Lärm bekämpfen – Ruhe schützen · Lärm ist unerwünschter Schall, der psychisch, physisch,...

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Lärm bekämpfen – Ruhe schützen Eine Information zum Thema Lärm

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Lärm bekämpfen – Ruhe schützenEine Information zum Thema Lärm

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IMPRESSUM

ZU DIESER BROSCHÜRE 3

LÄRMBEKÄMPFUNG UND RUHESCHUTZ

Was i st Lärm? Wie schütze i ch mich vor Lärm? 4-7

LÄRM UND GESUNDHEIT

Wie Krach krank macht 8 -11

Was brummt denn da? 12-13

STRASSENLÄRM

Tendenz ste igend – i st der Verkehr noch zu beruhigen? 14-17

Lärmarme Rei fen – d ie Zukunf t ro l l t le i se( r ) 18-19

FLUGLÄRM

Das Düsen im Süden geht au f d ie Ohren 20

Stut tgar t : F lug lä rm – e in lösbares Problem 21-23

Fr iedr ichsha fen : Lärm unter Kontro l le 24

Kar l s ruhe/ Baden-Baden : Ruhe an der Lärmfront 25

EISENBAHNLÄRM

Lärmvorsorge und Lärmsanierung be i der Deutschen Bahn 26-29

GEWERBE- UND MASCHINENLÄRM

In Indust r ie und Gewerbe wi rd es le i se r 30

DaimlerChrys le r : Ganz Ohr in Sachen Lärm 31-32

Weniger Lärm am Arbei t sp la tz 33-35

Wie Geräte le i se r l au fen 36-37

PRIVATER LÄRM

Alles was Recht i st 38 -39

Mit dem Fre ize i t l ä rm aufhören 40-43

KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ

Recht l i che Vorgaben : Die Lärmminderungsplanung 44-45

Recht l i che Vorgaben : Die EU-Umgebungs lä rmr icht l in ie 46-47

Aus der Prax i s : Lärmminderungsplan Stut tgar t 48-49

Aus der Prax i s : Lärmminderungsplanung F i lder 50-51

Aus der Prax i s : Lärminformat ionssystem Ravensburg 52

Aus der Prax i s : Lärmminderungsplanung Heide lberg 53

Aus der Prax i s : Kre i sverkehre reduz ieren St raßenlä rm 54

GESAMTLÄRM

Bewertung von Gesamt lä rm – e in drängendes Problem 55-56

SERVICE

Exper ten , Quel len für Be i t räge 56

Infos in Internet und L i te ra tur 57

Ansprechpar tner be i Beschwerden 58

Grenz- und Richtwerte zum Lärm 59

Herausgeber Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg, 76157 Karlsruhe, Postfach 21 07 52, www.lfu.baden-wuerttemberg.de

Redaktion LfU, Referat 33 „Luftqualität, Lärm, Verkehr“

Konzeption und Text Ökonsult GbR, 70178 Stuttgart

Satz und Layout Büro Spiess Werbeberatung, 71063 Sindelfingen

Druck Greiserdruck, 76437 Rastatt – Gedruckt auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier – 2. Auflage, November 2004

Bezug über Verlagsauslieferung der LfU bei JVA Mannheim (Druckerei), Herzogenriedstr. 111, 68169 MannheimTelefax 0621/398-370, E-Mail: [email protected]

Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Zustimmung des Herausgebers unter Quellenangabe und Überlassung von Belegexemplaren gestattet.

INHALT

© LfU EINFÜHRUNG

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Zu dieser Broschüre

Lärm begegnet uns überall und zu jeder Zeit. Auf dem Weg zum

Büro schlägt uns der Straßenlärm entgegen. Bei der Arbeit brum-

men Maschinen oder lärmen die Mitmenschen. Am Feierabend

rauscht das Flugzeug über unseren Balkon hinweg. Und nachts

badet oder musiziert womöglich unser Wohnungsnachbar. Selbst

im Wald sind häufig die Naturgeräusche von denen der Zivilisati-

on überdeckt. Kein Wunder, dass über die Hälfte der Baden-

Württemberger sich vom Lärm belästigt fühlt. Dabei vergessen

wir nur allzu leicht, dass wir nicht nur Lärmopfer, sondern auch

Verursacher sind.

Viele Facetten des Lärms beschreibt die vorliegende Broschüre

der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg. Nach

einer kurzen Einführung ins Thema widmet sie sich den Folgen

des Lärms auf unsere Gesundheit. Dann werden die Hauptlärm-

quellen Straße, Flugzeug, Bahn und Industrie näher betrachtet.

Aber auch der häufig unterschätzte Freizeitlärm nimmt breiten

Raum ein. Wem ist zum Beispiel schon bewusst, dass heutzutage

bereits 25 bis 30 Prozent aller 20-Jährigen unter einem deutlichen

Hörverlust leiden, weil sie ihr Gehör mit Walkman und Diskomu-

sik überfordert haben?

Doch in den Beiträgen geht es nicht nur um Problembeschreibun-

gen, sondern auch um gesetzliche Rahmenbedingungen und tech-

nische, planerische oder organisatorische Lösungsansätze. Beispie-

le hierfür finden sich in den Kapiteln, die über kommunale Lärm-

schutzkonzepte berichten.

Kurzum: Die Broschüre gibt aktuelle Informationen über ein

Thema, das viele Menschen in Baden-Württemberg betrifft, sei es

privat oder beruflich. Die Lektüre ist daher für Mitarbeiterinnen

und Mitarbeiter von Kommunen und Behörden, Umweltbeauf-

tragte von Unternehmen oder Lehrerinnen und Lehrer ebenso zu

empfehlen wie für interessierte Laien.

(Foto: Axel Brachat)

LfU ©

Was ist Lärm?Wie schütze ich mich vor Lärm?

LÄRMBEKÄMPFUNG UND RUHESCHUTZ

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Laute Musik regt den einen an, den anderen regt sie auf und den Dritten lässt sie vollkommen kalt. Ein weiterer erholt

sich am Meer bei tosender Brandung, also nicht gerade bei himmlischer Ruhe. Wer wacht schon beim Gesang der Vögel

auf, wenn morgens die Dämmerung anbricht? Die Warnrufe der Amsel zur gleichen Zeit holen uns jedoch aus dem Schlaf.

Woran liegt das?

Das Gehör ist ein Sinnesorgan, über das wir akustische Signale

wahrnehmen, Informationen empfangen. Die Warnrufe der

Amsel oder die Autohupe weisen auf eine mögliche Gefahr hin.

Weil diese Geräusche auffällig sind, erfüllen sie ihre Alarmfunk-

tion: Wir werden aufmerksam und wenden uns der Geräusch-

quelle zu.

Allerdings sind unsere Empfindungen dabei stark abhängig von

der Situation, in der wir uns gerade befinden. Manches unver-

meidbare Schallereignis, z. B. das Martinshorn des Rettungs-

wagens, nehmen wir klaglos hin. Andere Geräusche akzeptieren

wir, obwohl wir sie eigentlich für überflüssig halten. Wieder

andere ärgern uns, sobald sie gerade hörbar sind, weil wir ihren

Verursacher missbilligen. Aus der Wahrnehmung des Schalls

kann – je nach Situation, Lautstärke und Einstellung zum

Geräuscherzeuger – eine Irritation, eine Störung, eine Belästi-

gung werden. Hält die Belästigung länger an oder tritt sie wie-

derholt auf, wird die Toleranzgrenze überschritten, und sie löst

Verärgerung aus: „Jetzt reicht’s!“ – „Das bringt mich auf die

Palme!“ Manchmal geht die Verärgerung unter die Haut: „Mir

schlägt’s auf den Magen.“ Bei sehr hoher Schallstärke oder lange

andauernder hoher Belastung schließlich kann das Gehör sogar

organisch geschädigt werden.

LÄRMWIRKUNGEN

Lärm ist unerwünschter Schall, der psychisch, physisch, sozial oder

ökonomisch beeinträchtigt. Lärm führt primär nicht zu Belastun-

gen der natürlichen Umwelt, die sekundär auf den Menschen zu-

rückwirken, sondern mindert die Lebensqualität des Menschen

unmittelbar. Lärm wird subjektiv als störend oder erheblich beläs-

tigend empfunden.

(Foto: LfU)

© LfU

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Die ausgeprägtesten Störungen durch Lärm treten im Außenbe-

reich auf, also z. B. auf dem Balkon, der Terrasse und im Garten

der Befragten. An zweiter Stelle stehen Störungen der Ruhe und

Kommunikation im Innenbereich, gefolgt von Schlafstörungen.

Personen mit starker Lärmbelastung sind meistens mit ihrer

Wohnsituation unzufrieden. Umgekehrt fühlen sich die mit ihrer

Wohnsituation Zufriedenen meist nicht so stark durch Lärm

gestört.

Maßnahmen, die zu einer Verringerung der Lärmbelästigung

führen, werden von einem großen Teil der Bevölkerung als

wichtig eingestuft. Vordringlich ist dabei der Straßenverkehr, da

hier das Lärmproblem am gravierendsten ist. Ergebnis der

Befragung war jedoch auch, dass das Ausmaß der subjektiv

empfundenen Lärmbelästigung mit dem Vertrauen in die für den

Lärm Verantwortlichen zusammenhängt. Je ausgeprägter das Ver-

trauen in das Bemühen der Verantwortlichen, die Lärmsituation

zu verbessern, umso weniger lästig wirkt der Lärm. Daraus folgt:

Vertrauensbildende Maßnahmen tragen das Potential in sich,

unabhängig von der objektiv erreichten Verbesserung einer

Lärmsituation zur Verringerung der subjektiv empfundenen

Lärmbelästigung beizutragen.

Lärm ist allerdings nicht nur eine Quelle von Belästigungen und

Ärger. Er ist zudem die Ursache für negative gesundheitliche

Wirkungen. Gereiztheit, Nervosität und Aggressivität bis hin

zu Konzentrationsstörungen sind die häufige Folge. Und

schlimmer: der Organismus kann durch die Belastung des Herz-

Kreislauf-Systems dauerhaft geschädigt werden. Auf anhaltend

lauten Verkehrslärm reagiert der Körper beispielsweise durch

Ausschüttung von Stresshormonen, sogar nach langfristiger

Gewöhnung. In umfangreichen sozialmedizinischen Studien

wurde nachgewiesen, dass Lärm in vielfältiger Weise unser

Leben verkürzen kann.

EIGENSCHAFTEN DES SCHALLS

Der Schall besteht – vereinfacht gesagt – aus Druckwellen. Luft-

schall ist die Fortpflanzung von Druckschwankungen in der Luft,

eine Art Wellenbewegung in der Luft. Geschieht dieser Vorgang

in einem festen Gegenstand, so spricht man von Körperschall.

Dezibel (dB) ist die Maßeinheit für den Schalldruckpegel, meist

einfach Schallpegel genannt. Die Frequenz ist die Anzahl der

Schwingungen pro Sekunde und wird in Hertz (Abkürzung Hz)

angegeben.

Repräsentative Umfragen der LfU im Sommer 1999 und 2004

haben ergeben, dass die Bevölkerung in Baden-Württemberg

Lärm als wichtigstes lokales Umweltproblem betrachtet. Mehr als

ein Viertel der Bevölkerung fühlt sich durch Lärm nicht nur

geringfügig belästigt. Der Anteil hoch belästigter Personen, die

den Grad der Störungen mit „stark“ oder „äußerst“ angeben,

beträgt knapp neun Prozent.

Nach Lärmarten und Belästigungsgrad unterschieden ergibt sich

ein differenziertes Bild. Die stärkste Belästigung geht nach wie

vor vom Straßenverkehr aus. Dabei liefern im Vergleich die

Personenkraftwagen den größten Lärmbeitrag. Danach folgen der

Flugverkehr, laute Nachbarn und der Schienenverkehr. Gewerbe-

und Industrieanlagen sowie Sport- und Freizeiteinrichtungen

hingegen treten vergleichsweise wenig in Erscheinung. Auffällig

ist ein Anstieg der Belästigung durch den Schienenverkehr im

Jahre 2004; gegenüber der letzten Erhebung fünf Jahre zuvor hat

sich dieser Wert fast verdoppelt.

LÄRMBEKÄMPFUNG UND RUHESCHUTZ

Lärmbelastung der offenen Landschaft durch den Straßenverkehr in Baden-Württemberg (LfU-Modellrechnung Stand 1994)

LfU ©

LÄRMBEKÄMPFUNG JA – ABER WIE?

Es gibt eine große Palette von Möglichkeiten, Störungen oder

Schädigungen durch Lärm zu vermeiden. Am besten ist es, wenn

man die Schallentstehung von vornherein verhindert oder zu-

mindest begrenzt. Dafür muss bekannt sein, wo und wie sich der

Schall bildet.

Bei den Lärmarten unterscheidet man Industrie- und Gewerbe-

lärm, Baulärm, Straßenverkehrslärm, Schienenverkehrslärm, Flug-

lärm sowie Sport- und Freizeitlärm. Die dafür jeweils festgelegten

Immissionswerte (Grenz-, Richt- oder Orientierungswerte) sind

auf Seite 59 zusammengestellt. Sie sind nach Gebietsnutzungen

gestaffelt, d.h. je nach Schutzwürdigkeit eines bau- oder planungs-

rechtlich abgegrenzten Gebiets unterschiedlich hoch. In einem

Wohngebiet erwartet man eben mehr Ruhe als in einem Gewer-

begebiet. Die zulässigen Einwirkungen sind – abgesehen vom In-

dustriegebiet – außerdem nachts bis zu 15 dB(A) niedriger als tags-

über. Sind die Immissionsrichtwerte überschritten, so ist im All-

gemeinen der Tatbestand einer schädlichen Umwelteinwirkung ge-

geben. In der Regel muss der Verursacher dann Abhilfe schaffen.

LÄRMBEKÄMPFUNG UND RUHESCHUTZ

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Mit dem Schalldruckpegel kennzeichnet man die Stärke einer Ge-

räuscheinwirkung. Der Schallleistungspegel gibt dagegen die Stär-

ke einer Geräuschquelle an. So würde zum Beispiel ein (zu lau-

ter) Rasenmäher mit einer Schalleistung von 100 dB(A) in fünf

Meter Abstand einen Schall(druck)pegel von ca. 75 dB(A) erzeu-

gen, in 100 Metern Abstand wären es noch rund 45 dB(A).

Schall breitet sich in Luft bei 20 °C mit einer Geschwindigkeit

von rund 340 Meter pro Sekunde aus. Das gilt für alle Frequenzen

– mit der Folge, dass die Wellenlänge eines hohen Tons kleiner ist

als die eines tiefen. Der auch als Kammerton bezeichnete Norm-

stimmton a1 (440 Hz) hat z. B. in Luft von 20 °C eine Wellenlänge

von rund 78 cm.

Die Wellenlänge ist von Bedeutung für die Beugung des Schalls

an Hindernissen. Schall kleiner Wellenlänge kann durch Hinder-

nisse gut abgeschirmt werden, weil sich dahinter quasi ein Schat-

tenbereich ausbildet. Bei großen Wellenlängen, die vergleichbar

sind mit der Ausdehnung des Hindernisses, ist keine scharfe Ab-

grenzung des Schattens mehr gegeben, denn der Schall wird zu

einem Teil um das Hindernis herum gebeugt. Für die Schallaus-

breitung spielt das Frequenzspektrum also eine wesentliche Rol-

le; tieffrequenter Schall lässt sich nicht so gut abschirmen wie

höherfrequenter Schall.

SCHALLWAHRNEHMUNG

Neben der Stärke eines Geräuschs registriert unser Ohr auch die

Frequenzzusammensetzung. Zwischen 3.000 und 4.000 Hertz ist

unser Ohr am empfindlichsten. Tiefe und sehr hohe Frequenzen

nehmen wir dagegen nicht so gut wahr. Den Infraschall unter

16 Hz hören wir nicht mehr, den Ultraschall oberhalb 16.000 Hz

kaum noch. Den Schalldruck, den wir gerade noch wahrnehmen,

nennen wir Hörschwelle. Bei einzelnen Menschen kann die Hör-

schwelle deutlich vom Durchschnitt abweichen. Bei 130 dB liegt

die Schmerzgrenze.

Der Übergang vom Hören zum Fühlen ist fließend. Infraschall spü-

ren wir – bei hohen Schallpegeln – durch Vibrationen der Haut. Den

Zeilentrafo des Fernsehers, der mit annähernd 16.000 Hz pfeift,

können Kinder und Jugendliche recht gut hören, ältere Menschen

gar nicht mehr. Bei ihnen ist eine Altershörminderung eingetre-

ten, die sich insbesondere in den höheren Frequenzen auswirkt.

Dabei handelt es sich um einen natürlichen Alterungsprozess.

Typische Schallpegel bekannter Geräusche in dB(A) (Quelle: Stadt Stuttgart)

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Manches unvermeidbare Geräusch muss man nachträglich min-

dern. So würde beispielsweise ein Verbrennungsmotor laut knat-

tern, wenn der Abgasstrom nicht gedämpft würde – durch einen

Schalldämpfer. Daneben kann man die Körperschallübertragung

innerhalb des Motorblocks durch Materialien mit hoher innerer

Dämpfung behindern. An der schallabstrahlenden Oberfläche des

Motors, wo der Körperschall zu Luftschall wird, kann eine Schall-

schutzkapselung die Schallabstrahlung minimieren.

Auch auf dem Weg von der Schallquelle zum Immissionsort

können wir die Schallausbreitung behindern, z. B. durch Lärm-

schutzwände oder Schallschutzfenster. Wir sprechen dann von

Schalldämmung. Andererseits reflektieren glatte Begrenzungs-

flächen den Schall und können ihn so an abgelegene Orte kata-

pultieren. Schall-Absorptionsmaterialien schlucken den Schall

und verkleinern oder beseitigen diesen nachteiligen Effekt.

LÄRMBEKÄMPFUNG UND RUHESCHUTZ

LÄRMBEWUSSTES VERHALTEN

Wir alle sind Geräuscherzeuger. Das individuelle Verhalten ist oft

ausschlaggebend dafür, ob es zu einem Lärmproblem kommt oder

nicht. Nicht heißer Sound von heißen Öfen ist gefragt, sondern

ein Bewusstsein für den produzierten Lärm – und dafür, dass es

fast immer Zwangshörer gibt. „Gegenseitige Rücksichtnahme“

heißt: wir sollten so wenig Lärm verursachen wie möglich. Es

bedeutet aber auch: Niemand kann verlangen, dass in seiner Um-

gebung Friedhofsruhe herrscht. Ein gewisser Geräuschpegel ist

zumutbar.

Zwei Dinge sollten dem Geräuschverursacher bewusst sein: ver-

meidbarer Krach wird weniger akzeptiert als unvermeidbarer.

Und: Lärm erscheint lauter, wenn die Geräuschquelle nicht nur

zu hören, sondern auch zu sehen ist, auch wenn sich dieses Phä-

nomen nicht im Messwert niederschlägt.

Transparente Schallschutzwand an Bundesstraße (Foto: LfU)

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WIE DAS HÖREN FUNKTIONIERT

Wir hören, wenn Druckwellen auf das Ohr stoßen, sich über Ge-

hörgang, Trommelfell und Gehörknöchelchen auf das Innenohr

fortpflanzen und dann die Basilar-Membran in der nur erbsen-

großen „Schnecke“ zum Schwingen bringen. Das eigentliche Hör-

organ, auch Cortisches Organ genannt, besteht aus rund 20.000

hochempfindlichen Haarzellen, die entlang der Basilar-Membran

angeordnet sind und elektrische Impulse an die Hörnerven abge-

ben. Unser Gehirn wertet diese Impulse bis ins feinste Detail aus.

Auch gemessen an modernster Technologie ist das Gehör auf

Höchstleistung getrimmt: Empfindlichkeit und Auflösungsvermö-

gen sind von Natur aus Spitzenklasse.

Die Stelle maximaler Schwingung auf der Membran hängt von der

Frequenz des einfallenden Schalls ab. Bei intensiver Schwingbewe-

gung werden die Haarzellen durch beträchtlichen Druck gebogen.

Wenn sie kräftig und immer wieder über einen langen Zeitraum

hinweg gereizt werden, ermüden die Fasern und werden vorüber-

gehend gelähmt. Der Betroffene wird dann schwerhörig. Können

die Haarzellen sich nach nicht allzu starker Beanspruchung ausru-

hen, erholen sie sich und funktionieren wieder. Werden sie jedoch

Tag für Tag immer wieder übermäßig beansprucht, regenerieren sie

sich allmählich nicht mehr. Bei einer Belastung mit sehr hohen

Schallintensitäten kann es auch zur unmittelbaren Zerstörung der

Haarzellen und mechanischen Zerreißungen im Innenohr kommen.

1999

2004

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Straßen-verkehr

Flug-verkehr

Nachbarn Gewerbe undIndustrie

Schienen-verkehr

Sport undFreizeit

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

mittelmäßig

Belästigung:

stark oder äußerst

Wie Krach krank machtLÄRM UND GESUNDHEIT

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Lärm nervt und macht krank. In hohen Dosen und auf Dauer schädigt der Krach das Gehör, vermindert die Konzentration

und führt zu Schlaf- und Herzkreislaufstörungen.

Lärm ist laut. Aber was wir als Lärm empfinden, hängt nicht nur

von der Lautstärke ab. Während uns laute Musik motiviert, kann

uns ein leise tropfender Wasserhahn zermürben. Denn der Schall

arbeitet wie ein Bote, der Nachrichten über das Ohr ins Gehirn

bringt. Erst dort wird die Information entschlüsselt und bewertet.

Unser Hörsystem führt Tag und Nacht eine emotionale Bewer-

tung des Gehörten durch. Demzufolge ist Lärm eine Art uner-

wünschte Nachricht oder eine Art akustischer Abfall vom Ver-

kehr, der Industrie oder von unsensiblen Mitmenschen. Doch

selbst wenn uns die schrille Fete in der Nachbarschaft auf die

Palme bringt, gefährlich wird es erst, wenn der Lärm wiederholt

oder langfristig nervt oder plötzlich mit hoher Intensität zuschlägt.

Die Betroffenheit der Baden-Württemberger durch Lärm ist

hoch. 27,3 Prozent, also mehr als ein Viertel der Bevölkerung,

fühlen sich in einem nicht unerheblichen Umfang belästigt und

fordern Maßnahmen. Die Befragten gaben an, durch Lärm „mit-

tel“, „stark“ oder sogar „äußerst“ belästigt zu werden. Der Anteil

nur geringfügig Belästigter beträgt 28,1 Prozent. Lediglich 44,5

Prozent fühlen sich durch Lärm überhaupt nicht belästigt. Das

haben landesweite Umfragen ergeben, die in den Jahren 1999

und 2004 durchgeführt wurden (siehe Seite 5).

Seit dem Frühjahr 2002 erhebt das Umweltbundesamt in einer

Online-Befragung bundesweit und kontinuierlich Belästigungs-

werte für Lärm. Auch deren Ergebnis ist eindeutig: Lärm bleibt in

ganz Deutschland ein Problem. Vor allem der Straßenverkehr

zerrt an den Nerven. Aber auch Nachbarschaftslärm ist für die

meisten Teilnehmer an der Befragung ein ernst zu nehmendes

Problem. Ursache hierfür ist häufig ein unzureichender Schall-

schutz in den Wohnhäusern: Von denen, die direkte Nachbarn

haben – das sind rund 80 Prozent – können nur etwa zehn Pro-

zent ihren Nachbarn nicht wahrnehmen; die anderen hören

zwangsweise mit. Die Lärmumfrage des Umweltbundesamtes

wird derzeit noch weitergeführt. Der jeweils aktuelle Stand der

Auswertung ist online im Internet unter der Adresse

www.umweltbundesamt.de/laermumfrage abrufbar.

Subjektive Belästigung der Bevölkerung von Baden-Württemberg durchverschiedene Lärmquellen (Quelle: LfU, Stand 2004)

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DER GEHÖRSCHWUND KOMMT AUF LEISEN SOHLEN

Eine Lärmexposition führt typischerweise anfangs zu einer

vorübergehenden Ohrschädigung (temporary threshold shift =

TTS) und/oder Tinnitus. Kommt es danach in der Erholungs-

phase nicht zu einer vollständigen Wiederherstellung, resultiert

eine permanente Innenohrschädigung (permanent threshold

shift = PTS). Aber auch die sofortige Entstehung von PTS und/

oder Dauertinnitus ist möglich.

Eine Dauerschädigung des Innenohrs beginnt oft, ohne dass sie

ärztlich rasch genug abgeklärt wird. Für den Betroffenen verläuft

der Gehörschwund zunächst schleichend und nahezu unbe-

merkt. Zuerst fallen die hohen Töne oberhalb der Sprachfre-

quenzen aus. Es ist dann nicht mehr möglich, Vogelgezwitscher

oder Grillenzirpen deutlich zu hören. Möglicherweise wird auch

Sprache schlechter gehört, wenn Hintergrundgeräusche vorhan-

den sind. Wer das Gefühl hat, die Gesprächspartner würden alle

so leise reden, sollte dies als dringendes Warnsignal betrachten.

Mit der Zeit nimmt das Hörvermögen auch im Frequenzbereich

der Sprache spürbar ab. Zunächst verschwinden die stimmlosen,

dann die stimmhaften Konsonanten, schließlich die Vokale. Bei

dauerhaft kräftiger Geräuscheinwirkung kann die Lärmschwer-

hörigkeit schnell zunehmen; in jedem Fall ist das Ergebnis letzt-

lich verheerend.

In der Regel verläuft Lärmschwerhörigkeit je nach Intensität,

Einwirkzeit und abhängig von persönlicher Veranlagung in

vier Phasen:

1. Im ersten Jahr der Lärmexposition kommt es zu geringen,

noch reversiblen Höreinbußen.

2. Im zweiten bis dritten Jahr sind die Hörverluste gering, aber

nicht mehr heilbar.

3. Im vierten bis zwölften Jahr nimmt die Schwerhörigkeit

rasch zu. Wie schnell das geht, hängt von der Intensität des

Lärms ab.

4. Danach sind alle durch Lärm zerstörbaren Sinneszellen ge-

schädigt. Der Betroffene ist zwar nicht taub, aber bekommt

vieles nicht mehr mit.

LÄRM UND GESUNDHEIT

GEFAHREN FÜR DAS GEHÖR

Bedeutende Kriterien bei der Ausbildung einer Lärmschädigung

sind Schalldruckpegel, Pegelanstieg, Expositionszeit sowie eine

individuelle Empfindlichkeit, die sogenannte Vulnerabilität des

Innenohrs. Ein weiterer Faktor ist die Erholungszeit zwischen

den Lärmphasen. Damit sich die Ohren erholen, sollte der

Lärmpegel während mindestens zehn Stunden nicht über 70

dB(A) steigen (vgl. VDI-Richtlinie 2058 Blatt 2 „Beurteilung von

Lärm hinsichtlich Gehörgefährdung“). Wesentlich höhere Schall-

druckpegel während dieser Ruhepause können die Erholung

erschweren und zu einer bleibenden Gehörminderung oder

einem Gehörschaden führen.

Nach den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen leidet unser

Gehör ab einem Pegel von 85 dB(A). Dieser Wert ist eine Unter-

grenze und bezieht sich auf eine Einwirkzeit von acht Stunden

täglich über mehrere Jahre hinweg. Die oben zitierte VDI-Richt-

linie führt dazu aus: „Bei ohrgesunden Personen ist nicht anzu-

nehmen, dass sich ein Gehörschaden entwickelt, wenn die Dauer

der Lärmbelastung von 90 dB(A) sechs Jahre, von 87 dB(A) zehn

Jahre und von 85 dB(A) 15 Jahre nicht überschreitet.“ Bei der

Interpretation solcher Zahlen ist zu beachten, dass die Gehörge-

fährdung nicht linear zu den Pegelwerten und auch nicht zum

Lautstärkeempfinden ansteigt. Jede Pegelerhöhung um drei dB(A)

verdoppelt die Gefährdung. Der subjektive Lärmeindruck verdop-

pelt sich dagegen erst bei einer Pegelerhöhung um zehn dB(A).

(Quelle: LfU)

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EIN KNALLTRAUMA REICHT

Unser Gehör leidet aber nicht nur unter Dauerlärm, sondern

auch unter Knalleffekten, sogenanntem Impulslärm. Bei Knallen,

Explosionen oder Schüssen genügt oft schon ein einzelnes Ereig-

nis, um das Gehör zu schädigen. Impulslärm mit über 150 dB

Spitzenpegel und einer Druckspitze von weniger als 1,5 Millise-

kunden Dauer ruiniert die Hörzellen im Innenohr. Die Folge ist

eine Lärmschwerhörigkeit, die meist mit hochfrequenten Ohr-

geräuschen, dem sogenannten Tinnitus, verbunden ist. Dieses

Krankheitsbild des Knalltraumas muss nicht sofort nach dem

Ereignis eintreten; oft liegen ein bis zwei Stunden dazwischen.

Subjektiv wird die Hörverschlechterung so empfunden, als seien

die Ohren „in Watte gepackt“. Häufig bildet sie sich zwar recht

rasch zurück, jedoch bleibt meist eine Einbuße der Hörempfind-

lichkeit bei vier bis sechs kHz zurück. Im Vergleich mit Dauer-

lärm sind die Schäden durch Impulslärm sogar stärker.

GEHÖRTEST MUSS SEIN

Gehörschwund lässt sich mit dem Reinton-Audiometer oder in

Sprachtests messen. Bei der ersten Methode sitzt der Patient in

einem schallisolierten Raum und hört Töne unterschiedlicher

Frequenz und Intensität über Kopfhörer. Der Schalldruckpegel

eines jeden Tones wird erhöht, bis die Hörschwelle des Patienten

LÄRM UND GESUNDHEIT

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Im fortgeschrittenen Stadium erschwert die Schwerhörigkeit un-

sere Kommunikation und führt uns in die Isolation. Aber nicht

nur das Gehör, auch das vegetative Nervensystem leidet unter

Lärm. So können beispielsweise Magenleiden oder Nervosität die

Folge eines durch Dauerlärm angegriffenen Nervenkostüms sein.

Auch Schlafstörungen und Bluthochdruck sind typische Lärm-

krankheiten. Laut Verkehrsclub Deutschland haben in Deutsch-

land 13 Millionen Menschen ein erhöhtes Herzinfarktrisiko, weil

sie an lauten Straßen oder Schienen wohnen.

Nicht zu unterschätzen, wenn auch nicht messbar und individuell

sehr verschieden, sind die Auswirkungen von Lärm auf unsere

Psyche. Lärm verursacht Stress, macht uns gereizt und unkonzen-

triert. Das erhöht die Unfallgefahr am Arbeitsplatz oder im Ver-

kehr.

Das Problem für unseren Körper besteht darin, dass er auf Lärm

mit Stress reagiert. Er bereitet sich auf eine physische Auseinan-

dersetzung vor, die dann gar nicht stattfindet. Das ist so ähnlich,

als würden wir einen Motor ständig hochtourig im Leerlauf

betreiben.

Wichtige Lärmwirkungen nach VDI 2719 und BGV B3 (Quelle: LfU)

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für jede Frequenz festgestellt ist. Die Ergebnisse werden in einer

so genannten Audiogrammkarte festgehalten und anschließend

mit einer Referenzkurve verglichen. Dadurch ist es möglich, jene

Teile des Frequenzbereiches festzustellen, für die das Hörorgan

eine verminderte Empfindlichkeit aufweist.

Sprachtests finden heraus, inwieweit der Betroffene auf Band auf-

gezeichnete Wörter unterschiedlicher Intensität noch unterschei-

den kann. Sprachaudiometrie vor dem Hintergrund eines bekann-

ten Lärmpegels kann die Fähigkeit des Patienten ermitteln, Spra-

che an seinem Arbeitsplatz zu verstehen.

KEINE GEWÖHNUNG AN LÄRM

Viele täuschen sich selbst mit der Vorstellung, dass Lärm etwas

sei, woran man sich „gewöhne“. Eine positive Einstellung zu

LÄRM UND GESUNDHEIT

einem bestimmten Geräusch mildert zwar physiologische Reak-

tionen, aber die schleichende Wirkung auf das Innenohr bleibt:

die Überreizung und allmähliche Auflösung der Haarzellen des

Cortischen Organs bei entsprechend hohen Schallpegeln.

Wer behauptet, er sei an Lärm gewöhnt, hat meistens schon einen

Hörschaden. Dieser macht unempfindlich für die Frequenzen, die

den lautesten Teil des Lärms bilden. „Anpassung“ an Lärm kann

also nichts anderes bedeuten als den Versuch, mit der durch Lärm

verursachten Taubheit im täglichen Leben zurechtzukommen.

Die Taubheit selbst ist unheilbar; sie kann durch Hilfsmittel wie

zum Beispiel Hörgeräte nur unvollkommen ausgeglichen werden.

(Foto: Ökonsult)

LfU ©

oder sie strahlen als „sekundärer Luftschall“ in den Raum hinein

ab. Egal ob sie über die Luft oder die Wände kommen – tieffre-

quente Schwingungen verlieren auf dem Ausbreitungsweg ihre

Energie weitaus langsamer als höherfrequente.

Zusätzlich kann in geschlossene Räume eingekoppelter tieffre-

quenter Luftschall durch Raumresonanzen erheblich verstärkt

werden. Es bilden sich dann sogenannte „stehende Wellen“, wo-

durch zumindest punktuell relativ hohe Pegel bei vergleichsweise

geringem Schalleintrag entstehen.

LÄRM DER EXTRAKLASSE

Der tieffrequente Schall lässt sich mit den herkömmlichen Beur-

teilungsmethoden, dem A-bewerteten Geräuschpegel, angegeben

in dB(A), nur schlecht erfassen. Daher wurden für diesen Fre-

quenzbereich mit der Norm DIN 45680 „Messung und Beurtei-

lung tieffrequenter Geräuschimmissionen in der Nachbarschaft“

(März 1997) spezielle Regeln aufgestellt. Danach werden tief-

frequente Einwirkungen durch die jeweiligen Beurteilungspegel

und Maximalpegel in zehn Frequenzbändern zwischen 10 und

80 Hz beschrieben. Die Pegel sind an der lautesten Stelle in dem

Was brummt denn da?LÄRM UND GESUNDHEIT

12

Tieffrequente Geräusche sind für die Betroffenen lästig und für die Behörden schwer zu bestimmen und zu beseitigen.

Sicher ist nur, dass beim Brummtonphänomen mehrere Ursachen eine Rolle spielen.

Seit längerer Zeit laufen bei den baden-württembergischen Um-

weltschutzbehörden Klagen von Bürgern über tieffrequente Ge-

räusche ein. Im Wohnbereich werden tieffrequente Geräusche

besonders nachts schon dann als störend empfunden, wenn sie

gerade noch wahrnehmbar sind. Betroffene klagen über ein im

Kopf auftretendes Dröhn-, Schwingungs- oder Druckgefühl, oft

verbunden mit Angst- und Unsicherheitsempfindungen, sowie

über eine Beeinträchtigung ihrer Leistungsfähigkeit.

WER NOCH NICHTS HÖRT, DER KANN SCHON FÜHLEN

Tatsächlich kann das menschliche Ohr Luftdruckschwankungen

im Infraschallbereich bis herab zu etwa einem Hertz (eine

Schwingung pro Sekunde) wahrnehmen. Allerdings ist das Ohr

bei tiefen Frequenzen weniger empfindlich. So liegt die Hör-

schwelle bei 100 Hertz um 23 dB, bei 20 Hz schon über 70 dB.

Bei vier Hz liegt die Wahrnehmbarkeitsschwelle gar um 120 dB.

Außerdem nehmen wir tieffrequente Geräusche anders wahr als

mittel- oder hochfrequente. Im Frequenzbereich unter 20 Hz

fehlen Tonhöhen- und Lautstärkeempfindung. Wir spüren die

Luftdruckänderungen vielmehr als Pulsieren und Vibrationen,

verbunden mit einem Druckgefühl auf den Ohren. Im Frequenz-

bereich von 20 Hz bis etwa 60 Hz nehmen wir Tonhöhen und

Lautstärke kaum wahr. Ab 60 Hz findet der Übergang zur norma-

len Tonhöhen- und Geräuschempfindung statt.

TIEFFREQUENTE SCHWINGUNGEN GEHEN „DURCH“

Die Ursachen und Ursprünge von tieffrequenten Geräuschen

können vielfältig sein und lassen sich im konkreten Fall oftmals

nur schwer aufklären. Mögliche Quellen sind niedertourig laufen-

de Motoren, Feuerungsanlagen oder durch Schwingungen hervor-

gerufener sekundärer Luftschall. Auch Installationen der Energie-

wirtschaft, die mit Wechselspannung betrieben werden, können

zu Schwingungen oder tieffrequenten Schallemissionen führen.

Tieffrequente Schwingungen breiten sich von der Quelle per

Körperschall (über feste Stoffe wie Wände, Decken) oder Luft-

schall zum Einwirkungsort aus. Dort können sie unmittelbar

gefühlt werden (bei mechanischem Kontakt mit den Bauteilen),

Lärmmessgeräte in privater Wohnstube (Foto: LfU)

© LfU

13

am stärksten betroffenen Raum eines Gebäudes zu ermitteln.

Fenster und Türen müssen beim Messen geschlossen sein.

Trotz dieses Fortschrittes bei der Beurteilung geben individuelle

Beobachtungen immer wieder Rätsel auf. So häuften sich in be-

stimmten Gebieten Baden-Württembergs in den Jahren 1999 und

2000 Klagen über einen Brummton. Das Ministerium für Umwelt

und Verkehr beauftragte die LfU mit einer wissenschaftlichen

Untersuchung zu der Frage, ob dieses so genannte „Brummton-

phänomen“ möglicherweise eine gemeinsame Ursache hat. Aus

den 300 Beschwerden wählte die LfU 13 Wohnungen aus und

führte dort von August bis November 2001 Schall-, Erschütte-

rungs- und Magnetfeldmessungen durch. Parallel dazu untersuch-

te die HNO-Klinik Tübingen die Betroffenen medizinisch-

physiologisch, um das individuelle Hörvermögen im tieffrequen-

ten Bereich zu erfassen.

Wichtigstes Ergebnis der Untersuchung war: Weder durch die

akustischen Messungen allein noch durch den Abgleich mit den

medizinisch-physiologischen Untersuchungen ließ sich eine ge-

meinsame Ursache oder Erklärung für das Brummton-Phänomen

finden.

Alle bei der Untersuchung gemessenen Geräusche, Erschütterun-

gen und Magnetfelder lagen weit unter den immissionsschutz-

rechtlichen Grenzwerten. Bei den Lärmmessungen waren die Ge-

räuschpegel an allen Messorten sehr gering. Nur an zwei Orten

überschritten die gemessenen Werte bei Frequenzen unter 500

Hertz die durchschnittliche Hörschwelle. An diesen beiden

LÄRM UND GESUNDHEIT

Orten konnten die Mitarbeiter der LfU die Geräusche auch wahr-

nehmen, an allen anderen Messorten nicht. Ein Vergleich der

gemessenen Schallpegel mit den von der HNO-Klinik gemesse-

nen Hörvermögen ergab, dass einige der beteiligten Personen ein

überdurchschnittliches Hörvermögen für niedrige Frequenzen

haben. In diesen Fällen ist der Brummton möglicherweise auf

akustische Ursachen zurückzuführen. An sechs Messorten konn-

ten akustische Ursachen jedoch sicher ausgeschlossen werden.

Auch die Erschütterungen waren an allen Messorten minimal und

schieden deshalb als Verursacher von Brummtönen weitgehend

aus. Das gleiche galt für die Stärke der Magnetfelder. Die gesetzli-

chen Grenzwerte für niederfrequente Magnetfelder wurden an

allen Messorten weit unterschritten.

Der detaillierte Untersuchungsbericht mit Messmethoden und

Einzelergebnissen findet sich unter

www.lfu.baden-wuerttemberg.de/lfu/uis/laerm.html.

Messplatz zur Erfassung von Erschütterungen

Gehörtest

(Foto: LfU)

(Foto: Ökonsult)

LfU ©

Tendenz steigend –ist der Verkehr noch zu beruhigen?

STRASSENLÄRM

14

Verkehrslärm durch Kraftfahrzeuge ist nahezu allgegenwärtig, auch in Baden-Württemberg. Unser Land ist nicht nur

Ursprung und Ziel hausgemachter Verkehrsströme; das Straßennetz ist vor allem auch durch den europäischen Transit-

verkehr stark beansprucht. Alle anderen Geräuscharten zusammen tragen bei den subjektiv Betroffenen im Mittel weni-

ger als ein Zehntel zur gesamten Lärmbelastung bei.

Nach der Dringlichkeit verschiedener Umweltschutzmaßnahmen

gefragt, zählt die Verminderung des Lärms insgesamt für viele

trotz hoher Lärmbetroffenheit (siehe Kapitel 1) nicht zu den

wichtigsten Anliegen. Diese Einstellung spiegelt sich in der Um-

welt-, Gesundheits- und Verkehrspolitik wider – dort nimmt der

Lärm zumeist nicht den Rang ein, den ihm die repräsentativen

Umfragen zur Belästigung immer wieder bescheinigen. Woran

mag das liegen? Vielleicht ist ein Grund, dass beim Straßenver-

kehr fast jeder zugleich Mitverursacher ist, z. B. durch die Nut-

zung seines privaten Pkws. Eine breite Mehrheit der Bevölkerung

ist nicht nur „Opfer“, sondern gleichzeitig „Täter“. Da fällt es

schwer, konsequente Maßnahmen zu fordern, denn die könnten

auf einen selbst zurückfallen. Die Abbildung rechts zeigt die

Lärm- und Verkehrsbelastung bei einer Autobahn: Fieberkurven

der automobilen Gesellschaft.

Hier geht es um eine Situationsbeschreibung und das Darstellen

möglicher Lösungswege. Autofahren als Umweltdelikt? Ein

„unerhörter“ Gedanke in einer Gesellschaft, die ihr Fortkommen

an die Mobilität knüpft. Wer viel mit dem Auto fährt, fordert

angesichts verstopfter Straßen doch eher: Der Verkehr soll wieder

fließen. Ein erfolgreiches Verkehrsmanagement ist gefragter denn

je. Wer aber starkem Verkehrslärm ausgesetzt ist, will nur eines:

mehr Ruhe. Auch die Verminderung des Lärms braucht also ein

erfolgreiches Management, und die Ruhe braucht gute Fürspre-

cher. Machen wir die Lärmrechnung auf und ziehen Bilanz.

FAHRZEUGTYPEN IM VERGLEICH

Kraftfahrzeuge sind je nach Fahrzeugart, Betriebsweise und Fahr-

bahneigenschaften sehr unterschiedlich laut. Ein einzelner Pkw

macht im Straßenverkehr den geringsten Lärm, verglichen mit

einem durchschnittlichen Vertreter anderer Fahrzeugarten.

Wesentlich lauter präsentieren sich vor allem die schweren Lkw.

Auch Motorräder fallen akustisch zunehmend ins Gewicht. In

der Geräuschentwicklung entsprechen sie mittleren Lkw, in der

Belästigungswirkung übertreffen sie sogar schwere Lkw.

Die Abbildung rechts veranschaulicht die Zusammenhänge. Dar-

gestellt ist der Streubereich des mittleren Vorbeifahrtpegels in

7,50 Meter Abstand für Pkw, Lieferwagen, Busse, Lkw und Motor-

räder. Der linke Rand der Balken markiert die Geräuschentwick-

lung bei Tempo 30, der rechte Rand bei Tempo 100. Man erkennt

auf den ersten Blick: an Straßen mit hoher Lkw-Dichte bestim-

men diese Fahrzeuge die Geräuschsituation maßgeblich. Im

Durchschnitt ist ein Lkw bei Tempo 50 so laut wie zwanzig Pkw.

Ein ähnliches Verhältnis gilt auch für den Vergleich zwischen

lärmarmen und herkömmlichen Lkw. Woran im Hinblick auf den

Stadtverkehr erinnert werden sollte: Fahrradfahren macht so gut

wie keinen Lärm, ebenso wenig wie zu Fuß gehen.

Lärm- und Verkehrsbelastung an einer Autobahn (Quelle: LfU)

© LfU

15

ANTRIEBSGERÄUSCH

Im praktischen Betrieb setzen sich die Geräusche eines jeden

Kraftfahrzeugs aus zwei Anteilen zusammen: dem Antriebsge-

räusch und dem Rollgeräusch. Erst bei höheren Geschwindigkei-

ten tritt das aerodynamische Geräusch (Umströmungsgeräusch)

hinzu. Letzteres kann bereits ab 130 km/h (Pkw) bzw. 80 km/h

(Kleintransporter, Geländewagen) die beiden anderen übertref-

fen. Da auf deutschen Autobahnen und Schnellstraßen überwie-

gend ohne Geschwindigkeitsbegrenzungen gefahren werden darf,

können Umströmungsgeräusche hierzulande von Bedeutung sein.

Der Begriff Antriebsgeräusch umfasst die Beiträge des Motors

einschließlich seiner Nebenaggregate mit Ansaugsystem sowie

der Auspuffanlage. Die Höhe des Antriebsgeräuschs hängt nur

von der Motordrehzahl und der Motorbelastung ab, nicht von der

Fahrgeschwindigkeit. Verkehrssituation und Fahrweise bestim-

men also, wie laut der Antrieb ist. Daneben spielt natürlich die

technische Auslegung des Fahrzeugs eine Rolle.

Alle in der Bundesrepublik im Verkehr befindlichen Fahrzeug-

typen benötigen eine EU-Typgenehmigung bzw. eine allgemeine

Betriebserlaubnis (ABE) vom Kraftfahrzeugbundesamt. Diese

wird nur dann erteilt, wenn die Lärmemission die EG-weit gel-

tenden Geräuschgrenzwerte einhält (so genannte „EWG-Betriebs-

erlaubnis“). Zu messen ist der höchste Geräuschpegel in 7,5 m

seitlichem Abstand bei definierter Geschwindigkeit und Volllast-

beschleunigung. Die Messvorschrift stellt die Vergleichbarkeit der

so ermittelten Lärmwerte sicher; im praktischen Fahrbetrieb kann

sich das Geräuschniveau völlig anders darstellen. Die gesetzlich

festgelegten Grenzwerte sind in den vergangenen Jahren mehr-

fach verschärft worden. Die damit verbundenen Minderungen

wirken sich in erster Linie auf die Antriebsgeräusche aus.

STRASSENLÄRM

Mittlerer Vorbeifahrtpegel von Kfz (Quelle: LfU) (Foto: Büro Spiess)

LfU ©

FAHRWEISE

Einen sehr starken Einfluss auf die Geräuschentwicklung seines

Fahrzeugs hat der Fahrer selbst. Hochtouriges Fahren und starkes

Beschleunigen ist laut. Günstig hingegen ist es, mit niedrigen

Motordrehzahlen zu fahren und auf unnötiges Beschleunigen zu

verzichten, also „vorausschauend zu gleiten“. Dabei ist „nieder-

tourig“ keineswegs gleichbedeutend mit „langsam“. Eine solche

Fahrweise ist aber ökologischer und zugleich ökonomischer, denn

Kraftstoffverbrauch und Schadstoffemissionen sind geringer. Be-

sonders wirksam wäre eine niedertourige Fahrweise bei Motorrä-

dern. Mit niedrigen Drehzahlen betrieben, müssten sie nicht lau-

ter sein als ein durchschnittlicher Pkw.

Etwas vereinfacht kann man sagen: Die Höhe der Fahrzeuggeräu-

sche wird sowohl von der Geschwindigkeit als auch vom Ge-

schwindigkeitsverlauf bestimmt. Besonders wichtig ist die Beach-

tung dieses Zusammenhangs bei der Planung von Verkehrsberu-

higungsmaßnahmen. Sie sollen beruhigen und den Fahrer nicht

zu immer neuen Stopp- und Beschleunigungsmanövern zwingen.

STRASSENLÄRM

16

Die Abbildung rechts verdeutlicht die zeitliche Entwicklung der

Geräuschemissionsgrenzwerte für die Fahrzeugtypprüfung aller

Kraftfahrzeugtypen im Überblick. Wesentliche Verschärfungen

traten Mitte der 70er Jahre, Anfang und Ende der 80er Jahre so-

wie Mitte der 90er Jahre in Kraft. Bereits seit Anfang der 70er

Jahre gab es vielfältige Bemühungen, insbesondere die Lkw leiser

zu machen. So wurden die zulässigen Grenzwerte für Lkw der Leis-

tungsklasse über 150 kW schrittweise von 92 auf heute 80 dB(A)

herabgesetzt. Bei den Pkw wurde der zulässige Grenzwert von

84 dB(A) im Jahre 1970 auf nunmehr 74 dB(A) gesenkt. Für die

Zukunft ist vorgesehen, das Messverfahren für die Bestimmung

der Geräuschemissionsgrenzwerte so zu modifizieren, dass es den

in der Praxis vorkommenden Fahrzuständen besser entspricht.

ROLLGERÄUSCH

Das Antriebsgeräusch ist allerdings nur bei Anfahr- und Be-

schleunigungsvorgängen Pegel bestimmend. In allen anderen Fahr-

situationen herrscht das Rollgeräusch vor. Es steigt mit wachsen-

der Fahrgeschwindigkeit kontinuierlich an und wird spätestens ab

ca. 50 km/h Pegel bestimmend. Aber sogar in Tempo-30-Gebieten

mit Fahrbahndeckschichten aus Asphaltbeton trägt es heute be-

reits zu mehr als einem Drittel zur gesamten Schallenergie bei.

Die Verschiebung der Anteile zwischen Antriebs- und Rollge-

räusch hängt stark von der Gangwahl ab: Die Abbildung unten

zeigt dies am Beispiel konstanter Fahrgeschwindigkeit mit Tempo

50 im zweiten, dritten und vierten Gang.

Auch bei den Lkw wird die Bedeutung der Rollgeräusche wegen

der bisher erfolgten und künftig weitergehenden Minderung

beim Antriebsgeräusch weiter zunehmen. Hinzu kommt, dass auf

Fernstraßen meist Last- bzw. Sattelzüge unterwegs sind, die auf

etwa der doppelten Anzahl von Reifen rollen wie ein typischer

Lkw im Regionalverkehr.

Ursächlich für das Entstehen des Rollgeräuschs ist der Kontakt

zwischen Reifen und Fahrbahn. Wie laut es wird, hängt daher von

den Eigenschaften beider ab. Für eine optimale Lärmminderung

muss ihre Beschaffenheit aufeinander abgestimmt sein. Die beim

Abrollen hervorgerufene Geräuschabstrahlung ist um so stärker,

je unebener und rauer die Straßenoberfläche ist. „Geräuschmäßig

günstig“ bedeutet bei einem Fahrbahnbelag also zweierlei. Zum

einen muss er so ausgelegt sein, dass möglichst wenig Rollge-

räusch entsteht. Andererseits kommt es darauf an, den Schall

möglichst wirkungsvoll zu absorbieren.

Zeitliche Entwicklung der Grenzwerte (Quelle: LfU)

Anteile von Roll- und Antriebsgeräusch bei 50 km/h (Quelle: LfU)

© LfU

17

Daher können insbesondere Maßnahmen zur Verstetigung des

Verkehrsflusses dazu beitragen, dass die Lästigkeit des Lärms ab-

nimmt.

INSTRUMENTE ZUR BEKÄMPFUNG DES

STRASSENVERKEHRSLÄRMS

(„weniger + langsamer + gleichmäßiger = leiser“)

• Verkehrsstärke reduzieren:

Möglich mit Hilfe einer entsprechend angelegten Stadtent-

wicklungsplanung – z. B. Verkehr bündeln, auf weniger lärm-

empfindliche Routen verlegen, Schleichverkehr unterbinden.

• Lärmbeitrag der Lkw vermindern:

Möglich durch Reduzierung des Lkw-Anteils (z. B. Sperrung

für Schwerverkehr oder gesamten Lkw-Verkehr, ggf. zeitlich

befristet), Benutzervorteile für lärmarme Lkw, Sperrung für

nicht lärmarme Lkw.

• Fahrzeuggeschwindigkeit begrenzen:

Am wirkungsvollsten an Straßen und in Zeiten mit freiem

Verkehrsfluss und mit niedrigem Lkw-Anteil.

• Geschwindigkeitsverlauf verstetigen:

Möglich durch Nutzung moderner Verkehrserkennungs- und

Steuerungssysteme, durch geeignete Anpassung des Straßen-

raumes an die (ggf. verringerten) Höchstgeschwindigkeiten so-

wie durch lärmbewusstes Fahren („vorausschauendes Gleiten“).

• Reifen- / Fahrbahnkombination verbessern:

Eine – wenn nicht sogar die wichtigste – Lärmforschungs-

aufgabe der Gegenwart und Zukunft.

Die vier zuerst aufgeführten Instrumente fasst man unter dem

Begriff „Verkehrsberuhigung“ zusammen. Soweit es sich dabei um

Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverbote durch Beschilde-

rung handelt, müssen die Voraussetzungen des § 45 StVO erfüllt

sein. Dies ist der Fall, wenn aufgrund der örtlichen Verhältnisse

eine überdurchschnittliche Gefährdung des Rechtsgutes „Schutz

der Wohnbevölkerung vor Lärm“ gegeben ist. Das Nähere regeln

die „Vorläufigen Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maß-

nahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm“ (Lärmschutz-

richtlinien-StV). Deutlich spürbare Minderungen werden in der

Regel erst durch die Kombination der verschiedenen Maßnah-

men erreicht.

STRASSENLÄRM

(Foto: Stadt Stuttgart)

LfU ©

KONTAKT MACHT KRACH

Das Reifen-Fahrbahn-Geräusch entsteht durch den abrollenden

Reifen an der Kontaktfläche zwischen Reifen und Fahrbahn. Ver-

ursacht wird es durch verschiedene mechanische Schwingungen

des Reifens und aerodynamische Ereignisse an der Kontaktfläche

Reifen-Fahrbahn. So kommt es beispielsweise beim Abrollen zu

einem „Ansaugen“ von Luft, welche sich dann, stark komprimiert,

am Reifenauslauf ruckartig entspannt („Air pumping“).

Die derzeit auf dem Markt befindlichen Reifen unterscheiden

sich hinsichtlich Rollgeräusch, Rollwiderstand und Gewicht zum

Teil erheblich. Damit der Verbraucher bei der Auswahl von Kfz-

Reifen Umweltaspekte (lärmarm, kraftstoffsparend) berücksichti-

gen kann, ohne auf die üblichen Gebrauchseigenschaften (Lauf-

leistung, Bremseigenschaften, Aquaplaning-Verhalten) zu verzich-

ten, wurde vom Umweltbundesamt das Umweltzeichen „Blauer

Engel“ für „Lärmarme und kraftstoffsparende Kraftfahrzeugreifen“

geschaffen.

Doch die Reifenhersteller ignorieren die Anwendung des Um-

weltzeichens für ihre Reifen, obwohl die Untersuchungen gezeigt

haben, dass es eine Vielzahl von Modellen der verschiedensten

Hersteller gibt, die die Anforderungen des „Blauen Engels“ hin-

sichtlich Geräusch, Abrollwiderstand und Gebrauchseigenschaf-

ten problemlos einhalten. Eine Änderung dieser Einstellung ist

derzeit nicht zu erkennen; die direkte Kennzeichnung der Pro-

dukte erfolgt nicht.

Lärmarme Reifen –die Zukunft rollt leise(r)

STRASSENLÄRM

18

Das Reifen-Fahrbahn-Geräusch ist mittlerweile im Geschwindigkeitsbereich ab 40 km/h bei Pkw zur Pegel bestimmenden

Schallquelle am fahrenden Fahrzeug geworden. Wirksame Minderungsmaßnahmen gegen den Straßenverkehrslärm

müssen deshalb am System Reifen-Fahrbahn ansetzen.

In Deutschland ist der Straßenverkehr die Hauptlärmquelle. Knapp

60 Prozent der Bevölkerung in Baden-Württemberg fühlen sich

in irgendeiner Form durch Straßenverkehr belästigt, etwa zwölf

Prozent davon stark oder äußerst stark (Befragung 1999).

REIFEN SIND LAUTER ALS MOTOREN

Die Geräuschgrenzwerte für Kraftfahrzeuge wurden seit 1970 im

Rahmen der Typprüfung EU-einheitlich für schwere Lkw um

zwölf dB(A), für Pkw um zehn dB(A) reduziert (siehe Seite 16

oben). Trotzdem konnten insbesondere an Autobahnen und

Bundesstraßen nur geringe bzw. keine Verminderungen der Lärm-

pegel gemessen werden. Ursache hierfür ist neben der Zunahme

des Verkehrs das Reifen-Fahrbahn-Geräusch.

Beim Pkw dominiert das Rollgeräusch gegenüber dem Motoren-

lärm insbesondere bei mittleren und höheren Geschwindigkei-

ten. Der Trend zu höheren Geschwindigkeiten hat die Gewichts-

verschiebung hin zum Rollgeräusch noch verstärkt. Aber sogar in

Tempo-30-Gebieten mit Fahrbahndeckschichten aus Asphaltbe-

ton trägt es heute bereits zu mehr als einem Drittel zur gesamten

Schallenergie bei.

Anteile Roll- und Antriebsgeräusch auf einer Hauptverkehrsstraße im Stadtkern(Quelle: Heinz Steven, TÜV-Automotive GmbH)

(Quelle: LfU)

© LfU

19

EU LEGT GRENZWERTE FEST

Mit der Veröffentlichung der europäischen Richtlinie 2001/43/EG

wurde das Rollgeräusch gesetzlich geregelt. Die vorgesehenen

Grenzwerte der Richtlinie sind für moderne Reifen jedoch wenig

anspruchsvoll. So haben Messungen gezeigt, dass aktuelle Reifen

kein Problem bei der Einhaltung der Grenzwerte haben. Die

Grenzwerte der EU-Reifenrichtlinie werden daher bei Pkw und

Nutzfahrzeugen keine Minderungen der Geräuschemission zur

Folge haben, sogar das Gegenteil könnte der Fall sein.

Um einen spürbaren Effekt bei der Verringerung der Lärmbelas-

tung zu erzielen, müssen die Grenzwerte gesenkt werden. Bei

einer Absenkung des Grenzwertes für Pkw-Reifen auf 72 dB(A)

wären nur die lautesten Reifen betroffen. Nach einer Marktbeob-

achtung könnte in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob eine

weitere Absenkung auf 71 bzw. 70 dB(A) möglich ist.

STRASSENLÄRM

ASPHALT KANN „FLÜSTERN“

Für die Entstehung des Reifen-Fahrbahn-Geräusches ist neben

dem Reifen auch der Fahrbahnbelag von entscheidender Bedeu-

tung. Die Fahrbahndeckschicht hat Einfluss auf die Schallentste-

hung sowie auf die Schallabstrahlung und Schallausbreitung. An

eine geräuschmindernde Fahrbahnoberfläche sind grundsätzlich

nachstehende Anforderungen zu stellen:

• Die Textur der Deckschicht soll nur geringe Schwingungs-

geräusche auslösen.

• Die Reifen-Fahrbahn-Kontaktfläche muss schnell entlüftet

werden, um den „Airpumping“-Effekt zu minimieren.

• Die Deckschicht soll einen hohen Schallabsorptionsgrad

aufweisen.

Vergleich des Rollgeräuschpegels von Pkw-Reifen 2002 (Minimum, Mittelwert,Maximum) mit den Grenzwerten der EU-Reifenrichtlinie (blau) (Quelle: UBA)

Das sind keineswegs einfach zu erfüllende Anforderungen, und

Erfolge sind nur mit umfassenden interdisziplinären Forschungs-

initiativen zu erzielen. Versuche mit Experimentalfahrzeugen und

-fahrbahnen haben gezeigt, dass als Fernziel eine Minderung von

15 dB(A) denkbar ist. Dann könnte der Straßenverkehrslärm –

ähnlich wie heute der Gewerbelärm – als weitgehend bewältigtes

Kapitel bezeichnet werden. Intensivierte Forschungsanstrengun-

gen sind daher von großer Bedeutung.

Die bislang entwickelten und in der Praxis erprobten offenpori-

gen Fahrbahnen (sogenannter Flüster- oder Dränasphalte bzw.

-betone) haben sich leider noch nicht in jeder Hinsicht bewährt.

Im Neuzustand sind zwar Minderungen von deutlich über fünf

dB(A) erreichbar, es bestehen jedoch noch mehrere Probleme

und Zielkonflikte:

• Wind und Wetter setzen offenporigen Deckschichten mehr

zu als konventionellen. Ihre bautechnische Haltbarkeit ist

daher geringer.

• Die Poren können im Laufe der Zeit verschmutzen, wodurch

der Effekt der Geräuschminderung nachlässt. Es kann not-

wendig sein, eine aufwändige Reinigung der Fahrbahn durch-

zuführen. Dies kann sich negativ auf die bautechnische Halt-

barkeit auswirken.

• Die Verkehrssicherheit ist bei trockener wie nasser Fahrbahn

in der Regel sehr gut. Aquaplaning kann praktisch nicht auf-

treten. Kritisch können sich die Fahrbahneigenschaften bei

Frostgefahr darstellen: die Oberfläche kühlt schneller aus, der

Gefahr von Glatteis muss beim Straßendienst früher begeg-

net werden.

FAZIT

Mit modernen lärmarmen Reifen kann das Verkehrsgeräusch

langfristig um bis zu drei dB(A) gemindert werden. Dies kommt

akustisch etwa einer Halbierung der Verkehrsmenge gleich. Mit

offenporigen Asphalten ist derzeit eine dauerhafte Minderung

des Verkehrsgeräusches von rund sechs dB(A) möglich, was akus-

tisch einer Reduktion der Verkehrsmenge auf etwa ein Viertel

entspricht. Unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten wird der Ein-

satz offenporiger Asphalte heute noch unterschiedlich beurteilt.

Für abschließende Aussagen hierzu besteht noch Forschungsbe-

darf und die Notwendigkeit, weitere praktische Erfahrungen zu

sammeln.

LfU ©

Ansonsten ist der passive Schallschutz die wichtigste Maßnahme,

um die Anwohnerinnen und Anwohner vor Lärm zu schützen.

Für jeden Verkehrsflughafen und militärischen Flughafen mit

Düsenflugzeugen werden je nach den erreichten Dauerschallpe-

geln sogenannte Lärmschutzbereiche definiert. Diese Gebiete

dürfen nur beschränkt oder gar nicht bebaut werden, oder die

Wohnungen müssen mit Lärmschutzfenstern und anderen bauli-

chen Maßnahmen vor Lärm geschützt werden.

FLUGLÄRM BUNDESWEIT UND INTERNATIONAL BEKÄMPFEN

Die Bundesregierung plant derzeit eine Novellierung des

Fluglärmgesetzes. Die Anforderungen dieser aus dem Jahre

1971 stammenden Rechtsgrundlage, die dem Schutz der Nach-

barschaft von Verkehrsflughäfen und militärischen Flugplätzen

dient, sind nach übereinstimmender Einschätzung der Exper-

ten veraltet. Diskutiert werden unter anderem Anpassungen

der Verfahren zur Erfassung und Bewertung der Fluglärm-

immissionen, eine Verbesserung des Schutzniveaus, die Ein-

führung einer Nacht-Schutzzone für Flughäfen mit relevantem

Nachtflugbetrieb sowie eine verbesserte Bürgerbeteiligung.

Eine große politische Herausforderung ist es, den internationa-

len Flugverkehr umweltverträglich zu lenken. So ist es der

Bundesregierung bisher nicht gelungen, sich mit der Schweiz

über eine Nutzung des süddeutschen Luftraumes zu einigen.

Ein mit der Schweizer Eidgenossenschaft bereits ausgehandel-

ter Staatsvertrag wurde 2003 vom Schweizer Ständerat abge-

lehnt. Deshalb setzte das Bundesverkehrsministerium einseiti-

ge Verfügungen in Kraft, die die Überflüge stärker beschnei-

den, als es im Staatsvertrag vorgesehen war. Daneben wird im

Interesse einer Einigung mit der Schweiz weiter verhandelt.

Das Düsen im Südengeht auf die Ohren

FLUGLÄRM

20

Nach dem Straßenverkehr landet Fluglärm auf Platz zwei der störenden Lärmquellen. Zwar werden die modernen

Maschinen immer leiser, aber ohne passiven Lärmschutz geht es nicht.

Baden-Württemberg besitzt mit dem internationalen Flughafen

Stuttgart und den Regionalflughäfen Friedrichshafen und Karlsru-

he / Baden-Baden drei Flughäfen mit überregionaler Bedeutung.

Darüber hinaus gibt es 164 zivil genutzte Flugplätze. Der Großteil

davon entfällt auf Landeplätze (56) und Segelflugplätze (62).

Gleichzeitig nutzen auch andere Länder den Luftraum Baden-

Württembergs. So führen beispielsweise Flugrouten des schwei-

zerischen Flughafens Zürich-Kloten über den Süden des Landes.

Bis zu 90 Prozent aller Landeanflüge auf Zürich führen über deut-

sches Gebiet. Da die Zahl der Flugbewegungen und Passagiere

ständig steigt, verschärft sich das Problem zunehmend.

Insgesamt fühlen sich etwa 40 Prozent der Baden-Württemberger

vom Fluglärm – zumindest gelegentlich – gestört. Wie stark die

Belästigung ist, hängt von der Lautstärke der Maschinen, dem

Abstand zum Flugplatz, der Flughöhe und -route ab. Am stärks-

ten betroffen sind die Anwohner der Flugplätze.

RECHTE FÜR MEHR RUHE

Um Fluglärm zu begrenzen, gelten für neu zugelassene Flug-

zeuge Lärmgrenzwerte. In Deutschland gelten für Strahlflug-

zeuge, Propellerflugzeuge über 9.000 Kilogramm und Hub-

schrauber die Grenzwerte der Internationalen Zivilluftfahrt-

organisation (ICAO). Je nach Alter, Gewicht und anderen

Faktoren sind die Flugzeuge in Lärmkategorien, so genannte

Kapitel, eingeteilt, nach denen sie entweder zu einem bestimm-

ten Zeitpunkt außer Betrieb genommen werden müssen oder

bis zu ihrer Stilllegung Beschränkungen unterliegen. Dank ver-

besserter Triebwerkstechnik sind moderne Flugzeuge viel leiser

als ältere Modelle. Für kleinere Propellerflugzeuge gelten darü-

ber hinaus noch anspruchsvollere, nationale Grenzwerte nach

den „Lärmschutzanforderungen für Luftfahrzeuge“ (LSL).

© LfU

21

FLUGLÄRM

Flughafen Stuttgart

Fluglärm – ein lösbares Problem Mehr Flugbewegungen und Passagiere und trotzdem weniger Lärm? Dass das geht, beweist der Flughafen Stuttgart mit

einem durchdachten Lärmschutzkonzept. Wichtigste Maßnahme dabei: Weniger laute Flugzeuge mit geringeren Start-

und Landegebühren zu belohnen.

Die Flugverkehrgeräusche wecken unterschiedliche Emotionen.

Wer mit gepackten Koffern im Terminal auf seinen Abflug in die

Ferien wartet, freut sich beim Brummen eines startenden Flug-

zeuges auf seinen Urlaub. Wer es sich dagegen als Flughafenanrai-

ner am Feierabend oder am Wochenende auf seiner Terrasse ge-

mütlich machen will, empfindet Flugzeuggeräusche als lästigen

Lärm.

Weil die Anwohner eines Flughafens jedoch seltener in den Urlaub

fliegen, als dass sie Ruhe auf dem Balkon oder im Garten suchen,

stören Flugzeuggeräusche zum Leidwesen der Flughafenbetreiber

häufiger als dass sie angenehme Gefühle auslösen. Am Flughafen

Stuttgart bemüht man sich daher nach Kräften zusammen mit der

Flugsicherung und den Luftverkehrsgesellschaften, die den Flug-

hafen nutzen, Fluglärm soweit wie möglich zu begrenzen. Diese

Bemühungen haben bereits zu beachtlichen Erfolgen geführt.

FLUGHAFENAUSBAU FÜHRTE ZU LÄRMFESTSCHREIBUNG

Zwischen 1992 und 1996 ist der Flughafen Stuttgart umfassend aus-

gebaut worden, um Sicherheits- und Funktionsmängel zu beheben.

Dabei wurden die Flugbetriebsflächen vollkommen neu gestaltet.

Seit 1996 starten und landen die Flugzeuge auf einer neuen, um

885 Meter verlängerten und um 1380 Meter in Richtung Osten

verschobenen Start- und Landebahn. Rechtliche Grundlage für

den Ausbau war der Planfeststellungsbeschluss vom Herbst 1987.

Er verpflichtet die Flughafen Stuttgart GmbH sicherzustellen,

dass der durch den Luftverkehr verursachte Dauerschall an keinem

Ort in der Flughafenumgebung über den des Jahres 1978 hinaus-

geht.

Hierzu wurde nach einem vorgeschriebenen Berechnungsverfah-

ren die Grenze des Gebietes ermittelt, in dem der Dauerschallpe-

gel für die sechs verkehrsreichsten Monate des Bezugsjahres 1978

den Wert 67 dB(A) erreichte oder überstieg. Im Planfeststellungs-

beschluss ist festgelegt, dass außerhalb dieser so genannten Lärm-

festschreibungskontur künftig keine Dauerschallpegel von mehr

als 67 dB(A) erreicht werden dürfen. Die Flughafengesellschaft

muss Jahr für Jahr nachweisen, dass die 67-dB(A)-Dauerschall-

pegelkontur für die sechs verkehrsreichsten Monate des aktuellen

Betriebsjahres innerhalb der Vergleichskontur liegt. Um dies

sicherzustellen, dürfen in Stuttgart nur moderne Flugzeuge mit

vergleichsweise geringen Geräuschemissionen starten und landen.

Sobald die Vergleichskontur an einer Stelle erreicht wird, dürfen

die Flugbewegungszahlen nur steigen, sofern laute Flugzeuge

durch leisere ersetzt werden.

Wichtige Schritte zum Lärmschutz sind lärmabhängige Lande-

entgelte und das vorgezogene Start- und Landeverbot von Flug-

zeugen ohne Lärmzeugnis nach Kapitel 3 des Anhangs 16 zum

ICAO-Abkommen. Dadurch ist es in Stuttgart gelungen, die

Dauerschallbelastung durch den Luftverkehr trotz deutlicher

Zunahme des Verkehrs in weiten Teilen der Flughafenumgebung

beachtlich zu reduzieren.

Umgebung des Flughafens Stuttgart mit 67-dB(A)-Dauerschallkontur für die sechsverkehrsreichsten Monate des Jahres 2000 (blau) im Vergleich zur Lärmfestschrei-bungskontur von 1978 (rot). Die von der 67-dB(A)-Dauerschallkontur begrenzteFläche ist zwischen 1978 und 2000 von 13,1 Quadratkilometern auf ca. 3,5 Quad-ratkilometer geschrumpft. (Quelle: Flughafen Stuttgart)

LfU ©

JE LEISER, DESTO LIEBER

Sinkende Dauerschallpegel sind bei mehr Flugbewegungen nur

möglich, wenn das einzelne Fluglärmereignis deutlich geringere

Maximalschallpegel aufweist. Am Flughafen Stuttgart verkehren

nahezu ausschließlich Flugzeuge, die zu den lärmärmsten Typen

ihrer Gewichtsklasse zählen und deshalb in die so genannte

Bonusliste des Bundesverkehrsministeriums aufgenommen sind.

Der Grund für diesen Erfolg: Leisere Flugzeuge zahlen seit lan-

gem geringere Start- und Landeentgelte als Krachmacher. Seit

2002 werden lärmbezogene Start- und Landeentgelte nicht mehr

anhand von Lärmzulassungswerten, sondern auf der Basis gemes-

sener durchschnittlicher Start- und Landelärmpegel erhoben.

Dazu werden die in Stuttgart verkehrenden Flugzeugtypen sechs

verschiedenen Lärmkategorien zugeordnet, nach denen ein lärm-

orientiertes Grundentgelt zu entrichten ist. Dabei gilt: Je lauter

der Flugzeugtyp, desto höher ist der Festbetrag pro Start und

Landung (siehe Tabelle unten).

AUF GUTE NACHBARSCHAFT

Trotz aller technischen und betrieblichen Fortschritte wird der

Luftverkehr auch in Zukunft störende Flugzeuggeräusche für die

Anwohner verursachen. Damit die Bevölkerung rund um den

Flughafen Stuttgart zumindest innerhalb ihrer Wohnungen nicht

durch Fluglärm belästigt wird, hat die Flughafen Stuttgart GmbH

beim Flughafenausbau ein umfangreiches Schallschutzprogramm

aufgelegt.

Überall dort, wo tagsüber energetisch gemittelte Dauerschallpe-

gel von 70 dB(A) erreicht werden können und überall dort, wo

während der lautesten Nachtstunde energetisch gemittelte Dau-

erschallpegel von 60 dB(A) zu erwarten sind, konnten die Flug-

hafenanwohner auf Kosten der Flughafengesellschaft Schallschutz-

MESSBARE ERFOLGE BEIM LÄRMSCHUTZ

Die Flughafen Stuttgart GmbH betreibt seit 1969 eine Fluglärm-

messanlage. Seit 1982 erfassen acht feste Messstellen in der nähe-

ren Flughafenumgebung die durch Überflüge verursachten Ge-

räusche. Die Ergebnisse der Fluglärmmessung kann die Bevöl-

kerung im Umfeld des Flughafens in monatlich veröffentlichten

Fluglärmberichten nachlesen.

FLUGLÄRM

22

LÄRMBEZOGENE LANDEENTGELTE AM FLUGHAFEN STUTTGART

Kategorie 1 Kategorie 2 Kategorie 3 Kategorie 4 Kategorie 5 Kategorie 6

≤ 70,9 dB(A) 71,0 bis 73,9 dB(A) 74,0 bis 76,9 dB(A) 77,0 bis 79,9 dB(A) 80,0 bis 82,9 dB(A) > 82,9 dB(A)

30 € 69 € 108 € 180 € 330 € 1.350 €

––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– pro Start und Landung –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––

(Foto: Flughafen Stuttgart)

(Quelle: Flughafen Stuttgart)

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23

FLUGLÄRM

flug des größten und lautesten planmäßig am Flughafen Stuttgart

verkehrenden Flugzeuges Maximalschallpegeln von 75 dB(A) aus-

gesetzt ist.

OFFENE OHREN FÜR DIE FLUGHAFENNACHBARN

Die Flughafenbetreiber wissen, dass ein von gegenseitigem Ver-

ständnis geprägtes gutnachbarliches Verhältnis zu den Flughafen-

anrainern unerlässlich ist, um den Flughafenstandort weiter ent-

wickeln zu können. Vertrauen kann sich jedoch nur entwickeln,

wo die Bedürfnisse der Anwohner wahr- und ernstgenommen

werden. Wer sich durch Fluglärm gestört fühlt, braucht einen

Ansprechpartner. Am Flughafen Stuttgart ist das der Lärmschutz-

beauftragte. Der Lärmschutzbeauftragte ist kein Angestellter der

Flughafengesellschaft, sondern Vertreter der Aufsichtsbehörde.

Seine Aufgabe ist es, Beschwerden nachzugehen und mit der

Flugsicherung, der Flughafengesellschaft und den Luftverkehrsge-

sellschaften Konzepte zur Verminderung des Fluglärms zu ent-

wickeln und umzusetzen.

fenster und Schalldämmlüfter einbauen lassen. Außerdem hat die

Flughafen Stuttgart GmbH dort, wo einzelne Flugzeuggeräusche

nach Inbetriebnahme der neuen Start- und Landebahn mindes-

tens zwei dB(A) lauter wahrnehmbar sind als zuvor, den Einbau

von Schallschutzfenstern in vollem Umfang gefördert, sofern die

Maximalschallpegel einen Wert von 65 dB(A) überschreiten.

Zwischen 1995 und 2001 sind über 53 Millionen Euro aufge-

wendet worden, um Wohnungen oder Häuser von mehr als

9.000 Haushalten mit baulichem Schallschutz auszustatten.

Im Oktober 2003 ist ein weiteres freiwilliges Schallschutzpro-

gramm zur Reduzierung nächtlicher Fluglärmbeeinträchtigungen

angelaufen. Wer bislang keine Schallschutzförderung erhalten hat

oder beim Bau seines Hauses oder seiner Wohnung dazu ver-

pflichtet war, auf eigene Kosten für Schallschutz zu sorgen, kann

dann die Bezuschussung von Schalldämmlüftern in Schlafräumen

und ggf. die Nachbesserung seiner Schlafraumfenster auf die

Schallschutzklasse 2 beantragen, wenn sein Wohnort beim Über-

(Foto: Flughafen Stuttgart)

LfU ©

Auf dieser Basis überprüft der Flughafen Friedrichshafen seit

1996 erfolgreich die Lärmfestschreibung. Das Verfahren gewähr-

leistet, dass das Lärmkontingent für den Flughafen Friedrichsha-

fen stets eingehalten bzw. deutlich unterschritten wurde.

Ergänzend dazu betreibt die Flughafen Friedrichshafen GmbH

zur messtechnischen Überwachung eine Fluglärm-Dauermess-

anlage. Damit lassen sich Beschwerden von Anwohnern zum

Fluglärm zeitnah nachvollziehen bzw. überprüfen.

FLUGLÄRM

24

Flughafen Friedrichshafen

Lärm unter KontrolleMit Lärmprognosen und rückwirkender Überwachung hält der Flughafen Friedrichshafen den Krach in Schach. Falls doch

Beschwerden kommen, hilft die Dauermessanlage weiter.

Da der Flughafen Friedrichshafen dicht am Stadtrand von

Friedrichshafen liegt und die An- und Abflüge direkt über das

Stadtgebiet führen, ist eine Überwachung des Fluglärms ein

Muss. Welche Auflagen zu erfüllen sind, steht in der aktuellen

Betriebsgenehmigung. Danach muss der Flughafen Friedrichs-

hafen für zehn festgelegte Orte mit Wohnbebauung in der un-

mittelbaren Umgebung des Flughafens nachweisen, dass durch

den Flugbetrieb in den sechs verkehrsreichsten Monaten eines

Jahres ein äquivalenter Dauerschallpegel von 62 dB(A) nicht

überschritten wird. Bei dieser Lärmfestschreibung werden nicht

nur Charter- und Linienflüge mit Strahl- und Turbopropflug-

zeugen, sondern auch die Flugbewegungen von kleineren Pro-

pellerflugzeugen berücksichtigt. Zu Letzteren gehören vor allem

der Taxi- und Werkverkehr sowie Flugschulen. Hinzu kommen

die für Friedrichshafen typischen Zeppelin-Flüge und die Hub-

schrauberflüge.

Die Überprüfung des Fluglärmes erfolgt rückwirkend, voraus-

schauend wird jedoch auch die zukünftige Entwicklung berück-

sichtigt. Zum einen werden am Jahresende die tatsächlichen

Flugbewegungen in den sechs verkehrsreichsten Monaten des

Vorjahres kontrolliert. Zum anderen stellen die Betreiber des

Flughafens zu Jahresbeginn eine Prognose der zu erwartenden

Flugbewegungen des Betriebsjahres auf. Die daraus resultieren-

de Fluglärmentwicklung beziehen sie in ihre Planungen ein und

sorgen mit dieser „Eigenüberwachung“ dafür, dass das Lärmkon-

tingent nicht überschritten wird. So wichen bisher die Flug-

lärmwerte am Ende eines Jahres für die zurückliegenden sechs

verkehrsreichsten Monate jeweils nur gering von den prognosti-

zierten Werten ab. (Foto: Flughafen Friedrichshafen)

© LfU

25

FLUGLÄRM

In regelmäßigen Abständen finden Sitzungen der so genannten

„Lärmkommission“ statt. Dabei besprechen die Bürgermeister der

betroffenen Gemeinden mit den Vertretern des Flughafens und

des Regierungspräsidiums wichtige Fragen des Lärmschutzes. Bei

Bedarf nehmen fachkundige Vertreter des Flughafens auch an

Gemeinderatsitzungen oder Bürgeranhörungen teil.

FRAGEN SIND WILLKOMMEN

Bei Klagen oder Fragen zum Flugbetrieb können sich die Bürge-

rinnen und Bürger entweder schriftlich oder telefonisch direkt an

den zuständigen Flugbetriebsleiter wenden oder ihre Anfragen

und Beschwerden über die Rathäuser an den Flughafen richten.

Flughafen Karlsruhe / Baden-Baden

Ruhe an der LärmfrontTrotz steigender Passagierzahlen herrscht beim Flughafen Karlsruhe / Baden-Baden Ruhe an der Lärmfront. Hauptgrund

dafür ist die offene und offensive Informationspolitik. Außerdem sind laute Flieger und Nachtflüge absolute Ausnahmen.

Seit Aufnahme des Reiseflugverkehrs am 17. Mai 1997 steigen die

Passagierzahlen kontinuierlich. Die Prognose für 2003 liegt bei

250.000 Passagieren. Da die Flugzeuge nicht größer geworden

sind – in der Mehrzahl starten und landen in Karlsruhe 150- bis

200-sitzige Maschinen – bedeuten steigende Zahlen Jahr für Jahr

mehr Flugzeuge und somit letztlich auch mehr Umweltbelastung

und Fluglärm. Der Flugbetrieb findet in den vom Ministerium für

Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg genehmigten Zeiten

von 6 bis 22 Uhr statt. In Ausnahmefällen sind Starts bis spätes-

tens 23 Uhr und Landungen bis 24 Uhr erlaubt. Insgesamt dürfen

jedoch in der Zeit von 22 bis 24 Uhr nicht mehr als 30 Bewegun-

gen pro Woche und höchstens sechs Bewegungen pro Tag statt-

finden. Ausnahme: Die hier stationierte Deutsche Rettungsflug-

wacht darf jederzeit zu Rettungseinsätzen starten.

Zur Kontrolle erfasst die Luftaufsicht sämtliche in der Zeit von

22 bis 6 Uhr durchgeführten Flüge. Diese Statistik erhalten die

Verantwortlichen des Flughafens, das Regierungspräsidium

Karlsruhe sowie die Bürgermeisterämter der Anliegergemein-

den am nächsten Tag. Dank dieser offensiven Informationspoli-

tik hat der badische Flughafen bisher keine Probleme mit den

Anwohnern.

AUSNAHMEN SIND STRENG GEREGELT

Hinzu kommt, dass Karlsruhe / Baden-Baden nur für „leise“

Flugzeuge (Kapitel III der International Civil Aviation Organisa-

tion / ICAO) anfliegbar ist. Sollte als seltene Ausnahme ein sehr

lautes Flugzeug (Kapitel II der ICAO), zum Beispiel aus Osteu-

ropa anfliegen wollen, bedarf es einer Sondererlaubnis vom Re-

gierungspräsidium Karlsruhe. Flüge, die aus dem Rahmen des

Üblichen fallen wie zum Beispiel Trainingsflüge von Verkehrs-

flugzeugen bis zur Größe einer B 747, werden möglichst recht-

zeitig bekannt gegeben. Darüber hinaus wird die Crew vorher in

die örtlichen Gegebenheiten eingewiesen, damit solche Flüge

z. B. nicht gerade über dicht bewohntem Gebiet stattfinden. (Foto: Flughafen Karlsruhe / Baden-Baden)

LfU ©

Dieses Ziel lässt sich nicht immer ganz erreichen, da für die Fest-

legung von Höhe und Länge der Schallschutzwände nicht nur

akustische, sondern auch städtebauliche, klimatische und bau-

technische Gesichtspunkte mit entscheidend sind.

Falls aktive Schallschutzmaßnahmen nicht ausreichen, um die

Anwohner zu schützen, bzw. falls die Immissionsgrenzwerte der

16. BImSchV noch überschritten werden, ist die 24. BImSchV

anzuwenden.

Gemäß der 24. BImSchV ist zu beurteilen, inwieweit die Schall-

dämmung der Umfassungsbauteile von Wohnungen wie Fenster,

Rollladenkästen, Wände ausreicht, um die Räume ohne Kommu-

nikations- und Schlafstörungen nutzen zu können. Wenn danach

die Schalldämmung mit sogenannten passiven Schallschutzmaß-

nahmen wie zum Beispiel dem Einbau von Schallschutzfenstern

verbessert werden muss, vereinbart die Bahn mit den Eigentü-

mern die Übernahme von Kosten für die passiven Schallschutz-

maßnahmen.

DAS LÄRMSANIERUNGSPROGRAMM LÄUFT UND LÄUFT

Auf der Grundlage der seit 1990 bestehenden Regelungen zum

Schutz vor Verkehrslärm durch den Bau neuer oder die wesent-

liche Änderung bestehender Schienenwege (16. BImSchV) haben

Anwohner unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf

Schallschutz (Lärmvorsorge). Die in Betracht kommenden Maß-

nahmen sind genau definiert. Dagegen haben die Anwohner an

vorhandenen Strecken, die baulich nicht wesentlich geändert

oder unverändert weiter betrieben werden, bislang keinen

Rechtsanspruch auf Schallschutz (Lärmsanierung).

Lärmvorsorge und Lärmsanierung bei der Deutschen Bahn

EISENBAHNLÄRM

26

Lange Lärmschutzwände versperren dem Bahn-Reisenden den Blick auf die Landschaft. Was die Fahrgäste ärgert, ist für

Anwohner häufig ein Muss. Lärmschutzwände sorgen für mehr Ruhe in Haus und Garten. Allerdings kommt nicht jeder in

den Genuss solcher Schallschutzmaßnahmen. Bisher haben nur die Anwohner von Neubaustrecken einen Rechtsan-

spruch auf Schallschutz.

Nach einer Prognose des Bundesverkehrswegeplanes 2003 wird

der Schienenpersonenverkehr von 1997 bis zum Jahre 2015 um

32 Prozent zunehmen, der Schienengüterverkehr sogar um 103

Prozent wachsen. Vor diesem Hintergrund plant und realisiert die

DB ProjektBau GmbH im Südwesten Deutschlands Großprojek-

te wie die Ausbau- und Neubaustrecke Karlsruhe – Basel und die

Ausbau- und Neubaustrecke Stuttgart – Augsburg. Darüber hi-

naus werden mit der Landesregierung Baden-Württemberg und

den beteiligten Landkreisen Konzepte verwirklicht, um die

Attraktivität des Nahverkehres zu steigern, zum Beispiel vorhan-

dene Strecken fit für den Einsatz von Neigetechnikzügen machen.

Bei allen Planungen wird der Schutz der Bevölkerung vor schädli-

chen Verkehrsgeräuschen nach den Regelungen des Bundes-

Immissionsschutzgesetzes berücksichtigt. Dazu gehören die

• Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV)

vom 12.06.1990 sowie die

• Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmenverordnung

(24. BImSchV) vom 04.02.1997.

Die 16. BImSchV gilt für den Bau oder die wesentliche Ände-

rung von Schienenwegen (Lärmvorsorge). Sie enthält Immissi-

onsgrenzwerte sowie Festlegungen zur Berechnung der aus dem

Schienenverkehrsweg auf die Nachbarschaft einwirkenden Schall-

immissionen. Bei Baumaßnahmen, die unter den Anwendungs-

bereich der 16. BImSchV fallen, will die DB ProjektBau GmbH

die vom Schienenverkehr verursachten Schallimmissionen mit

aktiven Schallschutzmaßnahmen (meist Schallschutzwänden)

soweit verringern, dass die Immissionsgrenzwerte eingehalten

werden.

© LfU

27

Die Bundesregierung hat daher in ihrer Koalitionsvereinbarung

vom 20.10.98 beschlossen, in die Lärmsanierung an bestehenden

Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes zu investieren.

Dafür gibt es seit 1999 jährlich Mittel in Höhe von 51 Millionen

Euro. Damit ist es erstmals finanziell möglich, Lärmschutzmaß-

nahmen auch entlang vorhandener Schienenwege umzusetzen,

die nicht wesentlich geändert werden. Die Lärmsanierung an

Schienenwegen ist eine freiwillige Leistung des Bundes. Die

Regeln für die Umsetzung sind in der „Richtlinie für die

Förderung von Lärmsanierungsmaßnahmen Schiene“ des

Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

(BMVBW) festgelegt.

AKTIV ODER PASSIV – HAUPTSACHE SCHALLSCHUTZ

Um den Lärm auf seinem Weg von der Schallquelle zum Empfän-

ger zu vermindern, sind aktive und passive Maßnahmen denkbar.

Aktiv nennt man Maßnahmen direkt an den Verkehrswegen, zum

Beispiel Schallschutzwände und -wälle. Passive Maßnahmen sind

schalltechnische Verbesserungen an Gebäuden wie der Einbau

von Schallschutzfenstern und -türen oder die Dämmung von

Außenwänden und Dächern. Weil diese passiven Maßnahmen

Schallschutzwand in Emmendingen im Rahmen der Lärmsanierung

EISENBAHNLÄRM

nur bei geschlossenen Fenstern wirken, fördert die Bahn unter

bestimmten Voraussetzungen auch den Einbau von schalldäm-

menden Lüftern. Der Nachteil beim passiven Lärmschutz ist

jedoch, dass es rund ums Haus laut bleibt. Deshalb sind Lärm-

schutzwände effektiver, auch wenn sie den Blick auf die Land-

schaft versperren.

Weiter können im Rahmen der Lärmsanierung auch Maßnahmen

zur „Entdröhnung“ alter Stahlbrücken oder gegen das in engen

Gleisbögen auftretende Kurvenquietschen finanziert werden.

Eine Finanzierung gibt es auch für das unten beschriebene Ver-

fahren „Besonders überwachtes Gleis“.

Diese Lärmschutzmaßnahmen können durchgeführt werden, wenn

der Sanierungsgrenzwert von 70 dB(A) am Tag bzw. 60 dB(A) in

der Nacht an den zu schützenden Gebäuden in reinen und allge-

meinen Wohngebieten überschritten wird. Für Kern-, Dorf- und

Mischgebiete beträgt der Sanierungsgrenzwert 72 dB(A) am Tage

und 62 dB(A) in der Nacht. Eine weitere Vorgabe legt fest, dass

lediglich die Gebäude geschützt werden können, die vor In-Kraft-

Treten des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (01.04.1974) erstellt

(Foto: Deutsche Bahn)

LfU ©EISENBAHNLÄRM

28

wurden, bzw. dass der Bebauungsplan vor diesem Termin verab-

schiedet wurde. Ab diesem Termin müssen Kommunen und Bau-

lastträger für ausreichenden Immissionsschutz sorgen. Bei passi-

ven Maßnahmen werden aus den Mitteln des Lärmsanierungspro-

gramms 75 Prozent der Kosten finanziert, 25 Prozent trägt der

Wohnungseigentümer selbst. Damit wird die Wertverbesserung

des Gebäudes berücksichtigt.

DIE PRIORITÄTENLISTE – AUSWAHL DER STANDORTE

Weil es bundesweit eine Vielzahl von Ortslagen gibt, welche

nach den Kriterien der Förderrichtlinie saniert werden können,

wurde zunächst eine Dringlichkeitsliste für die prioritär durch-

zuführenden Maßnahmen erstellt. Oben auf der Liste stehen

Orte mit einem hohem Lärmpegel und einer großen Anzahl von

Betroffenen. Nur Ortslagen, die auf dieser Dringlichkeitsliste

stehen, werden saniert. Diese Liste schreibt das Bundesver-

kehrsministerium (BMVBW) auf Vorschlag der Bahn fort.

Die erste Dringlichkeitsliste wurde am 13.12.1999, die erste

Fortschreibung am 07.09.2001, die zweite im August 2002 vom

BMVBW veröffentlicht. In Baden-Württemberg sind zwischen-

zeitlich mehr als 90 Ortslagen genannt (siehe Tabelle, Orts-

durchfahrten aus der Dringlichkeitsliste sowie der ersten und

zweiten Fortschreibung, auch unter www.bmvbw.de).

Schallschutzwände werden gebaut, wenn sie schalltechnisch und

wirtschaftlich sinnvoll sind, sich technisch realisieren lassen, ins

Stadtbild passen und auch von den Betroffenen gewollt werden.

Da für den Bau der in der Regel zwei Meter hohen Schallschutz-

wand ein Plangenehmigungsverfahren (entsprechend den Bauge-

nehmigungen für den Hausbau) erforderlich ist, dauert es etwa

anderthalb Jahre bis zum Baubeginn. Während dieser Zeit kön-

nen noch keine passiven Maßnahmen durchgeführt werden, weil

zunächst die Rechtssicherheit für den Bau der Wand gegeben

und diese nach Länge und Höhe festgelegt sein muss. Erst nach

Abschluss des Verfahrens können dann – alternativ oder zusätz-

lich – die erforderlichen passiven Maßnahmen geplant und umge-

setzt werden.

Bis Ende 2003 werden in Baden-Württemberg zehn Maßnahmen

abgeschlossen sein. Mit dem Bau der nächsten zehn Abschnitte

wurde bereits begonnen oder der Baubeginn erfolgt im Jahr 2004.

Das Programm läuft voraussichtlich acht bis zehn Jahre. Das

heißt: es bleibt noch viel zu tun.

DRINGLICHKEITSLISTE FÜR SCHALLSCHUTZMASSNAHMEN

Ortsdurchfahrt Streckenabschnitt VoraussichtlicherBearbeitungsbeginn

Bad Krozingen Offenburg – Basel Im Bau Bad Bellingen Offenburg – Basel BauvorbereitungEfringen-Kirchen Offenburg – Basel BauvorbereitungIstein Offenburg – Basel BauvorbereitungKarlsruhe Reitschulschlagsiedlung Mannheim – Karlsruhe BauvorbereitungMannheim-Friedrichsfeld Mannheim – Darmstadt BauvorbereitungOftersheim Mannheim – Karlsruhe BauvorbereitungBad Bellingen - Bamlach Offenburg – Basel 2003Bad Bellingen - Rheinweiler Offenburg – Basel 2003Bad Schönborn - Langenbrücken Mannheim – Karlsruhe 2004Bad Schönborn - Mingolsheim Mannheim – Karlsruhe 2004Bruchsal - Untergrombach Mannheim – Karlsruhe 2005Denzlingen Offenburg – Basel 2005Efringen-Kirchen - Kleinkems Offenburg – Basel 2004Emmendingen - Kollmarsreute Offenburg – Basel 2003Ettlingen Karlsruhe – Offenburg 2004Ettlingen - Bruchhausen Karlsruhe – Offenburg 2004Freiburg Offenburg – Basel 2006Freiburg Offenburg – Basel 2006Freiburg - Zähringen Offenburg – Basel 2006Gundelfingen Offenburg – Basel 2005Heidelberg Mannheim – Karlsruhe 2004Heidelberg - Kirchheim Mannheim – Karlsruhe 2004Hemsbach Darmstadt – Heidelberg 2007Karlsruhe – Durlach Mannheim – Karlsruhe 2005Laudenbach Darmstadt – Heidelberg 2007Leimen - St. Ilgen Mannheim – Karlsruhe 2004Malsch Karlsruhe – Offenburg 2004Malsch - Rot-Malsch Mannheim – Karlsruhe 2004Muggensturm Karlsruhe – Offenburg 2004Norsingen Offenburg – Basel 2007Riegel Offenburg – Basel 2007Schallstadt Offenburg – Basel 2010Scherzingen Offenburg – Basel 2007Teningen - Köndringen Offenburg – Basel 2007Tunsel Offenburg – Basel 2004Weil am Rhein Offenburg – Basel 2010Weingarten Mannheim – Karlsruhe 2005Wiesloch Mannheim – Karlsruhe 2005Bietigheim Karlsruhe – Rastatt 2006Durmersheim Karlsruhe – Rastatt 2006Graben - Neudorf Mannheim – Karlsruhe 2006Ötigheim Karlsruhe – Rastatt 2006Rheinstetten - Forchheim Karlsruhe – Rastatt 2006Schwetzingen - Hirschacker Mannheim – Karlsruhe 2003Waghäusel Mannheim – Karlsruhe 2006Mannheim - Alteichwald Mannheim – Schwetzingen 2006Heidelberg - Königstuhl Heidelberg – Karlstor 2004Weil a.R. - Haltingen Offenburg – Basel 2010Altbach ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2007Amstetten ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2010Beimerstetten ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2010Ebersbach (Fils) ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2009Eislingen ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2009Esslingen ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2007Esslingen - Mettingen ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2007Esslingen - Oberesslingen ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2007Esslingen - Zell ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2007Geislingen ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2010Gingen ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2010Göppingen ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2009Göppingen - Faurndau ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2009Kuchen ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2010Lonsee Geislingen/Steige – Ulm 2010Lonsee - Urspring Geislingen/Steige – Ulm 2010Plochingen ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2007Reichenbach (Fils) ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2009S - Bad Cannstatt Stuttgart – Ulm 2004S - Obertürkheim Stuttgart – Ulm 2004S - Untertürkheim Stuttgart – Ulm 2004Salach ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2010Süßen ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2009Uhingen ES-Mettingen – Geislingen/Steige 2010Ulm Geislingen/Steige – Ulm 2010Ulm - Örlingen Geislingen/Steige – Ulm 2010Westerstetten Geislingen/Steige – Ulm 2010S - Münster S-Untertürkheim – Kornwestheim 2004S - Untertürkheim S-Untertürkheim – Kornwestheim 2004S - Zazenhausen S-Untertürkheim – Kornwestheim 2004Asperg Stuttgart – Bretten 2007Bietigheim-Bissingen Stuttgart – Bretten 2007Kornwestheim Stuttgart – Bretten 2007Kornwestheim Stuttgart – Bretten 2007Ludwigsburg Stuttgart – Bretten 2006S - Zuffenhausen Stuttgart – Bretten 2005Tamm Stuttgart – Bretten 2007S - Zuffenhausen West Kornwestheim – Korntal 2005Bietigheim-Bissingen Bietigheim-Bissingen – Osterburken 2007Ludwigsburg Backnang – Ludwigsburg 2006

(Quelle: Deutsche Bahn)

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29

EISENBAHNLÄRM

DEN LÄRM AN DER QUELLE PACKEN

Darüber hinaus versucht die Bahn, die Schallentstehung direkt an

der Quelle zu bekämpfen. Beispiele sind:

• Radschallabsorber, die den Rädern Schwingungs- und

Schallenergie entziehen (z. B. bei ICE-Zügen)

• Räder mit Scheibenbremsen, die im Gegensatz zu herkömm-

lichen Klotzbremsen keine Riffel auf den Radlaufflächen

erzeugen

(Foto: Stadt Stuttgart)

• das Verfahren „Besonders überwachtes Gleis“ (BüG). Dabei

werden bestimmte Gleisabschnitte mit einem besonderen

Schleifverfahren geschliffen. Denn glatte Fahrflächen der

Schienen machen fahrende Züge leiser. In regelmäßigen

Abständen wird der akustische Zustand der Gleise durch

Messfahrten festgestellt. Falls es erforderlich ist, werden die

Schienen nachgeschliffen.

Diese und weitere Maßnahmen sollen auch in Zukunft dazu bei-

tragen, bei Anwohnern und Fahrgästen die Akzeptanz des um-

weltfreundlichen Verkehrsmittels Bahn zu erhöhen.

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bei 50 dB(A) liegt, sind in Gewerbegebieten 65 dB(A) zumutbar.

In den frühen Morgen- und späten Abendstunden sowie an Sonn-

und Feiertagen gelten etwas strengere Vorgaben; Geräuscheinwir-

kungen zu diesen Zeiten werden durch besondere Zuschläge be-

rücksichtigt.

Da plötzlich auftretender Lärm zu beträchtlichen Störungen

führen kann, regelt die TA Lärm auch den Schutz gegen laute

Einzelereignisse. Die hierzu festgelegten Obergrenzen sind

tagsüber 30 dB(A) und nachts 20 dB(A) höher als die jeweiligen

Immissionsrichtwerte. Die neue TA Lärm enthält darüber hinaus

konkrete Prüf- und Entscheidungskriterien für die Beurteilung

sogenannter seltener Ereignisse. Hierunter versteht man Ein-

wirkungen, die in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeit-

dauer auftreten, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten

eines Kalenderjahres und an nicht mehr als jeweils zwei aufeinan-

der folgenden Wochenenden.

In Industrie und Gewerbewird es leiser

GEWERBE- UND MASCHINENLÄRM

30

Als Lärmquelle sind Industrie, Handwerk und Gewerbe nur noch kleine Größen. Dank verbesserter Technik und strenge-

ren Vorschriften gelingt vielerorts der Spagat zwischen dem Ruhebedürfnis der Nachbarn und den Interessen der

Betriebe.

Das schrille Klirren der Flaschen im Getränkeabfüllbetrieb, das

ständige Hämmern eines Zimmermanns und der Pressluft-

hammer – all das ist Gewerbelärm. Doch die Zeiten der lauten

industriellen Revolution sind längst vorbei. Die moderne Ökono-

mie kommt eher auf leisen Dienstleistungssohlen daher. Statt lär-

menden Fabriken entstehen geräuscharme Bürotürme. Entspre-

chend stagniert die subjektive Belästigung der Bevölkerung. 1999

fühlten sich in Baden-Württemberg 15 Prozent der Bevölkerung

durch Industrielärm belästigt. Dieser relativ niedrige Anteil er-

klärt sich durch das hohe Schallschutzniveau, über das die Betrie-

be heute im Allgemeinen verfügen. Nur so gelang es in den letz-

ten Jahren, bei steigender Produktivität die Lärmbelästigung in

erträglichen Grenzen zu halten. Problematisch ist, dass Industrie

und Bürger mancherorts aufgrund der hohen Siedlungsdichte

immer näher zusammenrücken.

MEHR RECHTE FÜR WENIGER LÄRM

Im Jahre 1998 wurde die veraltete Technische Anleitung (TA

Lärm) zum Schutz gegen Lärm runderneuert, um diese grundle-

gende Vorschrift an die veränderten rechtlichen und technischen

Gegebenheiten anzupassen. Sie betrifft jetzt genehmigungsbe-

dürftige Anlagen genauso wie nicht genehmigungsbedürftige und

erfasst damit praktisch die gesamte Bandbreite wirtschaftlicher

Aktivität vom Automobilwerk bis zur Bäckerei.

Ziel der Verwaltungsvorschrift ist es, den Bürger vor Lärm zu

schützen, ohne die Industrie lahm zu legen. Deshalb legt sie nicht

einzelne Grenzwerte fest, sondern schreibt verbindliche gebiets-

bezogene Immissionsrichtwerte vor. Hierbei darf die Summe aller

Immissionen von Industrie- und Gewerbeanlagen an einem be-

nachbarten Wohnhaus den Richtwert nicht überschreiten.

Die Richtwerte staffeln sich nach Art der Flächennutzung. Wäh-

rend in reinen Wohngebieten tagsüber der Immissionsrichtwert

Immissionsort tags (6-22 Uhr) nachts (22-6 Uhr)

In Industriegebieten 70 dB(A) 70 dB(A)

In Gewerbegebieten 65 dB(A) 50 dB(A)

In Kerngebieten, Dorf- und 60 dB(A) 45 dB(A)Mischgebieten

In allgemeinen Wohn- und 55 dB(A) 40 dB(A)Kleinsiedlungsgebieten

In reinen Wohngebieten 50 dB(A) 35 dB(A)

In Kurgebieten, 45 dB(A) 35 dB(A)für Krankenhäuserund Pflegeanstalten

Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen:Max. zulässige Überschreitung desImissionsrichtwertes um: 30 dB(A) 20 dB(A)

An Werktagen von 6 bis 7 Uhr und 20 bis 22 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 6 bis 9Uhr und 13 bis 15 Uhr und 20 bis 22 Uhr wird bei der Ermittlung des Beurteilungspegels einZuschlag von 6 dB(A) notwendig. (Dies gilt nicht in Industrie-, Gewerbe-, Kern-, Dorf- undMischgebieten.)

Immissionsrichtwerte von Gewerbe- und Industrieanlagen (Quelle: TA Lärm 98)

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Bei DaimlerChrysler in Sindelfingen produzieren über 40.000

Menschen in drei Schichten jährlich rund 470.000 Automobile.

Dass dabei Krach entsteht, ist klar. Die wichtigsten Schallquellen

sind Kühltürme, Kompressorstationen und die Schornsteine der

Lackierung und des Heizkraftwerks. Aber auch über Fassaden,

Dächer, Fenster, Rauch- und Wärmeabzugsklappen sowie Lüf-

tungsschächte dringt der Lärm nach draußen. Zu diesen statio-

nären Schallquellen kommen noch die mobilen hinzu: Darunter

täglich 20.000 Anfahrten von Pkw und der Transportverkehr von

rund 2.000 Lastkraftwagen.

Da das Werk an verschiedene Wohngebiete grenzt und Sindelfin-

gen als Ballungsraum ohnehin ständig wachsenden Straßen-,

Schienen- und Flugverkehr verkraften muss, waren in der Ver-

gangenheit Probleme mit den Anwohnern vorprogrammiert.

Besonders über nächtliche Ruhestörungen beschwerten sich

etliche Nachbarn. Doch ob und warum es so laut war, ließ sich

später kaum aufklären. Deshalb beschlossen die Werksverant-

wortlichen Mitte der 90er Jahre, das Übel bei der Wurzel zu

packen. Mit einem Schallquellenkataster und einer kontinuierli-

chen Lärmüberwachung sollte der Lärm besser erfasst, bewertet

und letztlich reduziert werden.

AUF DAUER BESSER

In der Vergangenheit waren Lärmmessungen Momentaufnahmen.

Bei Umbauten oder Erweiterungen überprüften die Behörden,

ob das Werk seine Grenzwerte einhielt. Oder es wurde gemessen,

wenn Anwohner sich beschwert hatten. Insgesamt wurde beim

Schallschutz also mehr reagiert statt agiert.

Deshalb konzipierten Gutachter 1996 für die Umweltabteilung

die akustische Dauerüberwachung, die dann vor ihrer Realisierung

mit dem Gewerbeaufsichtsamt und dem Landratsamt fachlich

abgestimmt wurde. An fünf Standorten auf dem Werksgelände

GEWERBE- UND MASCHINENLÄRM

messen Schallpegelmesser mit wetterfesten Mikrofonen perma-

nent die Lärmsituation. An einem Messort werden zusätzlich

Wetterdaten erfasst. Das ist notwendig, weil hohe Windgeschwin-

digkeiten und Niederschläge die Messergebnisse verfälschen. Die

ermittelten Werte laufen bei einem zentralen Rechner mit spe-

ziell entwickelter Auswertungssoftware zusammen. Der rechnet

die Schallmessdaten auf kritische Einwirkungsorte in der Nach-

barschaft um. Denn die spannende Frage lautet ja nicht, wie laut

es am Mikrofon ist, sondern wieviel Lärm bei den Nachbarn an-

kommt.

Die alle fünf Millisekunden erfassten Werte rechnet der Compu-

ter in Drei-Minuten- und Halbstunden-Werte um. Letztere lassen

sich dann grafisch darstellen. Die Ergebnisse der akustischen Dau-

erüberwachung werden elektronisch gespeichert und in Monats-

berichten zusammengefasst. Sie können den Behörden jederzeit

vorgelegt werden. Selbst länger zurückliegende Beschwerden

lassen sich jetzt nachvollziehen und mit Fakten beantworten.

DaimlerChrysler

Ganz Ohr in Sachen LärmWas ansonsten Empörung verursacht, bringt beim Lärm Segen: die totale Überwachung. Das Automobilwerk

Sindelfingen von DaimlerChrysler hat mit Schallquellenkataster und akustischer Dauerüberwachung den Lärm bestens

unter Kontrolle.

Messpunkte um das Werk von DaimlerChrysler (Quelle: DaimlerChrysler)

LfU ©

Insgesamt hat sich ein dreifacher Nutzen ergeben:

• Die aktuelle Schallsituation im Werk und ihre Einwirkung

auf die Nachbarschaft ist ständig kontrollierbar und voll-

kommen transparent. Besondere Ereignisse, wie zum Bei-

spiel Windgeräusche, können identifiziert werden.

• Die Qualität der bisherigen Messdaten und der daraus

berechneten Daten ist durch eigene Quervergleiche und

gutachterliche Prüfung abgesichert.

• Das Vertrauen der Bevölkerung, der Beschäftigten sowie der

Behörden in den betrieblichen Umweltschutz am Standort

hat spürbar zugenommen.

Einziger Wermutstropfen bei dieser Innovationen sind die Unter-

haltungskosten. Die Pflege des Schallquellenkatasters kostet

25.000 Euro/Jahr, die Dauerüberwachung des Lärms rund 15.000

Euro/Jahr.

AN DER QUELLE HANDELN

Um die Lärmentwicklung der stationären Schallquellen besser

steuern zu können, wurde 1999 das Schallquellenkataster aufge-

baut. Dabei handelt es sich um eine Datenbank, in der alle Schall-

quellen mit Schallleistungspegel, Schallquellentyp, Foto, Hörbei-

spiel und Betreiber hinterlegt sind. Auch die genaue Lage der ins-

gesamt 1.800 Einzelschallquellen ist erfasst. Dazu wurde das Werks-

gelände überflogen, fotografiert und die Luftbilder anschließend

ausgewertet.

Das Kataster ermöglicht es,

• Lärmverursacher zu identifizieren und Maßnahmen zur

Lärmminderung einzuleiten,

• Kosten zu sparen, da Vorsorge-/Abhilfemaßnahmen jetzt

gezielt an den Objekten mit den höchsten Schallleistungs-

pegeln ansetzen,

• Planungsvorgaben für Neuanlagen zu spezifizieren,

• Basisdaten für Genehmigungsverfahren bereitzustellen,

• den interessierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern freien

Zugang per Intranet zu bieten.

Auch wenn die Bürger und Behörden das Werk als „Stadt in der

Stadt“ wahrnehmen – das interne Schallschutzmanagement

braucht differenzierte und detaillierte Informationen. Zum Bei-

spiel lässt sich abfragen, dass das Gebäude 44 (Lackieranlage)

über 152 erfasste Lärmquellen verfügt.

Momentan bekommen die einzelnen Bereiche des Werkes

Schallkontingente zugewiesen. Das sind Gesamtschallpegel, die

sie nicht überschreiten dürfen. Kommt bei einem Umbau oder

einer Betriebserweiterung eine neue Lärmquelle hinzu, muss

eine andere saniert werden. Hauptsache, die gesamte Lärmbe-

lastung erhöht sich nicht. Besser noch: sie reduziert sich konti-

nuierlich.

Damit auch die Nachbarn und die Behörden den neuen Mess-

und Steuerungsinstrumenten vertrauen, wurden die akustische

Dauerüberwachungsanlage und das Schallquellenkataster nach

Fertigstellung gutachterlich überprüft und von behördlicher Seite

abgenommen.

GEWERBE- UND MASCHINENLÄRM

32

Lärmmessstation auf dem Werksgelände (Foto: DaimlerChrysler)

© LfU

33

GEWERBE- UND MASCHINENLÄRM

Weniger Lärm am ArbeitsplatzOb Presslufthammer oder Lärm am laufenden Band – etwa drei Millionen Beschäftigte sind an ihrem Arbeitsplatz den

Auswirkungen von Lärm ausgesetzt. Damit sie keine Gehörschäden erleiden, sind Maschinenhersteller, Arbeitgeber, aber

auch Arbeitnehmer selbst in der Pflicht.

Um die Beschäftigten vor gesundheitlichen Gefährdungen und

Unfall-Risiken zu schützen, gibt es einschlägige Rechtsnormen.

Die gesetzlichen Vorgaben für Arbeitsplätze gelten in Fabrikhal-

len genauso wie auf Baustellen. Besonders wichtige Grundlagen

für die Lärmminderung an Arbeitsplätzen sind:

• Arbeitsschutzgesetz

• Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV 2004, Anhang 3.7)

• Berufsgenossenschaftliche Vorschriften

(bisher: Unfallverhütungsvorschriften, z. B. UVV „Lärm“ und

UVV „Arbeitsmedizinische Vorsorge“)

• Maschinenverordnung (Neunte Verordnung zum Geräte-

sicherheitsgesetz) in Verbindung mit der „EU-Maschinen-

richtlinie“ (98/37/EG) – Anhang I

• Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV)

Das Arbeitsschutzgesetz schreibt die Beurteilung der Arbeitsbe-

dingungen vor. Dabei sind auch mögliche Gefährdungen durch

Lärm zu berücksichtigen. Die Arbeitsstättenverordnung enthält

Vorgaben zum Einrichten und Betreiben von Arbeitsplätzen.

Zum Beispiel erfordern geistige Tätigkeiten ein niedrigeres Ge-

räuschniveau als mechanisierte Tätigkeiten.

LÄRM MACHT KRANK

Lärm wirkt sich nicht nur auf das Hörvermögen aus, sondern auch

auf die Psyche. Das kann zu Schlafstörungen, Konzentrations-

mangel und beruflicher Leistungsminderung führen. Bei andauern-

der Lärmeinwirkung besteht sogar ein erhöhtes Herzinfarktrisiko.

Die Berufsgenossenschaftliche Vorschrift „Lärm“ (BGV B3,

ehemals Unfallverhütungsvorschrift VBG 121) definiert so ge-

nannte Lärmbereiche. Das sind Bereiche, bei denen der ortsbe-

zogene Beurteilungspegel, das heißt der mittlere Schallpegel am

Bedienungsstand einer Maschine, 85 dB(A) oder der Höchstwert

des nichtbewerteten Schalldruckpegels 140 dB erreicht. Wer acht

Stunden täglich an einer so lauten Maschine arbeitet, muss mit

Gehörschäden und einer höheren Unfallgefahr rechnen.

Für Beschäftigte in wechselnden Arbeitsbereichen oder für den

kurzzeitigen Aufenthalt in Lärmbereichen gibt es als weitere

Messgröße den personenbezogenen Beurteilungspegel. Das ist

der Schallpegel, dem der Beschäftigte tatsächlich ausgesetzt ist.

Dabei gilt grundsätzlich: Je höher der Schallpegel im Lärmbe-

reich, desto kürzer muss die Aufenthaltsdauer sein. Während

unser Gehör einen Schallpegel von 88 dB knapp vier Stunden

lang ertragen kann, sollte es einem Pegel von 100 dB keine

Viertelstunde ausgesetzt sein.

Die Richtlinie 2003/10/EG vom 06.02.03 über Mindestvorschrif-

ten zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeit-

nehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen

(Lärm), die bis zum 15.02.06 in nationales Recht umgesetzt sein

muss, enthält höhere Anforderungen zum Schutz der Beschäf-

tigten vor den durch Lärm verursachten Gefährdungen. Ände-

rungen ergeben sich z. B. bei den Grenzwerten. Auch wird die

Verpflichtung zum Tragen persönlicher Gehörschutzmittel

deutlicher herausgestellt.

ÜBERALL LÄRM VERMEIDEN

Die Auswirkungen der Belastung durch Lärm lassen sich mit

technischen, betrieblichen und persönlichen Schutzmaßnahmen

in erträglichen Grenzen halten.

Bei der technischen Lärmminderung geht es darum, möglichst

leise Maschinen zu produzieren. Die Maschinenverordnung

Arbeitswissenschaftliche Erkenntnis (Quelle: LfU)

Tätigkeit /Aufenthaltsort Maximaler Beurteilungspegel in dB(A)

Überwiegend geistige Tätigkeiten 55

Einfache oder überwiegend 70mechanisierte Bürotätigkeiten, vergleichbare Tätigkeiten

Alle anderen Tätigkeiten 85 darf bis 5 dB(A) überschritten werden *)

Pausen-, Bereitschafts-, 55Liege- und Sanitätsräume–––––––––––––––––––––––––––––––––––––*) Bitte beachten: Gehörschutz benutzen!

LfU ©GEWERBE- UND MASCHINENLÄRM

34

verlangt vom Hersteller einen Nachweis darüber, dass seine

Maschine den Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen ent-

spricht (CE-Kennzeichen). Darüber hinaus müssen die Gefahren

durch Lärmemissionen auf das niedrigste erreichbare Niveau

gesenkt werden. Hierbei ist der technische Fortschritt ebenso zu

berücksichtigen wie die verfügbaren Mittel zur Lärmminderung.

Minderungsmaßnahmen sollen vornehmlich an der Lärmquelle

ansetzen. In der Betriebsanleitung müssen die Hersteller die

Geräuschemissionswerte ihrer Maschine angeben.

Die betriebliche Lärmminderung nimmt die Unternehmer in die

Pflicht. Sie müssen in Arbeitsräumen den Schallpegel so niedrig

wie möglich halten und die Lärmbereiche ermitteln. Dort tätige

Beschäftigte sind ärztlich untersuchen zu lassen und die Aufzeich-

nungen hierüber 30 Jahre lang aufzubewahren.

Beträgt der ortsbezogene Schallpegel 90 dB(A) oder mehr und

der Höchstwert des nicht bewerteten Schallpegels mehr als

140 dB, sind die Betriebe verpflichtet, die Lärmbereiche zu

Geräuschintensive Maschinenim Untergeschoss

SchallisolierendeAbdichtungen

Schallisolierter Kontroll-und Steuerraum

Schalldämpfer am LufteintrittschallabsorbierendesMaterial unter der Decke

leise Maschine

biegsame Rohrverbinder

Beispiele für technische Maßnahmen zur Lärmminderung in einem Industriegebäude (Quelle: UVM Baden-Württemberg)

Tür mit Abdichtungsstreifen

Schwingungsisolierung

leise Ausführung

Aufstellung von schweren schwin-genden Ausrüstungen auf sepera-

ten Deckenplatten

absorbierender Schallschirm

SchalldichteDoppelverglasung

35

kennzeichnen und den Zugang zu beschränken. Darüber hinaus

müssen sie dann ein Lärmminderungsprogramm aufstellen. Lärm

vermeiden lässt sich beispielsweise mit baulichen Maßnahmen

wie Schallschutzdecken, Türen mit Abdichtungsstreifen, Schall-

schirmen an Maschinen usw. Selbstverständlich müssen die

Unternehmen sicherstellen, dass die Beschäftigten Sirenen, Warn-

rufe und andere akustische Sicherheitshinweise auch in Lärmbe-

reichen hören können.

GEHÖRSCHUTZ MUSS SEIN

Der Arbeitgeber muss Beschäftigten, die in Lärmbereichen arbei-

ten oder deren personenbezogener Beurteilungspegel 85 dB(A)

erreicht oder überschreitet, Gehörschutzmittel zur Verfügung

stellen. Die Gehörschutzmittel müssen von den Beschäftigten

auch getragen werden, wenn sie in Lärmbereichen mit einem

ortsbezogenen Beurteilungspegel von 90 dB(A) oder mehr be-

schäftigt sind oder der personenbezogene Beurteilungspegel 90

dB(A) erreicht bzw. überschreitet. Für kurzfristiges Tragen eignen

sich Kapselgehörschützer, für langfristiges Gehörschutzstöpsel.

Um auf Nummer sicher zu gehen, müssen sich die Beschäftigten

regelmäßig Hörtests unterziehen. Wer wie oft zum Arzt muss, ist

in der Berufsgenossenschaftlichen Vorschrift (bisher: Unfallver-

hütungsvorschrift) „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ geregelt.

Ob die Vorschriften zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen und

damit zur Vermeidung von berufsbedingten Erkrankungen auch

eingehalten werden, kontrollieren die Mitarbeiterinnen und Mit-

arbeiter der Staatlichen Gewerbeaufsicht bzw. der gesetzlichen

Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften).

GEWERBE- UND MASCHINENLÄRM© LfU

KLEINES „WHO IS WHO“ DER SCHALLPEGEL

Schallleistungspegel: Geräusch-Kennwert einer Maschine. Er istunabhängig vom Aufstellungsort und Messabstand und wirdnach DIN 45635 ermittelt.

Mittelungspegel: Da die auf den Arbeitnehmer an einem Ort ein-wirkenden Geräusche sich sehr häufig ändern, wird in DIN 45641ein zeitliches Pegelmittelungsverfahren festgelegt. Dabei gilt:eine Schallpegelerhöhung um drei dB(A) ist gleichwertig miteiner Verdopplung der Einwirkungsdauer.

Beurteilungspegel: Wichtigster Kennwert für die Geräuschein-wirkung am Arbeitsplatz; Maß für die durchschnittliche Lärm-belastung am Arbeitsplatz einer Tagesschicht (acht Stunden),angegeben in dB(A).

Nichtbewerteter Schalldruckpegel: Kenngröße zur Beurteilungvon Spitzenschalldruckpegeln. Dieser Schalldruckpegel wird inder Zeitbewertung „peak“ und ohne Frequenzbewertung (linear,Abkürzung „Lin“) gemessen. Schon ein einziger Schallimpuls miteinem nichtbewerteten Schalldruckpegel von mehr als 140 dBkann genügen, um einen Hörschaden zu verursachen.

(Foto: LfU)

LfU ©

Wie Geräte leiser laufenGEWERBE- UND MASCHINENLÄRM

36

Die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV) entrümpelt alte Vorschriften und soll den Bürgerinnen

und Bürgern zu mehr Ruhe vor „Laubbläser und Co.“ verhelfen.

Mit der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung wird die

europäische Richtlinie über umweltbelastende Geräuschemissio-

nen von zur Verwendung im Freien vorgesehenen Geräten und

Maschinen in deutsches Recht umgesetzt. Die 32. BImSchV er-

setzt die Rasenmäherlärm-Verordnung (8. BImSchV) und die

Baumaschinenlärm-Verordnung (15. BImSchV). Außerdem hebt

sie alle produktbezogenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften

zum Baulärm auf und fasst hierdurch verschiedene Vorschriften

übersichtlicher zusammen.

Die Verordnung betrifft 63 Maschinen- und Gerätearten, die für

den Gebrauch im Freien vorgesehen sind. Dazu gehören Bau-

geräte wie Betonmischer und Straßenfräse, viele Gartengeräte

wie elektrische Heckenscheren und Schredder, aber auch rollbare

Müllcontainer. Die betroffenen Geräte sind in Listen definiert

(siehe Tabelle). Näheres zur Verordnung findet man im Internet

unter www.rechtliches.de/info_32._BImSchV.html.

Zum einen legt die 32. BImSchV Anforderungen an eine Reihe

von Geräten und Maschinen fest, die diese beim „Inverkehrbrin-

gen“ einhalten müssen. Zum anderen schränkt sie den Gebrauch

in bestimmten Gebieten und zu bestimmten Zeiten ein.

HERSTELLER MÜSSEN MESSEN UND INFORMIEREN

Alle neuen Produkte müssen beim Inverkehrbringen, das heißt

beim Verkauf, mit der EG-Kennzeichnung und einer Angabe

über die vom Hersteller garantierte Geräuschemission gekenn-

zeichnet werden. 22 dieser Maschinen- und Gerätearten müssen

zusätzlich Grenzwerte für den Schallleistungspegel einhalten. Die

Richtlinie legt Grenzwerte in zwei Stufen fest: Die erste Stufe gilt

seit dem 3. Januar 2002, die zweite Stufe mit um circa drei dB(A)

niedrigeren Grenzwerten tritt am 3. Januar 2006 in Kraft.

Der Hersteller kann die Geräuschemission durch eine Messung

selbst ermitteln oder von anderen ermitteln lassen. Für Produkte,

für die Grenzwerte gelten, muss der Hersteller die Messungen in

der Regel von einer staatlich anerkannten Stelle (sog. „benannte

Stelle“) auf Plausibilität prüfen lassen.

DER GERÄUSCHPEGEL WIRD BEIM KAUF ERKENNBAR

Der Hersteller kennzeichnet seine Produkte in eigener Verant-

wortung mit dem CE-Zeichen, das die Einhaltung der europä-

ischen Vorschriften signalisiert. Darüber hinaus ist jedem Produkt

eine EG-Konformitätsbescheinigung beizufügen, die versichert,

dass das Produkt alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Diese

Bescheinigung muss den gemessenen sowie den garantierten

Schallleistungspegel enthalten.

Wichtig für den Verbraucher ist die Kennzeichnung der Geräte

mit dem garantierten Schallleistungspegel (LWA). An der Dezibel-

Angabe kann der Käufer die Lautstärke des Geräts ablesen, die

garantiert nicht überschritten wird. Je geringer der Wert auf dem

Kennzeichen, desto leiser ist das Gerät. Den garantierten Schall-

leistungspegel muss der Hersteller auf jedem einzelnen Produkt,

das im Verordnungsanhang genannt wird, sichtbar, lesbar und

dauerhaft haltbar anbringen.

Die Verbraucher bekommen mit der neuen Richtlinie mehr

Informationen über die Geräuschemission von Maschinen und

Geräten. Denn dank der genauen und verlässlichen Angaben

über Lärm kann der Kunde die Lautstärke bei seiner Kaufent-

scheidung berücksichtigen. So sollen besonders laute Maschinen

vom Markt verschwinden und die Belästigungen durch Maschi-

nenlärm vor allem in Wohngebieten abnehmen.

(Grafik: Büro Spiess)Kennzeichnung des garantierten Schallleistungspegels

© LfU

37

BENUTZUNG VON GERÄTEN UND MASCHINEN

Die Richtlinie schränkt auch die Nutzung von Geräten und

Maschinen ein. Insbesondere motorgetriebene Gartengeräte

(Rasenmäher, Kettensägen, Häcksler, Laubsammler und Laub-

bläser) dürfen nicht mehr überall zu allen Zeiten betrieben wer-

den. Die von der Verordnung erfassten Geräte und Maschinen –

und zwar alte und neue – dürfen in Wohngebieten und gleich-

artigen Gebieten werktags in der Zeit von 20 Uhr bis 7 Uhr und

an Sonn- und Feiertagen ganztägig nicht betrieben werden. Der

Betrieb von Laubbläsern, Laubsammlern, Freischneidern und

Grastrimmern/Graskantenschneidern ist an Werktagen auch in

den Zeiten von 7 bis 9 Uhr, von 13 bis 15 Uhr und von 17 bis

20 Uhr verboten.

Die Landratsämter und Stadtkreise können im Einzelfall Ausnah-

men von den Benutzungsregeln erlassen. Dazu bedarf es eines

begründeten Antrages. Weiter gibt es gesetzliche Ausnahmen, für

die kein Antrag notwendig ist, z. B. für den Winterdienst oder für

dringende Reparatur- oder Instandsetzungsarbeiten.

GEWERBE- UND MASCHINENLÄRM

NR. GERÄT/MASCHINE

01 Hubarbeitsbühne mit Verbrennungsmotor 02 Freischneider 03 Bauaufzug für den Materialtransport mit 03.1 Verbrennungsmotor 03.2 Elektromotor 04 Baustellenbandsägemaschine 05 Baustellenkreissägemaschine 06 Tragbare Motorkettensäge 07 Kombiniertes Hochdruckspül- und Saugfahrzeug 08 Verdichtungsmaschine in der Bauart von 08.1 Vibrationswalzen und nichtvibrierende Walzen,

Rüttelplatten und Vibrationsstampfer 08.2 Explosionsstampfer 09 Kompressor (< 350 kW) 10 Handgeführter Betonbrecher und Abbau-, Aufbruch-

und Spatenhammer 11 Beton- und Mörtelmischer 12 Bauwinde mit 12.1 Verbrennungsmotor 12.2 Elektromotor 13 Förder- und Spritzmaschine für Beton und Mörtel 14 Förderband 15 Fahrzeugkühlaggregat 16 Planiermaschine < 500 kW 17 Bohrgerät 18 Muldenfahrzeug < 500 kW 19 Be- und Entladeaggregat von Silo- oder Tankfahrzeugen 20 Hydraulik- und Seilbagger (< 500 kW) 21 Baggerlader (< 500 kW) 22 Altglassammelbehälter 23 Grader (< 500 kW) 24 Grastrimmer/Graskantenschneider 25 Heckenschere 26 Hochdruckspülfahrzeug 27 Hochdruckwasserstrahlmaschine 28 Hydraulikhammer 29 Hydraulikaggregat 30 Fugenschneider 31 Müllverdichter, Bauart: ein Lader mit Schaufel < 500 kW 32 Rasenmäher mit Ausnahme von

• land- und forstwirtschaftlichen Geräten • Mehrzweckgeräten, deren Hauptantrieb eine installierte Leistung von mehr als 20 kW aufweist

33 Rasentrimmer/Rasenkantenschneider 34 Laubbläser 35 Laubsammler 36 Gegengewichtsstapler mit Verbrennungsmotor 36.1 Gegengewichtsstapler auf Rädern, der in erster Linie für

naturbelassenes gewachsenes und aufgewühltes Gelän-de, z. B. auf Baustellen, bestimmt ist

36.2 sonstiger Gegengewichtsstapler mit einer Tragfähigkeit von höchstens zehn Tonnen, ausgenommen Gegenge-wichtsstapler, speziell für die Containerbeförderung

37 Lader < 500 kW 38 Mobilkran 39 Rollbarer Müllbehälter 40 Motorhacke < 3 kW 41 Straßenfertiger 41.1 ohne Hochverdichtungsbohle 41.2 mit Hochverdichtungsbohle 42 Rammausrüstung 43 Rohrleger 44 Pistenraupe 45 Kraftstromerzeuger 45.1 < 400 kW 45.2 ≥ 400 kW 46 Kehrmaschine 47 Müllsammelfahrzeug 48 Straßenfräse 49 Vertikutierer 50 Schredder/Zerkleinerer 51 Schneefräse selbstfahrend, (ausgenommen Anbaugeräte) 52 Saugfahrzeug 53 Turmdrehkran 54 Grabenfräse 55 Transportbetonmischer 56 Wasserpumpe (nicht für Unterwasserbetrieb) 57 Schweißstromerzeuger

(Quelle: 32. BImSchV) (Foto: Wolf Gartengeräte)

LfU ©PRIVATER LÄRM

38

Im Vergleich zum betrieblichen Lärmschutz ist es um den

privaten Lärmschutz schlecht bestellt. Stimmt das?

Ja und nein. Jeder durch eine Lärmbelästigung Betroffene hat

einen Rechtsanspruch auf Unterlassung (§ 1004 BGB), der sich

entweder aus Grundstückseigentum (§ 906 BGB) oder aus dem

Schutz der Gesundheit (§ 823 BGB) ableitet. Dieser Unterlas-

sungsanspruch richtet sich direkt gegen den Störer. Den Betroffe-

nen kann aber auch ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsan-

spruch zustehen, der sich aus dem Grundrecht auf körperliche

Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1 GG) ergibt. Ein derartiger Anspruch

ist bei der zuständigen Immissionsschutzbehörde geltend zu

machen.

Allerdings besteht nach wie vor eine beachtliche Unsicherheit,

anhand welcher Maßstäbe und Regelwerke zu ermitteln ist, ob

eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 BGB bzw.

eine schädliche Umwelteinwirkung in Form einer erheblichen

Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutz-

gesetz (BImSchG) vorliegt.

Welche Regelungen schützen die Besucher von Diskos und

Großveranstaltungen vor extremem Lärm?

Spezielle Regelungen zum Schutz der Besucher in Diskotheken

oder bei Großveranstaltungen wie Rockkonzerten kenne ich

Alles was Recht istEin explizites „Recht auf Ruhe“ kennen unsere Gesetze nicht. Aber eine Fülle von Vorschriften hält den Lärm in Grenzen.

Welche das sind, erklärt Dr. Armin Wirsing von der Stuttgarter Anwaltskanzlei Wurster & Wirsing im folgenden

INTERVIEW.

nicht. Wo es solche Regelungen gibt, stellt sich die Frage, ob sie

auch durchgesetzt werden. Auch bei Feuerwerken sind mir lärm-

schützende Regelungen nicht bekannt. Wenn Wohngebäude

dicht am Ort des Feuerwerks liegen, dürfte dessen Veranstaltung

etwa nach den Maßstäben der Freizeitlärm-Richtlinie insbesonde-

re in der Zeit nach 22 Uhr unzulässig sein. Nach meiner Einschät-

zung bewegen sich hier viele Veranstalter auf rechtlich ausgespro-

chen dünnem Eis.

Welche Gesetze greifen bei Sportanlagen?

Für Sportanlagen gelten neben den zivilrechtlichen Vorschriften

(§ 1004 BGB i.V.m. § 906 BGB bzw. § 823 BGB) die Vorschriften

des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Die 18. BImSchV – die

„Sportanlagenlärmschutzverordnung“ – präzisiert die Anforde-

rungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes an immissions-

schutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Sportanlagen. Zu

diesen zählen sowohl Tennisanlagen wie auch alle Sport- und

Fußballplätze.

Schießstände gehören jedoch nicht dazu. Denn Schießstände im

Freien müssen immissionsschutzrechtlich genehmigt werden.

Schießstände sind daher anhand der TA Lärm (Technische Anlei-

tung zum Schutz gegen Lärm) zu beurteilen.

Auf welche Rechte können lärmgeplagte Bewohner

in Mietshäusern pochen?

Für Feste von Nachbarn, Alltagsbelästigungen im Mietshaus

durch laute Musik oder laute Maschinen gelten grundsätzlich die

Regelungen des zivilen Nachbarschaftsrechts. Danach kann auf

der Grundlage des § 1004 BGB Unterlassung der jeweiligen

Belästigung verlangt werden, wenn diese eine wesentliche Be-

einträchtigung im Sinne des § 906 BGB oder eine Beeinträchti-

gung der Gesundheit im Sinne des § 823 BGB darstellt. Wann

dies der Fall ist, bestimmt sich bei § 906 BGB anhand der ein-

schlägigen immissionsschutzrechtlichen Vorschriften einschließ-

lich der TA Lärm. Dieser Maßstab kann auch im Rahmen des

§ 823 BGB angewandt werden.(Foto: LfU)

39

Ein einheitliches Beurteilungssystem gibt es nicht. Überdies ist

immer wieder problematisch, inwieweit sich der Betroffene eine

Vorbelastung entgegenhalten lassen muss. Im Klartext: Wer

schon laut wohnt, soll noch zusätzlich neue Lärmquellen hinneh-

men. Die Erkenntnis, dass eine Vorbelastung ein Hinderungs-

grund für eine zusätzliche Belastung sein muss, setzt sich nur

langsam durch.

Wie können Privatleute gegen Lärm vorgehen?

Privatleute können zivilrechtliche Ansprüche etwa aus §§ 1004,

906 bzw. 823 BGB bei den Zivilgerichten geltend machen. Sie

können sich aber auch an die jeweilige untere Immissionsschutz-

behörde wenden. In Baden-Württemberg sind dies die Land-

ratsämter und die Bürgermeisterämter der Stadtkreise. Diese

müssen dann prüfen, ob sie auf der Grundlage des Bundes-

Immissionsschutzgesetzes gegen die jeweilige Störung vorgehen.

Der Gesamtlärm aus Straßenverkehr, Betrieben, Diskotheken etc.

kumuliert sich. Was können Menschen juristisch gegen eine Ge-

samtlärmbelastung unternehmen?

Gegen eine Gesamtlärmbelastung in der angesprochenen Form

kann der einzelne Bürger nichts unternehmen. Er kann lediglich

gegen solche Belastungen etwas unternehmen, die ihn zum

selben Zeitpunkt ggf. aus mehreren Lärmquellen treffen. Sofern

es sich bei diesen Lärmquellen um solche unterschiedlicher

Qualität wie etwa Straßenverkehr einerseits und Betriebslärm

andererseits handelt, ist eine Ermittlung und Bewertung der

Gesamtbelastung im Einzelfall sehr schwierig. Denn für beide

Lärmarten gelten völlig unterschiedliche Beurteilungsregeln.

PRIVATER LÄRM© LfU

(Foto: Ökonsult)

(Foto: Stadt Stuttgart)

LfU ©

Mit dem Freizeitlärm aufhörenPRIVATER LÄRM

40

Was den Lärm angeht, leben besonders Kinder und Jugendliche bei uns sehr gefährlich. Häufiger Diskobesuch und Dauer-

beschallung, aber auch Spielzeugkanone und Knallfrosch schaden ihrem Gehör.

Immer mehr Jugendliche, die noch nie in Lärmbereichen beruf-

lich tätig waren, hören schlechter. Als Ursache dieser insbesonde-

re bei arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen erhobenen

Befunde werden Schalleinwirkungen in der Freizeit vermutet.

DIE NUMMER EINS UNTER DEN LAUTEN FREIZEITBESCHÄFTI-

GUNGEN DER JUGENDLICHEN IST DAS MUSIKHÖREN

Laute Musik hören lässt sich zu Hause, in der Diskothek, unter-

wegs per Kopfhörer oder beim Rockkonzert. In Diskotheken

haben Schallpegelmessungen Mittelungspegel zwischen 92 und

111 dB(A) ergeben. Die Pegel steigen über die Nacht hinweg um

knapp zwei dB(A) pro Stunde an. Zunehmende Besucherzahlen

und eine größere Ausgelassenheit der Besucher, vor allem aber

die Kompensation der einsetzenden temporären Vertäubung

(TTS) dürften dabei eine Rolle spielen.

Genauso laut sind die Kopf- oder Ohrhörer, die in den Gehör-

gang eingesetzt werden (z. B. bei tragbaren Abspielgeräten). Sie

erreichen Maximalpegel bis zu 120 dB(A) und Mittelungspegel

bis 100 dB(A). Dies entspricht im oberen Bereich der Lärmbelas-

tung durch einen Presslufthammer und geht sogar noch darüber

hinaus. Kopfhörermusik wird von einem Teil der Hörer beson-

ders laut eingestellt, weil Lärm anderer Art, zum Beispiel Straßen-

verkehrslärm, damit völlig übertönt werden soll. Außerdem gibt

es bei Kopfhörern weniger Proteste von Eltern und Nachbarn als

beim Musikhören mit Lautsprechern. Nach längerem Hören er-

höhen viele Jugendliche die Lautstärke im Kopfhörer, um die

temporäre Vertäubung auszugleichen.

ROCKKONZERTE SIND KEIN HIT

Eine weitere gesundheitsgefährdende elektroakustische Lärm-

quelle sind Lautsprecher bei Musikgroßveranstaltungen, zum

Beispiel bei Open-Air-Konzerten. Die Mittelungspegel liegen in

verschiedenen Untersuchungen zwischen 101 und 107 dB(A). In

direkter Lautsprechernähe ist die Gefahr einer Gehörschädigung

am größten. Bei Entfernungsverdoppelung vom Lautsprecher

nimmt der Schallpegel je nach Größe der Lautsprecher um drei

bis sechs dB ab.

Während musikalische Lärmquellen überwiegend einen Dauer-

lärm und in geringerem Umfang einen Impulslärmanteil besitzen,

sind andere wichtige Knallereignisse in der Freizeit (Schießen,

Kinderpistolen, Knackfrosch, Silvesterknaller) reine Impulslärm-

quellen. Die schädigenden Lärmbelastungen durch Impulsschall-

ereignisse in der Freizeit stellen aus drei Gründen ein besonders

gravierendes Problem dar:

• Impulsschall ist gesundheitsgefährdender als Dauerschall.

• Wegen der Kurzeitigkeit der Schallpegel (zum Beispiel

Knalle) werden diese in ihrer tatsächlichen Lautstärke

subjektiv nicht so wahrgenommen, wie sie ihrem wirklichen

Spitzenpegel entsprechen.

SPIELZEUG ENTFERNUNG VOM OHR

2,5 CM 25 CM

Tröttrompete 116-117 dB(A) 100-104 dB(A)

Trompete klein 123 -125 100 -102

Einfachtrompete 109 -116 92 -100

Doppeltrompete 109 -124 92 -106

Indianertrompete 100 -110

Signalpfeife 118 -124 102 -108

Trillerpfeife 126 -128 112 -114

Schiedsrichterpfeife 127 -129 107 -109

Knackfrosch 128 -129 120 -121

Knackfiguren 134 -135 120 -122

SPIELZEUGWAFFEN

Pistole 130 -135 113 -121

Pistole mit Streifenmunition >135 >135

Pistole mit Knallplättchen >135 >135

Trommelrevolver mit Amorces >135 >135

Luftgewehr mit Luftkompression >135 130 -135

Geräuschentwicklung bei Spielzeug in dB(A); Messergebnisse an (zufällig) ausgewählten deutschen Spielwaren (Quelle: Europäisches Gremium CEN/TC5L: „Sicherheit von Spielzeugen“)

41

Der klinische Verdacht, dass es bei vielen jungen Menschen

schon mehr als einmal zu Gehör gefährdenden Situationen

gekommen ist, hat sich bei Befragungen indirekt bestätigt. So

hatten zwei Drittel von 1.814 deutschen jungen Männern schon

einmal „Ohrensausen“, „Ohrenpfeifen“ oder „taube Ohren“

(als Indiz einer vorübergehenden Hörschwellenverschiebung)

nach lauten Schallereignissen gehabt. Bei den meisten traten

die Beschwerden bereits mehrmals auf. Ebenso treten in audio-

metrischen Reihenuntersuchungen zur Hörfähigkeit junger

Menschen besorgniserregende Resultate zutage.

So wurden in derselben Untersuchung bei 24 Prozent der

untersuchten Probanden irreversible Hörverluste festgestellt,

wie sie typischerweise bei einer Gehörschädigung durch Lärm

auftreten. Bei der Analyse zeigte sich, dass durch häufigen

Diskothekenbesuch, laut eingestellte Abspielgeräte oder die

Verwendung von Knallkörpern das Gehörschädigungsrisiko

deutlich zunimmt.

• In der Freizeit wird die Gefährdung für das Hörvermögen in

der Regel nicht beachtet, da diese Knalle oft mit einem per-

sönlichen, positiven Erlebnis in Verbindung stehen: Kinder

mit Knackfröschen und Spielzeugwaffen, Jugendliche und

Erwachsene mit Knallkörpern und Feuerwerkswaffen, Jäger,

Schützen und Sportler mit Pistolen und Gewehren.

Zu den lautesten Sportarten gehört das Schießen. Schießlärm

erreicht Spitzenpegel bis 173 dB am Ohr des Schützen. Bei reprä-

sentativen Erhebungen spielt der Schießsport bei zwei bis zwölf

Prozent der Befragten eine große Rolle. Bei Jägern ist das Tragen

von persönlichem Lärmschutz im Gegensatz zu Sportschützen

nicht möglich, da sie das Wild ansonsten nicht orten können.

PISTOLEN UND TRÖTEN SIND NICHTS FÜR KINDER

Völlig unterschätzt wird bisher die Lautstärke von Kinderspiel-

zeug. Insbesondere Spielzeugwaffen erreichen Spitzenpegel von

mehr als 135 dB(A) in einem Meter Entfernung vom Ohr.

PRIVATER LÄRM© LfU

(Foto: Ökonsult)

LfU ©PRIVATER LÄRM

42

In der Freizeit insbesondere von Kindern und Jugendlichen

erworbene Gehörschäden sind nicht nur für die persönliche

Entfaltung im Privatleben bedeutsam, sondern können auch

negative Folgen für die spätere Berufswahl haben. Kaum ein

Beruf kommt ohne Telefon aus. Eine Reihe von „Traumberufen“

wie Pilot können ohne ein ausgezeichnetes Hörvermögen erst

gar nicht erlernt werden.

KEINE FREIZEIT FÜR DIE OHREN

Ausgelöst durch den Freizeitlärm kann es anfangs zu einer tem-

porären Hörminderung und/oder Tinnitus kommen. Erholt sich

das Ohr in einer Ruhephase nicht vollständig, droht der perma-

nente Hörverlust. Bei entsprechend starken Lärmereignissen ist

aber auch ein sofortiger permanenter Hörverlust möglich.

Wenn man die üblichen Schallpegel in Diskotheken und beim

Hören tragbarer Musikabspielgeräte zugrunde legt und diese nach

dem Prinzip der Energieäquivalenz mit der Besuchs- bzw. Benut-

zungshäufigkeit verknüpft, kommt man gemäß ISO Richtlinie

1999 zu folgender Abschätzung: Bei den gegebenen Musikhörge-

wohnheiten der 15-Jährigen ist nach zehn Jahren bei circa zehn

Prozent der Jugendlichen ein musikbedingter mittlerer Hörver-

lust von zehn dB oder mehr (bei drei kHz) zu erwarten. Hinzu

kommt bei 35-Jährigen im Mittel noch ein altersbedingter Hörver-

lust von zehn dB. Zusätzlich treten bei der Mehrheit der Disko-

besucher nach dem Besuch gelegentlich Ohrsymptome in Form

von Tinnitus oder temporärer Vertäubung auf. Noch häufiger als

bei den Zuhörern ist dies bei den Musikern der Fall.

HÖRSCHÄDEN SIND NICHT HEILBAR

Therapieverfahren zur kausalen Heilung einer lärminduzierten

Innenohrschwerhörigkeit mit und ohne Tinnitus gibt es nicht.

Ein permanenter Hörverlust ist irreversibel. Zur partiellen Reha-

bilitation mittel- und hochgradiger Hörverluste stehen externe

Hörgeräte sowie elektronische Hörimplantate zur Verfügung. Bei

an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit helfen darüber hinaus

nur noch Mundablesekurse und psychosoziale Reha-Maßnahmen.

Die genannten Maßnahmen machen deutlich, dass eine wirksame

Prävention aus medizinischen, gesundheitspolitischen, gesund-

heitsökonomischen sowie Jugendschutzgründen zwingend erfor-

derlich ist.

LAUTSTÄRKEBEGRENZUNGEN SIND EIN GEBOT

DER STUNDE

Das Umweltbundesamt und die Bundesärztekammer empfehlen

folgende Pegelbegrenzungen:

• In Diskotheken sollten die Dauerschallpegel auf 90-95 dB(A)

begrenzt werden, bezogen auf den lautesten Bereich der Ver-

anstaltungsorte gemäß DIN 15905 Teil 5 (Tontechnik in

Theatern und Mehrzweckhallen, Maßnahmen zum Vermei-

den einer Gehörgefährdung des Publikums durch hohe

Schalldruckpegel bei Lautsprecherwiedergaben). Diese For-

derungen sollte das Jugend- oder Ordnungsamt in Diskos

und bei anderen öffentlichen Veranstaltungen mit entspre-

chenden Auflagen nach § 7 des neuen Jugendschutzgesetzes

anordnen.

• Für tragbare Musikwiedergabegeräte und andere Geräte mit

Kopfhörern sollten die Dauerschallpegel maximal 90 dB(A)

betragen, gemäß Empfehlung des Ad-hoc-Arbeitskreises

„Begrenzung des Schalldruckpegels bei Verwendung von

Kopfhörern“ der Deutschen Elektrotechnischen Kommission

im DIN und VDE.

• Für lärmgebende Spielzeuge und andere Geräte mit Kopf-

hörern bei Kindern unter 14 Jahren sollten die Dauerschall-

pegel auf 80 dB(A) begrenzt werden auf der Grundlage der

internationalen Spielzeugnormung nach CEN TC 52/WG3

(Sicherheit von Spielzeug / lärmgebende Spielzeuge).

(Foto: Stadt Stuttgart)

© LfU

43

MEHR AUFKLÄRUNG TUT NOT

Um freizeitbedingten Gehörgefährdungen von Jugendlichen und

Kindern entgegenzutreten, bietet sich Prävention durch Auf-

klärung an. Arzt, Schule, Jugend- oder Sozialarbeiter, aber auch

die Medien müssen die (meist jugendlichen) Musikexponierten

über die Gefahren für ihr Hörvermögen und den sinnvollen Um-

gang mit Freizeitlärm aufklären. Erste Ansätze dazu gibt es bereits.

Beispielsweise hat das Landesgesundheitsamt Baden-Württem-

berg (LGA) im Jahr 2000 das Projekt „Freizeitlärm im Innenraum

PRIVATER LÄRM

– aufgehört“ durchgeführt. Dabei wandten sich die Gesund-

heitsämter in 15 Stadt- und Landkreisen mit professionell vorbe-

reiteten Aktionen an Jugendliche in den Schulen. Das LGA koor-

dinierte und unterstützte die Gesundheitsämter mit einen Lärm-

Infobus, Informationsmaterial, Info-Koffer „Tipps & Tools“ und

Fortbildungsveranstaltungen. Die Wanderausstellung des Sozial-

ministeriums Baden-Württemberg „Hä? Hörgewohnheiten

ändern“ mit den Entwürfen des Schülerwettbewerbs war Teil der

Aktion und unterstützte deren Breitenwirkung. Das Projekt ist

bei Jugendlichen, Schulen und Presse gut angekommen und wird

fortgeführt.

Auf akustische und visuelle Information setzt der LärmPunkt,

der multimediale Informationsstand der LfU zum Thema Lärm.

Diese kompakte Klein-Ausstellung verfügt über vier PC-gestütz-

te interaktive Bedienplätze mit Monitor, Maus und Kopfhörern.

Reale Geräuschbeispiele und kurze Filme machen das Thema für

Jung und Alt erlebbar. Mehr Informationen zum LärmPunkt bei

der LfU, Referat 33, Tel.: 0721-983 22 54, [email protected].

Prozentsatz Stunden/Woche Monate im Leben

Diskobesuch 79,7 6,2 30,6

Musik laut hören 71,9 11,4 44,3

Musik machen 7,5 9,7 49,2

Motorrad, Moped 21,5 8,3 20,3

Sonstiger Motorsport 2,5 9,5 12,8

Schießsport 2,0 3,7 16,3

Sonstiges 2,6 7,4 40,2

Laute Freizeitbeschäftigungen 18- bis 19-Jähriger (Quelle: Prof. Zenner et al.)

Info-Stand „LärmPunkt“ der Landesanstalt für Umweltschutz (Foto: LfU)

LfU ©

Rechtliche Vorgaben

Die Lärmminderungsplanung

KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ

44

Die Lärmminderungsplanung ist durch § 47a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes geregelt. Danach sind Städte und

Gemeinden verpflichtet, Lärmminderungspläne aufzustellen, wenn in Wohn- oder anderen schutzwürdigen Gebieten

nicht nur vorübergehend schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche hervorgerufen werden oder zu erwarten sind.

Aufgabe der Lärmminderungsplanung ist es, zunächst eine Ein-

schätzung darüber abzugeben, ob eine lärmbedingte Konfliktsi-

tuation besteht (Vorprüfung). Wenn dies der Fall ist, wird die Ge-

räuschbelastung systematisch festgestellt (Lärmanalyse). Im An-

schluss wird ein Programm zur zielgerichteten Verminderung der

Lärmbelastung der Bevölkerung erstellt. Dieses soll die koordi-

nierte Durchführung von Maßnahmen ermöglichen, die zur Auf-

lösung der Konflikte erforderlich sind (Lärmminderungsplanung).

LÄRMANALYSE

Die flächenhafte Darstellung der Lärmbelastung in einer Ge-

meinde wird Schallimmissionsplan genannt. Er wird durch den

Empfindlichkeitsplan unterlegt, der den Gebietsausweisungen

(etwa Wohn-, Misch- oder Gewerbenutzung) unterschieden nach

Lärmquellen bestimmte Richtwerte zuordnet.

Zieht man von den im Schallimmissionsplan ausgewiesenen

Pegeln die im Immissionsempfindlichkeitsplan angegebenen

Richtwerte ab, erhält man einen Plan mit Richtwertüberschrei-

tungen, den Konfliktplan. Dieser ist also eine Differenzpegelkar-

te, die angibt, um wie viel dB(A) die nutzungsabhängigen Richt-

werte über- oder unterschritten sind. Konfliktpläne kennzeich-

nen dabei im Untersuchungsgebiet die Bereiche, in denen Über-

schreitungen der Richtwerte vorliegen, oder wo bei verschieden-

artigen Lärmquellen für mindestens zwei Lärmarten die Richtwer-

te um jeweils nicht mehr als fünf dB(A) unterschritten sind. Für

diese Gebiete sind von der Gemeinde Lärmminderungsmaßnah-

men zu planen.

Für die Beurteilung der Wirksamkeit späterer Maßnahmen der

Planung ist es sinnvoll zu wissen, ob Einwohner entlastet oder gar

neu belastet werden. Daher sollte der Konfliktplan durch Betrof-

fenheitsuntersuchungen konkretisiert werden. Mit Hilfe solcher

Untersuchungen können auch Prioritätensetzungen erfolgen, die

die Erforderlichkeit von Lärmminderungsmaßnahmen in eine

Rangfolge bringen. Erst die Koppelung des Konfliktplans mit den

Ergebnissen der Betroffenheitsuntersuchungen hilft Stadt- und

Verkehrsplanern zu entscheiden, wo die Lärmminderungsplanung

am sinnvollsten und effektivsten einzusetzen ist.

LÄRMMINDERUNGSPLAN

Der Lärmminderungsplan ist das Resultat aller Untersuchungen

über die Möglichkeiten, die Durchsetzbarkeit, die Kosten sowie

die Wirksamkeit von Lärmminderungsmaßnahmen. Er soll die

einzelnen Schallschutzmaßnahmen mit den dazugehörigen

Rechtsgrundlagen und die Stellen aufführen, die für ihre Umset-

zung zuständig sind. Zudem soll er die zeitliche Abwicklung

Exemplarischer Schallimmissionsplan (Quelle: Lärmkontor)

45

beschreiben und eine Abschätzung der zu erwartenden Lärment-

lastung enthalten. Hierzu sollen im Lärmminderungsplan Anga-

ben über die technischen, baulichen, gestalterischen, verkehrli-

chen und organisatorischen Maßnahmen gemacht werden, die

schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche beseitigen hel-

fen oder bei zu erwartenden Belastungen deren Entstehen ver-

hindern können.

Insbesondere ist darauf zu achten, dass durch Lärmminderungs-

maßnahmen in einem Bereich keine Erhöhungen der Geräusch-

KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ© LfU

Exemplarischer Konfliktplan (Quelle: Lärmkontor)

belastung in anderen Bereichen auftreten. Unterhalb der Grenze

der schädlichen Umwelteinwirkungen sind etwa bei der Verlage-

rung von Lärmquellen zusätzliche Belastungen nur dann zu tole-

rieren, wenn dem eine wesentliche Entlastung in anderen

schutzwürdigen Gebieten gegenübersteht.

Planungsvarianten sind zu prüfen und in die Abwägung einzu-

beziehen, wenn ein Minderungserfolg in einem absehbaren

Zeitraum erwartet werden kann. Schallimmissionspläne und

Betroffenheitsuntersuchungen sollen hierbei als Planungs- und

Informationssysteme sowie als Entscheidungsgrundlagen für

umweltverträgliche und kostengünstige Lösungen dienen. Hier-

bei ist sowohl groß- wie auch kleinräumig die Zuordnung von

Gewerbe und Wohnen sowie die Ordnung des Verkehrs und der

Freizeitaktivitäten in die Prüfung einzubeziehen, wenn durch ein

abgestimmtes Vorgehen Verbesserungen zu erreichen sind. Auch

ist darauf zu achten, dass durch Auslagerung von Emittenten

(etwa Gewerbebetriebe) oder die Verlagerung von Verkehr (etwa

auf Umgehungsstraßen) keine neuen Konfliktgebiete entstehen.

FAZIT

Planungen und Maßnahmen zur Lärmminderung können zeit-

und kostenaufwändig sein. Ihre Umsetzung erfordert klare Ar-

gumente, insbesondere für das Setzen von Prioritäten. Schallim-

missions- und Konfliktpläne liefern hierzu einen ersten gesamt-

städtischen Überblick, können jedoch dem „Faktor Mensch“

noch kein ausreichendes Gewicht geben. Erst Angaben zur Zahl

der betroffenen Einwohner und zu ihrer Betroffenheit ermögli-

chen den Vergleich vorgeschlagener Maßnahmenpakete anhand

„harter Fakten“.

LfU ©

Rechtliche Vorgaben

Die EU-Umgebungslärmrichtlinie

KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ

46

Die „Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und Bekämpfung von Umge-

bungslärm“ (kurz: Umgebungslärmrichtlinie) trat am 18. Juli 2002 in Kraft. Damit hat die Europäische Gemeinschaft den

ersten Schritt hin zu einer umfassenden rechtlichen Regelung der Geräuschimmissionen in der Umwelt getan.

Den Anstoß für die Richtlinie gab die Europäische Kommission

1996 mit ihrem Grünbuch „Künftige Lärmschutzpolitik“. In die-

sem Grünbuch schlug sie ein neues Konzept zur Bekämpfung des

Lärms in der Umwelt vor, das neben der herkömmlichen Lärm-

bekämpfungsstrategie und der Festlegung von Emissionsgrenz-

werten für Produkte auch europaweit harmonisierte Regelungen

zur Geräuschimmission umfasste.

WESENTLICHE INHALTE DER UMGEBUNGSLÄRMRICHTLINIE

Die Umgebungslärmrichtlinie befasst sich mit den Geräuschen

des Straßen-, Schienen- und Flugverkehrs sowie denen der In-

dustriegebiete in Ballungsräumen.

Die Ermittlung der Umgebungslärmbelastung soll anhand EU-

einheitlicher Methoden erfolgen (Umgebungslärmrichtlinie,

Anhang II), die sich zur Zeit noch in der Entwicklung befinden.

Für EU-Mitgliedsstaaten, die bisher nicht über offiziell eingeführ-

te Ermittlungsverfahren verfügen, hat die Europäische Kommissi-

on so genannte Interimsverfahren festzulegen. Mitgliedsstaaten

wie z. B. Deutschland, die bereits offizielle Methoden anwenden,

müssen diese so modifizieren, dass sie den Anforderungen der

Umgebungslärmrichtlinie entsprechen.

Die Geräuschbelastung ist in Form von strategischen Lärmkarten

(Anhang IV) mit EU-einheitlichen Lärmindizes (Anhang I) darzu-

stellen. Lnight ist dabei der über die Nacht, Lden der über den gesam-

ten 24-stündigen Tag mit Gewichtssummanden von fünf dB(A)

für die vierstündige Abendzeit und zehn dB(A) für die achtstün-

dige Nachtzeit gemittelte Schalldruckpegel.

Die Öffentlichkeit ist über den Umgebungslärm und seine Aus-

wirkungen in auch für Laien verständlicher Weise zu informieren.

Aktionspläne, welche Lärmminderungsplänen nach § 47a Bun-

des-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) nahe kommen, sind

unter Beteiligung der Öffentlichkeit auf Basis der strategischen

Lärmkarten zu erstellen (Anhang V).

Lärmkarten und Aktionspläne sind mindestens alle fünf Jahre zu

überprüfen und bei Bedarf zu aktualisieren. Benachbarte Mit-

gliedsstaaten arbeiten bei der Erstellung von strategischen Lärm-

karten und Aktionsplänen für die Grenzgebiete zusammen. Die

EU-Umgebungslärmrichtlinie ist bis zum 18. Juli 2004 in deut-

sches Recht umzusetzen. Jeweils sechs Monate nach den in der

folgenden Tabelle genannten Zeitpunkten sind der Europä-

ischen Kommission die in Anlage VI genannten Daten über die

Lärmbelastung in Deutschland zu übermitteln.

BEDEUTUNG FÜR STÄDTE UND GEMEINDEN

Nach dem derzeitigen Stand werden zumindest Städte mit mehr

als 250.000 bzw. 100.000 Einwohnern (Phase 1 bzw. 2) Lärmkarten

erstellen und Aktionspläne unter Beteiligung der Öffentlichkeit

entwickeln sowie entsprechende Daten zur Belastung der Bevöl-

kerung durch Umgebungslärm verfügbar machen müssen.

Auch kleinere Kommunen trifft die Umgebungslärmrichtlinie,

wenn sie etwa Straßen in ihrer Baulast haben, auf denen mehr als

sechs bzw. drei Millionen Kfz/Jahr (Phase 1 bzw. 2) verkehren.

Diese sind zu kartieren und bei Konflikten mit Aktionsplänen (Foto: Stadt Stuttgart)

47

men der Bauleitplanung andere Indizes herangezogen werden als

bei der Lärmkartierung und der Aktionsplanung nach der Umge-

bungslärmrichtlinie.

Darüber hinaus wird zur Zeit die Verbindlichkeit von Lärmkarten

und Aktionsplänen für die kommunale Planung diskutiert. Es ist

davon auszugehen, dass beide Instrumente zumindest mit ent-

sprechendem Gewicht in Planungsüberlegungen einzubeziehen

sind. Zudem wird überlegt, ob es „Sanktionen“ für Kommunen

geben kann, die den Verpflichtungen der Umgebungslärmricht-

linie nicht nachkommen.

FAZIT

Die EU-Umgebungslärmrichtlinie konkretisiert die Anforderun-

gen an die Lärmminderungsplanung (derzeit nach § 47a BImSchG)

insbesondere durch Terminvorgaben.

Für die Bauleitplanung, die Planfeststellung sowie die Objektge-

nehmigung ergeben sich aus der Umsetzung der Umgebungslärm-

richtlinie in nationales Recht voraussichtlich keine einschneiden-

den Veränderungen.

auszustatten. Auch für diese Quellen sind entsprechende Daten

an die Kommission zu liefern.

Für Bauleitplanungs- und Planfeststellungsverfahren, aber auch

für Genehmigungsverfahren (etwa von Anlagen) greift die EU-

Umgebungslärmrichtlinie nicht. Schwierig dürfte es werden, der

Öffentlichkeit überzeugend zu verdeutlichen, dass etwa im Rah-

KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ© LfU

Termine der Umgebungslärmrichtlinie für die Erarbeitung von Lärm-karten und Aktionsplänen (Quelle: Lärmkontor)

(Foto: Stadt Stuttgart)

Untersuchungs- Phase Lärmkarten Aktionspläne

bereich bis bis

Ballungsräume> 250.000 Einwohner

Hauptverkehrsstraßen> 6 Mio. Fahrzeuge/ Jahr

Haupteisenbahnstrecken 1 30.06.2007 18.07.2008> 60.000 Züge/ Jahr

Großflughäfen> 50.000 Bewegungen/ Jahr

Ballungsräume> 100.000 Einwohner

Hauptverkehrsstraßen 2 30.06.2012 18.07.2013> 3 Mio. Fahrzeuge/ Jahr

Haupteisenbahnstrecken> 30.000 Züge/ Jahr

LfU ©

48

Der Stadtbezirk Vaihingen erschien aus mehreren Gründen für

das Pilotprojekt besonders geeignet: Zum einen bietet der

Südwesten Stuttgarts eine gute Datengrundlage, um die Lärm-

belastung zu errechnen. Zum anderen bildet dieser Stadtbezirk

eine räumlich relativ geschlossene Einheit, in der sämtliche Arten

von Lärmquellen vorkommen: Autobahnen, Bundesstraßen,

städtische Hauptverkehrsstraßen, Stadtbahnen, Eisenbahnen,

Gewerbebetriebe, Sport- und Freizeitanlagen.

Die Schallimmissionspläne zeigen, dass in Stuttgart-Vaihingen der

Straßenverkehr die vorherrschende Lärmquelle ist. Stadtbahn,

Gewerbebetriebe, Sport- und Freizeitanlagen verursachen allen-

falls in unmittelbarer Nachbarschaft Konflikte (das heißt: Über-

schreitung der Richtwerte). Meist wird dieser Lärm jedoch vom

Straßenverkehrslärm überlagert. Der Schienenverkehr erzeugt

Konflikte entlang der Gäubahnlinie, die sich jedoch weitgehend

auf die erste Häuserreihe beschränken. Die höchsten Lärmbelas-

tungen treten an den beiden Hauptverkehrsachsen in Vaihingen

auf. Weiter klagen die Anwohner der anderen Hauptverkehrs-

straßen und einiger Wohnstraßen in Tempo-30-Zonen über zu

viel Krach.

Hohe Lärmbelastungen gehen auch von den Autobahnen A 8

und A 831 sowie der Bundesstraße 14 aus. An den betroffenen

Wohngebäuden werden trotz größerer Entfernung und teilweise

umfangreichen Lärmschutzbauwerken ähnlich hohe Pegel wie an

den innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen erreicht.

GEMEINSAM MASSNAHMEN ENTWICKELN

Die Maßnahmenplanung konzentriert sich auf die Hauptlärm-

quelle Straßenverkehr. Um die Betroffenen zu beteiligen, wurde

ein Runder Tisch mit neutraler Moderation eingerichtet. Daran

Aus der Praxis

Lärmminderungsplan Stuttgart

KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ

Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart beschloss 1996, zunächst für den Stadtbezirk Vaihingen einen Lärm-

minderungsplan nach § 47a BImSchG aufzustellen. In diesem Pilotprojekt sollten methodische Erfahrungen für die Erstel-

lung von Lärmminderungsplänen gesammelt werden.

haben unter anderem Bürgervereine sowie Handels- und Wirt-

schaftsverbände aus Vaihingen teilgenommen. Der Runde Tisch

hat ein umfassendes Maßnahmenkonzept zur Lärmminderung

erarbeitet und in einem Ergebnisbericht veröffentlicht. Die Ver-

waltung hat die Vorschläge des Runden Tisches auf ihre Wirk-

samkeit und Durchführbarkeit geprüft und bei positivem Ergeb-

nis in den Lärmminderungsplan aufgenommen.

Die Maßnahmen werden in kurz- und mittelfristige Maßnahmen

und langfristige Optionen unterschieden. Die wichtigste, weil

wirksamste Lärmminderungsmaßnahme ist das flächendeckende

Fahrverbot für Lkw über 3,5 t in Vaihingen. Anlieger sind vom

Verbot ausgenommen.

Als weitere kurz- und mittelfristige Maßnahmen sind unter ande-

rem vorgesehen: Pförtnerampeln, Fahrbahnverengungen, Kreis-

verkehre, Geschwindigkeitsbeschränkungen, Lärmschutzwände,

Verbesserung des Fahrbahnbelags und des ÖPNV. Als langfristige

Option kommen vor allem Fahrbahnüberdeckelungen in Be-

tracht.

(Foto: Stadt Stuttgart)

49

STUTTGARTER EMPFEHLUNGEN

Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist unbedingt zu empfehlen.

Dadurch erfährt die Verwaltung, welche Maßnahmen gewünscht,

akzeptiert oder abgelehnt werden. Wenn ein runder Tisch unter

Beteiligung aller relevanten Interessengruppen ein Maßnahmen-

konzept erarbeitet hat, erhöht das die Akzeptanz bzw. den Druck

bei den zuständigen Handlungsträgern, diese Maßnahmen auch

umzusetzen. Daneben bedarf es ständiger Aufklärung der Bürger

darüber, welche Verbindlichkeit der Lärmminderungsplan hat.

Wichtig ist auch, zuständige Handlungsträger außerhalb der

Stadtverwaltung (zum Beispiel Bundes- und Landesbehörden,

Deutsche Bahn AG) bei der Lärmminderungsplanung frühzeitig

mit einzubeziehen.

Um die öffentlichen Haushalte nicht zu sehr zu strapazieren,

könnte der Lärmminderungsplan zwischen verbindlich umzu-

setzenden kurzfristigen Maßnahmen einerseits und langfristigen

Optionen andererseits unterscheiden. Eine regelmäßige Erfolgs-

kontrolle, zum Beispiel nach fünf Jahren, prüft die Umsetzung.

Während die verkehrsregelnden Maßnahmen, für die die Voraus-

setzungen nach § 45 StVO vorliegen müssen, meist nur zu relativ

geringen Lärmminderungen führen (i.d.R. bis drei dB(A), in Aus-

nahmefällen bis sechs dB(A)), können Lärmschutzbauwerke ein

hohes Lärmminderungspotenzial entfalten (zum Teil über

zehn dB(A)).

Zur Umsetzung von Lärmminderungsmaßnahmen bedarf es

entsprechender Beschlüsse der zuständigen Stellen (Behörden,

Gemeinderat), wobei in diesem Zusammenhang auch über die

Finanzierung zu entscheiden ist. Der Bürger hat aufgrund der

nur verwaltungsinternen Wirkung des Lärmminderungsplans

keinen Rechtsanspruch auf Realisierung bestimmter Maß-

nahmen. Die Stadt Stuttgart stellt sukzessive für das ganze Stadt-

gebiet einen Lärmminderungsplan auf. Für den Stadtbezirk

Zuffenhausen wurde der Lärmminderungsplan im Sommer

2003 fertig gestellt, für Bad Cannstatt sind die Arbeiten im

Gange.

KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ© LfU

(Foto: Stadt Stuttgart)

LfU ©KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ

50

Eine regionale Lärmminderungsplanung hat die Aufgabe, regional

verursachten, aber lokal wirkenden Lärm zu vermeiden und zu

vermindern. Daher werden besonders Lärmquellen betrachtet,

die eine Kommune nicht selbst beeinflussen kann. Diese sind im

Untersuchungsgebiet Flug-, Straßen- und Schienenlärm. Dagegen

belastet Gewerbe-, Sport- und Freizeitlärm in der Regel lokal,

kann dort aber auch beeinflusst werden.

Der Untersuchungsraum mit ca. 230.000 Einwohnern beinhaltet

die südlichen Stadtbezirke Stuttgarts, Teilgebiete der Stadt Ostfil-

dern, den Bereich Esslingen-Berkheim sowie die Gebiete von

Denkendorf, Neuhausen, Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen

und Steinenbronn.

Aus der Praxis

Lärmminderungsplanung FilderViele Lärmquellen können nur Gemeinde übergreifend wirkungsvoll reduziert werden. Deshalb haben das Ministerium

für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg und die Fildergemeinden eine regionale Lärmminderungsplanung in einem

Modellprojekt durchgeführt.

LÄRMANALYSEN

Grundlage für die Lärmminderungsplanung ist die summarische

Betrachtung der Auswirkungen aller regionalen Lärmquellen.

Die aktuelle Lärmbelastung wurde zunächst durch Berechnung

mit Hilfe von Computermodellen und durch Messungen an ins-

gesamt rund 60 Messorten ermittelt. In einem weiteren Schritt

berücksichtigte man künftige Planungen im Untersuchungsgebiet

und deren Auswirkungen auf die Lärmbelastung.

Die Lärmanalysen zeigen, dass großflächige Konfliktgebiete über-

all dort vorhanden sind, wo mehrere Immissionsbeiträge aus den

Einzelquellen Autobahn A 8 (A 831), Bundesstraße 27 und Flug-

hafen Stuttgart zusammenwirken. Der Schienenverkehr ist

Abgrenzung des Untersuchungsgebiets (Quelle: Accon GmbH)

51

Maßnahmen zur Lärmminderung abgeleitet. Die möglichen Maß-

nahmen lassen sich in folgende Bereiche zusammenfassen:

• Straßenverkehr: Geschwindigkeitsbegrenzungen, Lärm-

schutzwände, lärmmindernde Fahrbahnbeläge, Führung des

Lkw-Verkehrs, Lärmschutzfenster für Betroffene

• Flugverkehr: Schallschutzfenster plus Lüfter, verstärkter

Einsatz lärmarmer Flugzeuge

Die Ergebnisse der hier vorliegenden Lärmminderungsplanung

Filder sollen zeigen, welcher bauliche und planerische Aufwand

in Zukunft erforderlich sein dürfte, um das heutige Lärmniveau

zu verbessern. Für den Fall der Umsetzung wurde für jede einzel-

ne vorgeschlagene „regionale“ Minderungsmaßnahme eine

Prognose der zu erwartenden Veränderungen der Lärmbetroffen-

heiten im Untersuchungsgebiet erarbeitet.

UMSETZUNG OHNE RECHTSANSPRUCH

Die erfolgreiche Umsetzung einer solchen Planung setzt bei allen

Beteiligten – nicht zuletzt wegen der flächenhaften und gebiets-

bezogenen Wirksamkeit und Bedeutung dieser Maßnahmen –

konstruktive Dialogbereitschaft voraus. Insbesondere die Kosten-

frage erfordert ein hohes Maß an Übereinstimmung der Beteilig-

ten bei der Maßnahmenumsetzung. Vor allem bei der Berücksich-

tigung der Gesamtlärmbelastung besteht gesetzlich bisher keine

Möglichkeit, dem Verursacherprinzip entsprechende rechtsver-

pflichtende Titel, beispielsweise gegenüber den jeweiligen Bau-

lastträgern, einzufordern. Dennoch haben Land, Flughafen AG

und Gemeinden sich verpflichtet, in den nächsten fünf Jahren

erhebliche Mittel für Lärmschutzmaßnahmen bereitzustellen.

Als erste lärmmindernde Maßnahmen wurden bereits im Jahr

2002 Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der A 8 und der B 27

angeordnet, allerdings im Wesentlichen aus Gründen der Ver-

kehrssicherheit gemäß § 45 StVO. Darüber hinaus erhalten der

Sulzbachviadukt und die Talbrücke Denkendorf im Jahr 2003

einen besseren Schallschutz. Aber auch der passive Lärmschutz

wird bereits gefördert: So können Betroffene an hoch belasteten

Innerortsstraßen für den Einbau von Schallschutzfenstern 40 Pro-

zent Zuschuss bekommen, im inneren Bereich hoher Fluglärmbe-

lastung sogar 100 Prozent.

Jeder weitere Verkehrswegeausbau und jede weitere Ausweisung

von Wohnbauflächen sollte unter Berücksichtigung der voraus-

sichtlich weiter zunehmenden Gesamtlärmbelastung erfolgen.

sowohl heute als auch in Zukunft aus schalltechnischer Sicht von

untergeordneter Bedeutung, auch wenn aufgrund der mit dem

Projekt Stuttgart 21 verbundenen geänderten Streckenführung für

räumlich begrenzte Bereiche in Leinfelden-Echterdingen Mehr-

belastungen auftreten.

Aufgrund der Analyse wurde als Zielplanung vorgegeben, in den

ausgewiesenen Konfliktflächen die Immissionsanteile der Quelle

„A 8“ um 4,5 dB(A) und der Quellen „B 27“ und „Flughafen“

jeweils um drei dB(A) zu senken. Eine zentrale Aufgabe der Maß-

nahmenplanung ist folglich die Reduzierung der Lärmbelastung

aus den überregionalen Verkehrslärmquellen unter Berücksichti-

gung von Kosten und Wirksamkeit jeder einzelnen Maßnahme.

Zusätzlich werden beispielhaft in einem zweiten Schritt die

Minderungspotenziale für die regionalen bzw. innerörtlichen

Hauptstraßen („Konfliktbänder“) aufgezeigt.

LEISERE FLIEGER UND LANGSAMERE AUTOS

Die Ergebnisse der Lärmanalyse waren Grundlage für eine Betrof-

fenheitsanalyse, in die neben der Höhe der Lärmbelastung auch

die Anzahl der betroffenen Personen einging. Daraus wurden

KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ© LfU

Messstation (Quelle: Accon GmbH)

LfU ©KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ

52

Das Modellprojekt in Ravensburg geht auf einen Forschungs-

wettbewerb „Lärm“ des Stuttgarter Umweltministeriums von

1998 zurück. Sieger des Wettbewerbs wurde das Münchener

Ingenieurbüro Accon GmbH, das gemeinsam mit der Stadt

Ravensburg ein Lärminformationssystem (LIS) aufbaute und in

den berührten Ämtern der Stadt integrierte. Das Vorhaben

ermöglichte erstmalig eine vernetzte Lärmminderungsplanung

auf allen Ebenen einer Kommune.

Durch Vernetzung des LIS vor allem mit der Datenbank eines

Geo-Informationssystems wurde die Erstellung von stets aktuel-

len Schallimmissionsplänen realisiert. Die in einem beliebigen

Stadtteil vorhandene Lärmbelastung kann nun mit LIS als Lärm-

karte jederzeit kurzfristig dargestellt und in dieser verständlichen

Form zur fachlichen und politischen Entscheidungsfindung ge-

nutzt werden. Künftige Planungen können damit unter Berück-

sichtigung der herrschenden Lärmsituation und eventuell vorge-

gebener Umweltqualitätsziele erfolgen.

Aus der Praxis

Lärminformationssystem RavensburgSchallimmissions- und Lärmminderungspläne – so wird häufig kritisiert – stellen eine „Einmal-Information“ dar,

die schnell veraltet und nicht an allen Stellen verfügbar ist. Die Antwort darauf ist ein Lärminformationssystem (LIS) wie

beim Modellprojekt in Ravensburg. Darüber hinaus hilft das LIS, Lärm bereits in der Planung zu vermeiden und zu

verringern.

AUF ANDERE KOMMUNEN ÜBERTRAGBAR

Insgesamt 19 weitere Kommunen haben die Übertragbarkeit der im

Ravensburger Modellprojekt angewandten Vorgehensweise geprüft.

Gespräche mit Vertretern von Umwelt-, Stadtplanungs- und Tief-

bauämtern lassen erkennen, dass überall mit dem Aufbau einer

geeigneten Umweltdatenbank begonnen werden kann. Auch aus

ökonomischer Sicht ist ein funktionierendes LIS anzustreben. Schall-

technische Gutachten können aufgrund der bereits vorhandenen

Datenbasis zielgenauer und mit wesentlich geringerem Erhebungs-

aufwand erstellt werden. Jedem Gutachter kann ein Ausschnitt aus

der Stadtdatei ohne neue Kosten in einem für ihn verarbeitbaren

Format übergeben werden.

Das LIS kann bei zahlreichen städtischen Planungen eingesetzt

werden. So prüft künftig das Ravensburger Bauordnungsamt bei

Wohnungsbauanträgen die Lärmbelastung und erteilt gegebenen-

falls Auflagen. Auch im Tiefbauamt kann die Lärmsituation bei

allen Verkehrsplanungen berücksichtigt werden.

Beurteilungspegelkarte Straßenlärm Ravensburg (Ausschnitt; Quelle: Accon GmbH)

© LfU

53

KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ

Der 1994 verabschiedete Verkehrsentwicklungsplan übernimmt

weitgehend die Empfehlungen des Verkehrsforums zur Verkehrs-

vermeidung und Förderung des ÖPNV. Bei Umsetzung aller Maß-

nahmen könnte der motoriserte Individualverkehr in der gesam-

ten Stadt um ca. zehn Prozent gegenüber dem Stand 1988 redu-

ziert werden, so dass weiterer Handlungsbedarf für die Lärmmin-

derungsplanung bestand. Erste Maßnahme war die Erstellung

eines Schallimmissionsplans (SIP) für Heidelberg, der 1998 vorge-

legt wurde. Damit war Heidelberg nach Biberach und Schwetzin-

gen die dritte Stadt in Baden-Württemberg, die einen das gesam-

te Stadtgebiet umfassenden SIP erstellen ließ.

Als Ergebnisse des SIP lassen sich folgende Aussagen festhalten:

Wichtigste Lärmquelle ist mit Abstand der Straßenverkehr. An

allen Hauptverkehrsstraßen werden tags Überschreitungen der

Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung von fünf bis neun

dB(A) registriert; ab einem durchschnittlichen Tagesverkehrsauf-

kommen (DTV) von 20.000 Kfz sind es bei beidseitiger Bebau-

Aus der Praxis

Lärmminderungsplanung HeidelbergBereits 1991 war die Lärmbelastung in Heidelberg Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Das „Verkehrsforum Heidelberg“,

ein Arbeitskreis von Fachleuten und engagierten Bürgerinnen und Bürgern, schlug vor, bis zum Jahr 2000 die Orientierungs-

werte der DIN 18005 flächendeckend einzuhalten. Als wichtigste Lärmquelle wurde der Straßenverkehr genannt.

ung meist mehr als zehn dB(A). Etwa jeder dritte Heidelberger ist

nachts an seinem Wohnort von einer Überschreitung der Grenz-

werte betroffen, im zentralen Stadtteil Bergheim, der am stärksten

belastet ist, sogar mehr als 80 Prozent der Wohnbevölkerung.

STÄDTISCHE LÄRMMINDERUNGS-AG

Die nachfolgenden Lärmminderungskonzepte ergaben folgendes

Bild: Das städteplanerische Potenzial zur Lärmminderungspla-

nung ist bereits in einigen Bereichen nahezu ausgeschöpft. Ver-

tretbare Lärmminderungspotenziale gibt es laut Gutachter ledig-

lich durch Geschwindigkeits- und Verkehrsmengenreduzierung.

Die 100 Straßenabschnitte mit höchster Priorität liegen an den

großen Straßenachsen der Bundesstraße 3 sowie der ebenfalls

Nord-Süd-verlaufenden Berliner Straße. Auf der B 3 müsste der

Verkehr rechnerisch bei Tempo 30 um bis zu 90 Prozent reduziert

werden, um die optimale Zielsituation zu erreichen – also zirka

2.000 Kfz statt 20.000.

Auf dieser Datengrundlage erarbeitete eine städtische Lärmmin-

derungs-AG Ende 2002 einen zweistufigen Lärmminderungsplan.

Danach werden in einem ersten Schritt die grundsätzlichen Mög-

lichkeiten der Lärmvorsorge in der Bauleitplanung und in sonsti-

gen städtebaulichen Planungen sowie die Möglichkeiten zur

Sicherung und Schaffung von Ruhezonen dargestellt. In einem

zweiten Schritt werden Schwerpunkte der Lärmminderung zu-

sammengestellt. Hierzu sind jedoch auch Wirkungsberechnungen

durchzuführen, so dass Ergebnisse frühestens 2004 vorliegen und

als Gemeinderatsvorlage

präsentiert werden können.

Schallimmissionsplan: Straßenverkehrs tagsüber (Quelle: Stadt Heidelberg)Lärmbrennpunkt Rohrbacher Straße

(Foto: Stadt Heidelberg)

LfU ©KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ

54

An herkömmlichen Straßenkreuzungen stockt der Verkehrsfluss.

Mehrere Verkehrsströme treffen dort bei rasch wechselnder Ver-

kehrsstärke zusammen. Wenn die Ampel auf „Rot“ steht, sam-

meln sich die Autos davor. Bei „Grün“ steigt der Schallpegel

durch das gleichzeitige Anfahren vieler Fahrzeuge an – zusätzli-

cher Motorenlärm entsteht. Bei Kreisverkehren fließt der Verkehr

dagegen deutlich flüssiger.

In einer Arbeit an der Universität Stuttgart wurde deshalb die

Lärmpegelverteilung vor und nach der Umwandlung von licht-

signalgeregelten Kreuzungen in eine Kreisverkehrsanlage unter-

sucht. Es sollte ermittelt werden, ob der Umbau eines Knoten-

punkts den Lärmpegel und die Lärmbelästigung der Bevölkerung

senkt. Neben Schallmessungen wurden die Anwohner befragt,

um auch subjektive Veränderungen der Lärmsituation an den

Kreuzungen zu erfassen.

EINDEUTIGE ERGEBNISSE

Nach dem Umbau der drei untersuchten Kreuzungen in Kreis-

verkehrsplätze sank der Mittelungspegel um etwa drei dB(A).

Von einer deutlichen Verbesserung der Lärmsituation kann daher

nicht gesprochen werden. Allerdings veränderte sich durch den

Umbau der Kreuzung die Pegelhäufigkeitsverteilung wesentlich

(siehe Abbildung). Beim Kreisverkehr konzentrieren sich die

gemessenen Lärmpegel bei Werten von 60 bis 68 dB(A), während

die Pegel bei der vorherigen Kreuzung von 58 bis 75 dB(A)

streuen, also mehr Lärmspitzen mit großer Häufigkeit aufweisen.

Diese Verschiebung der Häufigkeitsverteilung wird durch das

homogene Geschwindigkeitsniveau bei der Kreisverkehrsführung

verursacht.

Noch wichtiger als die Messungen ist die subjektive Beurteilung

der Anwohner. Bei der Befragung wurden Schulnoten (1 bis 5)

als Vergleichsmaßstab eingesetzt. Die unmittelbar am Knoten-

punkt lebenden Anwohner bemerkten eine deutliche Verbesse-

Aus der Praxis

Kreisverkehre reduzieren StraßenlärmDas ständige Anfahren oder Beschleunigen an Straßenkreuzungen verursacht mehr Lärm als fließender Verkehr.

Die Einrichtung von Kreisverkehren reduziert die Lärmbelastung.

rung (Durchschnittsnote 1,4), während die Befragten in größerer

Entfernung naturgemäß keine Änderung feststellten. Die Befrag-

ten begründeten die Verbesserung der Lärmsituation hauptsäch-

lich mit dem gleichmäßigeren Geräusch. Je nach Untersuchungs-

gebiet lag die Zustimmung der Befragten zum Kreisverkehr zwi-

schen rund 65 und 90 Prozent.

Bei Kreuzungen treten deutlich mehr laute Schallpegel über 70 dB(A) auf als beiKreisverkehren (Quelle: Prof. S.R. Mehra)

(Foto: Büro Spiess)

© LfU

Obwohl das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) bei den

Immissionen grundsätzlich die Gesamtbelastung im Blick hat,

verlangen die auf seiner Basis erlassenen Spezialregelungen für

die einzelnen Geräuscharten wie Verkehrs-, Gewerbe- oder

Sportlärm in der Regel nur eine getrennte Beurteilung. Die ge-

genwärtigen Beurteilungsverfahren auf dem Gebiet der Lärm-

bekämpfung wurden anlagenbezogen entwickelt. Für einzelne

Geräuscharten sind in Rechtsverordnungen und Verwaltungs-

vorschriften Kriterien festgelegt worden, ab wann mit schädli-

chen Umwelteinwirkungen zu rechnen ist. Der Ansatz des

Quellenbezugs hat sich in der Vergangenheit hinsichtlich des

Verwaltungshandelns im Großen und Ganzen bewährt, weil er

wegen der einfachen Verknüpfung von Ursache und Wirkung

sehr vorteilhaft in der Durchsetzung ist.

Die bisher entwickelten Kriterien lassen allerdings Belastungen

durch andere Geräuscharten weitgehend unberücksichtigt. Die

Summation beim Neubau oder der wesentlichen Änderung von

Verkehrswegen wurde in der bisherigen Rechtsprechung ver-

neint. Der Begriff „Schädliche Umwelteinwirkung“ im Bundes-

Immissionsschutzgesetz bezieht sich jedoch nicht auf die Geräu-

sche einzelner zu beurteilender Quellen, sondern auf die Ge-

samtwirkung aller Quellen. Er ist nicht anlagenbezogen zu ver-

stehen, sondern aus der Sicht der Betroffenen.

55

GESAMTLÄRM

Bewertung von Gesamtlärm– ein drängendes Problem

Die separate Behandlung von Lärmquellen ist eine der Ursachen dafür, dass trotz vielfacher Bemühungen und trotz –

oder wegen – zahlreicher Regelungen im Bereich der Lärmbekämpfung die Lärmbelastung der Bevölkerung nicht erkenn-

bar zurückgegangen ist. Um eine deutliche Entlastung zu erreichen, ist eine praktikable Gesamtlärmbewertung nötig.

VIELE SIND MEHRFACH BETROFFEN

Nun könnte der Tatsache, dass solche Beurteilungsverfahren

nicht existieren, wenig Bedeutung beizumessen sein, wenn die

Bürger selten mehr als einer Lärmquelle ausgesetzt wären. Das

Gegenteil scheint der Fall zu sein: Hochrechnungen mit Hilfe

des Belastungsmodells des Umweltbundesamtes weisen in allen

Belastungsbereichen einen Anstieg der Zahl der Betroffenen aus,

wenn zum Beispiel die Belastung durch mehrere Lärmquellen

berechnet wird. Die Abbildung links zeigt dies beispielhaft für

die Lärmquellen Straßen- und Schienenverkehr.

Auch Analysen repräsentativer Umfragen zur Belästigung durch

Lärm aus dem Jahre 1998 liefern gewichtige Anhaltspunkte dafür,

dass eine „Doppelbelastung“ nicht eben selten sein dürfte.

Diesen Zahlen zufolge tritt eine Mehrfachlärmbelästigung häufig

auf. Von den rund 47 Mio. Einwohnern der Bundesrepublik

Deutschland, die vom Straßenverkehrslärm belästigt werden,

wird ein nicht unerheblicher Teil zusätzlich durch Fluglärm

(rund 13 Mio.), Gewerbelärm (12 Mio.) oder Schienenverkehrs-

lärm (11 Mio.) belästigt. Die Doppelbelastung durch zwei Lärm-

quellen stellt also für einen nicht unbedeutenden Teil der Bevöl-

kerung ein Problem dar.

VORSCHLAG ZUR GESAMTLÄRMBEWERTUNG

Allerdings fehlt ein einheitliches System zur Gesamtlärmbewer-

tung. Solange die Grenzwerte für die einzelnen Lärmquellen

nicht überschritten sind, haben betroffene Bürger keinen weiter

gehenden Schutzanspruch. Um Wege zu finden, wie die oben

beschriebene Problematik der Mehrfachbelastung künftig besser

berücksichtigt werden könnte, hat der TÜV Rheinland/Berlin-

Brandenburg daher im Auftrag der Landesanstalt für Umwelt-

schutz Baden-Württemberg eine Studie über den gegenwärtigen

Stand der Erkenntnisse zur Bewertung der verschiedenen

Geräuscharten erstellt. Ziel der Studie war die Entwicklung eines

pragmatischen Ansatzes für eine ganzheitliche Lärmbeurteilung.Kumulierung der Betroffenen durch Straßen- und Schienenlärm (Quelle: Dr. Klaus Tegeder)

LfU ©KOMMUNALER LÄRMSCHUTZ

56

EXPERTEN, QUELLEN FÜR BEITRÄGE

Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg,

Referat 33 „Luftqualität, Lärm, Verkehr“

Accon GmbH, München (S. 50-52)

Amt für Umweltschutz Stuttgart (S. 48-49)

Amt für Umweltschutz, Energie und

Gesundheitsförderung Heidelberg (S. 53)

DaimlerChrysler AG (S. 31-32)

Deutsche Bahn AG (S. 26-29)

Dr. Armin Wirsing, Stuttgart (S. 38-39)

Dr. Klaus Tegeder,

ehemals TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg (S. 55-56)

Flughafen Friedrichshafen GmbH,

Verkehr und Betriebstechnik (S. 24)

Flughafen Karlsruhe / Baden-Baden,

Flugbetrieb, Flugsicherung (S. 25)

Flughafen Stuttgart GmbH,

Sachgebiet Umwelt (S. 21-23)

Kurz & Fischer Beratende Ingenieure, Winnenden (S. 24)

Lärmkontor Hamburg (S. 44-47)

Prof. Dr. med. H.-P. Zenner,

Ärztlicher Direktor der Universitäts-Hals-Nasen-Ohren-Klinik

Tübingen (S. 40-43)

Prof. S.R. Mehra, Lehrstuhl für Bauphysik der

Universität Stuttgart (S. 54)

Umweltbundesamt Berlin,

Dr. Volker Irmer (S. 36-37),

Dr. Jens Ortscheid (S. 55-56)

Ein Bewertungsverfahren muss auf die Vermeidung erheblicher

Belästigungen durch Gesamtlärm ausgerichtet werden und hier-

für entsprechende Kriterien zur Verfügung stellen. Die Studie

empfiehlt eine Wichtung und Summation der Einzelpegel. Um

die Gesamtpegel bewerten zu können, sollen sich die Gesamt-

Immissionsgrenzwerte (G-IGW) an den Schwellenwerten

„Gesundheitsgefährdung“ bzw. „Enteignung“ orientieren. Ein

Überschreiten dieser (absoluten) Gesamt-Immissionsgrenzwerte

erfordert unmittelbares Handeln.

Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG sind

jedoch bereits solche Geräuschimmissionen, die erhebliche

Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeiführen. Diese

unterhalb der Gesundheitsgefährdung liegende Schwelle wird

durch Gesamt-Immissionsrichtwerte (G-IRW) markiert. Ausge-

hend von dem als Leitgröße vorgeschlagenen Straßenverkehrs-

lärm werden die in der 16. BImSchV für einzelne Verkehrswege

enthaltenen Immissionsgrenzwerte als Gesamt-Immissionsricht-

werte vorgeschlagen.

Vorschlag für Gesamt-Immissionswerte

Gesamt- Gesamt-Gebietskategorie/ Immissionsgrenzwert ImmissionsrichtwertSchutzanspruch G-IGW in dB(A) G-IRW in dB(A)

tagsüber nachts tagsüber nachts

Mischgebiet 64 5470…75 60…65

WohngebietWA oder WR 59 49

Ein solches Gesamtlärmbewertungssystem soll die bestehenden

sektoralen Lärmschutzregelungen nicht ersetzen, sondern ergän-

zen. Fortschritte in der Forschung bezüglich der Wirkung der ver-

schiedenen Geräuscharten (Dosis-/Wirkungsforschung) müssen

bei der Weiterentwicklung des Beurteilungssystems berücksich-

tigt werden.

(Quelle: Dr. Klaus Tegeder)

© LfU

57

Gesamtlärm

Dolde 2000: „Rechtliche Aspekte einer Gesamtlärmbetrachtung“,

Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg,

Lärmkongress 2000, ZfL 48, 100 – 110, 2001

Tegeder 2001: „Summation von Schallpegeln verschiedener

Geräuscharten“, Zeitschrift für Lärmbekämpfung, 2/2001, 72 – 74

Ortscheid/Wende 2001: „Lärmwirkungen und Lärmsummation“,

Zeitschrift für Lärmbekämpfung, 2/2001, 75 – 76

TÜV Rheinland/Berlin-Brandenburg 2000:

„Beurteilung und Bewertung von Gesamtlärm“, Studie im Auftrag

der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg, 11/2000,

www.lfu.baden-wuerttemberg.de/lfu/uis/laerm.html

INFOS IM INTERNET

Landesanstalt für Umweltschutz:

www.lfu.baden-wuerttemberg.de

Fachinformationen des Umweltbundesamtes zum Thema Lärm:

www.umweltbundesamt.de/laermprobleme/einleitung

Deutscher Arbeitsring für Lärmbekämpfung:

www.dalaerm.de

Akustik / Gehör / Psychoakustik:

www.dasp.uni-wuppertal.de/ars_auditus

Ratgeber zu Hörminderungen: www.hoerfibel.de

Bewusstes Hören: www.schule-des-hoerens.de

Informationen zur Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung:

www.goinform.de

www.rechtliches.de/info_32._BImSchV.html

Aktionen für Schulen:

www.schullaerm.baden-wuerttemberg.de

INFOS IN DER LITERATUR

Allgemein

LfU Baden-Württenberg: „Lärm und seine dauerhafte Minderung

durch kommunale Planung“, Karlsruhe 2000

Gerald Fleischer: „Gut hören – Heute und Morgen“,

Median Verlag 2000

Jörg Neumann: „Lärmmesspraxis am Arbeitsplatz und in der

Nachbarschaft. Einführung in Schallphysik, Schallmesstechnik

und Schallschutz.“ Expert-Verlag 1997

Jürgen Maue: „0 Dezibel + 0 Dezibel = 3 Dezibel. Einführung in

die Grundbegriffe und die quantitative Erfassung des Lärms.“

Schmidt-Verlag 1999

„Lärmschutz im Betrieb“, Broschüre zu bestellen bei: Ministerium

für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg, Postfach 103439,

70029 Stuttgart. Fax: 0711 / 126-2868,

e-mail: [email protected]

Mehra, S.R.: „Lärmpegelverteilung bei Kreisverkehrsanlagen.“

IBP-Mitteilung 30 (2003), Nr. 428

Rund um die Bahn

Karl Krell: „Handbuch für Lärmschutz an Straßen und Schienen-

wegen“, Otto Elsner Verlagsgesellschaft, 1990

Friedrich Krüger und fünf Mitautoren: „Schall- und

Erschütterungsschutz im Schienenverkehr“, Expert Verlag, 2001

Forschungs- und Technologiezentrum der DB AG:

„Innovationsfeld Akustik“

DB Netz AG:

„Lärmschutz bei der Deutschen Bahn, Gestaltung von

Aluminiumwänden“, Juni 1999

DB BauProjekt GmbH:

„Lärmsanierung an Schienenwegen des Bundes“, April 2002

Dieter Krebs: „Lärmvorsorge beim Ausbau des Eisenbahn-

Streckennetzes“, Kapitel 8 des Heftes 16, Lärmbekämpfung –

Ruheschutz, Landesanstalt für Umweltschutz

SERVICE

LfU ©SERVICE

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LÄRMART AMTLICHE ANSPRECHPARTNER

Baustellenlärm Umweltamt des Stadt- oder Landkreises

Fluglärm Flughafen Stuttgart: Fluglärmschutzbeauftragter (Hinweis: Der Fluglärmschutzbeauftragte für den Flughafen Stuttgart sitzt beim Flughafen; er ist Angestellter des Landes Baden-Württemberg und unterliegt der Fachauf-sicht des Ministeriums für Umwelt und Verkehr) Sonstige Flughäfen und Landeplätze: Regierungspräsidien (Karlsruhe, Stuttgart, Freiburg, Tübingen)

Freizeitlärm Wenn der Lärm von einer Freizeitanlage (z. B. Skate-Anlage) ausgeht: Umweltamt des Stadt- oder Landkreises. Bei sonstigen Ruhestörungen wie z. B. Lärm in der Nachbarschaft: Den Störer um Ruhe bitten, ansonsten die Polizei benachrichtigen. Im wiederholten Fall: Das Ordnungsamt der Gemeinde oder Stadt (Ortspolizeibehörde) einschalten.

Gaststätten / Ordnungsamt der Gemeinde, Stadt oder des Landratsamtes. In einem akuten Fall kann auch die Diskotheken Benachrichtigung der Polizei in Frage kommen.

Industrie- und Umweltamt des Stadt- oder LandkreisesGewerbelärm

Schienenlärm Betreiber des Schienenweges (z. B. Deutsche Bahn AG, Nahverkehrsunternehmen) ansprechen (die Deutsche Bahn AG besitzt ein eigenes Beschwerdemanagement und eigene Zuständigkeiten); Meldung beim Umweltamt des Stadt- oder Landkreises

Sportlärm Umweltamt des Stadt- oder Landkreises

Straßenlärm Örtlich zuständige Straßenverkehrsbehörde oder Straßenbaubehörde; Meldung beim Umweltamt des Stadt- oder Landkreises

Die hier genannten Behörden können im Rahmen ihrer Ermittlungen weitere Behörden hinzuziehen (z. B. Gewerbeaufsichtsämter, Landesanstalt für Umweltschutz) und gegebenenfalls veranlassen, dass Messungen zur Klärung durchgeführt werden, sofern dies notwendig ist.

Im Einzelfall kann auch die Beschreitung des Privatrechtswegs in Frage kommen.

Ansprechpartnerbei Lärmbeschwerden:

ein WegweiserSie haben ein akutes Lärmproblem, fühlen sich gestört und beläs-

tigt? Grundsätzlich gilt: Sprechen Sie zunächst mit dem Verursa-

cher! Bleiben Sie sachlich und legen Sie ihr Problem dar. In vielen

Fällen kann dies im Rahmen einer gegenseitigen Rücksichtnahme

und eines respektvollen Umgangs miteinander zum Erfolg führen.

Falls dies nicht zum Erfolg führt, sollten Sie im nächsten Schritt

die Behörde einschalten, die für das Problem zuständig ist oder

die Frage der Zuständigkeit klären kann. Meist ist es das Umwelt-

amt der Stadt oder des Landkreises (Landratsamt) und dort wie-

derum die für den Immissionsschutz zuständige Stelle.

© LfU

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GESAMTÜBERSICHT ZU GRENZ- UND RICHTWERTEN – „TAGTABELLE“ (6-22 UHR). ALLE ANGABEN IN DB(A).

Nutzungsart Straße/Schiene Straßen1 Industrie- und Baulärm2 Sportlärm3 Freizeitlärm4 Fluglärm5 GesamtlärmLärmvorsorge Lärmsanierung Gewerbelärm im Städtebau6

Grenzwerte Grenzwerte Richtwerte Richtwerte Richtwerte Richtwerte Dauerschallpegel Orientierungs-nach nach nach nach nach nach nach werte nach

16. BImSchV VLärmSchR 97 TA Lärm AVV Baulärm 18. BImSchV MVV Fluglärmgesetz DIN 18005/1

Krankenhäuser, Schulen, Kur-, 57 70 (70) 45 45 45 45 457

Erholungsorte

Reine Wohn- 59 70 (70) 50 50 50 50 50gebiete

Allg. Wohn- 59 70 (70) 55 55 55 55 55gebiete

Kern-, Dorf-, 64 72 (75) 60 60 60 60 608

Mischgebiete

Gewerbe- 69 75 (75) 65 65 65 65 658

gebiete

Industriegebiete 70 70 70

Seltene 709 709 70Ereignisse

Schutzzone 1 ≥ 75

Schutzzone 2 ≥ 67 bis < 75

Erläuterungen1 Für verkehrsrechtliche Maßnahmen gelten die Klammerwerte gemäß den Lärmschutzrichtlinien-StV2 Tagzeitraum von 7- 20 Uhr3 Bei Sportlärm sind während der gesetzlichen Ruhezeiten strengere Richtwerte einzuhalten.4 MVV: Musterverwaltungsvorschrift des LAI. Bei Freizeitlärm sind während der Ruhezeiten und an Sonn- und Feiertagen strengere Richtwerte einzuhalten.5 Äquivalenter Dauerschallpegel laut Fluglärmgesetz6 Orientierungswerte sind bei der Planung von Neubaugebieten zu berücksichtigen.7 Diese Gebietsarten sind nicht explizit ausgewiesen, es wurde der untere Wert für Sondergebiete angegeben. Die Orientierungswerte bei „sonstigen Sondergebieten“können

je nach Art der Nutzung zwischen 45- 65 liegen.8 Der Richtwert für Kerngebiet entspricht hier dem für Gewerbegebiete 9 Gilt nicht für Industriegebiete

GESAMTÜBERSICHT ZU GRENZ- UND RICHTWERTEN – „NACHTTABELLE“ (22-6 UHR). ALLE ANGABEN IN DB(A).

Nutzungsart Straße/Schiene Straßen1 Industrie- und Baulärm3 Sportlärm2 Freizeitlärm2, 4 Fluglärm5 GesamtlärmLärmvorsorge Lärmsanierung Gewerbelärm2 im Städtebau6

Grenzwerte Grenzwerte Richtwerte Richtwerte Richtwerte Richtwerte Dauerschallpegel Orientierungs-nach nach nach nach nach nach nach werte nach

16. BImSchV VLärmSchR 97 TA Lärm AVV Baulärm 18. BImSchV MVV Fluglärmgesetz DIN 18005/1

Krankenhäuser, Schulen, Kur-, 47 60 (60) 35 35 35 35 35 7

Erholungsorte

Reine Wohn- 49 60 (60) 35 35 35 35 408 / 35gebiete

Allg. Wohn- 49 60 (60) 40 40 40 40 458 / 40gebiete

Kern-, Dorf-, 54 62 (65) 45 45 45 45 (508 / 45)9

Mischgebiete

Gewerbe- 59 65 (65) 50 50 50 50 (558 / 50)9

gebiete

Industriegebiete 70 70 70

Seltene 5510 5510 55Ereignisse

Schutzzone 1 ≥ 75

Schutzzone 2 ≥ 67 bis < 75

Erläuterungen1 Für verkehrsrechtliche Maßnahmen gelten die Klammerwerte gemäß den Lärmschutzrichtlinien-StV2 Maßgebend ist die lauteste Nachtstunde.3 Nachtzeitraum von 20-7 Uhr4 MVV: Musterverwaltungsvorschrift des LAI. 5 Äquivalenter Dauerschallpegel laut Fluglärmgesetz6 Orientierungswerte sind bei der Planung von Neubaugebieten zu berücksichtigen.7 Diese Gebietsarten sind nicht explizit ausgewiesen, es wurde der untere Wert für Sondergebiete angegeben. Die Orientierungswerte bei „sonstigen Sondergebieten“ können

je nach Art der Nutzung zwischen 35- 65 liegen. 8 Der Lärmquelle Verkehr werden in der Bauleitplanung 5 dB(A) mehr zugestanden als den anderen Lärmquellen.9 Der Richtwert für Kerngebiet entspricht hier dem für Gewerbegebiete

10 Gilt nicht für Industriegebiete

SERVICE

www.lfu.baden-wuerttemberg.de