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Reihe, KURZLEHRBUCH Kurzlehrbuch Physik Bearbeitet von Hartmut Zabel 1. Auflage 2010. Taschenbuch. 252 S. Paperback ISBN 978 3 13 146471 2 Format (B x L): 17 x 24 cm Weitere Fachgebiete > Medizin > Vorklinische Medizin: Grundlagenfächer > Physik, Chemie, Biologie für Mediziner Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

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Reihe, KURZLEHRBUCH

Kurzlehrbuch Physik

Bearbeitet vonHartmut Zabel

1. Auflage 2010. Taschenbuch. 252 S. PaperbackISBN 978 3 13 146471 2

Format (B x L): 17 x 24 cm

Weitere Fachgebiete > Medizin > Vorklinische Medizin: Grundlagenfächer > Physik,Chemie, Biologie für Mediziner

Zu Inhaltsverzeichnis

schnell und portofrei erhältlich bei

Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft.Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programmdurch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr

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6.2 Wellen

LerncoachDas folgende Kapitel beinhaltet allgemeineGrundlagen zu Wellen und deren Eigenschaf-ten. Diese Grundlagen sind auch wichtig fürdas Verständnis des Kapitels zur Optik (abS. 159). Vor allem den Zusammenhang zwi-schen Wellenlänge, Ausbreitungsgeschwin-digkeit einer Welle und ihrer Frequenz solltenSie sich klarmachen.

6.2.1 Überblick

Im Gegensatz zu Schwingungen sind Wellen nichtlokal. Sie breiten sich im Raum aus und transportie-ren dabei Energie von einem Ort zum anderen. Esgibt viele Arten von Wellen, Schallwellen, Wasser-wellen, elektromagnetische Welle und Spinwellen.Es gibt stehende und laufende Wellen. Wellen kön-nen sich überlagern und dabei gegenseitig verstär-ken oder auslöschen. ZumVerständnis der physika-lischen Eigenschaften von Wellen ist es wichtig,dass man sie zunächst präzise charakterisiertnach Polarisation, Dimensionalität und Kohärenz.

6.2.2 Eigenschaften von WellenAllen Wellen gemeinsam ist eine Amplitude A0,eine Wellenlänge λ und eine Ausbreitungsge-schwindigkeit v (Abb. 6.6). Die Wellenlänge ist derAbstand von einem Wellenberg bis zum nächstenWellenberg, oder vonWellental zumnächstenWel-lental. Zwischen Wellenberg und Wellental gibt esden Wellenknoten, bei der die momentane Ampli-tude null ist. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit(oder einfach Wellengeschwindikgeit) wird ausder Verschiebung des Wellenberges um Δx in derZeit Δt berechnet. Die Welle ist um eine volle Wel-lenlänge λ in der Zeit einer Periode Tweitergewan-dert. Damit folgt unter Berücksichtigung der Fre-quenz f = 1/T:

v ¼ ΔxΔt

¼ λT¼ λ f :

Die höchste Ausbreitungsgeschwindigkeit ist dieLichtgeschwindigkeit mit ca. 300000 km/s. Dadie Lichtgeschwindigkeit eine Naturkonstante ist,bekommt sie in der Literatur eine besondere

Bezeichnung: c0 für die Lichtgeschwindigkeit imVakuum.

MERKE

Die Geschwindigkeit einer laufenden Welle ist das Pro-dukt aus Wellenlänge und Frequenz.

Rechenaufgabe

Aufgabe 6.2: In der Medizin werden Ultraschallgerätemit hochfrequenten Schallwellen eingesetzt. Ein Sono-graphiegerät bespielsweise benutzt Ultraschall miteiner Frequenz von etwa 8 MHz. Die Schallgeschwin-digkeit im Gewebe beträgt 1,6 km/s.Wie groß ist die Wellenlänge der Schallwellen im Ge-webe?(Lösung S. 228)

6.2.3 Ausbreitung von WellenEine Welle braucht ein Medium, in dem sie sichausbreiten kann, wie z.B. Luft, Wasser, oder festeMaterialien. Eine Ausnahme sind elektromagneti-sche Wellen, die kein Medium benötigen undsich auch im Vakuum ausbreiten.

PolarisationMan unterscheidet zwischen longitudinalen undtransversalen Wellen (Abb. 6.7). Bei longitudinalenWellen ist die Amplitude parallel zu ihrer Ausbrei-tungsrichtung orientiert (wie z.B. bei Schallwellenin Luft), bei transversalen Wellen steht die Ampli-tude senkrecht auf der Ausbreitungsrichtung (wiez.B. bei elektromagnetischen Wellen, s.u.).Longitudinale Wellen haben nur eine Richtung fürdie Amplitude, nämlich parallel zur Ausbreitungs-richtung. Longitudinale Wellen sind nicht polari-sierbar. Bei transversalen Wellen gibt es jedochzwei prinzipielle Richtungen senkrecht zur Aus-breitungsrichtung, wenn die transversale Welleparallel zur x-Richtung läuft, dann kann die Amp-litude in der y- oder der z-Richtung schwingen.Mannennt transversale Wellen unpolarisiert, wenn alleSchwingungsrichtungen senkrecht zur Ausbrei-tungsrichtung gleich häufig vorkommen. Bei pola-risierten Wellen schwingt die Amplitude nur ineiner bestimmten Richtung, z.B. parallel zur y-

KnotenA0

λ

Δx

Ausbreitungs-richtung

Abb. 6.6 Ausbreitung einer Welle. λ, Wellen-länge; A0, Amplitude.

6 Schwingungen und Wellen 6.2 Wellen 143

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oder zur z-Achse. In der Optik spielen polarisierteWellen und Analysegeräte zur Bestimmung der Po-larisationsebene (Polarimeter) eine große Rolle(S. 171).

Klinischer Bezug

Pulswelle. Die systolische Ejektion von der linken Herz-kammer in die Aorta erzeugt eine arterielle Blutdrucker-höhung von ca. 60 hPa (ca. 45 mmHg). Durch die Dehn-barkeit der Gefäße entsteht eine transmurale Druckerhö-hung in den Gefäßen, die im Rhythmus des Herzens alsPulswelle durch die Arterien läuft und mit einem Blut-druckmessgerät nach Riva-Rocci hörbar gemacht werdenkann. Die Pulswelle ist eine transversale Welle, da dieDehnung der Gefäße senkrecht zur Ausbreitungsrich-tung erfolgt.

Dimensionalität von WellenWellen werden auch nach ihren räumlichen Di-mensionen unterschieden. Ein Laserstrahl breitetsich nur in einer Richtung aus, d.h. die Ausbrei-tungsrichtung ist eindimensional. Wirft man einenkleinen Stein auf eine glatte Wasseroberfläche,dann breiten sich ringförmige Wasserwellen aus,d.h. die Ausbreitungsrichtung ist zweidimensional.Von einem Kugellautsprecher breitet sich eineSchallwelle in allen drei Raumrichtungen aus,d.h. die Ausbreitungsrichtung ist dreidimensional.In Abb. 6.8 sind verschiedene Wellenausbreitungen

schematisch dargestellt. Die roten Linien kenn-zeichnen einen Wellenberg, der Abstand von Wel-lenberg zu Wellenberg ist eine Wellenlänge. DieAusbreitungsrichtung und die Wellengeschwindig-keit steht senkrecht auf der Wellenfront.

6.2.4 Überlagerung von WellenInterferenzWellen können überlagert bzw. aufsummiert wer-den. Das Ergebnis dieser Summation hängt sehrvon den Details der Wellen ab. Im einfachstenFall nehmenwir zwei eindimensionale Wellen glei-cher Wellenlänge, gleicher Polarisation, gleicherAmplitude und gleicher Ausbreitungsrichtung an.Dann hängt Verstärkung oder Auslöschung von ih-rer gegenseitigen Verschiebung (Phasenlage δ) ab:haben beide Wellen zum gleichen Zeitpunkt einenBerg, dann verstärken sie sich (konstruktive Interfe-renz, δ = 0); hat eine Welle einen Berg, die andereein Tal, dann löschen sie sich aus (destruktive Inter-ferenz, δ = 180 ° = π). InWellenlängen ausgedrückt:Verstärkung liegt vor, wenn eine Welle gegen dieandere um die Wellenlänge 0, λ, 2λ, verschobenist, d.h. um das Vielfache einer Wellenlänge, Auslö-schung bei Verschiebung um λ/2, 3λ/2, 5λ/2, d.h.um das Vielfache einer ungeraden Anzahl von hal-ben Wellenlängen. Konstruktive und destruktiveInterferenz zweier Wellen sind in Abb. 6.9 schema-tisch dargestellt und werden im Kapitel 7 über dieOptik noch einmal diskutiert.

KohärenzInterferenz lässt sich nur beobachten, wenn die be-teiligten Wellen gleiche Amplitude, gleiche Aus-breitungsrichtung und insbesondere eine definier-te konstante Phasenbeziehung zueinander haben.Sie schwingen sozusagen „im Takt“. Man sprichtdann von kohärent überlagerten Wellen. Diese Be-dingungen sind allerdings nicht so einfach zu erfül-len. Man findet sie z.B. im Laserlicht. In derWellen-optik kommen wir darauf zurück.Der „Normalfall“ sind inkohärent überlagerte Wel-len. DieseWellen haben entweder unterschiedliche

λ

λx

Az

z y

x

Kompression Expansion

transversale Welle

longitudinale Welle

Abb. 6.7 Longitudinale und transversale Wellen.

v

λλ

v

a b

Abb. 6.8 Ebene Welle (a) und kreisförmigebzw. Kugelwellen (b). Die roten Linienrepräsentieren die Amplitudenmaxima vonWellen, der Abstand zwischen den Linien isteine Wellenlänge, der Pfeil kennzeichnet dieAusbreitungsrichtung und die Geschwindigkeitsenkrecht zur Wellenfront.

6.2 Wellen 6 Schwingungen und Wellen144

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Wellenlänge, unterschiedliche Ausbreitungsrich-tung oder eine Phasenbeziehung, die nicht konstantist. Ein Beispiel dafür ist das Licht aus einer Glüh-birne. Die elektromagnetischen (Licht-)wellenkommen durch unzählig viele kleine Lichtquellen(Atome) zustande, die alle unterschiedlich schwin-gen. Sie ändern ständig ihre Schwingungsrichtungoder setzen aus und fangen zu einem anderen Zeit-punkt wieder an, sodass sich Phase und Richtungder einzelnen Wellen ständig ändert.Kohärent überlagerte Wellen können sich gegen-seitig verstärken oder auslöschen, wie wir schonin Abb. 6.9 gesehen haben. Da inkohärent überlager-teWellen keine konstante Phasenbeziehung haben,wird man nie vollständige Auslöschung vorfinden.Wenn es viele inkohärente Quellen gibt, dann sum-mieren sich die Amplitudenquadrate aller Quellenauf. Viele Lautsprecher führen dazu, dass die Laut-stärke zunimmt und viele Lampen sorgen dafür,dass es heller wird.

MERKE

Interferenzerscheinungen gibt es nur bei der Überlage-rung der Amplituden von Wellen gleicher Wellenlängeund definierter Phasenbeziehung.

SchwebungSchwebungen findet man vor, wenn zwei Wellengleicher Amplitude und fast gleicher Frequenz ko-härent überlagert werden (Abb. 6.10a). Bei kohären-ter Überlagerung der beiden Wellen kommt es alsFunktion der Zeit abwechselnd zur Verstärkungund Abschwächung der Intensität (Abb. 6.10b, rote

Kurve), da die Phasenlage der beidenWellenlängenzeitlich und räumlich nicht fest ist. Die Schwe-bungsfrequenz ist fSchwebung ¼ f1 � f2ð Þ=2, d.h. sieist die halbe Frequenz ermittelt aus der Differenzder Frequenz der beiden überlagerten Wellen.Die Schwebefrequenz wird um so kleiner, je kleinerder Unterschied der Frequenzen wird. Schwebun-gen kann man gut hören, wenn zwei Stimmgabelnetwas unterschiedlicher Frequenz angeschlagenwerden. Wie man aus der schwarzen Kurve in

Zeit t Zeit t

Zeit t Zeit t

2

4

2

4

0

2

1

1

2

0

2

1

1

2

A 1(t) +

A2(t

)

A 1(t) +

A2(t

)

A1(t) A1(t)

A2(t) A2(t)

konstruktiv destruktiv

Phasenverschiebung

0° 180°

Abb. 6.9 Konstruktive und destruktiveÜberlagerung von zwei Wellen gleicherAmplitude und gleicher Wellenlänge.

Zeit

Ampl

itude

–2

–2

–1

0

1

2

1

Zeit

Ampl

itude

–1

0

1

2

1

a

b

Abb. 6.10 Schwebung von zwei Wellen gleicher Amplitudeund fast gleicher Frequenz. a Zwei kohärente Wellen fastgleicher Frequenz (grüne Kurve: 10 Hz, blaue Kurve: 12 Hz). bResultierende Kurve aus der kohärenten Überlagerung der bei-den Wellen aus a (rote Kurve). Die schwarze gestrichelte Hüll-kurve entspricht der Schwebung (Frequenz = 1 Hz).

6 Schwingungen und Wellen 6.2 Wellen 145

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Abb. 6.10b erkennen kann, nimmt die Intensitätder Schwebung (rote Amplitude) während einer(schwarzen) Schwingungsperiode zweimal einMaximum an. Deshalb nimmt man die Amplitu-denmaxima mit der doppelten Schwebefrequenzwahr, sodass die wahrnehmbare Schwebefrequenzder Differenz f1 � f2 entspricht. Sobald zwei Wellenunterschiedliche Frequenz haben, moduliert eineFrequenz die Schwingung der anderen. EineSchwebung kann man daher auch als Amplituden-modulation bezeichnen. Die Amplitudenmodula-tion wird technisch bei der Übertragung von Sig-nalen angewandt, z.B. von AM-Radiostationen(Amplitude Modulation). Klavierstimmer nutzendie Schwebungen, d.h. das An- und Abschwellender Lautstärke von zwei Tönen, die nahe beieinan-der liegen, zur genauen Abstimmung von 2 oder3 Saiten.

6.2.5 Huygen-PrinzipDen Zusammenhang zwischen ebenen Wellen undKugelwellen kannman anschaulich mit einerWanddemonstrieren, die eine kleine Öffnung enthält(Abb. 6.11a). Eine eindimensionale Welle läuft aufdie Wand zu, wobei die Wellenberge in Aufsichtals horizontale Striche gekennzeichnet sind. Diekleine Öffnung lässt nur einen kleinen Teil der ein-laufenden ebenen Welle durch und hinter demSpalt entsteht eine kreisförmige Welle (in drei Di-mensionen eine Kugelwelle). Daraus muss manschließen, dass jeder Punkt auf der Wellenfrontselbst Quelle einer kreisförmigen Elementarwelleist, die sich mit der gleichen Geschwindigkeitnach allen Richtungen fortsetzt. Daraus folgt, dassman die ebeneWelle als Überlagerung von kreisför-migen Wellen (Elementarwellen) darstellen kann(Huygen-Prinzip). Durch konstruktive und destruk-tive Überlagerung (Interferenz) aller Elementar-wellen resultiert eine einhüllende Tangente andie Elementarwellen, die bei Fortschreiten jeweilsdie neue Wellenfront definiert (Abb. 6.11b).

Mit dem Huygen-Prinzip können alle PhänomenederWellenausbreitung anschaulich erklärt werden,die an Grenzflächen zwischen zwei verschiedenenMedien entstehen: Reflexion, Brechung, Dispersi-on, Beugung und Streuung. Dies wird im Kapitel7 „Optik“ noch weiter erläutert.

MERKE

Ebene Wellen sind darstellbar als Überlagerung vonkreisförmigen Elementarwellen.

6.2.6 WellengeschwindigkeitWir haben bereits gesehen, dass die Wellenge-schwindigkeit aus Wellenlänge mal Frequenz er-mittelt werden kann: v = λf. Dies erklärt abernoch nicht, warum Schallwellen sich in Flüssigkei-ten schneller ausbreiten als in Luft, oder warum dieGeschwindigkeit von Seilwellen von der Spannungabhängt, mit der Seile eingespannt sind. Man kannzeigen, dass die Wellengeschwindigkeit mit denelastischen Eigenschaften des Mediums verknüpftsind, in denen sie sich ausbreiten. Die Wellege-schwindigkeit hat immer die Form v =

ffiffiffiffiffiffiffiffiE=ρ

p. Dabei

ist E ein Elastizitätsmodul, der das Material charak-terisiert und ρ ist die Dichte des Materials.In Festkörpern können sich longitudinale undtransversale Schallwellen ausbreiten, da Festkörpereine Steifigkeit für Kompression und für Scherunghaben. Entsprechend sind die Schallgeschwindig-keiten durch die Ausdrücke vlong ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffi

E=ρp

undvtrans ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiG=ρ

pgegeben. Da der Elastizitätsmodul E

immer größer ist als der Schermodul G, ist die lon-gitudinale Schallgeschwindigkeit in Festkörpernimmer größer als die transversale Schallgeschwin-digkeit. TypischeWerte für die longitudinale Schall-geschwindigkeit sind 5000 m/s in Metallen. Flüs-sigkeiten haben keine Scherstabilität, daher breitensich in Flüssigkeiten nur longitudinale Schallwellenaus, die durch den Ausdruck vlong ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffi

B=ρp

gegebenist. B ist dabei der Kompressionsmodul der Flüssig-keit. Die Schallgeschwindigkeit in Wasser bei

λ

λ

λ

λ

λ

λ

a b

Abb. 6.11 Huygen-Prinzip. a Elementarwelle hinter einem schmalen Spalt. b Überlagerung von Elementarwellen ergibt die Wel-lenfront einer ebenen Welle.

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Raumtemperatur ist ca. 1500 m/s. Die Schallge-schwindigkeit in Gasen kann man ebensfalls mitHilfe des Ausdrucks v =

ffiffiffiffiffiffiffiffiB=ρ

pbeschreiben. Hier

ist B der Kompressionsmodul des Gases. In Gasenist B ca. 10 000-mal kleiner als in Flüssigkeitenund die Dichte ist ca. 500-mal kleiner. Daraus folgteine Schallgeschwindigkeit in Gasen, die ca. 4- bis5-mal kleiner ist als in Flüssigkeiten. Für trockeneLuft und STP-Bedingungen ist die Schallgeschwin-digkeit vschall = 330 m/s. In Gasen gibt es keinetransversale Schallgeschwindigkeit, da ein Gas ge-nauso wie Flüssigkeiten keine Rückstellkraft fürScherung hat.In Analogie zu den Schallwellenwürdeman vermu-ten, dass elektromagnetische Wellen wie z.B. Lichtebenfalls ein Medium benötigen, in dem sie sichausbreiten können. Dieses Medium wurde Äthergenannt. Viele Physiker haben vergeblich nachder Existenz eines Äthers gesucht, bis Albert Ein-stein zu dem Schluss kam, dass es keinen Äthergibt und dass Licht kein Medium braucht, in demes sich ausbreiten kann. Die Geschwindigkeit, mitder sich alle elektromagnetischen Wellen im Vaku-um ausbreiten, ist die sogenannte Vakuum-Lichtge-schwindigkeit c0. Sie ist eine universelle Konstante.In transparenten dielektrischen Medien wird dieLichtgeschwindigkeit um den Brechungsindex n re-duziert: c0/n, d.h. Licht ist z.B. in Glas langsamer alsin Vakuum oder Luft. Wir kommen auf diese Eigen-schaften, die die Grundlagen der geometrischenOptik bilden, auf S. 159 in Abschnitt 7.1.2 zurück.

6.2.7 ImpedanzWellen, die durch ein Medium laufen, sind einemWellenwiderstand (Impedanz) z ausgesetzt. DieWellenimpedanz ist gleich dem Produkt aus Dichtedes Mediums ρ und der Wellengeschwindigkeit v:z = ρ v. Wenn eine Welle von einem Medium mitz1 auf ein zweites Medium mit z2 trifft, dannwird an der Grenzfläche der beiden Medien dieWelle aufgespaltet. Ein Teil läuft in das zweite Me-dium und ein Teil wird in das erste Medium zurückreflektiert. Wir sprechen in diesem Fall von Bre-chung der Welle von Medium 1 in das Medium 2und von Reflexion der Welle an der GrenzflächezwischenMedium 1 und 2. Brechung und Reflexionsind wichtige Eigenschaften sowohl für Schallwel-len wie für elektromagnetische Wellen (Licht). EinSonderfall tritt auf,wenn z2 = 0 oder∞ ist. In diesemFall kann die Welle nicht in das zweite Mediumeindringen und wird vollständig zurück reflektiert.Ein Beispiel ist die eingespannte Geigensaite. DieeinlaufendeWelle wird am Stegmit z2 = ∞ vollstän-dig reflektiert. Die Überlagerung der einlaufenWel-le mit der reflektierten ergibt eine stehende Welle(s.u.). Die stehende Welle ist also nur scheinbar

stehend. Sie ist das Resultat aus der ständigenkohärenten Überlagerung von einlaufenden undreflektierten Wellen. Impedanzwerte von einigenMedien sind in Tab. 6.1 auf Seite 149 angegeben

MERKE

Die Impedanz einer Welle folgt aus dem Produkt Dichtemal Wellengeschwindigkeit: z = ρ v.

6.2.8 Stehende WellenBei einer stehenden Welle (Abb. 6.12) hängt dieAmplitude vom Ort ab und wandert nicht mitder Zeit, im Gegensatz zur laufenden Welle. DieLage der Maxima und Minima ist ortsgebunden.Dabei müssen die stehenden Wellen ganz be-stimmte Randbedingungen erfüllen, wie dies ambesten durch eine eingespannte Saite veranschau-licht werden kann. In der sogenannten grund-harmonischen Schwingung passt genau eine halbeWellenlänge zwischen die eingespannten Endenmit Abstand l. Höhere harmonische Schwingungenerfüllen die Randbedingung l = n λn/2 mit n =1,2,3… oder λn = 2l/n. Es ist also nicht jede Wellen-länge erlaubt, sondern nur diejenigen, die dieserRandbedingung genügen. Man nennt diese diskre-ten Wellenlängen Eigenmoden und die dazu ge-hörigen Frequenzen Eigenfrequenzen fn = v/λn =nv/2l. Die Wellengeschwindigkeit v folgt aus denelastischen Eigenschaften und der Spannung einerSaite. Bei Schallrohren (z.B. Orgelpfeifen) ist dieWellengeschwindigkeit durch die Schallgeschwin-digkeit in Luft gegeben. Die Schallwelle in einer„gedeckten“ Orgelpfeife hat darüber hinaus eineinteressante Randbedingung. An einer Seite istsie geschlossen, d.h. dort muss ein Schwingungs-knoten der Luftpartikel liegen (Wellenknoten),am anderen Ende ist sie offen und entsprechend

l =

l

λ2/2

λ3/2

λ4/2

λ1

2

l = 2 λ2

2

l = 3 λ3

2

l = 4 λ4

2

Abb. 6.12 Stehende Wellen auf einer Saite mit der Länge lund eingespannten Enden auf beiden Seiten.

6 Schwingungen und Wellen 6.2 Wellen 147

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ist dort ein Schwingungsbauch (Wellenbauch).Jetzt stellt sich die Frage, wieviele Wellenlängenzwischen Knoten und Bauch in die Orgelpfeifepassen. In der grundharmonischen Schwingungsind das 1/4 einer Wellenlänge, in der nächst höhe-ren harmonischen Schwingung passen 3/4 einerWellenlänge zwischen Knoten und Bauch, dann5/4, 7/4 usw.Eigenmoden und Eigenfrequenzen sind immer anRandbedingungen geknüpft, sei es eine schwingen-de Saite, oder eine stehende Welle auf einer Trom-mel. Auch Elektronen in einem Atom folgen diesemPrinzip. Für diese gibt es nur ganz konkrete undwohl definierte Energien mit entsprechend wohldefinierten Eigenfrequenzen. Wenn ein Elektroneinen Übergang von einem höheren Energieniveau(höhere Harmonische) auf ein niedrigeres Energie-niveau (niedrigere Harmonische) macht, dannemittiert es eine elektromagnetische Welle einerkonkreten und definierten Frequenz. (Man kannsich diesen Elektronenübergang als eine Hertz’scheDipolschwingung vorstellen: Der Übergang ent-spricht dem Ladungsausgleich im Dipol und dabeiwird genau eine diskrete Frequenz abgestrahlt,analog zum Ton einer gestrichenen oder gezupftenSaite.)

MERKE

Eigenmoden und Eigenfrequenzen bei stehendenWellenwerden durch die Randbedingungen (Wellenknotenoder Wellenbäuchen an den Enden) aufgeprägt.

Rechenaufgabe

Aufgabe 6.3: Die oben im Text erwähnte Orgelpfeifefindet im menschlichen Gehörgang ihr Gegenstück.Der Gehörgang ist am einen Ende offen und amanderen geschlossen. Seine durchschnittliche Länge list 2,5 cm.Bei welcher Frequenz liegt damit die Grundschwingung(also die kleinste Eigenfrequenz) des Gehörgangs?(Lösung S. 228)

Praktikum

Kundt’sches Schallrohr zur Bestimmung derSchallgeschwindigkeit

An dem einen Ende einer Glasröhre (Kundt-Röhre) wirdein Lautsprecher aufgestellt, dessen Frequenz f konti-nuierlich einstellbar ist. In das andere Ende des Glasroh-res wird ein Stempel geschoben (Abb. 6.13). Die vomLautsprecher ausgehende Schallwelle wird am Stempelreflektiert (Knoten) und es kommt zu einer stehendenSchallwelle zwischen Lautsprecher und Stempel. In dieRöhre wird auf der gesamten Länge Korkpulver ge-streut. Sobald der Lautsprecher eingeschaltet wird,sammelt sich das Pulver an den Verschiebungsknoten,d.h. dort wo es nicht mehr hin und her geschobenwird. An dem Verschiebungsknoten ist die Druckampli-tude maximal. Der Abstand von zwei benachbartenKnoten ist eine halbe Wellenlänge. Misst man den Ab-stand zwischen mehreren Knoten und dividiert durchderen Anzahl, dann kann man die Wellenlänge relativgenau bestimmen. Die Frequenz ist durch den Laut-sprecher bekannt. Die Schallgeschwindigkeit in Luftfolgt aus v = λf. Durch Änderung der Frequenz oder –bei fester Frequenz – durch Verschieben des Stempelskann die geometrische Bedingung für stehendeWellenL = nλ/2 fein justiert werden.

6.2.9 IntensitätLaufende Wellen transportieren Energie. Die trans-portierte Energie ist proportional zum Quadrat derAmplitude der Welle: E ∼ (A0)2. Die Energie pro Zeitt und pro Flächeneinheit A, durch die sie hindurch-geht, wird Intensität I oder Energiestromdichte ge-nannt:

I ¼ EA � t ¼

PA:

P ¼ E=t, d.h. Energie pro Zeit, ist die Leistung derWelle. Die Einheit der Intensität ist [I] = Watt/m2.Wenn die Intensität von einer punktförmigen Quel-le ausgeht, dann nimmt die Intensität mit demQuadrat des Abstandes ab, d.h. im doppelten Ab-stand ist die Intensität nur 1/4 der ursprünglichenIntensität, im dreifachen Abstand nur 1/9, etc. Diequadratische Abnahme ist auch anschaulich ver-ständlich: bei einer kugelförmigen Welle nimmtdie Kugeloberflächemit A = 4πr2 zu. Durch jede Ku-geloberfläche muss in jedem Moment die gleicheEnergie der sich ausbreitenden Welle durchgehen,sodass die Energie pro Flächeneinheit und Zeitein-heit, d.h. die Intensität I ∼ 1/r2 ist.

λ/2

Knoten der VerschiebungsamplitudeLautsprecher Korkpulver

Stempel

Abb. 6.13 Kundt-Rohr zur Bestimmung der Schallgeschwin-digkeit.

6.2 Wellen 6 Schwingungen und Wellen148

6

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Check-up✔ Was ist der Unterschied zwischen einer

Schwingung, einer laufenden Welle und einerstehenden Welle?

✔ Machen Sie sich nochmals den Zusammenhangzwischen Wellenlänge λ, Ausbreitungsge-schwindigkeit v und Frequenz f einer Welleklar.

✔ Können inkohärente Wellen sich gegenseitigauslöschen?

✔ Wie hängt die Ausbreitungsgeschwindigkeitmit den elastischen Eigenschaften des Me-diums zusammen?

✔ Rekaptiluieren Sie den Unterschied zwischenLongitudinal- und Transversalwelle.

✔ Welche Phänomene treten bei der Überlage-rung von Wellen auf?

✔ Was bedeutet Polarisation, Interferenz undSchwebung?

✔ Was verstehtman unter demHuygens-Prinzip?

6.3 Schallwellen

LerncoachIm folgenden Kapitel lernen Sie die wich-tigstgen Eigenschaften der Schallwellen unddes Schalls kennen. Möglicherweise sind dieseIhnen in der Physiologie bereits begegnet. Siespielen bei der Wahrnehmung und Verarbei-tung von Schall im Ohr eine wichtige Rolle.

6.3.1 ÜberblickSchall und Hören sind für uns sehr gebräuliche Be-griffe.Wennman allerdings die Physik und die Phy-siologie von Schall und Schallwahrnehmung ge-nauer untersucht, dann werden die Details rechtkompliziert. Die Komplexität liegt an der logarith-mischen Schallwahrnehmung. Auch hier helfenklare Definitionen und einige Rechenbeispieledem Verständnis weiter. Der Doppler-Effekt istuns ebenfalls aus dem Alltag geläufig. Er findetnicht nur Anwendung bei der Bestimmung von Ge-schwindigkeiten mittels einer Radarfalle, sondernauch zur Messung der Strömungsgeschwindigkeitvon Blut.

6.3.2 SchallwellenSchallwellen in Luft sind longitudinale Kompres-sionswellen (Abb. 6.14), in denen Luftmoleküle peri-odisch verdichtet und entspannt werden. Schallwird von allen Gegenständen erzeugt, die Luftmo-leküle mit einer bestimmten Frequenz in Schwin-gungen versetzen. Das sind z.B. Musikinstrumentemit schwingenden Saiten, Membranen, Luftsäulen,oder der Kehlkopf.

Schall kann physikalisch als zeitliche Änderung desLuftdrucks gemessen werden. Im Frequenzbereichvon 20 Hz bis 20 000 Hz wird Schall vom Gehörwahrgenommen. Der wahrgenommene Frequenz-bereich nimmt mit dem Alter ab. Infraschall sindSchallwellen mit einer Frequenz kleiner als 20 Hzund Ultraschall sind Schallwellen mit Frequenzengrößer als 20 kHz.In trockener Luft bei 20 °C ist die Schallge-schwindigkeit ca. 330 m/s. In Wasser beträgt sie1500 m/s, d.h. in Wasser ist der Schall fünfmalschneller als in Luft. In fester Materie ist die lon-gitudinale Schallgeschwindigkeit noch höher, inMetallen ca. 5000 m/s, in Knochen ca. 3500 m/s(Tab. 6.1). Die Kenntnis der Schallgeschwindigkeitin verschiedenen Medien ist wichtig für die Ultra-schalldiagnostik.Die Wellenlänge des Schalls ist eine Frage des Me-diums, in dem sich der Schall ausbreitet, denn dieWellenlänge λ bei fester Frequenz f hängt nur vonder Schallgeschwindigkeit v ab: λ = v/f. d.h. bei glei-cher Frequenz ist die Schallwelle inWasser fünfmallänger als in Luft, da imWasser die Schallgeschwin-digkeit fünfmal größer ist als in Luft. Beispiel: eineSchallwelle mit der Frequenz von 1 kHz hat in Luftdie Wellenlänge 0,33 m, in Wasser dagegen 1,5 m.

λ

Ausbreitungs-richtung

Dru

ck,

Teilc

hend

icht

e

Kompression Expansion

Abb. 6.14 Schallwelle als longitudinale Kompressionswelle.

Tabelle 6.1

Schallgeschwindigkeit und Impedanz in verschiedenenMedien

v (m/s) z (kg m–2 s–1)

Luft 330 430

Wasser 1500 1,5 × 106

Fett 1,38 × 106

Muskeln 1570 1,70 × 106

Knochen 3600 ∼ 6× 106

Metall (Al, Fe) ∼ 5000 ∼ 30× 106

6 Schwingungen und Wellen 6.3 Schallwellen 149

6

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Tonhöhe und LautstärkeMan unterscheidet zwischen Tonhöhe und Laut-stärke. Die Tonhöhe wird durch die Frequenz desSchalls bestimmt, nicht primär durch seineWellen-länge. Der Kammerton „a“ ist auf die Frequenz von440 Hz festgelegt. In Luft und in Wasser nimmtman den gleichen Tonwahr, obwohl dieWellenlän-gen bei gleicher Frequenz sehr unterschiedlich sind.Die Lautstärke ist durch die Druckamplitude desSchalls festgelegt. Druckamplituden von 10–5 Pakönnen gerade nochwahrgenommenwerden (Hör-grenze), Druckamplituden von 20 Pa werden alsschmerzhaft empfunden. Um ein Gefühl für dieDruckamplituden in Schallwellen zu gewinnen,sollte man diese ins Verhältnis zum Normaldruckvon 105 Pa setzen. Die Hörgrenze liegt also bei10–10 des Normaldrucks, die Schmerzgrenze bei2 × 10–4 des Normaldrucks.

Klang und GeräuschMan unterscheidet auch zwischen Klang und Ge-räusch. Im Klang sind wenige Frequenzen vorhan-den, ein Grundton undwenigeweitere Frequenzen,die als „harmonisch“ oder konsonant empfundenwerden. Im Geräusch gibt es dagegen ein breitesFrequenzband, was als unangenehm und dissonantempfunden werden kann.

Klinischer Bezug

Im Kehlkopf sind die Stimmbänder zusammengezogenund öffnen sich erst beim Überschreiten eines Expira-tionsdrucks. Der unterbrochene Luftstrom ergibt denKlang der Stimme. Die Frequenz (Stimmhöhe) wirddurch die Länge und Spannung der Stimmbänder be-stimmt. Die Mundhöhle dient als Resonanzraum fürdie Bildung von Vokalen.Herztöne sind eher Herzgeräusche, die durch Kontrak-tion während der Systole zustande kommen.

Eigenschaften des SchallsMan unterscheidet zwischen physikalisch messba-rem Schall und subjektiv wahrgenommener Laut-stärke. Wir diskutieren zunächst den physikalischmessbaren Schall, der die folgenden Eigenschaftenhat:

Schallamplitude ist die Amplitude der Druck-welle p0. Aus ihr kann die maximale Teilchen-auslenkung in der Schallwelle berechnet wer-den, die von hunderstel Nanometern bis zu Mik-rometern reicht.Schallwechseldruck ist die mathematische Be-schreibung der Schallausbreitung durch eineharmonische laufende Welle, mit Schalldruck-amplitude p0.Schallintensität (auch Schallstärke genannt) istproportional zum Quadrat der Druckamplitude

und umgekehrt proportional zur akustischenImpedanz z:

ISchall ¼p20z

Wie jede Intensität hat die Schallintensität dieDimension Leistung pro Fläche.Der Schalldruckpegel Lp ist eine relative Größe,das Wort Pegel drückt ein Verhältnis aus. Zu-nächst nimmt man das Verhältnis der Schallin-tensität I zu einem Bezugswert I0 und bildet ausdem Quotienten den dekadischen Logarithmus,d.h. den Logarithmus zur Basis 10. Das Ergebniswird mit 10 multipliziert:

Lp ¼ 1010logII0.

Als Bezugswert wird I0 ¼ 10�12W=m2 festge-legt. Dies entspricht der Hörgrenze (Tab. 6.2).Die Definition des Schalldruckpegels als loga-rithmische Größe wird der logarithmischenWahrnehmung des Schalls gerecht (Weber-Fechner-Gesetz). Obwohl das logarithmischeVerhältnis keine Einheit hat, gibt man die Ver-hältnisgröße in Bel an und behandelt diese wieeine Einheit. Ein Dezibel ist ein 1/10 Bel = 1dB.Beispiel: Die Schallintensität I = 10–4 W/m2 er-zeugt einen Schalldruckpegel von:

Lp ¼ 1010log10�4

10�12 ¼ 1010log108 ¼ 80dB.

Der Lautstärkepegel ist die physiologische Empfin-dung eines Schalldruckpegels. Die Empfindunghängt von der Frequenz ab. Zwei gleiche Schall-druckpegel mit unterschiedlicher Frequenz werdennicht gleich laut wahrgenommen. Sie haben ver-schiedene Lautstärkepegel LS. Der LautstärkepegelLS wird ebenfalls auf einer logarithmischen Skalaangegeben:

LS ¼ 1010logII0:

Die Einheit der Lautstärke ist das Phon. Die Phon-skala erstreckt sich über 12 Dekaden entspre-chend der Empfindlichkeit des Ohrs von 0 Phon(I0 = 10–12 W/m2, Hörgrenze) bis 120 Phon (I = 1W/m2, Schmerzgrenze).

Tabelle 6.2

Schallintensität und Dezibel

ISchall(Watt/m2)

Quotient dB

Schmerzgrenze 1 10log 1/10–12 120

normaler

Hörbereich

10–2 10log 10–2/10–12 100

10–10 10log 10–10/10–12 20

Hörgrenze 10–12 10log 10–12/10–12 0

6.3 Schallwellen 6 Schwingungen und Wellen150

6

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6.3.3 IsophoneIsophone verbinden Schallstärken, die bei verschie-denen Frequenzen als gleich empfunden werden.Bei 1000 Hz stimmen die dB- und Phon-Skala de-finitionsgemäß überein, d.h. 100 dB = 100 Phon.In Abb. 6.15 sind Schalldruckpegel und Lautstärke-pegel in Abhängigkeit von der Schallfrequenz ver-glichen. Die Hörschwelle liegt bei 0 – 4 Phon, dieSchmerzgrenze bei 120 – 130 Phon. Aus dem qua-dratischen Abstandsgesetz folgt, dass bei doppelt-emAbstand die Schallstärke umdas vierfache sinkt.Daraus folgt, dass bei Verdoppelung des Abstandesvon der Quelle der Lautstärkepegel um 6 Phonsinkt.Die Schallintensität nimmt nicht nur durch Abstandvon der Quelle ab. Schall wird auch vom Mediumabsorbiert, d.h. die Amplitude nimmt exponentiellab und die Schallenergie wird in andere Energiefor-men (Wärmeenergie) umgewandelt.

Rechenaufgaben

Aufgabe 6.4: Die Hörschwelle des Menschen bei einerFrequenz von 1000 Hz liegt bei 4 dB. Bei einem Patien-ten wird festgestellt, dass seine Hörschwelle in diesemFrequenzbereich bei 34 dB, also um 30 dB höher liegt.Um wieviel mal höher liegt bei ihm dann die Schwellen-schallintensität (Energiestromdichte des Schalls bei derHörschwelle)?

Aufgabe 6.5: Bei einem anderen Patienten wird festge-stellt, dass seine Schwellenschallintensität für Töne von1000 Hz 500-mal höher liegt als bei einer gesundenVergleichsperson.Um wieviel dB ist bei ihm dann die Schallschwelle indiesem Frequenzbereich erhöht?

Aufgabe 6.6: Wenn zwei Lautsprecher mit einemSchallpegel von jeweils 80 dB nebeneinander aufgestelltwerden, Welchen Schallpegel haben sie zusammen?(Lösungen S. 228)

6.3.4 ReflexionBeim Übergang des Schalls von einem Medium inein anderes wird ein Teil der Welle reflektiert(Echosignal). Der Grund ist die unterschiedlicheSchallimpedanz zs = ρ v (Einheit [zs] = kg/m2s) ver-schiedener Medien (S. 147). Bei senkrechtem Auf-treffen auf die Grenzfläche zwischen zwei Medienmit Impedanzen z1 und z2 folgt die reflektierte In-tensität Iref aus dem Quotienten:

Iref ¼ I0z2 � z1z2 þ z1

� �2

:

Die transmittierte Intensität in das zweite Mediumist Itrans = 1 – Iref. Für Luft ist die Impedanz zLuft =430 kg/m2s, für Wasser zWasser = 1,5 × 106 kg/m2s(Tab. 6.1, S. 149). Daraus folgt für die reflektierte In-tensität: Iref = I0 × 0,9989 und für die transmittierteIntensität Itrans = I0 × 1,1 × 10–3, d.h. nur ca. 0,1 % dereinfallenden Intensität geht über die Wasser/LuftGrenzfläche hinweg. Dies gilt beim Übergang vonLuft zu Wasser wie vonWasser zu Luft. Wegen die-ser extremen Impedanzfehlanpassung können Ge-räusche, die im Wasser erzeugt werden, in der Luftnicht wahrgenommen werden. Umgekehrt kannSchall von der Luft nicht in Wasser eindringen.Zur Ultraschalldiagnose wird ein Koppelgel zwi-schen Ultraschallkopf und der Körperoberfläche(gleiche Impedanz wie Wasser) benötigt, um dieFehlanpassung zu reduzieren und die Schallwellein den Körper einzukoppeln.

Klinischer Bezug

Die Schallwahrnehmung in der Cochlea des Innenohrswäre nicht möglich ohne eine partielle Impedanzanpas-sung durch Steigbügel, Hammer und Amboss im Mittel-ohr. Die Schallübertragung vonTrommelfell mit einer Flä-che von ca. 55 mm2 auf das ovalen Fenster mit einer Flä-che von ca. 3,2 mm2wird unter Zuhilfenahme von Hebel-gesetzen und Hydraulik bewerkstelligt. Dies liefert einenVerstärkungsfaktor von 30, sodass die wahrgenommeneSchallstärke nicht 0,1 % sondern 3% beträgt. Traditionelle

Scha

lldru

ck [P

a]

200

20

2

0,2

0,02

0,002

0,0002

0,00002

140

120

100

80

60

40

20

0

Schalldruckpegel [dB SPL]

Hauptsprach-bereich

130

100

80

40

20

60

20 63 250 1000 4000 1600031,5 Frequenz [Hz]

Phon = dB bei 1000 Hz

Schmerzgrenze 130 Phon

Pressluftbohrer 120 Phon

Verkehrslärm 70–80 Phon

Umgangssprache 50–75 Phon

Flüstern 20–40 Phon

Hörschwelle 4 Phon

Abb. 6.15 Vergleich von Schall-stärkepegel und Lautstärke-pegel als Funktion der Schall-frequenz. Die farbigen Linienstellen Isophone dar.

6 Schwingungen und Wellen 6.3 Schallwellen 151

6

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Hörgeräte vergrößern nur die Amplitude am Trommel-fell, modernere Geräte geben Impulse auf das ovale Fens-ter der Cochlea bzw. auf die Cochlea selbst.

6.3.5 Schallwahrnehmung im OhrDie Leistungsfähigkeit des menschlichen Ohrs istäußerst beeindruckend. Nicht nur ist der Frequenz-bereich von 20 Hz bis ca. 20 000 Hz, in dem wirhören können, sehr groß, sondern auch der dyna-mische Bereich der Schallintensität über ca. 10 De-kaden. Diese hohe Empfindlichkeit des Ohrs kommtin der Teilchenauslenkung zum Ausdruck, den eineSchallwelle erzeugt. Die mittlere Teilchenauslen-kung xh i der Moleküle in einer Druckamplitudefolgt aus dem Quotienten von Druckamplitude zuSchallimpedanz in Luft und Schallfrequenz f:

xh i ¼ p0zLuft f

:

Bei der Schmerzgrenze ist die Teilchenauslenkungca. 16 μm, bei der Hörgrenze nur noch 0,1 nm. Dieuntere Grenze entspricht einer Teilchenauslen-kung, die von der Größenordnung des Durchmes-sers eines Atoms ist. Eine höhere Empfindlichkeitist deshalb auch technisch nicht möglich, da danndas Rauschen durch die stochastische Bewegungder Moleküle einsetzt. Diese geringen Teilchen-auslenkungen verursachen eine Deflektion vonHaarzellen durch Wanderwellen in der Cochlea,die wiederum ein Aktionspotential auslösen. Über-beanspruchung der extrem empfindlichen Haar-zellen durch zu hohe Schallamplituden führt zuirreversiblem Bruch und Hörverlust.

6.3.6 Ultraschall in der MedizinBei der Ultraschalldiagnostik (Sonographie) benö-tigt man einen Ultraschallkopf, ein Koppelgel,und eine Elektronik, die die Zeit zwischen Schallim-puls und Echo misst (Abb. 6.16). Der Ultraschallkopferzeugt eine Ultraschallwelle durch Schwingungs-anregung von piezoelektrischen Kristallenmit Hilfevon elektrischen Spannungsimpulsen. Piezoelektri-sche Kristalle sind ionische Kristalle mit einer sehrhohen Polarisierbarkeit (S. 101). Ihre entgegenge-setzten Ladungen können durch eine äußere elekt-rische Spannung verschoben werden. Dabei dehntsich der Kristall geringfügig aus. Ohne elektrischeSpannung zieht er sich wieder zusammen. Dergrößte piezoelektrische Effekt wird erzielt, wenndie Frequenz der Spannung mit der Eigenfrequenzdes Kristalls übereinstimmt, d.h. in Resonanz ist.Die Arbeitsfrequenz liegt üblicherweise im Bereich1 MHz bis 15 MHz. Schallimpulse von ca. 1 μs Längewerden in den Körper abgestrahlt. Die Schallwellenwerden an den Grenzflächen verschiedener Medi-en mit verschiedenen Impedanzen reflektiert (Bin-

degewebe bzw. Knochen). Der Ultraschallkopf de-tektiert auch die zurückreflektierten Schallwellen.Aus der Zeit zwischen Impuls und Echo (Laufzeitder Schallwelle) wird bei bekannter Schallge-schwindigkeit auf die Tiefe der reflektierendenGrenzschicht geschlossen. Beim Scannen über dieKörperoberfläche entsteht ein Konturbild des zuuntersuchenden Organs.Ultraschallwellen werden vielfach auch für andereZwecke eingesetzt: Reinigen von Geräten in einemUltraschallbad, Sterilisation, Desinfektion und Rei-nigung von Biomaterialien, Zertrümmerung vonGallen- und Nierensteinen und Aufschluss vonZellen bei hohen Intensitäten, Ultraschalltherapiedurch lokale Erwärmung des Gewebes bei kleine-ren Intensitäten.

Zeit

1 2 3 4

Echosignale

Ultraschallkopf

Piezokristall

Koppelgel

1

2

3

4

Vorderseite

Rückseite

Abb. 6.16 Ultraschalldiagnostik. Ein Ultraschallkopf sendeteinen kurzen Schallpuls über ein Koppelgel in den Körper. DerSchall wird an der Grenzfläche zwischen Materialien unter-schiedlicher Impedanz partiell reflektiert. Aus der Laufzeit kanndie Tiefe der reflektierenden Grenzfläche berechnet werden.Der Ultraschallkopf wird über die Oberfläche bewegt, um dielaterale Ausdehnung eines Objekts zu bestimmen.

6.3 Schallwellen 6 Schwingungen und Wellen152

6

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Rechenaufgabe

Aufgabe 6.7: Um abzuklären, ob sich bei einem Patien-ten die Retina ablöst, wird mit dem Ultraschall-Puls-Ver-fahren ein zweidimensiolnales Schnittbild des Augen-hintergrunds erzeugt. Dabei wird der Schallkopf direktauf die Cornea aufgesetzt. Er fungiert gleichzeitig alsSignalgeber und Empfänger.Wie lange braucht das Signal, um von der Cornea zurRetina und wieder zurück zur Cornea zu gelangen,wenn die Schallgeschwindigkeit im Auge 1,5 km/sund der Abstand zwischen Cornea und Retina22,5 mm beträgt?(Lösung S. 228)

6.3.7 Doppler-EffektUnter Doppler-Effekt versteht man die Frequenzän-derung einer Schallwelle, die auftritt, wenn sich Be-obachter und Schallquelle relativ zueinander bewe-gen. Wird der Abstand zwischen beiden kleiner, er-höht sich die Frequenz, wird der Abstand größer,erniedrigt sich die Frequenz (bekanntestes Beispiel:vorbeifahrende Polizeisirene). Der allgemeine Fallgilt für bewegte Quelle und bewegten Beobachter.Als Beispiel betrachten wir die Bewegung derSchallquelle auf einen ruhenden Beobachter zu.In diesem Fall schiebt die Quelle die Schallwellevor sich her (Abb. 6.17) und die ursprüngliche Wel-lenlänge λwird entsprechend der Relativgeschwin-digkeit von Schallgeschwindigkeit vSchall und Ge-schwindigkeit der Quelle vQ verkürzt:

λ’ ¼ vSchall � vQfQ

:

Obwohl die Frequenz der Quelle fQ durch ihre Ge-schwindigkeit nicht verändert wird (der mitbe-wegte Beobachter hört immer den gleichen Sire-nenton), nimmt der ruhende Beobachter eine hö-here Frequenz wahr, denn der ruhenden Beobach-ter ermittelt die Frequenz fB aus der verkürztenWellenlänge λ‘ und der SchallgeschwindigkeitvSchall:

fB ¼ vSchallλ’

¼ vSchallvSchall � vQ

fQ > fQ

und diese ist höher als die Frequenz der Quelle. Um-gekehrt, wenn die Quelle sichmit der Geschwindig-keit vQ von dem Beobachter wegbewegt, dann istdie Frequenz für den Beobachter erniedrigt. Das er-gibt das typische Sirenengeräusch eines Rettungs-wagens, dessen Tonhöhe beim Vorbeifahren plötz-lich abfällt. Alle verschiedenen Fälle werden in derfolgenden Formel zusammengefasst:

fB ¼ vSchall � vBvSchall � vQ

fQ :

Dabei gilt +vB, falls der Beobachter sich auf Quellezu bewegt, +vQ, falls die Quelle sich vom Beobachterweg bewegt. Die relative Frequenzverschiebung istnäherungsweise:

Δf ¼ vQvSchall

fQ ;

aus der die Geschwindigkeit der Quelle berechnetwerden kann (Prinzip der Radarfalle). Der Dopp-ler-Effekt gilt für alle Arten von Wellen, Schallwel-len wie auch für elektromagnetische Wellen. Einbesonderer Fall tritt auf, wenn die Quelle schnellerwird als die Schallgeschwindigkeit. Dann wird dieDruckwelle, die vor der Schallquelle herläuft, im-mer mehr verdichtet und zu einer sogenannten„Schallmauer„ komprimiert. Das Durchbrechender Schallmauer löst einen lauten Knall aus.Der Doppler-Effekt dient auch der Bestimmung derStrömungsgeschwindigkeit von Blut (Abb. 6.18),ähnlich dem Prinzip der Radarfalle. Die Ultraschall-wellen mit der Frequenz fQ werden in den Körper

λ'Q

vQ→

Abb. 6.17 Doppler-Effekt. Verkürzung der Wellenlänge in derRichtung, in die sich die Quelle bewegt; Streckung der Wellen-länge in der entgegen gesetzten Richtung.

θ Gewebe

Reflexion an Erythrozyten

Abb. 6.18 Dopplereffekt an Erythrozyten zur Bestimmungder Strömungsgeschwindigkeit des Bluts.

6 Schwingungen und Wellen 6.3 Schallwellen 153

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eingekoppelt und an den Erythrozyten im Blutplas-ma reflektiert. Da diese sichmit einer Geschwindig-keit vEryth bewegen, wird die Schallwelle frequenz-verschoben mit der Frequenz fR reflektiert. Die Fre-quenzänderung zwischen Schallquelle und reflek-tiertem Signal ist:

Δf ¼ fR � fQ ¼ 2fQvErythvSchall

cosθ:

Der Cosinus-Termberücksichtigt die Projektion vonQuelle auf die Richtung der Blutgefäße. Δf ist posi-tiv, wenn die Erythrozyten auf den Sender zuflie-ßen, sonst negativ. Der Faktor 2 tritt auf, da derDoppler-Effekt zweimal angewandt werden muss.Zunächst kommt die Schallwelle Doppler-verscho-ben an den Erythrozyten an (Beobachter) und wirddann als bewegte Quelle von diesen reflektiert. DieFrequenzen fQ und fR werden elektronisch ge-mischt, sodass es zu Schwebungen (S. 145) mitder Freqenz Δf/2 kommt, die man präzise messenkann.

MERKE

Beim Doppler-Effekt verändert sich die Frequenz einerWelle, d.h. die Tonhöhe ändert sich.Transmission von Wellen von einem Medium in einanderes mit unterschiedlicher Schallgeschwindigkeitverändert die Wellenlänge, aber nicht die Frequenz,d.h. die Tonhöhe bleibt gleich.

Check-up✔ Definiereren Sie die Begriffe Schallamplitude,

Schallwechseldruck und Schallintensität.✔ Was sind Isophone?✔ Machen Sie sich nochmals den Unterschied

zwischen Schallintensität (dB) und Lautstärke(Phon) klar. Wie hängen beide zusammen?

✔ Was ist der Dopplereffekt und wie macht mansich diesen in der Medizin zunutze?

✔ Warum kannman ohneMittelohr nicht hören?✔ Bei welcher Geschwindigkeit wird die Schall-

mauer durchbrochen?

6.4 Elektromagnetische Wellen

LerncoachElektromagnetische Wellen haben Sie bereitsbei der Elektrizität kennengelernt. Sie werdenIhnen auch in der Optik nochmals begegnen.Deshalb werden sie hier nur kurz abgehandeltund in den Zusammenhang von den in diesemKapitel diskutierten Wellen gestellt sowie ihreBesonderheiten heraus gehoben.

Elektromagnetische Wellen (EM) sind Wellen deselektrischen und magnetischen Feldes. Die elektri-schen und magnetischen Felder sind miteinanderverknüpft und schwingen in Phase. Beide Felderstehen senkrecht aufeinander und führen sinus-förmige Schwingen senkrecht zur Ausbreitungs-richtung aus, d.h. elektromagnetische Welle sindtransversale Wellen (Abb. 6.19). Die Geschwindig-keit der elektromagnetischen Wellen im Vakuumist unabhängig von der Frequenz und immer gleichder Lichtgeschwindigkeit co = 299 792,46 km/s ≈3 ×108 m/s. In Luft ist die Geschwindigkeit nahezuidentisch mit der Vakuumgeschwindigkeit, indurchsichtigen flüssigen und festen Medien istdie Geschwindigkeit um den Brechungsindex n re-duziert (S. 159). Im Vergleich zu anderen Wellenzeichnen sich elektromagnetische Wellen durchdrei Besonderheiten aus:1. Die Geschwindigkeit der EM-Welle ist die höchs-

te bekannte Geschwindigkeit. Keine Wellen-oder Teilchengeschwindigkeit kann sie über-treffen.

2. Die EM-Welle benötigt kein Medium zur Aus-breitung, sie kann sich auch im Vakuum aus-breiten.

3. In der transversalen EM-Welle schwingen zweiAmplituden, die des elektrischen Feldes unddie der magnetischen Flussdichte.

Elektromagnetisches SpektrumDas elektromagnetische Spektrum erstreckt sichüber einen sehr weiten Bereich von niederfrequen-ten (NF) technischen Wechselströmen, hochfre-quenten (HF) Radiowellen (LW, MW, KW, UKW),denMikrowellen (dm-, cm-, mm-Wellen), infraroteStrahlung, bis zu den höchstfrequenten Röntgen-undGamma(γ)-Strahlen. Nur für einen sehr kleinenBereich des Frequenzspektrums gibt es Sensorenauf der Retina, d.h. in diesem Bereich von 4×1014 Hz (λ = 750 nm, rot) bis 8 × 1014 Hz (λ = 380nm, blau) sind die elektromagnetischen Wellen

E→

B→

x

Abb. 6.19 Elektromagnetische Wellen. Die Wellen des elek-trischen Feldes ~E und der magnetischen Flussdichte ~B stehensenkrecht aufeinander und schwingen senkrecht zur Ausbrei-tungsrichtung (transversale Welle).

6.4 Elektromagnetische Wellen 6 Schwingungen und Wellen154

6

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für das Auge „sichtbar“ (Abb. 6.20). Die Infrarotstrah-lung wird als Wärmestrahlung wahrgenommen.Die Ultraviolettstrahlung erzeugt chemische Reak-tionen (Bräunung, Sonnenbrand), und die Röntgen-bzw. Gammastrahlung wirkt ionisierend und zer-störend auf das Gewebe. Die Farbwahrnehmungim optisch sichtbaren Bereich ist eine physiologi-sche Empfindung, die auf die neuronale Verarbei-tung im visuellen Bereich des Cortex zurückgeht.Die Farbe ist keine physikalisch messbare Größe.Nur Frequenz, Wellenlänge und Geschwindigkeitsind physikalisch messbar.

Check-up✔ Welchen Frequenzbereich der elektromagne-

tischen Wellen kann das menschliche Augewahrnehmen?

✔ Was ist Wärmestrahlung?✔ Welchen Betrag hat die Lichtgeschwindigkeit?✔ Welche Orientierung haben das elektrische

Feld und die magnetische Flussdichte hin-sichtlich der Ausbreitungsrichtung?

10–6 nm

10–5 nm

10–4 nm

10–3 nm

10–2 nm

10–1 nm

1 nm

10 nm

100 nm

1000 nm = 1 μm

100 μm

10 μm

1000 μm = 1 mm

100 km

10 km

1000 m = 1 km

100 m

10 m

100 cm = 1 m

10 cm

10 mm = 1 cm

OrangeRot

ViolettBlau

GrünGelb

400 nm

700 nm

ultravioletteStrahlung

sichtbaresLicht

infraroteStrahlung

Gamma-Strahlen

Röntgen-Strahlen

Mikrowellen

Radiowellen

Abb. 6.20 Elektromagnetisches Spektrum.Nur im sichtbaren Bereich werden Farbenwahrgenommen.

6 Schwingungen und Wellen 6.4 Elektromagnetische Wellen 155

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