Kurvenklatsch 63

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Infozine Wolfsburg ultras

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... und herzlich willkommen zum Wolfsburger Kurvenklatsch! Leider liegt ihr falsch. Bei unserem Cover handelt es sich um kein Titelbild aus der WAZ über die schlimme Hooli-ganrandale und die Gewaltexzesse Wolfsburger Schläger. Bei der hoch-wertigen, objektiven und absolut der Realität entsprechenden Bericht-erstattung dieser Qualitätszeitung – der besten Zeitung, die es gab, gibt und jemals geben wird – denkt eigentlich jeder, dass sowas nur aus der WAZ kommen kann. Entweder mit dem Titel „Wachtmann mit Hö-henangst – gerettet vom Fleischer“ oder aber mit „Rekordversuch: Un-menschlicher VfL-Fan klopft größ-tes Bullenschnitzel der Welt“. Aber wie gesagt, ihr liegt falsch. Bei der abgedruckten Fotographie handelt es sich um eine Fotomontage! Bislang ist es noch nicht vorgekommen, dass Polizist Bruno im Kaufhof pfeifend am Laternenmast hängt, der gemeine Fußballfan unten dagegen hämmert und ihm ans Leder will… Doch wen würde es nicht amüsieren, diese Sze-ne einmal in Wirklichkeit miterleben zu dürfen? Ich hätte auf jeden Fall meinen Spaß. Besonders, wenn dem Wachtmeister mit der Höhenangst dann endlich von der Laterne gehol-fen werden konnte und dieser nicht mehr so bitterlich um Hilfe rufen muss…

Klar, ein bisschen Spaß muss sein, doch kommen wir zum Wesentli-chen. Nach dem mauen 1:0 gegen Köln, ein Spiel in dem wir 15(!) Ecken hatten, aus denen aber null Torgefahr resultierte, präsentierte sich die Mannschaft letzte Woche als exzellenter Aufbaugegner für die Bayern. 2:0 verloren. Ob es heute für drei Punkte reicht ist wohl mehr als fraglich. Null Bock-Stimmung in der Nordkurve, Null Bock-Stim-mung auf dem Platz und dann auch noch der aktuelle Überfl ieger aus Mönchengladbach zu Gast. Also können wir uns heute in der Nord-kurve entweder 90 Minuten lang die Beine in den Bauch stehen, zugu-cken, wie es `ne dicke Packung gibt und meckernd nach Hause gehen oder endlich mal wieder richtig Gas geben und unseren Jungs so derma-ßen Feuer unterm Arsch machen, dass sie richtig Bock kriegen, alles zu geben und verdammte 3 Punkte zu erkämpfen!Zum Schluss noch ein paar Worte zum Inhalt der heutigen Ausgabe. Neben sportlichen Berich-ten zu den Spielen gegen Mainz, Bremen, Köln und München gibt es wieder was aus Pescara, einen Be-richt vom letzten Fankongress, ein paar Zeilen zur ominösen Pyro-Um-frage, einige Gedanken zur Wolfs-burger Transferpolitik und vieles mehr. Durchblättern lohnt sich!

Hallo liebe Sportsfreunde...

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15. Spieltag: Wolfsburg 2:2 Mainz 0515. Spieltag: Wolfsburg 2:2 Mainz 05

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TzzZzzZZzzZ, tzzzZzzzZz. Bum! „Oh, was ist denn hier los?“ Kennt ihr das, wenn ihr nach einer zu kurzen Nacht unsanft von einem weiteren Mitbewohner eures Hauses geweckt werdet? Es war der Staubsauger-Fuß, der gegen meine geschlosse-ne Zimmertür knallte. Mist, nun bin ich wach und kann sowieso nicht mehr einschlafen. Laut Gegner wäre es ja sogar fast legitim gewesen, sich direkt retour auf den Weg ins Bett zu machen und einfach weiterzuschlafen. Mühsam schleppte ich mich in mein heutiges Out-fi t, packte noch mein Lunch-Paket ein und begann, die Reise zur Stammpinte anzu-treten. Dort angekommen die gleichen be-kannten Gesichter, Bier und Plaudereien. Größtes Ge-sprächsthema war natürlich die vorange-gangene Aus-wär tsp le i te beim Tabel-l e n l e t z t e n . D e s o l a t e Mannschafts-leistung gepaart mit Frust und acht Stun-den Rückweg.Der Weg zum Stadion war wie immer grot-tenlangweilig und unterm Fanprojekt wur-

de sich erstmal gesammelt. Nach einiger Zeit bemerkte man dann aber die Gästefans, welche gera-de unter der Unterführung heraus kamen. Ein guter 100

Mann zählender Ultrahaufen führte den Marsch des gecharterten Sonderzuges an. Einige grün-weiße Aktivisten schauten dem munteren Treiben gesellig zu. Als der Mainzer Haufen die Heimpartei entdeck-te, versuchten sie, durch die Bullenkette zu stürmen, was in einer Hauerei mit der Polizei mündete. Prädikat sinnlos, also ab ins weite Rund… Dem Einlauf der Mann-schaften wurde bei uns nur genügsam

zugeschaut, Mainz dagegen zeigte anlässlich des 10-Jähri-gen Bestehens der Ultraszene Mainz eine ordentliche Pyro-show. Nach anfänglichem wei-ßen Rauch, wo man sich dach-te „Bravourös, hätte man sich auch sparen können“, erblick-te man einige rote Fackeln und eine kleine dazugehörige

Fahne mit der Aufschrift „Ultras“. Stim-mungstechnisch lässt sich einfach nicht von der Hand zu weisen, dass unser Sup-port nicht konstant auf gutem Level ge-

nun bin ich wach und kann sowieso nicht

de sich erstmal gesammelt. Nach einiger Zeit bemerkte man dann aber die Gästefans, welche gera-de unter der Unterführung heraus kamen. Ein guter 100

Mann zählender Ultrahaufen führte den

zugeschaut, Mainz dagegen zeigte anlässlich des 10-Jähri-gen Bestehens der Ultraszene Mainz eine ordentliche Pyro-show. Nach anfänglichem wei-ßen Rauch, wo man sich dach-te „Bravourös, hätte man sich auch sparen können“, erblick-te man einige rote Fackeln und eine kleine dazugehörige

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16. Spieltag: Bremen 4:1 WolfsburgIrgendwie wird es zur Gewohnheit, dass unser VfL immer genau mitten zur bes-ten Vorweihnachtszeit in Bremen gas-tiert. Obwohl die Saison im Zeitraum August-Dezember und Januar-Mai genü-gend Alternativtermine bietet, durfte der heimische Fußballpöbel zum wiederhol-ten Male an einem Adventssamstag im RE Platz nehmen, um seiner Mannschaft in der nahen Ferne die Daumen zu drü-cken. Mit an Bord wie immer um diese Jahreszeit Tante Erna samt Bibelkreis, Seniorentanzverein und Orchideenclub, die die günstige Gelegenheit nutzen

wollten, um gemäß dem (sinnlos) Motto „so jung kommen wir nie wieder zusam-men“ noch einmal gehstockschwingend auf dem Bremer Weihnachtsmarkt rum-zuhoolen. Meine Liebe zu Weihnachts-märkten hält sich irgendwie in Grenzen. Jedes Mal die gleiche Aneinanderreihung von Fressbuden, überteuertem Fusel und (glühwein-)seligen Menschen, die ein-mal im Jahr ein oktroyiertes Verlangen verspüren, jedem im Umkreis ihre Liebe spüren zu lassen. Ich will jetzt nicht in die Grinch-Rolle schlüpfen, aber – um es mit den Worten eines schlauen schlauen

halten werden konnte. Einige Lieder wur-den abermals nur von den einschlägigen Gruppen geträllert, bei Kassenschlagern stimmte dann die komplette Kurve mit ein. Schlichtweg Durchschnitt. Der Gäs-teblock schwelgte die gesamte Spielzeit wohl noch in Erinnerung an die Pyroshow, etwas zu hören gab es bei uns leider nicht. Sichtbar war aber, dass sich der Ultrahau-fen abrackerte und durch einige Fähnchen durchweg in Bewegung war.Das Spiel ist rasch erzählt, Wolfsburg ging schnell mit zwei Treffern in Führung und konnte das auch solide in die Halb-zeitpause schaukeln. Zum Seitenwechsel ließ sich die Truppe abermals hängen und kassierte kurz nach der Pause sowie in der Schlussphase noch jeweils einen Treffer, sodass man sich mit einem Remis mit den Kaspern aus Rheinhessen begnügen

musste. Schade! Die Mehrheit war sicht-lich unzufrieden und nicht zu Unrecht machten viele Leute ihrem Frust Luft. Als

das Tifomaterial verstaut war, begab man sich auf den unspektakulären Rückweg in die Pinte und ließ den Abend bei einem Bier(s) ausklingen. Cheers! Yeti

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Menschen zu sagen – „für mich sind die letzten Wochen im Jahr immer die Pest.“. Es ist ein so bisschen wie mit dem WM-Hype, ich brauche weder ein überdimen-sioniertes Großereignis, um mir meiner Liebe zum Fußball bewusst zu werden, noch den ganzen Kommerzbums drum herum. Naja, sei’s drum, oben genannte Zielgruppe sollte allerdings noch eini-ges an Geduld und Nerven aufbringen müssen, ehe sämtliche Würstchenbuden, Glühweinstände und Nippesver-käufer einer inten-siven Be-gu tach tung u n t e r z o g e n werden konn-ten.Das Vorhaben eines besinn-lich-ruhigen Ad-ventsausfluges wurde nämlich von Anfang an durchkreuzt, hatte sich doch bereits im Zug bereits eine d r e i s t e l -lige Anzahl sogenannter Fußballfans breitgemacht. Routiniert hatte der asozi-ale Gewalttätermob zu diesem Zeitpunkt schon den ersten und einzigen Umstieg in Hannover gemeistert und befand sich gerade schon im Blutrausch auf der letzten Reiseetappe, als kurz hinter der Landeshauptstadt schon wieder Schluss war. Eine ausgebüchste Pferdebande hat-te kurzerhand einen Zaun durchbrochen und blockierte die Weiterfahrt für annä-

hernd zwei Stunden. Auch Wochen da-nach mutmaßt der Autor noch über den Sinn der Aktion. Unklar bleibt, ob es sich um einen symbolischen Akt des Über-schreitens von Grenzen handelte oder die Maßnahme auf eine Solidarisierung mit den Artgenossen abzielte, die zeitgleich auf dem Bremer Weihnachtsmarkt ihren letzten Weg vom Pappteller mit Senf in die Mägen der zahlen- den Kundschaft a n - traten. Obwohl

normalerweise Solidarität nach dem Gießkan-n e n p r i n z i p verteilt wird, gab’s sofort ein klares B U U U H , weil ein p ü n k t l i -ches Ein-t r e f f e n i m m e r

mehr in weite Ferne rückte. Entsprechend betrat die Grup-

pe auch erst zehn Minuten nach Anpfi ff das Weserstadion und quetschte sich zwischen die restliche Wolfsburger An-hängerschaft, die an diesem Tag mit ei-ner knapp vierstelligen Anzahl vertreten war und den Gästeblock ansprechend füllte. Die Stimmbänder wurden kurz angeleiert, da rappelte es schon im Tor und das Tröööööt hallte zum ersten von insgesamt vier Malen durchs Stadion. Vier Gegentore sollten es also am Ende gewesen sein und auch ansonsten gab

ges an Geduld und Nerven aufbringen müssen, ehe sämtliche Würstchenbuden, Glühweinstände und Nippesver-käufer einer inten-

Das Vorhaben eines besinn-lich-ruhigen Ad-ventsausfluges wurde nämlich von Anfang an durchkreuzt, hatte sich doch bereits im Zug bereits eine d r e i s t e l -lige Anzahl sogenannter Fußballfans

die Mägen der zahlen-a n - traten. Obwohl

normalerweise Solidarität nach dem Gießkan-n e n p r i n z i p verteilt wird, gab’s sofort ein klares B U U U H , weil ein p ü n k t l i -ches Ein-t r e f f e n i m m e r

mehr in weite Ferne rückte. Entsprechend betrat die Grup-

pe auch erst zehn Minuten nach Anpfi ff das Weserstadion und quetschte sich

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Der Biermob unterwegs...Winterpause. Keine so schöne Zeit. Obwohl so ein wenig Ruhe vor den ganzen Ultra-Tätigkeiten, den Leuten, dem Verein und auch dem Fußball an sich auch mal ganz gut tun kann. Aber die Wochenenden nur zu Hause abgammeln erfüllt auch nicht seinen Zweck, sodass der Plan geschmiedet wurde, verschiedene Wolfsburger Kneipen auf

sich eines der grün-weißen Teams keine Mühe, auch nur ansatzweise von ihrem verkackten Söldner-Image wegzukom-men. Kleiner Tipp, Bremen war’s nicht. Trauriger Auswärtsschlusspunkt einer beschissenen Hinrunde. Verpisst Euch!Deutlich erfreulicher ging es dann doch im Gästeblock zu, wo zu Beginn der zweiten Halbzeit einige Fackeln präsen-tiert wurden – alle natürlich im Rahmen der Pyrokampagne kontrolliert in der Hand gezündet. Noch erfreulicher war allerdings die Reaktion des Gästeblocks, der trotz massiver medialer Hetze ap-plaudierte und damit ein klares Statement pro Pyro abgab. Es ist schön zu sehen, dass immer mehr Fans von den Vorzü-gen kontrolliert und sicher abgebrannter Pyrotechnik begeistert sind und manipu-lierte Umfragen von DFB & DFL nicht repräsentativ sind. Ansonsten passte sich der Gästeblock aber auch eher dem Ni-veau des sportlichen Geschehens an und trällerte vor sich hin. Irgendwie war am Ende des Jahres die Luft raus und man schaute nur noch resigniert auf den Platz. Die Bremer Heimkurve blieb auch nicht weiter in Erinnerung, solides Standard-programm würde ich sagen. Via Spruch-band wurde nochmals auf die Ablehnung des Bremer Fankodex‘ aufmerksam gemacht. Die Jungs (und Mädels – jaja

gendern und so) aus der Hansestadt boy-kottieren die Unterzeichnung eines soge-nannten Fan-Ethik-Kodex. Die Gründe in ihrer Ausführlichkeit zu schildern, würde jetzt aber den Rahmen sprengen, Aktion hat auf jeden Fall meine Zustimmung, weshalb an dieser Stelle auf folgende Seite verwiesen sei: http://neinzumko-dex.blogsport.de/ Für eine freie und kri-tische Fankultur. Kämpfen Ultras!Der Rückweg wurde komplett und ge-schlossen zu Fuß angetreten. Die Be-fürchtung, dass die Polizei nochmal groß aufspielen würde, um ihre Datenbanken aufzufrischen und einigen Personen die Pyroaktion anzuhängen, bewahrheitete sich leider. Warum man dazu allerdings die entsprechenden Leute mit massiven Gewaltandrohungen „Beweg dich ja nicht, sonst brechen wir dein Genick.“ hinter dunkle Häuserecken ziehen muss, ist mir schleierhaft. Ist bestimmt diese De-Eskalationstaktik, von der diese hirn-amputierten Schwachmaten aus der GdP immer reden… Deswegen etwas gefrus-tet ging es relativ verhalten zurück in die Autostadt, die diesmal ohne tierische Störfälle (abgesehen von ekelhaft vielen Bullen im Zug) zu humaner Zeit erreicht wurde. Auswärts 2011 – tschüüüß…

Marius

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ihre Tauglichkeit zu testen. Und nicht einfach nur stumpf zum Saufen, neeeeiiiinn, na-türlich nicht, das Ganze hatte durchaus journalistische Gründe, um auch dem Kurven-klatsch Leser mit einigen wissenswerten Infos zu versorgen und so ein wenig über unse-re Stadt und Kneipenkultur zu informieren. Bitte nicht alles Bierernst (höhö, Wortspiel) nehmen, aber ein wenig Unterhaltung kann ja auch mal nicht schaden und ist vielleicht auch gar nicht so uninteressant für die auswärtigen Stadionverbotler.Kiosk Wagner:Unsere erste Station war die Wolfsburger Nordstadt und der sich hier befi ndliche „Ki-osk Wagner“. Nicht unser erster Besuch, dient die Kaschemme doch bei den wenigen Eishockeyspielen, die wir (der Biermob) besuchen, meist als Treffpunkt. Die Kneipe ist sicher nix für Warmduscher und dementsprechend sieht auch dass Klientel aus, was sich hier so tummelt, aber vielleicht gerade deswegen ne schöne Atmosphäre. Bier kostet auch nur 1,50 € (Gilde)und mit TV – Gerät, Dartscheibe und Spielautomaten gibt’s auch was zum beschäftigen. Für Eishockeystadionverbotler also durchaus ne Offerte.- Working Class Pinte- Billiger Suff- Als Svler Kneipe für Eishockeyhools zu empfehlen- Von der Bestellung von „bunten Tüten“ wird eher abgeraten (frisch sieht anders aus)

4 von 5 BiermobsterneBei Anna:Eigentlich wollten wir jetzt die berühmte „Tunnelschenke“ am Bahnhof aufsuchen, un-coolerweise hatte die erste Anlaufstelle für alle VW- Schichtarbeiter geschlossen. Also weiter zu „Anna“. Der Name ist zwar nicht Programm, statt Anna steht Mehmet hinterm Tresen aber immerhin war geöffnet. Früher wurde die Kneipe auch von einigen VfL Fanclubs als Treffpunkt auserkoren und selbst die Weekend Brothers verlegten eins ih-rer Wochenendmeetings in eben jene Bude. Riesen Tresen, Billardtisch, Musikbox und sogar eine VfL-Dekoration. Abzüge gibt’s für das neue Vereinswappen.- Längster Tresen Wolfsburgs, Billardtisch und Daddelautomaten, Jule-Box!- Flachbildschirme passen nicht zum Ambiente- VfL-Deko, aber neues Logo, abhaun mit dem Rotz- Standardpublikum: Rentner und VW-Zecher- Keine Speisekarte

4 von 5 Biermobsterne

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Kaufhof Kiosk:Der Kaufhof Kiosk war mir bisher nur aus Mythen bekannt, aber es gibt ihn wirklich. Allerdings leidet das kleine Kabuff unter harten Repressionen der Stadt Wolfsburg, die ein Trinken von Alkohol nur in 10 Metern Entfernung erlaubt. Der einzige Gast neben uns sah übrigens aus wie „Brösel“, also der Zeichner/Macher von den Werner Filmen. Ansonsten ist das hier ein schönes, ruhiges Fleckchen. Für den Sommer sicher zu emp-fehlen.- Direkter Anschluss an die Kneipenmeile- Zentral, aber ruhig- Idyllischer Biergenuss in Einklang mit der Natur- Staatliche Repression schränkt Biergenuss ein (10m Bannmeile, wird aber missachtet, Biernomaden con noi)- Kein warmes Essen

3 von 5 BiermobsterneKleine Kneipe:Die „Kleine Kneipe“ war mir bisher vollkommen unbekannt, obwohl das Gerät direkt neben dem bekannten und oft besuchten Balkangourmettempel „Lika Grill“ sein Da-sein fristet. Herausragend auf jeden Fall die Toiletten in markantem Zonenstyle, sieht aus wie ein Bunker und durchs Toilettenfenster hat man noch einen perfekten Blick auf einen rumänischen Hinterhof. Joar und sonst? Bier war gut, Musik leise, insgesamt also solide ohne besondere Highlights.- Sanitäre Anlagen Zonenstyle- Dart und Daddelautomaten, aber kaum Musik- Schals als Deko- Publikum: Rentner und mittelalte Zecher- Rush hour 17 Uhr erreicht- Speisekarte fehlt

3 von 5 BiermobsterneSchlemmergrotte:Die Schlemmergrotte befi ndet sich gleich nebenan. Pluspunkte gibt es für die Namens-kreation, gefällt. Im Gegensatz zu den anderen besuchten Kneipen fi nden sich hier kaum Asis, mehr was für normale Leute. Alles sehr festlich eingerichtet, sauber und urig. Vor allem die Wände machen was her, wie ne Höhle bzw. Grotte, hier ist der Name also

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echt Programm. Für Fußballvagabunden aber eher nicht zu empfehlen, die Bezeichnung spießig passt hier durchaus.- Uriges Ambiente, Steinwald, Toiletten geil!- Raucherkneipe, deshalb kein Essen- Dartscheibe, Spielautomaten, festliche Deko- Gemütlich aber keine Asis, buuhh

3 von 5 BiermobsterneHohenstein Schenke:Auch diese Kneipe war für den Biermob absolutes Neuland. Konnte aber umso mehr positiv überraschen. Einrichtung sehr cool, nicht zu bonzig, aber auch nicht zu gamm-lig, gute Mischung. Der Wirt ist Grieche, spendiert Ouzo und ist Fan von PAOK Salo-niki, sodass auch gleich Fußballbezug hergestellt ist. Minuspunkte gibt’s aber für die kleine HSV-Ecke mit Schal und Uwe Seeler-Autogrammkarte. Auch die Gäste waren sehr angenehm, sehr gemischtes Publikum (naja also Jugendliche sonst eher nicht), die gleich mal wissen wollten, was hier unser Auftrag ist und auch sehr pro Ultras einge-stellt waren, hehe. Nur unsere Gesangseinlagen (irgendwann schlägt der Alkohol auch mal an) wurden nicht so wohlwollend zur Kenntnis genommen.- Pro Ultras- Abzug für den Hamburg-Mist- Bier geil, Ouzo auch- Sehr gastfreundlich, guter Service- Musik top

4 von 5 BiermobsterneAltdeutsche BierstubeSoooo, letzter Programmpunkt die in Ultrakreisen doch sehr beliebte „Altdeutsche“. Viel sagen brauch ich glaub ich nicht, dürfte jeder kennen. Für viel Unterhaltung und billiges Bier ist immer gesorgt, 24 Stunden geöffnet, schaut vorbei, es lohnt sich (nicht).

5 von 5 Biermobsterne

Der Biermob

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Schweinske Cup 2012Wieder einmal kapitulierte der Fussball vor den Chaoten. Nein keine Angst, Ihr lest keine Gazette des Axel Springer-Ver-lags sondern das Schmuddelblatt der Ult-ras Wob, unabhängig und kritisch und so, mit einem gewissen Hang zum Stumpf-sinn. Naja zurück zum Thema, Schweins-ke-Cup, das lässt bei Kennern die Zungen schnalzen und auch vielen anderen lief das Wasser im Mund zusammen. Es schien als könnte man einen ganzen Bus füllen und hinfahren, am Ende waren wir zu viert, naja auch ok. Frühzeitig das vom letzten Jahr bekannte Hostel klargemacht, Karten vorbestellt und auf Infos der Veranstalter gewartet. Der Mob raunte, als der HSV und traditionellerweise natürlich auch St. Pauli als Teilnehmer vorgestellt wurden. Nach der (Zwangs-)Absage des HSV blie-ben dann außer Lübeck und St. Pauli nur Gammel. Freddy sagte mit einem lachen-den und einem weinenden Auge: „Naja mit dem HSV wär das Turnier eh abgebro-chen wurden, das wäre nie gut gegangen. So können wir wenigstens Pauli gucken.“ Ääääähm ja, Nostradamus kannste nicht werden aber dazu später.Nach der Arbeit/Schule/Rumhartzen traf man sich also am Bahnhof und startete mit der ersten Pilsette und folgend noch Alster von Toni die Tour, erreichte Hamburg und fuhr mit der S-Bahn zum Hostel. Schnell eingecheckt, Sachen auf‘s Zimmer ge-

bracht und zur Halle. Auf dem Weg dahin stärkte sich der Mob mit verschiedensten Substanzen, von Thunfi schbaguette über Koffein bis hin zur Kräuterzigarette war alles dabei. Kurz vor der Halle wurde sich aufgeteilt, an einem Haufen gekes-selter Lübecker vor der Halle vorbei zum Haupteingang, der aber nicht erreicht werden konnte, da überall Bullenketten, zerstörte Fenster und Verletzte vom Pfef-ferspray waren und die Paulianer Ultras wie ein Haufen aufgescheuchter Hühner teilweise mit Schal vorm Gesicht hin und her rannten. Einlasskontrollen gab‘s auch nicht mehr, Ticket also umsonst gekauft, scheeeeeiße… In der Halle schnell auf der Tribüne neben dem Pauliblock plat-ziert und erstmal verwundert die Halle mit Blicken abgecheckt. Vor dem USP-Block stand eine Bullenkette, der stechende Ge-ruch von Pfefferspray lag in der Luft und brachte nicht nur mich zum Dauerhusten. Zum Hintergrund: eine Gruppe Lübecker hatte zuvor eine ungünstig positionierte Pauli-Zaunfahne gezogen, danach eska-lierte das Ganze etwas.Der Block der Lübecker war bereits wei-testgehend leergefegt, ab und an kam der Haufen rein um kurz rumzuprollen oder um den Obermacker raushängen zu las-sen, doch immer nur für ein paar kurze Momente, dann verließ man den Block wieder. Für Schmunzeln auf unserer Sei-

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te sorgten die Lieder und Gesten die die Lübecker von sich gaben, das Lied „Wir wollen nur saufen und kloppen“ trifft das Niveau dieser Dullischar recht gut.Apropo Dullischar, unterstützt wurden die Lübecker von einigen blauen Hambur-gern, naja, wenn man beim eigenen Ver-ein wegen „Gewaltverzicht“ schon nicht rumhoolen darf und sich als weltoffen ausgibt muss man halt woanders den Ma-cker raushängen lassen, mal schauen was da noch so kommt… Leider packte die USP in Folge des Fahnenverlustes und des Bulleneinsatzes ihren Tifo zusammen und verließen die Halle, was die Tour bis dahin komplett versaute. Zwischenzeitlich ver-suchten die Paulianer es noch einmal mit einem Angriff über die Tribünen, man war aber zu zögerlich und auch Lübeck/HSV sprangen nur im eigenen Block rum und warfen Becher, anstatt aktiv entgegenzu-kommen. Paar Pauli-Kutten dann ab und an noch mit einigen Liedern, aber nichts Besonderes. Mit Kim dann die Halle ver-lassen, um sich die Abfahrt der Lübecker anzusehen, die von den Bullen aus dem Block gescheucht wurden, leider kam es zu keiner Action, sodass es wieder ohne Kontrolle in die Halle ging, ne Stunde noch ein bisschen Fussball geguckt, um dann mit einer abschließenden Begutach-tung der Schäden die Halle zu verlassen, hat sich ja mal gelohnt die Tour...Auf dem Weg zur S-Bahn sah man noch den Ultra-Mob, der gefolgt von etlichen

Bullen ebenfalls zur Bahn ging, natür-lich nicht, ohne immer mal wieder unter lauten Rufen gegen die Bullen Gestände auf die Straße zu räumen. Rechneten wir hier schon mit Ausschreitungen gegen die Cops kam es wohl erst an der Halte-stelle zu Riots, etliche Ultras eilten vom Bahnsteig zum Bahnhofskiosk um sich die Augen auszuspülen. Da uns die ganze Situation zu heikel war, gingen wir eine Haltestelle weiter, um von dort aus Rich-tung Schanze zu fahren, wo im Anschluss ewig bei Pizza und Astra in einer Bäckerei über das Erlebte diskutiert wurde. Nach-dem die Biervorräte aufgebraucht waren, ging es gegen Mitternacht zum Frustsuff in den Thomas Read Pub, einen Irish Pub mit zwei zusätzlichen Dance-Floors di-rekt an der Reeperbahn, hatten wir doch zwischenzeitlich erfahren, dass das Tur-nier aufgrund der Vorfälle abgebrochen wurde. Hier wurde sich erstmal im Pub breitgemacht und bei geiler Live-Musik der erste Pitcher getrunken, es folgten noch einige, merkwürdig, dass der Preis stark schwankte. Während ich 14 Euronen zahlte, musste Freddy nur acht? auf den Tisch legen, sehr merkwürdig alles...Gegen zwei Uhr wurde dann der Dance-fl oor betreten. Während der sichtlich an-geschossene Toni mit Kim ausschwärmte, die Mädels im Laden zu checken, besetz-ten Tanz-Muffel Freddy und ich die Theke und dezimierten die Schnapsvorräte der Bar in seiner vollen Vielfalt, auch Toni

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Gebrüder DFB&DFL´s MärchenEs war einmal… Am Dienstag, den 10.01.2012, an dem DFB und DFL Ergebnisse einer im Dezember 2011 durchgeführ t en Meinungsumfrage veröffentlichten und damit in Fuß-balldeutschland für jede Menge Trubel sorgten. Leider ohne Jubel und Heiterkeit. Eiskalt als „repräsenta-tive“ Umfrage verkauft, frohlockten die

Offi ziellen mit dem sagenhaften Ergebnis: „Die über-w i e g e n d e Mehrheit der Fans lehnt den Einsatz von Pyro-Technik bei F u ß b a l l -Spielen ab“. 84,4 % der „Fußballin-teressierten“ seien da-gegen und

79,5% würden harte Strafen fordern, so tive“ Umfrage verkauft, frohlockten die

„Die über-w i e g e n d e Mehrheit der Fans lehnt den Einsatz von Pyro-Technik bei F u ß b a l l -Spielen ab“. 84,4 % der „Fußballin-teressierten“ seien da-gegen und

79,5% würden harte Strafen fordern, so

gab nochmal eine Runde aus, mit bösen Folgen wie sich später rausstellen sollte. Nachdem auch Freddy und ich uns auf die Tanzfl äche begeben hatten und auch alle Sarahs aus Buxtehude in dem Laden kennengelernt wurden, verließen wir den Laden gegen sechs Uhr morgens, um we-nigstens noch ein bisschen im Hotel zu schlafen, natürlich nicht ohne das obliga-torische Bier an der Rezeption.Recht schnell schlief man ein, nur Toni hatte eine unruhige Nacht, wollte sein Körper doch nach dieser Nacht nicht wie er wollte…Gegen elf Uhr klopfte es an der Tür, der Rezeptions-Siggi kam rein und bat uns das Zimmer zu verlassen, waren wir doch immerhin schon ne Stunde über dem ei-

gentlichen Check-OutVon meinen „Sight-Seeing“ Vorschlägen hielt natürlich keiner was, obwohl Freddy ja laut Hajopei auch gerne mal den Kultur-Hool spielt. Also ab zum Hauptbahnhof, in den Metronom rein und ab nach Hause, gegen 15 Uhr Wolfsburg erreicht, und nur kurze Zeit später auch das heimische Bett, ein Segen sag ich euch!Das ernüchternde Fazit der Tour: Randale verpasst, kein Support, Turnier abgebro-chen. Nur der Abend auf der Schanze/Reeperbahn konnte die Enttäuschung ein wenig lindern.Es bleibt zu hoffen, dass das Turnier nicht eingestellt wird, kann es doch bei passender Team-Auswahl eine geniale Bühne für gesangliche Wettstreite bieten. Klein Mate

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zu lesen. Eine sagen-hafte Meldung, im wahrsten Sinne des Wortes, doch dazu später mehr.Bereits kurz nach der Meldung entbrannte in Fußballdeutschland heftiges Empören, und zwar zu Recht. Heftiger Gegenwind kam dabei nicht nur aus den Reihen der Ul-tras und eingefl eischten Vereinsanhänger, sondern auch von Journalisten, dem Ver-band „Pro Fans“ und dem selbsternannten Magazin für Fußballkultur „11 Freunde“. Kritisiert werden vor allem zwei märchen-hafte Aspekte. Erstens die Behauptung, dass es sich um eine repräsentative Studie handle und zweitens die Formulierung der Fragen (Suggestivfragen), die die Befrag-ten förmlich dazu drängen, eine bestimm-te/erwünschte Antwort zu geben. Doch was gilt es besser zu machen? Und wie viel Wahrheit steckt denn nun wirklich im neuesten Märchen von DFB & DFL?Natürlich ist Pyro geil und ich könnte auch mehrere Seiten mit Pro-Pyro-Argumenten füllen. Aber die kennen wir ja alle schon. Worum es hier geht ist zu zeigen, warum die Umfrage von DFB & DFL absolut kei-ne Aussagekraft hat und somit auch nicht gezeigt wurde, dass Pyrotechnik von „den Fußballfans“ mehrheitlich abgelehnt wer-de.Zwar sollte einen das von DFB und DFL im Rahmen der Kampagne „Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“ an den Tag gelegte Verhalten (u.a. Ein-stellung der Gesprächsbereitschaft, nicht Einhaltung getroffen Absprachen und im Nachgang sogar deren Leugnung) beim Thema Pyrotechnik kaum noch über-

raschen, trotzdem haben sie es mit den dreist vorgetragenen Studienergebnisse geschafft. Zugegeben, leicht schmunzeln musste ich angesichts der frechen Mär-chenstunde schon. Entweder halten sie alle „Fußballinteressierten“, die diese Meldung ja zweifelsohne zur Kenntnis genommen haben, für blöd, oder … eine andere Erklärung will mir einfach nicht einfallen.Jetzt aber endlich zur Sache:1. Zur Repräsentativität der Umfrage: Laut DFB/DFL wurden 2.000 Bundesbür-ger befragt. Davon waren allerdings nur 960 „fußballinteressiert“. Und nur auf die beziehen sich logischerweise die Ergeb-nisse. Bei einer repräsentativen Umfrage müssen grundsätzlich zwei Dinge getan werden. Erstens muss genau defi niert werden, was für Personen ich befragen möchte (hier „Fußballinteressierte“). Die-ser Personenkreis heißt dann Grundge-samtheit. Zweitens muss ich für repräsen-tative Ergebnisse mindestens 1.000-1.500 Personen meiner Grundgesamtheit, also Fußballinteressierte, befragen (so wird es beispielsweise von Infratest dimap bei Wahlumfragen und der Sonntagsfrage gemacht – Zur Info: 1.000-1.500 Befrag-te gelten als absolut ausreichend. Selbst wenn mehr Personen, meinetwegen bis zu 10.000 oder noch mehr, befragt werden, weichen die Ergebnisse nur minimal von der Umfrage mit 1.000-1.500 Befragten ab! Sind es aber weniger als 1.000, sind Abweichungen nicht unwahrscheinlich und somit nicht repräsentative Ergebnis-se die Folge). Schließlich wurden in der

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DFB/DFL-Umfrage zu wenig „Fußballin-teressierte“ befragt. Somit ist die Studie nicht repräsentativ.Und selbst wenn eine ausreichende Men-ge an „Fußballinteressierten“ befragt worden wäre, stellt sich doch die Frage, was „Fußballinteressierte“ überhaupt sind? Sind das Eltern, die die Spiele ih-rer Kinder im örtlichen Fußballverein besuchen, Kneipengänger, die sich die Sky-Konferenz geben, Leute, die nur die nur Pokalfi nals gucken, Personen mit ei-ner Dauerkarte oder nur die, die schon einmal eine 34er Saison gemacht haben? Besonders für die Frage nach Pyrotechnik müsste das Konzept „fußballinteressiert“ sinnvollerweise eingegrenzt werden. Lei-der wurden bislang keine Informationen preisgegeben, wie ermittelt wurde, ob je-mand „fußballinteressiert“ ist. Ich hoffe nicht einfach mit der Frage: „Interessieren Sie sich für Fußball?“… Sinnvollerweise sollten nur die Personen berücksichtigt werden, die Fußballspiele regelmäßig im Stadion verfolgen. Da es um die Ak-zeptanz und Einschätzung der Sicherheit von Pyrotechnik geht, sollten zudem zwei Gruppen von Personen unterschieden werden. Die, die sich regelmäßig im Fan-bzw. Stehplatzblock (meistens von Pyro-technik „betroffen“) befi nden und die, die sich im Sitzplatzbereich aufhalten (nicht von Pyrotechnik betroffen, wenn sie wie von der Kampagne anvisiert, kontrolliert abgebrannt wird).Bei der nächsten Umfrage also bitte ers-tens eine sinnvolle Grundgesamtheit de-fi nieren und zweitens ausreichend Perso-

nen der Grundgesamtheit befragen. Dann klappt es auch mit der Repräsentativität!2. Zu den (Suggestiv-)Fragen: Eine Sug-gestivfrage ist so formuliert, dass der Be-fragte regelrecht dazu gedrängt wird eine bestimmte Antwort zu geben. In der Um-frage wurden zwei solcher Fragen genutzt. Die Erste lautete: „Das Abbrennen von Pyrotechnik (z.B. Bengalische Feuer) in deutschen Stadien ist derzeit verboten. Ist dieses Verbot richtig?“ Die gewählte For-mulierung unterstellt, dass das bestehende Verbot richtig ist und fordert den Befrag-ten auf dazu Stellung zu nehmen. Durch diese Vorbewertung wird dieser in seiner Meinungsbildung beeinfl usst, da von ihm erwartet wird, der Aussage zuzustimmen.Die zweite Frage lautete: „Das Abbrennen von Pyrotechnik im Stadion ist gefährlich, schadet dem Fußball und sollte daher hart bestraft werden?“ Hier wird der suggesti-ve Charakter noch deutlicher. Es werden bereits in der Frage zwei Dinge behauptet, dass das Abbrennen gefährlich sei und Py-rotechnik im Stadion dem Fußball schade. Dem Befragten wird kein eigenes Urteil erlaubt, ob er es denn wirklich für gefähr-lich hält, bzw. unter welchen Bedingungen er die Nutzung welcher pyrotechnischen Gegenstände für gefährlich/nicht gefähr-lich hält und ob er der Meinung ist, dass das Pyro dem Fußball schade. Zusätzlich werden die Behauptungen mit der Frage verbunden, ob ein Verhalten, dass ja an-geblich gefährlich und schädigend sei, aus diesem Grund härter bestraft werden soll-te. Bei der Beantwortung steht der Befrag-te vor dem Dilemma entweder zu sagen

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„Nein, obwohl es gefährlich ist und dem Fußball schadet, sollte es keine härteren Strafen geben“ oder „Ja, da es ja gefähr-lich ist und dem Fußball schadet, sollten auch die Bestrafungen verschärft werden“ – Logisch, dass der Großteil der Befragten Letzteres wählt (abgesehen davon, bin ich mir auch nicht sicher, ob „Fußballinteres-sierte“ wissen, was Pyrotechnik wirklich ist, was es gibt und wie es jeweils benutzt wird).Folgende Fragen wären sinnvoller:„Es gibt verschiedene Meinungen zu der Sicherheit und den Gefahren beim Ab-brennen von Pyrotechnik. Halten Sie das Abbrennen von Pyrotechnik für Gefähr-lich?“„Sollte das Abbrennen von Pyrotechnik (z.b. Bengalische Feuer) in deutschen Sta-dien verboten sein?“„Sind Sie der Meinung, dass das Abbren-nen von Pyrotechnik im Stadion positiv oder negativ für das Image des Fußballs ist?“„Ein Vorschlag lautet, das Abbrennen von Pyrotechnik kontrolliert, d.h. durch be-stimmte Personen in bestimmten Berei-chen, zu erlauben. Würden Sie eine solche Regelung befürworten?“„Das Abbrennen von Pyrotechnik ist straf-bar und wird geahndet. Sollten die existie-renden Strafen verschärft werden?“Das nächste Mal also das Ergebnis bitte nicht vorweg nehmen und neutrale For-mulierungen benutzen sowie verschiedene Aspekte einzeln abfragen. Dann können auch ohne Probleme geschlossene Fragen (Ja/Nein als Antwortmöglichkeit) genutzt

werden.3. Zur Rolle von tns-infratest: Bei tns-in-fratest handelt es sich um ein renommier-tes Dienstleistungsunternehmen, das in mehreren Bereichen und für verschiedene Unternehmen, Verbände, Institutionen etc. Umfragen durchführt. Gänge Praxis bei der Beauftragung von Studien ist es, dass der Auftragsgeber u.a. die Fragen formu-liert und die zu befragende Zielgruppe defi niert. Da mit der Umfrage aber of-fensichtlich die ablehnende Haltung von DFB/DFL gegenüber Pyrotechnik gestärkt werden sollte, hat man die Fragen absicht-lich so formuliert und den Adressatenkreis bewusst weit gefasst. Inwiefern Infratest nun im Vorfeld der Umfrage DFB/DFL über die methodischen Probleme und die beschränkte Aussagekraft einer solchen Umfrage aufgeklärt hat, wissen sie wahr-scheinlich nur selbst. Natürlich ist dies von einem professionellen Umfrageinsti-tut zu erwarten. Es erhärtet sich also der Verdacht, dass DFB/DFL unbedingt ein bestimmtes Umfrageergebnis erzielen wollte!Alles in allem hat die Umfrage keinerlei Aussagekraft und gehört in die sagenhaf-te Welt der Märchen. Sie ist methodisch unsauber durchgeführt worden und hatte von Anfang an einzig das Ziel, bestimmte Ergebnisse zu liefern, um die ablehnende Haltung von DFB und DFL beim Thema Pyrotechnik durch eine „objektive“ Um-frage zu unterstützen. Die verschwendeten Anstrengungen wären mal lieber in den Dialog mit den Fans investiert worden. Ich gehe davon aus, dass die von allen Seiten

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Weekend Brothers - NeujahrsturnierUnd schon wieder wird es Januar. Das Jahr 2011 liegt hinter uns mit allen Hö-hen und Tiefen. Der Fast-Abstieg gegen Hoffenheim und die verkorkste letzte Saison unter McLaren und dem großen „Messias“ Felix Magath. Auch nach der Hinrunde hat es dieser nicht geschafft, unseren Verein für Leibesübungen aus dem Abseits der Tabelle zu manövrieren und trotz reichlicher Gelder des Volks-wagen-Konzerns gelang es nicht, eine ordentliche Mannschaft aufzustellen, die mit Herzblut spielt und nicht aus-schließlich ihr Bankkonto im Blick hat. Also lag es mal wieder an uns Fans, zu zeigen, dass es besser geht. Dazu trafen wir uns wie jedes Jahr zum Neujahrstu-nier in einer Sporthalle der Wolfsburger Vorstadt.Das Turnier ist für mich persönlich im-mer der große Lichtblick in der Winter-pause, bietet es mir als Stadionverbot-ler unter anderem die Möglichkeit, mal wieder einen ganzen Tag mit meinen Freunden zu verbringen. Also ließ ich mich bis in die Haarspitzen motiviert morgens um 8 zu Hause abholen und half den „Boys“ beim Aufbauen ihres Standes. Wie in den vergangenen Jahren hat unsere U18-Fraktion das Turnier in Eigenregie organsiert und durchgeführt

– Respekt dafür. Gegen elf waren dann auch die letzten Turnierteilnehmer ein-getrudelt und so konnten wir mit dem mehr oder weniger gepfl egten Ballsport beginnen. Zum diesjährigen Turnier traten acht Szeneteams an, sodass sich nahezu die gesamte High Society der Wolfsburger Ultraszene die Ehre gab. Einzig das GWA – Siegerteam des Vor-jahres- sagte das Turnier kurzfristig ab, da sich ein Großteil seiner Mitglieder an diesem Wochenende bei ihren Freunden von den Pescara Rangers aufhielt. Neben dem sportlichen Wettkampf hatte das Turnier aber auch einen weiterführen-den Zweck. Die Startgelder der Teams sowie der gesamte Erlös aus dem Ver-kauf von Essen und Trinken gingen an einen Ultra, für den das Weihnachtsfest nicht nur schöne Geschenke parat hatte. Die staatliche Repressionskeule schlug kurz vor Jahresende nämlich knallhart zu und verpasste dem Jungspund saftige Geldstrafen – selbstverständlich, dass wir da als Szene zusammenhalten und unserer sozialen Verantwortung gerecht werden.Abschließend bleibt noch zu sagen, dass das Commando Ultra dieses Jahr den Pokal gewann. Ist ja auch kein Wunder, wenn man den Unparteiischen stellt und

vorgebrachte Kritik natürlich nicht weiter berücksichtigt wird und DFB/DFL keine ordentliche Umfrage in Auftrag geben werden – Schließlich könnte man dann nicht mit so einem (erfundenen) Rück-

halt in der Bevölkerung prahlen und seine Märchensammlung erweitern…

Fork

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Pescara - Verona„Was du heute kannst besorgen, das ver-schiebe nicht auf morgen...“ Ich dachte mir, ich steige mal mit einem Zitat ein, wirkt professionell und so. Leider hab ich das Motto die letzten Wochen nicht gerade ernst genommen, diesen Text hab ich im-mer weiter nach hinten geschoben. Jetzt, Dienstag 19:20 Uhr, muss ich mich wieder einmal abhetzen, steht doch der Redak-tionschluss bevor. Das kennen bestimmt alle Leser: sei es der Lehrer, der einem im Nacken sitzt wegen irgendwelchen Haus-arbeiten, sei es der Chef, der immer wieder wegen irgendwelchen Akten vorbeischaut und immer wieder rummeckert oder die Mutter, die wegen dem dreckigen Zimmer rumstresst und einen Aufräummarathon einfordert. In meinem Fall ist es Marius, der AK-Diktator. War er doch immer ei-ner der coolsten AK-Leiter, wird er unter uns gesagt immer strenger, nichts mehr mit variablen Dead-Lines, neeeein, immer pünktlich muss es sein.. Daumen runter! Wenn du damit nicht klarkommst, dass du dir momentan nicht wegen Studium den ganzen Tag die Eier kraulen kannst, sondern dich mal für den Kapitalismus abackerst, dann lass das nicht an deinen Mitstreitern raus! Bald bist du ja wieder Studentensiggi.Naja genug der Sinnlosigkeit, geht es in diesem Bericht doch um unsere Amici

in Bella Italia, Pescara lud in sichtlicher Bier- und Schnapslaune die gefühlt gan-ze Kneipe zum Spiel gegen Verona ein, das absolute Hass-Spiel der Pescaresi und DAS Highlight der Saison! Verbunden wurde das Spiel in meiner Reisegruppe mit einer kleinen Hopping-Rundreise: Vicenza, Monza und Mailand wurden be-ehrt. Eigentlich sollte an dieser Stelle ein ausführlicher Reisebericht meinerseits zur ganzen Tour stehen. Da Freddy aber Angst hat, dass ich ihm und der Hajopeierei den Rang ablaufe, wurde es mir von Marius untersagt, ihr Lungerassis steckt doch alle unter einer Decke! Naja, vielleicht ist es auch besser so, schließlich ist es schon 19:35 Uhr, der Redaktionsschluss droht, mich fast zu ersticken und GZSZ beginnt gleich. Heute besonders wichtig, erhof-fe ich mir doch ein Feuerwerk der Liebe zwischen Vince und Lilly.Also zurück du dem was zählt, Montagmit-tag erreichten wir nach längerer Zugfahrt Pescara und wurden nach kurzer Wartezeit von Daniele und Steven abgeholt. Danie-le fuhr für italienische Verhältnisse sogar recht brav und erzählte uns nebenbei den neusten Klatsch und Tratsch, so sollen an-geblich etliche Diffi dati von Verona heu-te in die Stadt reisen und auch ansonsten ging man von einer frühen Anreise des dreckigen Faschistenpacks aus. Es ging an

das GWA nicht antritt Meine Glück-wünsch! An letzter Stelle geht nochmal ein großes Lob raus an die „Boys“, die das Turnier organisiert haben und die

Spieler und Zuschauer exzellent ver-sorgten. Danke Jungs!Cheers

Lope

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die ans Stadion angrenzende Barmeile, wo sich vier Stunden vorm Spiel schon an die 400 Leute versammelt hatten, unterstützt wurde Pescara heute wieder einmal von etlichen Freunden aus Messina und Vicen-za, aus Wolfsburg waren insgesamt 10 Ul-tras vertreten, bene! Immer wieder erhell-ten Bengalen die Szenerie, La Bombas s c h ü t t e l t e n den ganzen Körper durch und auch ein paar Blin-ker fl acker-ten unter dem dunklen Himmels. Dazu feinste italieni-sche Kurvenmelodien und etliche Pöbel-einlagen, Fussball pur!Auf einmal setzte sich der ganze Mob in Bewegung, aber wie man es auch aus dem heimischen Wolfsburg kennt, war es nur ein Fehlalarm, trotzdem eindrucksvoll wie sich hunderte teils vermummte Ultras wie aus dem nichts in Bewegung setzten. So die erste Seite ist voll, die erste Werbung bei GZSZ auch erreicht, natürlich wurde ich wieder enttäuscht, schade. Ok back to topic: Kurz vor knapp entschieden sich die Rangers dann doch noch, das Stadi-on zu betreten, stellt euch vor hunderte Ultras betreten erst ein paar Minuten vor Spielbeginn das Stadion, wenigstens die Kontrollen fi elen seeehr entspannt aus, auch bei den anderen Ultras schien das

der Fall gewesen zu sein wie sich später zeigen sollte.Über die Zäune in den Oberrang geklettert, was sogar Sportmuffel wie ich schafften, sich zur Mitte der Kurve durchgekämpft, es erschallten die ersten Lieder und plötz-lich war dieses Gefühl wieder da, wie gern

ich es euch e rk lä ren k ö n n t e , wie gern ich auch in euch dieses Gefühl we-cken würde, aber irgend-wie geht es nicht. An-dré, mein

Lieb- lingsschrei-berling im AK fand dazu die perfekten Worte: „Jede Schrift scheitert am Versuch, ultrà in Worte zu fassen!“ Die Mannschaf-ten betraten das Feld, vor, hinter und ne-ben mir fi ng es an zu zischen, dieser Ge-ruch von feinsten Tifo-Bengalen stieg mir in die Nase, nicht zum einzigen mal an diesem Abend, brannten doch übers ganze Spiel verteilt locker 20 Bengalen und eini-ge Blinker. Hinzu kam eine ähnlich große Anzahl an La Bombas, die regelmäßig auf der Tartanbahn explodierten. Ein unglaub-liches Gefühl!Auch der Support war kaum zu verglei-chen mit meinem letzten Besuch, die aus-verkaufte Curva wurde an diesem Abend unglaublich laut, auch die oftmals zitierte „Mitmachquote“ war, koordiniert durch

tras vertreten, bene! Immer wieder erhell-ten Bengalen die Szenerie,

ten unter dem dunklen Himmels. Dazu feinste italieni-sche Kurvenmelodien und etliche Pöbel-

lich war dieses Gefühl wieder da, wie gern ich es euch e rk lä ren k ö n n t e , wie gern ich auch in euch dieses Gefühl we-cken würde, aber irgend-wie geht es nicht. An-dré, mein

Lieb- lingsschrei-berling im AK fand dazu die perfekten

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mehrere Vorsänger, in einem sehr hohen Bereich. Im Allgemeinen wirkt der Sup-port sehr chaotisch, mal stimmt der eine Vorsänger etwas an und ein anderer etwas anderes, letztendlich einigt man sich aber irgendwie und die Kurve gibt Vollgas! Auffallend ist auch, dass es zu den ein-zelnen Melodien verschiedene Texte gibt, die frei Schnauze gewechselt werden. Schwierigkei-ten bereiteten mir und, so würde ich mal behaupten, auch den anderen die Geschwindig-keit der Lieder, scheint es, als würde man sich beim Singen die Zunge brechen. Aber ein bisschen Wortlaut, ein bisschen „Allez“ oder „Ohoh“ und Calle und ich sangen uns nebeneinander in Ekstase. Auch Matze entdeckte so manchen Ge-sang für sich und hatte sichtlich seinen Spaß, mit auf dem Zaun zu balancieren.Auch Spruchbänder wurden noch gezeigt, leider erlaubt es mir die fortgeschritte-ne Zeit - mittlerweile endet auch GZSZ gleich, und die versprochene Abgabezeit ist auch schon um 10 Minuten überschrit-ten - nicht, genau zu recherchieren, wor-um es ging. Wird wahrscheinlich eine net-te Pöbeleinlage gewesen sein, zumindest wurde das Spruchband durch die gesamte Kurve gereicht! Von Verona hörte man nichts, auch Respekt kann man vor die-

sem Haufen nicht haben, feiern sie doch in eigenen Publikationen ihre politische Gesinnung und sind Tesserati, haben so-mit die abstrusen Bedingungen akzeptiert, nur um auswärts fahren zu dürfen.Konsequenz im eigenen Handeln sieht an-ders aus!Nach dem Spiel soll es wohl noch geknallt

haben, leider be-kamen wir da-von nichts mit. I r g e n d w a n n ging es dann in die sehr ansehn-liche Wohnung von Christian, der uns um ein Uhr nachts noch Nudeln kochte und

seine Vino-Reserven für uns opferte, gra-zie frattelo! Nachdem seine Literatur über die italienische Ultra-Kultur analysiert wurde, er ein bisschen aus dem Nähkäst-chen über die Rangers und speziell Bubù, den verstorbenen Capo, geplaudert hatte, ging es in das nette Bed and Breakfast-Hotel von Silvana, die leider zu der Zeit in Deutschland verweilte. Paar Stunden gepennt, ging es nächsten Mittag nach Dusche und Kräuterzigarette in die Stadt, schließlich wollte man uns trotz Zeitdruck noch einmal mit Pizza und Nudeln ver-sorgen. Essen mit Freunden hat hier halt einen extremen Stellenwert, aber darüber berichten wir ja jedes mal.. Nach längerer Verabschiedung wurden wir zum Flughafen gefahren und ab ging

die frei Schnauze gewechselt werden.

scheint es, als würde man sich beim Singen die Zunge brechen. Aber ein bisschen Wortlaut, ein bisschen

haben, leider be-kamen wir da-von nichts mit. I r g e n d w a n n ging es dann in die sehr ansehn-liche Wohnung von Christian, der uns um ein Uhr nachts noch Nudeln kochte und

seine Vino-Reserven für uns opferte, gra-zie frattelo! Nachdem seine Literatur über

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es durch die Sicherheitskontrolle, wo mich aber plötzlich ein Flughafen-Se-curity vollaberte, zu Anfang hab ich nur Bahnhof verstanden, irgendwann fi elen aber seinerseits die Worte „Calcio“ und „Grazie Wolfsburg“, krass! Nach kurzem Flug trennten sich wieder die Wege unse-rer beiden Besatzungen, wir hatten defi ni-tiv die lustigere Fahrt, vertrug Kiese doch den McDonalds-Fraß nicht und litt unter Magenkrämpfen, die doch ganz schön auf sein Gemüt schlugen! Kennt man ihn als Menschen, der mehr Dünnschiss labert als sonst wer, saß er nun still in die Ecke gepresst, atmete schwer und fuhr immer wieder das Fenster runter, um frische Luft zu schnappen. Konnten wir uns jetzt schon kaum vor lachen halten, schaffte Kiese die pure Eskalation: Nur noch drei Minuten von seinem Haus und dem rettenden Klo entfernt schrie er auf einmal laut Niko an

und forderte ihn zum sofortigen Halt auf. Noch während er die Tür öffnete, schrie er nach Taschentüchern, die wir leider nicht dabei hatten, daraufhin verschwand er im Sprint in den Wald. Gefühlte 10 Minuten später kam er wieder, sichtlich erleichtert und stieg wieder ins Auto.Auf den letzten drei Minuten Fahrt erzähl-te er uns, wie er seine Flugbescheinigung als Klopapier benutzte, natürlich nicht ohne vorher alle Teile mit persönlichen Teilen abzureißen. Sichtlich begeistert vom Erlebten erreichte man nach einer weiteren 3/4 Stunde Wolfsburg, um wenig später das heimische Bett in Beschlag zu nehmen. Mein Danke gilt allen Mitfahrern und den Freunden aus Pescara, grazie per tutti!No alla Tessera!

Klein Mate

Fankongress Berlin 2012Irgendwie hab‘ ich mir die Einleitung des Berichtes einfacher vorgestellt, sitze ich doch schon eine halbe Stunde vor meinem Laptop und frage mich, wie ich den Text gebührend beginnen kann. Na dann eben so. Nachdem der letzte Fankongress, da-mals noch in Leipzig, schon 4 ½ Jahre her ist und dieser noch von DFB & DFL orga-nisiert wurde , war es nach der Fandemo 2010 also mal wieder an der Zeit, über den Erhalt der Fankultur zu diskutieren und ein weiteres Ausrufezeichen zu setzen. Die Datierung des Kongresses auf das Wochenende um den 14. Januar sollte hin-sichtlich des WB-Neujahrsturniers und des

Pescara-Besuchs (die Berichte dazu habt ihr, oder werdet ihr sicherlich gleich noch lesen) für uns, respektive mich, also zum sprichwörtlichen Rosinenpicken werden, hätte ich doch gerne an allen drei Veran-staltungen mitgewirkt. Wie dem auch sei. Das Spiel der Italiener wurde auf Montag verlegt und fi el somit für mich fl ach. Da man den anderen beim Turnier doch noch eine ersichtliche Chance lassen wollte ;-), entschied ich mich also für das von ProFans organisierte Wochenende. 500 Teilnehmer aus über 60 Vereinen, sowie um die 70 Referenten hörten sich sowie-so erstmal sehr gut an, sodass sich zwar

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relativ spät, aber dennoch erfolgreich an-gemeldet wurde. Komplettiert wurde die Truppe durch vier weitere Brüder, sowie einmal Supporters und Fanprojekt-Anke. Nun aber zum Ablauf:Gestartet wurde am frühen Samstagmor-gen am Fanprojekt. Per Bulli sollte es gen Hauptstadt gehen, die nach kurzer Fahrt auch ruckzuck erreicht wurde. Erstmal hieß es, die Schlüssel fürs Appartement abzuholen, was sich trotz Verspätung, wie sollte es auch anders sein, einfacher als gedacht erledigen ließ, wartete der Besitzer in Eiseskälte doch bereits am Eingangstor. Nach kurzer Belehrung und ausdrücklichem Hinweis auf die Minibar kurz die berühmte Karl-Marx-Allee run-tergebrettert und die Häuser im Zuckerbä-ckerstil begutachtet. Als Veranstaltungsort fungierte das Kosmos in Friedrichshain, das seinerzeit größte Kino der DDR. Nach kurzem Einchecken erhielt jeder Teilneh-mer ein Namensschild mitsamt Verein und Gruppe. Um fortan aber nicht jedes ein-zelne Thema ausführlich zu beleuchten, fasse ich mich kurz. Damit man an mög-lichst vielen Themen mitwirken konnte, teilte sich die Truppe mehr oder weniger auf. Zur Auswahl standen Vorträge und Workshops zu unterschiedlichsten As-pekten, hier eine kleine Auswahl: „Wem gehört der Ball? Fußball zwischen gesell-schaftlicher Verantwortung und Privat-recht, Fankultur als soziales Phänomen, Die Chancen von Selbstregulierung, Frei-heit und Verantwortung in den Fankurven, Identifi kation der Fans mit dem Verein in Zeiten des modernen Fußballs, Wie schaut

der Fußball in der Zukunft aus und welche Rolle spielen die Fans dabei? Rechtsfreier Raum Stadion?“…. Nach kurzem Mittag-essen ging es bereits in die nächste Run-de, die recht schnell wieder vorbei war und sich bei anschließendem Kaffee und Kuchen auch recht einfach besprechen ließen.Nach abschließender Podiumsdiskussion ging es noch zum Mexikaner, ehe dann gespannt auf das ZDF-Sportstudio mit Vertretern der Kampagne Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren ge-wartet wurde. Ein wenig später war ich dann auch schon weggenickt, ehe mich morgens um vier eine SMS von Heise er-reichte, die Toni mit einer ein halbes Dut-zend Jahre älteren Dame am Rummachen zeigte. Die Belustigung am Frühstücks-tisch fi el dann auch nicht zu kurz aus, wa-ren die Daheimgebliebenen per bekannter Internetplattform doch schon bestens über den Abend informiert. Die Auswirkungen der Nacht zeigten sich bei Heise schon ein wenig mehr, schaffte er nach nächtlichem Partymarathon doch nicht mal die restli-chen Meter ins Zimmer und schlief mit Döner auf dem Schoß auf der Couch ein. Etwaige Wachmach-Versuche scheiterten und wurden per „Lass mich pennen, ich kauf die Bude hier“ einfach widerlegt. Na gut, dann mach mal. ;-) Für den Rest hieß es zurück ins Kosmos, warteten am Vor-mittag noch Vorträge ausländischer Refe-renten auf uns. Nachdem auch diese hinter sich gebracht wurden und die anschlie-ßende Abschlusspräsentation beendet war, hieß es für uns zurück gen Autostadt auf-

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zubrechen, die nach kurzer Stadtrundfahrt (wusste da etwa wer nicht, wo es lang-geht?) auch schnell erreicht wurde.Zum Schluss nochmal ein kleines Fazit meinerseits. Zunächst einmal ein großes Lob an die Veranstalter für die komplet-te Organisation, die tolle Location und das ganze Drumherum. Die Vorträge und Referenten waren dementsprechend auch sehr gut, sowie interessant. Ein bisschen schade war, war dass einige der anwe-senden Gruppen sehr unter sich blieben, weshalb der Austausch unter den Ultra-gruppen gering blieb. Auch hätte ich mir gewünscht, dass die Teilnehmer aktiver in die Vorträge miteinbezogen werden. Be-mängeln muss man auch die Abwesenheit bestimmter Organe bzw. das Hinschicken

nicht stimmberechtigter Mitglieder, was letztendlich zu wenigen Lösungsansätzen in den entsprechenden Bereichen sorgte. Generell kann man noch festhalten, dass uns Wolfsburgern stellenweise wenig Re-spekt entgegengebracht wurde, was sich in einigen Wortbeiträgen zeigte. Vorurtei-le und Stumpfsinn lassen grüßen.Trotz dieser Kritikpunkte, die allesamt lösbar sind und weniger dem Rahmen an sich als dem streckenweise unreifen Ver-halten mancher Teilnehmer geschuldet sind, kann ich den Fankongress für mich als vollen Erfolg festhalten. Er hat mal wieder gezeigt, zu was wir Fans imstande sind.Für den Erhalt der Fankultur!

Karim

18. Spieltag: Wolfsburg 1:0 KölnObwohl Heimspiele alles andere als fetzen, hatte ich mal wieder so richtig Bock. Hauptgrund si-cherlich die Winterpau-se und daraus resultie-rende Fußballabstinenz. Bereits in den frühen Morgenstunden traf sich die WB in der Klause, um eine Mitgliederver-sammlung abzuhalten, die sich sehr in die Län-ge zog und in Folge de-rer ungewöhnlich spät der Weg zum Stadion angetreten wurde. Aufgrund der Ausei-nandersetzungen in der Vorwoche bei einem Testspiel gegen Union Berlin

und dem Versagen der Bullen, schien die Polizei heute besonders auf Zack zu

sein und gewähr-te un-s e r e m U l t r a -h a u f e n auf dem W e g z u m S t a d i -on kei-n e r l e i B e w e -

gungsfreiheit. Mehr als nervig, wenn einem dauernd diktiert wird, wie schnell man zu gehen hat und dass man gera-

sein und gewähr-te un-s e r e m U l t r a -h a u f e n auf dem W e g z u m S t a d i -on kei-n e r l e i B e w e -

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de jetzt stehen bleiben soll - und das auch noch bei einem Heimspiel. Unge-wöhnlich ruhig verlief heute der übliche Heimspieltrott im Nordkurvensaal, auf den Kur-v e n k l a t s c h musste heute leider ver-zichtet wer-den wegen z e i t l i c h e r E n g p ä s s e und unser Verkaufstand blieb ebenfalls geschlos-sen, aufgrund kleinerer Differenzen mit dem Fanprojekt. Da wusste man gar nicht so richtig, was man mit seiner Zeit bis zum Anpfi ff so anstellen soll. Ich hätte Bock gehabt, zu randalieren, einfach mal den Gästeblock attackieren oder von mir aus auch die Bullen, waren aber alle noch zu ausgepowert von der Vorwochen gegen Eisern Union.Aus Langeweile also bisschen über die Gegengerade getigert, wo auch 30 Fans von PAOK Saloniki in voller Montur standen und Neuzugang Vierinha sup-porteten. Besagter Vierinha wurde in Saloniki sehr verehrt von den Fans und bekanntlich hat PAOK auch diverse Fan-clubs in Deutschland, von denen sich die „Black and White“ Hannover auf den Weg nach Wob machten. Ich persönlich fi nd es respektlos, bei einem fremden Verein so aufzutreten. Man möge sich mal vorstellen, wenn 30 Wolfsburger so in Saloniki rumlaufen würden, na gut der Vergleich hinkt. Kunden wurde

aber ignoriert. Im Gästeblock dann wie immer viele Kölner, keine Ahnung wie viel, 3000? Colonicas unten, Wilde Hor-de und Boyz oben. Gerade der Oberrang

machte mit einer gro-ßen, schwarzen Masse einiges her, blieb aber klar unter den Erwar-tungen. Angekommen ist gar nix und auch sonst irgendwie lang-weiliger Auftritt. Wo-bei man auch sagen

muss, dass den Kölnern alles verboten wurde, und ohne Trommel und Mega-phon sicher kein leichtes Unterfangen. Zaunfahnen haben es natürlich trotzdem reingeschafft, ein wenig Pyro ebenso. Stimmung bei uns natürlich um Längen besser. Haha, kleiner Scherz, glaube, da muss erst wieder Freiburg kommen, wenn wir tatsächlich wieder ein Heim-spiel zu einem Heimspiel machen.Harter Tobak, aber wenn ihr ehrlich zu euch selbst seid, ist es doch so. Ge-nau die gleiche Scheiße wie die letzten Heimspiele, keinerlei Besserungen. To-tal emotionslos, gelangweilt, ohne Spaß, einfach nur Zeit absitzen und mit den Gedanken wahrscheinlich schon in der warmen Kneipe. Neue Lieder, auf die man sich mal freut, ebenfalls Fehlanzei-ge, einfach nur lustloses Geträller, wenn denn überhaupt mal gesungen wird. Zur Halbzeit war ich kurz davor, aufzuge-ben und das Spiel auf der Gegengerade zu verfolgen, was ich auch die ersten 5 Minuten tat und so nochmal aus einer

Verkaufstand blieb ebenfalls geschlos-

machte mit einer gro-ßen, schwarzen Masse einiges her, blieb aber klar unter den Erwar-tungen. Angekommen ist gar nix und auch sonst irgendwie lang-weiliger Auftritt. Wo-bei man auch sagen

muss, dass den Kölnern alles verboten

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anderen Perspektive die Stimmung be-urteilen kann. Und es wurde nicht bes-ser, Mitmachquote erinnerte an Beckum oder Wattenscheid. Wieder im Block angekommen, mit dem Rest solidarisiert und das Spiel weitestgehend stumm und an der Mauer lehnend verfolgt. War auch recht bequem, wer also mal bisschen faulenzen will und kein Bock auf Stim-mung hat, dem empfehle ich Reihe 1 in Block 6/8. Ich weiß, das sehen nicht alle so krass und einige werden wieder Mie-sepeter oder Meckerfutzi sagen, aber ihr könnt doch nicht ernsthaft mit dem Ko-kolores, der momentan bei Heimspielen veranstaltet wird, bzw. nicht veranstaltet wird, zufrieden sein oder ? Zurück zum Sport: 1:0 gewonnen. Nicht überzeu-gend, aber konnte man sich auf jeden Fall ansehen. Vielleicht hat deswegen keiner gesungen, weil alle gefl asht wa-ren von diesem hochdramatischen und spannendem Spiel. Man weiß es nicht. Was ich aber weiß, ist, dass wir einen Stimmungsblock brauchen, mit allen Supportwilligen und keine Trennung in Ober- und Unterrang. Schlimmer kanns

echt nicht mehr werden. Hilfe… Das Wort „Heimspiel“ kann bereits jetzt zum Unwort des Jahres 2012 gekürt werden…

Fredbert

18. Spieltag: München 2:0 WolfsburgDie Winterpause neigt sich dem Ende zu, doch selbst ein Blick auf den Spiel-plan lässt mein Herz nicht schneller ra-sen, auswärts in München, ooooor ne, nicht schon wieder. Gefühlt hab ich mir das schon 100 mal gegeben, unnötig zu erwähnen, dass auf dem Platz nie was Zählbares bei rauskam und mir auch an-sonsten diese Fahrt und dieses Stadion

ein absoluter Dorn im Auge sind. Nach ewigem Hin und Her einen Platz im Auto von Robinson ergattert und nach einer genialen Ska-Party im D-Place, die von der Menschenmasse locker mit der „Love-Parade“ hätte mithalten kön-nen (ihr merkt, ich scherze; zehn Gäs-te, darunter Calle und ich, rockten die Tanzfl äche) holte Robin mich um drei

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ab. Partymaschine Calle zog es noch in die Espe, an dieser Stelle liebe Grüße.Hinfahrt größtenteils verpennt, der Stau machte einen geplanten Zwischenhalt in Ingolstadt zunichte, sodass man gleich bis nach München durch fuhr. Am Haupt-bahnhof unter Anspannung ins Hoch-haus gefahren, war es doch unser erstes Mal mit einem Fahrstuhl ins Hochhaus fahren, klappte aber alles prima, trotz Robins Anfahrschwächen… Im Bahn-hof was zu futtern reingeworfen, auf die anderen gewartet und gemeinsam ins Hofbräuhaus, wo auch schon die Wolfs-burger Zecher vom Dienst warteten. Als die Zeit langsam knapp wurde, ging es Richtung Stadion, und von da aus ab zu den anderen vor den Gästeblock, waren die Wolfsburger heute doch aus allen Himmelsrichtungen angereist und grif-fen dabei auch auf fast alle möglichen Verkehrsmittel zurück: Bullis, Autos, aber auch ein paar Flieger und ICE-Fah-rer waren dabei.Im Block anfangs Magerkost, mit der Zeit wurde es aber immer besser und trotz fehlender Trommel entwickelte sich ein netter Support der den Anwesenden

Spaß bereitete, zumindest ich fand‘s für München mehr als nur „i.O.“ wie Kiese sagen würde. Unsere Mannschaft zeig-te sich ebenfalls engagiert, schaffte die Überraschung aber leider nicht, da fehlt halt die Cleverness, die der FCB an den Tag gelegt hat. Schickeria boykottierte trotz Unterstützung von Jena und St. Pauli mal wieder, Gründe dafür waren wohl ein höherer Zaun zwischen den Südkurvenblöcken und ein Verbot des Fanzines „Südkurvenbladdl“, was es der Gruppe doch ganz schön schwer macht. Passt aber zum sterilen Bayern und dem noch sterileren FCB.Nach dem Spiel ging es noch einmal für einen Teil des Haufens an der Südkur-ve vorbei, passiert ist aber nichts wei-ter und am Hauptbahnhof trennten sich dann die Wege. Die einen gingen aufs Hotel, um später die Nacht in Münchens Lokalitäten zu verbringen, meiner ei-ner zog es vor, wieder in Robins Auto zu pennen. Respekt an dich, dass du die Strecke zweimal durchgefahren bist. Grazie Ultras.

Klein Mate

„Transferpolitik“?Die Winterpause ist vorbei. Die Ökono-men der VfL Wolfsburg Fußball GmbH haben die freie Zeit genutzt, um mal wieder mit den großen Scheinen auf Beutejagd zu gehen. Ähnlich wie bei der Industriefi scherei werden da die in-ternationalen Fanggebiete – auch Trans-fermarkt genannt – mit Schleppnetzen

systematisch leergefi scht. Die Hoff-nung: zwischen alten Schuhen, Plas-tiktüten und dem restlichen Dreck, der in den Weltmeeren rumdümpelt, wird schon was dabei sein. Den Rest begut-achtet man eine Weile mit mäßigem In-teresse und wirft ihn dann wieder über Bord. Die Ressourcen sind ja da, 95 %

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Verschnitt sind eingeplant. Mit den rie-sigen Fangfl otten können kleine regio-nale Fischer nicht mithalten und gehen zu Grunde bzw. hoffen, in ihren Nischen existieren zu können.Solche Bilder kommen mir immer dann in den Kopf, wenn ich über die Trans-ferpolitik meines „Vereins“ nachdenke. Im Internet gibt es eine Seite namens „transfermarkt.de“, die neben allerhand Datenmaterial für die fußballverrückten Statistikhools auch Transferbilanzen der letzten Jahre aufführt. Wenn man sich so einige Minuten durch die Zahlen klingt, merkt man schnell, dass das Investiti-onsvolumen in unserem Fall gigantisch ist. In den letzen fünf Jahren wurden 104.100.000 € für Spieler ausgeben, al-leine in dieser Saison pumpte der Mut-terkonzern Volkswagen 41.200.000 € in den Kauf neuer Akteure. Ich habe schon lange den Überblick verloren, wer alles zu welchen Summen verpfl ichtet wur-de. Bestimmt irgendwelche scheinbaren Top-Talente aus dem Senegal, die ein übereifriger Praktikant in der Scouting-Abteilung entdeckt hat. Kennt keiner, ist bestimmt trotzdem mindestens zehn Millionen wert. Zehn Millionen – damit können Vereine wie Freiburg oder auch unser heutiger Gast aus Mönchenglad-bach jahrelang wirtschaften. Leute, überlegt Euch mal, mit was für kranken Summen hier jongliert wird. Ich merke, dass es mir immer schwerer fällt, mich mit diesem Wahnsinn zu identifi zieren. Mir fehlen die Argumente, den ausu-fernden Kommerz vor anderen Leuten

und vor allem auch vor mir selbst zu verteidigen. Mein Selbstverständnis als ultra verbietet es mir eigentlich, diese perversen Strukturen zu unterstützen. Wir propagieren ein alternatives und anti-kommerzielles Weltbild und sehen Jahr für Jahr wie diese Plastik-GmbH genau vor unseren Augen das durch-zieht, was wir in unseren schlimmsten Träumen befürchten: den totalen Aus-verkauf des Fußballs. Ich bekomme geradezu Mitleid mit Hannover 96 und schäme mich – wirklich jetzt – wenn dort gesagt wird, dass man keine Chan-ce mehr habe, Spieler zu verpfl ichten, wenn der VfL mit VW im Rücken das Portemonaie zücke. Sowohl Transfer-summen als auch Gehälter seien einfach eine Kategorie zu hoch für normale Ver-eine, bei denen sich Investitionen sofort amortisieren müssten.Und hier kommen wir genau zu des Pu-dels Kern: es ist nicht nur so, dass gigan-tische Summen ausgegeben werden. Sie stehen mit Ausnahme der Meisterschaft 2009 auch in keinem Verhältnis zum sportlichen Erfolg. 2006, 2007 und 2011 wurde mit jeweils nur in letzter Sekunde der Abstieg vermieden. Auch sonst steht der Fußball aus der Autostadt nicht ge-rade für fi ligrane Technik und ansehn-liche Ballstaffetten. Ich kenne keinen Verein, der so viel Geld sinnlos in den Sand setzt. Dabei beweist die Jugend seit Jahren, dass es auch anders geht. Mit dem modernen Nachwuchszent-rum am Porschestadion sind exzellente Strukturen vorhanden, um einen hoch-

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klassigen Nachwuchs auszubilden. Die A- und B-Junioren spielen deutschland-weit oben mit und in jedem Jahrgang fi nden sich einige vielversprechende Talente, die man nur verpfl ichten muss. Stattdessen werden horrende Gelder in den Kauf vermeintlich prestigeträchti-ger Altprofi s oder risikoreicher Jungs-pieler gesteckt. Ich verstehe die Logik dahinter nicht im Entferntesten. Wo ist das Problem, einem jungen hungrigen Amateur eine Chance zu geben, sich auf der großen Fußballbühne zu bewei-sen. Neben der fi nanziellen Ersparnis, die zwar für die GmbH nicht von un-mittelbarem Interesse ist, würde es vor allem auch für das Image des VfL eine enorme Aufwertung bedeuten, nicht nur die Transfermärkte zu plündern, son-dern auch nachhaltig und vor allem in einem fairen Wettbewerb eigene Struk-turen aufzubauen, aus denen man seine eigenen Nachwuchsspieler rekrutiert. Borussia Dortmund hat auch deshalb in der letzten Saison so begeistert, weil sie nach der unglaublichen Fehlwirtschaft und dem Größenwahn Ende der 90er Jahre in einem Prozess des Downsizing eine junge sympathische Mannschaft aus unbekannten Spielern aufgebaut ha-ben – der beste Beweis, dass nicht alles im modernen Fußball den Regeln des Kapitalismus folgt.Der GmbH liegt enorm viel an ihrer Außenwirkung. Die groß angelegten Marketingstudien des vergangenen Jahres haben dies deutlich gezeigt. Je-der kleinste Kieselstein wird genau be-

gutachtet und so lange geschliffen, bis er ins gewünschte Bild passt. Warum also nicht mal den moralisch korrekten – und aus meiner Sicht auch sportlich vernünftigen Weg gehen? Dann könn-te ich auch mal wieder in den Spiegel schauen und müsste mir nicht ständig die Frage stellen, warum, für wen und mit welcher Begründung ich den ganzen Kommerzfasching noch mitmache. Mit meinen Vorstellungen von Fußball hat das nämlich längst nichts mehr zu tun. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es lange Jahre auch anders ging. Der Auf-stieg wurde mit einem normalen Spon-sorenverhältnis zu VW geschafft, in den ersten Bundesligajahren hatte der Verein regelmäßig den geringsten Etat. Sicher-lich kann man jetzt argumentieren, dass sich das Fußballgeschäft insgesamt stark verändert hat. Ohne ein gewisses Maß an Kapital läuft heute nichts mehr. Diese Aussage kann aber sofort widerlegt wer-den, wenn man sich beispielsweise die Transferpolitik von Werder Bremen an-schaut. In den letzten fünf Jahren haben die Hanseaten annähernd 20.000.000 € durch Spielerverkäufe verdient. Der sportliche Erfolg war trotzdem nahezu konstant vorhanden. Was läuft also an der Weser anders? Möglicherweise ist es die Mischung aus konstanter Arbeit, ei-nem gewachsenen Verein, mit dem man sich identifi zieren kann, und sportlichen Verantwortlichen mit Sachverstand. Die keine Titan-Kreditkarte haben, mit der sie sich ein Sammelsurium verwöhn-ter, verkannter und vollkommen über-

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Impressum Weekend Brothers - Ultras Wolfsburg,, Volkswagen Arena, In den Allerwie-sen 1, 38446 Wolfsburg - www.weekend-brothers.de - [email protected]

Tipp:

bezahlter Spieler mit Söldnermentalität zusammenstellen können.Doch je länger ich an diesem Text sit-ze, desto mehr wird eine fatalistische Annahme für mich zur furchtbaren Ge-wissheit: ich glaube, den Funktionären ist gar nicht daran gelegen, für mich selbstverständliche Themen wie Nach-haltigkeit, solides Wirtschaften oder fai-re Wettbewerbsstrukturen zu verfolgen. Solange man einigermaßen in der deut-schen Oberklasse mitspielt, ein hüb-sches Stadion mit Familien füllen kann und der VW-Zeppelin medienwirksam in Szene gesetzt wird, ist in der BWLer-Welt alles in Ordnung: Werbemarke VfL – check!Ein Verein ohne Menschen, die mit

Herzblut dahinter stehen, ist eine leblose Fassade. Geld kann das nicht kompen-sieren. Falls zwischen den graumelierten Schläfen der Anzug-Fraktion noch ein klein wenig Platz neben Quartalszah-len, Aktienkursen und Marketing-Kon-zepten vorhanden ist, kann sie ja mal darüber nachdenken, inwieweit sich das jetzige Gebahren mit einer wirklichen und reifen Vereinspolitik, wie sie von 16 weiteren Bundesligisten betrieben wird, deckt. Selbstrefl ektion hat noch keinem geschadet.Übrigens: Das erste Tor im neuen Jahr schoss Sebastian Polter. Ein Jugendspie-ler. Quizfrage ans Publikum: Wer schoss wohl 2011 das letzte?

Marius

Hajopei # 3:

„58 Spiele, in 17 verschiedenen Län-dern (Dänemark, Polen, Deutschland, Tschechien, Schweden, Bulgarien, Serbien, Bosnien, England, Italien, Schweiz, Spanien, Andorra, Öster-reich, Slowakei, Ungarn, Belgien) haben es diesmal ins Heft geschafft.“