Kurcz - European University Viadrina · Dyoniziak/ Miku³owski Pomorski/ Pucek, 1974: 151;...

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Zbigniew Zbigniew Kurcz Kurcz Nationale Minderheiten im Gegenwärtigen Polen No. 01/00 Frankfurter Frankfurter Institut Institut für für Transformationsstudien Transformationsstudien Frankfurt institute for Frankfurt institute for Transformation Studies Transformation Studies Europa-Universität Europa-Universität Viadrina Viadrina Postfach Postfach 1786 786 D - 15207 Frankfurt ( D - 15207 Frankfurt ( Oder) Oder) Arbeitsberichte - Discussion P Arbeitsberichte - Discussion Papers pers ISSN 1431 ISSN 1431 - 0708 0708 Herausgeber - Editorial Board Herausgeber - Editorial Board Prof. Prof.Dr. J.C. Dr. J.C. Joe Joerden den Prof. Prof.Dr. H. Schultz Dr. H. Schultz Prof. Prof.Dr. H-J. Dr. H-J. Wagener Wagener

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Zbigniew Zbigniew KurczKurcz

Nationale Minderheiten im

Gegenwärtigen Polen

No. 01/00

Frankfurter Frankfurter Institut Institut fürfürTransformationsstudienTransformationsstudien

Frankfurt institute forFrankfurt institute forTransformation StudiesTransformation Studies

Europa-Universität Europa-Universität ViadrinaViadrinaPostfach Postfach 11786786D - 15207 Frankfurt (D - 15207 Frankfurt (Oder)Oder)

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Zbigniew KURCZ

Nationale Minderheiten im gegenwärtigen Polen

Prof. Dr. Zbigniew Kurcz ist Inhaber des Lehrstuhls für Soziologie an der Universi-tät Wroc³aw und Gastprofessor am Frankfurter Instituts für Transformationsstudien(FIT) an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Das FIT wird von derDeutschen Forschungsgemeinschaft als Innovationskolleg unterstützt.

Nationale Minderheiten im gegenwärtigen Polen

In den Fesseln des Kommunismus

Meine Erörterungen beginne ich mit dem Jahr 1945, als der polnische Staat nach einpaar Jahren Abwesenheit, diesmal in einem neuen Territorium und mit einer starkveränderten nationalen Zusammensetzung, wieder ins Leben gerufen wurde (Kurcz,1999). Bis 1939 machten die nationalen Minderheiten einen erheblichen Anteil derBevölkerung Polens (31,1%) aus (Ma³y Rocznik, 1939: 22), nach 1945 verändertensich zwar ständig die Proportionen innerhalb der Gruppe der nationalen Minderhei-ten, ihre Anzahl pendelte sich jedoch auf einem festen Niveau von 1-2% ein (vgl.Dyoniziak/ Miku³owski Pomorski/ Pucek, 1974: 151; Zagórski, 1986: 2-5). Ich spre-che an dieser Stelle bewusst von der Veränderung der Proportionen innerhalb natio-naler Minderheiten, und zwar aus folgenden Gründen: Zahlreiche Vertreter einigernationaler Minderheiten (Juden und Deutsche) verließen zu bestimmten Zeiten Polen.Eine erhebliche Zahl an Autochthonen (der nördlichen und westlichen polnischenGebiete) wiederum meldete in den 40er Jahren ihre Zugehörigkeit zum polnischenVolk an und betonte in den 80ern und 90ern wiederum ihre deutschen Wurzeln. Vonall diesen Erscheinungen abgesehen bedeutet ein halbes Jahrhundert in demographi-scher Hinsicht einen Generationswechsel, der einerseits durch Assimilationsprozes-se an die polnische Mehrheit, aber andererseits auch durch die Belebung der eigenennationalen Identifikationen begleitet wurde.

Andrzej Kwilecki schildert in seinem Aufsatz die nationale Struktur der polnischenGesellschaft zur Zeit der Volksrepublik Polen (Kwilecki, 1963). Er versucht aus derPerspektive der 60er Jahre eine Synthese der ethnischen Zusammensetzung der Ge-sellschaft zu erstellen. Diese Periode bezeichnet man in Polen als „Zeit der kleinenStabilisierung”; der Nachkriegstransfer der Bevölkerung kam zum Erliegen, der Sta-linisierungsprozess des sozialen Lebens wurde vom Staat aufgegeben, und die Be-hörden fingen langsam an, an den Methoden für die Etablierung des realen Sozialis-mus, der für immer und ewig hätte dauern sollen, zu arbeiten. Aus den Schätzungenvon Kwilecki geht hervor, dass die nationalen Minderheiten damals insgesamt453.000 Personen zählten, während sich die gesamte Bevölkerung Polens auf 30324.000 belief (Rocznik statystyczny, 1963: 14). Im damaligen Polen war die Stärkeder nationalen Minderheiten wie folgt: Ukrainer 180.000, Weißrussen 165.000, Ju-den 31.000, Slowaken 21.000, Russen 19.000, Zigeuner 12.000, Litauer 10.000,Griechen und Mazedonier 10.000, Deutsche 3.000 und Tschechen 2.000 (Kwilecki,1963: 88-89). Diese Zusammensetzung hat sich mit der Zeit erheblich verändert.Ende 90er Jahre dominieren die Deutschen unter den nationalen Minderheiten. Uk-rainer und Weißrussen rückten auf die weiteren Plätze, die Zahl der Juden ging dras-tisch zurück, und die Russen stellen lediglich eine Spurenmenge dar und werden ausdiesem Grund weder in Statistiken berücksichtigt noch als Forschungsgegenstand

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wahrgenommen. Im gegenwärtigen Polen gibt es auch keine Gesellschaft der russi-schen Bevölkerung. Bei der Annahme, dass alle Mitglieder der Altorthodoxen Kir-che des Ostens (sie erkennt die Reform der liturgischen Bücher aus dem 17. Jahr-hundert nicht an) Russen sind, zählt diese Minderheit laut Schätzungen von 1996 nur906 Personen (Wyznania religijne, 1997: 36). Die Untersuchungen von Andrzej Sa-dowski beweisen aber, dass eine automatische Gleichstellung zwischen Konfessionund Nationalität insbesondere in den nordöstlichen Gebieten Polens zu falschenSchlussfolgerungen führen kann (Sadowski, 1997: 33). Nur ein Teil der orthodoxenBevölkerung des polnisch-weißrussischen Grenzgebietes meldet nämlich ihre weiß-russische nationale Identität an.

Zur Zeit der Volksrepublik Polen war das Schicksal der Juden, Deutschen, Ukrainerund Lemken durch besondere Spannungen und eine große Kompliziertheit charakteri-siert, aus diesem Grund werde ich all diesen Minderheiten nacheinander größereAufmerksamkeit schenken. Die Kommunisten, die dank der militärischen Unterstüt-zung durch die Sowjetunion die Macht in Polen übernahmen, akzeptierten von An-fang an die Notwendigkeit der Errichtung eines mononationalen Staates (vgl.Rapport, 1946). Diese Idee gehörte zu den wenigen, für die man Unterstützung desgrößten Teils aller Polen gewinnen konnte. Diese Haltung speiste sich aus den Erfah-rungen der Jahre 1939-1945. Die Kriegsjahre lieferten nämlich zahlreiche Beweisedafür, dass sich die vielen nationalen Minderheiten dem polnischen Staat gegenübernicht loyal verhielten. Direkt vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und beimÜberfall Hitlers auf Polen unternahmen die Deutschen mehrere Sabotageaktionen,während der Besetzung trugen sie sich wiederum auf deutsche Nationalliste ein(Jastrzêbski, 1995). In den ehemaligen polnischen Ostgebieten dagegen arbeitetenvor allem die Juden, aber auch Weißrussen und Ukrainer, zugunsten der Sowjetunion(Nowak, 1999; Sarner, 1997; Podlaski, 1990; Mironowicz, 1993). Die Ukrainerunternahmen seit 1943 in den östlichen Gebieten Vorkriegspolens die nationalenSäuberungsaktionen (Torzecki, 1993). Selbstverständlich verstießen nicht alle inPolen sesshaften Deutschen, Juden, Weißrussen und Ukrainer gegen das polnischeStandesrecht. Viele von ihnen beteiligten sich ungeachtet ihrer nationalen Identifika-tion am Verteidigungskrieg von 1939, und legten später, ohne Rücksicht auf die zuerwartenden Folgen, nonkonformistische Einstellungen ans Tageslicht. Allerdingsprägte eben dieser Teil der nationalen Minderheiten, der an der antipolnischen Irre-denta beteiligt war, das Bild dieser Minderheiten insgesamt.

In den ersten Nachkriegsjahren erfreuten sich die Juden der offiziellen Anerkennungals nationale Minderheit, sie bildeten zugleich auch die zahlenmäßig stärkste Grup-pe. Laut Schätzungen von Halina Datner und Ma³gorzata Melchior belief sich ihreZahl auf rund 320.000 (Datner/ Melchior, 1997: 70-71). Die Kommunisten sahen inihren die natürlichen Anhänger der neuen politischen Ordnung, in vielen Fällen be-kleideten sie auch selbst wichtige parteilich-staatliche Ämter. In den Jahren 1945-1948 konnten die Juden das volle Ausmaß an Freiheiten genießen, in Polen wirkten

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zionistische Parteien und religiöse Schulen mit der Rabbinerhochschule an der Spit-ze. Trotz alledem entschieden sich viele von ihnen, Polen zu verlassen. Dieses Ver-halten ist auf verschiedene Tatsachen zurückzuführen. In dem Lande, welches fürihre Nächsten zum Friedhof wurde, fühlten sie sich einsam und verlassen. In der pol-nischen Gesellschaft wiederum nahm die Abneigung gegen die Juden zu, nicht nuraus dem Grund, dass man in ihnen Mitläufer des Kommunismus sah. Viele Polenzogen nämlich ihren Vorteil aus den Immobilien und Werkstätten der Juden, die inKonzentrationslager geschickt wurden, in die Sowjetunion flohen oder sich vor Ortversteckten. Noch zwei zusätzliche Faktoren beschleunigten die Emigration der Ju-den aus Polen, und zwar ihre Teilnahme an der zionistischen Bewegung und derWille zum Aufbau Israels auf der einen sowie der Pogrom in Kielce auf der anderenSeite. Nach den Forschungen von Krzysztof K¹kolewski erscheint der Pogrom alseine sehr gut vorbereitete Provokation (K¹kolewski, o. J.). Die letzte Welle der jü-dischen Emigration fiel in die Jahre 1968-71 und umfasste etwa 20.000 Personen(Datner/ Melchior, 1997: 75). Diese Emigration ist auf die Politik der kommunisti-schen Herrschaft zurückzuführen: Die Behörden instrumentalisierten das jüdischeElement zur Pazifizierung der Freiheitsbestrebungen der polnischen Jugend, die inden Protesten vom März 1968 vehement zum Ausdruck kamen. Auf diese Art undWeise ging die zahlenmäßige Stärke der jüdischen Bevölkerung auf ein paar Tausendzurück.

Im Februar 1946 lebten im jetzigen polnischen Gebiet etwa 2.288.000 Deutsche,während es Ende 1950 lediglich etwa 160.000 waren (Osêkowski, 1994: 106-107).Im Gegensatz zur jüdischen Bevölkerung wurde den Deutschen kein Minderheiten-status verliehen, da sie alle nach den damaligen Plänen ausgesiedelt werden sollten.Anfangs hofften viele von ihnen darauf, dass die politische Lage nur einen vorläufi-gen Charakter habe, und waren bereit, in ihrer kleinen Heimat zu bleiben. Jährlichvergrößerte sich aber der Anteil der Personen, die sich für eine Ausreise in die Be-satzungszonen der Alliierten entschieden. Die Pläne der polnischen Behörden ges-talteten sich in einer gegensätzlichen Richtung zur Entwicklung der Deutschen. Wäh-rend der deutsche Exodus den polnischen Behörden bis zum Ende der 40er Jahre nieschnell genug sein konnte, waren sie später sogar bereit, alle noch verbliebenenDeutschen aufzuhalten und ihnen sogar Rechte zu gestehen, die im Rahmen der kom-munistischen Gesellschaftsordnung möglich waren. So wurden die Deutschen perRechtsakt 1951 hinsichtlich der Arbeits- und Lohnbedingungen den Polen gleichge-stellt, dasselbe Dokument garantierte ihnen auch die Möglichkeit, die eigene Kulturzu pflegen.1 In kurzer Zeit entstanden in Niederschlesien 55 Grundschulen mitDeutsch als Unterrichtssprache, zwei Berufsschulen und ein pädagogisches Lyzeum.Man gründete auch deutsche Bibliotheken, Chöre, Kunstgruppen und sogar das deut-sche Berufstheater „Freundschaft”. Sowohl Katholiken als auch Protestanten konntenden Gottesdiensten in deutscher Sprache beiwohnen und eigene Gemeinden bilden.

1 Näheres dazu siehe Ociepka (1994).

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Es kam zur Entstehung der Deutschen Sozio-Kulturellen Gesellschaft und zur Grün-dung des Wochenblattes „Arbeiterstimme”, dessen Auflage sich 1957 auf 27.000Exemplare belief (Ociepka, 1994: 132). In den nächsten Jahren gab es jedoch mas-senhafte deutsche Ausreisen, wodurch die sozio-kulturelle Tätigkeit zum Erliegenkam. Aus meinen Forschungen geht hervor, dass die letzte deutsche Schule bis 1963in Legnica (Liegnitz) existierte, während die Deutsche Sozio-Kulturelle Gesellschaftin Wa³brzych (Waldenburg), die bis heute fortlebt, 1988 lediglich 47 Mitgliederzählte.2 Ende der 50er Jahre verließen sowohl Deutsche aus Niederschlesien alsauch aus Pommern, Ermland und Masuren massenweise Polen. Der Wille zur Aus-reise war so stark, dass die Deutschen sogar auf die Gründung eigener Gesellschaf-ten in Koszalin (Köslin) und Olsztyn (Allenstein) verzichteten, obwohl sie schon dienötige Einwilligung der jeweiligen Behörden hatten. In den Jahren 1955-1963 reisten215 300 Personen in beide deutschen Staaten aus, davon 205 594 in die Bundesre-publik Deutschland (Ociepka, 1994: 47).

Für ein richtiges Verständnis der Lage der nationalen Minderheiten in den erstenJahren der Volksrepublik Polen erscheinen auch Informationen über Ukrainer undLemken von eminenter Bedeutung. Nach dem Bevölkerungstransfer zwischen Polenund der Sowjetunion verblieben in den polnischen Gebieten etwa 200.000 Vertreterder oben erwähnten Gruppen (̄ erelik, 1997: 43). Die Mehrheit von ihnen wurde1947 aus ihrer kleinen Heimat im südöstlichen Polen aus- und in den polnischenNordwestgebieten angesiedelt. Einen guten Grund für diese Umsiedlungen liefertedas Attentat auf Karol Œwierczewski, den kommunistischen Veteran des spanischenBürgerkrieges. Bis heute versucht man vergeblich, die wirkliche Ursache für dieUmsiedlungen von Lemken und Ukrainern zu erforschen. Bis 1989 behielt die offi-zielle Version der Ereignisse die Oberhand: Die Umsiedlungen seien notwendiggewesen, um die in diesen Gebieten tätigen Einheiten der Ukrainischen Aufstandsar-mee der Hilfe aus dem Hinterland zu berauben. Nach 1989 wurden immer neue Er-klärungsversuche geltend gemacht; da sie nicht direkt zu meinem Thema gehören,werde ich sie an dieser Stelle lediglich andeuten. Zum ersten sollte der Tod des Ge-nerals nur als ein Vorwand dienen, denn die Behörden hatten Umsiedlungen zur Er-schaffung eines homogen nationalen Staates ohnehin geplant. Zum zweiten waren dieEinheiten der Ukrainischen Aufstandsarmee auch auf der russischen Grenzseite tätig;es ging also um die Schwächung ihrer logistischen und taktischen Möglichkeiten. Eskursierten auch eine ganze Reihe an Verschwörungstheorien, die angesichts des kri-minellen Charakters des Stalinschen Systems nicht ganz außer acht gelassen werdenkönnen. Sicher ist eins: 140.000 Ukrainer und Lemken wurden nach detailliertenInstruktionen in Dörfern und Städtchen im Nordwesten Polens angesiedelt (̄ erelik,1997; ¯urko, 1996).

2 SO: I. 5021/3/91.

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Die Rückkehr der Minderheiten ins öffentliche Leben

Die Frage der nationalen Minderheiten stand schon 1981 offiziell zur Debatte, mitvoller Kraft explodierte sie aber erst nach der Wende von 1989. Während der erstenTagung der Unabhängigen Gewerkschaft Solidarnoœæ wurde ein Gesetz verabschie-det, das den nationalen Minderheiten größere Freiheiten gewährte. Die von der Ge-werkschaft angemeldeten Initiativen berücksichtigten die früheren Postulate derMinderheiten. Der Zuwachs der sozialen Aktivität nach der Streikwelle vom August1980 ähnelt in seinem Verlauf der gesellschaftlichen Belebung nach den Ereignissenvom Oktober 1956. In beiden Fällen versuchte die Gesellschaft ihre Subjektwerdungdurchzusetzen, auch nationale Minderheiten legten eine ganze Reihe an Aktivitäten anden Tag. 1956 verlangten die Ukrainer Rechte für sich (Zabrowarny, o. J.), was eineLegalisierung ihrer Organisationsstrukturen und die Entwicklung des Schulwesenszur Folge hatte. Zur gleichen Zeit verstärkten die Deutschen ihre ethnische Aktivitätund die schlesische Bevölkerung mit deutscher Nationalorientierung meldete zahlrei-che Ansprüche an (Hager, 1980: 56-57). Diese Belebung erfasste in verschiedenemAusmaß auch andere nationale Minderheiten.

Die Ereignisse aus den Jahren 1980-1981 bestätigten eine Verhaltensanalogie zwi-schen den Aktivitäten der polnischen Gesellschaft als einer Ganzheit auf der einenund der nationalen Minderheiten auf der anderen Seite (Kurcz, 1995: 33-37). Diepolnische Gesellschaft befand sich auf dem Wege zur Bürgergesellschaft, unter sol-chen Umständen machten sich auch die Bestrebungen der nationalen Minderheiten ineinem verstärkten Maße merkbar. Ukrainer und Deutsche bemühten sich auf vielenWegen um Herausbildung neuer Organisationsstrukturen und einen breiteren Rahmenfür ihre sozial-kulturelle Tätigkeit. Der Ausnahmezustand und die rigiden Verwal-tungsmaßregeln waren nicht imstande, die Demokratisierungsprozesse innerhalb derpolnischen Gesellschaft und die Bestrebungen der nationalen Minderheiten nach grö-ßeren Bürgerfreiheiten rückgängig zu machen. Die Aktivität der Untergrundstrukturender Solidarnoœæ genoss die Unterstützung eines erheblichen Teils der Gesellschaft,der sich für Reformen einsetzte. An der Untergrundbewegung nahmen auch Ukrainerteil (̄ erelik, 1997: 45-46), sie bildeten aber zugleich eigene Alternativverbände,regten eine kirchliche Bewegung an, traten oft in Opposition zu den Leitungsgremiender Ukrainischen Sozio-Kulturellen Gesellschaft. Die Vertreter der deutschen Min-derheit wiederum gründeten deutsche Freundschaftskreise, waren bemüht, eineKonföderation aller Untergrundorganisationen zu bilden, und entwarfen ein breitesProgramm an sozio-kulturellen Aktivitäten (Kurcz, 1995b: 439).

Die nationalen Fragen konnten früher nicht sichtbar werden, weil der Rahmen despolitischen Systems es nicht erlaubte. An dieser Stelle soll aber nicht unterschlagenwerden, dass die polnischen Behörden sogar in den stabilen 70er Jahren Aktivitätenunternahmen, die auf eine Konsolidierung der Gesellschaft zielten. Diese Bestrebun-gen endeten aber oft mit einem ganz gegensätzlichen Ergebnis. Aufgrund der 1975 in

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Helsinki geführten Gespräche zwischen Edward Gierek und Helmut Schmidt und derspäteren Protokollsfestlegungen durften 250.000 Personen, die sich als Deutschebekannten, Polen verlassen. Die Motive für derartige Schritte waren eindeutig öko-nomischer Natur, es ging nämlich um die Gewährung von Krediten und Kriegsent-schädigungen. Zugleich wurde in dieser Entscheidung aber ein allgemeiner Versuchgesehen, die verborgene Frage der deutschen Bevölkerung, hauptsächlich in Schle-sien, zu lösen (Breyer, 1994: 165). Die für ein paar Jahre geplanten Umsiedlungenzogen jedoch eine ganze Welle von Ausreisen nach sich. Dieser Prozess wurdedurch einen Massenimpuls (so heißt dieses Phänomen in der Soziopsychologie) ein-geleitet. Die Menschen bemühten sich um eine Ausreiseerlaubnis, nicht weil sie sichdazu gezwungen fühlen, sondern weil sie mehr oder weniger bewusst andere nach-ahmten. Dieses Nachahmungsbedürfnis wurde zusätzlich verstärkt, wenn sich dieAusreisenden eines großen sozialen Prestiges erfreuten oder schlichtweg Nachbarnwaren. Es waren in dieser Situation also nicht die Probleme bekennender Deutscher,die zur Ausreise führten, sondern umgekehrt weckten erst die Ausreisen nationaleIdentifikationen bei Menschen, die bis dahin national indifferent waren. All dieshatte letzten Endes eine ethnische Belebung aller Gemeinschaften zur Folge. RobertRauziñski meint in diesem Kontext sogar, dass die Aktion der Familienzusammenfü-gung in Wirklichkeit eine neue Zersplitterung der Familien mit sich brachte(Rauziñski, 1985: 121).

Mit einem ähnlich paradoxen Ergebnis endeten die Aktivitäten, die in den 70er Jah-ren im ethnisch ukrainischen Gebiet unternommen wurden. Die polnischen Behördenentschieden sich für die Unifizierung (Polonisierung) der Namen im gesamten Ge-biet, wodurch in erster Linie die an der Grenze gelegenen Woiwodschaften Krosnound Przemyœl betroffen wurden. Im Zuge dieser Aktion veränderte man eine ganzeReihe von Namen; dabei wurden sogar Wissenschaftler der Pädagogischen Hoch-schule zur Zusammenarbeit eingeladen. Dieses Vorgehen betonte, im Gegensatz zuden Absichten der Ideengeber, ausgerechnet die Unterschiede und führte auf einenoch lebendigere Art und Weise gerade die Vergangenheit vor Augen, statt im Be-wusstsein der Gesellschaft den geographischen Raum zu unifizieren. Marian Mali-kowski meint, dass dieses Verfahren sogar heute noch einen Streitherd darstellt(Malikowski, 1994: 153). Einheimische und Zusiedler hatten sich inzwischen mit-einander arrangiert und mit den Einflüssen des Systems abgefunden. Nun aber fühltensie sich plötzlich bedroht, und hatten Angst vor dem Verlust der lokalen Identität.Diesmal galt es mit Hilfe sprachlicher Symbole, die Menschen zum wiederholtenMal in hiesige und fremde aufzuteilen. Über die Veränderung der Namen ärgertensich allerdings auch viele ethnische Polen, die in diesem Gebiet wohnten.

Insofern die in den 70er Jahren von den Behörden unternommenen Aktivitäten oftunerwartete Ergebnisse nach sich zogen, stellten die Vorhaben der Opposition einendurchgedachten und integrierten Teil des gesamten Programms dar. An dieser Stelleentsteht die Frage, inwieweit die polnischen Widerstandseliten überhaupt bereit

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waren, sich mit der Frage der nationalen Minderheiten konstruktiv auseinander zu-setzen. Schon die nächsten Monate und Jahre haben nämlich gezeigt, dass das wäh-rend der ersten Tagung der Solidarnoœæ artikulierte Problem der nationalen Minder-heiten doch verhältnismäßig schnell der Kontrolle der demokratischen Oppositionentglitt. Man kann der These zustimmen, dass die Frage der nationalen Minderheitenzuerst aus taktischen Gründen erwähnt wurde: Es galt einfach eine weitere Ebene derpolitischen Verkrüppelung des Realsozialismus aufzuzeigen. Als ebenso berechtigterscheint aber auch die Vermutung, dass die Frage der nationalen Minderheiten einenatürliche Vervollständigung des Prozesses der Subjektwerdung der polnischen Ge-sellschaft darstellte. In diesem Zusammenhang müssen die Bemühungen um die Le-galisierung des Weißrussischen Studentenverbandes von 1981 gesehen werden. Sei-ne Führer wiesen in ihrem Antrag darauf hin, dass in Polen sogar ausländische Stu-denten aus „exotischen” Ländern derartige Verbände besitzen (z. B. der Verband derafrikanischen Studenten).

Mit der Zeit ist aber sichtbar geworden, dass die polnische Widerstandsbewegungkein Monolith war und über kein gemeinsames und kohärentes Programm zur Frageder nationalen Minderheiten verfügte. Eine Widerspiegelung dieser Lage finden wirin den Veröffentlichungen des sogenannten „zweiten Umgangs”, aus denen die Leservon den wenig bekannten und wichtigen Tatsachen aus der Vergangenheit erfahrenkonnten. In diesen Veröffentlichungen erschienen die Minderheiten als Opfer un-rühmlicher Schritte seitens der polnischen Mehrheit, zugleich aber als Kräfte, diegegen Polen wirken. So konnte sich der Leser mit der Umsiedlung der Deutschenoder ihrer zwangsmäßigen Assimilierung an die polnische Gesellschaft vertraut ma-chen, andererseits aber wurden ihm die vermeintlich prosowjetischen Verhaltens-weisen der Weißrussen und der antipolnische Charakter der Ukrainer vor Augengeführt. In diesen Kontext können Essays von J. J. Lipski (1984) platziert werden,der die Polen der Barbarei gegenüber den Deutschen beschuldigt, sowie Texte vonWiktor Poliszczuk und Edward Prus (Poliszczuk, 1996); Prus, 1994), die Brutalitätund Verwilderung der Ukrainer schildern.

Die Ereignisse aus den Jahren 1980-1981 und weitere Veränderungen, die sich inder Gesellschaft vollzogen, wurzelten in der polnischen Nationalideologie und imtraditionell polnischen Katholizismus, was das Verhältnis der einzelnen Minderhei-ten zu den vorangehenden Wandlungen entschieden beeinflusste. In den Verhaltens-weisen der einzelnen Minderheiten lassen sich auffällige Unterschiede feststellen. Indiesem Kontext soll eine verhältnismäßig große Zustimmung zu den Aktivitäten derpolnischen Opposition durch Deutsche, Juden und Litauer erwähnt werden. Die Re-aktionen der Weißrussen veranschaulichen dagegen ihre Verbindung mit ganz ande-ren Werten. Davon zeugen mit einer besonderen Schärfe einige spektakuläre Tatsa-chen: so hielten z.B. weißrussische Geistliche Gottesdienste für den Erfolg des Aus-nahmezustandes ab (Smoleñski, 1989). Auch die unterschiedliche Einstellung derkatholischen Kirche zu verschiedenen Minderheiten soll nicht außer acht gelassen

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werden. Das polnische Episkopat half z.B. den Ukrainern bei der Tausendjahrfeierdes Kiever Reiches, die man in Czêstochowa (Tschenstochau) auf Jasna Góra veran-staltete. Andererseits aber stellte dasselbe Gremium die Anwesenheit der deutschenMinderheit in Schlesien in Frage, wofür die Äußerungen des Primas Józef Glempstehen (Urban, 1993: 194). Die Minderheiten wurden zum Gegenstand der Politik.Vor den entscheidendsten Parlamentswahlen von 1989 ließ man einen Brief des da-mals noch informellen Führers Lech Wa³êsa in Weißrussisch, Litauisch und Ukrai-nisch erscheinen, in dem u.a. die Frage der nationalen Minderheiten aufgeworfenwurde. Die erste Phase der Solidarnoœ-Regierung sowie die Expansion des polni-schen Patriotismus und Katholizismus verursachten aber, dass derselbe Wa³êsaschon während der Präsidentenwahlen von 1990 in orthodoxen Gemeinden mit ande-ren Kandidaten verloren hat.

Nach 1989 vertrat die sich immer mehr zergliedernde ehemalige Opposition, nach-dem sie an die Macht gekommen ist, ein breites Panorama an Einstellungen zu dennationalen Minderheiten. Dies geht sicherlich auf die historischen Erfahrungen derPolen und auch auf Äußerungen der Minderheitenvertreter zurück. So behauptete z.B.Georg Smuda aus der Woiwodschaft Opole (Oppeln), dass die Anerkennung derGrenze keine endgültige war und dass Kanzler Kohl irgendwann kommen werde undauch die Schlesier heimholen werde (Kleine-Brokhoff, 1991). Die Einstellung derfrüheren Mitkämpfer hat sich sehr stark gewandelt. Der in der Freiheitsunion (UniaWolnoœci) vereinigte Teil der ehemaligen Opposition wiederholt frühere Losungenüber die Emanzipation der nationalen Minderheiten, hält auf seinen Wahllisten ge-trennte Mandate für ihre Vertreter und lässt sie wichtige Parteiämter bekleiden. An-dere Teile der alten Opposition formulieren dagegen direkte Warnungen an die Ad-resse der Minderheiten. Das tun z.B. Polski Zwi¹zek Zachodni (der Polnische West-bund) und Konfederacja Polski Niepodleg³ej (Konföderation des unabhängigen Po-lens). Manchmal liefern die Minderheiten selbst den Grund zu einer solchen Ein-stellung. So schlug die deutsche Minderheit gleich nach ihrem Triumph in denSelbstverwaltungswahlen 1999 vor, die polnische Schule in Kotlarnia zu schließen(Zyzik, 1999).

Rechte und Freiheiten der Minderheiten

In den 90er Jahren hat sich die Lage der Minderheiten in Polen entscheidend gewen-det. Zum ersten resultierte diese Tatsache aus einer realen Zunahme an allgemeinenBürgerfreiheiten, was den Minderheiten im Rahmen der eben entstehenden oder jetztlegalisierten Minderheitengesellschaften die Artikulierung der eigenen nationalenEigenartigkeit im großen Umfang ermöglichte. Zum zweiten wurde eine ganze Reihean Aktivitäten unternommen, um den nationalen Minderheiten Schutz zu gewähren.Dies fand bei der Vorbereitung der Novellen zur Verfassung, dann in der Verab-schiedung einer neuen Verfassung und schließlich in den Arbeiten am Minderheiten-

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gesetz seinen Ausdruck. Zum dritten wurden auch einige Institutionen ins Leben ge-rufen, deren Aufgabe in der Zusammenarbeit mit den Minderheiten und in der Lösungvon Streitfragen besteht. Zum vierten bekamen die Minderheiten mehrere Präferenzenbei Parlamentswahlen.

Die Rechte der Minderheiten wurden in bilateralen Staatsverträgen festgelegt, diePolen jeweils mit seinen Nachbarn geschlossen hat. Die aufeinanderfolgenden Ab-kommen - 1991 mit der BRD und Tschechien, 1992 mit der Ukraine, Russland undWeißrussland, 1994 mit Litauen gewähren den in Polen wohnenden Minderheitenkulturelle Autonomie, Sprachfreiheit, Teilnahme am öffentlichen Leben und Kontakt-aufnahme nach außen. Die Verträge garantieren den in den Grenzen der benachbartenLändern lebenden Polen ähnliche Rechte. Manche Punkte werden jedoch von denjeweiligen Minderheitenführern kritisiert. Sie fürchten nämlich, dass eine Ver-schlechterung der Beziehungen zwischen den Vertragspartnern oder begründete, ge-gen eine konkrete Minderheitengruppe gerichtete Sanktionen auf die gesamte im be-nachbarten Land lebende Gruppe Rückwirkungen haben wird. Die Erfahrungen ausder Zwischenkriegszeit, als die Minderheiten instrumentalisiert und oft zum Mittelder Außenpolitik degradiert wurden, sind immer noch lebendig (Sierpowski, 1986).In den letzten Jahren verlangsamten die Minderheitenfragen die Vorbereitung mehre-rer Staatsverträge zwischen Polen und Litauen, Ungarn und der Slowakei, Rumänienund der Ukraine. Die in Bukarest regierende Gruppe spielte z.B. 1994 bei den inne-ren Kämpfen um die Macht die Probleme der in Bukowina lebenden Rumänen alseinen geheimen Triumph aus (Wymiana oskar¿eñ, 1994). In diesem Kontext gehörtdie Zurückhaltung der polnischen Behörden, die angesichts der schlechten Behand-lung der polnischen Minderheit im Osten keine Vergeltungsmaßnahmen einleiteten,zu den wenigen positiven Ausnahmen. Als Beispiel erwähne ich nur zwei Tatsachenvon 1999: Ein litauisches Gericht verurteilte die dortigen Polen zu einer Gefängnis-strafe unter verstärkten Haftbedingungen mit der Begründung, dass sie als Abgeord-nete im Kreis Solecznik gegen den litauischen Staat wirkten. Die weißrussischenBehörden unter Lukaszenko erschwerten wiederum die Arbeit des Verbandes derPolen in Weißrussland, indem sie an den Verband Warnungen schickten und mit derMöglichkeit der Aufhebung drohten (Bielawska, 1999; Goliñski, 1999; Pierwszeostrze¿enie, 1999).

Die Festlegung der Rechte der Minderheiten in Form von bilateralen Verträgenscheint ein besonders geeignetes Mittel zu sein, unter den Nachbarn den Status-Quoder Minderheiten zu regeln. Dieses Verfahren ruft aber gleichzeitig gewisse Zweifelhervor. Ein Vergleich der Verträge zwischen Polen und den jeweiligen Nachbarnmacht die unterschiedliche Stellung der einzelnen Minderheiten sichtbar, was zurSchlussfolgerung führen kann, dass die Minderheiten in Polen mehr oder wenigerprivilegiert leben. In Polen wohnen auch Minderheiten aus Staaten, die nicht unseredirekten Nachbarn sind (z.B. Griechen), oder solche, die keinen eigenen National-

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staat besitzen (z. B. Zigeuner). Dies bestätigt die schon früher geäußerte These überden unterschiedlichen Grad des Minderheitenschutzes im gegenwärtigen Polen.

Die bis 1997 geltende Verfassung knüpfte an Paragraphen aus der Zwischenkriegs-zeit an, sie schloss die Diskriminierung der Bürger aufgrund ihrer Nationalität oderKonfession aus und machte zugleich aus diesen Eigenschaften keine Basis für einebesondere Privilegierung. Die Betonung dieses letzten Teils scheint von besondererBedeutung zu sein: Sollten irgendwelchen Minderheiten in der Verfassung besondereRechte, z. B. mit Gruppencharakter, gewährt werden, so würde dies besondere Vor-teile für diese Gruppe auf Kosten der Mehrheit bedeuten. Abgesehen von den aufsolche Formulierungen bezogenen und in Polen angemeldeten Zweifeln, betrachtendie gegenwärtigen Lösungsansätze der Minderheitenpolitik in Europa die Idee derPrivilegierung mit Skepsis. Die Zulassung solcher Verfahren könnte die Einheit dereinzelnen Gesellschaften mit einer inzwischen schon stabilen Ordnung beeinträchti-gen. Auch die Stellungnahme, die in der Empfehlung 1134/1990 des Europarates undim Endrapport des Genfer Treffens formuliert wurde, geht in diese Richtung.

Die neue Verfassung der Republik Polen vom 2. April 1997 (Konstytucja, 1999)hebt in Artikel 35 die Minderheitenrechte hervor. Der erste Punkt dieses Artikelsbetont die Freiheit jedes Einzelnen und sein Recht auf Pflege der eigenen Sprache,Sitten, Tradition und Kultur. Der zweite Punkt konzentriert sich wiederum auf dieGruppenrechte, d.h. auf die Möglichkeit, sich zu organisieren und eigene Institutionenzu gründen.

Trotz der internationalen Abkommen werden die Fragen der nationalen Minderheitenim gegenwärtigen Europa immer noch zugunsten der Lebensinteressen der einzelnenStaaten geregelt, was von dem komplizierten historischen Werdegang abhängig ist.Die polnischen Regulierungen und Projekte stechen also vor dem Hintergrund derLösungen unserer direkten und weiteren Nachbarn nicht negativ hervor. Um dieseBehauptung zu begründen, berufe ich mich auf ein paar Beispiele aus dem Artikelvon Lech Janicki (1995). Die Baltikumländer - Estland, Lettland und Litauen - ver-liehen den Minderheiten eine ganze Reihe an Rechten auf die Pflege der eigenenKultur und beraubten gleichzeitig all diejenigen der Staatsangehörigkeit, die erstnach 1940 auf das Territorium dieser Länder gekommen waren. Die rumänischeVerfassung garantiert dagegen individuelle Minderheitenrechte, womit die dort seitJahrhunderten lebenden Ungarn nicht zufrieden sind. Im bulgarischen Grundgesetzwurde den Minderheiten kein Platz eingeräumt, die Entschließungen niedrigerenGrades besagen, dass die Minderheiten ihre Bestrebungen durch die Vermittlung derim Lande tätigen politischen Parteien artikulieren können. Eine ganz entgegengesetzteTendenz fand in der ungarischen Verfassung ihren Ausdruck, nach der die Minder-heiten den Staat mitschaffen und das Recht auf Bildung von lokalen Selbstverwaltun-gen haben sollten. Die Bestimmungen in der slowakischen Verfassung gewähren ei-nerseits Minderheitenrechte - die Minderheiten dürfen auf keinen Fall unterdrücktwerden, zugleich wird aber betont, dass die den Minderheiten verliehenen Rechte

Z. Kurcz: Nationale Minderheiten im gegenwärtigen Polen 11

unter keinen Umständen zur Bedrohung der territorialen Einheit des Staates führendürfen. Unter Berücksichtigung der lokalen Situation fällt es leicht, die jeweiligeEigenart der einzelnen Lösungen zu erklären. Über den Charakter der Paragraphen inder bulgarischen Verfassung entschieden die Befürchtungen vor den Ansprüchen derTürken, die Verfassung der Slowakei geht von der Existenz einer ungarischen Min-derheit aus, die geballt in den Grenzgebieten lebt. Die Aufgeschlossenheit der unga-rischen Verfassung gegenüber den Minderheiten und das breite Spektrum an Frei-heiten, die ihnen gewährt werden, resultieren wiederum aus der spezifischen natio-nalen Zusammensetzung in dieser Gegend. Die in Ungarn wohnenden 13 Minderhei-ten machen 10% der Gesamtbevölkerung aus, während in benachbarten Ländern 30%Ungarn leben. Als Rechnungsbasis diente die Zahl der Ungarn, die im eigenen Staatwohnen (Suppan/ Heuberger, 1992: 38).

In Polen ist das Problem der getrennten Regulierung der Minderheitenfrage immerlebendig, diesbezügliche gesetzliche Regelung ist in Arbeit. Das Gesetz hat vieleAnhänger, dafür äußern sich die Führer der einzelnen Minderheiten, einige Vertreterder Sejmkommission für nationale Minderheiten sowie Sektionen internationalerOrganisationen, die in Polen tätig sind (Konvention zum Schutz der Menschenrechte).Das Minderheitengesetz ruft aber auch zahlreiche Einwände hervor. Die Vertreterder parlamentarischen Gruppierungen und die Sachkundigen, die an diesem Gesetzarbeiten, sind sich in bezug auf seine Notwendigkeit überhaupt nicht einig. Sie be-fürchten, dass eine solche Bestimmung an der Gleichheit aller Bürger vor Gesetzrütteln würde und zu einer Belebung der Vorurteile und zur Xenonphobie führenkönnte (Lipiñski, 1999). Die Zurückhaltung gegenüber getrennten Minderheitengeset-zen hat auch ihre historischen Quellen. Die Sonderregulierungen bei der Frage derMinderheitenrechte aus der Zwischenkriegszeit beseitigten die Konflikte nicht, sievergrößern die Antagonismen im Gegenteil oft. Ein Blick auf die Staaten, die sichgegenwärtig für Annahme der Minderheitensondergesetze entschieden, regt noch zuganz anderen Schlussfolgerungen an. Es sind nämlich Länder mit einem erheblichenAnteil an nationalen Minderheiten (Ukraine, Slowenien, Kroatien); die geltendenGesetze schützen aber noch längst nicht vor Auseinandersetzungen, die besonders inKroatien einen sehr blutigen Ausgang hatten. In anderen Fällen erhalten einzelneMinderheiten durch diese Gesetze eine ungleiche Position: Slowenien privilegiertz.B. Ungarn und Italiener, während die Rechte der anderen Minderheiten begrenztsind.

In Polen wiederum gab es einige spektakuläre Initiativen zugunsten nationaler Min-derheiten. Der Sejm hat eine Kommission für die Fragen der nationalen und ethni-schen Minderheiten berufen, die sich aus Parlamentariern, Vertretern der entspre-chenden Ministerien und Sachkundigen zusammensetzt. Vor Ort wurden bei denWojewoden Minderheitenbeauftragte angestellt. In Warszawa (Warschau) wurdesogar ein Minderheitenbüro eröffnet, das im Rahmen des Ministeriums für Kulturund Kunst untergebracht wurde. Diese Zuordnung erscheint von besonderer Bedeu-

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tung, im Kommunismus hat sich nämlich das Innenministerium mit Minderheitenfra-gen beschäftigt.

Eine besondere Hervorhebung verdienen auch andere Tatsachen, die eine gewissePrivilegierung der Minderheitengruppen vor dem Hintergrund der polnischen Ge-sellschaft veranschaulichen. Bei den bis jetzt durchgeführten Parlamentswahlen inder Dritten Republik Polen wurden den Minderheiten verschiedene Vorteile gege-ben. 1991 verlangte man von den Minderheitenvertretern eine kleinere Zahl an Un-terschriften, als es normalerweise üblich war, sie durften sich auch ausschließlich ineinem Kreis registrieren lassen. 1993 und 1997 wiederum mussten die Wahlkomi-tees die Prozenthürden für die Verteilung von Kreis- und allgemeinpolnischen Man-daten nicht erfüllen. Ohne besondere Privilegien, zugleich aber auch ohne benach-teiligt zu werden, starteten die Minderheitenvertreter bei den Selbstverwaltungs-wahlen von 1990, 1994 und 1998. In den 90er Jahren saßen die Minderheitenvertre-ter in beiden Kammern des polnischen Parlaments, in zahlreichen Fällen bekleidetensie Leitungsfunktionen in den Gemeindeselbstverwaltungen.

Minderheitenstatistik

Da viele Minderheiten in einem Wandelprozess begriffen sind, erscheint die Fragenach der zahlenmäßigen Stärke der in Polen lebenden Minderheiten als äußerst aktu-ell. Dies betrifft vor allem Weißrussen, Ukrainer und Deutsche, eben diese Minder-heiten entscheiden im großen und ganzen über den Anteil der nationalen Minderhei-ten an der polnischen Gesellschaft. Nach den neuesten Forschungen über die Gruppeder Weißrussen kann festgestellt werden, dass eine äußere Zuschreibung - in diesemFall die Gleichstellung der weißrussischen Identität mit der orthodoxen Konfession -in den wirklichen Selbstidentifikationen keine Bestätigung findet. Mehr als dieHälfte der Orthodoxen (54,8%) bezeichnet sich selbst als Polen. Als Weißrussenbetrachten sich dagegen nur 26,0% der Gefragten.3 Ähnliche Ergebnisse über dasnationale Selbstverständnis der angeblichen Weißrussen liefern auch Untersuchun-gen, die in den weißrussischen Gymnasien in Bielsko Podlaskie und Hajnówkadurchgeführt wurden, wo entsprechend 23,0% und 23,8% Schüler eine weißrussi-sche nationale Zugehörigkeit anmeldeten (Sadowski, 1997: 34). In der Woiwod-schaft Bia³ystok leben 350.000 Orthodoxe (Wyznania religijne, 1997: 34), darunterist jeder vierte Weißrusse. Angesichts dieser Tatsachen wird die Zahl der Weißrus-sen in Polen auf etwa 100.000 gezählt. Es wird angenommen, dass auch ein Teil derAussiedler aus den östlichen Grenzgebieten, die zur Zeit in den Städten wohnen,seine weißrussische nationale Identität bewahren konnte.

Die Abnahme des weißrussischen Zugehörigkeitsgefühls bei den Bewohnern deröstlichen Grenzgebiete ist auf verschiedene Tatsachen zurückzuführen. Zu den wich- 3 Näheres dazu bei Sadowski (1997: 33).

Z. Kurcz: Nationale Minderheiten im gegenwärtigen Polen 13

tigsten gehören sicherlich Probleme makroregionaler Provenienz, die mit dem wirt-schaftlichen Absterben der „östlichen Wand” verbunden sind (Malikowski/ Sowa,1995; Szyd³owski, 1994). Zur Erklärung dieses Phänomens reichen jedoch die de-mographische Bilanz und der Migrationssaldo allein nicht aus, auch andere Faktorenhaben zur Folge, dass sich die Bevölkerung in einem immer kleineren Grad auf dasWeißrussentum orientiert. Prägnant erscheint in diesem Kontext die zivilisatorischeAttraktivität des Lebens in der polnischen Gesellschaft, besonders im Vergleich mitden Bedingungen, die der eigene Nationalstaat, Weißrussland, zu bieten hat. Aller-dings drängt sich die nächste Frage auf: werden die sich als Weißrussen bezeichnen-den Personen, die jetzt eine ausgesprochen nationale Selbstidentifikation haben, auchweiterhin Weißrussland befürworten? Bleibt ihre Einstellung angesichts der Prozes-se, die sich gegenwärtig in ihrem Heimatland vollziehen, immer noch unverändert?Zu den Faktoren, die eine erstickende Kraft in sich tragen, können folgende gerechnetwerden: das mangelnde Interesse an der Muttersprache und dem weißrussischenKulturerbe, die Zoll- und Verteidigungsunion mit Russland samt den damit verbun-denen russischen Einflüssen, die diktatorische Regierung des Präsidenten Luka-schenka. Es soll auch nicht außer acht gelassen werden, dass ein Teil der orthodoxenBevölkerung der südöstlichen Gebiete der Woiwodschaft Bia³ystok, die traditionellals weißrussisch gilt, schon heute ihre ukrainische Zugehörigkeit geltend macht(Sadowski, 1995: 101).

Die nächste Frage lautet deshalb wie folgt: Wird der Transfer der Bevölkerung indie ukrainische Nationalgruppe auf eine wesentliche Art und Weiße zu der Steige-rung der zahlenmäßigen Stärke der Ukrainer beitragen? Nach dem Bevölkerungsaus-tausch mit der Ukrainischen Republik der ehemaligen Sowjetunion blieben etwa200.000 Personen in Polen. Heute dagegen nennen viele Forscher, die sich mit derMinderheitenproblematik beschäftigen, ohne jeglichen Quellenhinweis die Zahl von300.000 Ukrainern, die in Polen wohnen sollen. Eine verhältnismäßig geringe Zahlan ukrainischen Gesellschaften und deren geringe Mitgliederstärke sowie das niedri-ge Ausmaß an Popularität, die ukrainische Kandidaten zum Parlament genießen, las-sen an diesen Schätzungen berechtigte Zweifeln aufkommen.4 Man kann zwar ein-wenden, dass die Pflege der ukrainischen Identität weder die Gründung von Gesell-schaften noch die Stimmenabgabe für ukrainische Kandidaten verlangt, andererseitssollten andere, zusätzliche Indizien nicht außer acht gelassen werden. Die Mehrheitder ukrainischen Bevölkerung (140.000) wurde in die südlichen und nördlichenWoiwodschaften Polens umgesiedelt. Das Leben in der Diaspora schuf natürlichkeine besonders günstigen Bedingungen für die Pflege der eigenen Kultur. Im Kon-text der Ereignisse aus den 40er Jahren gewann das negative Klischee eines Ukrai-ners in der polnischen Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Viele Menschen ver-zichteten daher völlig bewusst auf die Betonung der eigenen Identität. Noch andere,

4 Laut Zustand von 1996 gab es in Polen 17 ukrainische und 69 deutsche

Minderheitengesellschaften. Vgl. Organizacje mniejszoœci.

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mit guter Ausbildung und entsprechenden Qualifikationen ausgestattete Bürger woll-ten in den Strukturen der polnischen Gesellschaft aufsteigen. Das In-den-Vordergrund-Rücken der ukrainischen Herkunft konnte beim Erreichen der aufeinan-derfolgenden Karrierestufen nur als Störfaktor gelten. All dies legt die Vermutungnahe, dass sich die Zahl der Ukrainer in Polen im letzten halben Jahrhundert nichtvergrößert hat, zusammen mit den Lemken könnten sie etwa 150.000 zählen.

Auch die von mir angegebene Größe der deutschen Minderheit von 1992 (300.000)muss schon heute korrigiert werden (Kurcz, 1995: 43). Die Mitgliederzahl derwichtigsten Gesellschaften geht nämlich zurück. In den Gebieten, in denen die Min-derheit in der Diaspora lebt, werden zwar neue Gesellschaften gegründet, sie sindaber nicht imstande, das schrumpfende Personal der großen Organisationen aus-zugleichen. Laut zahlreichen Artikeln aus dem „Schlesischen Wochenblatt” (Zeitungder Deutschen in der Republik Polen) machen immer weniger Personen ihr Deutsch-tum geltend. Obwohl die Führer der größten Gesellschaften in ihren Berichten an dieBehörden immer noch große Mitgliedermengen angeben, weisen die lokalen Abtei-lungs- und Zirkelführer auf eine entgegengesetzte Entwicklung hin. All dies stellt dieoffiziellen statistischen Daten über diese Minderheit in Frage. 1990 gehörten z.B.1400 Personen einer Gesellschaft der deutschen Minderheit in Pyskowice (Peiskret-scham) an, während es 1998 nur noch 402 waren.5 Mit einem ähnlichen Prozess ha-ben wir es in Tychy (Tichau) zu tun, wo von 3.000 Mitgliedern im Jahre 1990 8 Jah-re später 200 Personen noch Mitgliedergebühren zahlten (Freuden und Nöte, 1998).Der Gründer und erste Vorsitzende der Gesellschaft der deutschen Jugend in derRepublik Polen zählte 1992 20.000 Mitglieder, darunter 15.000 in Schlesien. ImFebruar 1998 musste der neue Vorsitzende feststellen, dass die Gesellschaft etwa4.000 Personen versammelt (M³odzi polscy Niemcy, 1992; Wir haben niemanden,1998). Mit der Zeit beteuern die ehemaligen Mitglieder der Gesellschaften der deut-schen Minderheit immer häufiger, dass sie zwar deutscher Herkunft, aber keineDeutschen sind. Das beweist andererseits nicht, dass sie sich auf dem Wege zu ei-nem polnischen Selbstverständnis befinden. Diese Personen akzentuieren nämlich inerster Linie den lokalen Aspekt, z. B. das Schlesiertum. Solche mehrdimensionalenProzesse hat Maria Szmeja in ihren Forschungen ausführlich dargestellt (Szmeja,1997: 113-117). Auch die Ergebnisse der Parlamentswahl lassen mich vermuten,dass die Zahl der deutschen Minderheit in Polen zurückgeht. Bei den nachfolgendenWahlen erhielten die Kandidaten der deutschen Minderheit in ganz Polen immer we-niger Stimmen: 137 167 (1991), 110 454 (1993), 82.008 (1997) (Kurcz, 1999b:163-164; 1995c). Aufgrund all dieser Tatsachen fühle ich mich gezwungen, meinealte Schätzung der zahlenmäßigen Stärke der deutschen Minderheit zu korrigieren(Kurcz, 1995: 43). Aus der Sicht von 1999 halte ich eine Zahl von 175.000 -250.000 Personen für wahrscheinlich.

5 Von 1400 bleiben 402 (1998).

Z. Kurcz: Nationale Minderheiten im gegenwärtigen Polen 15

Die Verteilung der Wohngebiete der einzelnen Minderheiten sieht wie folgt aus: Diedeutsche Minderheit lebt vor allem in den östlichen Kreisen der Woiwodschaft O-pole: Strzelce Opolskie (Groß Strehlitz), Kêdzierzyn-KoŸle (Kandrzin), Olesno(Rosenberg), Krapkowice (Krappitz); sowie in den westlichen Kreisen der Woi-wodschaft Katowice (Kattowitz): Racibórz (Ratibor), Pyskowice, Gliwice (Glei-witz), Zabrze (Hindenburg), Bytom (Beuthen). In beiden schlesischen Woiwod-schaften leben auch außerhalb der genannten Kreise Deutsche in geschlossenen Bal-lungen. Im Gebiet der Woiwodschaft Ermland-Masuren lebt die deutsche Minderheitwiederum in territorialer Verstreuung, sie verteilt sich fast alle Kreise. Die deutscheMinderheit lebt auch in anderen Teilen Polens in der Diaspora, wovon die in vielenpolnischen Städten tätigen Gesellschaften zeugen, z. B. in Radom, £ódŸ, Bielsko-Bia³a, Szczecin (Stettin), Kamienna Góra (Landeshut), Jelenia Góra (Hirschberg),Zielona Góra (Grünberg), Suwa³ki (Sudauen), Pi³a (Schneidemühl) und Poznañ (Po-sen). Dennoch leben im Gebiet der im Zuge der Verwaltungsreform vergrößertenWoiwodschaften Opole, Katowice und Warmia-Mazury (Ermland-Masuren) allein93% der in Polen wohnhaften Deutschen (Kurcz, 1995: 43).

Tabelle 1. Zahlenmäßige Stärke der nationalen Minderheiten in Polen

Minderheit Zahlenmäßige Stärke in den Jahren

1963 1999

Deutsche 3.000 175.000 - 250.000

Ukrainer und Lemken 180.000 150.000

Weißrussen 165.000 100.000

Roma 12.000 25.000

Slowaken 21.000 15.000

Litauer 10.000 etwa 15.000

Juden 31.000 10.000

Griechen 10.000 5.000

Tschechen 2.000 1.000

Russen 19.000 -

Quellen: Kurcz (1997); Berdychowska (1998) Cha³upczak/ Browarek (1998): Wyz-nania religijne. Stowarzyszenia narodowoœciowe i etniczne w Polsce 1993-1996,1997, Warszawa; Obwieszczenia Pañstwowej Komisji Wyborczej z lat 1991, 1993,1997; Obwieszczenia wojewódzkich komisarzy wyborczych z lat 1990, 1994 i 1998;Kwilecki (1963).

16 F.I.T. Discussion Paper 01/00

Die ukrainische Minderheit ist in den Woiwodschaften Ermland-Masuren und West-pommern, wo sie in Ballungen lebt, zahlenmäßig am stärksten vertreten. Obwohl siein diesen Gebieten keine Mehrheit darstellt, sind die Ukrainer imstande, ihre Kandi-daten in die lokalen Selbstverwaltungen zu bringen. Das geschah z.B. in Górow I³a-wiecki (Landsberg), Bia³y Bór (Baldenburg) und sogar in Ko³obrzeg (Kolberg).Darüber hinaus lebt die ukrainische Minderheit in folgenden Woiwodschaften: Dol-ny. Œl¹sk (Niederschlesien), Ziemia Lubuska (Ostbranderburg), Wielkopolska(Großpolen), Podkarpacie, Lublin und Bia³ystok. Im Unterschied zu Deutschen undWeißrussen bilden die Ukrainer in keiner der Gemeinden eine Mehrheit.

Die weißrussische Minderheit lebt wiederum gänzlich in der Woiwodschaft Podla-sie (Podlachien), vor allen in den Kreisen Sokó³ka, Siemiatycze, Bia³ystok, BielskPodlaski i Hajnówka. Nach detaillierten Schätzungen überschreitet der Anteil derweißrussischen Bevölkerung in vielen Gemeinden 75% der Gesamteinwohnerzahl(Sadowski, 1997: 24-25). Die Weißrussen bewohnen auch große Städte außerhalbder Woiwodschaft Podlasie, z. B. Gdañsk (Danzig), Olsztyn, Lublin und Warszawa.In diesen Zentren wirken zwar Filialen der weißrussischen Organisationen, sie be-sitzen aber lediglich wenige Mitglieder, was von einem verhältnismäßig kleinensozio-kulturellen Engagement der Bevölkerung weißrussischer Herkunft zeugt.

An dieser Stelle möchte ich eine kurze Übersicht über andere nationale Minderheitenin Polen geben. Obwohl sich all diese Minderheiten in bezug auf ihre Geschichte,Tradition, Kultur und ihren Wohnort stark voneinander unterscheiden, haben sie ei-nen gemeinsamen Charakterzug - sie sind zahlenmäßig schwach. Meine Übersichtmöchte ich mit den Roma, die in Polen auch Zigeuner genannt werden, anfangen. Eingroßer Teil der Forscher, Journalisten und Romaführer selbst versuchen die Be-zeichnung „Roma” in der öffentlichen Meinung einzubürgern. Dieses Bemühen gehtvor allem auf die negative Besetzung des Wortes „Zigeuner” zurück. Im Polnischenwurde vom Wort „Zigeuner” (Cygan) nämlich das Verb „cyganiæ” abgeleitet, was inder Umgangssprache einfach „lügen” und „betrügen” bedeutet. Der Wandel der No-menklatur vollzieht sich aber nicht von einem auf den anderen Tag. Ansonsten habenzwei von fünf in Polen tätigen Gesellschaften dieser Minderheit in ihrer Bezeichnungeben das Wort „Zigeuner”. Auch dieser Gruppe nahe stehende Wissenschaftler be-nutzen in den Titeln ihrer Arbeiten jahrzehntelang die Bezeichnung „Zigeuner” (vgl.Ficowski, 1965; Geremek, 1984; Paw³owski, 1973). Schließlich gab einer der Spre-cher, Andrzej Mirga, der selbst Wissenschaftler ist, noch in den 90ern ein Buch mitdem Namen „Zigeuner” im Titel heraus (Mirga, 1994).

Ich bin mir der Debatte über die Frage bewusst, ob die Zigeuner eigentlich ein Volkoder eine ethnische Gruppe seien. Über ihre Berücksichtigung in einer Arbeit übernationale Minderheiten entschied die Tatsache, dass sie in Polen, wohin sie infolgeder Verfolgungen in anderen Ländern gekommen sind, mindestens seit dem 15. Jahr-hundert leben. Bis 1964 führten die polnischen Zigeuner offiziell ein Wanderleben.1964 erließen die polnischen Behörden ein Wanderverbot, das von den Zigeunern

Z. Kurcz: Nationale Minderheiten im gegenwärtigen Polen 17

trotz der zu entrichtenden Verwaltungsstrafen missachtet wurde. Die letzten Zigeu-nertrains haben sich noch 1983 auf den Weg gemacht (Mirga, 1997). Ich schätze diezahlenmäßige Stärke der Roma auf 25.000. Dieselbe Meinung wird auch von ande-ren Autoren vertreten (Ha³upczak/ Browarek, 1998: 235). Die Roma leben praktischin ganz Polen, sowohl in großen als auch in kleinen Städten und auf dem Lande. Inden Städten bilden sie gewöhnlicherweise kleine „Kolonien”. Man kann ihnen infolgenden Städten begegnen: Sanok, Nowy S¹cz, Tarnów, Kraków (Krakau) oderOœwiêcim (Auschwitz), aber auch in Kielce, £ódŸ, Wroc³aw (Breslau) und Gdañsk.

Zahlenmäßig bilden die Slowaken die nächste Minderheitengruppe bilden Slowaken,sie zählen in Polen 15.000 Personen zählen (Halupczak/ Browarek, 1998; SejmRzeczypospolitej, 1995: 9). Sie leben fast ausschließlich in Spisz (Zips) und Orawa(Orau) in der Woiwodschaft Ma³opolska (Kleinpolen), Kreis Nowy Targ und Zako-pane. Die ländliche Bevölkerung aus Spisz und Orawa, die die slowakische Minder-heit in Polen ausmacht, genießt die den nationalen Minderheiten zustehenden Frei-heiten in bezug auf Schulwesen, Religion, Kultur, Gesellschaftengründung und Ver-lagstätigkeit. In gewissem Sinne „über ihren Köpfen” finden dagegen die Auseinan-dersetzungen über die wirkliche nationale Identität statt (Ci¹gwa, 1997: 183). Sobeweisen z.B. die Aktivisten des Verbandes für das Polentum der Stadt Spisz, dassdie angeblichen Slowaken den Dialekt der polnischen Bergleute sprechen. Die Füh-rer der slowakischen Bevölkerung berufen sich wiederum auf die alten Statistikenaus der Zeit von Österreich-Ungarn, laut denen in Spisz und Orawa fast ausschließ-lich Slowaken leben sollten.

Die nächste Minderheitengruppe bilden die Litauer. Ihre Zahl wird auf etwa 15.000geschätzt (Sakson, 1991: 10-11; Adamczyk, 1999: 236). Fast die gesamte Gruppebewohnt Dörfer und Städtchen im Kreis Sejny in der Woiwodschaft Podlasie, wo siein Ballungszentern leben und des öfteren sogar eine Mehrheit darstellen. Die Aus-wanderer aus diesem Gebiet leben auch in benachbarten Städtchen, in Suwa³ki, Bi-a³ystok und Olsztyn. Lokale Filialen der Gesellschaft der Litauer in Polen gibt es inS³upsk (Stolp), Szczecin, Warszawa und Wroc³aw. Die polnischen Litauer leben ineinem Gebiet, das im 20. Jahrhundert, durch die beiden Weltkriege seine staatlicheZugehörigkeit wechselte. Nach vergleichenden Forschungen über „Litauer in Polen.Polen in Litauen” kommt es zwischen Polen und Litauern zu keinen Spannungen oderKonflikten, die das Gleichgewicht der sozialen Mikrostrukturen bedrohen könnten(Litwini w Polsce, 1995: 59).

Die nächste Minderheitengruppe in Polen stellen die Juden dar, die nach zahlreichenSchätzungen 10.000 Personen zählen. Sie leben territorial weit verstreut in vielenStädten in ganz Polen: Bielsko-Bia³a, Bytom, Czêstochowa, Dzier¿oniów (Reichen-bach), Gdañsk, Gliwice, Katowice, Kraków, Legnica, £ódŸ, Poznañ, Szczecin,Warszawa, Wa³brzych, Wroc³aw und. ¯ary (Sorau). In diesen Städten wirken oftjüdische Verbände oder ihre lokalen Abteilungen, arbeiten oft auch jüdische Ge-meinden oder ihre Filialen. Die Literatur über Juden in Polen konzentriert sich vor

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allem auf ihre Vergangenheit, Kultur und ihr Märtyrertum während des ZweitenWeltkrieges.6 Es wurde dagegen keine ausführlichen soziologischen Forschungenüber die jüdische Gesellschaft in Polen durchgeführt. Eine Umfrage des Zentrums zurErforschung der öffentlichen Meinung von 1997 (Zydzi i Polacy, 1997) hat ergeben,dass das negative Klischee eines Juden unter den Polen immer noch lebendig ist.Diese Vorstellungen gehen vor allem auf die unrühmliche Rolle, die die Juden an-geblich in der polnischen Geschichte spielten. Die Juden, die Jahrhunderte lang nachPolen einströmten, wählten diese Richtung oft zwangsweise, da sie in Westeuropaverfolgt wurden. Während der Teilungen Polens (1795-1918) wurden sie wiederumvon den Teilungsmächten in die ethnisch polnischen Gebiete geschickt, die Tei-lungsmächte wollten dadurch zweierlei Vorteil erreichen: die eigenen Juden loswer-den und zugleich das polnische Element schwächen. All dies hatte zur Folge, dassdie Juden in vielen polnischen Städten und Dörfern zur Mehrheit wurden. Nach derBevölkerungsauflistung von 1931 lebten im damaligen Polen 2.733.000 Juden undmachten damit 8,6% der Gesamtbevölkerung aus (Rocznik statystyczny, 1939: 22).Seit den Anfängen der Ansiedlung in Polen übten die Juden Berufe aus, die mit demHandel, der Güterherstellung, dem Geldtransfer, dem Alkoholausschank und spätermit dem Ausbau der Industrie verbunden waren. All die Berufe waren beim polni-schen Adel verachtet, was sich zum Beginn der kapitalistischen Wirtschaft als einbesonders großer Fehler erweisen sollte. Angesichts dieser Lage projizierten die oftin Armut lebenden, breiten Schichten des polnischen Volkes ihre Enttäuschung aufdie Juden. Aus diesem Befund schöpft höchstwahrscheinlich die brillante Formulie-rung „Antisemitismus ohne Juden” (Smolar, 1986) mit deren Hilfe einige Forscherund Publizisten einen Teil der polnischen Gesellschaft näher charakterisieren.

Die nächste nationale Minderheit in Polen bilden die Griechen. Ähnlich wie die Ju-den stammen sie aus einem Land, das nie direkte Grenzen an Polen hatte, und kamenals Flüchtlinge nach Polen. Die Geschichte der Griechen mit Polen fängt aber erstum die Mitte des 20. Jahrhunderts an. In den Jahren 1948-1951 kamen 14 525 Men-schen (Pud³o, 1997: 149) nach Polen, die seitens der monarchistischen Regierung,die von den USA unterstützt wurde, Repressionen fürchteten. Diese Gruppe rekru-tierte sich in erster Linie aus kommunistischen Partisanen und ihren Familien. DieEntscheidung für Polen als Siedlungsland war vollkommen zufällig, diese Menschenwurden im Rahmen eines Verteilungsschlüssels, der die Sowjetunion und andereLänder des östlichen Blocks umfasste, schlicht nach Polen überwiesen. Das kompli-zierte Schicksal der griechischen Flüchtlinge wurde von Mieczys³aw Wojecki aus-führlich beschrieben (Wojecki, 1989).

Anfänglich glaubte man, dass die Flüchtlinge aus Griechenland nur ein paar Monatein Polen verbringen und danach im wörtlichen Sinne des Wortes an die Kampffront

6 Allein in den Jahren 1990-1996 erschienen in Polen mindestens 777 Arbeiten, die den Juden

gewidmet waren. Vgl. Cha³upczak/ Browarek/ Zieliñska (1998).

Z. Kurcz: Nationale Minderheiten im gegenwärtigen Polen 19

zurückkehren würden. Die Festigung der Lage in ihrem Heimatland hatte jedoch zurFolge, dass die Griechen in Polen ein Emigrantenleben anfangen mussten. Sie trafenauf jegliche Art von Unterstützung und Betreuung seitens der kommunistischen Be-hörden, die den Flüchtlingen Wohnungen zur Verfügung stellten, Arbeitsstellen ver-schafften und materielle Hilfe gewährten. Die griechische Jugend wurde bei derAufnahme an Oberschulen und Hochschulen privilegiert. Sie bekam in den von derpolnischen Jugend sehr begehrten Fächern problemlos Lehr- und Studienplätze. DasLeben in Polen wurde für die Griechen zugleich zu einer großen Herausforderung. InGriechenland waren sie hauptsächlich Bauern oder Hirten, nun wurden sie in dieIndustrie geschickt, obwohl man auch bemüht war, für sie landwirtschaftliche Pro-duktionsgenossenschaften zu gründen. Nachdem die Diktatur der „schwarzen Obers-te” in Griechenland zu Ende gegangen war, entschied sich ein Teil der Emigranten,in ihre Heimat zurückzukehren. Gleichzeitig explodierten unter den ehemaligen Parti-sanen Nationalitätenstreitigkeiten. Viele identifizierten sich mit den Makedoniern,was wiederum bei erklärten Griechen Unlust hervorrief. Heute leben in Polen etwa5.000 Griechen (Pud³o, 1997: 152), sie wohnen hauptsächlich in den Woiwodschaf-ten Niederschlesien und Westpommern; Abteilungen des Verbandes der Griechen inPolen sind aber auch in den großen Städten in Zentralpolen wie Warszawa, £ódŸ undKraków tätig.

Die kleinste nationale Minderheit in Polen stellen die Tschechen dar. Obwohl Poleneine direkte Grenze zur Tschechien hat, lebt die tschechische Minderheit nicht imGrenzgebiet, sondern in Zentralpolen. Das Zentrum dieser Minderheit bildet einkleines Städtchen in der Woiwodschaft £ódŸ, Zelów. Die Geschichte dieser Min-derheit und die jetzige Lage ihrer Mitglieder wurde von Piotr Wróblewski detailliertdargestellt (Wróblewski, 1996). Die Tschechen aus Zelów sind Nachkommen derkonfessionellen Emigranten aus den südlichen tschechischen Gebieten. Zuerst ließensie sich im Oppelner Schlesien nieder, aber als sich auf die Hussitentraditon beru-fende Protestanten stießen sie bei den dortigen Katholiken auf kein Verständnis. Ausdiesem Grund entschieden sie sich für das damalige Dort Zelów, das 40 Kilometervon £ódŸ entfernt liegt. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein beschäftigtensich die Tschechen mit Ackeranbau, später gründeten sie massenweise Webereien.Sowohl nach dem Ersten als auch nach dem Zweiten Weltkrieg fand eine Reemigra-tion der Tschechen statt. Wróblewski erklärt, dass die neueren Reemigranten in dertschechischen Umgebung für Polen gehalten werden, obwohl sie durch ihre Ent-scheidung zur Ausreise bewiesen haben, dass sie Tschechen werden wollen. DieseSituation erinnert an das Schicksal der Schlesier, die mit der Berufung auf ihre deut-sche Herkunft nach Deutschland fuhren. Sie wurden in der neuen Umgebung auch alsPolen bezeichnet. Heute leben in Polen etwa 1.000 Tschechen, davon 500 in Zelów(Wróblewski, 1997: 142).

In Polen lebt auch eine gewisse Zahl von Armeniern oder eigentlich Personen arme-nischer Herkunft (Pelczynski, 1997; 1997b). Obwohl sie eigene Verbände haben,

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identifizieren sie sich mit Polen und wünschen sich nicht, als eine Minderheit ange-sehen zu werden, da sie Jahrzehnte lang viel Gutes für Polen getan hätten. Einer derFührer der armenischen Bevölkerung betonte diese Einstellung in ihrer Zeitschriftmit Nachdruck (Bohosiewicz, 1995).

Nationale Minderheiten und Systemstransformation: Innere Aufteilung und na-tionale Konversionen

Die Analyse der Lage der nationalen Minderheiten in Polen legt die Vermutung nahe,dass sie ihre nationale Identität lediglich im ländlichen und kleinstädtischen Milieubewahrt haben, also dort, wo sie auf eine natürliche Art und Weise eine Mehrheitausmachten. Den Minderheiten gelang es aber nicht, größere städtische Zentren zudominieren, auch dann nicht, wenn sie sich in direkter Nähe zu ihren Siedlungsortenbefanden. Zahlreiche Minderheitenvertreter leben zwar in Bia³ystok, Bytom oderPrzemyœl, sie entscheiden aber nicht über die sozio-kulturelle Eigenart dieser Städte,sondern sind höchstens imstande, ihnen Lokalkolorit zu verleihen (Danowski, 1993;Leœnikowski, 1993). All dies basiert überwiegend auf dem Charakter des System-wandels, auf der beschleunigten Urbanisierung und Industrialisierung zu Zeiten derVolksrepublik Polen, aber auch auf den Migrationen, die durch eine Veränderung derwirtschaftlichen Struktur des Landes ausgelöst wurden. An dieser Stelle soll nocheine Tatsache betont werden: Ein Teil der Bewohner der genannten Städte entschiedsich vollkommen bewusst, seiner Minderheitenherkunft ungeachtet, das weitereSchicksal mit dem Polentum zu verbinden. Diese Menschen sahen darin eine kultu-relle Sicherheit für die gesellschaftlichen Position, die sie inzwischen erreicht hat-ten, sowie eine bessere Aufstiegschance für ihre Kinder.

Ein erheblicher Anteil von nationalen Minderheiten in einem Gebiet übt keinen ge-ringen Einfluss auf seinen ökonomischen Status aus, was in zwei gegensätzlichenTendenzen seinen Ausdruck finden kann: Entweder haben wir es mit einer Steigerungder wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten zu tun, was zu einer bedeutenden Dy-namisierung der gesamten Gemeinschaften führt, oder mit einer wirtschaftlichenStagnation mit all ihren Konsequenzen. Das Leben in einer fremden äußeren Umge-bung bewirkt, dass sich die Minderheiten eine Akzeptanz ihrer Eigenart herbeisehnenund keine Bemühungen scheuen, dass diese Eigenart nicht nur in der ideellen Sphäre,sondern vor allem anhand ihrer tatsächlichen Leistungen wahrgenommen wird. DieseLeistungen vergrößern die Attraktivität der Minderheit nicht nur für die eigenen Mit-glieder, sondern darüber hinaus für Beobachter von außen. Diese Bemerkungenbetreffen nur emanzipierte Minderheiten, die sich ihres besonderen Charakters voll-kommen bewusst sind und die Verbindung zu ihrem eigenen Staat betonen. Ein Bei-spiel für eine solche Einstellung sind z.B. Litauer und Deutsche (Litwini w Polsce,1995: 53-56; Kurcz, 1999b: 148).

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Die anderen Minderheiten heben sich wiederum im negativen Sinne von der polni-schen Umgebung ab: sie wirtschaften schlechter, sind weniger wohlhabend, tretennicht mit einem Programm der ökonomischen, sozialen oder ethnischen Renaissanceauf. Sie zeichnen sich durch Traditionalismus, der zwar mit einer ethnischen Eigenartassoziiert wird, in einem stärkeren Maße aber durch eine besondere Passivität aus,die über die Degradierung dieser Minderheiten auf vielen Lebensebenen entscheidet.Die Vertreter dieser Minderheiten sind auch oft bemüht, Stellungen zu erreichen, diemit denen der polnischen Mehrheit vergleichbar wären. Wenn dies gelingt, wollensie ihren Aufstieg beschleunigen und ahmen die polnische Umgebung unkritisch nach.Diese freiwillige Assimilierung charakterisiert vor allem Weißrussen und einen gro-ßen Teil der Ukrainer, die in der Diaspora leben.

Vor diesem Hintergrund liefern die Zigeuner ein besonderes Beispiel für die Bewah-rung einer eigenen Identität. Seit 1964 unternahmen die polnischen Behörden zahlrei-che Versuche, die auf eine Assimilierung der Zigeuner an die polnische Gesellschaftzielten. Dies sollte durch das Verbot des Wanderlebens, die Erschaffung von Ar-beitsplätzen in der Industrie und die Ausbildung der Kinder erreicht werden. Dielokalen Behörden wiederum führten eine zweckmäßige Ansiedlungspolitik durch undwollten in den Städten eine direkte Nachbarschaft der Zigeunerfamilien vermeiden.

Binnen Kurzem ist aber klar geworden, dass die angewandten Mittel nicht imstandesind, die Zigeunergemeinschaft zu desintegrieren. Die Zigeuner haben nämlich eineigenartiges System an Verhaltens- und Handlungsweisen entwickelt, das in keinendirekten Widerspruch mit der sozialen Ordnung der späten Volksrepublik Polen odermit der neuen Wirklichkeit der Dritten Republik Polen geriet und zugleich erlaubte,die bedrohte Identität zu bewahren. In kurzer Zeit haben die Zigeuner es geschafft,ein eigenes Ansiedlungssystem durchzusetzen, und sich auf ein paar spezifische Be-rufe zu konzentrieren, die sie besser als andere ausüben konnten. Dies garantierteihren unter neuen Bedingungen die Beschaffung von Geldmitteln. In den nächstenJahren siedelten Zigeuner gemäß ihren familiären und ökonomischen Bedürfnissen,aber auch der Tradition um. Sie bildeten Siedlungen von 100-200 Menschen, die derGröße der früheren Trains ähnelten. Früher kannten sie sich im Pferdehandel beson-ders gut aus, in der Zeit der Volksrepublik Polen wurden sie wiederum zu unersetz-baren Spezialisten bei Renovierungsarbeiten von Industriekesseln, später haben siesich auf die Einfuhr und den Verkauf westlicher Autos, Edelmetall-, Währung- undTextilienhandel, und in vielen Fällen auf den An- und Verkauf von Antiquitäten ver-legt. Als aktive Menschen, die dazu im Kontakt zu ihren Familienangehörigen imWesten standen, haben sie sich in der freien Marktwirtschaft schnell zurechtgefun-den. Aus der Sicht meiner Erörterungen erscheint es als besonders prägnant, dass dieneuen Formen der beruflichen Aktivität und eine veränderte Platzierung im sozialenRaum zur Betonung der ethnischen Eigenart der Zigeuner geführt hat. In einer ganzanderen Lage befinden sich Weißrussen und Ukrainer, die sich an die polnische Ge-sellschaft assimilieren oder in bezug auf ihre nationale Identität lediglich duldend

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orientiert sind und in den Gemeinschaften vorwiegend passiv vor sich hinleben. Sieplatzieren sich auch am Rande des sich in Polen vollziehenden Transformationspro-zesses. Dieser Status fördert jedoch unter den neuen Bedingungen weder eine Festi-gung noch eine Belebung ihrer nationalen Traditionen und die zahlenmäßige Stärkedieser Minderheiten geht zurück (siehe Tabelle 1).

An dieser Stelle muss noch eine Tatsache hervorgehoben werden: Nicht nur einzelneMinderheiten unterscheiden sich voneinander, tiefgehende Differenzen lassen sichauch innerhalb einer einzigen Minderheit feststellen. Große Unterschiede ergebensich oft aus der Einstellung zu dem hypostasierten Volk. Von außen gesehen ist einMitglieder einer deutschen Gesellschaft einfach ein Deutscher. Gemäß den For-schungen von Andrzej Sakson kann die Bevölkerung, die ihr Deutschtum zum Aus-druck bringt, in mehrere Kategorien aufgeteilt werden (Sakson, 1994: 153-154).Jede von diesen Untergruppen weist eine ganze Reihe an spezifischen Charakterzü-gen auf. Dementsprechend werden folgende Einheiten unterschieden: „echte Deut-sche”, „Deutsche mit guten Papieren”, „Deutsche mit schlechten Papieren”, „Polendeutscher Herkunft”, „Anwärter zum Mitglied der deutschen Minderheit.”

Bei einer mechanischen Nationalitäteneinteilung je nach der Konfession wird jederorthodoxe Bewohner des Gebietes um Bia³ystok einfach für einen Weißrussengehalten. Schon in den 70ern konnten unter den dortigen Mitgliedern der orthodoxenKirche fünf getrennte Kategorien mit differenzierten ethnischen Präferenzen unter-schieden werden: „einfach Orthodoxe”, „orthodoxe Polen”, „Polen der weißrussi-schen Herkunft”, „polnische Weißrussen” und „Weißrussen in Polen”. Die neuestenForschungen von Andrzej Sadowski beweisen eine noch weiter gehende Aufteilungder ethnisch-kulturellen Zugehörigkeit der Bewohner des südöstlichen Teils der Ge-gend bei Bia³ystok (Sadowski, 1995: 105-154). Diese Forschungen stützen sich aufdie Existenz von fünf verschiedenen Arten an ethnisch-kulturellen Verbindungen;unter Berücksichtigung ihrer Kreuzungen konnten mehrere bis jetzt nicht erwähnteZugehörigkeitstypen herausgearbeitet werden.

Ähnliche Spaltungen lassen sich auch innerhalb anderer Gemeinschaften nachweisen.In einigen Fällen stoßen sie auf den Widerstand der nationalen Minderheiten selbst,besonders wenn diese Minderheit erst eine potentielle ist und um die eigene Sub-jektwerdung kämpft. In diesem Kontext meine ich insbesondere die Lemken, die ge-wöhnlicherweise als Untergruppe der ukrainischen Minderheit betrachtet werden.Andererseits können die Lemken je nach der angemeldeten Selbstidentifikation aberauch in verschiedene Gruppen aufgeteilt werden. Sie können wie folgt definiert wer-den: die Lemken sind einfach Ukrainer und nur Ukrainer; die Lemken sind Personen,die zur lemkischen ethnischen Gruppe und zugleich zum ukrainischen Volk gehören,die Lemken stellen eine getrennte Nation dar; die Lemken seien einfach Polen. Jerzy.¯urko vertritt die Meinung, dass die einzelnen Selbstidentifikationen in den vergan-genen Jahren je nach den Umständen an Bedeutung gewannen oder verloren (̄ urko,1997).

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Bei der jüdischen Minderheit wird heutzutage die Frage nach den Kriterien für eineZugehörigkeit zu dieser Gruppe in zunehmendem Maß aktuell. Religion, Kultur,Sprache, Herkunft, Mitgliedschaft in den Verbänden - all dies sind die wichtigsten,aber oft isoliert von einander vorkommenden Zuordnungskriterien. Ihre Zahl undzugleich ihre Exklusivität machen die innere Aufteilung der jüdischen Minderheit imgegenwärtigen Polen sichtbar. Von dieser Eigenart zeugen auch weitere Unterschie-de, die mit der Bevorzugung von Jiddisch oder Hebräisch, aber auch, worauf Datnerund Melchior hinweisen (Datner, 1997: 80), mit auffälligen politischen Differenzenverbunden sind. Die Vätergeneration gestaltete das kommunistische System mit, dieKindergeneration, die zur Zeit Ausschau nach ihren jüdischen Wurzeln hält, schüt-telte nun das Joch dieses Systems ab.

Neben den ethnischen Unterschieden innerhalb der einzelnen Minderheiten sollenauch ökonomische Differenzen berücksichtigt werden. Dies betrifft vor allem Deut-sche und Roma. Einerseits entstand insbesondere in der Woiwodschaft Opole einezahlenmäßig starke Mittelklasse (Jeder Mensch, 1992; Poralle, 1994), die sich inerster Linie aus Menschen rekrutiert, die früher in der BRD gearbeitet, eine Kredit-unterstützung oder Schenkung von der deutschen Seite in Anspruch genommen haben.Zur deutschen Minderheit gehören aber andererseits auch Proletarier, die infolge derWirtschaftstransformation ihre Arbeit in schlesischen Berggruben und Hüttenwerkenverloren, und ehemalige Wehrmachtssoldaten, die alt und oft kränklich sind. Ebendiese Gruppen suchen Hilfe bei deutschen und polnischen Institutionen. Ähnlichgestaltet sich die Lage innerhalb der Romagruppe. Auf der einen Seite gibt es solche,die unter den Bedingungen der freien Marktwirtschaft einen Erfolg erreicht habenund die zur Betonung ihres Wohlstands richtige Residenzen oder mindestens reicheVillen bewohnen. Auf der anderen Seite haben wir es mit einer großen Romagruppezu tun, die über keine festen Einkommenquellen verfügt oder den seit jeher mit derZigeunertradition assoziierten Beschäftigungen wie z.B. dem Wahrsagen auf derStraße nachgeht.

Die demokratischen Wandlungen, die in Polen nach 1989 stattgefunden haben, zogeneine ethnische Belebung nach sich, manchmal mit einem ganz komplizierten und zu-sammengesetzten Charakter. In einigen Fällen kann man sogar der Meinung von An-tonina K³oskowska folgend von einer nationalen Konversion im Sinne von Verände-rung der nationalen Selbstidentifikationen sprechen (K³oskowska, 1992). DieseKonversionen finden vor allem in der Relation Mehrheit - Minderheit statt undbetreffen hauptsächlich die Geltendmachung von deutschen Selbstidentifikationen.Sie vollziehen sich aber auch unter den Minderheiten an sich. In diesem letzten Falldenke ich an neue nationale Selbstidentifikationen im Gebiet Podlasie. Mehrere Jah-re lang wurden fast alle Bewohner des südöstlichen Teils der Woiwodschaft Bia-³ystok als Weißrussen wahrgenommen. Sie selbst bezeichneten ihre Sprache alsWeißrussisch, aber auch als eine „einfache”, „hiesige” oder „eigene”. In den letztenJahren fing diese Bevölkerung an, ihr Ukrainertum zu gestehen, und ukrainische Or-

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ganisationen und Zeitschriften zu gründen. Detaillierte Untersuchungen haben auchbewiesen, dass die von der dortigen Bevölkerung benutzte Sprache zahlreiche Ähn-lichkeiten mit nordukrainischen Mundarten aufweist, die Geschichte wiederum bes-tätigt, dass in diesem Gebiet einst Ansiedler aus Wohlynien ankamen.

Angesichts der dargestellten Tatsachen sollen auch andere komplizierte Prozesseerwähnt werden, die sich schon außerhalb der polnischen Grenzen - im weißrus-sisch-ukrainischen Grenzgebiet - vollziehen. Ich meine an dieser Stelle die Poleszc-zuken (Sadowski, 1997: 35), mit denen sich polnische Forscher zum letzten Mal inder Zwischenkriegszeit beschäftigten. Später glaubte man sogar, dass sich dieseGruppe infolge der Grenzverschiebung, Bevölkerungsumsiedlungen innerhalb derSowjetunion und der Migrationen in industrielle Zentren entweder verstreute oderdass sie schlechthin verschwand. Heutzutage gestaltet sich aber in diesen Gebieteneine nationale Bewegung der Poleszczuken und es kann auch nicht ausgeschlossenwerden, dass diese Bevölkerungsgruppe auch in den östlichen Grenzgebieten Polensnicht plötzlich auftaucht.

In das ethnisch polnische Gebiet zurückkehrend, möchte ich das Wesen zweier Fällevon nationaler Konversion vorstellen. Der erste betrifft die einheimische Bevölke-rung und ihre Nachkommen aus den Gebieten, die früher dem deutschen Staat ange-hörten. Diese Bevölkerung durchlebte einst Phasen der nationalen Verifizierung undRehabilitierung. In vielen Fällen hatte dieses Vorgehen lediglich einen formalenCharakter, da diese Bevölkerung durch ihr Verhalten unter den Bedingungen derdeutschen Unterdrückung ein eindeutiges Zeugnis für ihr Polentum abgelegt hatte. Einganzer Ursachenkomplex hatte jedoch zur Folge, dass diese Bevölkerung jetzt ihredeutsche Identität geltend macht die Mitgliederbasis der in Polen entstehenden deut-schen Gesellschaften bildet (Kurcz, 1991; Szmeja, 1997). Als Hauptgründe dafürmüssen folgende Motive erwähnt werden: die schlechte Behandlung durch die polni-schen Behörden, die zivilisatorische Verspätung der bewohnten Gebiete zu Zeitender Volksrepublik Polen und vor allem das niedrigere Lebensniveau im Vergleich zuDeutschland.

Eine besondere Aufmerksamkeit muss auch dem Prozess der jüdischen Selbstfindungin der Generation der 20jährigen geschenkt werden. Selbstidentifikationen seitensder Generation der Zwanzigjährigen geschenkt werden, diese Menschen geben ihrepolnischen Identifikationen auf und kehren zu den Wurzeln ihrer Vorfahren zurück.Auch Menschen ohne jüdische Vorfahren orientieren sich am Judaismus. Die Wen-dung zum Judaismus vollzieht sich trotz des Bruches im Generationstransfer in derVermittlung der Kultur, Sprache oder Religion und stellt eine bewusste Entscheidungzugunsten der verlorenen Identität der Väter oder eine Suche nach neuen Werten dar,die dann als die eigenen affirmiert werden. Diese Prozesse spiegeln sich in konkre-ten Vorhaben der jungen Menschen wieder. Die Jugend lernt Jiddisch oder Hebrä-isch, erforscht das jüdische Kulturerbe in diesem Teil Europas (Zeitschrift „Jidele”)

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oder konvertiert förmlich zum Judaismus und legt vor Rabbinergericht Prüfungen ab(vgl. Datner/ Melchior, 1997: 78).

Diese Prozesse haben zwar keinen so massenhaften Charakter wie die polnisch-deutschen Konversionen, aber die jüdische Minderheit in Polen ist auch um einigeskleiner als die deutsche.

Schlußbemerkungen

Nach 1989 hat sich die Lage aller nationalen Minderheiten in Polen entschieden ver-bessert. An dieser Stelle möchte ich ein paar Beispiele anführen, die diese Meinungbestätigen. Vor 1989 arbeiteten etwa 10 Minderheitengesellschaften in Polen, wäh-rend es 1996 laut dem Büro für nationale Minderheiten in Warszawa schon 119 gab(Organizacje mniejszoœci), darunter waren: 10 weißrussische, 1 slowakische, 4 li-tauische, 1 armenische, 1 tatarische, 17 ukrainische, 5 lemkische, 6 jüdische und 69deutsche Gesellschaften, 5 Romaverbände. Jedes Jahr werden neue Minderheiten-verbände gegründet, die schon existierenden fusionieren oder geben ihre Tätigkeitauf, weil ihre Mitglieder zu einer Konkurrenzgesellschaft wechseln oder auf jedeForm von sozialer Aktivität schlechthin verzichten. Ich erwähne diese Tatsachen, umdie völlige Freiheit der nationalen Minderheiten bei der Gründung der Gesellschaf-ten im gegenwärtigen Polen zu betonen.

Den nationalen Minderheiten steht auch eine ganze Reihe an Freiheiten zu, die ihnendie Pflege der eigenen Identität erleichtern. Dies ist besonders sichtbar am Beispieldes religiösen Lebens. So besitzt die deutsche Minderheit unter Zustimmung derKonferenz des polnischen Episkopats fünf eigene Kreise für geistliche Betreuung:Opole, Kluczbork (Kreuzburg), Nysa (Neiße), Racibórz (Ratibor) und den soge-nannten Industriekreis. Die orthodoxe Kirche, die einen erheblichen Teil der Weiß-russen und Ukrainer versammelt, besitzt seit 1991 juristische Grundlagen. Auf dieseArt und Weise konnte die polnische Autophafalische Orthodoxe Kirche eigene Orga-nisationsstrukturen ausbauen. Es gibt heute 5 Diözesen: Warszawa-Bielsko Bia³a,Bia³ystok-Gdañsk, Przemyœl-Nowy S¹cz, £ódŸ-Poznañ, Wroc³aw-Szczecin. Auchdie Griechisch-katholischen, unter denen die Ukrainer und Lemken dominieren, ge-nießen Selbständigkeit. So untersteht die Ukrainische Katholische Kirche in Polennicht mehr der Warschauer Metropole, sondern bildet eine selbständige Metropole,die direkt dem Vatikan unterstellt ist. Allen Minderheiten steht muttersprachlicherUnterricht in den Schulen zu. In den 90er Jahren vervielfältigte sich die Schülerzahldes Minderheitenschulwesens mehrfach. Verändert hat sich auch die Zusammenset-zung innerhalb dieser Gruppe. Während 1990 die meisten Kinder weißrussischeSchulen besuchten, gingen die meisten 1995 in deutsche Schulen.

Alle nationalen Minderheiten in Polen verfügen über eigene Presseorgane oderVerlage. Die besonders starken nationalen Minderheiten besitzen eigene Radio- oder

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TV-Sender in lokalen Kanälen. Die Vertreter der nationalen Minderheiten sitzen inbeiden Kammern des polnischen Parlaments. Sie bekommen ihre Mandate aufgrundder Stimmenbasis der einzelnen Minderheiten oder nehmen Plätze in Anspruch, diedie allgemeinpolnischen Parteien zur Verfügung stehen. In lokalen Gemeinschaftenbekleiden Minderheitenvertreter zahlreiche Bürgermeister- und Gemeindevorstehe-rämter. Die Zahl der Abgeordneten, die in den Gemeinden verschiedene Minderhei-ten vertreten, ändert sich je nach der Kommunalwahl, aber beträgt immer einigeHundert Personen. Die Erfahrungen der 90er Jahre beweisen, dass es den nationalenMinderheiten in Polen insgesamt gut geht. In dieser Zeit fanden in Polen keine ernste-ren Auseinandersetzungen mit ethnischem Charakter statt. Im schlimmsten Fall tratennur Interessengegensätze zwischen den Minderheiten und der polnischen Mehrheit,z.B. bei der Wahlkampagne, auf.

Nur die Geschichte legt einen gewissen Schatten auf die Beziehungen zwischen denPolen und den nationalen Minderheiten. Um ihre Interpretation gibt es zahlreicheKonflikte, die in erster Linie einen symbolischen Charakter haben und Denkmälerbetreffen. Ein paar Beispiele seien genannt:

• Die ehemaligen Bewohner der polnischen Ostgebiete protestieren gegen Denk-mäler, die von der ukrainischen Minderheit errichtet werden und Kämpfer derUkrainischen Aufstandsarmee verewigen. Diese Organisation war nämlich fürethnische Säuberungsaktionen und Massenmorde an der zivilen Bevölkerung ver-antwortlich.

• Unbekannte Täter bespritzen regelmäßig das Denkmal des Generals KarolŒwierczewski in Bieszczady mit roter Farbe, der in diesem Gebiet mit der Uk-rainischen Aufstandsarmee kämpfte.

• Die Inschriften an Gräbern von deutschen im Zweiten Weltkrieg gefallenen Sol-daten riefen bei der polnischen Bevölkerung Schlesiens Empörung aus. Die In-schriften betonten nämlich, dass diese Soldaten Helden und im „heiligen Krieg”gefallen seien.

• Die ukrainische Seite lässt auf dem polnischen Friedhof in Lemberg die Rekon-struktion der Inschriften aus der Vorkriegszeit nicht zu. So werden die jungenPolen, die 1918 in den Kämpfen um Lemberg gefallen sind, nicht „Adlerjungen”sondern „Krieger” genannt.

Die Beziehungen zwischen der polnischen Mehrheit und den nationalen Minderheitenwerden von den unbekannten Tätern beeinträchtigt, die minderheitenfeindliche Graf-fiti malen. Wie sich herausstellt, werden solche Graffiti manchmal auch als Auf-tragsarbeit für lokale Minderheitenführer angefertigt. So soll der Chef des TV-Magazins „Oberschlesien Journal” die eigenen Mitarbeiter beauftragt haben, in O-pole antideutsche Inschriften zu produzieren (Górniak, 1999). Diese Graffiti wurden

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daraufhin gefilmt und als Beweis der Abneigung gegen die deutsche Minderheit vor-geführt. Positiv erscheint in diesem Kontext, dass sogar solche Provokationsversu-che nicht imstande sind, das harmonische Zusammenleben der nationalen Minder-heiten mit der polnischen Mehrheit zu beeinträchtigen.

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Z. Kurcz: Nationale Minderheiten im gegenwärtigen Polen 31

¯erelik, R., 1997: Mniejszoœæ ukraiñska w Polsce po II wojnie œwiatowej. In: Z.Kurcz (Hrsg.): Mniejszoœci narodowe w Polsce, Wroc³aw.

¯urko, J., 1996: Kulturowe uwarunkowania to¿samoœci narodowej £emków wPolsce, Wroc³aw (Dissertation, Fakultät für Sozialwissenschaften derUniversität Wroc³aw).

¯urko, J., 1997: £emkowie - miêdzy grup¹ etniczn¹ a narodem. In: Z. Kurcz (Hrsg.):Mniejszoœci narodowe w Polsce, Wroc³aw.

Andere Quellen (ohne Autorennachweis)

Freuden und Nöte einer Minderheit. Große Enttäuschung oder harte Realität?, 1998.In. Schlesisches Wochenblatt, Nr. 8.

Jeder Mensch ist ein geborener Unternehmer, 1992. In: Oberschlesische Zeitung, Nr.23.

Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej, 1999, Warszawa.

Litwini w Polsce. Polacy na Litwie. 1995. G³ówny Urz¹d Statystyczny. DepartamentStatystyki Litwy, 1995, Warszawa-Wilno.

Ma³y Rocznik Statystyczny, 1939, Warszawa.

M³odzi polscy Niemcy, 1992. In: Gazeta Dolnoœl¹ska - lokalny dodatek GazetyWyborczej vom 17.06.

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Von 1400 bleiben 402. Die Preiskretschamer Deutschen klagen über mangelndesInteresse, 1998. In: Schlesisches Wochenblatt, Nr. 10.

Wir haben niemand, der uns führt. Gespräch mit Adam Kuboñ, dem Vorsitzenden desOppelner Kreises des Bundes der Deutschen Minderheit, 1998. In: Schlesis-ches Wochenblatt, Nr. 8.

Wymiana oskar¿eñ. Rumunia - Ukraina, 1994. In: Gazeta Wyborcza, Nr. 17.

Wyznania religijne. Stowarzyszenia narodowoœciowe i etniczne w Polsce 1993-1996. G³ówny Urz¹d Statystyczny, Warszawa.

32 F.I.T. Discussion Paper 01/00

¯ydzi i Polacy w opiniach spo³eczeñstwa. Komunikat z badañ CBOS, 1997, styczeñ.

F.I.T. PUBLIKATIONEN •• F.I.T. PUBLICATIONS

F.I.T. Discussion Papers

Nr./Jahr Autor Titel

1/96 Szamuely, László Establishment and Erosion of the Soviet Model of CPE as Re-flected in Economic Science in Hungary 1945 - 1980, 61 S.

2/96 Krause, Günter Die "Revisionismus-Debatte" in den Wirtschaftswissenschaftender DDR, 34 S.

3/96 Winiecki, Jan Foreign Investment in Eastern Europe: Expectations, Trends,Policies, 14 S.

4/96 Dietzenbacher, Erik /Wagener, Hans-Jürgen

Prices in Two Germanies, 23 S.

5/96 Pollack, Detlef Sozialstruktureller Wandel, Institutionentransfer und die Lang-samkeit der Individuen, 27 S.

6/96 Wagener, Hans-Jürgen Second Thoughts? Economics and Economists under Socialism,19 S.

7/96 Wagener, Hans-Jürgen Transformation als historisches Phänomen, 19 S.

8/96 Joerden, Jan C. Wird die politische Machtausübung durch das heutige Straf-recht struktuell bevorzugt?, 15 S.

9/96 Babinceva, Natal'ja Die ökonomische Kultur des sowjetischen und post-sowjetischen Business, 20 S.

1/97 Wagener, Hans-Jürgen Privateigentum und Unternehmenskontrolle in Transforma-tionswirtschaften, 26 S.

2/97 Chojnicki, Zbyszko Methological Problems of Polish Economics in the PostwarPeriod, 19 S.

3/97 Buchowski, Michal Facing Capitalism. An Example of a Rural Community in Po-land, 29 S.

4/97 Eger, Thomas Insolvenzrecht und Insolvenzrechtsreform aus ökonomischerSicht, 24 S.

5/97 Ribhegge, Hermann Die Osterweiterung der Europäischen Union als Herausfor-derung für die neuen Bundesländer im Transformationsprozeß,27 S.

6/97 Csaba, László Transformation in Hungary and (in) Hungarian Economics(1978-1996), 62 S.

7/97 Csaba, László Economic Transformation: State of Art and Some TheoreticalReflection, 22 S.

8/97 Lukaszewicz, Aleksander Polish Economics and Transformation Challenges - 50 years ofExperience 1945-1995, 57 S.

9/97 Csaba, László Market and Democracy: Friends or Foes?, 11 S.

10/97 Aleksandrowicz, Dariusz Zweckrationalität und Kulturtradition (in der polnischen Trans-formationsgesellschaft), 17 S.

11/97 Csaba, László On the EU-Maturity of Central Europe: Perceived and RealProblems, 22 S.

12/97 Gesell, Rainer /Jost, Torsten

The Polish State Enterprise System - an Impediment to Trans-formation?, 28 S.

13/97 Mögelin, Chris Die Rezeption des Rechtsstaats in Mittel- und Osteuropa, 27 S.

14/97 Rottenburg, Richard Classifications: Change or Fluidisation? A PhenomenologicalApproach to a Liminal Dance Floor in Western Poland, 12 S.

15/97 Süß, Dirck Privatisierung in Polen, der Tschechischen Republik und Un-garn: Das Erlösparadoxon und seine Auflösung, 47 S.

16/97 Müller, Katharina The “New Pension Orthodoxy” and Beyond: Transforming OldAge Security in Central-Eastern Europe, 51 S.

17/97 Mihályi, Péter Corporate governance during and after privatisation: the lessonsfrom Hungary, 45 S.

1/98 Rosenbaum, Eckehard F. What is a Market?, 25 S.

2/98 Valerius, Gabriele Gleiche Chancen ungleich genutzt?, 54 S.

3/98 Aleksandrowicz, Dariusz Kulturelle Kosten der Transformation, 17 S.

4/98 Schultz, Helga Handicraft Co-operatives in the GDR and during the transfor-mation process, 23 S.

5/98 Chudzik, Robert Banks as “Agent of Change” - the Experiences with Restructu-ring of Bad Debts in Poland, 39 S.

6/98 Verny, Arsène Die Auswirkungen der Europa-Abkommen auf das Wett-bewerbs- und Kartellrecht der Tschechischen Republik undSlowakischen Republik, 62 S.

7/98 Jost, Torsten Ein Vergleich zwischen dem polnischen und dem deutschenArbeitsrecht - Teil 1: Individualarbeitsrecht, 54 S.

8/98 Gesell, Rainer/Müller, Katharina/Süß, Dirck

Social Security Reform and Privatisation in Poland: ParallelProjects or Integrated Agenda?, 26 S.

9/98 Verny, Arsène Investitionen in der Tschechischen Republik einschließlichausgewählter Fragen des Rechtsverkehrs zwischen Deutschlandund Tschechien, 84 S.

10/98 Verny, Arsène Grundzüge des slowakischen Wirtschaftsrechts, 24 S.

11/98 Keren, Michael A Theory of the Stalinist Economy, 26 S.

12/98 Aleksandrowicz, Dariusz Institutions, Culture and the Forming of Majorities in a Trans-forming Society, 18 S.

13/98 Kritikos, Alexander Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Vergabe von Klein-krediten mit bedingter Gruppenhaftung, 22 S.

14/98 Schulders, Guy Die Besonderheiten der asiatischen Transformationsprozesse,71 S.

1/99 Rosenbaum, Eckehard F. Culture, Cognitive Models and the Performance of Institutionsin Transformation Countries, 30 S.

2/99 Swain, Nigel From Kolkhoz to Holding Company: Social Capital in theHistory of a Hungarian Agricultural Producer Co-operative, 25S.

3/99 Swain, Nigel Central European Agricultural Structures in Transition, 35 S.

4/99 Mögelin, Chris Die sozialistische Staats- und Rechtsordnung vor dem Hinter-grund des westeuropäischen-atlantischen Rechtsstaatsbegriffsam Beispiel Rußlands, 55 S.

5/99 Mögelin, Chris Ursprünge rechtsstaatlichen Denkens in den mittel- und osteu-ropäischen Staaten am Beispiel Rußlands, 19 S.

6/99 Aleksandrowicz, Dariusz Cultural pradigms and post-communist transformation in Po-land, 15 S.

7/99 Gregory, Paul R. Transition Economies: Social Consequences of Transition, 56S.

8/99 Thomas, Michael Neoinstitutionalismus, economic sociology und der Transfor-mationsfall, 49 S.

9/99 Fritz, Heiko/Hoen, Herman W.

The Restrictiveness of the European Union’s Trade Policy To-ward Central and Eastern Europe, 24 S.

10/99 Aleksandrowicz, Dariusz The Socialist City and its Transformation, 16 S.

11/99 Verny, Arsène Die Insolvenzverfahrenspraxis in der Tschechischen Republik,42 S.

12/99 Gregory, Paul R. Ten Years of Transformation, 18 S.

13/99 Verny, Arsène Die Praxis des Unternehmensverkaufs in der TschechischenRepublik, 50 S.

14/99 Jacobs, Jörg Einstellungen zur politischen Ordnung in Transformations-ländern. Lebenssituation und zentrale Einstellungen als Deter-minanten in den Neuen Bundesländern, Polen, Tschechien undUngarn, 55 S.

15/99 Kalthoff, Herbert Die Herstellung von Gewissheit. Firmenkredite und Risikoana-lyse in Mitteleuropa, 40 S.

16/99 Wagener, Hans-Jürgen Rückkehr nach Europa, 27 S.

1/00 Kurcz, Zbigniew Nationale Minderheiten im gegenwärtigen Polen, 31 S.