Kühlen ohne Fluorkohlenwasserstoffe

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b Im Alltag finden sich Kohlen- wasserstoffgase als Brennmittel von Küchenherden, als Autogas oder in den Propangasflaschen von Cam- pingwagen und Grill. In der Tem- periertechnik erleben diese Koh- lenwasserstoffe gerade eine Renais- sance, und zwar als umweltscho- nende Kältemittel – jedoch nicht ohne Skepsis bei den Anwendern. Die Entscheidungswege für ein Kältemittel in einem Temperiersys- tem sind oft komplex und münden in einen Kompromiss. Je nach An- wendung sind unterschiedliche chemische, thermische und physi- kalische Eigenschaften zu berück- sichtigen. Darüber hinaus fragen Anwender zunehmend nach dem Umwelteinfluss des Arbeitsstoffes. Energieeffizienz und Umweltver- träglichkeit bieten derzeit nur na- türliche Kältemittel, beispielsweise Propan oder Propen. Teilhalogenierte Kältemittel b Gegenwärtig werden vor allem teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW) wie 1,1,1,2-Tetrafluor- ethan (R134a) oder die Gemische R507 aus Pentafluorethan und 1,1,1,-Trifluorethan sowie R404A aus Chlordifluormethan, 1,1,1,2- Tetrafluorethan und 1,1,2-Trifluor- ethan für Kühlanwendungen ein- gesetzt (Tabelle). Bei Tieftempera- turanwendungen haben Fluide wie R404A und R507 Vorteile aufgrund ihrer hohen volumetrischen Kälte- leistung. In den letzten Jahren sind sie jedoch aufgrund ihres hohen Treibhauspotenzials in die Kritik geraten. Beispielsweise entspricht die Freisetzung von 1 kg R404A in die Atmosphäre CO 2 -Äquivalent- Emissionen von zirka 3,8 Tonnen, das ist die Menge, die bei der Ver- brennung von zirka 1300 L Diesel entsteht. Die Freisetzung von 1 kg R134a verrusacht CO 2 -Äquivalent- Emissionen in Höhe von ungefähr 1,3 Tonnen. 2) Aus diesem Grund sollen Verwendung und Verkauf von HFKW-Stoffen weiter begrenzt werden. Die Europäische Kommis- sion präsentierte im letzten Jahr ei- Elena Rombach Nicht nur Pkw-Klimaanlagen, sondern auch Temperiersysteme im Labor arbeiten mit umstrittenen fluorierten Kohlenwasserstoffen als Kältemittel. 1) Huber Kältemaschinenbau hingegen kühlt mit Propan oder Propen und senkt dabei die Betriebskosten. Vorbehalte gegen die brennbaren Kältemittel- alternativen hält das Unternehmen für unbegründet. Kühlen ohne Fluorkohlenwasserstoffe BAnalytikV Übersicht über die Kältemittel für Temperiergeräte (GWP: Global Warming Potential, Treibhauspotenzial, angegeben in CO 2 -Äquivalenten). Nachrichten aus der Chemie| 61 | Dezember 2013 | www.gdch.de/nachrichten 1244

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b Im Alltag finden sich Kohlen-wasserstoffgase als Brennmittel von Küchenherden, als Autogas oder in den Propangasflaschen von Cam-pingwagen und Grill. In der Tem-periertechnik erleben diese Koh-lenwasserstoffe gerade eine Renais-sance, und zwar als umweltscho-nende Kältemittel – jedoch nicht ohne Skepsis bei den Anwendern.

Die Entscheidungswege für ein Kältemittel in einem Temperiersys-tem sind oft komplex und münden in einen Kompromiss. Je nach An-wendung sind unterschiedliche chemische, thermische und physi-kalische Eigenschaften zu berück-sichtigen. Darüber hinaus fragen Anwender zunehmend nach dem

Umwelteinfluss des Arbeitsstoffes. Energieeffizienz und Umweltver-träglichkeit bieten derzeit nur na-türliche Kältemittel, beispielsweise Propan oder Propen.

Teilhalogenierte Kältemittel

b Gegenwärtig werden vor allem teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW) wie 1,1,1,2-Tetrafluor -ethan (R134a) oder die Gemische R507 aus Pentafluorethan und 1,1,1,-Trifluorethan sowie R404A aus Chlordifluormethan, 1,1,1,2- Tetrafluorethan und 1,1,2 -Tri fluor -ethan für Kühlanwendungen ein-gesetzt (Tabelle). Bei Tieftempera-turanwendungen haben Fluide wie

R404A und R507 Vorteile aufgrund ihrer hohen volumetrischen Kälte-leistung. In den letzten Jahren sind sie jedoch aufgrund ihres hohen Treibhauspotenzials in die Kritik geraten. Beispielsweise entspricht die Freisetzung von 1 kg R404A in die Atmosphäre CO2-Äquivalent-Emissionen von zirka 3,8 Tonnen, das ist die Menge, die bei der Ver-brennung von zirka 1300 L Diesel entsteht. Die Freisetzung von 1 kg R134a verrusacht CO2-Äquivalent-Emissionen in Höhe von ungefähr 1,3 Tonnen.2) Aus diesem Grund sollen Verwendung und Verkauf von HFKW-Stoffen weiter begrenzt werden. Die Europäische Kommis-sion präsentierte im letzten Jahr ei-

Elena Rombach

Nicht nur Pkw-Klimaanlagen, sondern auch Temperiersysteme im Labor arbeiten mit umstrittenen

fluorierten Kohlenwasserstoffen als Kältemittel.1) Huber Kältemaschinenbau hingegen kühlt mit

Propan oder Propen und senkt dabei die Betriebskosten. Vorbehalte gegen die brennbaren Kältemittel -

alternativen hält das Unternehmen für unbegründet.

Kühlen ohne Fluorkohlenwasserstoffe

BAnalytikV

Übersicht über die Kältemittel für Temperiergeräte (GWP: Global Warming Potential, Treibhauspotenzial, angegeben in CO2-Äquivalenten).

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nen Vorschlag, der den Verbrauch ab dem Jahr 2015 auf ein Drittel des derzeitigen Niveaus reduzieren soll.3)

Huber Kältemaschinenbau sieht in dem angestrebten Phase-down die Bestätigung, dass der Weg, Käl-temittel wie Propan (R290) oder Propen (R1270) einzusetzen, der richtige ist. R290 und R1270 haben kein Ozonabbaupotenzial und ein Treibhauspotenzial (Global War-ming Potential, GWP) von 3.

Alternative Kältemittel

b Kohlenwasserstoff-Kältemittel wie R290 oder R1270 haben zwar günstige thermodynamische Eigen-schaften, allerdings besteht ein Ri-siko durch die Entflammbarkeit und Explosivität der Stoffe. Dieses Risiko minimieren gute Planung und Installation sowie der fachge-rechte Betrieb einer Anlage. Kom-pakte Umwälzkühler (Minichiller), Umwälzthermostate (Petite Fleur) oder Kälte - Umwälzthermostate (Ministat) arbeiten seit Jahren seri-enmäßig mit Propan R290 mit ho-hem Reinheitsgrad als Kältemittel. Eingesetzt werden sie unter ande-rem im Labor. Die Kältemittel-Füll-menge liegt zwischen 40 g und 80 g.

Aber auch bei dynamischen Temperiergeräten wie dem Unistat 610 mit einer Füllmenge von 2,2 kg kann ein natürliches Kältemittel wie Propan die HFKW-Kältemittel ersetzen. Hierbei sind jedoch wei-tere spezifische Sachkunde und die Einhaltung der Sicherheitsvor-schriften notwendig. Je nach Auf-stellungsort und Verwendungs-zweck kommen zusätzliche Kom-ponenten für Regelung und Sicher-heit hinzu. Unter anderem ist eine entsprechende Belüftung für den Aufstellungsraum zu installieren oder das Gerät im Außenbereich aufzustellen. Zusätzlich sind Schutzeinrichtungen gegen eine Drucküberschreitung integriert. Bestimmungen zur Ausführung von Temperiersystemen stehen in Normen wie EN378 oder der BGR500.

Mit der Füllmenge steigen die Sicherheitsanforderungen, das be-deutet wiederum höhere Investiti-onskosten. Dies ist oft ein Grund, synthetische Kältemittel zu bevor-zugen. Dabei spart die Verwendung von natürlichen Kohlenwasserstof-fen bis zu 20 Prozent Energie ein und senkt damit die Betriebskos-ten, was Verbraucher oft nicht ein-kalkulieren. Oft wenig beachtet wird der Energieverbrauch für die Herstellung von fluorierten Gasen, der um ein Vielfaches höher ist als für natürliche Kältemittel.

Abb. 1. Temperiergerät Ministat 230 an

einem Glasreaktor.

Kältemittel Propan

b Das Kältemittel R290 verfügt über gute Wärmeübertragungswerte und eine günstige Wärmeleitfähig-keit. Vorteile von R290 sind geringe Druckverluste in Rohrleitungen und Wärmetauscher, der niedrige Energiebedarf bei der Verdichtung, die geringere Menge an benötigtem Kältemittel und eine gute Verträg-lichkeit mit den üblichen Metallen und Elastomeren. Das Betriebsver-halten von Propan R290 ist besser als von dem fluorierten R404A bei geringerer Kältemittelfüllung.

Die Entsorgung von R290 ist einfa-cher als die von synthetischen Stof-fen: Propan kann kontrolliert und mit entsprechenden Sicherheitsvorkeh-rungen in die Atmosphäre entlassen werden. Zudem ist Propan preiswert und in großen Mengen verfügbar.

Energieeffizienz des Gesamt -systems – Beispiel Ministat

b Neben der Wahl des Kältemit-tels beeinflusst vor allem die gesam-te Auslegung des Temperiersystems den Energieverbrauch. Der Ministat 230 (Abbildung 1), zeigt in Verbin-dung mit einem 2-Liter-Glasreaktor (Syrris, Atlas), was ein kompaktes

Abb. 2. Temperaturführung im Ministat im Test mit einem 2-Liter-Glasmantelreaktor.

Blau: Soll-Temperatur; Rot: Prozesstemperatur; Grün: Manteltemperatur.

Reaktorinhalt 1,4 L, Rührerdrehzahl 700 U·min–1, Thermofluid: Ethanol. Heizleistung 2 kW,

Kälteleistung bei voller Pumpleistung: 0,38 kW bei 0 °C, 0,25 kW bei –20 °C,

0,14 kW bei –30 °C; maximaler Temperaturbereich des Geräts: –40 °C bis 200 °C.

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Gerät mit dem natürlichen Kältemittel R290 leistet. Der Thermostat deckt einen Temperaturbereich von –40 °C bis +200 °C ab. In diesem Fall wurde als Temperierflüs-sigkeit Ethanol verwendet. In der Fallstu-die wurden die niedrigste erreichbare Tem-peratur, die Kühl- und Heizgeschwindig-keit des Geräts sowie das Regelverhalten dokumentiert. Bei voller Pumpleistung des Temperiergeräts sank die Temperatur des Mantels innerhalb von 1 Stunde und 20 Minuten von +20 °C auf –20 °C. Abbildung 2 (S. 1245) zeigt die Präzision und Stabili-tät des Kühlvorgangs, auch mit natürli-chem Kältemittel. Bei –20 °C erreicht der Ministat eine Kälteleistung von 0,25 kW.

Temperiertechnik umwelfreundlicher

b Im Jahr 1982 startete Huber das Pro-gramm „Umwelt Plus“, das die Weiterent-wicklung ressourcenschonender Tempe-riertechnik vorantrieb. 1993 bot das Un-ternehmen die ersten FCKW-freien Tem-periergeräte an, sieben Jahre vor dem ge-setzlich festgelegten Ausstiegstermin. Auch die teilhalogenierten Fluorchlor-kohlenwasserstoffe, H-FCKW, setzte Hu-ber bereits sechs Jahre vor dem Verbot nicht mehr ein. Im Jahr 2012 hat Huber 90 Prozent der Geräte mit umweltscho-nenden Kältemitteln ausgeliefert. Heute ist das gesamte Produktprogramm mit Kohlenwasserstoff-Kältemitteln verfügbar.

Die Nutzung von alternativen Kälte-mitteln wird im Rahmen des Aktionspro-gramms weiter ausgebaut. Die natürli-chen Kältemittel eignen sich für Anwen-dungen von Reaktortemperierung über Materialstresstests, Probenvorbereitung bis zur Temperatursimulation.

Eine auf Nachhaltigkeit ausgelegte Wahl des Kältemittels macht spätere Um-rüstungen überflüssig und schützt vor zu-sätzlichen Investitionen durch neue Ver-ordnungen und Gesetze.

Elena Rombach, Huber Kältemaschinenbau. Das Unter-

nehmen mit Sitz in Offenburg entwickelt und produ-

ziert Kältemaschinen und Temperiergeräte für Labora-

torien, Technikumsanlagen und Produktionsverfahren

für Temperaturen zwischen –125 °C und +425 °C.

[email protected]

Literatur

1) B. Osterath, Nachr. Chem. 2012, 60, 732.

2) www.umweltbundesamt.de

3) http://ec.europa.eu/clima/policies/f-gas

/legislation/docs/com_2012_643_de.pdf

b Feuchte und Fettgehalt

von Lebensmittelproben be-

stimmt der Fast Trac Analyzer

von CEM. Das Gerät arbeitet

auf NMR-Basis, wobei die

Software die Spektren auto-

matisch auswertet. Konditio-

nierung und Messung dau-

ern zwei Minuten.

CEM, Kamp-Lintfort, Tel.

02842 9644–0, Fax –11,

[email protected], www.cem.de

b Der Pipettierroboter An-

drew von Zinsser Analytic ar-

beitet mit bis zu fünf han-

delsüblichen Pipetten. Er

sucht sich für die jeweilige Pi-

pettierung die Pipette mit

dem optimalen Volumenbe-

reich, stellt automatisch das

Volumen ein, nimmt die rich-

tige Spitze auf und vermisst

ihre Länge. Der Roboter

nimmt nach Reihen, Spalten

und ausgewählten Positionen

Flüssigkeiten auf und gibt sie

mit und ohne Mischen ab,

am Plattenboden oder an der

Flüssigkeitsoberfläche. Zu-

dem erstellt das Gerät Ver-

dünnungsreihen.

Zinsser Analytic, Frankfurt am

Main, Tel. 069 789106–0, Fax

–80, info@zinsser-analytic.

com, www.zinsser-analytic.

com

b Der Zweipunkt-Vakuum-

regler CVC 3000 detect von

Vacuubrand lässt sich an be-

reits vorhandene Vakuum-

pumpen oder -netzwerke an-

schließen. Das Gerät verfügt

über ein Chemie-Vakuum-

ventil. Die Funktion „detect“

findet selbstständig den Sie-

dedruck eines Lösungsmit-

tels, so dass beim Arbeiten

mit Lösemittelgemischen die

Suche nach dem Siededruck

entfällt. Über die Programm-

funktion kann der Nutzer in-

dividuelle Druck-/Zeitprofile

eingeben.

Vacuubrand, Wertheim. Tel.

09342 808–5550, Fax –5555,

[email protected],

www.vacuubrand.com

Fürs Laboratorium

Analytik/Labortechnik

Handhabt fünf

Pipetten:

Roboter Andrew

von Zinsser.

1246 BBlickpunktV Analytik

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