

Koronarperfusion ist eine Dekompression des rech-

ten Ventrikels kontraindiziert, da ansonsten eine

Flussumkehr in den Koronarien mit einem Abfluss

in den rechten Ventrikel mit konsekutiver Myo-

kardischämie resultieren würde. Hier bleibt nur

die Fontanzirkulation. Die Gesamtprognose ist ein-

geschränkt.

█ Trikuspidalatresie (mit und ohned-Transposition der großen Arterien)

Definition und Epidemiologie. Die Trikuspidalatresie istnach der Fallot-Tetralogie und der Transposition dergroßen Arterien der dritthäufigste zyanotische Herz-fehler (ca. 1–3% aller AHF). Sie ist durch eine rudimen-täre oder (meist) vollständig fehlende Anlage der Tri-kuspidalklappe und daraus folgend einem fehlendenEinlassteil des rechten Ventrikels gekennzeichnet.

Anatomie und Hämodynamik. Zwischen dem rechtenVorhof und Ventrikel existiert keine direkte Verbin-dung (Abb.5). Das systemvenöse Blut gelangt vomrechten Vorhof durch eine Lücke im Vorhofseptum inden linken Vorhof (obligater Rechts-Links-Shunt). Derrechte Vorhof ist meist dilatiert. Da sowohl das gesamtesystemvenöse als auch das pulmonalvenöse Blut durchden linken Vorhof und Ventrikel strömen, dilatierenauch diese. In ca. 90% besteht ein Ventrikelseptum-defekt (VSD) [5], der den Zufluss zum rechten Ventrikelsicherstellt und mit dessen Größe korreliert. Im linkenVentrikel findet eine komplette Durchmischung dessystemvenösen und pulmonalvenösen Blutes statt. Vonhier aus strömt es mit einer identischen Sättigung indie Aorta und die Pulmonalarterie. Die Flussrate in bei-den großen Arterien hängt von verschiedenen Faktorenab:

a

b

LV

LV

RV

RV

VCSRLV

LLV

AAo

AAo

PA

PA

VCI

LA

LA

RA

VCS

VCI

RA

PDA

PDA

LLVRLV

Abb.5 Morphologische Varianten der Trikuspidalatresie. Dieschematischen Abbildungen zeigen die beiden häufigsten Varian-ten der Trikuspidalatresie. In der Mehrzahl findet sich eine Nor-malstellung der großen Arterien (a), in ca. einem Drittel der Fälleauch eine Transposition der großen Arterien (TGA) mit Ursprungder Aorta aus dem hypoplastischen rechten Ventrikel und der Lun-genarterien aus dem linken Ventrikel (b). Immer findet sich einobligater Rechts-Links-Shunt auf Vorhofebene (blauer Pfeil). DieAorta wie auch die Pulmonalarterie erhalten nach Mischung desdesoxigenierten systemvenösen (blauer Pfeil) mit dem volloxige-nierten pulmonalvenösen Blut (rote Pfeile) im linken Vorhof undVentrikel beide jeweils Blut mit reduzierter Sauerstoffsättigung(violette Pfeile). Dabei bestimmt das Ausmaß der Lungenperfusiondie Höhe der Sauerstoffsättigung.Die Abb. a zeigt eine Trikuspidalatresie Typ Ib (häufgste Variante)mit einer Normalstellung der großen Arterien. Hier finden sichhäufig ein restriktiver Ventrikelseptumdefekt und eine zusätzlichePulmonalstenose, die den Blutfluss zur Lunge vermindern (gestri-chelte violette Pfeile). Die Lungenarterien sind in der Regel hypo-plastisch. Die Patienten fallen mit einer Zyanose auf. Ggf. ist diepulmonale Perfusion duktusabhängig. b Trikuspidalatresie Typ IIcmit einer TGA. Liegt keine Pulmonalstenose vor, ist die Lungen-durchblutung vermehrt und die Kinder sind nur gering zyanotischund fallen durch klinische Zeichen der Herzinsuffizienz auf. DieAorta wird über den VSD perfundiert. Bei großem VSD kann dieAorta normal groß sein, bei kleinem VSD oder einer subaortalenStenose besteht häufig eine Aortenbogenanomalie (Hypoplasieder Aorta ascendens, des Aortenbogens oder ISTA). Im Extremfallkann die Perfusion des Systemkreislaufs auch duktusabhängigsein.

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█ Bei ca. zwei Drittel der Fälle besteht eine ventrikulo-

arterielle Konkordanz, d.h. die großen Arterien ent-springen regelrecht aus den Ventrikeln (Aorta auslinkem Ventrikel, Pulmonalis aus rechtem Ventrikel,Abb.5a). Hier ist der VSD meist klein und der rechteVentrikel hypoplastisch. Ein restriktiver VSD vermin-

dert die Lungenperfusion und damit die effektive Sau-erstoffaufnahme, es resultiert eine ausgeprägte zen-trale Zyanose .

█ Bei ca. einem Drittel der Fälle besteht eine ventriku-

loarterielle Diskordanz, d.h. es liegt zusätzlich eineTranspositionsstellung der großen Arterien vor(Abb.5b). Die Aorta entspringt aus dem hypoplasti-schen rechten Ventrikel, der sein Blut ausschließlichüber einen VSD erhält, die Pulmonalarterie dagegenaus dem linken Ventrikel. Entsprechendwird der VSDfür die Durchblutung des Systemkreislaufs über dieAorta benötigt. Die Größe der Aorta korreliert mit derGröße des VSD, d.h. bei einem großen VSD kann dieAorta normal groß sein, bei einem kleinen VSD istdiese oft hypoplastisch, nicht selten mit zusätzlicherAortenbogenhypoplasie und Aortenisthmusstenose(ISTA) [4], mit Übergangsformen zur duktusabhängi-gen Systemperfusion. Der pulmonale Blutfluss erfolgtüber die Pulmonalarterie aus dem linken Ventrikelund ist nach dem postnatal physiologischen Abfalldes Lungengefäßwiderstands oft gesteigert. In diesemFall weisen die betroffenen Neugeborenen eine pul-monale Hyperperfusion mit geringer Zyanose auf, oftentwickelt sich eine Herzinsuffizienz.

Merke: Bei Trikuspidalatresie und normaler Gefäß-

relation kann eine duktusabhängige Lungenperfu-

sion bestehen. Bei Trikuspidalatresie mit Transposi-

tion der großen Arterien kann dagegen eine duk-

tusabhängige Systemperfusion bestehen.

Neben der Größe des VSD und der Stellung der großenArterien wird der pulmonale Blutfluss auch noch vonder Existenz einer Pulmonalstenose (ca. ein Drittel derFälle) bestimmt. Bei ausgeprägter Pulmonalstenoseoder -atresie ist der pulmonale Blutfluss noch weiterreduziert und die Lungenperfusion ggf. duktusabhän-gig. Oft ist eine Trikuspidalatresie mit weiteren Fehl-bildungen (ISTA, unterbrochener Aortenbogen) assozi-iert, insbesondere bei gleichzeitiger Transposition dergroßen Arterien.

Merke: Bei der Trikuspidalatresie bestimmt der

pulmonale Blutfluss die Sättigung. Dieser hängt

von vielen Faktoren ab: Ursprung der großen Arte-

rien aus den Ventrikeln, Dimension eines VSD, Vor-

handensein einer Pulmonalstenose, Durchmesser

eines Ductus arteriosus und relativer Widerstand

der Lungengefäße.

Klinik und Diagnostik. Klinisch fallen die Neugeborenendurch eine unterschiedlich ausgeprägte Zyanose auf. DieKlinik reicht von tiefer Zyanose bei duktusabhängigerLungenperfusion bis zu VSD-typischer Herzinsuffizienzmit nur geringer Zyanose. Man auskultiert meist einensingulären 2.Herzton sowie ein raues Holosystolikum(linker Sternalrand, thorakale Fortleitung). Im EKG istein überdrehter Linkslagetyp mit Zeichen der links-ventrikulären Hypertrophie in den Brustwandablei-tungen (Volumenbelastung des linken Ventrikels)typisch. In der Echokardiografie finden sich eine feh-lende Trikuspidalklappe, ein kleiner rechter Ventrikelund immer ein obligater Rechts-Links-Shunt auf Vorhof-

ebene. Daneben sollten beurteilt werden:█ Dimension des VSD█ Ausprägung einer Pulmonalstenose█ ventrikuloarterielle Konkordanz oder Diskonkordanz█ zusätzliche Anomalien des Aortenbogens

Management. Bei einer duktusabhängigen Lungen-oder Systemperfusion wird eine PGE1-Infusion gestar-tet. Ein restriktives Vorhofseptum kann ggf. mittelsBallonatrioseptostomie behandelt werden. Bei balan-cierten Verhältnissen mit milder Pulmonalstenose undmäßiger Zyanose sind die Neugeborenen oft in klinischstabilem Zustand und es müssen zunächst keine Inter-ventionen erfolgen. Eine Kreislauftrennung kann nurim stufenweise realisierten Fontankonzept gelingen (s.analog Kapitel „Hypoplastisches Linksherzsyndrom“).

Herzfehler mit duktusabhängigerSystemperfusion (Linksherzobstruktion)

█ Kritische Aortenstenose

Definition und Epidemiologie. Mit einer Häufigkeit von3–6% ist eine Fehlbildung der Aortenklappe einer derhäufigeren Herzfehler mit einer Knabenwendigkeit

(4 :1) [8]. In Kombination mit subvalvulärer odersupravalvulärer Stenose (sinutubulärer Übergang) fin-det sich eine valvuläre Aortenstenose in bis zu 10% derAHF. In 75% findet sich eine bikuspide Klappe mitexzentrischer Restöffnung, seltener sind die unikuspideoder die trikuspid angelegte Klappe. Bei der neonatalenkritischen Aortenstenose ist die Klappe häufig myxö-

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matös verdickt mit zentraler „Pin-hole“-Öffnung undoft zusätzlicher Hypoplasie von Anulus, Aortenwurzelund Aorta ascendens. Die Klappe selbst repräsentiertdabei nur eine (wenngleich wichtige) Komponente derStenose; Übergangsformen zum hypoplastischenLinksherzsyndrom bestehen.

Anatomie und Hämodynamik

Merke: Eine hochgradige Stenose kann bereits bei

Neugeborenen zu einer Dekompensation des linken

Ventrikels führen.

Hier spielt das Verhältnis von Nachlasterhöhung fürden linken Ventrikel und dessen koronarer Perfusioneine entscheidende Rolle. Zudem kann eine sog. Endo-kard-Fibroelastose des linken Ventrikels bestehen, diehäufig mit einer schweren diastolischen und systoli-schen linksventrikulären Funktionsstörung einhergeht.

Merke: Bei der kritischen Aortenstenose erfolgt

über die stenostische Aortenklappe keine ausrei-

chende Perfusion des Körperkreislaufs; die System-

perfusion ist duktusabhängig.

Klinik und Diagnostik. Ein meist beidseits parasternalmaximal lautes raues Holosystolikum mit Fortleitungin die Carotiden und evtl. Ejektionsklick sowie eineparadoxe Spaltung des 2. Herztons sind bereits hin-weisend. Bei schwerster valvulärer Aortenstenose undlinksventrikulärer Funktionseinschränkung nimmt dasSystolikum an Lautstärke ab. Insbesondere nach Duk-tusverschluss ist das Neugeborene zunehmend tachy-kard, mit reduzierter Blutdruckamplitude und schwa-chen peripheren Pulsen, grauem Hautkolorit undTachydyspnoe durch ein sich entwickelndes Lungen-ödem. Im EKG finden sich Zeichen der Linksherzhyper-trophie, nicht selten in Verbindung mit Erregungsrück-bildungsstörungen.

Echokardiografisch wird der morphologische Typ derKlappenstenose festgelegt und die effektive Klappen-öffnungsfläche abgeschätzt, die oft nicht einwandfreibestimmbar ist. Der Klappenring wird bestimmt undweitere Linksstenosen sowie mögliche assoziierteHerzfehler ausgeschlossen.

Merke: Der Ductus arteriosus wird bzgl. Offenheit

und Shuntrichtung analysiert, auch die Flussrich-

tung über dem Aortenbogen (antegrad oder nur

retrograd) ist ein funktionell entscheidender

Parameter für das weitere Notfallmanagement.

Wie in Abb.6a dargestellt, kann echokardiografischeine Flussbeschleunigung über der stenotischenAortenklappe nachweisbar sein.

Merke: Bei der kritischen Aortenstenose lässt die

dopplerechokardiografisch bestimmte Flussge-

schwindigkeit über die Aortenklappe keine sichere

Aussage über den Schweregrad der Stenosierung

zu. Bei beginnender oder manifester linksventriku-

lärer Funktionseinschränkung reduziert sich der

Gradient ebenso wie bei offenem Ductus arteriosus

und relevantem Rechts-Links-Shunt aus dem rech-

ten Ventrikel in die deszendierende Aorta.

Bei relevantem Rechts-Link-Shunt über den Ductusarteriosus muss der linke Ventrikel nur ca. das halbeHerzzeitvolumen pumpen, woraus eine Reduktion desGradienten erfolgt.

Der linke Ventrikel ist hypertrophiert und oft bereitsfunktionseingeschränkt bis hin zu dessen Unvermögen,eine nennenswerte Menge Blut über die stenosierteKlappe auszuwerfen. Konsekutiv erfolgt eine linksven-trikuläre Dilatation. Gelegentlich imponiert ein an einedilatative Kardiomyopathie erinnernder linker Ventri-kel, verbunden mit verdickter Aortenklappe, reduzier-tem antegraden Fluss und stattdessen teilweise retro-gradem Fluss im transversalen Aortenbogen als Hin-weis auf eine Duktusabhängigkeit. Sehr wichtig istnoch die Analyse des Vorhofseptums von subkostal.Oft findet sich ein beschleunigter turbulenter Links-Rechts-Shunt als Hinweis auf linksatriale Druck-erhöhung infolge erhöhten enddiastolischen linksven-trikulären Drucks und/oder einer Mitralklappenhypo-plasie und -stenose, die nicht selten anzutreffen ist.

Management. Therapeutisch muss bei Neugeborenenmit duktusabhängiger Systemperfusion mit Hilfe einerPGE1-Infusion der Ductus arteriosus offengehaltenwerden. Nicht selten ist eine Katecholaminunterstüt-zung der linksventrikulären Funktion und gelegentlicheine Beatmung erforderlich. Nach möglichst weitge-hender Rekompensation wird katheterinterventionelleine antegrade oder retrograde Ballonvalvuloplastieder stenotischen Aortenklappe (Abb.6b) durchgeführt,die in ca. 70% eine relevante Druckreduktion ohneerhebliche residuelle Aorteninsuffizienz bewirkenkann. Die Langzeitergebnisse dieser Intervention sindungünstiger als bei der kritischen Pulmonalstenose. DieFreiheit von Re-Intervention liegt nach 5 Jahren nur beica. 60%.

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Bei frustraner Intervention oder primär zu hypoplasti-schem Klappenring oder bei zusätzlicher relevantersubaortaler Stenose kann bei geeigneter Koronarana-tomie ein chirurgischer Ansatz mit Klappenersatz alsRoss-Operation (bei der die Aortenklappe gegen dieeigene Pulmonalklappe ausgetauscht und eine biologi-sche Klappenprothese in Position der Pulmonalklappeimplantiert wird), Ross-Konno-Operation (zusätzlicheBeseitigung einer Subaortenstenose) oder als Homo-

graft-Klappenersatz gewählt werden. Das Prozeduren-risiko dieser Eingriffe ist in gegenwärtigen kinderherz-chirurgischen Datenbanken erheblich mit einer Morta-lität von 15–25% [9], in spezialisierten Einrichtungenjedoch deutlich geringer [10].

█ Kritische Aortenisthmusstenose (ISTA)

Definition und Epidemiologie. Eine Aortenisthmusste-nose (ISTA) ist definiert als eine Einengung der Aortaim Übergangsbereich zwischen distalem Aortenbogenund Aorta descendens [11]. Eine solche Konstellationfindet man bei etwa 7–10% der Kindermit AHF und bei0,2–0,6 von 1000 Lebendgeborenen. Es besteht eineKnabenwendigkeit (2:1). Dieses Krankheitsbild kannisoliert bestehen, ist jedoch nicht selten vergesellschaf-tet mit:█ Hypoplasie des Aortenbogens█ bikuspider Aortenklappe█ VSD

Ebenso zeigt sich eine Assoziation zu vielen anderenHerzfehlern.

Merke: Die intrauterine Diagnosestellung einer

ISTA ist oft schwierig (offener Ductus arteriosus!).

Anatomie und Hämodynamik. Nach der Lokalisationder aortalen Enge in Relation zur Mündung des Ductusarteriosus unterscheidet man eine präduktale, juxta-

duktale und postduktale ISTA. Verschließt sich derDuctus arteriosus nicht direkt postnatal, präsentiertsich die ISTA oftmals erst im Alter von 2–4(–6)Wochen.

Bei frühzeitigem Duktusverschluss kann sich aufgrundder kritischen Druckbelastung des linken Ventrikels einprogredientes Linksherzversagen als Low-Cardiac-Out-put-Syndrom entwickeln. Typischerweise sind Nieren(akutes Nierenversagen), Leber (Gerinnungseinschrän-kung) sowie der Magen-Darm-Trakt (nekrotisierendeEnterokolitis) aufgrund der Minderperfusion der unte-ren Körperhälfte und das zentrale Nervensystem (Ge-fahr der intrazerebralen Blutung) betroffen. Ein typi-scher Verlauf ist in der Kasuistik im ersten Teil in derVorausgabe skizziert.

Abb. 6 Typischer echokardiografischer Befund (a) bei einem Neugeborenen mit kritischer Aortenklappenstenose und Durchführung einer Ballondilatation (b)der stenotischen Aortenklappe. a Echokardiografisch zeigt sich im 2D-Bild in der Einstellung von subxyphoidal das Bild einer hochgradigen Aortenklappenstenose.Im Farbdoppler wird eine Turbulenz distal der Klappe sichtbar, der CW-Doppler offenbart eine Flussbeschleunigung von 4,14m/s. Die linke Herzkammer erscheintvergrößert mit eingeschränkter Funktion. Bei zunehmender linksventrikulärer Funktionseinschränkung nimmt die Flussbeschleunigung über die Aortenklappe ab.Daher lässt die echokardiografisch bestimmte Flussbeschleunigung keine Aussage über den Schweregrad einer kritischen Aortenklappenstenose zu. b Durch eineBallondilatation kann eine signifikante Druckreduktion der Stenose erreicht werden, um eine Operation zu vermeiden oder den Zeitpunkt hinauszuzögern.

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Bei geöffnetem Ductus arteriosus kann dagegen derrechte Ventrikel die untere Körperhälfte versorgen. Esbesteht dann ein systolischer Rechts-Links-Shunt mitkonsekutiver Untersättigung der unteren Körperhälfte,die entsprechende Sauerstoffsättigungsdifferenz fälltim Pulsoxymetriescreening auf und sollte eine kinder-kardiologische Untersuchung veranlassen.

Merke: Bei noch offenem Duktus können die

Femoralispulse auch bei hochgradiger ISTA normal

sein und ein Gradient fehlen. Allerdings ist dann die

Sauerstoffsättigung der unteren Extremitäten im

Vergleich zum rechten Arm erniedrigt (positives

neonatales pulsoxymetrisches Screening!).

Klinik und Diagnostik. Die Säuglinge sind häufig bereitstrinkschwach und zeigen typische Zeichen der früh-

kindlichen Herzinsuffizienz:█ vermehrtes Schwitzen█ Tachydyspnoe█ Tachykardie█ mangelnde Gewichtszunahme

In der Blutdruckmessung an allen 4 Extremitäten zeigtsich typischerweise ein relevanter Gradient (≥15–20mmHg systolisch)mit erhöhten Blutdrücken an denArmen gegenüber den Beinen. Eine Diagnostik gelingtsehr zuverlässig mit der Echokardiografie (Abb.7), diein Zweifelsfällen durch eine CT-Angiografie oder – ins-besondere bei Absicht der Notfallintervention – durcheine Herzkatheter-Angiografie zu ergänzen ist.

Chirurgisch wichtig sind insbesondere:█ Lokalisation und Morphologie der eigentlichenIsthmusstenose

█ Größe und Hämodynamik des Ductus arteriosus(Shuntrichtung)

█ Ausschluss weiterer begleitender Herzfehler█ korrekte Beschreibung des transversalen Aorten-bogens (Lokalisation, Hypoplasie) und der supra-aortalen Arterien

█ Ausschluss einer Arteria lusoria (Fehlabgang der Art.subclavia dextra aus der Aorta descendens, anstelleaus dem Truncus brachiocephalicus; verläuft häufigdorsal der Speiseröhre)

Merke: Der Blutdruck des linken Armes kann

bereits im Vergleich mit dem rechten Arm ernied-

rigt sein, wenn die linke Arteria subclavia im

Bereich der Isthmusstenose entspringt und im

Ursprungsbereich stenosiert ist. Eine weitere Vari-

ante ist möglich: Liegt eine postduktal abgehende

Arteria lusoria vor, kann der Blutdruck des linken

Arms höher (prä-ISTA) als der des rechten Arms sein

(post-ISTA).

Management. Beim Verdacht auf das Vorliegen einerISTA sollte zunächst eine PGE1-Infusion begonnenwerden. Weitere Maßnahmen, wie beispielsweisedie Korrektur der metabolischen Azidose oder eineApplikation von positiv-inotropen Medikamentenbei eingeschränkter kardialer Funktion, sollten ent-sprechend der in der Vorausgabe beschriebenen Initi-altherapie begonnen werden.

Abb. 7 Typische echokardiografische Befunde bei kritischer Aortenisthmusstenose. a Es zeigt sich im 2D-Bild von jugulär das Bild einer hochgradigen Einengungder deszendierenden Aorta etwas unterhalb des Abgangs der linken Arteria subclavia. b CW-Dopplerflusskurven durch die Stenose zeigen ein mit 3,7m/s deutlichbeschleunigten Fluss und ein charakteristisch ausgezogenes Flussprofil mit antegradem diastolischen Fluss („Sägezahnmuster“). Durch die sequenzielle Darstel-lung der Flüsse im gepulsten Doppler über den Verlauf vom distalen Aortenbogen bis zur Aortenisthmusstenose kann die Zunahme der Flussgeschwindigkeit von1,8m/s auf 3,7m/s nachgewiesen werden.

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Merke: Die kritische ISTA mit Low-Cardiac-Output-

Syndrom wird klinisch oft als „Sepsis“ fehlgedeutet.

Eine sorgfältige klinische Untersuchung mit typi-

scherweise fehlenden oder stark abgeschwächten

Femoralispulsen könnte bereits die richtige Diag-

nose offenbaren.

Die weiteren Behandlungsoptionen der kritischen ISTAumfassen die zeitnahe chirurgische Korrektur. Bei typi-scher Lokalisation, ausreichend großem Aortenbogensowie normaler Anatomie der Kopfhalsgefäße wirdaktuell meist eine ISTA-Resektion mit anschließenderangeschrägter „extended“ End-zu-End-Anastomose

über eine linkslaterale Thorakotomie durchgeführt.Im Falle einer höhergradigen Aortenbogenhypoplasiekann aber auch eine Patchplastik des Aortenbogensüber einen transsternalen Zugangmit Einsatz der Herz-Lungen-Maschine notwendig werden.

Merke: Bei Low-Cardiac-Output-Syndrom kann

eine katheterinterventionelle Ballonangioplastie

(ggf. mit Platzierung eines Stents) lebensrettend

sein. Die definitive operative Versorgung erfolgt

dann nach Rekompensation.

Nachteile der Ballonangioplastie sind neben möglichenGefäßkomplikationen die höhere Rate an Rezidivenund die Entwicklung von Aortenaneurysmen im

Bereich der Dilatation. Auch bei optimaler Therapieverbleibt bei bis zu 30% der Patienten eine persistie-rende arterielle Hypertonie.

█ Hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS)

Definition und Epidemiologie. Unter dem Begriff„hypoplastisches Linksherzsyndrom“ sind Fehlbildun-gen des Herzens zusammengefasst, die mit einerHypoplasie des linken Herzens (Mitralklappe, linkerVentrikel, Aortenklappe, aszendierende Aorta) ein-hergehen, die keine biventrikuläre Korrektur untervernünftigen Risiko-Nutzen-Erwägungen zulassen(Abb.8) [12].

Merke: Kennzeichnend für ein HLHS ist eine Duk-

tusabhängigkeit der Systemperfusion sowie im

Unterschied zur kritischen ISTA oder kritischen

Aortenstenose die Unmöglichkeit, einen biventri-

kulären Kreislauf unter Nutzung der linken Herz-

seite chirurgisch oder interventionell zu etablieren.

Mit einer Häufigkeit von 1–2% aller angeborenenHerzfehler ist es bei einer Inzidenz von 0,8–1% fürHerzfehler insgesamt zwar selten, stellt aber mit10–20% einen nicht unerheblichen Anteil an kritischenHerzfehlern dar. Chromosomale Auffälligkeiten beste-hen bei ca. 10% der Patienten. Kardiale Begleitfehlbil-dungen sind nicht selten vorhanden (z.B. Ventrikel-

a b c

LV

RV

RVRV

VCSA

AoVCS VCS

PA

LPA LPA LPARPA RPA RPAAAo AAo

PA PA

VCI VCI VCI

LA

LV LV

LA LA

RA RA RA

PDA PDA

Koronarien

PDA

Abb. 8 Anatomische Varianten des hypoplastischen Linksherzsyndroms mit der Gemeinsamkeit des Unvermögens des hypoplastischen linken Ventrikels, einausreichendes Herzzeitvolumen für den Systemkreislauf zu generieren. a Mitralklappenatresie/Aortenklappenatresie. b Mitralklappenstenose/Aortenklappen-atresie. c Mitralklappenstenose/Aortenklappenstenose. Das oxigenierte Blut aus den Lungenvenen erreicht über die Lücke im Vorhofseptum – ein ausreichendgroßer Defekt vorausgesetzt – den rechten Vorhof (roter Pfeil) und mischt sich hier mit dem desoxigenierten Blut der Systemvenen. Über den rechten Ventrikelwerden sowohl die Lungenarterien wie auch über den offenen (!) Ductus arterious der Systemkreislauf mit dem geringer oxigenierten (violette Pfeile) Mischblutversorgt. Die ascendierende Aorta wie auch die Koronararterien werden retrograd über den Ducuts arteriosus perfundiert. In einigen Fällen ist ein geringer ante-grader Fluss oxigenierten Blutes (gestrichelter roter Pfeil, Abb. c) über die stenostische Aortenklappe nachweisbar, der für die Koronarperfusion relevant seinkann; dieser kann aber niemals ein ausreichendes System-Herzzeitvolumen gewährleisten.

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septumdefekte, Lungenvenenanomalien, Koronar-anomalien), auch extrakardiale Fehlbildungen (z.B.gastrointestinal, ZNS) können vorliegen.

Anatomie und Hämodynamik. Die fetale Zirkulation istin Abb.4b in der Vorausgabe beschrieben. Die linkeHerzseite ist aufgrund einer Hypoplasie (Mitralis und/oder linker Ventrikel und/oder Aortenklappe) bzw. deslinksventrikulären Unvermögens, ausreichend Blut indie Aorta auszuwerfen (z.B. linksventrikuläre Hypo-plasie mit Endomyokard-Fibroelastose), nicht in derLage, ein ausreichendes Herzzeitvolumen für den Sys-temkreislauf zu generieren. Die systemische Durchblu-tung erfolgt via Rechts-Links-Shunt aus dem rechtenVentrikel über den Ductus arteriosus (Abb.8). Das oxy-genierte Blut, das sich aus den Lungenvenen in den lin-ken Vorhof entleert, muss über das Vorhofseptum zumrechten Vorhof abfließen (Abb.8, roter Pfeil).

Merke: Ein ausreichender Blutfluss sowohl im

Bereich des Ductus arteriosus (Rechts-Links-Shunt)

wie auch auf Höhe des Vorhofseptums (Links-

Rechts-Shunt) ist essentiell für das Überleben der

betroffenen Neugeborenen.

Klinik und Diagnostik. Klinisch fallen die Neugeborenenmit den Zeichen eines progredienten kardiogenenSchockgeschehens auf, wobei initial eine Tachypnoeeinziges Symptom sein kann. Die pulsoxymetrischgemessene Sättigung ist oft aufgrund pulmonalerHyperzirkulation über 90%. Bleibt das Geschehenunbemerkt, kann das resultierende kardiogeneSchockgeschehen zum raschen Tod des Kindes führen.Anzeichen dafür sind:█ blasses Hautkolorit█ arterielle Hypotension█ Oligurie█ metabolische Azidose█ nekrotisierende Enterokolitis

a b

LV

RV

VCS

mod. BT-Shunt Neoaorta Sano-Shunt

VCS

VCI VCI

LA

LPA LPARPA RPA

RA

Abb.9 Norwood-Operation zur primären Palliation bei HLHS.a Norwood-OP mit modifi-ziertem Blalock-Taussig-(BT-)-Shunt. Die hypoplastische Aorta ascendens wird mit demPulmonalarterienhauptstamm anastomosiert (Seit-zu-Seit) und dieser distal unmittelbarvor der Pulmonalarterien-Bifurkation abgesetzt. Diese „Neoaorta“ wird im Bereich des dis-talen Aortenbogens zusätzlich plastisch erweitert. Über einen modifizierten BT-Shunt (Ge-fäßprothese von 3.5–4.0 mm Durchmesser zwischen A. subclavia rechts und rechter Pul-monalarterie) wird die Lungenperfusion (violetter Pfeil) sichergestellt. Nach Resektion desVorhofseptums (wichtig: großzügige Atrioseptektomie!) kann das volloxigenierte pulmo-nalvenöse Blut (roter Pfeil) stauungsfrei zur rechten Herzseite abfließen, wo es sich mitdem desoxigenierten systemvenösen Blut (blaue Pfeile) vermischt. Damit wird der Sys-temkreislauf über die „Neoaorta“ mit geringer oxigeniertem Mischblut (Sauerstoffsätti-gung ideal um 80–85%) (violette Pfeile) versorgt. b Norwood-OP mit Sano-Shunt (ventri-kulopulmonaler Shunt).

LV

RV

VCS AAo

PALPA

RPA

VCI

LA

RA

Abb. 10 Hybridverfahren zur primären Palliation bei HLHS alsalternative Therapiemethode zur Norwood-OP. Das oxigenierteBlut aus den Lungenvenen erreicht über eine Lücke im Vorhofsep-tum – ein ausreichend großer Defekt vorausgesetzt – den rechtenVorhof (roter Pfeil). Optional kann zur Sicherstellung einer freien,nicht restriktiven Kommunikation zwischen den Vorhöfen – wie inder Abbildung gezeigt – ein Stent ins Vorhofseptum implantiertwerden. Im rechten Vorhof mischt sich das oxigenierte Blut derLungenvenen mit dem desoxigenierten Blut der Systemvenen(blaue Pfeile). Anschließend werden über den rechten Ventrikelsowohl die Lungenarterien wie auch über einen Stent im Ductusarterious der Systemkreislauf mit dem geringer oxigeniertenMischblut (violette Pfeile) versorgt. Ein bilaterales Banding derPulmonalarterien (grün) verhindert eine pulmonale Überdurch-blutung und ermöglicht eine Balance zwischen systemischer undpulmonaler Zirkulation. Die ascendierende Aorta wie auch dieKoronararterien werden retrograd über den gestenten Ducutsarteriosus perfundiert. Bei Entwicklung einer Stenose im Aorten-isthmus muss ggf. auch hier ein Stent implantiert werden (nicht inder Abbildung dargestellt), um eine Minderperfusion der Korona-rien und Kopf-Hals-Gefäße zu verhindern.

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Management. Die Initialbehandlung basiert auf denin der Vorausgabe beschriebenen Therapieprinzipieneiner duktusabhängigen Systemperfusion.

Merke: Da die Perfusion des gesamten Körpers

über den Ductus arteriosus erfolgt, führt dessen

Verschluss zu einer kritischen Minderperfusion des

Körperkreislaufs bis hin zum kardiogenen Schock

und konsekutiven Multiorganversagen.

Der Ductus arteriosuswird dahermittels PGE1-Infusionoffengehalten. Entscheidend für dieweitere Intensiv-therapie bis zu einer palliativen oder definitiven Chi-rurgie ist die Balance zwischen systemischemund pul-monalemBlutfluss. Durch die physiologische Abnahmedes Lungengefäßwiderstands in den erstenTagen postpartum entwickelt sich eine kritische Abnahme dessystemischen Blutflusses. Therapeutisch ist es dahervon essentieller Bedeutung, jeglicheMaßnahmen (s.Tab. 8 der Vorausgabe), die zu einer Abnahme des Lun-gengefäßwiderstands führen können (z.B. Sauerstoff,Ventilationmit niedrigem PEEP, respiratorische Alka-

lose), zu vermeiden, und evtl. Medikamente zur Sen-kung der systemischen Nachlast (z.B. Na-Nitroprussid)zu infundieren. Eine Sedierung z.B. mitMorphin 0,03–0,15mg/kg/h ist oft erforderlich, eine PufferungmittelsBikarbonat solltemöglichst vermiedenwerden.

Die weiterführende Therapie am 3.–7.Lebenstag istchirurgisch und besteht, wie in Abb. 9–12 gezeigt, auseiner mehrstufigen Kreislauftrennung nach dem Fon-tan-Prinzip.Alternativ kann eine Herztransplantationdiskutiert werden. Eine anatomisch korrigierendeOperation ist nicht möglich.

In jüngerer Zeit hat sich ein weiteres Konzept etabliert,das aus einem „Hybridansatz“ besteht und das vorwie-gend Neugeborenen mit HLHS angeboten wird, beidenen eine Norwood-Operation als zu risikoreichangesehen wird [13]. Es besteht aus einem chirurgi-schen Banding (operative Einengung) beider Pulmonal-

arterien zur Kontrolle der pulmonalen Hyperperfusionin Verbindung mit einer katheterinterventionellenImplantation eines Duktusstents und ggf. einer Sten-timplation in das Foramen ovale bei restriktivem Flussüber das Vorhofseptum (Abb.10). Bei fehlender ante-grader Koronarperfusion muss ggf. der Aortenisthmus

a b

LV LV

RV RV

VCS VCSNeoaorta

VCI

VCI

LA LA

RARA

LPA LPA

RPA RPA

Abb. 12 Totale cavopulmonale Anastomose (TCPC, Fontanoperation). a TCPC mittelsintrakardialen Patches. b TCPC mittels extrakardialen Tunnels. Bei dieser Operation alsletztem Schritt der Norwood-Palliation werden der Lungen- und Körperkreislauf komplettvoneinander getrennt. Auch das systemvenöse Blut der unteren Hohlvene (blaue Pfeile)wird nun direkt zu den Lungenarterien geleitet. Technisch wird dies entweder über einenextrakardialen (b) oder intrakardialen (a) Tunnel realisiert. Damit findet keine intrakardialeMischung mehr statt und der Körperkreislauf wird entsprechend mit volloxigeniertem Blutversorgt. Einzige Ausnahme: Häufig wird der Fontan-Tunnel zum „pulmonalvenösen“ Vor-hof fenestriert (Stanze von 5–6mm), um in der perioperativen Phase der Kreislaufumstel-lung auf den komplett passiven Lungendurchfluss eine Überlaufmöglichkeit (gestrichelteblaue Pfeile) zum pulmonalvenösen Vorhof zu schaffen und dadurch kritische Reduktionendes System-Herzzeitvolumens zu vermeiden. Hieraus kann – je nach Nutzung des Überlaufs– eine leichte residuelle Zyanose resultieren (rotviolette Pfeile). Nach einigen Monatenverschließt sich die Fenestrierung meist spontan oder kann ggf. katheterinterventionellverschlossen werden.

LV

RV

VCSNeoaorta

VCI

LA

LPA

RPA

RA

Abb. 11 Obere cavopulmonale Anastomose. Direkte Verbindungder oberen Hohlvene mit den Lungenarterien und Entfernung dessystemisch-pulmonalen Shunts (modifizierter BT- oder Sano-Shunt, s. Abb.9). Das systemvenöse Blut der oberen Hohlvene(blaue Pfeile) fließt danach passiv durch die Lungen und mischtsich nach Oxigenierung (roter Pfeil) mit dem systemvenösen Blutaus der unteren Hohlvene (blauer Pfeil) im rechten Vorhof. DerSystemkreislauf erhält über die Neoarta weiterhin geringer oxige-niertes Mischblut, wobei die resultierende systemische Sauersoff-sättigung zunächst unverändert bei etwa 80–85% liegen sollte(violette Pfeile). Hauptbenefit dieses Eingriff ist vielmehr die Weg-nahme der Shunt-Rezirkulation und dadurch die wirksame Volu-menentlastung des singulären rechten Ventrikels.

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zusätzlich durch einen Stent offengehalten werden, umdie retrograde Perfusion des Aortenbogens mit denKopf-Hals-Arterien zu sichern und eine koronare Min-derperfusion zu vermeiden. Diese Interventionen kön-nen zweizeitig durchgeführt werden: Zunächst einbipulmonales Banding unter Belassen des PGE1, einigeTage später nach Erholung erfolgt dann die Stentim-platation in den Ductus arteriosus und ggf. in das Vor-hofseptum im Herzkatheterlabor. Einige Gruppenbevorzugen ein einschrittiges Vorgehen, wobei derChirurg nach dem bipulmonalen Banding eine Schleusein den Pulmonalarterienhauptstamm einbringt, überdie der Duktusstent antegrad implantiert wird.

Merke: Beim „Hybridansatz“ (Banding beider Pul-

monalarterien, Duktusstent und ggf. Stentimplan-

tation in das Vorhofseptum) wird die parallele

„fetale“ Zirkulation gesichert und das Prostaglan-

din E1 kann abgesetzt werden.

Sobald nach der Hybridintervention ein stabiler,balancierter, paralleler System- und Lungenkreislaufetabliert ist, können die Kinder für einige Zeit entlassenwerden, bevor im Alter von 4–6 Monaten unterwesentlich günstigeren als den neonatalen Verhältnis-sen die sog. „Comprehensive-Stage-II“-Operation

erfolgt:█ obere cavopulmonale Anastomose nach demDebanding (Abb.11)

█ Entfernung des Duktus- und Vorhofseptumstents█ Exzision des Vorhofseptums█ Rekonstruktion des Aortenbogens

Im weiteren Verlauf erfolgt die totale cavopulmonaleAnastomose (Fontan-Operation) (Abb.12) analog zumkonventionellen chirurgisch gestuften Schema.

Die Lebenserwartung der Kinder mit HLHS nach drei-schrittigem Fontankonzept ist mit einem 10-Jahres-Überleben von etwa 60–70% eingeschränkt, wobeiallerdings Langzeitdaten aus dem Hybridkonzept nochfehlen. Aus diesem Grund sollte ein palliatives Thera-piekonzept nach Diagnosestellung im Elterngesprächangesprochen werden, wird jedoch erfahrungsgemäßfast niemals gewählt. Die globale neurokognitive Ent-wicklung ist nicht signifikant schlechter als bei ver-gleichbaren Kindern mit biventrikulären Korrektur-operationen [14,15].

Herzfehler ohne nominelleDuktusabhängigkeit

Totale Lungenvenenfehlmündung (TAPVR)

Definition und Epidemiologie. Die TAPVR findet manetwa bei 0,08/1000 Lebendgeborenen [1]. Oftmals wirddie TAPVR in der pränatalen Echokardiografie nicht

erkannt.

Anatomie und Hämodynamik.Man unterscheidet ent-sprechend der Lage der Mündung der fehlgeleitetenLungenvenen 3 verschiedene anatomische Typen derTAPVR (Abb.13).

a b cLeber

LVLV

RV

LV

RV

VCS

RV

VCSAAo VCSAAo

PAAAo

PA

LPALPA LPARPA RPARPA

LOLVROLV

LULVRULV

VCI

PA

VCI

LA

VCI

LA

RA

LA

RA RA

Abb.13 Unterschiedliche anatomische Typen der TAPVR. Über das Vorhofseptum ist ein Rechts-Links-Shunt (violetter Pfeil) obligat. a Suprakardialer Typ:Drainage des Lungenvenenbluts (roter Pfeil) über die suprakardialen Systemvenen in den rechten Vorhof. b Kardialer Typ: Drainage des Lungenvenenbluts in denKoronarsinus und dessen Verlauf folgend in den rechten Vorhof. c Infrakardialer Typ: Drainage über ein nach kaudal verlaufendes Sammelgefäß mit Mündung ineinen Pfortaderast oder über die Lebervenen via unterer Hohlvene in den rechten Vorhof.

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Kritische Herzfehler des Neugeborenen – Ausgewählte kritische Herzfehler164

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Die häufigste Form ist der suprakardiale Typ mit Drain-age des Lungenvenenbluts zumeist über eine von ver-tikal nach kranial verlaufende Sammelvene mit Mün-dung über die Vena anonyma in die obere Hohlvene(Abb.13a und 15). Weniger häufig tritt der kardiale Typmit Mündung der Sammelvene in den Koronarsinusoder (seltener) direkt in den rechten Vorhof auf(Abb.13b). Besonders schwierig gestaltet sich die Dia-gnostik des infrakardialen Typsmit Mündung der Sam-melvene in die Leber in einen Pfortaderast und Drain-age des Blutes über die Lebervenen und/oder den nochoffenen Ductus venosus (Abb.13c). In seltenen Fällenfindet sich kein Sammelgefäß, was zumeist mit einerInoperabilität und einer schlechten Prognose einher-geht. In diesen Fällen kann das Lungenvenenblut überkleinste Kollateralen in umliegende Systemvenen drai-nieren. Es imponiert in diesem Fall zumeist eineschwere therapierefraktäre pulmonalvenöse Stauungund Hypoxämie, sodass die Kinder oft frühzeitig ver-sterben.

Zusätzlich kann bei den verschiedenen Typen derTAPVR eine Behinderung des pulmonalvenösenAbflusses im Bereich der Pulmonalvenen, des Pulmo-nalvenensinus oder der Sammelvene vorliegen.

Merke: Die Ausprägung der Obstruktion des pul-

monalvenösen Abstroms bestimmt die Klinik bei

TAPVR.

Darüber hinaus sind Neugeborene mit TAPVR auf einennicht restriktiven Blutfluss vom rechten in den linkenVorhof über das Vorhofseptum (Abb.15d) angewiesen.

Klinik und Diagnostik. Entscheidend für die Schwereund Dynamik des klinischen Geschehens bei TAPVR istdas Ausmaß der Obstruktion des pulmonalvenösenAbstroms. Vereinfacht ergeben sich damit 2 unter-schiedliche Verlaufsformen:█ TAPVR ohne Obstruktion: Ist der Abstrom des pulmo-nalvenösen Blutes nicht obstruiert, so kann sich dasklinische Bild mit Verzögerung manifestieren undentspricht aufgrund der pulmonalen Rezirkulationdem klassischen Bild einer schweren shuntbedingtenHerzinsuffizienz. Eine Zyanose ist nur gering ausge-prägt. Die Kinder fallen innerhalb der ersten Lebens-wochen mit Trinkschwäche, Gedeihstörung, Schwit-zen, Tachypnoe oder pulmonalen Infekten auf. Einetypische Verlaufsform ist in der Infobox „Kasuistik“dargestellt.

█ TAPVR mit Obstruktion: Aufgrund der nahezu immerbestehenden Unterversorgung des Systemkreislaufsund der respiratorischen Insuffizienz imponieren diebetroffenen Neugeborenen oft sehr krank. NachGeburt präsentieren sich eine zumeist schnell zuneh-mende Tachypnoe, metabolische Azidose und Kreis-laufzentralisierung, zusammen mit einer therapie-refraktären Zyanose. Die klinischen Symptome (Zya-nose, Tachydyspnoe, Kreislaufinsuffizienz) könnenmit einer persistierenden pulmonalen Hypertoniedes Neugeborenen (PPHN) verwechselt werden. Beieiner TAPVR mit relevanter Obstruktion des Pulmo-nalvenenabstroms kommt es zu einem rasch progre-dienten Lungenödem, oftmals mit den klinischenZeichen eines schweren Lungenversagens. Das Rönt-genbild zeigt eine massive Transparenzminderung(Abb.14a), das als Lungenpathologie fehlgedeutet

Abb. 14 Dekompensiertes Neugeborenes mit TAPVR vom infrakardialenTyp und Obstruktion des Lungenvenenabstroms. a Typisches Röntgenbild des Thorax. Eszeigte sich am 2. Lebenstag bei pulmonaler Rezirkulation und Obstruktion des Lungenvenenabstroms ein ausgeprägtes stauungsbedingtes Lungenödem, das beivielen Patienten als primäre Lungenpathologie fehlgedeutet wird. b Echokardiografische Darstellung des rechten und linken Ventrikels in der parasternal kurzenAchse. Es zeigt sich aufgrund der mangelnden Füllung ein kleiner linker Ventrikel und als Zeichen der stark erhöhten rechtsventrikulären Volumen- und späterauch Druckbelastung (s. abgeflachtes interventrikuläres Septum) ein großer, muskelstarker, rechter Ventrikel.

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werden kann. Aufgrund des verminderten Blutstromszum linken Vorhof imponiert dieser ebenso wie derlinke Ventrikel oftmals klein (Abb.14b). Der verrin-gerte Zustrom zum linken Vorhof führt zu einerschweren Systemkreislaufinsuffizienz.

Merke: Klinik der TAPVR mit Obstruktion des Lun-

genvenenabstroms= radiologische Lungenstauung

+ reduziertes Herzzeitvolumen.

In der Echokardiografie fällt in den typischen Schnitt-ebenen die fehlende Konnektion der Pulmonalvenen anden linken Vorhof auf.

Merke: Eine totale Lungenvenenfehlmündung wird

selten pränatal diagnostiziert. Bei echokardiografi-

scher Vergrößerung des rechten Ventrikels in Kom-

bination mit einem kleinen linken Vorhof und

einem Rechts-Links-Shunt auf Vorhofebene muss

eine totale Lungenvenenfehlmündung gezielt aus-

geschlossen werden.

In Abhängigkeit der Drainage des Lungenvenenflussesund des vorliegendenTypus der Fehlmündung (Abb.13)kann das Sammelgefäß zumeist eindeutig echokardio-grafisch identifiziert (Abb.15) und der Verlauf darge-stellt werden. Zur eindeutigen Darstellung der Lagebe-ziehung von Sammelvene zum linken Vorhof und damitzur Planung der Korrekturoperation ist neben derEchokardiografie (Abb.15b–d) oftmals eine Angio-

grafie (Abb.15a) im Herzkatheterlabor, eine kardiovas-kuläre MRToder CT sinnvoll.

Management█ TAPVR ohne Obstruktion: Bei Patienten ohneObstruktion richtet sich das Vorgehen nach den kli-nischen Symptomen bei Diagnosestellung. Findensich keine relevanten Gründe für ein abwartendesVerhalten wie Frühgeburtlichkeit, akute Infektionenoder führende Begleitfehlbildungen, so besteht aberauch hier aufgrund der Entwicklung einer pulmona-larteriellen Hypertonie die Indikation zur frühzeiti-gen Korrektur. Bis zur Operation ist häufig eine anti-kongestive Behandlung der Herzinsuffizienz nötig.

█ TAPVR mit Obstruktion: Patienten mit pulmonalven-öser Obstruktion bedürfen aufgrund der zumeist sehrkritischen klinischen Situation (s.o.) eines schnellenund effektiven intensivmedizinischen Managements.Therapeutisch kann diesen Kindern kurzzeitig einekontrollierte Beatmung mit hohem PEEP helfen, umdem Lungenödem entgegenzuwirken. Die Gabe vonPGE1 in einem solchen Falle aggraviert durch Zunah-me der Lungenperfusion die pulmonale Stauung undder klinische Zustand kann sich weiter verschlech-tern.

Merke: Nach Diagnose einer TAPVR mit und ohne

Obstruktion des Lungenvenenabstroms ist Prosta-

glandin E1 kontraindiziert.

Kasuistik

Der mittlerweile 8 Wochen alte Säugling

wurde nach Überweisung durch den Kin-

derarzt aufgrund einer persistierenden

Tachypnoe, Schwitzen und mangelndem

Gedeihen beim niedergelassenen Kinder-

kardiologen vorgestellt. Aufgrund dieser

Symptomatik erfolgte bereits zuvor eine

kurzzeitige stationäre Aufnahme im Alter

von 4 Wochen, bei der ein Infekt der obe-

ren Luftwege als Ursache angenommen

wurde. Bei der kinderkardiologischen Vor-

stellung bestand eine erhebliche Tachyp-

noe von 90–110/min, eine mit 4–5

Sekunden deutlich verlängerte Rekapilla-

risierungszeit sowie auskultatorisch ein

deutlich betonter 2.Herzton und ein 2/6-

Systolikum mit Punctum maximum im 2./

3. ICR parasternal links. Im EKG zeigte sich

ein überdrehter Rechtstyp. Echokardio-

grafisch stellte sich eine deutlich vergrö-

ßerte und muskelstarke rechte Herzkam-

mer mit erhöhtem, suprasystemischem

Druck, abschätzbar über eine etwa zweit-

gradige Trikuspidalklappeninsuffizienz,

dar. Es konnten bei sehr unruhigem Kind

keine Lungenvenen dargestellt werden,

die in den linken Vorhof mündeten. Auf-

fällig war ein mit über 2m/s deutlich

beschleunigter Fluss in der oberen Hohl-

vene (VCS). Aufgrund der Klinik überwies

die Kollegin das Kind sofort in ein kinder-

kardiologisches Zentrum. Hier wurde eine

totale Lungenvenenfehlmündung vom

suprakardialen Typ diagnostiziert. Echo-

kardiografisch ließen sich alle fehlmün-

denden Lungenvenen darstellen, ebenso

der Sammelsinus und der Abstrom des

Blutes über eine Vertikalvene und die Vena

anonyma in die VCS (Abb.15b, c). Der

Vorhofseptumdefekt war nicht restriktiv

und es zeigte sich der obligate kräftige

Rechts-Links-Shunt (Abb.15d). Zur

genauen Operationsplanung erfolgte

zusätzlich eine Angiografie (Abb.15a),

die die echokardiografischen Befunde

bestätigte. Am 2. Tag nach der Aufnahme

erfolgte die Korrekturoperation mit

Anschluss des Sammelsinus an den linken

Vorhof. Der linke Ventrikel wurde durch

ein temporäres Pacing über einen exter-

nen Herzschrittmacher und eine inotrop

wirksame Therapie unterstützt. Am 1. Tag

nach Operation konnte das Kind extubiert

werden. Am 3. Tag erfolgte die Verlegung

auf Normalstation. 14 Tage nach der Auf-

nahme konnte das Kind in gutem Allge-

meinzustand nach Hause entlassen wer-

den.

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Kritische Herzfehler des Neugeborenen – Ausgewählte kritische Herzfehler166

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Selten beruht die Systemkreislaufinsuffizienz auf einerRestriktion der Verbindung auf Vorhofebene. In diesemFall kann durch ein Rashkind-Manöver die Kreislaufsi-tuation temporär verbessert werden.

Merke: Eine TAPVR mit Obstruktion des Lungenve-

nenabstroms ist ein kinderkardiologischer/kinder-

kardiochirurgischer Notfall mit unmittelbarer Ope-

rationsindikation.

Ziel der operativen Therapie ist die Herstellung einesunrestriktiven Abstroms der fehlmündendenen Pul-monalvenen in den linken Vorhof. Dies erfolgt abhängigvom vorliegenden Typ (Abb.13) zumeist durch denAnschluss des Sammelgefäßes an den linken Vorhofund den gleichzeitigen Verschluss des Vorhofseptum-defekts. Damit sind die Kreisläufe getrennt und dieschwere Zyanose behoben. Die Prognose hängt imWesentlichen neben der Erstversorgung von mög-

lichen verbleibenden Stenosen im Lungenvenenab-strom oder im Bereich der neu geschaffenen Anasto-mose zum linken Vorhof ab. Liegen diese nicht vor undwurde die kritische Phase bis zur Diagnosestellungohne sekundäre Organschäden überstanden, so ist diePrognose als günstig einzuschätzen.

Transposition der großen Arterien (d-TGA)

Definition und Epidemiologie. Mit einem Anteil vonetwa 25% an den zyanotischen Herzfehlern des Neuge-borenen ist die d-TGA nach der Fallot-Tetralogie derzweithäufigste zyanotische Herzfehler [16]. Neugebore-ne mit einer d-TGA sind zu zwei Drittel männlich undhaben zumeist bei Geburt ein normales Gewicht.

Abb.15 Angiografische Darstellung und transthorakale Echokardiografie eines Patienten mit totaler Lungenvenenfehlmündung vomsuprakardialen Typ ohne Obstruktion. a, b Angiografisch wie auch echokardiografisch lassen sich alle fehlmündenden Lungenvenen, diesich in einem Sammelsinus hinter dem linken Vorhof treffen, darstellen. Das Blut fließt von dort (dem eingebrachten Katheter folgend) ineine Vertikalvene und weiter über die Vena anonyma in die Vena cava superior (VCS) und schließlich in den rechten Vorhof. c Lagebezie-hung zwischen linkem Vorhof und Sammelsinus von subkostal. d Obligater Rechts-Links-Shunt auf Vorhofebene.

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Anatomie und Hämodynamik. Durch den Fehlursprungder Aorta aus dem anatomisch rechten Ventrikel sowieder Pulmonalarterie aus dem anatomisch linken Ven-trikel resultiert eine sog. ventrikuloarterielle Diskor-danz (Abb.16a– c). Der Terminus „d-TGA“ bezieht sichauf die Position der Aorta, die nach rechts (d=dextro)und vorne verlagert ist und die Pulmonalarterie imVerlauf nicht kreuzt. Assoziierte kardiale Fehlbildungensind in etwa 25% der Fälle zu finden. Nur in Ausnah-mefällen findet sich ein übergeordnetes Fehlbildungs-syndrom (Tab. 1 der Vorausgabe). Als häufigsteBegleitfehlbildungen findet man:█ VSD█ linksventrikuläre Ausflussbahnobstruktion█ ISTA█ mögliche Koronaranomalien

Merke: In ca. 75% der Fälle besteht keine weitere

kardiale Fehlbildung (sog. simple d-TGA).

Diese Bezeichnung wird auch verwendet, wennBegleitfehlbildungen ohne eine hämodynamischeRelevanz vorliegen, hierzu zählt auch ein kleiner,hämodynamisch unbedeutender VSD und ein persis-tierender Ductus arteriosus. Der Begriff „komplexe“ d-

TGA (25% der Fälle) beschreibt das Vorliegen schwer-wiegender assoziierter kardialer Fehlbildungen, u.a.einen großen VSD (ca. 20%) oder eine relevante Aus-flussbahnobstruktion (ca. 5%).

Merke: Aufgrund der Parallelschaltung der Teil-

kreisläufe resultiert die Notwendigkeit von Kurz-

schlussverbindungen, um ein Mischen des oxyge-

nierten Blutes mit dem venösen Blut zu gewähr-

leisten.

Ein Überleben mit einer simple d-TGA (ohne VSD) istdemnach nur möglich, wenn die intrauterinen Kurz-schlussverbindungen zwischen beiden Teilkreisläufen(Körper und Lunge) fortbestehen (Abb.16b): Foramen

ovale und Ductus arteriosus. Postpartal muss ein aus-reichend großer Defekt auf Vorhofebene (Abb.16b,d)obligat vorhanden sein, um dem sauerstoffreichen Blutaus dem linken Vorhof den Übertritt in den rechtenVorhof zu ermöglichen. Über einen offenen Ductusarteriosus mit Links-Rechts-Shunt nimmt der pulmo-nale Blutfluss zu (Abb.16b), demzufolge wird derRückfluss über die Pulmonalvenen zum linken Vorhoferhöht und der Druck im linken Vorhof steigt, wodurches zu einer verbesserten Mischung des sauerstoffrei-chen und -armen Blutes auf Vorhofebene kommt. DieSättigung steigt in demMaße, wie auf Vorhofebene einShunt vom linken zum rechten Vorhof möglich ist,

wonach das sauerstoffreichere Blut über den rechtenVentrikel Zugang zur Aorta erhält.

Merke: Bei einer simple d-TGA mit Ductus arterio-

sus und nicht restriktivem Vorhofseptumdefekt

füllt der Blutfluss über den Ductus arterious den

linken Vorhof, woraus eine verbesserte Mischung

des sauerstoffreichen mit dem sauerstoffarmen

Blut auf Vorhofebene erfolgt. Demzufolge steigt die

systemarterielle Sauerstoffsättigung.

Klinik und Diagnostik. Klinisch präsentiert das Neuge-borene mit einer simple d-TGA neben einer generali-sierten zentralen Zyanose häufig eine relevante Tachy-dyspnoe.

Merke: Ein zyanotisches Neugeborenes ohne Herz-

geräusch und ohne pulmonale Ursache für die

Zyanose hat bis zum Beweis des Gegenteils eine

Transpositionsstellung der großen Arterien.

Die häufig im Verlauf zunehmende Zyanose ist in derRegel nicht oder nur minimal sauerstoffreagibel. Meistfindet sich kein Herzgeräusch. Aufgrund der Antepos-ition des Systemventrikels ist häufig eine verstärktepräkordiale Pulsation zu tasten. Im Röntgen-Thoraxfinden sich eine Kardiomegalie und eine verstärkteLungengefäßzeichnung. Es zeigt sich im Falle einesrestriktiven Flusses über das Vorhofseptum oft aucheine schwere metabolische Azidose.

Cave: Besteht der Verdacht auf das Vorliegen einer

d-TGA, liegt damit immer ein kinderkardiologischer

Notfall vor, da der Sättigungsverlauf der weiteren

Stunden nicht vorhersehbar ist und im Falle eines

zunehmend restriktiveren Vorhofseptumdefekts

nur mittels akuter interventioneller Maßnahmen

suffizient behandelt werden kann.

In Abb.17 sind die Einflussfaktoren auf das gute„Mischen“ auf Vorhofebene („good mixer“) wie auchUrsachen für das verringerte „Mischen“ („bad mixer“)mit ihren jeweiligen klinischen Folgen dargestellt.

Bei noch erhöhtem Lungengefäßwiderstand unddadurch bedingtem Fluss des arteriellen Blutes von derlinken Kammer über die Pulmonalarterie und denoffenen Ductus arteriosus (Rechts-Links-Shunt) in diedeszendierende Aorta (Abb.16b) stellen Neugeborenemit simple d-TGA die einzig denkbare Variante ange-borener Herzfehler dar, bei denen es temporär zu einerhöheren post- als präduktalen Sättigung kommenkann. Diese Kinder könnten im Rahmen des Puls-

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oxymetriescreenings im Falle einer nur postduktalenMessung der Diagnosestellung entgehen.

Merke: Auch bei Neugeborenen mit einer d-TGA

und einer begleitenden Aortenisthmusstenose

kann die Perfusion der unteren Körperhälfte duk-

tusabhängig sein und demzufolge an den unteren

Extremitäten eine höhere Sättigung ableitbar sein.

Echokardiografisch lassen sich, wie in Abb.16 gezeigt,die strukturellen Anomalien, evtl. Begleitfehlbildungensowie die Shuntverbindungen zwischen Körperkreis-lauf und Lungenkreislauf (Größe des Ductus arteriosusbzw. Größe des Defekts im Vorhofseptum) darstellen.Die Echokardiografie ermöglicht in der Regel die Erhe-

bung aller für die Planung der Korrekturoperation not-wendigen Befunde. Ein diagnostischer Herzkatheter istbei simple d-TGA deshalb nicht obligat, bei komplexenBegleitfehlbildungen zur Komplettierung der Darstel-lung der Anatomie z.B. der Koronararterien im Einzel-fall aber weiterhin von Bedeutung.

Management. Als erste Maßnahme sollte eine PGE1-Infusion zum Wiedereröffnen bzw. Offenhalten desDuctus arteriosus begonnen werden. Bei einer schwe-

ren Zyanose sollte Sauerstoff appliziert werden. Diesersenkt zusätzlich den Lungengefäßwiderstand und führtzu einer Zunahme der Lungendurchblutung. Eine Intu-bation und leichte Hyperventilation können denPatienten ggf. weiter stabilisieren. Zur Vermeidung

a

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RLV

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PA

VCI

LA

RA

PDA

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b

RV

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LA

RA

PDA

Abb. 16 Schematische Darstellung (a, b) und korrespondierende Echokardiografien (c, d) eines Neugeborenen mit simple d-Transposi-tion der großen Gefäße. a In der schematischen Darstellung ist der Fehlursprung der Aorta aus dem anatomisch rechten Ventrikel sowieder Pulmonalarterie aus dem anatomisch linken Ventrikel, eine sog. ventrikuloarterielle Diskordanz, dargestellt. Bei verschlossenen feta-len Kurzschlussverbindungen (Foramen ovale, Ductus arteriosus) existiert eine Parallellschaltung der Kreisläufe, und eine Vermischungdes desoxigenierten Blutes (blaue Pfeile) mit dem oxigenierten Blut (rote Pfeile) ist nicht möglich. Dieser Zustand ist nicht mit dem Lebenvereinbar. b Die schematische Abbildung zeigt die Hämodynamik nach erfolgtem Rashkind-Manöver bei offenem Ductus arteriosus(PGE1-Infusion!). Über den offenen Ductus arteriosus mit Links-Rechts-Shunt (violetter Pfeil) nimmt der pulmonale Blutfluss zu. In derFolge erhöht sich der Rückstrom des volloxigenierten Blutes (kräftige hellrote Pfeile) aus den Lungenvenen, wodurch es zu einer verbes-serten Mischung auf Vorhofebene kommt. Durch die Zunahme des Links-Rechts-Shunts (kräftiger roter Pfeil) auf Vorhofebene (nicht res-triktiver Vorhofseptumdefekt !) erhöht sich der Anteil des oxigenierten Blutes in der Aorta und die systemarterielle Sättigung (violettePfeile) nimmt zu. c In der parasternal langen Achse sind die vorne liegende Aorta mit Ursprung aus dem rechten Ventrikel und die poste-rior liegende Pulmonalarterie mit der Bifurkation zu identifizieren. d Von subkostal stellt sich ein ausreichend großer Defekt zwischenbeiden Vorhöfen nach Rashkind-Manöver dar.

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einer kardialen Dekompensation bei einer simple d-TGA

ist aber unabdingbar ein ausreichend weiter, nicht res-triktiver Vorhofseptumdefekt für das Mischen auf Vor-hofebene notwendig (Abb.16 und 17). Dieser muss evtl.durch eine Ballonatrioseptostomie (Rashkind-Manöver)als Notfallmaßnahme geschaffen werden. Diese Proze-dur kann ohne Angiografie unter echokardiografischerKontrolle auf der Intensivstation über die Nabelvenedurchgeführt werden. Alle Maßnahmen sind palliativbis zur Operation.

Merke: Bei einer simple d-TGA mit restriktivem

Vorhofseptumdefekt führt eine PGE1-Infusion zur

klinischen Verschlechterung. Ein restriktiver Vor-

hofseptumdefekt stellt eine Indikation zum notfall-

mäßigen Rashkind-Manöver dar.

Bei der simple d-TGA erfolgt die Korrekturoperationdurch Umsetzen der großen Arterien („arterial switch“)mit Transfer der Koronarien innerhalb der ersten 10Lebenstage, wodurch eine anatomische Korrekturerreicht wird. Bei komplexer Transposition müssenevtl. zunächst Palliativoperationen bzw. Palliativkathe-terinterventionen durchgeführt werden. Alternativkommt als palliative Korrektur eine Vorhofumkehr-operation in Frage (Umleitung der Blutströme auf Vor-hofebene). Liegen keine begleitenden Fehlbildungenvor und konnte eine krisenhafte postpartale Ver-schlechterung mit möglichen negativen Spätfolgen imSinne sekundärer Organschädigungen vermieden wer-den, so ist die Prognose als sehr gut zu bezeichnen.

Kernaussagen

█ Die Mehrzahl der kritischen Herzfehler ohne beglei-

tende Fehlbildungen zeigt in der Primärversorgung

im Kreißsaal zunächst einen stabilen Zustand. Durchden postpartal noch erhöhten Gefäßwiderstand imkleinen Kreislauf, den initial noch offenen Ductusarteriosus und das offene Foramen ovale ist dieUmstellung vom fetalen zum adulten Kreislauf nochnicht abgeschlossen. Behinderungen des pulmonalenoder systemischen Blutflusses können so zunächstnoch kompensiert werden.

█ Bei kritischen Stenosevitien der Pulmonal- bzw.

Aortenklappe kann das Ausmaß der Flussbehinde-rung echokardiografisch unterschätzt werden, wenndie systolische Funktion des darunter liegenden Ven-trikels bereits beeinträchtigt ist.

█ Eine kritische Aortenisthmusstenosemit duktusab-hängiger Perfusion der unteren Körperhälfte bedingteinen Rechts-Links-Shunt über den offenen Ductusarteriosus mit prä- und postduktaler Sättigungsdiffe-renz mit Untersättigung der unteren Körperhälfte.Anders bei duktusabhängiger Lungenperfusion: Hiererfolgt über den Duktus arteriosus ein Links-Rechts-Shunt, entsprechend findet sich daher in dieser Kon-stellation keine prä- und postduktale Sättigungsdif-ferenz.

█ Bei einer Fallot-Tetralogie bestimmt der Grad derObstruktion von rechtsventrikulärem Ausflusstraktund den Pulmonalstenosen das Ausmaß des intra-kardialen Rechts-Links-Shunts und damit die Aus-prägung der zentralen Zyanose. Bei nur geringerObstruktion sind die Neugeborenen gering zyano-tisch bis azyanotisch (sog. „Pink Fallot“). Innerhalbder ersten Lebensmonate entwickelt sich jedocheine zunehmende Stenosierung mit Zunahme derZyanose.

d-TGA simplex: Mögliche klinische Verläufe

„good mixer“(nicht restriktives Vorhofseptum)

„bad mixer“(restriktives Vorhofseptum)

keine weiteren Interventionen bis zu OP, PGE1-Infusion in Erhaltungsdosis

Notfall-Rashkind-Manöver, maximale PGE1-Therapie, pulmonale Vasodilatantien nötig

▪ keine relevante Untersättigung▪ keine inotrope Therapie▪ Überdurchblutung der Lunge/shuntbedingte Herzinsuffizienz

▪ fortwährende Untersättigung▪ kreislaufsupportive Therapie nötig▪ Lungenstauung und PPHN

▪ stabile Situation bis zur Operation▪ unkomplizierter postoperativer Verlauf zu erwarten

▪ mäßige Stabilisierung bis zur Operation meist möglich▪ oft prolongierter postoperativer Verlauf

Typisch bei stabilem Verlauf:▪ unkomplizierte vaginale Entbindung▪ reifes Neugeborenes▪ präpartal bekannte Diagnose▪ Ductus arteriosus offen ohne Restriktion▪ stressfreie Anpassung▪ keine Hypothermie▪ keine Hypovolämie/keine Anämie▪ keine PPHN▪ keine Infektion▪ keine schwere metabolische Azidose

Typisch bei instabilem Verlauf:▪ Sectio caesarea▪ Frühgeburtlichkeit▪ Diagnosestellung erst bei beginnender Dekompensation▪ Ductus arteriosus verschlossen oder eingeengt▪ Peripartaler Stress (u.a. Hypothermie, Transport, etc.)▪ Anämie/Hypovolämie▪ Anpassungsstörung mit PPHN▪ Infektion▪ metabolische Azidose

Abb. 17 Einflussfaktoren auf ein gutes („good mixer“) bzw. verringertes Mischen („badmixer“) auf Vorhofebene bei einer simple d-TGA. Die Abbildung stellt Extremvarianten desklinischen Spektrums dar. PPHN = Persistierende pulmonale Hypertension des Neugebore-nen. PGE1 = Prostaglandin E1.

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Kritische Herzfehler des Neugeborenen – Ausgewählte kritische Herzfehler170

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█ Bei einer d-Transposition der großen Arterien ohneBegleitvitien (z.B. Ventrikelseptumdefekt, Pulmo-nalstenose) muss postpartal ein ausreichend großerDefekt auf Vorhofebene vorhanden sein oder mittelsinterventioneller Maßnahmen (Rashkind-Manöver)geschaffen werden, um einen Kreuzshunt auf Vorhof-ebene und damit eine ausreichende Oxigenierung zuermöglichen. Über einen Links-Rechts-Shunt durch

den Ductus arteriosuswird zusätzlich das Angebotdesoxigenierten Bluts zur Lunge verbessert und dieFüllung des linken Vorhof gesteigert, wodurch eineverbesserte Mischung des sauerstoffreichen mit demsauerstoffarmen Blut auf Vorhofebene über denDefekt erfolgt und damit die systemarterielle Sauer-stoffsättigung steigt.

█ Nach der Fallot-Tetralogie und der d-Transpositionder großen Arterien ist die Trikuspidalatresie derdritthäufigste zyanotische Herzfehler. Bei diesemHerzfehler kann je nach Anatomie der ventrikulo-arteriellen Verbindungen und der großen Arterieneine Duktusabhängigkeit für den Pulmonalkreislauf(Normalstellung der großen Arterien) oder den Sys-temkreislauf (Transpositionsstellung der großenArterien) bestehen. Auch balancierte Kreisläufe ohneDuktusabhängigkeit sind möglich.

█ Beim hypoplastischen Linksherzsyndrom ist der„Hybrid-Ansatz“ ein alternatives Therapiekonzept zurNorwood-Operation, insbesondere für Patienten mitzusätzlichen letalitätswirksamen Risikofaktoren inder Neonatalperiode. Durch chirurgisches Bandingbeider Pulmonalarterienästewird eine Balancierungzwischen der Lungen- und Systemperfusion nachAbfall des Lungengefäßwiderstands angestrebt.Durch eine Implantation eines Duktusstents und ggf.nötige Beseitigung einer Restriktion auf Vorhofebene(Stent, chirurgisch) wird die fetale Zirkulation erhal-ten. Oft kann auf diese Weise die Palliation mittelseiner Comprehensive-Stage-II-Operation (siehe Text)in das spätere Säuglingsalter verschoben werden.

█ Neugeborene mit einer totalen Lungenvenenfehl-

mündung und Obstruktion des Pulmonalvenenab-

stroms sind mit konservativen Therapiemaßnahmen

kaum zu stabilisieren. Eine Zyanose entsteht durchden obligaten Rechts-Links-Shunt auf Vorhofebeneund das durch die resultierende Stauung hervorge-rufene pulmonale Ventilations-Perfusions-Mismatch.Die pulmonalvenöse Obstruktion bedingt zusätzlicheine kritische Reduktion des Systemherzzeitvolu-mens. Eine Prostaglandin-E1-Infusion kann über eineZunahme der Lungenperfusion und letztendlich derLungenstauung die klinische Situation verschlechternund ist daher kontraindiziert. Die Kombination aus

einer schweren Zyanose mit Lungenstauung und Sys-

temkreislaufinsuffizienz macht eine schnellstmög-

liche Operation unumgänglich. Bei primär sehr insta-bilen Patienten kann eine palliative Katheterinter-vention mit Stenten der pulmonalvenösen Obstruk-tion indiziert sein.

Interessenkonflikt: Prof. Beerbaum – keine Interessen-konflikte, Dr. Köditz – Vortragshonorare, Erstattungvon Kongressgebühren und Reisekosten durch dieXenios AG, Deutschland, Dr. Jack und Dr. Böhne – Vor-tragshonorare, Übernahme von Kongressgebührenund Reisekosten durch die B. Braun Melsungen AG,Deutschland, und die Pall GmbH, Deutschland.

Über die Autoren

Martin Böhne

Jahrgang 1976, Dr. med. Nach dem

Medizinstudium in Hannover Fach-

arztausbildung an der Kinderklinik

der Medizinischen Hochschule Han-

nover. Ausbildung in Kinderkardiolo-

gie und pädiatrischer Intensivmedi-

zin. Funktionsoberarzt auf der inter-

disziplinären pädiatrischen Intensiv-

station der Abteilung für Pädiatrische Kardiologie und

Intensivmedizin der MHH.

Thomas Jack

Jahrgang 1973, Dr. med. Nach dem

Medizinstudium in Marburg und Han-

nover, Absolvierung der Facharztaus-

bildung an der Kinderklinik der Medi-

zinischen Hochschule Hannover. Seit

2012 tätig als Oberarzt der Abtei-

lungpädiatrische Kardiologie und

Intensivmedizin. Tätigkeitsbereich ist

die interdisziplinäre pädiatrische Intensivstation der

MHH.

Harald Köditz

Jahrgang 1971, Dr.med. Nach dem

Medizinstudium und der Facharzt-

ausbildung in Hannover seit 2003 als

Oberarzt an der Kinderklinik der

Medizinischen Hochschule Hannover

tätig. Anstellung im Great Ormond

Street Hospital for Children, London,

UK 2004. Weiterbildungsermächti-

gung für spezielle pädiatrische Inten-

sivmedizin.

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Philipp Beerbaum

Jahrgang 1962, Univ.-Prof. Dr. med.

Nach Medizinstudium, Promotion

und Facharztzeit in Köln Ausbildung

als Intensivmediziner und Kinderkar-

diologe im Herz- und Diabeteszen-

trum NRW (Bad Oeynhausen), dort

Oberarzt und Habilitation an der

Ruhr-Universität Bochum. Ab 2006

für 5 Jahre in London (UK) als Consul-

tant Paediatric Cardiologist im Evelina Children’s Hospital

und Senior Lecturer in Paediatric Cardiovascular Sciences

im Department of Imaging Sciences & Biomedical Engi-

neering am King’s College London; anschließend Rad-

boud Universiteit, Nijmegen. Seit 2012 Direktor der Klinik

für Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin an der

Medizinischen Hochschule Hannover.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Philipp Beerbaum

Medizinische Hochschule Hannover

Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin

Carl-Neuberg-Str. 1

30625 Hannover

E-Mail: [email protected]

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Kritische Herzfehler des Neugeborenen – Ausgewählte kritische Herzfehler172

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CME-Fragen

█1Welche diagnostische Maßnahmeoder welcher Befund erbringt keineHinweise auf das Vorhandenseineiner kritischen Aortenisthmus-stenose?

A Pulstasten an oberer und unterer Extremität

B oszillometrisch gemessener höherer Blutdruck der unteren Extremität

C Darstellung des Aortenisthmusbereichs mittels transthorakaler Echokardiografie

D Sättigungsdifferenz zwischen oberer und unterer Extremität

E pathologisches Flussprofil in der Bauchaorta oder den abdominellen Gefäßen

█2Welche Aussage trifft nicht zu?Zu den kritischen Herzfehlern desNeugeborenen kann gehören:

A Aortenisthmusstenose (ISTA)

B Transposition der großen Arterien (TGA)

C hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS)

D persistierendes Ductus arteriosus (PDA)

E Pulmonalatresie (PA)

█3Welche Aussage zur interventionel-len Therapie von angeborenen Herz-fehlern ist nicht richtig?

A Die interventionelle Eröffnung des Vorhofseptums (Rashkind-Manöver) kann bei einerTranspositionsstellung der großen Gefäße (TGA) und kritischer Hypoxämie ein lebensrettenderEingriff sein.

B Die kritische valvuläre Aortenstenose kann mit einer Ballonvalvuloplastie behandelt werden.

C Der Ballonkatheter für die Erweiterung des Vorhofseptumdefekts bei der TGA kann durch dieNabelvene eingeführt werden.

D Bei einer kritischen Aortenisthmusstenose kann eine Gefäßstütze (Stent) in die Engstelleeingebracht werden.

E Das Rashkind-Manöver bei Kindern mit TGA und restriktivem Vorhofseptum kann nur imHerzkatheterlabor unter Durchleuchtung durchgeführt werden.

█4Bei welcher Pathologie findet sichechokardiografisch typischerweisekein Rechts-Links-Shunt über demVorhofseptum?

A persistierende pulmonale Hypertension des Neugeborenen

B totale Lungenvenenfehlmündung

C Hypoplastisches Linksherzsyndrom (HLHS)

D Trikuspidalatresie

E Pulmonalatresie mit intaktem Ventrikelseptum

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CME-Fragen Kritische Herzfehler des Neugeborenen

█5Welche Aussage trifft nicht zu? A Bei Neugeborenen mit einer totalen Lungenvenenfehlmündung kann eine Infusion mit

Prostaglandin E1 die klinische Symptomatik verschlechtern.

B In einigen Fällen kann man bei Neugeborenen mit einer kritischen Pulmonalstenose das raue,spindelförmige Systolikum mit Punctum maximum im 2./3. ICR links parasternal nichtauskultieren.

C Bei Neugeborenen mit einer Trikuspidalatresie findet man häufig einen überdrehten Linkstyp im12-Kanal-EKG.

D Bei einem Neugeborenen mit einer kritischen Aortenisthmusstenose finden sich in der klinischenUntersuchung keine oder nur abgeschwächte Pulse in der Leiste sowie ein relevanter systolischerBlutdruckgradient (≥15–20mmHg) mit erhöhten Blutdrücken an den Armen gegenüber denBeinen.

E Neugeborene mit einer kritischen Aortenstenose zeigen echokardiografisch häufig verdickteAortenklappensegel und eine hyperdyname Funktion des linken Ventrikels.

█6Welche Aussage zu einer totalenLungenvenenfehlmündung (TAPVR)ist nicht korrekt?

A Entsprechend der Mündung der fehlgeleiteten Lungenvenen unterscheidet man 3 verschiedeneanatomische Typen der TAPVR.

B Die klinischen Symptome können denen einer persistierenden pulmonalen Hypertonie desNeugeborenen (PPHN) entsprechen und damit verwechselt werden.

C Bei einer TAPVR mit Obstruktion des Lungenvenenabstroms zeigt sich neben klinischen Zeichender Systemkreislaufinsuffizienz im Röntgen-Thorax eine globale Zunahme der Transparenz in denLungenfeldern.

D Bei einer TAPVR mit Obstruktion des Lungenvenenabstroms besteht eine Notfallindikation zuroperativen Korrektur.

E Echokardiografisch finden sich ein kleiner linker Ventrikel, ein Rechts-Links-Shunt über dasinteratriale Septum sowie oftmals ein Sammelsinus in enger Lagebeziehung zum linken Vorhof.

█7Welche Aussage zu einemhypoxämischen Anfall bei einerFallot-Tetralogie ist nicht richtig?

A Der hypoxämische Anfall kann durch körperliche oder psychische Belastung ausgelöst werden.Oftmals tritt er auch nach dem Füttern oder beim Baden auf.

B Bei Persistenz der Zyanose ist nach Versagen der initialen Behandlungsmaßnahmen eineintravenöse Applikation von Na-Nitroprussid in einer Dosierung von 0,5–10(–20) μg/kg/minunter intensivmedizinischer Überwachung notwendig.

C Über dem Pulmonalisareal ist im hypoxämischen Anfall oft kein Strömungsgeräusch auskultierbar.

D Neben der Beugung der Knie an die Brust kann eine großzügige Volumengabe oder Sedierung mitMorphin den Anfall durchbrechen.

E Zur Anfallsprophylaxe kann eine medikamentöse Therapie mit ß-Blockern wirksam sein.

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Kritische Herzfehler des Neugeborenen – Ausgewählte kritische Herzfehler174

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CME-Fragen Kritische Herzfehler des Neugeborenen

█8Welche Aussage zur Hämodynamikeines kritischen Herzfehlers istzutreffend?

A Bei einer Pulmonalatresie mit intaktem Ventrikelseptum entspricht die Hämodynamik einerExtremvariante der Fallot-Tetralogie mit einer funktionellen Atresie der Pulmonalklappe.

B Der Grad der Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts bestimmt bei einer Fallot-Tetralogie den intrakardialen Rechts-Links-Shunt und damit die Ausprägung der Zyanose.

C Die resultierende systemarterielle Sättigung wird bei einer Trikuspidalatresie durch verschiedeneFaktoren beeinflusst, wie die Dimension eines Ventrikelseptumdefekts oder dem Ursprung dergroßen Arterien aus den Ventrikeln.

D Die Existenz von „major aortopulmonary collateral arteries“ (MAPCAs), über die die Lungedirekt aus der Aorta perfundiert wird, ist für eine Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefektungewöhnlich.

E Bei einem hypoplastischen Linksherzsyndrom fließt das oxygenierte Blut über einen Rechts-Links-Shunt aus dem rechten in den linken Vorhof.

█9Welche Angabe trifft bei einersimple d-Transposition der großenArterien (d-TGA) nicht zu?

A Temporär kann es postnatal zu einer höheren post- als präduktalen Sättigung kommen. Hierdurchkönnten diese Neugeborenen im postnatalen Pulsoxymetriescrenning übersehen werden.

B Gründe für das Nichtansteigen der systemarteriellen Sättigung nach erfolgreichem Rashkind-Manöver können eine metabolische Azidose, eine linksventrikuläre Ausflussbahnobstruktion oderauch ein erhöhter Lungengefäßwiderstand sein.

C Der Blutfluss über den offenen Ductus arterious füllt den linken Vorhof und führt bei nichtrestriktivem Vorhofseptum zu einer verbesserten Mischung auf Vorhofebene.

D Bei einem „good mixer“ kann es zu einer shuntbedingten Überdurchblutung der Lunge mitnachfolgender Herzinsuffizienz kommen.

E Neben einer ventrikuloarteriellen Diskordanz liegen bei einer simple d-TGA auch eine viszeroatrialeund eine atrioventrikuläre Diskordanz vor.

█10Welche Aussage zu den Therapienbei kritischen Herzfehlern trifft nichtzu?

A Bei einer Pulmonalatresie mit intaktem Ventrikelseptum bestimmen neben der Morphologie desrechten Ventrikels auch die Koronarversorgung und die Größe der Trikuspidalklappe das weiteretherapeutische Vorgehen.

B Eine arterielle Switch-OP sollte bei einer simple d-TGA innerhalb der 1.–2. Lebenswochedurchgeführt werden, da ansonsten der linke Ventrikel durch den physiologischen Abfall desLungengefäßwiderstands an Muskelmasse verliert und postoperativ die Pumpleistung für denSystemkreislauf nicht mehr erbringen kann.

C Der „Hybridansatz“ ist bei Neugeborenen mit einem hypoplastischen Linksherzsyndrom einalternatives Therapieverfahren zur Norwood-Operation. Es besteht aus einem chirurgischenBanding beider Pulmonalarterien und der katheterinterventionellen Implantation einesDuktusstents.

D Bei kurzstreckiger Aortenisthmusstenose kann eine Resektion der Engstelle mit anschließenderangeschrägter „extended“ End-zu-End-Anastomose über eine linkslaterale Thorakotomie ohneHerz-Lungen-Maschine erfolgen.

E Bei Säuglingen mit einer Fallot-Tetralogie ist nach dem 5.Rezidiv eines hypoxämischen Anfalls dieIndikation zur operativen Korrektur oder katheterinterventionellen Palliation gegeben.

Neonatologie Scan 2 ê2015

Fortbildung 175

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