Landesverbände im föderalen Staat - Eine empirische Studie ......5.5.1.1 Arbeitgeber- und...

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Landesverbände im föderalen Staat - Eine empirische Studie der Kommunikation niedersächsischer Landesverbände Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades Doktor der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Dr. rer. pol.) des Fachbereiches Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück vorgelegt von Stefan Brieske aus Nordhorn Osnabrück, 2005

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Landesverbände im föderalen Staat -

Eine empirische Studie der Kommunikation

niedersächsischer Landesverbände

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades

Doktor der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

(Dr. rer. pol.)

des Fachbereiches Sozialwissenschaften

der Universität Osnabrück

vorgelegt

von

Stefan Brieske

aus

Nordhorn

Osnabrück, 2005

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Inhalt

I

Inhalt

1. Einleitung 1

1.1 Verbände in der Gesellschaft 1

1.2 Leitende Fragestellungen und Hypothesen 2

1.3 Das Thema als Gegenstand der Forschung 5

1.3.1 Landesverbände als politikwissenschaftlicher Untersuchungs- 5

gegenstand

1.3.2 Kommunikation von Verbänden 7

1.3.3 Theorieansätze in der PR-Wissenschaft 9

1.4 Der Aufbau und das methodische Vorgehen der Arbeit 12

2. Verbände in Deutschland – Stand der Forschung 14

2.1 Entwicklungslinien: Pluralismus – Korporatismus – Lobbyismus 14

2.2 Definition von Verbänden 19

2.2.1 Verbindende Elemente 19

2.2.2 Abgrenzungen 20

2.2.3 Verbände als Teil des „Dritten Sektors“ 21

2.2.4 Verbände als Nonprofit-Organisationen 22

2.3 Typologie von Verbänden 23

2.3.1 Ansatzpunkte zur Typenbildung 23

2.3.2 Dach-, Fach- und Trägerverbände 24

2.3.3 Existiert ein „Verbändesystem“? 25

2.4 Funktionen von Verbänden 27

2.4.1 Individuelle Funktionen 27

2.4.2 Politische Funktionen 27

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Inhalt

II

3. Landesverbände 29

3.1 Landesverbände in der Forschung 29

3.1.1 Einzelstudien 29

3.1.2 Politische Landeskunden 30

3.1.3 Verbandspublikationen 30

3.2 Landesverbände und Föderalismus 32

3.2.1 Ausgestaltung des bundesdeutschen Föderalismus 32

3.2.2 Föderalismus und Verbändesystem in Deutschland 33

3.2.3 Föderalismus und Verbändesystem im internationalen

Vergleich 36

3.3 Handlungsfelder von Landesverbänden 40

3.4 Verfassungsrechtliche Grundlagen 43

3.4.1 Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit 44

3.4.2 Verbände und Gesetzgebung 45

3.4.3 Korporatistische Einbindung von Landesverbänden 47

3.5 Zum Verhältnis der Verbandsebenen untereinander 48

3.5.1 Die Ebenen eines Verbandes 48

3.5.2 Verhältnis der Landes- zur Bundesebene 49

3.5.3 Der Landesverband als Mittelinstanz zwischen Kommune

und Bund 51

3.6 Landesspezifische Einflussfaktoren auf die Arbeit von Verbänden 53

4. Grundlagen der Verbändekommunikation 54

4.1 Begriffliche Definition Kommunikation – Public Relations –

Öffentlichkeitsarbeit 54

4.2 Kommunikation der Verbände im Wandel der Zeit 56

4.2.1 Verbändekommunikation als „Kampfinstrument“ 56

4.2.2 Zur Legitimität von Public Relations 58

4.2.3 Die Entwicklung zum Kommunikationsmanagement 59

4.3 Verbändekommunikation in den Wirtschaftswissenschaften 61

4.3.1 Betriebswirtschaftliches Absatzmarketing 61

4.3.2 Marketing für Nonprofit-Organisationen 64

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Inhalt

III

4.4 Verbändekommunikation heute – Eine kritische Betrachtung 71

4.4.1 Vorliegende empirische Arbeiten 71

4.4.2 Kommunikation als strategischer Prozess 73

4.4.3 Probleme der Verbändekommunikation 74

4.4.4 Sektorspezifisches Kommunikationsverhalten 76

4.4.5 Kommunikation von Gewerkschaften 77

4.5 Profit versus Nonprofit 80

4.5.1 NPO und Gesellschaft 81

4.5.2 Ressourcen von NPO 83

4.6 Bedingungsfaktoren von Verbändekommunikation 86

4.6.1 Faktor Organisationsgröße 87

4.6.2 Faktor politisches System 88

4.6.3 Faktor Binnenstruktur 88

4.7 Praxis der Verbändekommunikation 90

4.7.1 Ziele 90

4.7.2 Bezugsgruppen 93

4.7.3 Instrumente 102

4.7.4 Verbandsmedien 105

4.7.4.1 Printmedien 105

4.7.4.2 Elektronische Medien 106

4.8 Public Affairs und Lobbying 108

4.9 Die Gestalter der Kommunikation 112

5. Zur Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen 115

5.1 Struktur der Grundgesamtheit und Quellen 115

5.1.1 Definitorische Abgrenzung der Grundgesamtheit 115

5.1.2 Quellen 118

5.2 Wirkungsgebiet und Untergliederung 119

5.2.1 Das Wirkungsgebiet 119

5.2.2 Binnenorganisatorische Gliederung 120

5.3 Vielfalt der Bezeichnungen 124

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Inhalt

IV

5.4 Geographische Verteilung 125

5.4.1 Verteilung auf Städte 125

5.4.2 Verteilung auf Regierungsbezirke 127

5.5 Typologie nach Handlungsfeldern 130

5.5.1 Wirtschaft und Arbeit 130

5.5.1.1 Arbeitgeber- und Unternehmerverbände 130

5.5.1.2 Gewerkschaften 132

5.5.2 Soziales Leben und Gesundheit 136

5.5.3 Freizeit und Erholung 137

5.5.4 Gesellschaftspolitischer Querschnittsbereich 138

5.5.5 Kultur, Bildung und Wissenschaft 138

5.6 Netzwerke auf der Landesebene 139

6. Kommunikation niedersächsischer Landesverbände:

Angesprochene Akteure und Politikfelder 141

6.1 Inhaltsanalyse in der empirischen Sozialforschung 141

6.2 Ziel, Kategorien und Gegenstand der Analyse 142

6.2.1 Ziel 142

6.2.2 Kategorien 142

6.2.3 Gegenstand 143

6.3 Ergebnisse 146

6.3.1 Angesprochene Akteure 146

6.3.1.1 Eigen-PR 146

6.3.1.2 Landesregierung 150

6.3.1.3 Bundesregierung 151

6.3.1.4 Anderer Verband 154

6.3.1.5 Europäische Union 156

6.3.1.6 Gemeinsame Pressemitteilung 157

6.3.2 Politikfelder 159

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Inhalt

V

7. Fazit und Ausblick 164

8. Literatur und Quellen 172

8.1 Monographien und Aufsätze 172

8.2 Publikationen von Verbänden 183

8.3 Quellen 184

9. Anhang 185

Anhang A: Übersicht der 522 ermittelten niedersächsischen

Landesverbände 185

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Inhalt

VI

Verzeichnis der Abbildungen, Karten und Tabellen

Abb. 1: Der DRK Landesverband Niedersachsen e.V. als Mittelinstanz

Abb. 2: Marketing-Mix von Unternehmen

Abb. 3: Marketing-Mix von NPO

Abb. 4: Kommunikations-Mix von Wirtschaftsverbänden

Abb. 5: Methoden und Adressaten der Verbandspolitik

Abb. 6: Die Zielgruppen von Wirtschaftsverbänden

Abb. 7: Öffentlichkeitsarbeit als Stabsfunktion am Beispiel des DRK

Landesverband Niedersachsen

Abb. 8: Gliederung eines Landesverbandes aus dem Bereich Industrie

Abb. 9: Gliederung eines Landesverbandes aus dem Bereich Arbeit

Abb. 10: Einflusskanäle von Bundes- und Landesverbänden

Abb. 11: Bezugsgruppen der Public Relations von Verbänden

Karte 1: Verbändezentren in Niedersachsen

Karte 2: Verteilung der Landesverbände nach Regierungsbezirken

Tab. 1: Dritter Sektor: Organisationen, Mitglieder und Ehrenamt

Tab. 2: Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit in den Bundesländern

Tab. 3: Profit- und Nonprofit-Organisationen im Vergleich

Tab. 4: Bezugnahme von Pressemeldungen auf verschiedene Akteure

(Bundesebene)

Tab. 5: Die Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) und ihre 67

Mitgliedsverbände

Tab. 6: Die Verteilung von Landesverbänden auf niedersächsische

Großstädte über 100.000 Einwohner

Tab. 7: Gewerkschaften in Niedersachsen

Tab. 8: Angesprochene Akteure von verbandlichen Pressemeldungen auf

der Landesebene

Tab. 9: Besetzung von Politikfeldern durch Landesverbände

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Inhalt

VII

Verzeichnis der Abkürzungen

Abb. Abbildung Abs. Absatz ADAC Allgemeiner Deutscher Automobil Club AdÖR Anstalt des Öffentlichen Rechts AOK Allgemeine Ortskrankenkasse Art. Artikel AWO Arbeiterwohlfahrt BBU Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber BDI Bundesverband der Deutschen Industrie BWE Bundesverband Windenergie CDU Christlich Demokratische Union CGB Christlicher Gewerkschaftsbund CSU Christlich Soziale Union DAG Deutsche Angestellten Gewerkschaft DBB Deutscher Beamten Bund DBV Deutscher Bauernverband DGB Deutscher Gewerkschaftsbund DGVM Deutsche Gesellschaft für Verbandsmarketing DM Deutsche Mark DRK Deutsches Rotes Kreuz EKD Evangelische Kirche Deutschlands EU Europäische Union e.V. Eingetragener Verein FDP Freiheitlich Demokratische Partei GG Grundgesetz IGBAU Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt IGBCE Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Erden IGM Industriegewerkschaft Metall KdÖR Körperschaft des Öffentlichen Rechts LV Landesverband LVA Landesversicherungsanstalt NABU Naturschutzbund Deutschland NBB Niedersächsische Bürgschaftsbank NDR Norddeutscher Rundfunk NDS Niedersachsen NFV Niedersächsischer Fußballverband NLM Niedersächsische Landesmedienanstalt NPO Nonprofit-Organisation NRW Nordrhein-Westfalen NSB Neue Soziale Bewegung ÖA Öffentlichkeitsarbeit ÖTV Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Transport und Verkehr PR Public Relations SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands Tab. Tabelle UVN Unternehmerverbände Niedersachsen ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft WWF World Wide Fund For Nature

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Einleitung

1

1. Einleitung

1.1 Verbände in der Gesellschaft

Verbände – ebenso interessante wie umstrittene Organisationen – begegnen

uns im alltäglichen Leben wahrscheinlich öfter, als es uns bewusst ist. Viele

dieser Interessenorganisationen haben in unserer Gesellschaft einen festen

Platz eingenommen. Ihre Existenz wird als selbstverständlich vorausgesetzt.

Sie sind angesiedelt auf den verschiedenen Ebenen, die der staatliche Aufbau

der Bundesrepublik Deutschland geschaffen hat: lokal, auf der Ebene der Bun-

desländer und auf der Bundesebene. Exemplarisch ausgewählt sind es der Sa-

nitäter des Deutschen Roten Kreuzes, die Krankenschwester im Pflegedienst

des Diakonischen Werkes und der ehrenamtliche Helfer im Tierheim des Tier-

schutzbundes, die den Verbänden in Deutschland ein Gesicht geben und die

diese Organisationen den Mitbürgern gegenüber direkt repräsentieren. Die Mit-

gliedschaft in einer der zahlreichen Organisationen lässt sogar eine noch höhe-

re Bindung für das Individuum entstehen. Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen

lassen den Leser, Hörer und Zuschauer indirekt an der Welt der Verbände teil-

haben. Die Medien transportieren die Interessen von Verbänden in vielen ver-

schiedenen Facetten. Sei es die Aussage eines Gewerkschafters in den Fern-

sehnachrichten, die kurze Zeit später vom Vertreter eines Arbeitgeberverban-

des aus anderer Sicht kritisiert wird. Sei es die Auseinandersetzung in der Lo-

kalzeitung zwischen Mitgliedern eines Umweltschutzverbandes und einem In-

dustrieverband über neue Bauprojekte. Und sei es schließlich das Radiointer-

view mit einem Funktionär eines Sportverbandes über die Zukunft seiner Dis-

ziplin. Dies sind alles Beispiele, die verdeutlichen, wie präsent Verbände in un-

serem medialen Alltag sind.

Viel ist über die Rolle von Verbänden diskutiert worden. Die einen sehen in ih-

nen eine Bedrohung des souveränen Staates, andere wiederum wertvolle Ele-

mente zur Festigung der demokratischen Basis mit wichtigen sozialen und poli-

tischen Funktionen. Verbände haben beachtlichen gesellschaftlichen Einfluss

erreicht, der manchmal, nicht ohne einen gewissen Anteil Skepsis, zur Be-

zeichnung Deutschlands als „Verbändestaat“ führt.

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Einleitung

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1.2 Leitende Fragestellungen und Hypothesen

Aus politikwissenschaftlicher Sicht lässt sich das Interesse an Verbänden viel-

leicht gerade aus ihrer zwar stets präsenten, aber dennoch nicht immer leicht

einzuordnenden Position neben Staat und Markt erklären. Auf jeden Fall sind

Verbände in der politikwissenschaftlichen Forschung immer schon aufmerksam

beobachtet worden. Dabei überwiegt eindeutig die theoretische Beschäftigung

mit dem Gegenstand. Im Fokus stand das Verhältnis der Interessenorganisatio-

nen zum Staat. Diese starke Makroperspektive ließ eher empirisch angelegte

Forschung in diesem Bereich in den Hintergrund treten. Dabei darf allerdings

nicht vergessen werden, dass die ausgeprägte und nur sehr schwer greifbare

Vielfalt organisierter Interessen den empirischen Zugang zum Forschungsfeld

stark erschwert. Schätzungen für die Bundesrepublik Deutschland pendeln bei

einer Zahl von ungefähr 500.000 Nonprofit-Organisationen (NPO). Hinzu kommt

noch, dass nicht alle NPO als Verbände anzusehen sind, sondern hier noch

eine nicht immer eindeutige definitorische Abgrenzung erfolgen muss.

Trotz dieser Schwierigkeiten setzt diese Arbeit einen deutlichen empirischen

Schwerpunkt in der Verbändeforschung. Dabei wird an einem Punkt angesetzt,

der bisher eher wenig Beachtung in der Forschung gefunden hat. Im Mittelpunkt

dieser Untersuchung stehen Landesverbände. Als Untersuchungsraum wird

das Bundesland Niedersachsen gewählt. Die Landesebene bildet eine über-

schaubare, relativ unerforschte Einheit, die jedoch politikfeldübergreifende

Strukturen aufweist. Für eine empirische Untersuchung handelt es sich um eine

gut greifbare Ebene, die darüber hinaus den Vorteil hat, oftmals die höchste

Stufe darzustellen, auf der das einzelne Mitglied als natürliche bzw. juristische

Person aktiv Einfluss nehmen kann.

Diese Arbeit verfolgt zwei zentrale Ziele. Da der Untersuchungsraum auf das

Bundesland Niedersachsen beschränkt ist und die dort ansässigen Landesver-

bände Gegenstand der Untersuchung sind, muss zunächst eine Bestandsauf-

nahme möglichst aller in Frage kommender Organisationen vorgenommen wer-

den.

Damit können dann auch bisher noch nicht vorhandene empirisch ermittelte

Ergebnisse zur Struktur der niedersächsischen Verbandslandschaft präsentiert

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Einleitung

3

werden. Das erste Ziel lautet daher, eine Übersicht möglichst aller niedersäch-

sischen Landesverbände zu erstellen, um so die Grundgesamtheit für den wei-

teren Gang der Analyse zu ermitteln.

Zweites Ziel, auch das eigentliche forschungsleitende Interesse, ist die Antwort

auf die Frage, inwieweit der föderalistische Staatsaufbau der Bundesrepublik

Deutschland die Arbeit von Landesverbänden beeinflusst.

Ein föderalistisches Mehrebenensystem wie die Bundesrepublik Deutschland ist

in der Forschung häufig Untersuchungsgegenstand, wenn es darum geht, Er-

gebnisse zum Verhältnis der einzelnen Ebenen zueinander zu erarbeiten. In

diesem Zusammenhang ist es möglich, beispielsweise das Verhältnis der

Gliedstaaten (Bundesländer) zur nationalen Ebene (Bund) oder das Verhältnis

lokaler Einheiten (Kommunen) zu übergeordneten Ebenen zu erforschen. Mit

der Europäischen Union existiert noch eine weitere supranationale Ebene, die

hier ebenfalls in den Prozess einbezogen werden kann. Diese Untersuchungen

sind in der Politikwissenschaft etabliert und bilden ein anerkanntes Untersu-

chungsfeld. In einem nächsten Schritt ist es nun möglich, das Verhalten und die

Arbeit von Akteuren zu untersuchen, die auf diesen verschiedenen Ebenen wir-

ken. Im Hintergrund steht immer die Frage, inwieweit die Strukturen eines

Mehrebenensystems ihr Handeln beeinflussen. In diesem Zusammenhang gilt

es auch zu klären, welche Adressaten primär angesprochen werden und wel-

che Politikfelder von Landesverbänden verstärkt besetzt werden. Es ist zu fra-

gen, ob die landesverbandlichen Aktivitäten auf speziellen Politikfeldern ver-

schiedene Formen annehmen, ob Politikbereiche, in denen die Länder noch

über autonome Gesetzgebungskompetenzen verfügen, besonders im Fokus

der Landesverbände stehen.

Die Existenz verschiedener Ebenen im Verbändesystem deutet auf einen Zu-

sammenhang zwischen seinem Aufbau und der Struktur des föderalistischen

Staatsaufbaus der Bundesrepublik Deutschland hin.

Aus dieser Annahme lässt sich folgende Hypothese ableiten: Es wird davon

ausgegangen, dass Verbände im Mehrebenensystem der Bundesrepublik

Deutschland ein ebenenspezifisches Tätigkeitsmuster zeigen. Bundesverbände

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Einleitung

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zielen auf die Bundesebene, Landesverbände auf die im Föderalismus festge-

legte subnationale Ebene. Erste empirische Ergebnisse zeigen bei Bundesver-

bänden eine zielgerichtete Arbeit auf selbiger Ebene, während die Landesebe-

ne hier nicht im Vordergrund steht. Arbeitsteilig fällt die Ansprache von Bezugs-

gruppen auf der Landes-, bzw. Lokalebene dann primär in den Zuständigkeits-

bereich der Landesverbände. In der Konsequenz bedeutet dies, dass der föde-

ralistische Staatsaufbau der Bundesrepublik die Arbeit von Verbänden beein-

flusst und ihre Grenzen markiert. Korrespondierend zur föderalstaatlichen Ord-

nung ist auch die Struktur und Arbeitsweise organisierter Interessen zu sehen.

Unterhalb dieser forschungsleitenden Hypothese lassen sich zwei weitere da-

von abhängige Hypothesen formulieren. Es wird angenommen, dass sowohl die

Ansprechpartner von Landesverbänden durch den föderalen Staatsaufbau wei-

testgehend auf der Landesebene festgelegt sind, als auch die Inhalte landes-

verbandlicher Arbeit. Letzteres zeigt sich darin, dass Landesverbände bei ihren

kommunikativen Aktivitäten überwiegend jene Politikfelder besetzen, in denen

die Länder noch über autonome Gesetzgebungskompetenzen verfügen.

Zur Überprüfung dieser Hypothesen dient der empirische Teil dieser Arbeit. Die

Kommunikationsaktivitäten der Landesverbände werden hier analysiert, um die

eigentlichen forschungsleitenden Hypothesen überprüfen zu können. Aus den

Kommunikationsinhalten lassen sich Rückschlüsse auf die ebenenspezifische

Arbeit von Landesverbänden ziehen. Die Schwerpunktsetzung im Bereich Ver-

bändekommunikation ist deswegen besonders interessant, da bei diesem As-

pekt bisher die Einflussebene in Form von Lobbying die wissenschaftliche Dis-

kussion bestimmt hat. Die Artikulationsebene, also die Kommunikation eines

Verbandes mit seinen diversen Teilöffentlichkeiten, ist bisher eher vernachläs-

sigt worden.

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Einleitung

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1.3 Das Thema als Gegenstand der Forschung

Zwei große Themenbereiche finden in dieser Arbeit Berücksichtigung. Zum ei-

nen handelt es sich um den Bereich „Landesverbände und Föderalismus“, zum

anderen um den Bereich „Verbändekommunikation“. Damit setzt diese Arbeit

an der Schnittstelle mehrerer wissenschaftlicher Disziplinen an. Genauer be-

trachtet handelt es sich um ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das sowohl

in der Politikwissenschaft als auch in der Kommunikationswissenschaft und den

Wirtschaftswissenschaften Berücksichtigung findet.

1.3.1 Landesverbände als politikwissenschaftlicher Untersuchungsgegenstand

Die Arbeit und Struktur von Landesverbänden im bundesdeutschen Föderalis-

mus ist von der politikwissenschaftlichen Forschung bisher wenig beachtet wor-

den.

Zwar empirisch bis heute nicht belegt, so wird doch ein Zusammenhang zwi-

schen der Struktur des Verbändesystems und dem föderalistischen Staatsauf-

bau der Bundesrepublik vermutet. Renate Mayntz1 und Dimitris Tsatsos2 gehen

von der Parallelität von Verbändestruktur und politischer Struktur in der Bundes-

republik Deutschland aus. Gerhard Lehmbruch nimmt an, dass Verbände ihre

Strukturen und Strategien der vorgefundenen Struktur staatlicher Entschei-

dungsprozesse anpassen, insoweit sie auf die Zufuhr von staatlichen Ressour-

cen angewiesen seien. Folglich würden sie in einem Bundesstaat durch diese

Ressourcenabhängigkeit dazu veranlasst, sich an den jeweiligen bundesstaatli-

chen Kompetenzzuweisungen auszurichten.3

Für Niedersachsen, den regionalen Untersuchungsraum dieses Forschungs-

vorhabens, gilt, wie für die meisten anderen Bundesländer auch, dass die dorti-

ge Verbandslandschaft bisher weitgehend unerforscht geblieben ist.

1 Vgl. Mayntz, Renate: Organisierte Interessenvertretung und Föderalismus: Zur Verbän-destruktur in der Bundesrepublik Deutschland, in: Jahrbuch zur Staats- und Verwaltungs-wissenschaft (1990), 4, 145-156. 2 Vgl. Tsatsos, Dimitris: Parteien und Verbände im Bundesstaat, in: Mitteilungen des Insti-tuts für Deutsches und Europäisches Parteienrecht (1995), 5, 33-43. 3 Vgl. Lehmbruch, Gerhard: Das deutsche Verbändesystem zwischen Unitarismus und Föderalismus, in: Renate Mayntz / Wolfgang Streeck (Hg.): Die Reformierbarkeit der De-mokratie. Innovationen und Blockaden, Frankfurt, New York 2003a, 261ff.

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Einleitung

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1987 erschien erstmals eine auf ein Bundesland beschränkte Untersuchung der

Verbandslandschaft. Der von Herbert Schneider herausgegebene Sammelband

beleuchtete die Aktivitäten von baden-württembergischen Interessengruppen.4

Ralf Kleinfeld und Frank Löbler legten 1993 eine Vorstudie zu Verbänden in

der nordrhein-westfälischen Landespolitik vor.5 Erstmals wurde hier ein empiri-

sches Profil von Verbänden in einem Bundesland erarbeitet, um anschließend

die Rolle der zuvor ermittelten Akteure in einzelnen Handlungsfeldern der Lan-

despolitik näher zu untersuchen.

Schließlich wurde 1995 eine Studie des sächsischen Verbändesystems veröf-

fentlicht.6 Neben den damals bestehenden Organisationsstrukturen lag hier ein

weiterer Schwerpunkt auf dem Gebiet der Transformationsforschung im Zu-

sammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung.

Knappe Informationen zur Struktur des Verbändesystems in den übrigen Bun-

desländern sind im „Handbuch der deutschen Bundesländer“7 sowie in politi-

schen Landeskunden der einzelnen Bundesländer8 zu finden. Zumeist bleiben

die Ausführungen allerdings hier, wie auch in anderen Beiträgen, auf die Inte-

ressenorganisationen aus dem Bereich Wirtschaft und Arbeit beschränkt.9 Ei-

nen ersten Überblick der Verbändelandschaft auf der Landesebene liefern die

entsprechenden Artikel im „Niedersachsen-Lexikon“10, im „NRW-Lexikon“11 und

im „Schleswig-Holstein-Lexikon“.12

4 Vgl. Schneider, Herbert (Hg.): Verbände in Baden-Württemberg, Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs, Band 14, Stuttgart 1987. 5 Vgl. Kleinfeld, Ralf / Löbler, Frank: Verbände in Nordrhein-Westfalen: Eine Vorstudie zu Theorie und Empirie von Verbänden in der Landespolitik, Polis-Sonderheft, Hagen, Fern-Universität 1993. 6 Vgl. Werner, H. / Patzelt, W.J. / Algasinger, K. [Kommission für die Erforschung des So-zialen und Politischen Wandels in den Neuen Bundesländern e. V.]: Strukturen politischer Interessenvermittlung in Sachsen, Halle 1995. 7 Vgl. Hartmann Jürgen (Hg.): Handbuch der Deutschen Bundesländer, Bonn³, Bundes-zentrale für politische Bildung 1997. 8 Als Beispiel vgl.: Holtmann, Everhard / Boll, Bernhard: Sachsen-Anhalt. Eine politische Landeskunde, Magdeburg², Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt 1997. 9 Vgl. Lippold, Klaus / Schunck, Stefan: Regionale Wirtschaftsverbände – ihre Strukturen, Inhalte und das Umfeld, in: Manfred Groser u. a. (Hg.): Beiträge zur Sozialen Ordnungspo-litik, Baden- Baden 1988, 213-234. 10 Vgl. Kleinfeld, Ralf / Brieske, Stefan: Stichworte „Arbeitgeber- und Unternehmerverbän-de“, „Gewerkschaften“, „Kammern“, „Verbände“, „Vereine“, in: Niedersächsische Landes-zentrale für politische Bildung (Hg.): Niedersachsen-Lexikon, Wiesbaden 2004. 11 Vgl. Kleinfeld, Ralf: „Verbände“, in: Barbara Budrich (Hg.): NRW-Lexikon: Politik, Gesell-schaft, Wirtschaft, Recht, Kultur, Opladen² 2000. 12Duggen, Hans / Wewer, Göttrik (Hg.): Schleswig-Holstein-Lexikon. Gesellschaft – Wirt-schaft – Politik – Kultur, Opladen 2002.

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Einleitung

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1.3.2 Kommunikation von Verbänden

Um partizipieren zu können, müssen Verbände mit der Interessenartikulation

eine ihnen als wichtig zugeschriebene Funktion erfüllen. Individuelle Wünsche

werden zu einem Gruppenwillen gebündelt und nach außen getragen. Um ihre

Interessen artikulieren zu können, aber auch um für internes und externes Ver-

trauen und Akzeptanz zu werben, müssen sich Verbände der Kommunikation

bedienen. „Verbände wirken wie kommunizierende Röhren zwischen Gesetz-

geber, Verwaltung und den von staatlichen Maßnahmen betroffenen Bürgern“,

betonen Sebaldt / Straßner die besondere Bedeutung von Kommunikation für

Verbände in ihrer neuesten Publikation zu organisierten Interessen in der Bun-

desrepublik.13

In der politikwissenschaftlichen Verbändeforschung sind bis heute bezüglich der

Rolle von Interessengruppen im politischen System der Bundesrepublik die

Ausführungen von Jürgen Weber aus dem Jahre 1977 als grundlegend anzu-

sehen.14 Dies gilt sowohl für die Typologie von Interessengruppen in Deutsch-

land als auch für deren Funktion im politischen System.

Weber erkannte bereits damals, dass Verbändekommunikation mehr ist als rei-

nes Lobbying. Er sah auch schon die eigenen Mitglieder (interne Funktion), an-

dere Verbände und die übrige Bevölkerung (externe Funktion) als wichtige Ad-

ressaten, wenn es darum geht, Verständnis und Aufmerksamkeit für die eige-

nen Forderungen zu erlangen.15 Ebenfalls Ende der siebziger Jahre sind dann

die Kommunikationsaktivitäten von Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden

erstmals näher betrachtet worden. Die Autoren jener Zeit versuchten zu ver-

deutlichen, welch entscheidende Rolle sie der Kommunikation von Verbänden

in diesem Bereich beimessen.16

13 Vgl. Sebaldt, Martin / Straßner, Alexander: Verbände in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung, Wiesbaden 2004, 69. 14 Vgl. Weber, Jürgen: Die Interessengruppen im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart u.a.1977. 15 Vgl. ebd., 326. 16 Vgl. Lentz, Ingo: Die Öffentlichkeitsarbeit der Spitzenverbände. Analyse und Möglichkei-ten, Düsseldorf, Wien 1978; Rühl, Manfred (Hg.): Public Relations der Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände, Düs-seldorf 1982.

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Einleitung

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In jüngerer Zeit wurde der Diskussion über die Entwicklung zur Mediengesell-

schaft große Aufmerksamkeit entgegen gebracht. In diesem Zusammenhang

sind die Medien auch weiter in den Blickpunkt der Verbandsforschung ge-

rückt.17 Sicher scheint, dass es den Verbänden daran gelegen sein muss, zum

einen die Legitimität der eigenen Interessenlage einem breiten Publikum zu

präsentieren, zum anderen aber auch die Medien selbst kommunikativ zu be-

dienen und für die eigenen Ziele zu nutzen.18

Kommunikation in Form von Public Relations bzw. Öffentlichkeitsarbeit haben

als Tätigkeitsfeld bis heute immer mehr an Bedeutung gewonnen. Die Mas-

senmedien entwickelten sich zum zentralen Mittler zwischen einer Organisation

und ihren diversen Teilöffentlichkeiten. Auch Verbände sind Organisationen, die

auf diese Entwicklung reagieren müssen. Damit verbunden sind natürlich auch

neue Ansprüche an verbandliche Kommunikation. In der Forschung überwiegt

die Ansicht, dass Verbände diesen Ansprüchen an ihre Kommunikation kaum

gerecht werden. Zu dieser Feststellung passt das problematische Bild von Öf-

fentlichkeitsarbeit in Nonprofit-Organisationen, das Luthe / Schaefers beschrei-

ben. Ihrer Meinung nach werde zu sporadisch, reaktiv und unsystematisch ge-

arbeitet. Öffentlichkeitsarbeit werde tendenziell kurzfristig und zu stark an den

eigenen Kommunikationsbedürfnissen orientiert.19

Mit der Einflussebene ist ein spezieller Teil der Kommunikation von Organisati-

onen, das Lobbying, bereits ausführlich in der Forschung thematisiert worden.20

Dieser Prozess des Einwirkens auf politische und staatliche Entscheidungsträ-

ger und Entscheidungsprozesse durch Unternehmen und Interessengruppen

erregt immer wieder aufs Neue öffentliche Aufmerksamkeit. Jüngste Überle-

gungen positionieren in diesem Bereich einen neuen, umfassenden Ansatz. Es

handelt sich dabei um das Public Affairs Management. Unter diesem Dach ar-

17 Vgl. Hackenbroch, Rolf: Verbände und Massenmedien. Öffentlichkeitsarbeit und ihre Resonanz in den Medien, Wiesbaden 1998, zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss., 1995. 18 Vgl. Sebaldt, Martin: Organisierter Pluralismus. Kräftefeld, Selbstverständnis und politi-sche Arbeit deutscher Interessengruppen, Opladen 1997, 320. 19 Vgl. Luthe, Detlef / Schaefers, Thomas: Kommunikationsmanagement – Strategische Überlegungen und konkrete Maßnahmen für eine beziehungsorientierte Öffentlichkeitsar-beit, in: Stefan Nährlich / Annette Zimmer (Hg.): Management in Nonprofit-Organisationen, Opladen 2000, 205. 20 Vgl. Strauch, Manfred (Hg.): Lobbying: Wirtschaft und Politik im Wechselspiel, Wiesba-den 1993.

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Einleitung

9

beiten dann verschiedene Instrumente nebeneinander. Diese „Außenpolitik“ von

Organisationen zielt auf den Interessenausgleich mit den relevanten An-

spruchsgruppen und wird als Weiterentwicklung des traditionellen Lobbyings

gesehen.21

1.3.3 Theorieansätze in der PR-Wissenschaft

Die relativ junge Disziplin der PR-Wissenschaft hat sich bisher schwer getan mit

der Bildung von umfassenden Theorien. Public Relations sind ein Forschungs-

feld, das zahlreiche Schnittmengen mit bereits etablierten Wissenschaften auf-

weist. Elemente lassen sich bei der Kommunikations- und Publizistikwissen-

schaft, den Wirtschaftswissenschaften (Marketing), der Soziologie (Organisati-

onssoziologie), den Politikwissenschaften (Politische Kommunikation) und den

Sprachwissenschaften (Linguistik / Rhetorik) nachweisen.

Theoretische Ansätze lassen sich in drei Hauptrichtungen unterscheiden22:

In primär betriebswirtschaftlichen Kategorien denkend, werden Public Relations

als handlungsorientierte und praxisbezogene Managementfunktion eingestuft.

Public Relations bilden hier ein untergeordnetes Instrument innerhalb des Mar-

ketings, das im Wesentlichen der Absatzförderung dient.23

Organisationsbezogene Ansätze verweisen auf das Verhältnis der Organisation

zu ihren diversen Bezugsgruppen. Im Vordergrund steht die Legitimation der

Organisationsinteressen und des Organisationshandelns. Public Relations wer-

den auf der Meso-Ebene als zentrale Kommunikationsfunktion von Organisatio-

nen definiert.24

Gesellschaftsbezogene Ansätze sind eher ganzheitlich konzipiert und zielen auf

die Funktionen von PR auf einer übergeordneten Makro-Ebene. Ronneberger

versuchte 1977, Public Relations als gesellschaftspolitisch wichtiges Element

21 Vgl. Köppl, Peter: Power Lobbying: Das Praxishandbuch der Public Affairs. Wie professi-onelles Lobbying die Unternehmenserfolge absichert und steigert, Wien 2003, 35. 22 Vgl. Röttger, Ulrike: Welche Theorien für welche PR?, in: Röttger, Ulrike (Hg.): Theorien der Public Relations. Grundlagen und Perspektiven der PR-Forschung, Wiesbaden 2004, 8ff. 23 Vgl. Becker, Jochen: Das Marketingkonzept, München² 2002. 24 Vgl. Grunig, James E. / Hunt, Todd: Managing Public Relations, Fort Worth 1984; Röttger, Ulrike: Public Relations – Organisation und Profession. Öffentlichkeitsarbeit als Organisationsfunktion. Eine Berufsfeldstudie, Wiesbaden 2000.

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Einleitung

10

zu legitimieren. Er sah in der öffentlichen Kommunikation, also der Interessen-

artikulation, ein stabilisierendes und geradezu notwendiges Element für das

Funktionieren einer pluralistischen Demokratie. Nur so könne ein Wandel der

Einstellungen, Bedürfnisse und Ansichten gesellschaftlicher Gruppen vermittelt

und wahrgenommen werden.25

An vielen Punkten lassen sich Einflüsse der Systemtheorie erkennen.26 Deutlich

wird der Zusammenhang, wenn Public Relations als Teilsystem des gesell-

schaftlichen Funktionssystems Publizistik eingeordnet werden und das Verhält-

nis zu anderen Teilsystemen untersucht wird.27 Publizistik lässt sich im Rahmen

einer funktional gegliederten Gesellschaft als soziales Teilsystem neben der

Politik, der Wirtschaft, der Wissenschaft und anderen begreifen. Insbesondere

das System des Journalismus und das System der Public Relations konstituie-

ren das publizistische Teilsystem, das entscheidende Funktionen für die Ge-

samtgesellschaft ausübt. Es ermöglicht der Gesellschaft nicht nur die Beobach-

tung von Ereignissen und Sachverhalten außerhalb der jeweiligen Gesellschaf-

ten, sondern auch die Selbstbeobachtung. Das publizistische Teilsystem gene-

riert, stellt bereit, verarbeitet und verbreitet (häufig in Interaktion mit anderen

sozialen Teilsystemen) Informationen, vor allem in der Form öffentlich relevan-

ter Themen. Die individuellen Akteure innerhalb der Gesellschaft sind nur durch

das publizistische System in der Lage, wahrzunehmen, was überhaupt ge-

schieht.28

Es wird davon ausgegangen, dass eine Möglichkeit zur System-Umwelt-

Interaktion besteht. Die wichtigste Funktion von Kommunikation eines Systems

liegt darin, Öffentlichkeit herzustellen und dem System in seiner Umwelt sozia-

les Vertrauen und damit einen optimalen Handlungsspielraum zu ermöglichen.

Öffentlichkeit kann als das verbindende Element zwischen einem System und

seiner Umwelt gesehen werden. Public Relations werden als öffentliche Bezie-

25 Vgl. Ronneberger, Franz: Legitimation durch Information, Düsseldorf, Wien 1977. 26 Vgl. Luhmann, Niklas: Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie, Frankfurt a. M. 1984. 27 Vgl. Ronneberger, Franz / Rühl, Manfred: Theorie der Public Relations: ein Entwurf, Opladen 1992. 28 Vgl. Bentele, Günther: Politische Öffentlichkeitsarbeit, in: Ulrich Sarcinelli (Hg.): Politik-vermittlung und Demokratie in der Mediengesellschaft, Bonn 1998, 129.

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Einleitung

11

hungen und damit als das Bestehen eines auf Kommunikation basierenden Be-

ziehungsnetzes definiert, das eine ausdifferenzierte Organisation aufgrund um-

weltseitiger Beobachtungsprozesse in eine Gesellschaft einbindet.29 Um der

Differenziertheit dieser Umwelt Rechnung zu tragen, bietet es sich an, von Teil-

öffentlichkeiten oder Bezugsgruppen zu sprechen.

In dieser System-Umwelt-Sichtweise ist Öffentlichkeitsarbeit also das Manage-

ment von Kommunikationsbeziehungen zu allen intern und extern relevanten

Teilöffentlichkeiten (Umwelten), die für die Existenz und die Zielerreichung einer

Organisation (System) wichtig sind. Handlungsspielräume von Organisationen

werden durch Öffentlichkeitsarbeit eröffnet und gesichert.30

Diese Definition ist damit auch auf Verbände als Organisationen übertragbar

und bildet, erweitert um eine klare strategisch-konzeptionelle Ausrichtung, auch

das Grundverständnis von professionellen Public Relations in dieser Arbeit.

29 Vgl. Szyszka, Peter: PR-Arbeit als Organisationsfunktion. Konturen eines organisationa-len Theorieentwurfs zu Public Relations und Kommunikationsmanagement, in: Ulrike Rött-ger (Hg.): Theorien der Public Relations. Grundlagen und Perspektiven der PR-Forschung, Wiesbaden 2004a, 150ff. 30 Vgl. Bentele: 1998, 129.

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Einleitung

12

1.4 Der Aufbau und das methodische Vorgehen der Arbeit

Grundlegende theoretische Ausführungen gehen der empirischen Analyse vor-

aus. Daher bilden die ersten Kapitel dieser Arbeit die theoretische Basis für den

weiteren Verlauf der empirischen Analyse.

Es erscheint sinnvoll, im zweiten Kapitel zunächst den aktuellen Stand der Ver-

bändeforschung zu dokumentieren. Dabei geht es um das Verhältnis von Ver-

bänden zum Staat und um ihre gesellschaftlichen Funktionen. Es ist zu klären,

welche Organisationen überhaupt als Verband gelten, welche Typologien gebil-

det werden können und welche Forschungsansätze die Wissenschaft an die-

sem Punkt liefert.

Im anschließenden dritten Kapitel stehen die Landesverbände im Vordergrund.

Diese regionalen Organisationen fanden bisher relativ wenig Beachtung, so

dass sehr übersichtlich dargestellt werden kann, welchen bisherigen Arbeiten

zu diesem Thema Informationen entnommen werden können. Ein zentraler As-

pekt dieser Arbeit ist die Stellung von Landesverbänden im föderalistischen

System der Bundesrepublik Deutschland. Der Einfluss dieser staatlichen Ord-

nung auf die Struktur und die Arbeit von Verbänden ist schließlich forschungs-

leitendes Interesse. Aus theoretischer Perspektive werden die verfassungs-

rechtlichen Grundlagen und das Zusammenwirken der unterschiedlichen Ver-

bandsebenen näher beleuchtet.

Diesem politikwissenschaftlichen Schwerpunkt folgen im vierten Kapitel kom-

munikationswissenschaftliche Aspekte. Die Kommunikation von Verbänden

rückt in den Mittelpunkt des Interesses. Dieser Teil der Arbeit ist als Herleitung

für die Bedeutung der empirischen Analysegegenstände zu verstehen. Die In-

haltsanalyse von Pressemitteilungen niedersächsischer Landesverbände soll zu

späterem Zeitpunkt Aufschlüsse über den Zusammenhang von Föderalismus

und landesverbandlicher Arbeit liefern. Daher ist es an dieser Stelle notwendig,

näher auf die Kommunikation von Verbänden einzugehen. Kommunikation wird

als zentrales Element von Organisationshandeln vorgestellt. Gerade im Nonpro-

fit-Bereich sind Besonderheiten zu beachten, die in der Gegenüberstellung mit

gewinnorientierten Wirtschaftsunternehmen deutlich werden. Trotz dieser Un-

terschiede gibt es auch in den Wirtschaftswissenschaften Ansätze, die versu-

chen, profitorientierte Konzepte in den nicht-kommerziellen Bereich zu übertra-

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Einleitung

13

gen. Noch tiefer in das Management von Verbänden eindringend, werden Ziele,

Bezugsgruppen und Instrumente von verbandlicher Kommunikation aufgezeigt.

Schließlich geht es auch noch um die Einordnung des Lobbyings bzw. die Vor-

stellung des neuen Ansatzes der Public Affairs.

Kapitel 5 liefert eine umfangreiche empirische Übersicht über die niedersächsi-

sche Verbändelandschaft. Die Landesorganisationen im ausgewählten Unter-

suchungsraum wurden so weit wie möglich erfasst und hinsichtlich geographi-

scher Verteilung aufbereitet sowie nach Handlungsfeldern typologisiert. Vor

dem abschließenden empirischen Verfahren ist damit die Grundgesamtheit für

den weiteren Verlauf der Analyse festgelegt.

Danach ist es dann auch möglich, im sechsten Kapitel die eigentliche empiri-

sche Untersuchung durchzuführen. Als Methode ist die Inhaltsanalyse ausge-

wählt worden. Die Inhaltsanalyse ist eine Methode zur Erhebung sozialer Wirk-

lichkeit, bei der von Merkmalen eines manifesten Textes auf Merkmale eines

nichtmanifesten Kontextes geschlossen wird. Übertragen auf die Untersuchung

dieser Arbeit ergibt sich Folgendes: Um die formulierten Hypothesen überprüfen

zu können, soll aus den Merkmalen von Pressemitteilungen niedersächsischer

Landesverbände auf die Arbeit von Verbänden im Föderalismus geschlossen

werden. Primäre Ansprechpartner von Landesverbänden und ihre wichtigsten

Politikfelder können auf diese Art ermittelt werden.

Die Arbeit schließt ab mit einem Fazit in Kapitel 7, in dem die wichtigsten Er-

gebnisse nochmals zusammengefasst und weitere Ansatzpunkte aufgezeigt

werden.

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Verbände in Deutschland

14

2. Verbände in Deutschland – Stand der Forschung

Die Vielzahl und Vielfalt der Interessen, die sich in Gruppen organisieren, ist

beachtlich. Die Unübersichtlichkeit des gesamten Organisationsspektrums er-

schwert den Zugang zum Forschungsfeld erheblich. Es wird geschätzt, dass

2001 die Zahl der eingetragenen Vereine in Deutschland bei über 500.000 lag.

Auch Verbände bedienen sich zumeist dieser Rechtsform. Die Zahl der beim

Bundestag in der „Lobbyliste“ registrierten Interessenverbände lag 2002 bei

1.760.31 Für das Jahr 2000 wurde die Existenz von über 600.000 gemeinnützi-

gen Organisationen mit fast drei Millionen Beschäftigten vermutet.32

2.1 Entwicklungslinien: Pluralismus – Korporatismus – Lobbyismus

Das Verhältnis von organisierten Interessen und Staat hat stets die Aufmerk-

samkeit der Forschung gefunden. Die historische Entwicklung von Theorien der

Interessenpolitik lässt sich zunächst als Weg vom Pluralismus zur Ausbildung

neokorporatistischer Politikmuster und pluralistischer Politiknetzwerke be-

schreiben. Organisierte Interessen werden in diesem theoretischen Prozess

nicht mehr nur als "pressure-groups" interpretiert, sondern als Akteure, die zu-

nehmend politikvermittelnde Funktion wahrnehmen. Aus korporatistischer Sicht

gelten Interessengruppen nicht länger als potentielle Herausforderer staatlicher

Souveränität, sondern als unverzichtbare Träger von Politikformulierung und

Politikvollzug.33

Die Einbindung von Interessengruppen in politische Entscheidungsprozesse

wird als wichtiges verhandlungsdemokratisches Element gesehen. Neben dem

Prinzip der territorialen Repräsentation, dem Föderalismus, treten mit dem Be-

deutungsgewinn neokorporatistischer Arrangements auch zusätzliche Elemente

funktionaler Repräsentation, wobei die Verbände einen Mittelweg zwischen Mit-

gliederinteressen und Gemeinwohl finden sollten. Demnach verhandeln organi-

31 Vgl. Kirsch, Jens: Geographie des deutschen Verbandswesens. Mobilität und Immobilität der Interessenverbände im Zusammenhang mit dem Regierungsumzug, Münster 2003. 32 Vgl. Zimmer, Annette / Priller, Eckhard: Gemeinnützige Organisationen im gesellschaftli-chen Wandel. Ergebnisse der Dritte-Sektor-Forschung, Wiesbaden 2004, 208. 33 Vgl. Kropp, Sabine: Interessenpolitik, in: Oscar Gabriel / Everhard Holtmann (Hg.): Handbuch Politisches System der Bundesrepublik Deutschland, München² 1999, 527.

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Verbände in Deutschland

15

sierte Interessen auch untereinander und mit dem Staat, der in vielen Politikbe-

reichen auf eine Einigung angewiesen bleibt. Solche Verhaltensmuster sind in

der wissenschaftlichen Entwicklungsgeschichte der Verbändeforschung stets

kontrovers diskutiert worden.34

In diesem Sinne sahen konservative Staatstheoretiker wie Theodor Eschenburg

zunächst in den Verbänden und ihren Aktivitäten eine Gefahr für die staatliche

Souveränität.35 Diese Sichtweise der Verbände und ihrer Teilnahme am politi-

schen Prozess ergibt sich aus der konservativen Konzeption des Staates als

eines souveränen Entscheidungsträgers, der durch die politische Einflussnah-

me der Verbände in seiner Selbständigkeit und politischen Entscheidungsfin-

dung gefährdet ist. Verbänden wurde mit starkem Misstrauen begegnet, da be-

fürchtet wurde, dass sie sich den auf Gemeinwohl bedachtet Staat zur Beute

machen könnten.36 Es wird hier vermutet, dass Verbände versuchen, konträr

zum gesetzten Recht, nachdem alle Staatsgewalt vom Volke ausgehe, direkt

die politischen Entscheidungen zu beeinflussen.37

Die These einer problematischen Dominanz der Verbände, wie sie von den

staatsrechtlich orientierten Ansätzen in den fünfziger Jahren vertreten wurde,

änderte sich erst in den sechziger Jahren mit empirisch ausgerichteten Unter-

suchungen, die sich auf den aus den angelsächsischen Ländern kommenden

pluralismustheoretischen Ansatz bezogen. Das diesen Untersuchungen zu

Grunde liegende pluralistische Modell, in Deutschland vor allem vertreten durch

Ernst Fraenkel, beruht auf der Annahme, dass sich die wesentlichen gesell-

schaftlichen Interessen in Verbänden organisieren, die wiederum infolge von

Konkurrenz- und Kompromissbildung im politischen Prozess zu einem relativen

Gleichgewicht kommen. Organisierte Interessen versuchen also, durch das ein-

34 Vgl. Holtmann, Everhard / Voelzkow, Helmut: Das Regierungssystem der Bundesrepu-blik Deutschland zwischen Wettbewerbsdemokratie und Verhandlungsdemokratie: Eine Einführung, in: Everhard Holtmann / Helmut Voelzkow (Hg.): Zwischen Wettbewerbs- und Verhandlungsdemokratie. Analysen zum Regierungssystem der Bundesrepublik Deutsch-land, Wiesbaden 2000, 13. 35 Vgl. Eschenburg, Theodor: Herrschaft der Verbände?, Stuttgart 1955. 36 Vgl. Weßels, Bernhard: Die Entwicklung des deutschen Korporatismus, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (2000), 26/27, 16ff. 37 Vgl. Sahner, Heinz: Vereine und Verbände in der modernen Gesellschaft, in: Heinrich Best (Hg.): Vereine in Deutschland. Vom Geheimbund zur freien gesellschaftlichen Organi-sation, Köln 1993, 42.

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Verbände in Deutschland

16

seitige Einwirken auf den politischen Prozess Einfluss zu nehmen. Jede Kraft

wird jedoch durch ein Gegengewicht reguliert, so dass eine Übermacht einzel-

ner Interessen verhindert wird.

Gegen diese Annahme einer Interessenrepräsentation, in der die gegenseitige

verbandliche Konkurrenz in einem pluralistischen Kräftegleichgewicht aufgeht,

wenden sich verschiedene pluralismuskritische Ansätze. Zum einen wird davon

ausgegangen, dass es auf Grund bestehender struktureller gesellschaftlicher

Ungleichheiten zur Nicht-Organisation und Nicht-Berücksichtigung bestimmter

gesellschaftlicher Interessen kommt. Etablierte Verbände dominieren – so wird

argumentiert – die nicht organisierbaren Interessen.38 Ein weiterer Einwand be-

zieht sich auf die selektive Interessenberücksichtigung durch die "Logik des kol-

lektiven Handelns".39 Gerade große Verbände erzeugen in stärkerem Umfang

Kollektivgüter, die allen Betroffenen gleichermaßen zugute kommen (z.B. Tarif-

abschlüsse). Es entsteht das Problem von "Trittbrett-Fahrern", die aus der ver-

bandlichen Arbeit Nutzen ziehen, ohne selbst Mitglied zu sein. Danach sind

kleine, partikulare Interessen vertretende Organisationen gegenüber großen,

kollektiven Interessen vertretenden Organisationen durchsetzungsfähiger. An-

dere pluralismuskritische Ansätze wiederum gehen von einer Übermacht der

Gewerkschaften oder einer Herrschaft der Unternehmerverbände aus.

Aus der Kritik der Betrachtungsweise der Arbeit von Verbänden als Einbahn-

straßenmodell gegenüber dem Staat, in der nur einseitig die Verbände an der

Kommunikation mit den politischen Entscheidungsträgern interessiert sind, ent-

wickelte sich Mitte der siebziger Jahre, eng verbunden mit den Namen Philippe

C. Schmitter und Gerhard Lehmbruch, der neokorporatistische Ansatz in der

Verbändeforschung. Der Neokorporatismus sieht eine Abkehr von reinen "Pres-

sure-Strategien" hin zu einer engeren Kooperation organisierter Interessen und

politischen Institutionen. Das Bild wandelte sich von der "Herrschaft der Ver-

38 Vgl. Offe, Claus: Politische Herrschaft und Klassenstrukturen. Zur Analyse spätkapitalis-tischer Gesellschaftssysteme, in: Rudolf Steinberg (Hg.): Staat und Verbände: zur Theorie der Interessenverbände in der Industriegesellschaft, Darmstadt 1985 (zuerst 1969), 208-227. 39 Vgl. Olson, Mancur: Die Logik des kollektiven Handelns. Kollektivgüter und die Theorie der Gruppen, in: Rudolf Steinberg (Hg.): Staat und Verbände: zur Theorie der Interessen-verbände in der Industriegesellschaft, Darmstadt 1985 (zuerst 1965), 156-179.

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Verbände in Deutschland

17

bände" (Eschenburg) zu einer fortan erwünschten Option sozialer und politi-

scher Steuerung.40 Verbände nehmen hier eine vermittelnde, intermediäre Posi-

tion ein. Statt direkter staatlicher Intervention übernehmen organisierte Gruppen

Leistungen, die der Deregulierung und Entlastung des Staates dienen. Zuneh-

mend inkorporierte Interessenorganisationen wirken zusammen mit staatlichen

Instanzen zum Zwecke einer effizienteren Regierbarkeit. Verbände werden in

staatliche Entscheidungen einbezogen. Korporatistische Strukturen der Interes-

senvermittlung beruhen auf einem gemeinsamen Interesse von Staat und Ver-

bänden und nicht auf einer partikularen Interessendurchsetzung von getrennt

handelnden gesellschaftlichen Akteuren.41

Die Inkorporation von Verbänden in Strukturen und Prozesse der Politikentwick-

lung gilt als Alternative zur pluralistischen Einflusspolitik. Verhandlungen zwi-

schen der Regierung und hoch zentralisierten, mit Repräsentationsmonopol

ausgestatteten Verbänden ersetzen hier das pluralistische Kräftemessen zwi-

schen einer Vielzahl von Interessengruppen um Einfluss auf die staatliche Poli-

tik. Korporatismus und Konkordanzdemokratie können als einander ergänzende

Elemente politischer Konfliktregelung gesehen werden.42

Das Erkenntnisinteresse der Forschung hat sich in den letzten Jahren hin zum

sektoralen Korporatismus in unterschiedlichen Politikfeldern und dort agieren-

den Netzwerken, deren Bestandteil Verbände sind, verlagert. Bei einem Netz-

werk handelt es sich um ein Beziehungsgeflecht von an einem Politikfeld inte-

ressierten und einflussreichen Akteuren. Innerhalb eines Politikfeldes als politi-

scher Arena kommt es aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen bei den Politik-

Inhalten (policies) zu Konflikt und Konsens. Der Informationsaustausch zwi-

schen Verbändevertretern und staatlichen Entscheidungsträgern steht im Mit-

telpunkt.43

40 Vgl. Czada, Roland: Konjunkturen des Korporatismus: Zur Geschichte eines Paradig-menwechsels in der Verbändeforschung, in: Wolfgang Streeck (Hg.): Staat und Verbände, PVS-Sonderheft 25, Opladen 1994, 38. 41 Vgl. Hackenbroch, Rolf: Verbändekommunikation, in: Günter Bentele u. a. (Hg.): PR für Verbände und Organisationen. Fallstudien aus der Praxis, Neuwied 2001, 12. 42 Vgl. Czada, Roland: Konkordanz, Korporatismus und Politikverflechtung: Dimensionen der Verhandlungsdemokratie, in: Everhard Holtmann / Helmut Voelzkow (Hg.): Zwischen Wettbewerbs- und Verhandlungsdemokratie. Analysen zum Regierungssystem der Bun-desrepublik Deutschland, Wiesbaden 2000, 30f. 43 Vgl. Sebaldt / Straßner: 2004, 54ff.

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Verbände in Deutschland

18

Verstärkt wird jüngst die Ansicht vertreten, die Korporatismustheorie sei nicht

mehr geeignet, das aktuelle Verhältnis von organisierten Interessen und Staat

zu beschreiben. Eine Rückbesinnung auf pluralistische Überlegungen wird im

Ansatz des Lobbyismus deutlich. Diese „nackte Verkörperung des Pluralismus

ist mitnichten untergegangen, sondern feiert fröhliche Urständ“, beobachtet

Alemann.44 Der Lobbyismus reagiert auf verändertes Handeln bei den beteilig-

ten Akteuren Staat und Interessengruppen. Staatlich-verbandliche Kooperati-

onsstrukturen wandeln sich aufgrund von Internationalisierung der Staatstätig-

keit sowie aufbrechender Vertretungsmonopole auf Verbandsseite verbunden

mit intensiver Professionalisierung und Verselbständigung der Interessenvertre-

tung. Ein Umdenken sei notwendig, da „nationale Politik mit einer zunehmen-

den Zahl und Artenvielfalt von Akteuren zu rechnen hat, für deren unterschiedli-

che Handlungsrationalitäten, Zielorientierungen, Taktiken, Strategien und politi-

sche Gelegenheitsstrukturen das Lobbyismuskonzept eine übergreifende Per-

spektive bietet.“45 Es reiche nicht mehr aus, formalisierte staatlich-verbandliche

Kooperationsmuster zu betrachten, sondern die Input-Seite der Interessenver-

mittlung müsse wieder verstärkt berücksichtigt werden.46

44 Alemann, Ulrich von: Vom Korporatismus zum Lobbyismus? Die Zukunft der Verbände zwischen Globalisierung, Europäisierung und Berlinisierung, in: Aus Politik und Zeitge-schichte (2000a), 26/27, 3ff. 45 Winter, Thomas von: Vom Korporatismus zum Lobbyismus. Paradigmenwechsel in Theorie und Analyse der Interessenvermittlung, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen (2004), 4, 756. 46 Vgl. ebd. Zum Lobbybegriff siehe auch die Ausführungen in Kapitel 4.8.

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Verbände in Deutschland

19

2.2 Definition von Verbänden

2.2.1 Verbindende Elemente

Jede Forschungsarbeit, die sich mit Verbänden beschäftigt, muss natürlich

auch darauf eingehen, welche Organisationen überhaupt als Verbände be-

zeichnet werden können. Es wird in diesem Zusammenhang relativ schnell

deutlich, dass es nur wenige verbindende Elemente bei Verbänden gibt. Anders

ausgedrückt: es gibt zahlreiche Kriterien, die kein Element einer gemeinsamen

Definition von Verbänden sind. Hier liegt die Ursache für das breite Definitions-

spektrum von Verbänden. Dennoch gibt es Ansätze, die nach gemeinsamen

Definitionselementen suchen. Kleinfeld hat dies im Folgenden unternommen:

- Verbände werden von der Forschung als mitgliederbasierte Organisatio-

nen betrachtet. Das mitgliedschaftliche Verhältnis begründet einen Ver-

band als Organisation. Mitgliedschaft ist freiwillig und demokratisch. Ver-

bandsähnliche Gebilde, für die das Kriterium der freiwilligen Mitglied-

schaft nicht gilt, sind Kammern, Sozialversicherungen und Kirchen, die in

Deutschland alle eine Rechtsform als "Körperschaft des öffentlichen

Rechts (KdöR)" besitzen. Verbände besitzen hingegen die Rechtsform

des eingetragenen Vereins (e. V.).

- Alle Definitionen von Verbänden beinhalten einen zentralen Organisati-

onsaspekt. Verbände werden immer auch als Organisationen gesehen,

obwohl ergänzende makrotheoretische Perspektiven möglich sind, die

Verbände in erster Linie als soziale Institutionen, als Steuerungsmedien

oder als spezifische Mechanismen der Allokation analysieren.

- In der großen Mehrheit der Definitionen zu Verbänden finden sich Hin-

weise darauf, dass sich verbandliche Aktivitäten auf einer gebietskörper-

schaftlich-räumlichen Ebene abspielen, die oberhalb des lokalen Rau-

mes angesiedelt ist.

- Schließlich handelt es sich bei verbandlichen Aktivitäten um Organisatio-

nen und Handlungen, die neben allen anderen Bestimmungsfaktoren

immer auch eine starke Orientierung auf eine der äußeren Umwelten des

Verbandes aufweisen. Dadurch grenzen sich Verbände von Freizeit- und

Geselligkeitsvereinen ab, in denen die Bedürfnisbefriedigung primär in-

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Verbände in Deutschland

20

nerhalb der eigenen Gruppe erfolgt und die daher nur gelegentlich mit

anderen Umwelten als Organisation in Berührung kommen.47

Sebaldt / Straßner sehen in Verbänden freiwillige Zusammenschlüsse sozialer

Einheiten mit bestimmten Zielen. Sie organisieren sich arbeitsteilig und bilden

Führungsstrukturen heraus. Ihre Zielsetzung besteht darin, die individuellen,

materiellen oder immateriellen Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu befriedigen.48

2.2.2 Abgrenzungen

Verbände sind also Vereinigungen, die vor dem Hintergrund eines gemeinsa-

men Interesses der Mitglieder bestimmte nach außen gerichtete Ziele verfolgen.

Möglich ist jedoch die Unterscheidung zwischen einer weiteren und einer enge-

ren Bestimmung von Verbänden: die weitere Definition umfasst sowohl Vereini-

gungen, deren Ziele nach innen gerichtet sind (z.B. kulturelle oder Freizeitver-

einigungen), als auch Vereinigungen mit einer über den Verband hinauswei-

senden, also nach außen gerichteten Zielrichtung. In der engeren Bestimmung

schließt der Begriff Verband nur die Organisationen ein, die über eine innere

Zielsetzung hinaus ihre Interessen aktiv gegenüber anderen Akteuren nach au-

ßen vertreten. Weitere Kennzeichen einer solchen spezifischen Definition von

Verband sind neben der Gemeinsamkeit des Interesses und der nach außen

gerichteten, politischen Zielrichtung die formale Zugehörigkeit der Mitglieder

und eine ausdifferenzierte Organisationsstruktur. In dieser spezifischen Definiti-

on wird der Verband im Allgemeinen auch als Interessengruppe bezeichnet.

Von den politischen Parteien unterscheiden sich Verbände dadurch, dass sie

nicht an allgemeinen Wahlen teilnehmen, dass sie nicht im parlamentarischen

Raum agieren und dass sie keine Übernahme von Regierungsverantwortung

anstreben.49

47 Vgl. Kleinfeld, Ralf: Verbände und Politik in Deutschland. Studienbrief für die Fernuniver-sität Hagen, Opladen 2002. 48 Vgl. Sebaldt / Straßner: 2004, 22. 49 Vgl. Hackenbroch: 2001, 3f.

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Verbände in Deutschland

21

2.2.3 Verbände als Teil des „Dritten Sektors“

Organisationen können nach Sektoren aufgegliedert werden. Die Forschung

unterscheidet zwischen dem Sektor Staat, dem Sektor Markt und dem „Dritten

Sektor“. Letzterer wird auch "intermediärer Bereich" genannt. Hier werden Or-

ganisationen eingeordnet, die weder eindeutig dem Staat noch dem Markt zu-

zuordnen sind. In einer sehr breiten Definition sind hier alle Organisationen zu

berücksichtigen, die formell strukturiert, organisatorisch unabhängig vom Staat

und nicht gewinnorientiert sind, eigenständig verwaltet werden sowie keine

Zwangsverbände darstellen. Dritte-Sektor-Organisationen zeichnen sich im Un-

terschied zu Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung über ein geringeres Maß

an Amtlichkeit aus und sind vergleichsweise wenig hierarchisch aufgebaut. Im

Unterschied zu Einrichtungen des Marktes besteht die Zielsetzung von Dritten-

Sektor-Organisationen nicht vorrangig in der Gewinnmaximierung.50

Bereich Anzahl Organisati-

onen

Mitglieder 1997

Ehrenamtliche 1996

Geleistete Stunden

Kultur und Erholung 160,1 15.729 5.866 738.182 Bildung und Forschung

10 661 330 27.025

Gesundheitswesen 3,6 2.974 1.318 156.869 Soziale Dienste 130 1.586 1.187 181.530

Umwelt- und Naturschutz

30 2.710 857 102.827

Wohnungswesen und Beschäftigung

1,5 264 132 36.121

Bürger- und Verbraucherinteressen

40 1.190 725 192.234

Stiftungen 6 132 198 36.385 Internationale

Aktivitäten 0,4 264 396 52.600

Religion 30 2.313 3.098 430.623 Wirtschafts- und Berufsverbände

5 11.963 593 86.019

Sonstige - 1.454 1.978 284.753 Insgesamt 416,6 41.240 16.678 2.325.168

Quelle: Johns Hopkins Comparative Nonprofit Sector Project, Teilstudie Deutschland Tab. 1: Dritter Sektor: Organisationen, Mitglieder und Ehrenamt (in 1000), aus: Priller / Zimmer: 2001, 160.

50 Vgl. Zimmer, Annette: Vereine – Basiselement der Demokratie. Eine Analyse aus der Dritte-Sektor-Perspektive, Opladen 1996, 84ff.

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Verbände in Deutschland

22

Die Dritte-Sektor-Forschung sieht in diesen Organisationen wichtige zivilgesell-

schaftliche Elemente, die Rahmenbedingungen für demokratische Partizipation

und bürgerschaftliches Engagement schaffen.51

2.2.4 Verbände als Nonprofit-Organisationen

Alle Dritte-Sektor-Organisationen zählen zu den Nonprofit-Organisationen

(NPO). Auch Verbände lassen sich demnach dieser großen Gruppe zuordnen.

Das Spektrum der NPO reicht jedoch auch weit in den (halb-)staatlichen Be-

reich hinein, so dass nicht davon ausgegangen werden sollte, dass jede NPO

auch gleichzeitig ein Verband ist. Noch einmal zu betonen ist jedoch, dass jeder

Verband eine NPO darstellt und somit auch die Literatur, die sich mit NPO all-

gemein beschäftigt, für den weiteren Verlauf dieser Arbeit herangezogen wer-

den kann. Welche Organisationen in dieser Arbeit genau als Verbände definiert

werden und welche Kriterien dazu angelegt wurden, wird an späterer Stelle in

Kapitel 5.1 näher erläutert.

Anhand des Merkmals „primäre Nutznießer“ lassen sich NPO noch weiter auf-

gliedern. Selbsthilfe-NPO erbringen spezifische Leistungen für ihre Mitglieder

(z.B. Wirtschaftsverbände). Drittleistungs-NPO erbringen spezifische Leistun-

gen für Dritte (z.B. Wohlfahrtsverbände). Schließlich bleiben noch die öffentlich

orientierten NPO, deren Leistungsadressat die Öffentlichkeit oder Gesellschaft

ist (z.B. Naturschutzverbände).52 Bei Drittleistungs-NPO und öffentlich orientier-

ten NPO liegt der Finalwert nicht im Interesse der Mitglieder. Diese verfolgen

hier lediglich Sekundärinteressen. Bei gruppenspezifischen Selbsthilfe-NPO

hingegen ist der Finalwert mit den Primärinteressen der Mitglieder identisch.53

51 Vgl. Priller, Eckhard / Zimmer, Annette / Anheier, Helmut K.: Der Dritte Sektor in Deutschland. Entwicklungen, Potentiale, Erwartungen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (1999) 9, 12ff; Zimmer / Priller: 2004. 52 Vgl. Purtschert, Robert: Marketing für Verbände und weitere Nonprofit-Organisationen, Bern, Stuttgart, Wien 2001, 51f. 53 Vgl. Faulstich, Werner: Grundwissen Öffentlichkeitsarbeit, München 2000, 80.

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Verbände in Deutschland

23

2.3 Typologie von Verbänden

Zur Vereinfachung und Veranschaulichung eines komplexen und unübersichtli-

chen Gegenstandsbereichs, wie es die Gesamtheit der Verbände darstellt, wer-

den bestimmte Ordnungssysteme herangezogen. Eines davon ist die Typolo-

gie. Eine Typologie teilt eine Menge von Gegenständen nach zentralen Merk-

malen auf. Eine Typologie kann so die Erfassung eines Forschungsfeldes er-

leichtern, hat aber auch den Nachteil, dass eine vollständige und eindeutige

Zuordnung einzelner Gegenstände nicht immer möglich ist.54

2.3.1 Ansatzpunkte zur Typenbildung

Kleinfeld / Löbler empfehlen eine mehrdimensionale Herangehensweise bei der

Erstellung hinlänglich differenzierter Typologien von Verbänden. Ihrer Vorstel-

lung nach können Klassifikationen von organisierten Interessen ansetzen:

- bei den Arten der Interessen (individuell, kollektiv, materiell, ideell), die das

Verhältnis Mitglied-Organisation prägen;

- bei dem Organisationstyp (Verein, Verband, Körperschaft des öffentlichen

Rechts, Stiftung, Selbsthilfegruppe, Bürgerinitiative, Aktionsgruppe) mit den

Variablen Rechtsform, Mitgliederzahl, Organisationsgrad, Organisations-

ebenen, Führungsprinzip, Struktur innerverbandlicher Willensbildung (für

die Bundesrepublik sollten hierbei die sich historisch herausgebildeten

Sonderformen Kammern, Innungen, Genossenschaften, wissenschaftliche

Vereinigungen mit einbezogen werden);

- bei der historischen Genese und den Initiatoren (patrons) und Modalitäten

der Verbändegründung (im Rahmen der deutschen Geschichte gibt es zahl-

reiche Belege dafür, dass Verbandsgründung auf staatliche Initiative, Un-

terstützung bzw. Lizensierung zurückgeführt werden kann);

- bei den Handlungs- und Politikfeldern, in denen die Organisationen haupt-

sächlich tätig sind (Wirtschafts- und Arbeitsleben, Sozial- und Gesundheits-

54 Vgl. Alemann, Ulrich von: Organisierte Interessen in der Bundesrepublik, Opladen 1987, 68ff.

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Verbände in Deutschland

24

politik, Kultur, Freizeit, Erholung, Wissenschaft und Technik, Religion, Um-

welt etc.) bzw. bei auf dieser Grundlage aggregierten gesellschaftlichen

Handlungsfeldern;

- bei den von Verbänden vertretenen sozialen Gruppen (Arbeitnehmer, Frei-

berufliche, Unternehmer, Verbraucher, Frauen, Jugend, Senioren, Behin-

derte, Sportler, etc.); hier gilt es insbesondere den Blick zu richten auf die

jeweiligen Interorganisationsbeziehungen zwischen Vereinen, Einzelver-

bänden, Dachverbänden, funktionalen verbandsübergreifenden Arbeitsge-

meinschaften sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts;

- bei den ökonomischen, sozialen, kulturellen und politischen Funktionen, die

diese Organisationen wahrnehmen (Tarifparteien, Religionsgemeinschaf-

ten, Berufsverbände, Wohlfahrtsverbände, etc.) sowie schließlich

- bei dem weltanschaulich-konfessionellen Milieu oder Lager, dem eine Or-

ganisation zugeordnet werden kann (katholische, protestantische und jüdi-

sche Organisationen, Organisationen aus dem Umfeld der Arbeiterbewe-

gungen, grün-alternative Organisationen, etc.).55

2.3.2 Dach-, Fach- und Trägerverbände

In einer ersten groben Unterteilung ist es möglich, nach Dach-, Fach- und Trä-

gerverbänden zu differenzieren. Ein Dachverband hat als Mitglieder wiederum

weitere Verbände, es ist also ein „Verbände-Verband“. Hier finden sich viele

Interessenorganisationen mit einem allgemeinen gesellschaftspolitischen Parti-

zipationsanspruch, die in einer Vielzahl von Politikbereichen tätig sind (z.B.

Dachverbände von Wirtschaftsorganisationen und Gewerkschaften). Trägerver-

bände finden sich vor allem im Bereich des Sozial- und Gesundheitswesens

und umfassen solche Organisationen, die sich nicht allein und hauptsächlich

durch ein mitgliedschaftlich orientiertes Organisationsprinzip kennzeichnen las-

sen und die zumeist Dienstleistungseinrichtungen in privater Trägerschaft zur

Verfügung stellen. Dabei handelt es sich oft um multisektoral aktive Organisati-

onen, deren gesellschaftspolitischer Partizipationsanspruch auf den Quer-

55 Vgl. Kleinfeld / Löbler: 1993.

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Verbände in Deutschland

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schnittsaspekt der von ihnen repräsentierten Interessen beschränkt bleibt

(Frauen-, Jugend- und Seniorenverbände, Wohlfahrtsverbände, Verbraucher-

verbände). Alle anderen Verbände werden der Residualkategorie des Fachver-

bandes zugerechnet. Es sind primär monosektoral aktive bzw. single-issue ori-

entierte Interessenorganisationen mit einem noch stärker gruppen- oder the-

menspezifisch beschränkten Partizipationsanspruch (z.B. Berufsverbände).

2.3.3 Existiert ein „Verbändesystem“?

Angesichts der Differenzierung des politischen Systems in einzelne Handlungs-

felder und Politikbereiche mit eigenen Strukturen, Akteurnetzwerken, Interakti-

onsmustern und materiellen Fragestellungen kommen sowohl Konzepte des

corporate pluralism, des Mesokorporaratismus, der Netzwerkforschung und des

Dritten Sektors zu einer gemeinsamen Schlussfolgerung: es ist analytisch wie

heuristisch unzweckmäßig, weiter auf der Annahme eines politikweiten Interes-

senvermittlungssystems der frühen Gruppentheorie zu bestehen, wonach Ver-

bände in einem systematischen Wettbewerbsverhältnis stehen. Es sind zu viele

und sie sind zu unterschiedlich. Für Kleinfeld / Löbler liegt als Konsequenz die-

ser Argumentation der Schluss nahe, damit auch auf die Konzeptualisierung der

Gesamtheit empirisch anzutreffender Verbände als "Verbändesystem" zu ver-

zichten. Der Gegensatz zur sinnvollen Verwendung des Begriffs „Parteiensys-

tems“ wird sichtbar, wenn man berücksichtigt, dass Parteien als System begrif-

fen werden, weil es sich um Organisationen handelt, die auf gemeinsame Er-

eignisse hin (Wahlen), auf eine gemeinsame Arena hin (Parlament) und auf

gemeinsame Funktionen hin (Stellung im parlamentarischen Regierungssys-

tem) und Konkurrenz und Kooperation systematisch aufeinander bezogen

sind.56

Zwar ist allen Verbänden zumindest die Funktion der Interessenvermittlung ge-

meinsam, doch reicht dies schon nicht aus, Verbände von anderen intermediä-

ren Organisationen trennscharf abzugrenzen. Verbände sind multifunktionale

56 Vgl. ebd.

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Verbände in Deutschland

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Handlungseinheiten, die neben der Interessenvermittlung noch zahlreiche an-

dere Aufgaben mit unterschiedlichen Prioritäten übernehmen.57

Auch wenn die Verbändelandschaft in ihrer Gesamtheit ein äußerst heteroge-

nes Spektrum bildet und die hier tätigen Organisationen kaum noch über ge-

meinsame Eigenschaften verfügen sollten, so kann eine empirisch angelegte

Verbändestudie diese Aspekte zwar theoretisch im Hintergrund berücksichti-

gen, muss sich jedoch, um übersichtlich arbeiten zu können, an einem „Ver-

bändesystem“ orientieren. Vor allem muss sie sich zu einer Typologie durchrin-

gen. Dabei muss leider auch in Kauf genommen werden, dass eine eindeutige

Zuordnung von Organisationen in vorher „geformte“ Kategorien nicht immer

möglich ist.

57 Vgl. Reutter, Werner: Verbände, Staat und Demokratie. Zur Kritik der Korporatismustheorie, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen (2002), 3, 502.

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Verbände in Deutschland

27

2.4 Funktionen von Verbänden

2.4.1 Individuelle Funktionen

Bei der Betrachtung der Funktionen von Verbänden kann zunächst zwischen

individuellen und gesellschaftlichen Funktionen unterschieden werden. Bei den

individuellen (sozialen) Funktionen geht es darum, zu ermitteln, welche Bedeu-

tung oder Auswirkung der Verband auf das Individuum hat. Entsprechend be-

schäftigen sich die gesellschaftlichen (politischen) Funktionen mit den Auswir-

kungen auf das soziale System, das auch das politische System mit umfasst.

Die individuellen Funktionen sind für den Gesamtzusammenhang dieser Arbeit

von deutlich geringerem Interesse als die politischen Funktionen und werden

daher an dieser Stelle nur kurz dargestellt.

Als wichtige Funktion für das einzelne Individuum ist sowohl das soziale Mitein-

ander (Geselligkeit) als auch der identitätsstiftende Austausch mit Gleichgesinn-

ten (Geborgenheit) zu nennen. Darüber hinaus werden dem Verbandsmitglied

bestimmte Dienstleistungen in Form von Beratungen oder Fortbildungen ange-

boten.58

2.4.2 Politische Funktionen

Von wesentlich größerer Bedeutung sind hier jedoch die politischen Funktionen

der Verbände. In ihrer Rolle als Mitakteure im demokratischen Willensbildungs-

und Entscheidungsprozess in der Bundesrepublik erfüllen die Interessengrup-

pen ganz bestimmte politische Funktionen, die das politische System erst in die

Lage versetzen, alle die Leistungen zu erbringen, die es in der und für die Ge-

sellschaft erbringen soll.59

Systemtheoretische Ansätze sehen in politischen Systemen das Zusammenwir-

ken von spezifischen Strukturen und Funktionen. Interessenorganisationen

spielen hier nicht nur eine wichtige Rolle in der Interessenartikulierung und Inte-

58 Vgl. Sahner: 1993, 46ff. 59 Vgl. Weber: 1977, 343.

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Verbände in Deutschland

28

ressenaggregierung. Sie sind auch bei den Funktionen Systemerhaltung, Rek-

rutierung und Sozialisation unverzichtbar.60

Durch Interessenaggregierung werden Bedürfnisse, Wünsche und Forderungen

gebündelt und zu programmatischen Zielsystemen zusammengefasst – so die

gemeinsamen Interessen der Arbeitnehmerschaft durch Gewerkschaften, die

der Industrie durch Unternehmerverbände. Interessenaggregierung hat die Bil-

dung eines Gruppenwillens zu anstehenden Problemen zum Ziel und ist eine

wichtige Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit eines Verbandes.

Gleichzeitig findet Interessenselektion statt. Da jedes politische System in sei-

nen Institutionen gleichzeitig nur eine beschränkte Anzahl von Entscheidungen

sachgerecht treffen kann, benötigt es Filter, die verhindern, dass es zu Überlas-

tungen kommt. Als „gatekeeper“ im politischen System tragen Verbände eine

große Verantwortung dafür, dass die staatlichen Entscheidungsorgane hand-

lungsfähig bleiben und keine wesentlichen gesellschaftlichen Gruppeninteres-

sen in Vergessenheit geraten.

Die gebündelten Interessen gilt es auszudrücken und als Forderungen anzu-

melden, um sie durchsetzen zu können. Dieser Prozess der Interessenartikula-

tion bedeutet, dass die Wünsche der Mitglieder als konkrete und sachbezogene

Forderungen in den politischen Entscheidungsprozess eingebracht werden, sei

es auf dem Wege ihrer öffentlichen Diskussion oder im direkten Zugang zur

entscheidungsbefugten Stelle im Staatsapparat. An dieser Stelle zeigt sich die

große Bedeutung von Öffentlichkeit in der Verbandsarbeit.

Verbände leisten einen wichtigen Beitrag zu politischer Integration. Indem sie in

freier Konkurrenz Gruppeninteressen auf politischem Wege durchzusetzen ver-

suchen, wirken sie an der Integration der gesellschaftlichen Gruppen im Staat

mit und sichern damit seine Funktionsfähigkeit. Verbände ermöglichen in die-

sem Zusammenhang die Kommunikation zwischen Bürgern und staatlichen

Amtsinhabern, eröffnen den Bürgern bestimmte Formen der Partizipation und

erfüllen gesellschaftliche Ordnungsfunktionen. Die organisierten Interessen leis-

ten damit einen entscheidenden Beitrag zur Anerkennung und Legitimation des

politischen Systems und zur Akzeptanz seiner Leistung.61

60 Vgl. Alemann: 1987, 41. 61 Vgl. Weber: 1977, 346ff; Alemann: 1987, 187ff.; Sebaldt / Straßner: 2004, 59ff.

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Landesverbände

29

3. Landesverbände

3.1 Landesverbände in der Forschung Die Arbeit und Struktur von Verbänden auf der Landesebene ist von der politik-

wissenschaftlichen Forschung bisher wenig beachtet worden. Wenn zum The-

ma organisierte Interessen in Deutschland geforscht worden ist, dann standen

meist die Bundesorganisationen im Vordergrund. Als Grund für diese Tatsache

ist zu vermuten, dass es Landesverbände bisher sehr schwer hatten, aus dem

Schatten ihrer Dachorganisation auf Bundesebene herauszutreten und auf sich

aufmerksam zu machen.

Die wissenschaftliche Verbandsdiskussion folgt damit der politischen Diskussi-

on. Diese geht in erster Linie von der Entscheidungsebene Bund aus. Damit

wird nachvollzogen, was als politische Realität angesehen wird.62

3.1.1 Einzelstudien

Für Niedersachsen, den regionalen Untersuchungsraum dieses Forschungs-

vorhabens, gilt, wie für die meisten anderen Bundesländer auch, dass die dorti-

ge Verbandslandschaft in ihrer Gesamtheit bisher weitgehend unerforscht

geblieben ist. Lediglich zu Verbänden in Baden-Württemberg, Sachsen,

Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen liegen detailliertere Erkenntnisse

vor.

Wirkliche Pionierarbeit leistete in diesem Zusammenhang Heinz-Josef Varain,

der 1964 eine Studie zum Aufbau, den Verflechtungen und dem Wirken von

Parteien und Verbänden in Schleswig-Holstein vorlegte.63 Später dann, genauer

1988, beschäftigte sich ein von Herbert Schneider herausgegebener Sammel-

band mit den Aktivitäten von baden-württembergischen Interessengruppen.64

Ralf Kleinfeld und Frank Löbler legten 1993 eine Vorstudie zu Verbänden in

der nordrhein-westfälischen Landespolitik vor.65 Erstmals wurde hier ein empiri-

62 Vgl. Lippold / Schunck: 1988, 214. 63 Vgl. Varain, Heinz Josef: Parteien und Verbände. Eine Studie über ihren Aufbau, ihre Verflechtung und ihr Wirken in Schleswig-Holstein, Opladen 1964. 64 Vgl. Schneider: 1987. 65 Vgl. Kleinfeld / Löbler: 1993.

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Landesverbände

30

sches Profil von Verbänden in einem Bundesland erarbeitet, um anschließend

die Rolle der zuvor ermittelten Akteure in einzelnen Handlungsfeldern der Lan-

despolitik näher zu untersuchen.

Schließlich wurde 1995 eine Studie des sächsischen Verbändesystems veröf-

fentlicht.66 Neben den damals bestehenden Organisationsstrukturen lag hier ein

weiterer Schwerpunkt auf dem Gebiet der Transformationsforschung im Zu-

sammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung.

3.1.2 Politische Landeskunden

Wie bereits im ersten Kapitel zum Stand der Forschung dargelegt, sind knappe

Informationen zur Struktur des Verbändesystems in jedem der sechzehn deut-

schen Bundesländer im „Handbuch der deutschen Bundesländer“ zu finden.67

In allen Beiträgen liegt der Schwerpunkt deutlich auf den Interessenorganisatio-

nen aus dem Bereich Wirtschaft und Arbeit. Auch in einem Beitrag von Lippold /

Schunck bleiben die Ausführungen mit der Vereinigung der hessischen Unter-

nehmerverbände auf das Beispiel eines regionalen Wirtschaftsverbandes be-

schränkt.68

Zu fast allen Bundesländern sind politische Landeskunden erschienen. Zumeist

finden Landesverbände hier Berücksichtigung innerhalb des großen Bereichs

"Politisches System". Auch hier ist in vielen Fällen der Schwerpunkt im Bereich

Wirtschaft und Arbeit gesetzt worden. Einen ersten Überblick der Verbände-

landschaft auf der Landesebene liefern die entsprechenden Artikel im „Nieder-

sachsen-Lexikon“, im „NRW-Lexikon“ und im „Schleswig-Holstein-Lexikon“.

3.1.3 Verbandspublikationen

Für das Land Niedersachsen existiert bisher keine Untersuchung der dortigen

Verbandslandschaft. Allerdings bedeutet das nicht, dass keine Literatur zu ein-

zelnen Organisationen zu finden ist. Vereinzelt sind Festschriften zu einem be-

stimmten Anlass erschienen. Dabei handelt es sich meistens um ein Verbands-

66 Vgl. Werner / Patzelt / Algasinger: 1995. 67 Vgl. Hartmann: 1997. 68 Vgl. Lippold / Schunck: 1988.

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Landesverbände

31

jubiläum.69 Darüber hinaus veröffentlichen einige Verbände Jahrbücher oder

Jahresberichte, denen Informationen über Ereignisse und Tätigkeiten entnom-

men werden können.70 Auch abgehaltene Verbändetage waren Anlass zu Ver-

öffentlichungen.71

69 Landesjägerschaft Niedersachsen (Hg.): 50 Jahre Landesjagd-Verband Niedersachsen: 1950 – 2000, Hannover 2000; Niedersächsischer Rugby-Verband (Hg.): 100 Jahre Niedersächsischer Rugby-Verband: Geschichte und Geschichten, Hannover 2000; Segler-Verband Niedersachsen (Hg.): 50 Jahre Segler-Verband Niedersachsen e.V. : 1950 – 2000, Hannover 2000; Sozialverband VdK Niedersachsen-Bremen e.V. (Hg.): 50 Jahre Sozialverband VdK Nie-dersachsen-Bremen e.V. : 1949 – 1999, Oldenburg 1999; VDR, Land Niedersachsen (Hg.): Für ein klares Profil der niedersächsischen Realschule: 1949 bis 1999; 50 Jahre Verband Deutscher Realschullehrer Land Niedersachsen e.V., Hannover 1999; Verband der Bauindustrie für Niedersachsen (Hg.): Mehr als 50 Jahre: Festschrift zum Jubiläum des Verbandes, Hannover 1995. 70 Landesverband des Niedersächsischen Landvolkes (Hg.): Jahresbericht / Landvolk Nie-dersachsen Landesverband, Hannover 1996-1998; Verband der Bauindustrie für Niedersachsen (Hg.): Herausforderungen: 1999 Jahrbuch, Hannover 1999; Deutscher Gewerkschaftsbund Landesbezirk Niedersachsen-Bremen (Hg.): Jahresbericht, Hannover 1999. 71 Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Niedersachsen (Hg.): Vor den Wahlen 1994 - verabschiedet sich der Sozialstaat? 3. Verbandstag des Paritätischen Niedersach-sen am 04. November 1993 in Bad Iburg, Hannover 1993; Verband der Bauindustrie für Niedersachsen (Hg.): Bau '92. Niedersachsen im Verkehrs-wege-System Europas. 16. Niedersächsischer Bautag, Hannover 1992.

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Landesverbände

32

3.2 Landesverbände und Föderalismus

Die Bezeichnung „Landesverband“ beinhaltet schon die Zuteilung des Kompe-

tenzbereiches. In der Bundesrepublik Deutschland bezieht sich diese Bezeich-

nung auf die Ebene der Bundesländer, also die Gliedstaaten unterhalb der nati-

onalen Bundesebene.

3.2.1 Ausgestaltung des bundesdeutschen Föderalismus

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderal aufgebauter Staat. Der Födera-

lismus, die Machtaufteilung mittels vertikaler Gewaltenteilung, zeigt sich in der

Existenz von autonomen oder teilautonomen Gliedstaaten unterhalb einer zent-

ralstaatlichen Ebene. Auch in der Bundesrepublik sind, wie in jedem anderen

Bundesstaat ebenfalls, Entscheidungs- und Handlungskompetenzen zwischen

zentralstaatlicher Ebene, dem Bund, und Gliedstaaten, den Ländern, aufgeteilt.

Das Grundgesetz regelt die Kompetenzverteilung zwischen beiden Akteuren,

indem die Zuständigkeitsbereiche durch Einteilung in ausschließliche und kon-

kurrierende Gesetzgebung deutlich voneinander abgegrenzt werden. Seit Be-

stehen der Bundesrepublik vom Jahre 1949 an hat der Bund über die nur ihm

vorbehaltene ausschließliche Gesetzgebung hinaus auch den Großteil der kon-

kurrierenden Gesetzgebung an sich gezogen, so dass er heute auf diesem Ge-

biet ein klares Übergewicht gegenüber den Ländern besitzt. Es gibt nur noch

wenige autonome Gestaltungsbereiche der Bundesländer. Gleichzeitig wird

noch die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der gesamten Bundesrepu-

blik angestrebt. Oft wird in diesem Zusammenhang vom Prozess der „Unitari-

sierung“ gesprochen. Hier geht es um eine möglichst gleichmäßige Problemlö-

sung durch die Vereinheitlichung materieller Regelungen.

Die Ausführung der Bundesgesetze ist größtenteils Aufgabe der Länderverwal-

tungen. Im für das politische System der Bundesrepublik typischen „Verbundfö-

deralismus“ liegt die Legislative also überwiegend beim Bund, während die

Länder die Administration übernehmen. Als Kompensation für den Verzicht auf

eigene legislative Zuständigkeiten wirken die Landesregierungen über den

Bundesrat, die zweite Kammer im Regierungssystem der Bundesrepublik, ver-

stärkt an den Entscheidungen des Bundes mit. Die Legislativen der Länder ha-

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Landesverbände

33

ben Gestaltungsmöglichkeiten verloren, während die Exekutiven bei der Mitwir-

kung in der Bundespolitik gestärkt worden sind.72

Der Begriff des „kooperativen Föderalismus“ verdeutlicht jedoch, dass die ver-

schiedenen Entscheidungsebenen im politischen System der Bundesrepublik

(Bund, Länder und Gemeinden) dennoch eine enge Verschränkung untereinan-

der aufweisen. Die Einführung zahlreicher Gemeinschaftsaufgaben von Bund

und Ländern ließ ein Mischsystem mit einem hohen Grad an Politikverflechtung

entstehen.73

Es sind zurzeit Bestrebungen im Gange, dieses Mischsystem wieder zu ent-

flechten. Reformvorschläge werden von einer „Föderalismuskommission“ erar-

beitet, die mit Vertretern aus Bundestag und Bundesrat besetzt ist. Besonders

im Bereich des Hochschulrechtes gerieten die Beratungen ins Stocken. Auch

Bundespräsident Köhler sieht in der Staatsreform eine wichtige Weichenstel-

lung für die Zukunft. Am 11.01.2005 ließ er sich persönlich von den Verhand-

lungsführern, dem Partei- und Fraktionsvorsitzenden der SPD, Franz Müntefe-

ring, und dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden, Ed-

mund Stoiber, über den Stand der Verhandlungen informieren.

3.2.2 Föderalismus und Verbändesystem in Deutschland

Der Zusammenhang zwischen politisch-administrativen Strukturen und der Or-

ganisation des Verbändesystems ist natürlich gerade im Föderalismus von be-

sonderem Interesse. Eine mögliche gegenseitige Entsprechung von Verbände-

system und föderalistischem Staatsaufbau ist bereits in der Forschung diskutiert

worden. Es herrschen an diesem Punkt unterschiedliche Auffassungen.

Reutter ist der Meinung, dass Staatsstrukturen für die Systeme funktionaler In-

teressenvermittlung keine konstituierende Rolle spielten. Für ihn lässt sich eine

Anpassung von Strukturen und Funktionsweisen von Verbändesystem und poli-

tischem System nicht bestätigen. Systematische Zusammenhänge zwischen

Verbändesystem sowie Föderalismus und Struktur des Regierungssystems sei-

72 Vgl. Münch, Ursula: Entwicklung und Perspektiven des deutschen Föderalismus, in: Aus Poli-tik und Zeitgeschichte (1999), 13, 3-11. 73 Vgl. Scharpf, Fritz W.: Die Politikverflechtungsfalle. Europäische Integration und deutscher Föderalismus im Vergleich, in: Politische Vierteljahresschrift (1985), 4, 323-356.

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Landesverbände

34

en nicht auszumachen. Gleichzeitig weist er jedoch auch darauf hin, dass diese

Frage „empirisch unterbelichtet“ sei.74

Andere Autoren vertreten dagegen die Hypothese, nach der die Organisations-

struktur von Interessengruppen dazu tendiert, sich der institutionellen Struktur

des Staates anzupassen. Die Organisationstheorie kennt diesen Fall als „insti-

tutionelle Isomorphie“.75 Benz stellt zunächst allgemein fest, dass sich Parteien

und Verbände im Bundesstaat durch eine Organisation auszeichneten, die ent-

sprechend der föderativen Struktur differenziert sei.76

Zwischen dem Staat und dem Staatsvolk in Form der gesellschaftlichen Orga-

nisationen, wie etwa der Verbände oder Parteien, bestehe ein ständiges Geben

und Nehmen, so Tsatsos. Sie bedingten und prägten sich in einem sich ständig

wandelnden Prozess. Unverzichtbare Voraussetzung für das Funktionieren der

Beziehungen sei die Beachtung des inneren Staatsaufbaus der Bundesrepublik

Deutschland als Bundesstaat. Der innere Aufbau der Verbände und Parteien

müsse zum wirksamen Arbeiten miteinander dem bundesstaatlichen Prinzip

angeglichen sein. Parteien und Verbände müssten durch einen Bundesstaats-

willen und eine Bundesstaatsstruktur geprägt sein, was unauflöslich mit einer

bundesstaatsverwirklichenden Politik einhergehe.

Die bundesstaatliche Gliederung der Bundesrepublik Deutschland habe im Lau-

fe der geschichtlichen Entwicklung die Verbände dahingehend beeinflusst, sich

ihr durch Organisation in Landesverbänden und einem Bundesvorstand anzu-

passen. Die durch politischen Sachzwang bewirkte Föderalisierung der Ver-

bände wirke zurück auf den staatlichen Föderalismus.77

Eine eindeutige Position nimmt auch Renate Mayntz zu diesem Thema ein. Sie

sieht die Arbeit von Verbänden unzweifelhaft durch den föderalistischen

Staatsaufbau beeinflusst. Bis heute steht ihre 1990 formulierte These von der

Parallelität von Verbändestruktur und politischer Struktur in der Bundesrepublik

74 Vgl. Reutter: 2002, 509ff. 75 Vgl. Lehmbruch, Gerhard: Föderative Gesellschaft im unitarischen Bundesstaat, in: Poli-tische Vierteljahresschrift (2003b), 4, 550f. 76 Vgl. Benz, Arthur: Themen, Probleme und Perspektiven der vergleichenden Föderalis-musforschung, in: Arthur Benz / Gerhard Lehmbruch (Hg.): Föderalismus. Analysen in ent-wicklungsgeschichtlicher und vergleichender Perspektive, PVS-Sonderheft 32, Wiesbaden 2002, 32. 77 Vgl. Tsatsos: 1995, 33ff.

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Landesverbände

35

im Raum. Charakteristisch für die Arbeit von Verbänden in einem föderalisti-

schen System sei die Arbeitsteilung zwischen den verschiedenen Ebenen.

In der Bundesrepublik habe sich laut Mayntz eine Arbeitsteilung herausgebildet,

in der die nationalen Spitzenorganisationen im Wesentlichen Forderungen arti-

kulierten, die sich auf bundesweite Regulierungen beziehen, während Verbände

auf Landesebene sich mehr mit politischen und administrativen Entscheidungen

im Gesetzesvollzug befassten.

Deutlich erkennbar sei der Zusammenhang mit der Ausgestaltung des bundes-

deutschen Verbund-Föderalismus. Hier liege die Legislative überwiegend beim

Bund, während seitens der Länder die Administration wahrgenommen werde.

So könne beispielsweise für Wohlfahrtsverbände die Landesebene, der Ort des

Vollzugs staatlicher Sozialpolitik, von größerer Bedeutung sein, als die vorwie-

gend mit Gesetzgebung befasste Bundesebene.78

Mayntz verweist außerdem darauf, dass Landesverbände historisch betrachtet

vor den Bundesorganisationen entstanden seien. Ein Zusammenhang zwischen

der Binnenstruktur zahlreicher Verbände auf nationaler Ebene und dem födera-

listischen Staatsaufbau der Bundesrepublik sei nicht zu übersehen. Die Ausbil-

dung zahlreicher regionaler Interessenorganisationen habe vor allem histori-

sche Gründe. Eine starke Zentralgewalt in Deutschland zu verhindern, sei das

oberste Ziel der Alliierten nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches 1945

gewesen. Die neue Gliederung des Staates in Länder habe dann zuerst auf

dieser Ebene ein Verbändesystem entstehen lassen, bevor sich Bundesorgani-

sationen bildeten (Entwicklung von unten nach oben). Auch historische Gren-

zen, wie zwischen Rheinland und Westfalen oder Baden und Württemberg, sei-

en noch heute in der Struktur regionaler Interessenverbände auszumachen.79

Neuere Ansätze nähern sich dem Gegenstand noch differenzierter, indem zwi-

schen unitarischen und nicht-unitarischen Bundesstaaten unterschieden wird.

Gerhard Lehmbruch sieht die Bundesrepublik Deutschland in Anlehnung an

Konrad Hesse80 als "unitarischen Bundesstaat". Pfadabhängig, zurückreichend

bis ins 19. Jahrhundert, habe sich der Trend zur Unitarisierung gebildet. Es 78 Vgl. Mayntz: 1990, 145ff. 79 Vgl. ebd.: 148. 80 Vgl. Hesse, Konrad: Der unitarische Bundesstaat, Karlsruhe 1962.

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Landesverbände

36

handele sich dabei um eine Abfolge von institutionellen Entwicklungssequen-

zen, in der es zu einer Hybridisierung von föderalen Institutionen und einer uni-

tarischen kulturellen Orientierung gekommen sei. Mit Blick auf die organisierten

Interessen lasse sich nicht nur staatliche sondern auch gesellschaftliche Unita-

risierung beobachten. Aus dieser Annahme heraus, greift Lehmbruch auf eine

bereits bekannte Hypothese über die Auswirkungen von Ressourcenabhängig-

keit zwischen Staat und Verbänden auf die Struktur des Verbändesystems zu-

rück. Demnach wurde angenommen, dass Verbände ihre Strukturen und Stra-

tegien der vorgefundenen Struktur staatlicher Entscheidungsprozesse anpass-

ten, insoweit sie auf die Zufuhr von staatlichen Ressourcen angewiesen seien.

Folglich würden sie in einem Bundesstaat durch diese Ressourcenabhängigkeit

dazu veranlasst, sich an den jeweiligen bundesstaatlichen Kompetenzzuwei-

sungen auszurichten. Gleichzeitig verweist Lehmbruch jedoch auch auf die Tat-

sache, dass in bestimmten Entwicklungsabschnitten – so im frühen 19. Jahr-

hundert und während des Nationalsozialismus – Interessengruppen erst durch

staatliche Intervention strukturell verändert oder gar erst gegründet worden sei-

en. Aus dem gesamten deutschen Staatsbildungsprozess resultiere ein mehr-

schichtig strukturiertes Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft sowohl auf

nationaler als auch auf subnationaler Ebene.81

3.2.3 Föderalismus und Verbändesystem im internationalen Vergleich

In vergleichender Perspektive lassen sich politische Systeme nicht nur danach

differenzieren, ob sie Einheitsstaat oder Bundesstaat sind. Neben dieser Frage

nach dem Grad an Zentralisierung, lässt sich auch untersuchen, wie der Föde-

ralismus in Bundesstaaten ausgestaltet ist. Hier gilt es dann zu vergleichen, wie

die Kompetenzen zwischen Bund und Gliedstaaten verteilt sind und in welchem

Maße materielle Strukturen vereinheitlicht sind. Es geht dann um die Frage

nach dem Grad an Unitarisierung.

Für diese Arbeit relevant ist das Verhältnis von Föderalismus und Verbände-

system in vergleichender Perspektive. Nach einer vergleichenden Analyse der

Struktur von Verbändesystemen in Einheitsstaaten, unitarischen und nicht-

81 Vgl. Lehmbruch: 2003a, 261ff.

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Landesverbände

37

unitarischen Bundesstaaten kommt Armingeon zu dem Schluss, dass es ledig-

lich eine schwache Korrelation zwischen der Struktur des Staates und des Ver-

bändesystems gibt. Selbst in Einheitsstaaten werde es kein regional undifferen-

ziertes Verbändesystem geben können, während in Bundesstaaten einheitliche

Verbändesysteme nicht vollkommen ausgeschlossen werden könnten. Bezüg-

lich der interregionalen Heterogenität von Verbändesystemen lasse sich festhal-

ten, dass die regionalen Differenzen in Einheitsstaaten klein seien und in nicht-

unitarischen Bundesstaaten vergleichsweise groß. Die Verbändesysteme der

unitarischen Bundesstaaten glichen eher jenen der Einheitsstaaten als jenen

der Bundesstaaten, die nicht das Ziel der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse

anstrebten.82

Der Frage, wie ein Verbändesystem in bestimmte Staatsstrukturen integriert

sein kann, hat sich Coleman gewidmet.83 Er entwickelte eine Typologie, die

Verbändesysteme in sieben Kategorien kennt:

(1) Unitary association without territorial differentiation

(Unitarische Verbände ohne territoriale Differenzierung),

(2) Unitary association with regional sub-units

(Unitarische Verbände mit regionalen Subeinheiten),

(3) Unitary association with regional sub-units, one or more of which en-

joys an enhanced status

(Unitarische Verbände mit regionalen Subeinheiten, die teilweise mit

größerer Autonomie ausgestattet sind),

(4) Federal association

(Föderative Verbände mit festgelegter Arbeitsteilung im vertikalen

Verbund),

(5) Confederal association

(Konföderative Verbände mit unabhängigen Regionalverbänden und

einem Dachverband mit geringer Autorität über die Mitglieder),

82 Vgl. Armingeon, Klaus: Verbändesysteme und Föderalismus. Eine vergleichende Analy-se, in: Arthur Benz / Gerhard Lehmbruch (Hg.): Föderalismus. Analysen in entwicklungsge-schichtlicher und vergleichender Perspektive, PVS-Sonderheft 32, Wiesbaden 2002, 227. 83 Vgl. Coleman, William D.: Federalism and Interest Group Organization, in: Herman Bakvis / William D. Chandler (Hg.): Federalism and the Role of the State, Toronto u. a. 1987, 172ff.

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Landesverbände

38

(6) Affiliated association

(Verbandszusammenschlüsse, die nur dem Zweck dienen, eine ge-

meinsame Stimme auf nationaler Ebene zu schaffen),

(7) Independent regional association

(Unabhängige regionale Verbände ohne Verbindung zur nationalen

Ebene).

Entlang dieser Typologie hat Karlhofer die Verbandssysteme Deutschlands,

Österreichs und der Schweiz eingeordnet. Er kommt zu dem Ergebnis, dass

sich das Spektrum der untersuchten Verbandssysteme innerhalb der Katego-

rien drei bis fünf bewegt. Der Österreichische Gewerkschaftsbund und der Bun-

desverband der deutschen Industrie könnten zwar aufgrund der fehlenden Mit-

spracherechte formal der Kategorie zwei zugeordnet werden, doch sei in der

Praxis ihr Einfluss allein durch ihre Rolle bei der Politikimplementation gewähr-

leistet. In Deutschland und Österreich dominierten die Verbändesysteme der

Kategorien drei und vier, während in der Schweiz dagegen die Kategorien vier

und fünf überwögen.84

Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass bisherige interna-

tional vergleichende Studien ein einheitliches Eins-zu-eins-Muster mit zentrali-

sierten Verbänden in Einheitsstaaten und regional differenzierten, autonomen

Verbänden in föderalistischen Staaten nicht nachweisen konnten. Coleman hält

als Zusammenfassung seiner Untersuchung fest:

„The relationship between constitutional structure and association struc-

tures is complex. There is no simple one-to-one relationship where one

can say that unitary regimes have unitary associations and federal re-

gimes have federal associations.”85

84 Vgl. Karlhofer, Ferdinand: Sozialpartnerschaftliche Interessenvermittlung in föderativen Systemen. Ein Vergleich Deutschland – Österreich – Schweiz, in: Arthur Benz / Gerhard Lehmbruch (Hg.): Föderalismus. Analysen in entwicklungsgeschichtlicher und vergleichen-der Perspektive, PVS-Sonderheft 32, Wiesbaden 2002, 236. 85 Coleman: 1987, 183.

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Landesverbände

39

Dazu sind die Ausgangsbedingungen im Hinblick auf historische Entwicklung

(vgl. Lehmbruch) und Ausgestaltung von Föderalismus (vgl. Armingeon) zu ver-

schieden. Die Tendenz zur Korrelation von Staatsaufbau und Verbändesystem,

egal wie stark sie nun ausgeprägt sein mag, bleibt jedoch zu erkennen. Es ist

davon auszugehen, dass sich organisierte Interessen in ihrem Aufbau am poli-

tisch-administrativen System orientieren, weil „sie Einfluss auf jene Instanzen

gewinnen wollen, die über sie betreffende Fragen entscheiden“.86

86 Heinze, Rolf G. / Voelzkow, Helmut: Verbände und Neokorporatismus, in: Hellmut Wollmann / Roland Roth (Hg.): Kommunalpolitik. Politisches Handeln in den Gemeinden, Bonn² 1998, 227.

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Landesverbände

40

3.3 Handlungsfelder von Landesverbänden

Neben dem Gesetzesvollzug durch die Länderverwaltungen bilden sich für

Landesverbände jedoch noch weitere wirksame Ansatzpunkte. Zum einen sind

dort die noch verbliebenen direkten Rechtsetzungsfelder der Länder und zum

anderen scheinen die Abstimmungen der Länderexekutiven im Bundesrat für

landesverbandliche Arbeit außerordentlich interessant geworden zu sein. Damit

stellen sich für die Verbände in den Bundesländern folgende Ansatzpunkte dar:

- Die Haltung des Landes zu den bundespolitischen Themen und Ent-

scheidungen im Bundesrat,

- Die Mitwirkung des Landes am Verwaltungshandeln des Bundes und

- Die originären Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse des Landes.

Es kann demnach möglich sein, dass ein Dachverband auf Landesebene nicht

nur die koordinierten Interessen seiner regionalen Mitgliedsverbände wahr-

nimmt, sondern gleichzeitig vielfach die Aufgaben der regionalen Interessenver-

tretung des Bundesverbandes gegenüber dem Land übernimmt.87

Auch wenn der Bund im föderalistischen System der Bundesrepublik Deutsch-

land den Großteil der Gesetzgebung an sich gezogen hat, verbleiben den Bun-

desländern auf einigen Politikfeldern noch autonome Rechtsetzungskompeten-

zen.

Lippold / Schunck sehen für Verbände in der Landespolitik noch zahlreiche An-

satzpunkte, um auf den folgenden Politikfeldern Einfluss auszuüben:

- Regional- und Raumordnungspolitik:

Aufgabe des regionalen Dachverbandes ist es, gegenüber der Landes-

politik auf die Bedeutung von Infrastrukturmaßnahmen hinzuweisen. In

der Raumordnungsplanung werden u. a. Gebiete der Rohstoffgewinnung

festgelegt, Flächen für Industrie- und Gewerbegebiete sowie Standorte

für Ver- und Entsorgungsanlagen ausgewiesen. Ein beratendes Mitwir-

ken bei der Erstellung dieser Pläne ermöglicht es dem Wirtschaftsver-

87 Vgl. Lippold / Schunck: 1988, 216f.

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Landesverbände

41

band, Einfluss auf die langfristige Entwicklungsmöglichkeit eines Regie-

rungsbezirkes und des Landes zu nehmen.

- Technologiepolitik:

Für die Akzeptanz moderner Technologien in einer technologieskepti-

schen Umwelt zu sorgen, können Bundesverbände allein nicht schaffen.

Der regionale Dachverband mit seinen bis in die Kommune hineinrei-

chenden Wirkungsmöglichkeiten hat hier eine wichtige ergänzende Funk-

tion über kommunale Arbeitskreise und Bildungswerke. Die Nutzung

neuer Technologien hat über ihre Beschäftigungswirkung und die Mög-

lichkeit der Humanisierung am Arbeitsplatz hinaus auch regional- und

strukturpolitische Bedeutung.

- Wirtschaftspolitik:

Regionale Dachverbände sind gefordert, sich mit Chancen und Risiken

des sektoralen Strukturwandels zu beschäftigen. Auch Mittelstandspolitik

ist ein Thema für diese Organisationen. Bei Fragen der Wirtschaftsförde-

rung können sie helfen, mittelständische Anliegen durchzusetzen.

- Medienpolitik:

Dieser Bereich fällt weitgehend in die Kompetenz der Bundesländer. Re-

gionale Verbandspolitik kann auf die Politik einwirken und damit zu-

kunftsorientierte Standortvorteile sichern und Medienvielfalt erhalten.

- Umweltpolitik:

Die Zusammenarbeit von Verbänden und Staat in Form freiwillig ge-

schlossener Vereinbarungen kann ein Weg sein, Ziele des Umweltschut-

zes effizient und praktikabel zu realisieren. Für alle Bereiche der Um-

weltpolitik lässt sich nachweisen, dass die Gesetzgebung des Bundes

ohne einen entsprechenden Vollzug in den Ländern erfolglos bleibt.

- Energiepolitik:

Den Bundesländern obliegt die Ausweisung von Standorten für Kraftwer-

ke und die Festlegung von Trassen für Energieleitungssysteme im Rah-

men der Raumplanung. Regionale Dachverbände können in Gesprächen

mit der Landesregierung aber auch in der Öffentlichkeit für die Interessen

ihrer Mitglieder werben.

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Landesverbände

42

- Bildungspolitik:

Die Kompetenz für Bildungs- und Hochschulpolitik liegt in der Hand der

Länder und ist damit Ansatzpunkt regionaler Verbandspolitik. Es wird

Aufgabe von Politik und Verbänden, in regionalspezifischen Modellen

den Transfer von Wissen zwischen Wirtschaft und Schule zu fördern.

- Arbeits- und Sozialpolitik:

Es ergeben sich für Regionalverbände zahlreiche arbeits- und sozialpoli-

tische Aufgabenstellungen, die ein Zusammenwirken mit anderen Wirt-

schaftsorganisationen und Gewerkschaften erfordert. Die regionalen

Dachverbände wirken in den Gremien der Arbeitsverwaltung, der Kran-

kenkassen und der Rentenversicherung auf Landesebene mit.88

Diese (halb-)autonomen Handlungsspielräume der Länder könnten damit

zugleich die primären Handlungsfelder von Landesverbänden sein. Ihre Inte-

ressen müssen die Verbände dann gegenüber der Landespolitik und der Ver-

waltung artikulieren. Je nach verfassungsrechtlicher Lage sind Verbände auch

auf der Landesebene bei Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes durch schriftli-

che und mündliche Stellungnahmen oder offizielle und informelle Gespräche

beteiligt.

Es zeigt sich eine herausgehobene Stellung von Verbänden im Sinne privile-

gierter Zugänge sichtbar in Länderverfassungen, in Ländergesetzen und

-verordnungen. Formen der Institutionalisierung sind Ausschüsse und Gremien,

an denen Verbände teilhaben (z.B. in NRW Braunkohleausschuss, Para-

graph29-Ausschuss) und die Zuweisungen eines öffentlichen Status an Ver-

bände (z.B. Kirchen sowie Industrie- und Handelskammern). Diese Institutiona-

lisierung findet man schwerpunktmäßig auf den Handlungsfeldern Wirtschaft

und Arbeit, Raumordnung und Landesplanung, Medienpolitik und Umweltpoli-

tik.89

88 Vgl. ebd.: 220ff. 89 Vgl. Kleinfeld / Löbler: 1993.

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Landesverbände

43

3.4 Verfassungsrechtliche Grundlagen

Jedes Bundesland als Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland verfügt über

eine eigene Landesverfassung. Die im Grundgesetz nur kurz oder gar nicht be-

handelten Bereiche werden hier genauer geregelt. In Bezug auf die Tätigkeit

von Verbänden sind in den einzelnen Landesverfassungen unterschiedliche

Vorgaben zu finden.

Wittkämper hat bereits 1963 die Rechtsstellung von Interessenverbänden in

Landesverfassungen in sechs Gruppen zusammengefasst:

1. Einordnung der Interessenverbände in die Staatsorganisation der Län-

der:

- als Wahlkörperschaften eines Staatsorgans, das sich selbst aus Vertre-

tern von Verbänden zusammensetzt (Bayerischer Senat)

[Anm. d. Verf.: abgeschafft 1998];

- als Wirtschaftskammern aus den Vertretern von Arbeitnehmern und Un-

ternehmen bzw. Arbeitgebern;

- als überbetriebliche Mitbestimmung von Gewerkschaften und Unterneh-

mensvertretern in staatlichen Lenkungsorganen;

- als Bildung von Wirtschaftsgemeinschaften durch die Vertreter der Ar-

beitgeber und Arbeitnehmer;

- als Industrie- und Handelskammern;

- als Übertragung der Wahrnehmung allgemeiner beruflicher, wirtschaftli-

cher und sozialer Interessen durch die Berufsorganisationen von Arbeit-

gebern und Arbeitnehmern.

2. Garantie der Tarifautonomie der Sozialpartner: ausschließliche Tariffä-

higkeit der Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen bzw. Unter-

nehmen und der Möglichkeit zur Allgemeinverbindlichkeit von Tarifver-

trägen.

3. Anerkennung des innerbetrieblichen Mitbestimmungsrechts im Beneh-

men mit oder unter Mitwirkung von Gewerkschaften.

4. Anerkennung des Streikrechts von Gewerkschaften, wirtschaftlichen

Vereinigungen oder Berufsverbänden.

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Landesverbände

44

5. Garantie der Einrichtung und Tätigkeit von Selbstverwaltungsorganen

aus dem Bereich der Berufsverbände besonders auf dem Gebiet der So-

zialversicherung .

6. Anerkennung von Einrichtung und Tätigkeit der Verbände der freien

Wohlfahrtspflege.90

3.4.1 Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit

Die verfassungsrechtliche Grundlage für die Existenz von Verbänden in der

Bundesrepublik Deutschland ist durch Artikel 9 GG gegeben. Absatz 1 enthält

das Grundrecht der allgemeinen Vereinigungsfreiheit, während Absatz 3 das

speziellere Recht zur Bildung von Vereinigungen zur Wahrung und Förderung

der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen beinhaltet (Koalitionsfreiheit). Zehn

der sechzehn Bundesländer haben ähnliche Bestimmungen auch in ihre Lan-

desverfassungen aufgenommen:

Bundesland Vereinigungsfreiheit Koalitionsfreiheit

Bayern Art. 114 Art. 170

Berlin Art. 27

Brandenburg Art. 20 Art. 51

Bremen Art. 17 Art. 48

Hessen Art. 15 Art. 36

Rheinland-Pfalz Art. 13 Art. 66

Saarland Art. 7 Art. 56

Sachsen Art. 24 Art. 25

Sachsen-Anhalt Art. 13 Art. 13

Thüringen Art. 13 Art. 37

Tab. 2: Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit in den Bundesländern.

Die Tatsache, dass die Verfassungen Baden-Württembergs, Hamburgs, Meck-

lenburg-Vorpommerns, Niedersachsens, Nordrhein-Westfalens und Schleswig-

90 Vgl. Wittkämper, Gerhard W.: Grundgesetz und Interessenverbände. Die verfassungs-rechtliche Stellung der Interessenverbände nach dem Grundgesetz, Köln, Opladen 1963, 46.

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Landesverbände

45

Holsteins keine Vereinigungsfreiheit vorsehen, bedeutet jedoch nicht, dass ver-

bandliche Betätigungsmöglichkeiten hier ausgeschlossen sind. Es ist sicher,

dass die Existenz von Interessenorganisationen auch dort möglich ist, wo diese

nicht über verfassungsmäßig garantierte Rechte verfügen.

Interessengruppen haben damit das Recht, sich zu den Themen ihrer Wahl frei

zu äußern, können sich an die Öffentlichkeit wenden und auch Bitten und Be-

schwerden an staatliche Institutionen richten. Neben den vorher erläuterten

Grundrechten sind die jeweiligen Geschäftsordnungen der Parlamente und Mi-

nisterien für Verbände zu beachten. Die Geschäftsordnung des Bundestages

sieht beispielsweise vor, dass Experten aus dem nicht-parlamentarischen Be-

reich angehört werden können (§ 70). Da im politischen System der Bundesre-

publik der Schwerpunkt bei der Ausarbeitung von Gesetzentwürfen bei den

Fachministerien liegt, sind diese wichtige Anlaufstelle für Verbände, wie es in

§ 10 der Geschäftsordnung der Bundesregierung zur Entlastung des Bundes-

kanzlers beschrieben wird.91

3.4.2 Verbände und Gesetzgebung

Die festgeschriebene Beteiligung der Verbände am Gesetzgebungsprozess der

Länder ist nur selten zu finden. Lediglich die Verfassungen Mecklenburg-

Vorpommerns (Art. 3) und Thüringens (Art. 9) weisen Bürgerbewegungen ne-

ben den Parteien eine zentrale Rolle auf allen Gebieten der politischen Willens-

bildung zu. Zumeist jedoch bleiben die Rechte auf wenige Verbände sowie auf

bestimmte Handlungsfelder begrenzt. In Baden-Württemberg (Art. 71,4), Bay-

ern (Art. 83,7), Brandenburg (Art. 97,4), Niedersachsen (Art. 57,6), Sachsen

(Art. 84,2) und Thüringen (Art. 91,4) wird den kommunalen Spitzenverbänden

ein Anhörungsrecht in allen die Gemeinden betreffenden Angelegenheiten ein-

geräumt.

In einigen ostdeutschen Bundesländern sind Umweltschutzverbände in den

Prozess der Gesetzgebung bzw. Verwaltung durch entsprechende Bestimmun-

gen in den Landesverfassungen eingebunden worden. Dies gilt für Branden-

91 Vgl. Sebaldt / Straßner: 2004, 88.

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Landesverbände

46

burg (Art. 39,8), Mecklenburg-Vorpommern (Art. 75) und Sachsen (Art. 10,2),

wo die Einbindung in Verwaltungsverfahren nebst teilweise gewährter Klagebe-

fugnis (Sachsen) lediglich Umwelt-, Landschafts- und Naturschutzverbänden

gewährt wird. Auch in Rheinland-Pfalz (Art. 68) beispielsweise beschränkt sich

die Teilhabe am Gesetzgebungsprozess per Anhörung nur auf das Teilgebiet

der Wirtschaftsangelegenheiten. Die Beteiligung bleibt mit Arbeitgeber- und Ar-

beitnehmervertretungen nur einer kleinen Gruppe von Akteuren vorbehalten.

Die meisten Regelungen enthält das Handlungsfeld Wirtschaft und Arbeit. Hier

ragt besonders die Garantie der Koalitionsfreiheit heraus, die in neun Landes-

verfassungen verankert ist. Ebenfalls zahlreich vertreten ist die Möglichkeit der

Errichtung des inner- und überbetrieblichen Mitbestimmungsrechts (in acht

Landesverfassungen enthalten). Das Streikrecht wird immerhin noch in sieben

Landesverfassungen garantiert.

Auch die Rolle von Kirchen und Verbänden im Bereich der Wohlfahrtspflege

wird in den Verfassungen von Baden-Württemberg (Art. 6/87), Mecklenburg-

Vorpommern (Art. 19,2), Nordrhein-Westfalen (Art. 6,3), Rheinland-Pfalz (Art.

26), dem Saarland (Art. 25,1), Sachsen-Anhalt (Art. 33) und Thüringen (Art. 41)

geregelt.

Dagegen schließen viele Landesverfassungen eine Betätigungsmöglichkeit von

freiwillig gebildeten Interessenverbänden in bestimmten Handlungsbereichen

von vornherein aus. So werden beispielsweise in den Bereichen Kunst / Kultur,

Landschafts- und Denkmalpflege oder Sportförderung die Regelungsbefugnisse

oftmals ausdrücklich dem Land und den Kommunen zugewiesen.

Schneider hat für Landesverbände in Baden-Württemberg zahlreiche Beteili-

gungsrechte ausmachen können. Den kommunalen Verbänden wird ein unmit-

telbarer Zugang zum Gesetzgeber verfassungsrechtlich garantiert (Art. 71,4

Landesverfassung). Auch die Geschäftsordnungen von Landtag und Landesre-

gierung sehen Anhörungsmöglichkeiten für betroffene Verbände vor. Selbst in

das staatliche Verwaltungshandeln können Verbände durch eine allgemeine

Anhörpraxis eingebunden werden. Viele Landesministerien und die dort ange-

siedelten Fachreferate sind häufig auf zusätzlichen Sachverstand von außen

angewiesen. Die Anhörchance der Verbände erhöht sich mit deren institutiona-

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Landesverbände

47

lisierten Beteiligung an Beiräten, wobei deren Funktionen von der Anhörung bis

zur Mitwirkung reichen können.92

3.4.3 Korporatistische Einbindung von Landesverbänden

Die vermehrte Beteiligung von Interessengruppen am politischen und administ-

rativen Prozess ist auf der Landesebene auch nachzuweisen. In zahlreichen

Gremien und Beiräten wirken Vertreter der Landesverbände mit. In Hessen bei-

spielsweise waren Unternehmerdachverband und Gewerkschaften durch Art.

38 (3) der Landesverfassung in folgende überbetriebliche Institutionen einge-

bunden:

-Ausschuss gemäß §18 Arbeitsgerichtsgesetz,

-Ausschuss gemäß §11 Sozialgerichtsgesetz,

-Tarifausschuss beim Hessischen Sozialminister,

-Hessische Kommission für die sozialen Folgen des technischen Fortschritts

beim Sozialminister,

-Landesausschuss für soziale Integration der ausländischen Arbeitnehmer,

-Landesbeirat für Vertriebenen- und Flüchtlingsfragen beim Hessischen Sozi-

alminister,

-Landeskuratorium für Jugendbildung,

-Landeskuratorium für Erwachsenenbildung,

-Landesausschuss für Jugendarbeitsschutz,

-Hessischer Landesausschuss für Berufsbildung,

-Hessischer Beirat für Arbeitsschutz beim Hessischen Sozialminister,

-Hessischer Beirat für Umwelt,

-Landesplanungs- und Entwicklungsbeirat,

-Regionale Planungs- und Entwicklungsbeiräte,

-Beratender Ausschuss für Behinderte des Landeswohlfahrtsverbandes Hes-

sen.93

92 Vgl. Schneider: 1988, 32f. 93 Vgl. Lippold / Schunck: 1988, 230.

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Landesverbände

48

3.5 Zum Verhältnis der Verbandsebenen untereinander

3.5.1 Die Ebenen eines Verbandes

Industrie, Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Wohlfahrtsverbände bündeln ihre re-

gionalen Interessen in allen territorialen Untergliederungen auf ähnliche Art und

Weise. So ist auffällig, dass Arbeitgeber und Industrie sich in jedem Bundesland

zu einem Spitzenverband zusammengeschlossen haben. Analog dazu bilden

die Arbeitnehmervertretungen ebenfalls ihre Bezirksverbände. Auch die Spit-

zenverbände der freien Wohlfahrtspflege sind in jedem Bundesland vertreten.94

In ihrer 1993 vorgelegten Studie zu Verbänden in der nordrhein-westfälischen

Landespolitik wird der Anteil von bundesweit tätigen Verbänden mit territorialer

Gliederung von Kleinfeld / Löbler mit knapp 30% angegeben (Zahlen beziehen

sich auf Mitte der 80er Jahre). Ein Zusammenhang mit dem föderalstaatlichen

Aufbau der Bundesrepublik war nicht zu übersehen, da die Binnendifferenzie-

rung vieler Verbände annähernd dem politischen Aufbau des Staates ent-

sprach. Die Studie zeigte außerdem, dass Verbände mit territorialer Gliederung

über durchschnittlich 10,3 Landes-, Regional- oder Bezirksverbände verfügten.

In den großen Flächenländern existierten teilweise mehrere Unterorganisatio-

nen, während die Stadtstaaten und das Saarland oftmals mit anderen Flächen-

staaten in einen Territorialverband zusammengefügt waren.95

Die überwiegende Mehrzahl von Verbänden auf nationaler Ebene sind Bünde,

was sich nicht selten in einer Kombination von fachlichem und territorialem Or-

ganisationsprinzip niedergeschlagen hat. Ein reiner Zusammenschluss von

Fachverbänden, die selbst über territoriale Untergliederungen verfügen bzw.

Dachverbände oder Arbeitsgemeinschaften darstellen können, sind etwa BDI,

Deutscher Kulturrat, Deutscher Frauenrat oder Deutscher Naturschutzring. Sie

sind Verbände von Verbänden ohne eigenständigen territorialen Unterbau. Be-

stehende Landesorganisationen (wie etwa die Landesfrauenräte oder die Lan-

desnaturschutzringe) sind unabhängig vom Bundesverband und nur über lose

Koordinationstreffen mit ihm verbunden. Ihre Strukturen und ihre Delegations-

94 Vgl. Hartmann: 1997. 95 Vgl. Kleinfeld / Löbler: 1993.

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Landesverbände

49

und Partizipationsrechte sind bestimmt von rechtlich selbstständigen Fachver-

bänden. Der territorialen Gliederung des politisch-administrativen Systems fol-

gen – mehr oder weniger – viele Fachverbände, der Deutsche Fußballbund, die

AWO oder die Einzelgewerkschaften des DGB. Hier nehmen Orts-, Regional-

oder Landesverbände, denen die individuellen Mitglieder angeschlossen sind,

eigenständig an der binnenorganisatorischen Willensbildung teil. Aber auch hier

bestehen häufig noch fachliche Substrukturen, die teilweise über Partizipations-

und Vertretungsrechte in den zentralen Organen des Verbandes verfügen. Ei-

ne Kombination von fachlicher und territorialer Gliederung findet sich beispiels-

weise beim DGB, der BDA, dem Deutschen Bauernverband und dem Deut-

schen Bundesjugendring. Hier sind sowohl fachliche Einzelverbände als auch

überfachliche Landesorganisationen in den zentralen Gremien vertreten.

Das Verhältnis von Verbandsführung und Mitgliedschaft wird durch die Kombi-

nation von Organisationstyp und Gliederungsprinzip beeinflusst. Den Mitglie-

derversammlungen, den satzungsgemäß obersten Organen, kommt dabei in

aller Regel nur sekundäre Bedeutung zu, und die Partizipation individueller Mit-

glieder beschränkt sich häufig auf die unterste Ebene und die Wahl von Vor-

ständen. Von weit größerer Bedeutung sind die Leitungsgremien, in denen bei

Dachverbänden meistens auch die wichtigsten Mitgliedsverbände vertreten

sind. Gleichzeitig bedeutet dies, dass einer Oligarchisierung der Spitzenver-

bände Grenzen gesetzt sind. Nicht selten liegt die eigentliche Machtbasis bei

wichtigen Fach- oder Landesverbänden, die häufig über einen beträchtlichen

Verbandsapparat verfügen, eine eigenständige Legitimationsgrundlage besitzen

und finanziell autonom sind.96

3.5.2 Verhältnis der Landes- zur Bundesebene

Zum Verhältnis zwischen Bundes- und Landesorganisationen liegen kaum theo-

retische und empirische Erkenntnisse vor. Oftmals lassen sich zwar Verbindun-

gen zwischen Verbänden auf der Landes- und Bundesebene nachweisen, doch

die Art und Intensität der Einflussnahme von Landesverbänden auf bestehende

Bundesorganisationen kann höchst unterschiedlich ausgestaltet sein. Von star- 96 Vgl. Reutter, Werner: Deutschland. Verbände zwischen Pluralismus, Korporatismus und Lobbyismus, in: Werner Reutter / Peter Rütters (Hg.): Verbände und Verbandssysteme in Westeuropa, Opladen 2001, 81f.

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Landesverbände

50

ken Mitspracherechten bis hin zu lockerer Kooperation ist eine Zusammenarbeit

möglich. Wie hoch der Grad an Eigenständigkeit der Landesverbände ausge-

prägt ist, kann ebenfalls stark variieren (vgl. Typologie nach Coleman Kap.

3.2.3).

Braune-Krickau verweist in einem Beitrag, der sich mit Entscheidungsprozes-

sen in Wirtschaftsverbänden beschäftigt, darauf, dass die größeren Wirtschafts-

verbände meist mehrstufig aufgebaut seien. An der Spitze stehe ein nationaler

Verband, den lokale und/oder regionale Organisationen trügen. Innerhalb derar-

tiger Verbände geht der Verfasser von einer Arbeitsteilung aus, wonach natio-

nale und internationale Aufgaben dem nationalen Spitzen- oder Dachverband

verblieben, während die dezentralen Organisationen sowohl regionale Aufga-

ben als auch den unmittelbaren Kontakt zu den Mitgliedern übernähmen.97

Bei Wirtschaftsverbänden scheint die jeweilige Branche wichtige Determinante

für das Verhältnis zwischen den Verbandsebenen zu sein. So kommt beispiels-

weise in der stark national und international agierenden chemischen Industrie

der Bundesebene stärkeres Gewicht zu, während in der eher regional orientier-

ten Bauindustrie die verbandlichen Subeinheiten an Einfluss gewinnen. Der

Druck zur Regionalisierung ist hier wesentlich größer, wenn eine Organisation

effektive Strukturen ausbilden möchte.98

Aus dem binnenorganisatorischen Verhältnis resultiert innerhalb des Verbandes

nicht selten eine strukturell angelegte Spannung zwischen Bundes- und Lan-

desorganisation. Die Bundesorganisation geht zumeist von einem hierarchisch

interpretierten Binnenverhältnis aus, wohingegen die Landesorganisationen

zum Teil vehement ihre Eigenständigkeit zu sichern suchen. Hebel für die Ei-

genständigkeit der Landesverbände ist ihr häufig exklusiver Kontakt zu den Mit-

gliedern, wohingegen der Bundesvorstand derartige Kontakte über die Ge-

schäftsführung des Landesverbandes vermitteln muss. Das Wahlrecht im Bun-

desvorstand kann nach besonderen Kategorien von Mitgliedern gewichtet wer-

97 Vgl. Braune-Krickau, Michael: Die Organisation von Entscheidungsprozessen in Wirt-schaftsverbänden, in: Ernst-Bernd Blümle / Peter Schwarz (Hg.): Wirtschaftsverbände und ihre Funktion, Darmstadt 1985, 303ff. 98 Vgl. Coleman: 1987, 176ff.

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Landesverbände

51

den. In aus Landesverbänden zusammengesetzten Bundesorganisationen be-

sitzt aber meist jeder Landesverband auch eine Stimme.

3.5.3 Der Landesverband als Mittelinstanz zwischen Kommune und Bund

Was die Organisationsgliederung von Verbänden angeht, so kann diese höchst

unterschiedlich ausgestaltet sein. Landesverbände können sowohl selbststän-

dige Organisationen sein, also praktisch den Abschluss ihrer eigenen Organisa-

tionsgliederung darstellen, als auch eine Art Zwischenstufe zwischen lokaler

Ebene und Bundesebene bilden. Bei der Mehrzahl der Verbände herrscht das

Gliederungsschema Ort-Kreis-Land-Bund vor, wobei es unter anderem von der

Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten abhängt, welches politische Ge-

wicht dem Landesverband zukommt.99

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sieht seine Landesverbände als Mittelinstanz

(Abb. 1). Zwischen der Bundes- und der Kreisebene erfüllt die Landesorganisa-

tion spezifische Aufgaben. Der Bundesverband als oberste Ebene setzt die

Rahmenbedingungen des Handelns fest und steht für Beratung zur Verfügung.

Im Gegenzug trägt der Landesverband einen Teil der finanziellen Lasten, be-

setzt dafür aber auch Gremien auf der höheren Ebene. Ähnlich ist das Verhält-

nis von Landesebene zur Kreisebene gestaltet. Auf der Landesebene sind dem

Landesverband ebenenspezifische Aufgaben zugewiesen, die er relativ auto-

nom wahrnehmen kann. Er verhandelt mit der Landesregierung und der Lan-

desverwaltung. Ebenso ist er zuständig für die Außenwirkung der Organisation

auf der Landesebene.

99 Vgl. Schneider: 1988, 23.

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Landesverbände

52

Vertikale Austauschbeziehungen:

1 + 2 Rahmenbedingungen (Satzungsmuster, Empfehlungen, Tarifvertrag)

Information, Auskunft, Beratung

Fortbildungen (DRK-Schulen)

3 + 4 Interessenvertretung in Gremien und Ausschüssen

Bedarfsanzeige und Information

Finanzierung (Verbandsbeitrag)

Horizontale Austauschbeziehungen:

5 Interessenvertretung

Rahmenabkommen

6 Finanzierung

Gesetze, Verordnungen, Richtlinien

7 Medien

Klienten (Bewohner, Teilnehmer, Kurgäste)

Mitglieder

8 Berichterstattung

Abb. 1: Der DRK Landesverband Niedersachsen e.V. als Mittelinstanz, Eigene Darstellung basierend auf: www.drk-nds.de, [12.10.2004].

DRK- Landesverband Niedersachsen

DRK- Bundesverband

54 DRK- Kreisverbände

Öffentlichkeit

Landes- ministerien

und -behörden

3 1

2 4

5

6

7

8

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Landesverbände

53

3.6 Landesspezifische Einflussfaktoren auf die Arbeit von Verbän-

den

Die Handlungsmöglichkeiten von Landesverbänden werden von Faktoren mit-

bestimmt, die von Land zu Land höchst unterschiedlich sein können. So sind es

größtenteils die wirtschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen, die den

Spielraum der Interessengruppen bestimmen. Die wirtschaftlichen Strukturun-

terschiede zwischen den Ländern beeinflussen natürlich die Tätigkeit der Ver-

bände im Bereich Wirtschaft und Arbeit. Die Interessenvertretung der Landwirt-

schaft beispielsweise wird in stark agrarisch strukturierten Flächenländern (z.B.

Bayern) leichter an Einfluss gewinnen können als in anderen Regionen der

Bundesrepublik. Nicht zu unterschätzen sind aber auch die Auswirkungen von

regionalen Unterschieden in der politischen Kultur innerhalb der Bundesrepu-

blik. Die von den Mitgliedern einer Gesellschaft geteilten Werte und Einstellun-

gen sind wichtige Einflussfaktoren auf den Grad der Akzeptanz und die Arbeit

von Verbänden.100

In eine ähnliche Richtung gehen die erst jüngst vorgelegten Erkenntnisse von

Josef Schmid, der die Rolle von Gewerkschaften im Föderalismus näher unter-

sucht hat. Die regionalen gewerkschaftlichen Aktivitäten sind abhängig von his-

torischen, politisch-administrativen und ökonomischen Faktoren. Daraus lässt

sich beispielsweise die einflussreiche Stellung der Arbeitnehmerorganisationen

im traditionellen Industrieland Nordrhein-Westfalen ableiten. Im stärker agra-

risch strukturierten Rheinland-Pfalz hingegen fallen die Regionalgewerkschaf-

ten landes- und tarifpolitisch, bis auf den starken Chemie-Bereich, kaum auf.101

100 Vgl. Schneider: 1988, 44ff. 101 Vgl. Schmid, Josef: Gewerkschaften im Föderalismus: Regionale Strukturen und Kultu-ren und die Dynamik von Mehrebenensystemen, in: Wolfgang Schroeder / Bernhard We-ßels (Hg.): Gewerkschaften in Politik und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland: ein Handbuch, Wiesbaden 2003, 272ff.

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Verbändekommunikation

54

4. Grundlagen der Verbändekommunikation

4.1 Begriffliche Definition Kommunikation – Public Relations –

Öffentlichkeitsarbeit

Kommunikation ist ein mit unzähligen Aspekten und Theorien aufgeladener

Begriff, dass an dieser Stelle zunächst kurz erklärt werden muss, welches Ver-

ständnis von Kommunikation dieser Arbeit zugrunde liegt.

Bei menschlicher Kommunikation rücken soziale Prozesse in den Mittelpunkt.

Kommunikation kann als soziales Handeln verstanden werden. Handeln stellt in

diesem Zusammenhang intentionales Verhalten dar. Mit Kommunikation wer-

den dann also bewusst konkrete Ziele verfolgt. Wenn dementsprechend min-

destens zwei Individuen ihre kommunikativen Handlungen nicht nur wechselsei-

tig aufeinander richten, sondern darüber hinaus auch die allgemeine Intention

ihrer Handlungen verwirklichen können und damit Verständigung erreichen,

kann von menschlicher Kommunikation gesprochen werden. Erst der wechsel-

seitig stattfindende Prozess der Bedeutungsvermittlung macht Kommunikation

aus.102

Kommunizieren nun zwei Individuen miteinander, so findet diese soziale Inter-

aktion auf der Mikroebene statt. Natürlich lassen sich diese kommunikativen

Prozesse auch auf eine Mesoebene übertragen. Systemtheoretischem Denken

entsprechend kommunizieren dann hier Organisationen mit ihren sozialen Um-

welten. Diese Umwelten werden auch als Teilöffentlichkeiten bezeichnet. An

dieser Stelle wird die Verbindung zum Begriff „Öffentlichkeitsarbeit“ erkennbar.

Eine Organisation betreibt Öffentlichkeitsarbeit, wenn sie kommunikative Bezie-

hungen zu ihren Teilöffentlichkeiten unterhält. Die Begriffe „Öffentlichkeitsarbeit“

und „Public Relations (PR)“ sollen hier synonym verwendet werden, obwohl bei

genauerer Betrachtung die semantische Differenz zwischen einem „Bestehen

öffentlichen Beziehungen“ und dem Handlungsbegriff „Öffentlichkeitsarbeit“ zu

berücksichtigen ist.103

102 Vgl. Burkart, Roland: Kommunikationswissenschaft. Grundlagen und Problemfelder, Wien, Köln, Weimar4 2002, 20ff. 103 Vgl. Szyszka, Peter: Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit. Einführung in die Grund-lagen, in: Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizistik (Hg.): Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen, Wiesbaden 2004b, 31.

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Verbändekommunikation

55

Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und Public Relations beschreiben in dieser

Arbeit den gleichen Prozess: die durch ein Medium vermittelte soziale Interakti-

on zwischen einer Organisation und ihren Teilöffentlichkeiten.

Kommunikationsmanagement ist das aktive Bemühen einer Organisation, ihr

Handeln und ihre Entscheidungen bei internen und externen Bezugsgruppen zu

vermitteln. Es wird das Ziel verfolgt, Akzeptanz für organisationale Bedeutungs-

zuweisungen zu erlangen, was Voraussetzung für den Zustand möglichst weit

reichenden sozialen Vertrauens ist. Dieses bildet wiederum organisationspoli-

tisch die gewünschte operative Ausgangsbasis für organisationales Entschei-

dungshandeln.104

Die Schwerpunktsetzung im Bereich Verbändekommunikation ist deswegen

besonders interessant, da bei diesem Aspekt bisher die Einflussebene in Form

von Lobbying die wissenschaftliche Diskussion bestimmt hat. Die Artikulations-

ebene, also die umfassende Kommunikation eines Verbandes mit seinen diver-

sen Teilöffentlichkeiten, ist bisher eher vernachlässigt worden.

104 Vgl. Szyszka: 2004a, 164.

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Verbändekommunikation

56

4.2 Kommunikation der Verbände im Wandel der Zeit

Organisationen, egal ob profitorientiert oder nicht kommerziell denkend, pflegen

heutzutage Public Relations. Diese Tatsache gilt auch als allgemein unproble-

matisch und fast schon selbstverständlich. Jeder Organisation wird zugestan-

den, das eigene Bild zu pflegen und sich auf diversen Meinungsmärkten zu

präsentieren. Doch diese breite Akzeptanz von Public Relations, auch die der

Verbände, ist noch nicht allzu lange anzutreffen.

4.2.1 Verbändekommunikation als „Kampfinstrument“

Jürgen Weber legte 1977 ein bis heute wegweisendes Standardwerk über Ver-

bände in Deutschland vor. In seiner politikwissenschaftlichen Arbeit fanden

erstmals auch die Beziehungen von Interessenorganisationen zu ihrer Umwelt

Berücksichtigung. Weber erkannte, dass der Aktions- und Verhandlungsspiel-

raum einer Interessengruppe unter anderem auch davon abhängt, wie ihre Be-

lange und Forderungen in der Öffentlichkeit ankommen, ob die öffentliche Mei-

nung überhaupt davon Notiz nimmt und wie sie in der Öffentlichkeit beurteilt

werden.

Gleichzeitig zeichnet Weber ein äußerst negatives Bild verbandlicher Öffent-

lichkeitsarbeit:

"Solange Verbände ihre Forderungen mittels formeller Gespräche, beratender Tätigkeit

und sonstiger geregelter Kontakte mit den wichtigen Akteuren im politischen System

durchsetzen können, ist ihnen an einer Transparenz ihrer Aktivitäten sowie einer öffent-

lichen Diskussion ihrer Ziele wenig gelegen.[...]

Den Verbänden geht es nicht darum, das legitime Informationsbedürfnis der Öffentlich-

keit über die Hintergründe und Folgewirkungen ihrer Forderungen zu befriedigen oder

an diesem Aufklärungsprozess mitzuwirken, sondern darum, ein möglichst positives

Bild von sich und ihren Zielen in der Öffentlichkeit zu propagieren. Zwischen den Be-

mühungen der Massenmedien um sachliche Information der Bürger und ihren eigenen

Zielsetzungen besteht folglich ein deutlicher Gegensatz. Wenn in Presse, Rundfunk

oder Fernsehen schon über die eigene Organisation berichtet und die Aufmerksamkeit

der Öffentlichkeit auf sie gelenkt wird, so möchte man in den Verbandsetagen "Ver-

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Verbändekommunikation

57

ständnis" für die "berechtigten Belange" ihrer Mitglieder, "Ausgewogenheit" in der Dar-

stellung ihrer speziellen Interessen etc. – alles Erwartungen, die letzten Endes darauf

hinauslaufen, Verbandsforderungen der kritischen Betrachtung des Journalisten zu ent-

ziehen.

Trotz des eben geschilderten nicht geringen Risikos, durch eine massenmedial herge-

stellte Öffentlichkeit in einen Rechtfertigungszwang zu geraten, versucht jede Interes-

sengruppe dennoch, die Chancen zur Förderung ihrer Belange zu nutzen, die mit einem

möglichst häufigen Auftauchen in den Schlagzeilen, Kommentaren, Fernsehdiskussio-

nen und Nachrichten der Massenmedien verbunden sind. Man rechnet mit dem Werbe-

effekt, der sich aus programmatischen Aussagen und Interviews der Verbandsvorsit-

zenden zu gerade aktuellen oder grundsätzlichen Fragen der Wirtschaftspolitik, Sozial-

politik, Bildungspolitik etc. ergeben kann. Durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit soll

auf die Belange der Organisation und ihrer Mitglieder aufmerksam gemacht und eine

möglichst dauerhafte positive Einschätzung in der Öffentlichkeit erreicht werden.

Daneben spielt die öffentlichkeitsorientierte Aktion zur Ausübung von Druck auf die Poli-

tiker eine wichtige Rolle im Arsenal der Kampfinstrumente der Verbände.

Die Flucht in die Öffentlichkeit ist nicht selten ein letztes Mittel, um eine für wichtig er-

achtete verbandspolitische Forderung gegen den Widerstand der Regierungsmehrheit

doch noch durchzusetzen, um die verantwortlichen Politiker öffentlicher Missbilligung

auszusetzen und um die meistens nur unzureichend informierte Öffentlichkeit für die ei-

genen Belange einzuspannen."105

Webers Ausführungen zusammengefasst ergeben folgendes Verständnis von

Verbändekommunikation: Sie verläuft geheim und ohne öffentliche Kontrolle,

größtenteils handelt es sich eigentlich um einen für die Gesellschaft bedrohli-

chen Prozess. Es geht nicht um Transparenz oder Aufklärung, sondern um

Verschleierung, Täuschung und Überhöhung des eigenen Images. Lässt sich

der Weg an die Öffentlichkeit dann nicht vermeiden, so ist dies eine "Flucht",

bei der es nun gilt, die kommunikativen "Kampfinstrumente" rücksichtslos im

Sinne der eigenen Interessen einzusetzen.

105 Weber: 1977, 202ff.

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Verbändekommunikation

58

4.2.2 Zur Legitimität von Public Relations

Die Ansichten Webers bezüglich der Öffentlichkeitsarbeit von Verbänden ste-

hen in engem Zusammenhang zum Gesamtbild von Public Relations zu seiner

Zeit. Die Einstellung gegenüber PR war geprägt durch starkes Misstrauen und

überwiegende Ablehnung. Die PR-Definition "Tue Gutes und rede darüber"

(Zedtwitz-Arnim) war über lange Zeit der sechziger und siebziger Jahre im Den-

ken der Menschen verankert. Diese zeitgenössische Definition dokumentiert

Einseitigkeit und Fassadenhaftigkeit von PR-Arbeit.

Doch bereits gegen Ende der siebziger Jahre beginnt sich dieses Bild von Pub-

lic Relations zu wandeln. Ronneberger wandte sich als einer der ersten Wis-

senschaftler unter dem Dach der Kommunikationswissenschaften dem Teilge-

biet der noch jungen PR-Wissenschaft zu. Er entdeckte in PR-Arbeit neben or-

ganisationspolitischen Funktionen auch gesellschaftspolitische Funktionen. Die

Geltendmachung eigener Interessen durch PR-Arbeit ist für das Funktionieren

einer pluralistischen Demokratie unerlässlich. Man kann sich die Arbeitsweise

von politischen Systemen in modernen demokratischen Gesellschaften gar

nicht mehr anders als im Zusammenhang mit öffentlicher Kommunikation vor-

stellen. Nur auf diese Weise können bereits im vorparlamentarischen Raum

verschiedenste Interessen zusammenkommen und diskutiert werden.106

Webers Ansichten relativierend erklärt Ronneberger weiter:

"Häufig wird von Public Relations erwartet, dass sie die Mängel der Organisation ka-

schieren und etwas aus einer Sache machen, die es gar nicht gibt. Ich kann nicht scharf

genug vor solchen Irrtümern warnen. [...] PR sind also kein äußerlicher Putz, sondern

kluges zur Sprache bringen von Zielen, Problemen, Überlegungen, Lösungsversuchen

eines Verbandes. Das bloße Zurschaustellen, der rote Teppich, die volltönenden Worte

und was sonst alles mit dem Begriff der Repräsentation und der PR verbunden wird,

sind mehr oder weniger Begleiterscheinungen, nicht aber die Sache selbst."107

106 Vgl. Ronneberger, Franz: Public Relations in politischen Systemen, in: Franz Ronneber-ger (Hg.): Public Relations des politischen Systems: Staat, Kommunen und Verbände, Wiesbaden 1983, 12ff. 107 Ronneberger, Franz: Die politische Rolle der Verbände in der parlamentarischen Demo-kratie und pluralistischen Gesellschaft, in: Manfred Rühl (Hg.): Public Relations der Ge-werkschaften und Wirtschaftsverbände, Düsseldorf 1982, 40.

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Verbändekommunikation

59

Der Schwerpunkt verlagerte sich also nun langsam in Richtung strategischem

Organisationshandeln, das in demokratischen Gesellschaften als legitim anzu-

sehen ist. Das vorherrschende negative Bild von Verbands-PR begann sich

allmählich zu wandeln. Für viele war Öffentlichkeitsarbeit ein geschickt einge-

setztes Werbemittel, mit dem beste Suggestionserfolge zu erzielen waren. Nicht

zuletzt wurden Public Relations als unbequemer Störfaktor des allgemeinen

Betriebsgeschehens betrachtet. Public Relations mussten vom Machtinstru-

ment, mit dem alles zu erreichen ist, zu einem legitimen Mittel zur Kommunika-

tion mit allen Zielgruppen der Verbände gewandelt werden.108

Den Kern der neuen Vorstellungen von Verbändekommunikation bildete die

zielgruppenorientierte Konzeption, in der das öffentliche Interesse zu einem

wichtigen Bestandteil wurde. Dies aber setzte die entsprechende Unterstützung

im internen Kontaktbereich voraus, weil letztlich der Erfolg der PR-Arbeit ent-

scheidend von seiner intern und extern ausgerichteten Mitwirkung abhängt.

Dies wiederum erforderte auf der Verbandsseite ein Umdenken vom fast aus-

schließlichen Medienkontakt zur zielgruppenorientierten Anwendung des In-

strumentariums der Kommunikation.109

4.2.3 Die Entwicklung zum Kommunikationsmanagement

Lentz verweist mit seinen Ausführungen schon sehr früh auf einen Aspekt, der

dem modernen Verständnis von PR zugeschrieben wird: die Regelung der kom-

munikativen Beziehungen einer Organisation zu ihren diversen Teilöffentlichkei-

ten.

Grunig / Hunt lieferten 1984 eine Definition von PR, die diesen Gedanken auf-

griff und um die Managementaufgabe erweiterte:

"Public relations is the management of communication between an organization and its

publics." 110

108 Vgl. Lentz: 1978, 11ff. 109 Vgl. ebd.: 113f. 110 Grunig, James E. / Hunt, Todd: Managing Public Relations, Fort Worth 1984.

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Verbändekommunikation

60

Angelehnt an die Definition von Grunig / Hunt ist auch das heutige organisati-

onstheoretische Verständnis von Public Relations anzusehen. Es handelt sich

dabei um den aktuellen Ansatz des Kommunikationsmanagements.

Szyszkas systemischem Denken folgend ist eine Organisation untrennbar mit

ihrem sozialen Umfeld verbunden. Aus diesem Umfeld heraus erfahre sie im-

mer dann Beobachtung und Bewertung, wenn dies aus Umfeldperspektive

sinnvoll erscheine. Organisationen seien prinzipiell und permanent potentielle

Objekte öffentlicher Beobachtung und Kommunikation, weil sie sich nicht von

ihrem sozialen Umfeld entkoppeln könnten. Daher seien sie gezwungen, immer

dann Einfluss auf die Entwicklung so entstehender Meinungsbildungsprozesse

zu nehmen und zum Kommunikationssubjekt zu werden, wenn sich für sie hier-

an Nutzenerwartungen knüpften. Kommunikationsarbeit könne Einfluss auf Be-

wertungen und Werte nehmen, die sich als Image, Markenwert oder Reputation

messen ließen. PR-Arbeit diene der Einpassung einer Organisation in ihr ge-

sellschaftliches Umfeld. Dort, wo Interessen bestünden, stießen diese auf ande-

re Interessen, entgegen gesetzte, gleichgerichtete, oder unabhängig nebenein-

ander bestehende. Würden sie in öffentlicher Kommunikation, so artikuliert,

dass von ihnen Einfluss auf die Handlungsspielräume einer Organisation aus-

zugehen scheint, entstünde Regelungsbedarf.111

111 Vgl. Szyszka: 2004a, 33f.

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Verbändekommunikation

61

4.3 Verbändekommunikation in den Wirtschaftswissenschaften

Marketing, die Absatzpolitik von Organisationen, ist eines der klassischen be-

triebswirtschaftlichen Aufgaben- und Problemfelder. Aus betriebswirtschaftlicher

Sicht sind Public Relations unter dem Dach des Marketings verortet. Ursprüng-

lich ausschließlich als Handlungsbereich gewinnorientierter Wirtschaftsunter-

nehmungen verstanden, hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte eine deutliche

Erweiterung des Marketing-Verständnisses gezeigt. Begriffe wie „Verbands-

marketing“, „Verbandsmanagement“, „Nonprofit-Marketing“ und „Social Marke-

ting“ dokumentieren die zunehmende Beachtung von nicht-kommerziellen Or-

ganisationen durch die Wirtschaftswissenschaften.

4.3.1 Betriebswirtschaftliches Absatzmarketing

Es wird davon ausgegangen, dass Unternehmungen Güter produzieren und

diese auf einem Markt dem Kunden anbieten. Auf dem Markt befinden sich tat-

sächliche und potentielle Abnehmer mit einem spezifischen Bedürfnis, das die

Unternehmung mit ihren Produkten zu befriedigen versucht. Das Marketing

bündelt sämtliche Unternehmungsaktivitäten, durch die diese dauerhafte Be-

friedigung der Kundenbedürfnisse erreicht werden soll. Dabei erfüllt dieses Tä-

tigkeitsfeld verschiedene Aufgaben. Zunächst geht es um die ständige Anpas-

sung des Leistungsprogramms an die Erfordernisse des Marktes. Dabei steht

die Kontrolle der eigenen Produkte, deren Verbesserung und Neuentwicklung

im Mittelpunkt (produktbezogene Aufgaben). Da sich die Bedingungen auf den

Märkten ändern können, ist die Bearbeitung bestehender und die Erschließung

neuer Märkte eine Kernaufgabe des Marketings (marktbezogene Aufgaben).

Der Kunde, der als Nachfrager auf diesen Märkten agiert, bildet ebenfalls einen

zentralen Anhaltspunkt. Die Verbesserung der Kundenbindung sowie insbeson-

dere die Gewinnung neuer Kunden sind von vitaler Bedeutung für die Errei-

chung spezifischer Unternehmungsziele (kundenbezogene Aufgaben). Meis-

tens agiert eine Unternehmung jedoch nicht als alleiniger Anbieter auf den

Märkten, sondern ist dem Wettbewerb mit der Konkurrenz ausgesetzt. Das ei-

gene Produkt muss nun gegenüber den Produkten der Konkurrenz profiliert

werden, um sich langfristig strategische Wettbewerbsvorteile verschaffen zu

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Verbändekommunikation

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können (konkurrenzbezogene Aufgaben). Damit eng verbunden ist die Erhö-

hung der Aufnahmebereitschaft für die eigenen Produkte durch den Handel

auch unter Berücksichtigung neuer Vertriebswege (handelsbezogene Aufga-

ben).112

Im weiteren Verlauf bietet es sich an, Marketing als umfassenden Denk- und

Handlungsansatz zu verstehen. Um zielführend und langfristig erfolgreich agie-

ren zu können, dabei ungeplantes, aktionistisches Handeln zu vermeiden, be-

darf es einer ganzheitlichen Marketing-Konzeption. Konzeptionelles Marketing

beginnt mit der kritischen Überprüfung der Ausgangssituation der Unterneh-

mung und der Erfassung der situationsspezifischen Problemstellung sowie des

konzeptionellen Handlungsbedarfes. Daran knüpfen die weiteren konzeptionel-

len Schritte an. Der ablaufende Entscheidungsprozess beginnt mit der Bestim-

mung von Zielen, führt über die Festlegung der Strategien hin zur Wahl der ge-

eigneten Maßnahmen. Idealerweise rundet eine Kontrolle den konzeptionellen

Prozess ab.113

Marketingziele als Steuerungsgrundlagen sind entweder marktökonomischer

oder marktpsychologischer Natur. Zu den Ersteren zählen leicht messbare

Größen wie Umsatz, Gewinn oder Marktanteil, zu den Letzteren zählen deutlich

schwerer messbare Ansatzpunkte wie Kundenbindung, Image und Bekannt-

heitsgrad. Im Anschluss an die Zielformulierung stellt sich dann die Frage, wie

diese Ziele erreicht werden können. Dabei geht es um die geeigneten Strate-

gien, die auf verschiedenen Ebenen festgelegt werden müssen. Das operative

Handeln ist durch den sog. „Marketing-Mix“ festgelegt. Aufbauend auf dem bis-

herigen konzeptionellen Prozess stehen nun verschiedene Instrumente zur Ver-

fügung, die je nach Bedarf eingesetzt werden können.114

Vier Teilbereiche lassen sich in diesem Marketing-Mix unterscheiden. Ange-

lehnt an die englischen Bezeichnungen „product, price, place and promotion“

112 Vgl. Bruhn, Manfred: Marketing. Grundlagen für Studium und Praxis, Wiesbaden² 1995, 23ff. 113 Vgl. Becker, Jochen: Das Marketingkonzept, München² 2002, 2ff. 114 Vgl. ebd.: 28ff.

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Verbändekommunikation

63

haben sich in der deutschen Literatur die Begriffe „Produkt, Preis, Distribution

und Kommunikation“ durchgesetzt.115

Die Produktpolitik erstreckt sich auf die Produktqualität (Festlegung und Variati-

on von Produkteigenschaften), das Produktionsprogramm bzw. Sortiment, die

Entwicklung neuer Produkte sowie die Bereitstellung vielfältiger Dienstleistun-

gen. Die Preispolitik (Finanzierung) umfasst die Festsetzung und spätere Ände-

rung von Preisen, Möglichkeiten der Preisdifferenzierung, die Rabattgewäh-

rung, Zahlungsbedingungen sowie Kreditgewährung und Leasing. Die Distribu-

tionspolitik beschäftigt sich mit der Wahl der Absatzwege, dem Management

und der Gestaltung des Vertriebs (Vertriebsorganisation) und der Führung der

hier tätigen Kräfte. Die Kommunikationspolitik stützt sich auf die Instrumente

Werbung, Verkaufsförderung, Public Relations und Sponsoring mit dem Ziel,

potentielle Abnehmer zu informieren und zu aktivieren sowie von der Vorteilhaf-

tigkeit des Produkts zu überzeugen und zum Kauf anzuregen (Abb. 2).

Abb. 2: Marketing-Mix von Unternehmen, aus: Luthe: 1994, 11f.

115 Hierbei handelt es sich um die Einteilung in eine klassische Vierer-Systematik. So zu finden bei: Kotler, Philip / Bliemel, Friedhelm: Marketing Management. Analyse, Planung und Verwirklichung, Stuttgart10 2001.

Die Bezeichnung der einzelnen Teilbereiche kann variieren. Auch gibt es andere Abgren-zungen, die eine Dreier-Systematik bevorzugen. Dazu: Becker: 2002, 91ff.

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Verbändekommunikation

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Die vier Marketing-Bereiche müssen aufeinander abgestimmt werden. Alles,

was in dem einen Bereich nicht oder schlecht gemacht oder vernachlässigt

wird, wirkt sich zwangsläufig negativ auf die anderen Bereiche aus. Es ist daher

ein aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken, eine möglichst gelungene

Mixtur von Aktivitäten in allen vier Bereichen notwendig.116

4.3.2 Marketing für Nonprofit-Organisationen

Lange Zeit beschränkte sich die Marketing-Forschung ausschließlich auf kom-

merzielle Sachleistungsunternehmen. Die Weiterentwicklung des Marketing-

Ansatzes ist mit den Begriffen „Deepening“ und „Broadening“ verbunden. Das

„Deepening“ des Marketings fordert die Erweiterung des Zielsystems im traditi-

onellen Marketing. Unternehmerische Zielleistungen sollen durch soziale und

ökologische ergänzt werden. Das „Broadening“ des Marketings fordert die

Übertragung der Denkhaltung auf weitere Organisationstypen, vor allem auf

NPO. Parallel dazu verläuft auch die Erweiterung der Marketing-Objekte, so

dass die ursprünglich für Konsumgüter entwickelten Marketing-Erkenntnisse

auch bei der Vermarktung sozialer Ideen eingesetzt werden können.117

Damit eng verbunden ist die Vorstellung des „Social Marketing“. Hier geht es im

Unterschied zum traditionellen Konsumgütermarketing nicht um die Vermark-

tung von Produkten, sondern um die Verbreitung und Vermittlung sozialer

Ideen. Der Begriff wird allerdings in der Literatur unterschiedlich definiert. In

einer sehr breit angelegten Definition, dem problemorientierten Ansatz, ist Soci-

al Marketing ein Konzept zur Realisierung sozialer Ziele unabhängig vom Typ

der Organisation.118 Demnach können auch Wirtschaftsunternehmen Social

Marketing betreiben. Enger fasst der institutionelle Ansatz den Begriff. Social

Marketing ist hier ein Konzept gerichtet auf die Lösung sozialer Aufgaben aller-

dings nur für soziale Organisationen. In diesem Sinne definieren Bruhn / Tilmes

Social Marketing als „die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle

von Marketingstrategien und –aktivitäten nicht-kommerzieller Organisationen,

116 Vgl. Luthe, Detlef: Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen. Eine Arbeitshilfe, Augsburg² 1995, 5ff. 117 Vgl. Purtschert: 2001, 22ff. 118 Vgl. Kotler, Philip / Roberto, Eduardo: Social Marketing, Düsseldorf, Wien, New York 1991.

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Verbändekommunikation

65

die direkt oder indirekt auf die Lösung sozialer Aufgaben gerichtet sind.“119 Die-

se Definition weist natürlich eindeutig in Richtung von Verbänden bzw. anderen

NPO, die größtenteils diese sozialen Aufgaben erfüllen. Social Marketing und

Nonprofit-Marketing weisen also starke Ähnlichkeiten auf, sind jedoch nicht

zwingend deckungsgleich. Denn soziale Ziele sind nicht für alle NPO relevant.

Öffentliche Verwaltungen, die einem weit gefassten Verständnis nach auch als

NPO angesehen werden können, nehmen überwiegend administrative Aufga-

ben ohne sozialen Bezug wahr. Die Verfolgung sozialer Ziele kann also, muss

aber nicht die Hauptaufgabe von NPO sein. Nonprofit-Marketing bezieht sich

also auf das gesamte Spektrum nicht-kommerzieller Organisationen und richtet

sich nicht nur an die Leistungsempfänger, sondern gleichsam an sämtliche An-

spruchsgruppen der Organisation.120

Es scheint durchaus berechtigt, anzunehmen, dass auch Nonprofit-

Organisationen prinzipiell ähnliche Funktionen wie kommerzielle Unternehmen

zu erfüllen haben. Hier wie dort gilt es, nachfragegerechte Produkte bzw. Leis-

tungen bereitzustellen und mit diesen an die Nachfrager heranzutreten.121 Sehr

weit reichende Ansätze nehmen an, dass NPO genauso gemanagt werden

könnten wie kommerzielle Unternehmen. Das setzt jedoch ein bestimmtes Den-

ken voraus. Grundlage dieses Denkens ist die Auffassung, dass jede NPO ein

Produktionsbetrieb ist, der auf wirtschaftliche Weise zielgerichtete und, wenn

immer möglich, messbare Leistungen zu erbringen hat. Die Effizienz einer NPO

wird letztlich an der Qualität und Wirkung dieser Leistungen gemessen (wir-

kungsorientierte Verwaltungsführung beziehungsweise Output- statt Input-

119 Bruhn, Manfred / Tilmes, Jörg: Social Marketing. Einsatz des Marketing für nichtkom-merzielle Organisationen, Stuttgart, Berlin, Köln² 1994, 23. 120 Vgl. Bruhn, Manfred: Markenpolitik für Nonprofit-Organisationen, in: Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizistik (Hg.): Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen, Wiesbaden 2004, 92f. 121Vgl. Mono, Matthias: Verbandsmarketing. Ausgestaltung der Marketing-Instrumente von Wirt-schaftsverbänden, Wiesbaden² 1995, 35f. Diese Annahme und die damit verbundene Ausweitung des Marketing-Konzeptes auf den nicht-kommerziellen Bereich ist allerdings nicht unumstritten. Es wird auch darauf hinge-wiesen, dass betriebswirtschaftliche Konzepte nicht uneingeschränkt auf NPO übertragbar seien. Unternehmerische Handlungsmaximen und eher wirtschaftsfremde Zielvorstellungen werden zum Teil als miteinander unvereinbar angesehen. Dazu vgl.: Zimmer: 1996, 160; Schuhmacher, Klaus: Grundlagen des Sozialmarketing, in: Gemein-schaftswerk der Evangelischen Publizistik (Hg.): Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen, Wiesbaden 2004, 22.

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Steuerung). Daraus ist dann eine konsequente Effizienz- oder Erfolgsorientie-

rung abzuleiten, die das gesamte Tun und Lassen einer NPO bestimmt.122

Ansätze einer Adaption des konsumgüterorientierten Absatzmarketings durch

NPO sind in einigen Bereichen bereits erkennbar. Ein Beispiel dafür ist die Mar-

kenpolitik. Ähnlich dem kommerziellen Marketing versuchen NPO, ihre Leistun-

gen als Marke zu positionieren. Eine bekannte und vertraute Marke dient dem

Kunden als wichtiger Indikator für die zu erwartende Leistungsqualität und hilft

ihm bei der Auswahl zwischen verschiedenen NPO. Darüber hinaus trägt die

Markierung von Angeboten aus Sicht der NPO zur Differenzierung gegenüber

den anderen Anbietern und zur klaren Positionierung der Organisation bei. Eine

Nonprofit-Marke kann als ein in der Psyche des Konsumenten verankertes, un-

verwechselbares Vorstellungsbild von einer NPO bzw. deren Leistungen be-

schrieben werden. Die markierte Leistung muss dabei langfristig in gleicharti-

gem Auftritt und in gleich bleibender oder verbesserter Qualität angeboten wer-

den. Insbesondere in jenen Teilbereichen des Nonprofit-Sektors, in denen eine

Vielzahl von Organisationen mit ähnlichen Missionen in Konkurrenz zueinander

stehen, muss die Marke auf die Besonderheit und Einzigartigkeit der Leistung

bzw. der Organisation aufmerksam machen. Das Markenmanagement greift in

diesen Fällen gerne auf die Verwendung spezieller Symbole und Zeichen zu-

rück wie beispielsweise das rote Kreuz beim Deutschen Roten Kreuz (DRK)

oder den Pandabären beim World Wildlife Fund (WWF).123

Gerade bei NPO geht es um gemeinsam anzustrebende Ziele, um gemeinsam

gelebte Werte. Marken müssen daher mit Werten aufgeladen werden. Für viele

Menschen ist es wichtig zu wissen, dass sie mit anderen Spendern und Mitstrei-

tern in einer NPO gemeinsam für bestimmte Ziele arbeiten. Durch Bindung an

eine NPO ist es möglich, Sinn zu erfahren. NPO müssen eine wesentlich tiefere

Bindung begründen können als Organisationen des Profit-Sektors. Denn im

Gegensatz zum Konsum eines Produktes, geht es um ehrenamtliche Tätigkeit

oder Mitgliedschaft in der Organisation.124

122 Vgl. Fischer, Walter: Sozialmarketing für Nonprofit-Organisationen: ein Handbuch, Zü-rich 2000, 159. 123 Vgl. Bruhn: 2004, 98ff. 124 Vgl. Maier-Spohler, Gabriele: Die Markenqualität von Nonprofit-Organisationen, in: Ge-meinschaftswerk der evangelischen Publizistik (Hg.): Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen, Wiesbaden 2004, 80ff.

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Verbändekommunikation

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Die vier zentralen Elemente des Absatzmarketings – Produkt, Preis (Finanzie-

rung), Distribution und Kommunikation – werden nun auch im Nonprofit-Bereich

als zentrale Aufgabenfelder eingeführt. Es muss jedoch betont werden, dass

anders als beim Absatzmarketing, wo alle vier Teilbereiche gleichberechtigten

Anteil am Gesamt-Mix haben, beim NPO-Marketing der Finanzierung und der

Kommunikationspolitik besondere Bedeutung zukommt (Abb. 3).

Abb. 3: Marketing-Mix von NPO, aus: Luthe: 1995, 11f.

Die Vermarktung von Ideen und Werten ist wesentlich erklärungsbedürftiger

und daher kommunikationsintensiver als im Bereich der Konsumgüter. Beim

Verkauf immaterieller Produkte, einer typischen Aufgabe des Sozialmarketings,

spielen Öffentlichkeitsarbeit und Werbung eine immer größere Rolle. Öffentlich-

keitsarbeit ist oft sogar das Hauptinstrument unter dem Dach des Kommunikati-

ons-Mix (Abb. 4). Sporadisches Auftauchen, beispielsweise nur bei Spenden-

sammlungen, wird in Zukunft nicht mehr reichen. Wer weitgehend von staatli-

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chen Subventionen und privaten Spendern lebt, muss lernen, sich in der Öffent-

lichkeit richtig darzustellen.125 Damit wird gleichzeitig auch ein zweites Schwer-

gewicht im Marketing-Mix von NPO erkennbar: die Preispolitik oder Finanzie-

rung.

Abb. 4: Kommunikations-Mix von Wirtschaftsverbänden, aus: Mono: 1995, 206.

In einer 1998 durchgeführten Organisationsbefragung im Nonprofit-Sektor, ha-

ben Zimmer / Priller unter anderem die Finanzierung und Mittelerschließung von

NPO untersucht. Mehr als ein Drittel der befragten Organisationen gab an, dass

sie in finanziellen Schwierigkeiten waren. Besonders der Abbau öffentlicher Fi-

nanzierung und hohe Personalkosten wurden für diese Situation verantwortlich

gemacht. Die Quellen, aus denen sich NPO finanzierten, waren neben Mit-

gliedsbeiträgen und eigenerwirtschafteten Mitteln besonders Spenden, Sponso-

ringeinnahmen sowie öffentliche Zuschüsse und Leistungsentgelte. Letzter Pos-

ten nahm einen Anteil von über 50 Prozent an den Gesamteinnahmen ein, ohne

dass jedoch von einer generellen Staatsabhängigkeit gesprochen werden kann.

Es folgen an zweiter Stelle eigenerwirtschaftete Mittel und Mitgliedsbeiträge, die

zusammen einen Anteil von 24,4 Prozent erreichten. Spenden waren mit einem

Anteil von 8,6 Prozent weitaus unbedeutender. Allerdings variiert die Struktur

der Finanzierung von Sektor zu Sektor stark. So finanzieren sich Organisatio-

nen im Gesundheitswesen und im Bereich Soziale Dienste zu großen Teilen 125 Vgl. Fischer: 2000, 123f.

Kommunikations-Mix

Werbung (Produktwerbung)

(Persönliche Werbung)

Verkaufsförderung Public Relations (Pressearbeit) (Publikationen)

(Veranstaltungen) (Sponsoring)

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Verbändekommunikation

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aus Leistungsentgelten (z.B. Erstattungen durch Krankenkassen). Bei Gewerk-

schaften und Wirtschaftsverbänden kommt hingegen den Mitgliedsbeiträgen mit

einer anteiligen Finanzierung von über 90 Prozent existenzielle Bedeutung zu.

Für Organisationen aus den Bereichen Umwelt und Internationales sind wie-

derum Spenden als zentrale Einnahmequelle anzusehen. Die Mehrheit der be-

fragten Organisationen ging von einem Rückgang bei den öffentlichen Zu-

schüssen und Spendeneinnahmen aus.126

Um dieser gefährlichen Entwicklung entgegenzutreten, bedienen sich NPO

vermehrt des Fundraisings. Fundraising ist eine aus dem angelsächsischen

Raum stammende – vor allem in den USA mit hohem Professionalisierungsgrad

betriebene – Variante des Marketings, mit deren Hilfe NPO Unterstützer, Förde-

rer und Interessenten gewinnen und zur Gabe von Ressourcen bewegen kön-

nen. Der Begriff setzt sich zusammen aus den englischen Wörtern „fund“ und

„to raise“ und bedeutet frei übersetzt „Vermögensbeschaffung“. Da es im Deut-

schen keinen treffenderen Begriff gibt, hat sich „Fundraising“ als Begriff zur Be-

schreibung der Akquisition von privaten Ressourcen durchgesetzt. Neben Geld

kann es sich dabei auch um Sachmittel, kostenlose Arbeit und Dienstleistungen

sowie Vermittlung von Kontakten handeln. Fundraising hat Aussicht auf Erfolg,

wenn Förderer für die Mission der NPO gewonnen werden können. In der Mis-

sion, oftmals auch als Leitbild dargestellt, wird festgelegt, warum eine Organisa-

tion überhaupt tätig wird. Hier wird formuliert, welcher Misstand durch die Arbeit

der NPO gemildert oder beseitigt werden soll. Das Ziel besteht darin, Förderer

zu finden, die sich mit dieser Mission identifizieren können. Neben Privatspen-

dern und Wirtschaftsunternehmen kommen für diese Aufgabe auch noch Stif-

tungen oder Erblasser in Frage. Wichtig ist, stets den Nutzen für die Zielgruppe

zu betonen und eine feste Bindung zu den Förderern aufzubauen.127

Gerade spendenorientierte NPO müssen beachten, dass ihre Geldgeber heute

sehr hohe Ansprüche an Wahrheit, Information und Transparenz stellen. Die

Spendentreue und die generelle Solidarität nehmen kontinuierlich ab. Es ist

feststellbar, dass spontaner und abwechselungsreicher gespendet wird. Hinzu

126 Vgl. Zimmer / Priller: 2004, 80ff. 127 Vgl. Fischer, Kai: Fundraising – ein neuer Ansatz zur Finanzierung der Arbeit von Nonprofit-Organisationen, Hamburg 2004.

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Verbändekommunikation

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kommt die gestiegene Konkurrenz auf dem Spendenmarkt. Immer mehr Orga-

nisationen kämpfen mit immer neuen Techniken um die Gunst der Spender. 128

In Deutschland ist seit einigen Jahren ein ganz deutlicher Trend zur Professio-

nalisierung des Fundraisings zu beobachten. Hauptberufliche Fundraiser wer-

den heute an Akademien und anderen Fortbildungseinrichtungen ausgebildet

und von den Organisationen vermehrt nachgefragt.

128 Vgl. Purtschert: 2001, 381.

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Verbändekommunikation

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4.4 Verbändekommunikation heute – Eine kritische Betrachtung

Die Kommunikation von Verbänden ist erst in Ansätzen als Forschungsgegens-

tand in Erscheinung getreten. Dennoch handelt es sich nicht um ein komplett

unerforschtes Gebiet. Erste empirische Arbeiten, die dann auch Verbände mit

eingeschlossen haben, liegen bereits vor. Dabei handelt es sich sowohl um

kommunikations- als auch politikwissenschaftliche Arbeiten.

4.4.1 Vorliegende empirische Arbeiten

Hackenbrochs zuerst 1995 veröffentlichte Untersuchung geht davon aus, dass

sozialer Wandlungsprozess Verbände vor bisher unbekannte Probleme stelle.

Die Auflösung traditioneller Formen der Vergemeinschaftung führe zu mangeln-

der Mobilisierungsfähigkeit und Mitgliederschwund. Die Auflösung traditioneller

sozialer Beziehungen bewirke ein Aufbrechen des starren Denkens entlang vor-

gegebener Konfliktlinien. Verbände seien also verstärkt dazu gezwungen, ein

positives Image in der Öffentlichkeit herzustellen, um ihre Interessen realisieren

zu können. Im Mittelpunkt der Studie steht das Verhältnis von Verbänden zu der

Bezugsgruppe Massenmedien. Hackenbroch verweist auf eine neue Perspekti-

ve in der Verbandsforschung, die sich bisher hauptsächlich auf die direkte Inte-

ressenvermittlung gegenüber den staatlichen Instanzen konzentriert habe, und

nun die Massenmedien als zentraler Mittler zwischen Verband und Öffentlich-

keit in den Vordergrund rücke. Massenmedien stellten für Verbände eine wich-

tige Vermittlungsinstanz dar, um sich an verändernde Umwelten und den hier-

aus resultierenden Problemen anzupassen.129

Gegenstand der Untersuchung sind zwölf ausgewählte Spitzenverbände auf der

Bundesebene. In Übereinstimmung mit dem Cleavage-Ansatz von

Lipset/Rokkan (1967) sind Verbände berücksichtigt worden, die am ökonomi-

schen Konflikt (BDA, BDI, DBV für die Arbeitgeber und DGB, IGM, ÖTV und

DAG für die Gewerkschaften), am religiös-kulturellen Konflikt (katholische Bi-

schofskonferenz und EKD) und am ökologischen Konflikt (BUND und BBU) be-

teiligt sind.

129 Vgl. Hackenbroch: 1998, 217f.

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Verbändekommunikation

72

Doch auch andere politikwissenschaftlichen Arbeiten sind Erkenntnisse zur Öf-

fentlichkeitsarbeit von Verbänden zu entnehmen. Im Rahmen einer umfangrei-

chen empirischen Studie, basierend auf einer schriftlichen Befragung deutscher

Verbandsfunktionäre von Interessengruppen, die in der Lobbyliste des Deut-

schen Bundestages 1993 eingetragen waren, sind auch verbandliche Public

Relations für Martin Sebaldt ein Thema. Der Gang an die Öffentlichkeit und der

intensive Kontakt mit jeglicher Form von Medien sei für die politische Arbeit der

Verbände eine conditio sine qua non. Die Erhebung geht unter anderem der

Frage nach, welcher Methoden sich Interessengruppen bei ihrer Öffentlich-

keitsarbeit bedienen.130

Einen wichtigen Beitrag zur empirischen PR-Forschung hat Ulrike Röttger im

Jahre 2000 vorgelegt. Um die bestehenden Lücken im empirischen Wissens-

stand über Öffentlichkeitsarbeit zu schließen, erhob die Autorin Daten für eine

Berufsfeldstudie. Mit Hilfe der schriftlichen Befragung, durchgeführt im Jahre

1996, sollte die vollständige Identifikation des Berufsfeldes Öffentlichkeitsarbeit

vorgenommen werden. Gegenstand der Befragung waren Organisationen aller

Art, von Wirtschaftsunternehmen über Agenturen und Behörden bis zu NPO.

Der Untersuchungsraum war mit Hamburg deutlich eingegrenzt. Im Folgenden

konzentrieren sich die Ausführungen auf den Bereich der NPO.

Erfasst wurden insgesamt 2349 NPO. Berücksichtigt werden konnten nur Orga-

nisationen, die ihre Adresse in einschlägigen Verzeichnissen oder Nachschla-

gewerken publiziert hatten.131 Die Grundgesamtheit wurde nochmals in zwei

Gruppen aufgeteilt. „Traditionelle Interessenvertretungen“ wie Berufs-, Wirt-

schafts- und Wohlfahrtsverbände ebenso wie religiöse Organisationen, Parteien

und Vereine mit überregionaler Vereinsstruktur wurden vollständig befragt. Au-

ßerdem wurden Stiftungen, private Forschungseinrichtungen und bundesweit

operierende Vereine und Verbände mit regionalen Gruppen in Hamburg voll-

ständig erhoben. Diese eine Gruppe der Vollerhebung umfasste 852 Organisa-

130 Vgl. Sebaldt, Martin: Organisierter Pluralismus: Kräftefeld, Selbstverständnis und politi-sche Arbeit deutscher Interessengruppen, Opladen 1997. 131 Dazu Röttger: „Es kann davon ausgegangen werden, dass NPO, die in zentralen Ver-zeichnissen nicht aufgeführt werden, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kei-ne aktive Öffentlichkeitsarbeit leisten – kann doch die Veröffentlichung der eigenen Adres-se als erster, minimaler Schritt von Öffentlichkeitsarbeit gesehen werden.“ Röttger, Ulrike: Public Relations – Organisation und Profession. Öffentlichkeitsarbeit als Organisationsfunktion. Eine Berufsfeldstudie, Wiesbaden 2000, 190.

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tionen mit Sitz in Hamburg. Aus den übrigen 1497 kleineren, überwiegend lokal

operierenden Organisationen wurde eine Stichprobe von 150 Organisationen

gezogen. Die gesamte Stichprobe lag demnach bei 1002 Organisationen, die

bereinigte bei 970.132

Dieser Ansatz ist methodisch zulässig, wenn es tatsächlich um die Untersu-

chung des gesamten Spektrums der NPO geht. Zielt die Studie allerdings expli-

zit auf die Arbeit von Verbänden ab, so müsste die Grundgesamtheit, entspre-

chend der zugrunde gelegten Kriterien, deutlich reduziert werden.

4.4.2 Kommunikation als strategischer Prozess

Auch für NPO bildet die Kommunikation eine Schlüsselfunktion und eine zentra-

le Managementaufgabe. Angesichts ihrer gesellschaftlichen Bedeutung haben

NPO allen Grund, als selbstbewusste Akteure den öffentlichen Kontext ihrer

Arbeit mitzugestalten. Öffentlichkeit ist eine notwendige Ressource, die für die

eigenen Belange aktiv konstituiert und gepflegt werden muss. Die Herstellung

von Öffentlichkeit, das heißt von positiven Kommunikationsbeziehungen zu den

relevanten Teilöffentlichkeiten, ist vornehmlich eine strategische Aufgabe.133

Gerade die Betonung der konsequent strategischen Ausrichtung ist von zentra-

ler Bedeutung. Wie Meinungen entstehen und wie sie in der Öffentlichkeit ver-

ankert werden, ist Thema professioneller Public Relations. Dass PR-Arbeit not-

wendig ist, um im Informations-Überangebot nicht unterzugehen, ist heute na-

hezu unbestritten. Anstelle von Einzelmaßnahmen und Schnellschüssen müs-

sen Verbände daher Entwicklungsprogramme für die Beziehungen im Inneren

des Verbandes und strategische Konzepte für ihre Außenpolitik entwickeln.

Kommunikationsarbeit ist ein zentraler Motor zur Lösung dieser Kernproble-

me.134

132 Vgl. ebd.: 190ff. 133 Vgl. Luthe / Schäfers: 2000, 201f. 134 Vgl. Lamers, Richard: Wer macht hier die PR? Verbands-PR zwischen selbst machen und machen lassen, in: Verbändereport (2001) 5.

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Verbändekommunikation

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4.4.3 Probleme der Verbändekommunikation

Gemessen an dem vorher erläuterten Idealzustand wird die PR-Arbeit von NPO

in der Literatur überwiegend kritisch betrachtet. Zunächst zeigen sich auf einer

allgemeinen Ebene, also alle NPO betreffend, zahlreiche Schwachstellen.

Die Notwendigkeit von PR-Arbeit wird in den Organisationen weitgehend aner-

kannt. In der Praxis mangelt es jedoch an der konsequenten Umsetzung dieser

Einsicht. Die praktizierte Öffentlichkeitsarbeit wird häufig nur "nebenbei" betrie-

ben, mit sehr unterschiedlichem Know-how und nicht zuletzt aus diesem Grund

mit mäßigem Erfolg. Als wesentlicher Maßstab gilt die Präsenz in der Presse.

Das lässt den Schluss zu, dass Öffentlichkeitsarbeit noch immer primär als

Pressearbeit angesehen wird und nicht als strategisches, die gesamte Organi-

sation umfassendes und durchdringendes, intern und extern wirkendes Kom-

munikationsinstrument. Es wird zu sporadisch, reaktiv und unsystematisch ge-

arbeitet. Öffentlichkeitsarbeit wird tendenziell kurzfristig und zu stark an den

eigenen Kommunikationsbedürfnissen orientiert. Es herrscht ein Verständnis

von Öffentlichkeitsarbeit vor, was die Bedeutung ihres Inhalts – Kommunikati-

onsarbeit für alle relevanten internen und externen Zielgruppen von NPO zu

leisten – eher unterschätzt und die Potentiale nicht ausschöpft.135

Die gesellschaftlichen, vor allem aber die medialen, Rahmenbedingungen ha-

ben sich in den letzten Jahren extrem schnell verändert. Dabei sollte zunächst

davon ausgegangen werden, dass NPO aufgrund ihrer teilweise bestehenden

Gemeinwohlorientierung über eine relativ hohe Akzeptanz in der Öffentlichkeit

und bei den Medien verfügen.136 Die Konkurrenz um öffentliche Aufmerksam-

keit und Beachtung in den Medien wächst jedoch ständig. Es wird immer

schwieriger, sich in dieser Konkurrenz zu behaupten. Dazu kommt, dass Wirt-

schaftswerbung und Unternehmens-PR professionelle Standards im Kommuni-

kationsmanagement gesetzt haben, an denen sich auch die Öffentlichkeitsar-

beit von NPO orientieren muss. Auf Expertenwissen in der Umsetzung einer

Kampagne oder Strategie kann daher kaum noch verzichtet werden. NPO ha-

135 Vgl. Luthe / Schäfers: 2000, 201f. 136 Vgl. Szyszka: 2004a, 57.

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Verbändekommunikation

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ben allerdings mit zentralen strukturellen Problemen zu kämpfen. Bei größeren

Organisationen können sich die aufwendigen internen Entscheidungswege so-

wie Managementprobleme aufgrund eines stark verschachtelten Organisations-

aufbaus auf eine erfolgreiche Kommunikationsarbeit erschwerend auswirken.

Bei kleinen und mittelgroßen NPO gilt Öffentlichkeitsarbeit hingegen zu häufig

noch als lästige Nebensache bzw. wird in Personalunion mit der Geschäftsfüh-

rung hauptsächlich als Pressearbeit erledigt.137

Gerade bei Verbänden, die sich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld be-

wegen, kommt es darauf an, sich schnell, flexibel, vor allem aber kommunikativ

an das sich dynamisch wandelnde Umfeld anzupassen. In der Realität sieht es

jedoch problematisch aus. Es fehlt an Initiative, sich richtungsweisend umzuori-

entieren und zeitgemäße Kommunikationskonzepte zu definieren. Nicht selten

entpuppt sich die althergebrachte, verkrustete Verbandsstruktur als Garant für

Stillstand. So bleiben beispielsweise interne Entscheidungsprozesse im traditi-

onellen Abstimmungsstau stecken, weil man sich organisationsintern nicht eini-

gen kann. Wird dann endlich eine gemeinsame Entscheidung getroffen, ver-

säumt man es, erzielte Ergebnisse für die Mitglieder transparent aufzubereiten.

Derartige Kommunikationsdefizite haben ihre Ursache darin, dass Öffentlich-

keitsarbeit in Verbänden vielfach nur eine Nebenrolle spielt.138

Als große Schwäche der Kommunikation von Verbänden sind sicherlich die

oftmals undurchsichtigen Strukturen zu sehen. Folge dieses Zustandes kann

dann eine gestörte interne Kommunikation sein, die sich ebenfalls auf die ex-

terne Kommunikation negativ auswirkt. Gerade ein gestörtes Verhältnis zwi-

schen Präsidium und Geschäftsführung kann die Kommunikationsarbeit eines

Verbandes schwer belasten. Aber auch eine verkrustete Verbandshierarchie mit

mehrstufigem Aufbau und einer lähmenden Zahl von Gremien wird den Infor-

mationsfluss unweigerlich stoppen. Damit kann die gesamte Organisation nicht

flexibel und aktuell reagieren, bleibt insgesamt zu defensiv statt sich Spielräume

für strategisch vorbereitetes Agieren zu ermöglichen. Kommunikation wird häu- 137 Vgl. Krzeminski, Michael: PR der Nonprofit-Organisationen, in: Bernd-Jürgen Martini (Hg.): Handbuch PR. Öffentlichkeitsarbeit in Wirtschaft, Verbänden, Behörden. Grundlagen und Adressen, 10, Neuwied u. a. 1996, 8f. 138 Vgl. Girgensohn, Arne / Szynka, Peter: Kommunikation der Verbände – Eine konstrukti-ve Kritik, in: prmagazin (1999), 4, 36f.

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Verbändekommunikation

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fig in Verbänden nicht als Kernkompetenz berücksichtigt und bleibt damit per-

sonell wie auch finanziell schlecht ausgestattet.139

Dass Handlungsbedarf auf dem Gebiet verbandlicher Öffentlichkeitsarbeit be-

steht, bestätigen die Organisationen selber. Ein Drittel von 1998 befragten NPO

gab die geringe Wahrnehmung der Organisation in der Öffentlichkeit als Prob-

lemfeld an. Je nach Handlungsfeld waren deutliche Unterschiede zu erkennen.

Von diesem Problemfeld zeigten sich über 40 Prozent der Umwelt- und Natur-

schutzorganisationen und sogar fast die Hälfte aller befragten NPO aus dem

Bereich Internationales überdurchschnittlich hoch betroffen.140

4.4.4 Sektorspezifisches Kommunikationsverhalten

Weg von der allgemeinen Ebene der NPO gibt es für bestimmte Handlungsfel-

der von Verbänden differenziertere Ergebnisse bezüglich der PR-Arbeit von hier

tätigen Organisationen. Es ist zu erkennen, dass die Schwerpunkte der PR-

Arbeit von Verbänden unterschiedlich gesetzt werden. Es kann also durchaus

von einem sektorspezifischen Kommunikationsverhalten geredet werden. So ist

die Öffentlichkeitsarbeit von Arbeitgeberverbänden geprägt durch eine primäre

Ausrichtung auf Presse- und Medienarbeit, durch Betonung einer eher einseiti-

gen als dialogischen Form der Kommunikation und durch eine PR-Zielsetzung,

die auf Image- und Vertrauenswerbung setzt, um die Organisationsziele effi-

zienter umzusetzen. Insofern sich nun Arbeitgeberverbände stärker an wirt-

schaftlicher Öffentlichkeitsarbeit orientieren, sind sie auch offener dafür, PR

professionell durchzuführen. Medienorientierung und informatorische Aspekte

der PR stehen im Vordergrund, Lobbying und Beziehungspflege nehmen aber

die zentrale Stelle ein. Informelle Kommunikationskanäle werden je nach Anlie-

gen und potentiellen Erfolgsaussichten noch stärker aktiviert als mediale. Die

Arbeitgeberverbände leisten eine vergleichsweise umfangreiche Medienarbeit,

die auch entsprechende Präsenz garantiert. Der Umgang mit Journalisten ist

139 Vgl. Broichhausen, Klaus: Die Liste der Versäumnisse. Wo liegen die Schwachstellen verbandlicher Kommunikation? in: Klaus Broichhausen (Hg.): Verbands-Kommunikation: aus der Praxis für die Praxis. Strategien und Fallbeispiele für den internen und externen Dialog, Frankfurt a. M. 1996, 24ff. 140 Vgl. Zimmer / Priller: 2004, 105ff.

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weitgehend institutionalisiert und findet regelmäßig statt. Dies sichert einen rela-

tiv kontinuierlichen und unproblematischen Medienzugang.

Die Öffentlichkeitsarbeit der Arbeitnehmerverbände weicht deutlich davon ab.

Betont wird hier eine viel stärkere Innenorientierung. Im Vordergrund steht die

Informationsarbeit, die mehrheitlich auf die eigenen Mitglieder abzielt, jedoch zu

wenig auf Aktivierung und Beteiligung in Zeiten von Vertrauensverlust an der

Basis setzt.

Bei Neuen Sozialen Bewegungen ist das Verständnis von dem, was Öffentlich-

keitsarbeit ist und leisten soll, widersprüchlich. Zum einen ist ein besonders

starkes Bekenntnis zur Medienarbeit und zur strategischen PR nachweisbar,

zum anderen eine Praxis, die sich an partizipationsbezogenen und aktionisti-

schen Kommunikationsformen orientiert und PR als gemeinschaftliches Han-

deln begreift.141

4.4.5 Kommunikation von Gewerkschaften

Sind einmal detailliertere Ausführungen zur Kommunikation von Verbänden zu

finden, so handelt es sich bei den Untersuchungsobjekten in den meisten Fällen

um Wirtschaftsverbände oder Gewerkschaften. Vereinzelt sind auch Organisa-

tionen aus dem Bereich Umwelt einbezogen worden.

Zum Thema Kommunikation der Gewerkschaften hat Hans-Jürgen Arlt zahlrei-

che Studien veröffentlicht. Er stellt fest, dass die Öffentlichkeitsarbeit des Deut-

schen Gewerkschaftsbundes, gemessen an dem, was unter heutigen massen-

medialen Verhältnissen geleistet werden müsste, unterentwickelt sei. Auf Lan-

des- und Bezirksebene bilde der Arbeitsbereich Öffentlichkeit einen „weißen

Fleck mit grauen Tupfern“. Dies bedeute, dass auf dieser regionalen Ebene

kaum professionelle PR betrieben werde. Öffentlichkeitsarbeit spiele auch in

den Satzungen dieser Landesverbände kaum eine Rolle.142

141 Vgl. Dorer, Johanna: Öffentlichkeitsarbeit als Instrument der Interessendurchsetzung. Zur Public Relations gesellschaftspolitischer Organisationen, in: Gewerkschaftliche Mo-natshefte (1996), 47, 294ff. 142 Vgl. Arlt, Hans-Jürgen: Kommunikation, Öffentlichkeit, Öffentlichkeitsarbeit. PR von gestern, PR für morgen – Das Beispiel Gewerkschaft, Opladen 1998, 149f.

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Arlt erklärt in Bezug auf moderne PR-Arbeit „warum Gewerkschaften müssen,

was sie nicht wollen“: Werbung und Unterhaltung gelten in dem Politikverständ-

nis, das auch die Gewerkschaften favorisierten, als die beiden Kommunikati-

onsweisen, die einer demokratisch-emanzipatorischen Politik unangemessen

seien. Es existierten keine festen Budgets für Öffentlichkeitsarbeit. Die Entwick-

lung des Mediensystems und der gesellschaftliche Umstrukturierungsprozess

verlangten jedoch multimediale und die Formenvielfalt der Kommunikation nut-

zende Strategien mit langem Atem. Anders würden Organisationen mit selbst

gesetzten positiven Botschaften massenmedial nicht mehr präsent sein. Sinn

stiftende Organisationen, wie sie Gewerkschaften darstellten, die in die Vielfalt

der individuellen Entscheidungsprozesse nicht kommunikativ eingriffen, nicht

Aufmerksamkeit, Vertrauen und Zustimmung für ihre Werte und Ziele zu gewin-

nen versuchten, schwebten in akuter Gefahr, erst ihre Interpretationsmacht und

dann selbst ihren Sinn zu verlieren.143

Geschlossene Weltanschauungen hätten sich verflüchtigt, die Bedeutung ein-

zelner politischer Entscheidungen sei nicht mehr selbstverständlich, keine Or-

ganisation könne davon ausgehen, dass, was sie tue und lasse, in ihrem Sinn

richtig verstanden werde. Weil es keine Instanzen mehr gebe, die Sinn verbind-

lich festlegten, müsse jeder politische Akteur in Konkurrenz zu anderen Akteu-

ren seine Politik selbst deuten. Verzichte er darauf, weil er sich einbilde, eine

unbestreitbar kluge und gerechte, im Interesse aller liegende Entscheidung ge-

troffen zu haben, die sozusagen für sich selbst spreche, oder komme er auch

nur zu spät, weil er den Entscheidungsprozess bis zuletzt geheim halten wolle,

schenke er den publizistischen Beobachtern und seinen politischen Gegnern

einen Interpretationsvorsprung, den er in der Regel kaum noch aufholen kön-

ne.144

Konkrete Schwachstellen gewerkschaftlicher Kommunikationsarbeit lassen sich

deutlich ausmachen. Immer noch dominiert die Binnenperspektive, also Mobili-

sierung und Information der Mitglieder, die gewerkschaftliche Kommunikation.

Mit der steigenden Bedeutung der Massenmedien als Mittler von Kommunikati- 143 Vgl. Arlt, Hans-Jürgen: Ohne politische Werbung geht es nicht – warum Gewerkschaften müssen, was sie nicht wollen, in: Claudia Langen / Werner Albrecht (Hg.): Zielgruppe: Ge-sellschaft. Kommunikationsstrategien für Nonprofit-Organisationen, Gütersloh 2001, 110ff. 144 Vgl. Arlt, Hans-Jürgen: Kampagne 2000. Gewerkschaften und Kommunikation, in: For-schungsjournal Neue Soziale Bewegungen (2000), 3, 62-68.

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on ergibt sich jedoch ein Problem. Gewerkschaften sind nicht mehr in der Lage,

ihre Mitglieder exklusiv zu erreichen, da diese über Radio, Fernsehen und Ta-

geszeitungen bereits alles Wichtige erfahren haben. Damit wurde externe Öf-

fentlichkeitsarbeit (Medienarbeit) bei steigender journalistischer Nachfrage zu

einer Art Ersatzleistung für den Bedeutungsverlust der internen Öffentlichkeit.

Darüber hinaus setzten PR-Aktivitäten von Arbeitgeberverbänden, konkurrie-

renden Arbeitnehmerorganisationen, politischen Parteien und Regierungen die

Gewerkschaften unter Zugzwang, in der öffentlichen Arena nicht durch zu häu-

fige Abwesenheit aufzufallen. Dieser Öffentlichkeitswandel ist bei anstehender

Gewerkschaftsreform sowohl auf der instrumentellen als auch auf der konzepti-

onellen Ebene zu bedenken.145

Diese auf Gewerkschaften bezogene Sichtweise ließe sich vermutlich ebenfalls

auf viele andere Interessenorganisationen übertragen, doch stehen für eine

endgültige Bewertung die entsprechenden Forschungsarbeiten noch aus.

145 Vgl. Arlt, Hans-Jürgen / Jarren, Otfried: Mehr PR wagen? Über Agitation, Öffentlich-keitswandel und Gewerkschaftsreform, in: Gewerkschaftliche Monatshefte (1996), 47, 306ff.

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Verbändekommunikation

80

4.5 Profit versus Nonprofit

Dass sich die Ziele von profitorientierten Organisationen und NPO unterschei-

den, lässt sich schon an der jeweiligen Bezeichnung erkennen. Für Wirtschafts-

unternehmen stehen in erster Linie betriebswirtschaftliche Ziele wie Gewinn und

Marktanteil im Vordergrund, während beispielsweise Verbände entsprechend

ihren vorher genannten Funktionen andere gesellschaftspolitische, teilweise

gemeinwohlorientierte Ziele verfolgen. Es geht hier um die Frage, unter wel-

chen Voraussetzungen beide Organisationstypen ihre Öffentlichkeitsarbeit ges-

talten können.

Grundsätzlich steht einer NPO das gesamte Handlungsspektrum der PR-Arbeit

zur Verfügung, das heißt, es gibt prinzipiell keine Techniken oder Methoden, die

eine NPO nicht einsetzen könnte, sofern hierfür ein Handlungsbedarf besteht

und entsprechende finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen. Umgekehrt

gibt es keine Techniken oder Methoden, die sich ausschließlich im Repertoire

von NPO befinden.146 Es gibt keinen Grund, die PR der NPO von derjenigen

der Wirtschaftsunternehmen zu unterscheiden – zumindest nicht hinsichtlich der

grundlegenden Methoden, der Qualitätsanforderungen und Kosten.

„Öffentlichkeitsarbeit von profitorientierten und Nonprofit-Unternehmen unter-

scheidet sich prinzipiell nicht voneinander“, sagen Beke-

Bramkamp/Hackeschmidt. Es seien nicht nur die Unternehmen, die auf den ge-

stiegenen Transformationsdruck, auf sich öffnende Märkte, auf die Bedürfnisse

neuer Kundenpotentiale und auf beschleunigte Innovationszyklen reagieren

müssten.147

146 Vgl. Szyszka: 2004a, 57. 147 Vgl. Beke-Bramkamp, Ralf / Hackeschmidt, Jörg: Erfolgsfaktor Öffentlichkeitsarbeit – warum sich Kommunikationsaufgaben von Unternehmen und Nonprofit-Organisationen nicht unterscheiden, in: Claudia Langen / Werner Albrecht (Hg.): Zielgruppe: Gesellschaft. Kommunikationsstrategien für Nonprofit-Organisationen, Gütersloh 2001, 55.

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Verbändekommunikation

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4.5.1 NPO und Gesellschaft

Es herrscht also Einigkeit darüber, dass auch Organisationen, die keine profit-

orientierten Ziele verfolgen, nicht generell zu nischenartiger oder qualitativ

schlechter PR-Arbeit verurteilt sind. Dennoch treten bei NPO eine Reihe spe-

zieller Probleme und Gesichtspunkte auf, die beachtet werden müssen.

Zunächst geht es um die Verhaltenserwartungen innerhalb der Gesellschaft, die

NPO entgegengebracht werden. Vor allem bei Spendenorganisationen werden

der Aufwand für Werbung und deren verbale und visuelle Gestaltung immer

wieder als Maßstab in den Punkten Glaubwürdigkeit und Seriosität herangezo-

gen. Hinzu kommt, dass Vollständigkeit und Wahrhaftigkeit der Information

stärker noch als bei Wirtschaftsunternehmen eine notwendige Voraussetzung

für dauerhaften PR-Erfolg bildet. NPO sind damit auch kommunikativen Risiken

ausgesetzt, denn moralische, politische oder wirtschaftliche Fehltritte werden

bei NPO wesentlich stärker gewichtet als bei Wirtschaftsunternehmen. Die Auf-

gabenerfüllung und die Glaubwürdigkeit basieren stärker auf Normen, Werten

und Moralvorstellungen.148 Erschwerend wirkt sich aus, dass NPO und deren

Leistungen oftmals besonders erklärungsbedürftig sind, da es sich weniger um

greifbare Produkte, denn um Einstellungen und Ideen handelt. Dauerhafte

Einstellungs- und Verhaltensänderungen bei großen Teilen der Bevölkerung

sind nur schwer zu erreichen.

Der große Vorteil von NPO gegenüber profitorientierten Organisationen sollte

jedoch auch gesehen werden. NPO besitzen oftmals einen größeren Gestal-

tungsspielraum, um ihre Interessen zu artikulieren. Die Aufgabe von NPO, ge-

sellschaftliche Missstände zu beheben, legitimiert eine schonungslosere Kom-

munikation. Dieses Instrument der offenen, unverblümten Information erleichtert

die Arbeit enorm. Im Vergleich zu Unternehmen haben NPO durch ihre relative

Unabhängigkeit und Flexibilität erhebliche Vorteile bei der Kampagnenführung

und Außendarstellung. Anders als beispielsweise börsennotierte Unternehmen

sehen sich NPO nicht der Gefahr ausgesetzt, durch eine zu offensive oder pro-

148 Vgl. Herger, Nikodemus: Organisationskommunikation. Beobachtung und Steuerung eines organisationalen Risikos, Wiesbaden 2004, 169 f.

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Verbändekommunikation

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vokante Kommunikation Anleger oder Aktionäre zu verärgern.149 Ein großer Teil

von ihnen kann sich in der öffentlichen Informationsflut dadurch abheben, dass

sie allgemein menschliche, gemeinnützige oder verallgemeinerungsfähige Mit-

gliederinteressen in den Vordergrund ihrer Kommunikation stellen und damit

soziale Verantwortung dokumentieren. Journalisten und andere Multiplikatoren

sind der Arbeit von NPO daher in der Regel freundlich gesonnen und stellen für

die Informationsverbreitung die geeigneten Plattformen bereit.150 Der ehemalige

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer bescheinigte nicht-kommerziellen Inte-

ressen daher einen „Glaubwürdigkeitsvorsprung“.151 Dies gilt besonders für

gemeinwohlorientierte NPO (Drittleistungs-NPO), bei denen der Finalwert im

öffentlichen Interesse liegt, während die Mitglieder Sekundärinteressen verfol-

gen. Bei gruppenspezifischen NPO (Selbsthilfe-NPO), bei denen der Finalwert

mit den Primärinteressen der Mitglieder identisch ist, bleibt dies jedoch fragwür-

dig.152

Profit-Organisation Selbsthilfe- NPO Drittleistungs-

NPO

Leistungen Individualgüter Kollektivgüter für

bestimmte Gruppe

Kollektivgüter

Glaub-

würdigkeit

Niedrig, da kommer-

zielles Interesse

Mittel, da gruppen-

spezifisches Inte-

resse

Hoch, da öffentli-

ches Interesse

Charakter

der PR

Produktorientiert

(branchenabhängig)

Mitgliederorientiert

(eher konservativ)

Öffentlichkeits-

orientiert

(eher provokativ)

(Haupt-)

Ziele von

PR

Imagepflege,

Produkt-PR

Mitgliederbindung Aufmerksamkeit

erzeugen

Tab. 3: Profit- und Nonprofit-Organisationen im Vergleich.

149 Vgl. Bender, Gunnar / Reulecke, Lutz: Handbuch des deutschen Lobbyisten. Wie ein modernes und transparentes Politikmanagement funktioniert, Frankfurt a. M. 2003, 29. 150 Vgl. Krzeminski: 1996, 5f. 151 Vgl. Hoppe, Antje: Die Wettstreiter, in: politik&kommunikation (2004), 6, 20. 152 Vgl. Faulstich: 2000, 80.

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Verbändekommunikation

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Neben den Verhaltenserwartungen der Gesellschaft gilt es aber auch, die Funk-

tion von Öffentlichkeit zu beachten. Für Organisationen, die primär Ziele der

Interesseartikulation verfolgen, hat Öffentlichkeit eine andere Funktion als für

profitorientierte Unternehmen. Ziel ist es zum Teil, Konflikte zu inszenieren, um

darüber die Themen der Organisation bekannt zu machen und nach Möglichkeit

die eigenen Deutungsmuster zur gesellschaftlich gültigen Problemdefinition

werden zu lassen. Aufgrund der überwiegend nicht oder nur begrenzt gegebe-

nen Zugänge zu politischen Entscheidungsprozessen, können macht- oder au-

ßenorientierte Akteure des soziokulturellen Handlungsfeldes ohne Öffentlichkeit

und ohne Präsenz in den Medien ihre Ziele nicht verwirklichen, das heißt poli-

tisch nicht erfolgreich sein. Formen der öffentlichen Thematisierung und Mobili-

sierung und die Einflussnahme auf die öffentliche Meinung sind damit zentraler

Bestandteil der Beeinflussung politischer Entscheidungsprozesse. Insbesonde-

re machtorientierte Akteure des soziokulturellen Handlungsfeldes sind durch

eine starke Orientierung auf Öffentlichkeit und auf die Medien gekennzeichnet.

Unternehmen betreiben PR, um potentielle Bedrohungen zu verhindern bzw. zu

minimieren um trotz öffentlicher Dauerbeobachtung und den daraus erwach-

senden Ansprüchen an sie, ihre ökonomischen Ziele verwirklichen zu können,

während NPO PR betreiben, um öffentlich wahrgenommen zu werden und um

über den Weg der öffentlichen Thematisierung und Mobilisierung politische Ent-

scheidungen beeinflussen zu können. „Ökonomische Organisationen versu-

chen, trotz öffentlicher Beobachtung ihre partikularen Ziele zu erreichen, NPO

können ihre Ziele nur aufgrund öffentlicher Beobachtung erreichen“, so Rött-

ger.153

4.5.2 Ressourcen von NPO

Auf jeden Fall muss bei der Beurteilung von Nonprofit-PR ein Blick auf die zur

Verfügung stehenden Ressourcen geworfen werden. Die finanzielle Problema-

tik wirkt sich natürlich auf die Möglichkeiten von PR-Arbeit in NPO aus. Die

Etats für Öffentlichkeitsarbeit sind in diesem Bereich, verglichen mit denen von

Unternehmen, winzig und lassen kaum Spielraum für operative Tätigkeiten.

Aufgrund ihrer mangelnden finanziellen Ressourcen entfällt in NPO ein großer

153 Röttger: 2000, 172.

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Anteil der PR-Arbeit auf ehrenamtliche Mitarbeiter, was in vielen Fällen Auswir-

kungen auf die Professionalität der geleisteten Arbeit hat.154

Erste empirische Ergebnisse verdeutlichen die strukturellen Unterschiede zwi-

schen Unternehmen und NPO. Als Grundlage gilt Röttgers PR-Berufsfeldstudie,

in die auch NPO einbezogen worden sind.155

Entscheidend sind vor allem die begrenzten finanziellen Ressourcen der Öffent-

lichkeitsarbeit bei NPO. 31 Prozent der NPO waren ohne jegliche finanzielle

Mittel, 64 Prozent ohne PR-Etat. War ein PR-Etat vorhanden, so lag er in knapp

der Hälfte aller Fälle unter 50.000 DM und nur in vier Prozent der Fälle über

einer Million DM. Daran schließt die Tatsache an, dass im Vergleich zu Wirt-

schaftsunternehmen die personellen Ressourcen von NPO deutlich geringer

sind. Bei Unternehmen sind im Durchschnitt 3,4 PR-Stellen eingerichtet, bei

NPO lediglich 1,6. Über 80 Prozent der NPO haben weniger als drei PR-Stellen

zur Verfügung. Auch die berufliche Ausbildung der Mitarbeiter wurde unter-

sucht. Nur ein Viertel der PR-Funktionsträger bei NPO sind von ihrer Ausbil-

dung und von ihrem beruflichen Werdegang als PR-Experten einzustufen. Bei

Behörden und Unternehmen liegt deren Anteil bei ca. 50 Prozent. PR-Experten

sind vor allem in größeren, finanzstarken NPO beschäftigt, während kleinere

Organisationen mit wenigen Mitarbeitern es sich vielfach nicht leisten können

oder wollen, explizit Mitarbeiter für ihre Öffentlichkeitsarbeit einzustellen. Viel-

fach stellt sich bei diesen kleineren NPO auch die Frage, ob Öffentlichkeitsar-

beit tatsächlich ein so wichtiges und umfangreiches Arbeitsgebiet ist, als dass

es mit eigenen PR-Mitarbeitern besetzt sein muss.

Öffentlichkeitsarbeit ist demnach nur bei den wenigsten NPO, im Gegensatz zu

Behörden oder Wirtschaftsunternehmen, organisatorisch und personell als ei-

genständiger Arbeitsbereich institutionalisiert. Lediglich ein knappes Viertel ver-

fügt über eine PR-Abteilung oder einen PR-Mitarbeiter. Zu fast drei Vierteln ist

Öffentlichkeitsarbeit mit einem anderen Arbeitsbereich zusammengelegt bzw.

wird von Personen erbracht, die hauptsächlich nicht mit PR befasst sind. Mehr-

154 Vgl. Szyszka: 2004a, 57. 155 Vgl. Röttger: 2000, 211ff.

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Verbändekommunikation

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heitlich (bei 42,5%) werden PR-Aufgaben von der Geschäftsführung oder einem

Vorstandsmitglied erfüllt. Dachverbände haben häufiger als andere NPO PR-

Abteilungen eingerichtet. Während ein Drittel der Dachverbände eigenständige

PR-Abteilungen aufweisen kann, sind dies nur knapp ein Fünftel der sonstigen

Bundesorganisationen (19,2%) und jeweils weniger als ein Siebtel der lokalen

Organisationen (14,3%) bzw. der Landes-/Regionalverbände (13,2%). Die Aus-

stattung des Tätigkeitsbereiches Öffentlichkeitsarbeit mit eigenem Personal ist

eng verknüpft mit der Anzahl der fest angestellten Mitarbeiter. In NPO mit ho-

hem Anteil an ehrenamtlichen Mitarbeitern werden PR-Aufgaben fast aus-

schließlich „nebenbei“ erledigt. Gefragt nach den wichtigsten Tätigkeitsfeldern

von ehrenamtlichen Mitarbeitern in NPO nannten 1998 zwei Drittel aller Organi-

sationen den Bereich Öffentlichkeitsarbeit.156

Es wird an dieser Stelle eine deutliche Diskrepanz zwischen Anspruch und

Wirklichkeit der PR-Arbeit von NPO erkennbar. Der Anspruch ergibt sich aus

der prinzipiellen Möglichkeit, die gleichen Arbeitsfelder der Kommunikation wie

Wirtschaftsunternehmen zu bedienen. Doch die Wirklichkeit von Nonprofit-PR

wird von den eher begrenzten Ressourcen gestaltet.

156 Vgl. Priller, Eckhard / Zimmer, Annette: Bürgerschaftliches Engagement und Dritter Sek-tor, in: WSI-Mitteilungen (2001), 3, 161.

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Verbändekommunikation

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4.6 Bedingungsfaktoren von Verbändekommunikation

Die Ausgangsbedingungen für kommunikative Aktivitäten sind nicht für alle

Verbände gleich. Es stellt sich an diesem Punkt die Frage nach den Faktoren,

die verbandliche Kommunikation beeinflussen. Dabei spielt zunächst Organisa-

tionsgröße, hier im Sinne von Anzahl der Mitglieder und damit auch gesell-

schaftlicher Macht- und Statusfrage, eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Bereits Weber erkannte schon früh, welche Voraussetzungen für die mediale

Präsenz eines Verbandes entscheidend sein können:

"Die Zahl der Verbände, die in den Augen der Nachrichtenredakteure in Hörfunk und

Fernsehen dauerhafte mitteilenswerte Informationen liefern, ist verschwindend gering.

Es sind im wesentlichen die großen Verbände im Wirtschafts- und Arbeitssystem, deren

Stellungnahmen, Forderungen und Drohungen sehr rasch in den Kommunikationsfluss

eingehen und von den Massenmedien verbreitet werden. Die Vorsitzenden und Präsi-

denten der großen Wirtschaftsverbände einschließlich der Banken, der Arbeitgeberver-

einigungen, der Gewerkschaften, des Bauernverbandes und er Ärztevereinigungen ver-

körpern in den Augen des durchschnittlichen Fernsehzuschauers die organisierten ge-

sellschaftlichen Kräfte, die in der Bundes- und Landespolitik ein gewichtiges Wort mit-

zusprechen haben und deren Ansichten von den Politikern aller Parteien beachtet wer-

den.

Die zahlreichen anderen Interessengruppen haben es da schon viel schwerer, das Ohr

der Öffentlichkeit, oder besser gesagt, das Auge des Fernsehzuschauers zu erhaschen.

Wenn ihnen nicht besondere Umstände zu Hilfe kommen oder wenn sie nicht selbst da-

für sorgen, durch einen Kongress, durch provozierende Aussagen bei einer Pressekon-

ferenz oder durch sonstige demonstrative Akte die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken,

werden sie kaum im Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit als Organisationen aner-

kannt, deren Stellungnahmen Gewicht beizumessen ist. [...]

Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für die jeweils eigenen Gruppenbelange zu ge-

winnen, ist das Bestreben jeder Interessengruppe, das sich allerdings nur für die we-

nigsten erfüllt. Der Verbandsvorsitzende, dem es gelingt, die Anonymität des bloßen

Lobbyistendaseins zu durchbrechen, hat zumindest die Chance, sich mit der Aufmerk-

samkeit für seine Forderungen auch ihre Anerkennung in der Öffentlichkeit einzuhan-

deln, Teile der öffentlichen Meinung für sich zu gewinnen und bei nächstbester Gele-

genheit daraus verbandspolitischen Nutzen zu ziehen. Das gelingt vor allem der kleinen

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Verbändekommunikation

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Zahl von Produzenten- und Berufsverbänden, die eine weitaus höhere Chance haben,

mit ihren Forderungen an die Öffentlichkeit zu treten und von ihr auch wahrgenommen

zu werden, als die große Masse der übrigen Interessengruppen. Nicht ohne Grund ver-

fügen alle großen Verbände über eigene Pressedienste, die den besonderen Bedürfnis-

sen der Nachrichtenredaktionen in Presse, Rundfunk und Fernsehen Rechnung tra-

gen."157

4.6.1 Faktor Organisationsgröße

Es kann davon ausgegangen werden, dass Verbände mit einflussreichem ge-

sellschaftlichen Status – zeigt sich beispielsweise in der Vertretung eines gro-

ßen und mobilisierbaren Mitgliederpotenzials oder der Besetzung einer strate-

gisch günstigen Position, um wichtige Versorgungsbereiche stören zu können –

auch leichteren Zugang zu den Massenmedien erhalten.

Eine im Jahre 1990 von Hackenbroch durchgeführte Inhaltsanalyse elektroni-

scher Medien und Printmedien zeigte, dass sich knapp zwei Drittel der politi-

schen Berichterstattung auf die Akteure des Regierungssystems bezog. Inner-

halb der Verbände, die mit sieben Prozent Anteil im Vergleich dazu eine weni-

ger starke Bedeutung einnahmen, waren es die Gewerkschaften, die die größte

Medienresonanz hervorriefen. Umweltschutzverbände hingegen hatten die ge-

ringste Resonanz.158

Großorganisationen stehen wesentlich häufiger im öffentlichen Rampenlicht

und werden von den Medien auch sehr viel intensiver kontaktiert als Kleingrup-

pen, die sich derlei Kontakte meist mühsam selbst erarbeiten müssen. Durch-

weg widmen sich die Spitzenorganisationen ganz besonders der Pflege der öf-

fentlichen Beziehungen. Bei jeglicher Form von Kontakten mit Journalisten,

aber auch bei der Verfertigung von Pressemitteilungen liegen sie zum Teil deut-

lich über dem Durchschnitt und damit klar von den am anderen Ende der Skala

rangierenden Vereinen abgesetzt.159 Weitere Gesichtspunkte sind der Status

eines Verbandes und seine politische Affinität zu dem jeweiligen Massenmedi-

um.

157 Weber: 1977, 202ff. 158 Vgl. Hackenbroch: 1998, 194ff. 159 Vgl. Sebaldt: 1997, 323.

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Verbändekommunikation

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4.6.2 Faktor politisches System

Bei den politischen Rahmenbedingungen ist zu differenzieren zwischen allge-

meinen Voraussetzungen, die für die politische Kommunikation von Verbänden

bestehen, und spezifischen, zwischen den Verbänden und ihren Kommunikati-

onsmöglichkeiten differenzierenden Rahmenbedingungen. So bilden die Struk-

tur des politischen Systems mit einer vertikalen (Bund, Länder und Kommunen)

und horizontalen (Parlament, staatliche Bürokratie und Regierung) Aufteilung

von politischen Entscheidungsbefugnissen und der Umfang der Staatstätigkeit

allgemeine Voraussetzungen für die Teilnahme von Verbänden am politischen

Kommunikationsprozess. Spezifische, die Kommunikationsformen der Verbän-

de unterscheidende politische Rahmenbedingungen sind die Konkurrenzsituati-

on der Verbände im Verbändesystem untereinander und die politische Einstel-

lung der Einflussadressaten. So sind die Verbände, die keine politische Affinität

zu den Akteuren des politischen Systems aufweisen und in deren Interessenbe-

reich es verbandliche Konkurrenten gibt, bestrebt, mittels öffentlicher Kommuni-

kationsformen die Vermittlung ihrer Interessen zu erreichen.160

4.6.3 Faktor Binnenstruktur

Auch die jeweiligen Binnenstrukturen von NPO können als Determinante für

Kommunikationsarbeit gesehen werden. Viele NPO haben ein ambivalentes

Verhältnis zur Macht. Der von vielen Mitgliedern still gehegten Sehnsucht nach

einer entschlussfreudigen und durchsetzungsstarken Führung widerspricht ein

weit verbreitetes Misstrauen gegenüber „denen da oben“. So wird der Zentrale

in vielen Fällen nur wenig Autorität zugebilligt. Selbst bei großen NPO verfügen

Vorstandsmitglieder einerseits meist über weniger Macht als Unternehmensvor-

stände – andererseits aber werden die umso kritischer beobachtet, wie sie mit

ihrer Verantwortung umgehen. Jeder Versuch der Führung, die Zentrale zu

stärken, droht zugleich den demokratischen Einfluss der Mitglieder zu schwä-

chen. Damit die dezentralen Strukturen die Gesamtorganisation und ihre Ziele

nicht gefährden, ist es umso wichtiger, als Organisation nach außen mit einer

Stimme zu sprechen. Kommunikationskompetenz setzt also Kommunikations-

160 Vgl. Hackenbroch: 2001, 4ff.

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Verbändekommunikation

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disziplin voraus. Ein gewisses Maß an Zentralisierung wird damit zur notwendi-

gen Voraussetzung für erfolgreiche Kommunikation. Ein zentrales Kommunika-

tionsmanagement stärkt die Arbeit der verschiedenen Kommunikationsabteilun-

gen und fördert damit die Schlagkraft einer großen Organisation entscheidend.

Durch klare, in ihren Kompetenzen abgegrenzte Zuständigkeiten zwischen der

Zentrale und den weiteren Einheiten kann eine Zersplitterung in Einzelinteres-

sen vermieden werden. Die Zentrale muss die Instrumente bereitstellen, um die

Arbeit vor Ort optimal zu unterstützen. „Nicht selten geht in einer großen Orga-

nisation viel Know-how verloren, weil die eine Stelle nicht weiß, was die andere

gerade macht, bereits gemacht hat oder derzeit plant. NPO müssen, genau wie

Unternehmen auch, zu konkreten Fragen die unterschiedlichen Meinungen in

den verschiedenen Regionen und Ebenen möglichst schnell und transparent

zusammenführen und sich auf eine gemeinsame Haltung in der öffentlichen

Diskussion einigen“, fassen Langen / Albrecht zusammen.161

161 Langen, Claudia / Albrecht, Werner: Zentrale Ergebnisse – übertragbare Lösungen, in: Claudia Langen / Werner Albrecht (Hg.): Zielgruppe: Gesellschaft. Kommunikationsstrate-gien für Nonprofit-Organisationen, Gütersloh 2001, 292ff.

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Verbändekommunikation

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4.7 Praxis der Verbändekommunikation

Eine allgemeine Beschreibung von Kommunikationsprozessen lieferte Harold

D. Laswell bereits 1948. Diese hat als Laswell-Formel Eingang in die Kommuni-

kationsforschung gefunden und stellt folgende Frage:

„Wer sagt was in welchem Kanal zu wem mit welcher Wirkung?“162

In diesem Sinne soll es nachfolgend um die Ziele, Bezugsgruppen (Adressaten)

und die zur Zielerreichung einzusetzenden Maßnahmen von verbandlicher

Kommunikation gehen.

4.7.1 Ziele

Aus konzeptionell-strategischer Sichtweise steht nach Analyse der Ausgangssi-

tuation die Formulierung von Zielen zunächst im Vordergrund. Kommunikation

kann als intentionales Handeln definiert werden, so dass der Kommunikator

bewusst konkrete Ziele verfolgt. Wenn Organisationen wie Verbände kommuni-

zieren, also Öffentlichkeitsarbeit betreiben, sollte dies im Regelfall auch zielge-

richtet erfolgen. Als oberstes Ziel lässt sich immer die Optimierung von Hand-

lungsspielräumen der Organisation sehen. Doch unterhalb dieser Ebene kön-

nen die Teilziele konkreter formuliert werden.

Weber erkannte in seinen Ausführungen zum deutschen Verbändesystem fol-

gende Ziele von Öffentlichkeitsarbeit:

- Der Verband, seine Ziele und seine Organisation sollen einer breiteren

Öffentlichkeit bekannt werden,

- Sympathiewerbung und Imagepflege,

- Verbreitung von Informationen aus der Sicht des Verbandes,

- Appelle an die Mitglieder zur Unterstützung der Verbandsbelange,

- Aufklärungskampagnen, um die Fragwürdigkeit gegnerischer Positionen

aufzuweisen,

- Immunisierung der Mitglieder gegenüber der Propaganda, den Argumen-

ten und Behauptungen möglicher Gegner.163

162 Vgl. Burkart: 2002, 492.

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Verbändekommunikation

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Kritische Betrachtung erfordern hier sicherlich die beiden letzten Punkte, die

nochmals die negative Grundhaltung Webers gegenüber der Öffentlichkeitsar-

beit von Verbänden dokumentieren. Statt Kampagnen und Immunisierung in

Bezug auf gegnerische Positionen müsste sicherlich die Motivation zu und

Überzeugung von eigenen Positionen deutlicher im Vordergrund stehen. Lange

Zeit beschränkten sich die Interessenverbände auf die Forderungen an Regie-

rungen und an die Legislative oder auch darauf, Gegenpositionen zu anderen

Interessengruppen zu formulieren. Wenn es auch immer ein Bemühen um eine

positive öffentliche Darstellung gegeben hat, so ist doch das Ringen der Ver-

bände um die öffentliche Meinung erst eine Folge der Entwicklung der moder-

nen Massenkommunikation.164

Modernere Vorstellungen von Verbands-PR berücksichtigen die gegnerischen

Positionen bei der Zielformulierung dann nicht mehr. Der destruktive Aspekt,

der noch bei Weber zu finden ist, weicht einem deutlich gestalterischeren Ver-

ständnis. Die Ansichten Monos zu den Zielen verbandlicher Kommunikation

lassen sich in kompakten Schlagworten zusammenfassen:

- Bekanntmachung (Verband wird relevanten Zielgruppen bekannt ge-

macht),

- Erinnerung (Verband soll den relevanten Zielgruppen in Erinnerung blei-

ben),

- Information (Informationen über angebotene Leistungen werden übermit-

telt),

- Suggestion (Wahrnehmung der Kommunikationsbotschaft wird unter-

stützt),

- Imagebildung (Aufbau und Pflege eines positiven Images).165

Ein weiterer Aspekt müsste jedoch noch berücksichtigt werden. Gemeint ist das

Verhältnis einer Organisation zu ihrem sozialen Umfeld. Öffentlichkeitsarbeit

von Verbänden muss immer langfristig orientiert sein. Die Organisation sollte

163 Vgl. Weber: 1977, 326. 164 Vgl. Triesch, Günther / Ockenfels, Wolfgang: Interessenverbände in Deutschland: Ihr Ein-fluss in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, München 1995, 87f. 165 Vgl. Mono: 1995, 187.

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Verbändekommunikation

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sich bemühen, eine möglichst dauerhafte Einbindung in die Gesellschaft anzu-

streben. Bei der Zielformulierung von Lamers werden diese Elemente deutlich:

- Verständnis für Aktivitäten, Haltungen und Ziele des Verbandes und der

mittelbar angeschlossenen Unternehmen - auch in schwierigen Zeiten,

- Vertrauen in die Leistungen des Verbandes,

- eine positive Meinung und ein gesteigertes Image vom Verband durch

optimale Information,

- Vorurteile, Falschmeldungen und Gerüchte vermeiden,

- Schaffung von Orientierungshilfen am Markt und damit Identifizierbarkeit,

- aktive Beteiligung am Markt der Informationen und damit ein Auftauchen

aus der Informationsflut.166

Immer wieder genannte zentrale Schlagwörter sind Erzeugung bzw. Steigerung

von „Bekanntheitsgrad“, „Glaubwürdigkeit“, „Vertrauen“ und „Akzeptanz“. An

dieser Stelle werden die Begriffe daher etwas näher erläutert.

Der Bekanntheitsgrad eines Objektes (Person, Organisation, Produkt) ist die

notwendige Voraussetzung, dass sich zu diesem Objekt Meinungen, Einstel-

lungen und damit Bewertungen bilden können. PR trägt dieser Funktion vor al-

lem durch Pressearbeit Rechnung.

Glaubwürdigkeit ist eine stark von Erfahrung geprägte Variable, die sich auf die

Kongruenz von Aussagen eines Kommunikators zu der dazu referierenden

Wirklichkeit bzw. auf die Kongruenz von Aussagen zu früheren Aussagen be-

zieht. Glaubwürdigkeit wird durch Ehrlichkeit, einheitliches (widerspruchsfreies)

Auftreten in der Öffentlichkeit, die Akzeptanz grundlegender Werte und Normen

und durch Offenheit gefördert.

Vertrauen gegenüber einer Person oder Organisation setzt Bekanntheit und

Glaubwürdigkeit bindend voraus und erfordert darüber hinaus eine zeitliche Er-

fahrungsstrecke. Erfahrungen aus der Vergangenheit werden als valide Basis

für die Strukturierung der Zukunft definiert. Vertrauen besitzt einen starken Be-

zug zu Kontinuität. Dies kann sich in „gleich bleibender Qualität“ von Produkten,

in „beständigem Erfolg“ einer Organisation, in „Nachhaltigkeit“ von Maßnahmen

und in „Verlässlichkeit“ von Personen äußern.

166 Vgl. Lamers: 2001.

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Verbändekommunikation

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Die aus dem gewonnenen Vertrauen herrührende positive Einstellung gegen-

über dem Objekt oder der Organisation heißt Akzeptanz. Diese ist wertvoll als

Basis für die Favorisierung von Produkten oder Dienstleistungen, als weitere

Vorleistung in Krisenzeiten und als widerspruchsfreie Übernahme von Verhal-

tensprämissen.167

Zunächst vertreten Verbände spezifische Gruppeninteressen und müssen da-

her besondere Anstrengungen unternehmen, um ihre Forderungen in der Öf-

fentlichkeit zu legitimieren. Auch ist zu beachten, dass Verbände keine formalen

politischen Entscheidungspositionen besitzen, sondern allenfalls eine Vetostel-

lung bei politischen Verhandlungen einnehmen. Darüber hinaus müssen die

organisierten Interessen, die in starker Konkurrenz untereinander existieren,

neben der Außendarstellung immer auch die Integration der Mitglieder und

Sympathisanten berücksichtigen.

Das Kommunikationsziel von organisierten Gruppen besteht dann darin, ihre

Vetoposition im Vorfeld politischer Entscheidungen geltend zu machen. Um ihre

Problemeinschätzungen oder Gruppeninteressen in dieser Auseinandersetzung

als gesamtgesellschaftlich bedeutsam darzustellen, müssen sie als Sprecher

des öffentlichen Interesses agieren. In dieser Rolle konkurrieren sie natürlich

mit den Verbänden, die entgegen gesetzte Interessen verfolgen.168

4.7.2 Bezugsgruppen

Es ist unbestritten, dass die Öffentlichkeit als eine Art homogene Masse nicht

existiert. Das soziale Umfeld einer Organisation ist deutlich differenziert. Es bie-

tet sich daher an, von Teilöffentlichkeiten oder Bezugs- bzw. Zielgruppen zu

sprechen.

Szyszka verweist darauf, dass die Begriffe Teilöffentlichkeit und Bezugsgruppe

synonym verwendet werden, um Gruppen zu kennzeichnen, die sich aufgrund

gemeinsamer Beziehungsmerkmale bestimmen lassen. Er bevorzugt den Beg-

riff der Bezugsgruppe, weil er semantisch schon den Hinweis auf das Bestehen

167 Vgl. Kocks, Klaus / Merten, Klaus (Hg.): Das Handwörterbuch der PR, 2 Bde., Frankfurt a. M. 2000, 86ff. 168 Vgl. Pfetsch, Barbara: Strategische Kommunikation als Antwort auf die Probleme der Politikvermittlung, in: Gewerkschaftliche Monatshefte (1996), 47, 287.

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Verbändekommunikation

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mindestens eines gemeinsamen, gruppenkonstituierenden Beziehungsmerk-

mals gebe. Vom Begriff der Bezugsgruppe sei jener zu unterscheiden, der zur

operativen Ebene der Kommunikationsarbeit gehöre. Zielgruppen seien dem-

nach ausgewählte Bezugsgruppen, denen gegenüber Kommunikationsaktivitä-

ten ergriffen würden. Solange diese Gruppen Objekt von Kommunikationsarbeit

seien, hätten sie den Status einer Zielgruppe. Werde der Fokus aufgegeben,

würden sie wieder zu normalen Bezugsgruppen.169

Verbände unterhalten demnach Beziehungen zu diversen Teilöffentlichkeiten,

die zunächst anhand eines einfachen Kriteriums unterschieden werden. Es geht

um den Aspekt, ob zu einer Teilöffentlichkeit aus Sicht der Organisation ein in-

ternes oder externes Verhältnis besteht. Aufgrund dieses Zusammenhanges

wird auch von interner bzw. externer Kommunikation gesprochen.

Externe Kommunikation ist die Kommunikation, die von einer Organisation (ei-

nem System) an die außerhalb stehenden Teilöffentlichkeiten (Umwelt) gerich-

tet wird und dies eben bewusst an bestimmte Zielgruppen.

Im Gegensatz zur externen PR richtet sich interne PR nur auf das Management

der Kommunikation innerhalb einer Organisation. Die interne Kommunikation ist

zunächst durch den Ordnungsrahmen einer Organisation geprägt, der grund-

sätzlich hierarchische Struktur aufweist. Eine hierarchische Struktur bedeutet,

dass in einer Organisation eine Person oder ein Gremium über Entscheidungs-

und Anweisungskompetenz verfügt, die von den übrigen Mitgliedern einer Or-

ganisation im Rahmen geltenden Rechts zu befolgen sind. Neben dieser verti-

kalen Kommunikation findet sich eine zweite, davon unabhängige Kommunika-

tionsstruktur, die horizontal verläuft und der wechselseitigen Information der

einzelnen Bereiche bzw. der dort wirkenden Mitarbeiter / Mitglieder dient. Die

Informationsverbreitung über alle mitarbeiter- / mitgliederrelevanten Themen,

die Motivation der Mitarbeiter / Mitglieder und die Identitätsstiftung sind die

Hauptfunktionen interner Kommunikation.170

Nach dem Ansatz des integrierten Kommunikationsmanagements hängen in-

terne und externe Kommunikation jedoch untrennbar zusammen. Selbst dort,

169 Vgl. Szyszka: 2004a, 46f. 170 Vgl. Kocks / Merten: 2000, 152f.

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Verbändekommunikation

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wo die Meinung vorherrscht, dass Kommunikation im Grunde ein Nebenaspekt

ist und man sich einzig auf die inhaltlich-programmatische Arbeit konzentrieren

will, wird kommuniziert, allerdings vermutlich unstrukturiert, zufällig und mit we-

nig Aussicht auf gute öffentliche Präsenz.171

Abb. 5: Methoden und Adressaten der Verbandspolitik, aus: Rudzio: 1977, 41.

Schaut man einige Zeit zurück, so ist festzustellen, dass bei den Ausführungen

zu Verbänden gerade der interne Aspekt nicht immer ausreichend berücksich-

tigt worden ist. Rudzio ist noch einem sehr starken pluralistischen Denken ver-

haftet, wenn er als Zielgruppen von verbandlicher Kommunikation lediglich Ak-

teure des politischen Systems und die öffentliche Meinung sieht. Verbände sind

in dieser Vorstellung ausschließlich fordernde "pressure-groups" (Abb. 5).

Weber vermittelt schon ein differenzierteres Bild von Zielgruppen verbandlicher

Öffentlichkeitsarbeit. Über das Druckmittel der öffentlichen Meinung gelänge es

Verbänden, ihre Verhandlungsmacht gegenüber politischen Entscheidungsträ-

gern und Konkurrenten unter den übrigen Verbänden zu stärken. Sie müssten

sich bemühen, gute Kontakte zu den Massenmedien zu pflegen, um die Förde-

171 Vgl. Ramm, Wolf-Christian: Binnenkommunikation als Teilsystem integrierter Kommuni-kation in Nonprofit-Organisationen, in: Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizistik (Hg.): Öffentlichkeitsarbeit für Nonprofit-Organisationen, Wiesbaden 2004, 337.

Verbände

Kontakte Informationen

Eingaben Personelle

Durchsetzung

Stimmen -pakete

Spenden Personelle

Durchsetzung

Eingaben Unterst ützung (o. Sabotage) von Ma ßnah-

men

Personelle Durchsetzung

Information Stellungnahme Demonstration Eigene Medien

Politische Parteien

Ministerialb ürokratie

Öffentliche Meinung

Bundesregierung Bundestag

unmittelbare Einflussnahme mittelbare Einflussnahme

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Verbändekommunikation

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rung positiver Einstellungen in der Bevölkerung zu ihren Gunsten erreichen zu

können.

Über die primäre Zielgruppe Massenmedien sind also laut Weber die sekundä-

ren Zielgruppen Gesamtbevölkerung, Politik und Konkurrenzverbände zu errei-

chen. Weber erkannte erstmals auch in der Öffentlichkeitsarbeit nach innen,

also die Erklärung der eigenen Mitglieder zur Zielgruppe, eine wichtige Funktion

und ließ damit erkennen, dass es sowohl externe als auch interne Zielgruppen

gibt.172

Gerade der internen Kommunikation wird von vielen Seiten eine besondere Be-

deutung beigemessen. Die interne Kommunikation sollte nicht als lästige Pflicht,

sondern als Herausforderung betrachtet werden. Gegenüber Mitgliedern be-

steht eine Bringschuld. Sie müssen über die Ziele und die Arbeit des Verbandes

informiert werden. Arbeitsvorhaben und Arbeitsbereiche müssen transparent

gemacht und überschaubare Beteiligungsmöglichkeiten angeboten werden.

Interne Öffentlichkeitsarbeit bewirkt, Mitglieder an den Verband zu binden und

zur Mitarbeit zu motivieren.173

Dazu sollten Verbände zunächst sämtliche kommunikativen Dienstleistungen

mitgliederfreundlich, das heißt leicht lesbar, gut verwertbar und verständlich

gestalten. Und ferner sollten sie die gesamte Kommunikation im Zusammen-

hang mit der Willensbildung und Entscheidungsfindung so formen, dass die par-

tizipierenden Mitglieder sie verstehen und nachvollziehen können. Ein Verband

ist auf seine Mitglieder angewiesen und muss sich daher bemühen, diese zu-

frieden zu stellen. Zufriedenheit aber kommt dann zustande, wenn die Mitglie-

der etwas Brauchbares bekommen. Wenn sie mitbestimmen sowie den Ver-

bandsapparat verstehen und kontrollieren können. Entfremdete Mitglieder bringt

man nicht durch Solidaritätsbeschwörungen an den Verband heran, sondern

nur durch professionelle Beziehungsarbeit und durch kontinuierliche Optimie-

rung von Information, Leistung und Partizipation.174

Ohne die konsequente Unterstützung der Mitglieder muss auch die beste

Kampagne hinter den Erwartungen zurück bleiben. Die Verständigung unter

172 Vgl. Weber: 1977, 325ff. 173 Vgl. Franck, Norbert: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ein Ratgeber für Vereine, Ver-bände und Initiativen, Köln 1996, 24. 174 Vgl. Lamers: 2001.

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Verbändekommunikation

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den Mitgliedern spielt daher eine wesentliche Rolle auf dem Weg zur schlüssi-

gen, gemeinschaftlich getragenen Verbandskommunikation. Bei den Member

Relations geht es darum, die Mitglieder durch Glaubwürdigkeit und Offenheit

zu motivieren und gleichzeitig davon zu überzeugen, dass das gemeinsame

Verbandsinteresse im Vordergrund steht. Wird dann auch noch der Nutzen für

den Einzelnen nach außen transportiert, lassen sich auch noch potentielle Mit-

glieder für eine Mitgliedschaft gewinnen.175

Die Bedeutung der internen Kommunikation kommt auch in der Organisations-

theorie zum Ausdruck. So wird angenommen, dass die Bereitschaft, zu koope-

rieren, sich nicht ohne ein Ziel der Zusammenarbeit entwickeln kann. Dies wird

Organisationszweck genannt. Der Bestand der Organisation hängt wesentlich

davon ab, ob sie imstande ist, ihren Zweck zu erfüllen. Die Sicherung der zwin-

gend notwendigen gemeinsamen Zielvorstellung ist eine wichtige Aufgabe für

die Führungskräfte in Organisationen. Sie müssen immer die Überzeugung

stärken, dass es ein gemeinsames Ziel gibt. Diese Ziele können sich auch

wandeln. Für jedes Organisationsmitglied gibt es aber nicht nur den Organisati-

onszweck, sondern auch seine individuellen Wünsche und Motive. Es muss

also klar zwischen dem organisatorischem Zweck und individuellen Motiven

unterschieden werden. Wichtig ist, dass diese fast niemals identisch sind.

Der Prozess, der ein gemeinsames Ziel und die Personen, deren Wünsche die

Motive für eine Beteiligung werden, zusammenbringt, ist die Kommunikation.

Techniken der Kommunikation sind somit wichtige Bausteine für jede Organisa-

tion. Struktur, Ausdehnung und Umfang der Organisation hängen wesentlich

von der Art der Kommunikationstechniken ab.176

Abweichend von dieser sozialwissenschaftlichen Perspektive, sehen marke-

tingorientierte Ansätze den Sinn der Bildung von Zielgruppen darin, möglichst

homogene Gruppen von Zielpersonen zusammenzufassen, die mit den glei-

chen kommunikativen Maßnahmen angesprochen werden können. Hier kann

eine Trennung in primäre und sekundäre Zielgruppen vorgenommen werden.

Zu den primären Zielgruppen zählen alle diejenigen Personen und Organisatio- 175 Vgl. Girgensohn/Szynka: 1999, 39. 176 Vgl. Bogumil, Jörg / Schmid, Josef: Politik in Organisationen. Organisationstheoretische Ansätze und praxisbezogene Anwendungsbeispiele, Opladen 2001, 37f.

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Verbändekommunikation

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nen, die als potentielle Nachfrager nach dem Leistungsangebot einer Organisa-

tion auftreten. Aus Sicht des Verbandes gehören dazu insbesondere alle ge-

genwärtigen und potentiellen Mitglieder.

Personelle und finanzielle Beschränkungen verhindern häufig eine direkte An-

sprache der primären Zielgruppen. In diesen Fällen muss mittels sekundärer

Zielgruppen auf die indirekte Kommunikation zurückgegriffen werden. Kommu-

nikationsmittler, die kein eigenes Interesse an dem Leistungsangebot einer Or-

ganisation besitzen, sind Multiplikatoren, Meinungsführer sowie die allgemeine

Öffentlichkeit.177

Für Mono ist das zentrale Kriterium zur Bestimmung von Zielgruppen deren In-

teresse an der Organisation (Abb. 6). Dieses Verständnis ist jedoch kritisch zu

betrachten, da die Organisation ihrer aktiven Zielgruppenbestimmung beraubt

wird und sich bezüglich ihrer kommunikativen Arbeit in die Abhängigkeit ande-

rer begibt.

Abb. 6: Die Zielgruppen von Wirtschaftsverbänden, aus: Mono: 1995, 189.

177 Vgl. Mono 1995: 189.

Zielgruppen

prim äre Zielgruppen sekund äre Zielgruppen

Meinungsf ührer Multiplikatoren allgemeine Öffentlichkeit

Mitglieder Staat sonstige Auftraggeber

potentielle gegen- wärtige

neue ehe-malige

unter-stützendes Umfeld

politisch- administratives Umfeld

Massen- medien

Organi- sationen

Per- sonen

andere Verbände

Banken Parteien Künstler Unter- nehmer

Sportler Politiker

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Verbändekommunikation

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Die am weitesten entwickelte Perspektive bezüglich der Bezugsgruppenbenen-

nung von NPO-Kommunikation hat Szyszka dargelegt. Er erkennt fünf Bezugs-

gruppentypen von NPO-Kommunikation. Es sind die Bezugsgruppen

- des Leistungserstellungsprozesses (Mitarbeitende): Arbeitszufriedenheit,

Motivation und Engagement sind Voraussetzungen für die Effizienz von

Mitarbeitenden und damit die Leistungsfähigkeit einer NPO;

- der Leistungsabnahme (Leistungsempfänger/Leistungsinteressenten):

eine NPO wird nur bei Nachfrage nach ihren Leistungen lebensfähig blei-

ben;

- der finanziellen Alimentierung (zahlende Mitglieder, Spender): die Leis-

tungsfähigkeit einer NPO und damit ihre Handlungsspielräume hängen

von finanziellen oder geldwerten Engagement dieser Bezugsgruppe ab;

- des politischen Meinungsmarktes: politische Entscheidungsträger legen

auf allen Ebenen mittels Gesetzen und Verordnungen die existenziellen

Rahmenbedingungen gesellschaftlicher Organisation und damit von

NPO fest; Entscheidungsträger im nachgeordneten administrativen Be-

reich entscheiden über die konkrete Umsetzung von Gesetzen und Ver-

ordnungen;

- des öffentlichen Meinungsmarktes: dem Journalismus und seinen Me-

dien kommt aufgrund seiner Rolle als gesellschaftsweit verbreitetem In-

formationsmultiplikator besondere Bedeutung zu, da er als gesellschaftli-

cher Resonanzboden allgemein auf die Öffentlichkeit und damit auf alle

gesellschaftlichen Umfelder einer NPO informierend und meinungsbil-

dend einwirkt.178

Bezüglich der Bezugsgruppen von verbandlicher PR-Arbeit lassen sich in be-

reits vorliegenden empirischen Untersuchungen deutliche Tendenzen erken-

nen. Die eigenen Mitglieder, die Medien und Vertreter des politischen Systems

sind laut Röttger im Fokus von NPO. Die von ihr befragten Organisationen bes-

tätigen eine sehr starke Mitgliederorientierung (1 = sehr wichtig…5 = unwichtig).

Die Erstellung von Mitgliederzeitschriften (Mittelwert 1,41) sowie die Beratung

der Mitglieder (1,55) haben in der Praxis einen noch höheren Stellenwert als

Pressearbeit (1,62), die aber ebenfalls von der Mehrheit als sehr wichtig be-

178 Vgl. Szyszka: 2004a, 44f.

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Verbändekommunikation

100

zeichnet wird. Die Orientierung der Öffentlichkeitsarbeit auf das politische Sys-

tem wird durch die hohe Bedeutung von staatlichen Stellen (1,68) und Politikern

(1,85) als Zielgruppen deutlich.179

Die Bedeutung des politischen Systems als Ansprechpartner erkannte auch

Hackenbroch, der im Jahre 1990 die Presseinformationen von zwölf Spitzen-

verbänden auf der Bundesebene wurden inhaltsanalytisch erfasst hat, um Aus-

sagen über die Inhalte verbandlicher Öffentlichkeitsarbeit machen zu können.

Untersucht wurde die Bezugnahme der Pressemeldungen der Verbände auf

verschiedene Akteure. Der mit Abstand am häufigsten angesprochene Akteur,

mit einem Anteil von rund 44%, war das Regierungssystem. Es folgten mit rund

17% die gegnerischen Verbände vor den Mitgliedern mit 10% der Pressemittei-

lungen.180

Ein für diese Arbeit besonders interessantes Ergebnis betrifft die Bezugnahme

von Pressemitteilungen auf den Akteur Landesregierung. Tabelle 4 soll die Be-

zugnahme näher erläutern. Die Pressearbeit der zwölf untersuchten Spitzen-

verbände auf Bundesebene setzte einen deutlichen Schwerpunkt bei den Ak-

teuren des Regierungssystems ebenfalls auf der Bundesebene (Bundesregie-

rung, Bundestag und Bundesrat). Im Gegensatz dazu war für die Bundesver-

bände der Akteur Landesregierung von untergeordneter Bedeutung.

179 Vgl. Röttger: 2000, 283. Bei einer im Jahre 2002 durchgeführten Umfrage unter 200 Geschäftsführern deutscher Verbände stuften 92% der Befragten die Medien als „wichtigen“ bzw. „sehr wichtigen“ Ad-ressaten ihrer Arbeit ein. Vgl. Paquet, Robert: Lobby: Hard Selling oder sanfte Verfüh-rung?, in: politik&kommunikation (2003), 3, 31. 180 Vgl. Hackenbroch: 1998, 141ff.

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Verbändekommunikation

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Akteur Anteil in Prozent

Bundesregierung 29,9

Bundestag / Bundesrat 4,7

Landesregierung 3,6

Staatliche Organe 3,6

Parteien 1,9

Konfliktgegner 8,0

Tarifpartner 9,3

Mitglieder 9,9

DDR-Akteure 1,4

Akteure Ausland 8,0

Sonstige 6,9

Kein Akteur 13,2

Gesamt 100

N 364

Tab. 4: Bezugnahme von Pressemeldungen auf verschiedene Akteure (Bundesebene), aus: Hackenbroch: 1998, 158.

Dass Bundesverbände in erster Linie Ansprechpartner auf ihrer Ebene bevor-

zugen, bestätigen auch die Ergebnisse von Sebaldt. Geht es um die Bedeutung

der Akteure des Regierungssystems, so sticht der Spitzenwert für die Bundes-

ministerien (1,61) deutlich heraus. Auch die Bundestagsausschüsse (2,04) und

die Bundestagsfraktionen der Regierungsparteien (2,25) gelten noch als wichti-

ger Kontaktpartner. Landesregierungen (2,49), Landesparlamente (2,99) und

Kommunen (3,21) spielen dagegen eine eher untergeordnete Rolle für die Bun-

desverbände. Eine Ausnahme bilden die Landesministerien, deren Bedeutung

als Kontaktpartner relativ hoch (2,18) beurteilt wird.181

Deutlich wird ein vergleichsweise starker politischer Charakter der Öffentlich-

keitsarbeit bei NPO. PR ist hier – deutlicher als bei Behörden und Unternehmen

– ein Mittel zur Durchsetzung der Organisationsinteressen und ein organisati-

onspolitisches Instrument, um Einfluss auf gesellschaftspolitische Entschei-

dungsprozesse zu nehmen. Für die meisten NPO ist Öffentlichkeitsarbeit in ers-

181 Vgl. Sebaldt, Martin: Interessengruppen und ihre bundespolitische Präsenz in Deutsch-land, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen (1996), 4, 673ff.

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Verbändekommunikation

102

ter Linie Mittel zum Zweck, es dominiert ein tendenziell instrumentelles und

stark den Organisationszielen untergeordnetes PR-Verständnis.182

4.7.3 Instrumente

Nachdem die Ziele und Adressaten verbandlicher Kommunikation untersucht

worden sind, bleibt noch offen, welche Mittel bzw. Instrumente zur Zielerrei-

chung eingesetzt werden.

Moderne Ansätze der Organisationskommunikation betonen den Stellenwert

eines integrierten Kommunikationsmanagements. Hier sind die Aktivitäten der

Bereiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Mitgliederberatung

koordiniert und mit den übrigen Organisationsbereichen abgestimmt. Durch den

kombinierten und koordinierten Einsatz verschiedenster Instrumente kann ein

Optimum an Aufmerksamkeitssteigerung und Überzeugung erreicht werden.

Basis aller Arbeit sollte ein langfristig angelegtes strategisches Kommunikati-

onskonzept sein, in dem interne und externe Faktoren so aufeinander abge-

stimmt sind, dass sich aussichtsreiche Perspektiven eröffnen.183

Zur Klärung der Frage des Instrumenteneinsatzes kann wiederum auf empiri-

sche Ergebnisse zurückgegriffen werden. Aus politikwissenschaftlicher Per-

spektive untersuchte Sebaldt die Arbeit von Interessengruppen in der Bundes-

republik. Auch verbandliche Öffentlichkeitsarbeit ist von ihm thematisiert wor-

den. Dabei konnte auch geklärt werden, wie die Verbände in der Praxis PR

betreiben. Die dominante Position der Medienarbeit zeigt sich deutlich.

Öffentlichkeitsarbeit wird von Verbänden bevorzugt schriftlich erledigt. Presse-

mitteilungen, aber auch eigene Publikationen stehen mit Mittelwerten (1 = sehr

wichtig…5 = unwichtig) von 1,71 bzw. 1,89 in der Rangskala ganz oben. Auch

Tagungen verschiedenster Art (2,22) sind ein probates Mittel für die PR-Arbeit

von Interessengruppen. Individuellen Kontakten mit Journalisten wird im Schnitt

eine etwas größere Bedeutung beigemessen als öffentlichen und meist recht

formalisierten Pressekonferenzen. Telefoninterviews stehen mit einem arithme-

tischen Mittel von 2,28 an der Spitze der Bedeutungsskala, dicht gefolgt von

sonstigen Interviews (2,31) und Hintergrundgesprächen (2,35). Mit einem Wert 182 Vgl. Röttger: 2000, 299ff. 183 Vgl. Krzeminski: 1996, 9; Girgensohn/Szynka: 1999, 39.

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Verbändekommunikation

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von 2,54 folgen die Pressekonferenzen schließlich etwas abgesetzt. Öffentliche

Demonstrationen und andere Aktionen sind als Methoden der Öffentlichkeitsar-

beit eher unwichtig.184

Schon Weber betonte die besondere Bedeutung der Massenmedien im Kom-

munikationsprozess und sah Medienarbeit als zentrales Instrument verbandli-

cher Öffentlichkeitsarbeit:

"Die Interessengruppen setzen zu diesem Zweck ein ganzes Arsenal verschiedenster

Kommunikationsmittel ein. Insbesondere sind sie darauf aus, sich des Mediums Fern-

sehen zur Propagierung ihrer Ziele und zur Einwirkung auf die öffentliche Meinung zu

bedienen, wenngleich nur die allerwenigsten Verbände in diesem Medium zu Wort

kommen. Neben einer unmittelbaren Mitwirkung in den Aufsichtsgremien von Rundfunk

und Fernsehen, in denen allerdings die kommunikative Privilegierung bestimmter Grup-

pen und der Großverbände ins Auge springt, versuchen Verbandsführer insbesondere

durch Interviews und Teilnahme an Diskussionsrunden im Fernsehen präsent zu sein.

Andere Kommunikationsmittel sind Pressekonferenzen, Pressedienste für Rundfunk-

und Zeitungsredaktionen, Informationsbroschüren, regelmäßig erscheinende Zeitschrif-

ten und Schriftenreihen, Tagungen und Konferenzen, Vortragstätigkeit der führenden

Verbandsrepräsentanten, Anzeigen- und Flugblattaktionen, Preisverleihungen etc. Ins-

besondere die Verbandspresse, die sich teilweise an die Mitglieder selbst und teilweise

an die interessierte Öffentlichkeit wendet, spielt eine wichtige Rolle in der Verbreitung

der Argumente und Sichtweisen der einzelnen Verbände."185

Medienarbeit ist von zentraler Bedeutung für eine effiziente Informationspolitik

des Verbandes. Langfristig angelegt und als vertrauensbildende Maßnahme

eingesetzt, beinhaltet Medienarbeit neben Pressekonferenzen in erster Linie

eine regelmäßige Berichterstattung, die den Verband hinsichtlich Selbstver-

ständnis, Zielsetzungen und Strategie darstellt. Zu den Erfolgsfaktoren zählen

ein attraktives Themenmanagement, vor allem aber die sachlich, wahrheitsge-

mäß und professionell aufbereitete Präsentation der Inhalte.186

184 Vgl. Sebaldt: 1997, 321. 185 Weber: 1977, 325ff. 186 Vgl. Girgensohn/Szynka: 1999, 38.

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Verbändekommunikation

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Das System öffentlicher Kommunikation ist komplexer, differenzierter und un-

übersichtlicher geworden und die Medien nehmen darin eine Schlüsselposition

ein. Wer keine Medienarbeit betreibt, kommt in der Medienrealität nicht vor.

Auch wenn die Medienrealität nicht gleichzusetzen ist mit dem realen Gesche-

hen gesellschaftlicher Ereignisse, so ist doch unbestreitbar, dass Medien in un-

serer Gesellschaft ein bedeutender Anteil an der Entwicklung hier ablaufender

Prozesse zukommt. In der heutigen Demokratie funktioniert die Informierung,

die politische Willensbildung sowie die Legitimation politischer Entscheidungen

in der Regel via Medien in der Öffentlichkeit. Eine gesellschaftliche Gruppierung

oder eine Interessenvertretung, die diese Spielregeln nicht beherrscht oder sie

für ihre Arbeit nicht zum Einsatz bringt, geht das Risiko ein, gesellschaftlich

nicht gehört und wahrgenommen zu werden.187

Angesichts der Schnelligkeit des gesellschaftlichen Wandels sind sowohl Un-

ternehmen wie auch NPO zu raschem und konsequenten Handeln gezwungen

– und zu einer neuen Auffassung von Kommunikation. Althergebrachte Presse-

arbeit allein reicht heute nicht mehr aus. Das gleiche gilt auch für den Versuch,

durch verstärkte und aggressive Werbung Kommunikation mit den Bezugs-

gruppen betreiben zu wollen.

Der Druck, ein Unternehmen oder eine Interessenvertretung als Ganzes durch

gezielte Kommunikation überhaupt fassbar zu machen und zu profilieren, er-

höht sich immer mehr. Unverwechselbarkeit und Identität entstehen nicht mehr

allein auf der Basis von Tradition oder alten Markenbildern. Sie müssen viel-

mehr im Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit bei den relevan-

ten Zielgruppen kontinuierlich erarbeitet werden.

Neben einer gezielten, serviceorientierten Pressearbeit, die vom Adressaten

aus gedacht wird und zwischen verschiedenen journalistischen Zielgruppen

unterscheidet, sollten auch NPO Wert auf den Einsatz des gesamten modernen

PR-Instrumentariums legen. Hintergrundgespräche gehören ebenso dazu wie

Namensbeiträge zu relevanten Themen oder redaktionell gestaltete Anzeigen,

Direktmarketing-Maßnahmen ebenso wie Events für klar definierte Zielgruppen,

die Schärfung einer Corporate Identity ebenso wie das Medientraining für die

handelnden Personen, die ein Unternehmen oder eine NPO in der Öffentlichkeit

187 Vgl. Dorer: 1996, 289.

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repräsentieren. Darüber hinaus ist es immer wichtig, zu prüfen, ob nicht ein

Kommunikationskanal oder eine Medienart vergessen oder vernachlässigt wird.

Kommunikation wird zum zentralen Element der Wettbewerbsorientierung und

entscheidet damit über den langfristigen Erfolg oder Misserfolg der organisato-

rischen Ziele. Der strategische Ansatz, die Ziele und die zum Einsatz gebrach-

ten Instrumente müssen übereinstimmen.188

4.7.4 Verbandsmedien

Bei aller Bedeutung der Massenmedien und der Bedienung dieser Teilöffent-

lichkeit sollten jedoch auch die verbandseigenen Medien nicht vergessen wer-

den. Die eigenen Medien der Verbände dienen in erster Linie der Bindung der

Mitglieder an die Organisation, der Mitgliederinformation und ihrer Sozialisation

im Interesse der Organisation.189

4.7.4.1 Printmedien

Gedruckte Medien bilden auch heute noch in Verbänden das zentrale Kommu-

nikationsinstrument mit den Mitgliedern. Die Mitgliederzeitschrift ist ein etablier-

tes Medium, das eine kontinuierliche Beziehung zum Leser aufbaut und hohe

Integrationswirkung besitzt. Sie kann ein breites Themenspektrum abdecken

und vermittelt dabei Hintergründe und Zusammenhänge von Ereignissen und

Entscheidungen. Im Gegensatz zu elektronischen Medien besitzt die meist in

größeren Abständen erscheinende Mitgliederzeitschrift jedoch einen großen

Nachteil: die mangelnde Aktualität. Ideal scheint also eine Kombination aus

Printmedium und Online-Angebot. Hier kann jedes Medium seine Stärken aus-

spielen. Es ist jedoch anzunehmen, dass sich die Gewichte in Zukunft zu Guns-

ten der elektronischen Medien verschieben werden.190

Periodika der Verbände dienen primär der Binnenkommunikation, obwohl auch

eine gewisse Präsentationsfunktion nach außen erkennbar ist. Die Zeitschriften

sollen die Mitglieder informieren. Die Basis soll wissen, was die Spitze denkt

188 Vgl. Beke-Bramkamp/Hackeschmidt: 2001, 56f. 189 Vgl. Alemann, Ulrich von: Interessenverbände, Informationen zur politischen Bildung (1996), Band 253, 40. 190 Vgl. Klöfer, Franz: Erfolgreich durch interne Kommunikation, Neuwied 1999, 29.

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und wie sie handelt. Daneben muss sich Verbandspresse jedoch auch auf eine

zweite Funktion besinnen. Sie muss ein Forum für die Mitglieder bilden und zu

Diskussionen anregen.191 Hier wird deutlich, dass interne Kommunikation ne-

ben der Abwärtskommunikation (top-down) auf keinen Fall die Gegenrichtung

(bottom-up) als wichtigen sozialen Prozess vernachlässigen darf.

Die Publizistik der Verbände erregt relativ wenig Aufmerksamkeit, obgleich eine

Zeitschrift wie die „ADAC Motorwelt“ die mit Abstand auflagenstärkste regelmä-

ßig erscheinende Publikation in Deutschland ist.192

4.7.4.2 Elektronische Medien

Wenn von elektronischen Medien die Rede ist, so steht eindeutig das Internet

im Mittelpunkt. Die generellen Chancen und Möglichkeiten dieses neuen Medi-

ums werden unterschiedlich bewertet. Die Optimisten betonen die Entstehung

einer weltweiten Kommunikationsgesellschaft, in der räumliche und zeitliche

Hürden der repräsentativen Demokratie überbrückt werden können. Kritiker

warnen vor einer immer größer werdenden Kluft zwischen Wissenden und Un-

wissenden, sowie vor zunehmender Isolation und Desintegration.193

Unabhängig davon, wie die Zukunft bewertet wird, bildet das Internet heute ein

ständig wachsendes, globales Kommunikationsnetz, zu dem immer mehr Men-

schen Zugang haben und immer besser damit umgehen können. Besonderer

Vorteil ist die weltweite Verfügbarkeit von Daten und Informationen, auf die alle

relevanten Teilöffentlichkeiten einer Organisation Zugriff haben. Extern können

es also alle Interessenten nutzen, intern bietet es aber auch als organisationsin-

ternes Kommunikationsnetz (Intranet) viele Möglichkeiten für Mitarbeiter und

Mitglieder. Die Stärken gegenüber traditionellen Medien bestehen zusammen-

191 Vgl. Meyn, Hermann: Weithin im Ghetto: Die Presse der Verbände. Die Gewerkschaften und die Kirchen – zwei Großgruppen mit publizistischen Sorgen, in: Aus Politik und Zeitge-schichte (1982), 45, 3. 192 Im vierten Quartal des Jahres 2003 lag die verkaufte Auflage (IVW) pro Ausgabe der „ADAC Motorwelt“ bei 13,6 Mio. Exemplaren. Im Vergleich dazu kam die Bild-Zeitung im gleichen Zeitraum auf eine verkaufte Auflage von 3,8 Mio. Exemplaren pro Ausgabe. 193 Vgl. Gellner, Winand / Strohmeier, Gerd: Politische Kommunikation im Internet. Das Internet als politisches Informationsmedium am Beispiel von parteiunabhängigen Politikportalen, in: Ulrich Sarcinelli / Jens Tenscher (Hg.): Machtdarstellung und Darstellungsmacht. Beiträge zu Theorie und Praxis moderner Politikvermittlung, Baden-Baden 2003, 126.

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Verbändekommunikation

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gefasst in einem hohen Grad an Interaktivität, Multimedialität, Aktualität und

Kapazität.194

Für Verbände sieht Melter in der Nutzung des Internet eine Steigerung der Ef-

fektivität, der Präsenz und Relevanz. Hervorgerufen werde dies durch die tech-

nologische Vernetzung der Teilnehmer von Ausschüssen, die Vernetzung der

Mitglieder und die Anbindung von Außenstehenden an selektive Informations-

und Kommunikationszentren.195 „In keinem anderen Medium können Hinter-

grundinformationen […] ausführlicher veröffentlicht werden, lassen sich in kür-

zester Zeit und mit geringerem Aufwand mehr Aktivisten und Unterstützer ge-

winnen, gleichzeitig mehr Spenden sammeln sowie gezielter und effizienter Ak-

tivitäten planen, als im Web.“196

Besonders für die Medienarbeit zeigen sich deutliche Vorteile. Journalisten, die

heute überwiegend unter großem Zeitdruck arbeiten, sind auf aktuelle und leicht

zugängliche Quellen bei ihrer Recherche angewiesen. Ein Verband hat also die

Möglichkeit, dieser Teilöffentlichkeit Medien durch ein entsprechendes Online-

Angebot entgegen zu kommen. Dabei müssen allerdings auch gewisse Ansprü-

che an diesen Internet-Auftritt gestellt werden. Wichtig sind hier vor allem eine

stimmige Konzeption der Seiten, ein übersichtliches Navigationsschema, ein

gelungenes, zur Organisation passendes Bildschirmdesign und eine aktuelle

Pflege der entsprechenden Bereiche.197 Sebaldt / Straßner stellen fest, dass

Spitzenorganisationen diese elektronische Präsentationsplattform vermehrt nut-

zen, während Kleinvereine nur unterdurchschnittlich repräsentiert sind. Grund

sei die bessere Ressourcenausstattung der Großverbände.198

194 Vgl. ebd.: 127. 195 Vgl. Melter, Daniel: Internet: Wo steht Ihr Verband heute? in: Verbändereport (2001),2. 196 Maier, Juri: E-Campaigning – Die neue Wunderwaffe der politischen Kommunikation?, in: Dagger, Steffen u. a. (Hg.): Politikberatung in Deutschland. Praxis und Perspektiven, Wiesba-den 2004, 72. 197 Vgl. Girgensohn/Szynka: 1999, 38. 198 Vgl. Sebaldt / Straßner: 2004, 173.

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Verbändekommunikation

108

4.8 Lobbying und Public Affairs

Es ist immer noch sehr schwer, verschiedene Begriffe wie „Politische

Kommunikation“, „Public Affairs“ und „Lobbying“ eindeutig zu definieren.

Verschwommene Grenzen und inhaltliche Überschneidungen sind oftmals

zu beobachten. In einer sehr weiten Definition ist politische Kommunikation

die „Kommunikation der Politik, Kommunikation mit der Politik und Kommu-

nikation über Politik.“199 Demnach kann jede Organisation und auch jedes

Individuum politische Kommunikation betreiben. Aus akteurszentrierter

Sicht beschränkt sich die Möglichkeit, politische Kommunikation zu betrei-

ben, lediglich auf Mitglieder des politisch-administrativen Systems. Sie ist

dann nicht nur ein Anhängsel politischer Entscheidungen, sondern ein inte-

graler Bestandteil des politischen Prozesses selbst.200

Die Begriffe „Politische Werbung“ und „Politisches Marketing“ sind hinge-

gen eng verknüpft mit den politischen Parteien. Beides steht für die Aktivitä-

ten dieser Organisationen in Wahlkämpfen und Kampagnen. Hier wird auf

ein eher kurzfristiges Anschlusshandeln durch die Wähler abgezielt.201 Mit

der Bezeichnung „Lobbying“ sind in Deutschland auch heute noch vorwie-

gend negative Assoziationen verbunden. Es wird immer noch in die Nähe

manipulierter Machenschaften und illegitimer Einflussnahme in Hinterzim-

mern gerückt. Allerdings wäre es eine unzulässige Verzerrung, die tägliche

Lobby-Arbeit der Interessengruppen nur auf diesen Aspekt zu reduzie-

ren.202

Allgemein kann Lobbying beschrieben werden als Beeinflussung von politi-

schen Entscheidungen und Entscheidungsträgern durch Akteure, die selber

nicht an diesen Entscheidungen beteiligt sind. Zentrale Aufgabe ist dabei

die Informationsbereitstellung und Weitergabe an die richtigen Adressaten.

Dies ist, soweit seriös betrieben, als legitime Präsentation der eigenen Ar-

199 Wiebusch, Dagmar: Politische Kommunikation. Gratwanderung zwischen Information und Inszenierung, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen (2000), 3, 77. 200 Vgl. Röttger, Ulrike / Donges, Patrick: Politische Kommunikation und Public Affairs – Aktuelle Trends aus sozialwissenschaftlicher und PR-Perspektive, in: Günter Bentele u. a. (Hg.): Kom-munikationsmanagement: Strategien, Wissen, Lösungen, Neuwied 2002, 2. 201 Vgl. Jarren, Otfried / Donges, Patrick: Politische Kommunikation in der Mediengesell-schaft. Eine Einführung. Band 2: Akteure, Prozesse und Inhalte, Wiesbaden 2002, 64. 202 Vgl. Winter: 2004, 761.

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Verbändekommunikation

109

gumente anzusehen.203 „Wir wissen zu wenig über das Segment politischer

Kommunikation, das man Lobby nennt. Wir haben keine belastbare Typo-

logie […] Erst recht haben wir keine Theorie…“, fasst Vowe die immer noch

unübersichtliche Situation zusammen.204

Die klassische Bedeutung des Lobbyings liegt im Abfangen und Anspre-

chen von Abgeordneten durch Interessenvertreter in der Vorhalle (Lobby)

des Parlamentes. Heute ist der Ausdruck nur noch im übertragenen Sinne

zu verstehen, da das gesamte Vorfeld der Gesetzgebung bearbeitet wird.

Der einzelne Abgeordnete ist im Laufe der Zeit hinter seine Partei und

Fraktion zurückgetreten.205 Hinzu kommt noch der Rückgang der Bedeu-

tung der Legislative gegenüber der Exekutive. Damit ist auch das Parla-

ment nicht unbedingt erste Anlaufstelle des Lobbyisten. Der Großteil an

Gesetzen, Verordnungen, Fördermaßnahmen und staatlichen Investitions-

entscheidungen wird von der Regierung vorbereitet und durchgeführt.206

Damit ist die Ministerialbürokratie mit ihren Fachreferaten für Interessen-

gruppen wesentlich interessanter geworden. Doch auch die Mitglieder die-

ser Bürokratie und andere Politiker haben in gewisser Weise Bedarf an

Lobbying. Im Vorfeld politischer Entscheidungen sind sie auf Sachverstand,

Expertenwissen und nicht zuletzt auf Positionsbestimmungen betroffener

Interessengruppen angewiesen, um Fehler und unerwünschte Auswirkun-

gen zu vermeiden und den Konsens widerstreitender Interessen herbeizu-

führen.207 Das politisch-administrative System scheint Lobbying in gewis-

sem Maße nachzufragen. Aus diesem Grund wird Lobbying – nicht unum-

stritten – in die Nähe von Politikberatung gerückt.208

Der Lobbyist zielt auf Einflussnahme im politischen Netzwerk durch persön-

lichen Kontakt zu Entscheidungsträgern, sachverständiges fundiertes Ex-

pertenwissen und möglichst frühzeitiges Erahnen von Trends. Der Lobbyist

203 Vgl. Köppl: 2003, 81ff. 204 Vowe, Gerhard: Interessenkommunikation. Lobbyismus als „Fünfte Gewalt“ im Interaktions-feld von Politik und Medien, in: Ulrich Sarcinelli / Jens Tenscher (Hg.): Machtdarstellung und Darstellungsmacht. Beiträge zu Theorie und Praxis moderner Politikvermittlung, Baden-Baden 2003, 111. 205 Vgl. Alemann: 1996, 37. 206 Vgl. Alemann: 2000a. 207 Vgl. Faulstich: 2000, 162. 208 Vgl. Dagger, Steffen u. a. (Hg.): Politikberatung in Deutschland. Praxis und Perspektiven, Wiesbaden 2004, 12.

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Verbändekommunikation

110

sucht aber auch das Zusammenspiel mit den Journalisten, um seine spezi-

fischen Organisationsinteressen und verbandspolitischen Forderungen

über die Massenmedien in die Öffentlichkeit zu tragen.209

An diesem Punkt ist davon auszugehen, dass Organisationen, die über instituti-

onalisierte und formalisierte Einflusskanäle zum politischen und administrativen

System verfügen, relativ selten zum „Druckmittel“ Öffentlichkeit greifen. Sind die

Zugangschancen zum Regierungssystem gut, ist ein Verband eher bestrebt, die

stillen und direkten Wege zu nutzen, als seine Interessen durch das Herstellen

von Öffentlichkeit zu gefährden.210 In diesem Fall betreibt der Lobbyist zwar

Öffentlichkeitsarbeit, doch meidet er gleichzeitig weitgehend die Öffentlichkeit.

Diese verdeckte Art des Handelns fördert natürlich den Verdacht des Dubiosen

und Anrüchigen.211 Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, wird Lobbying

jetzt erweitert als Bestandteil einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit, die ge-

sellschaftliche Diskussionen anregt, die politische Parteien bearbeitet und die

sich an Massenmedien richtet. „Lobbying tritt so, wenigstens teilweise aus der

Abgeschiedenheit von Vorhallen heraus. Es wird selber öffentlich…“, so der

Ansatz von Longchamp.212

Es stehen mit der Entwicklung eines profitorientierten, lobbyistischen

Dienstleistungssektors (z. B. Public-Affairs-Agenturen) Optionen zur Dele-

gation politischer Interessenvertretung an vertraglich gebundene und auf

Auftragsbasis arbeitende Agenten zur Verfügung.213 Das verstärkte Wirken

dieser Berater, wie auch die Zunahme der direkten unternehmerischen Ein-

flussnahme führen zu einem Bedeutungsverlust des verbandlichen Lobby-

ings.

In den letzten Jahren erfolgte mit der Positionierung des Public Affairs Ma-

nagement eine Weiterentwicklung des klassischen Lobbyings. Es handelt

sich dabei um eine umfassende Kommunikations- und Informationsaufga-

be, die das gesellschaftliche und politische Umfeld einer Organisation ana-

209 Vgl. Faulstich: 2000, 162. 210 Vgl. Hackenbroch: 1998, 151. 211 Vgl. Faulstich: 2000, 160. 212 Longchamp, Claude: Politisches Lobbying und Campaigning – auf dem Weg zu einer Syn-these, gfs.bern Forschung für Politik, Kommunikation und Gesellschaft, Bern 2005, 19, http://www.gfsbern.ch/pub/politisches-lobbying-text.pdf, [25.6.2005]. 213 Vgl. Sebaldt / Straßner: 2004, 303f.

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Verbändekommunikation

111

lysiert und interpretiert. Durch Public Affairs nimmt die Organisation an poli-

tischen und gesellschaftlichen Prozessen teil und gestaltet diese aktiv

mit.214 Public Affairs sind jener Ausschnitt der professionellen Kommunika-

tion von Unternehmen und Verbänden, der die Beziehungen zu Gruppen in

Politik und Bürokratie und zu gesellschaftlichen Einflussgruppen analysiert

und planvoll managt.215

Public Affairs erfüllt aus kommunikativer Sicht eine übergeordnete Dach-

funktion, die „Außenpolitik“ der Organisation. Verschiedene Instrumente

werden hier integriert. Unter anderem wird auch Lobbying als ein solches

Instrument unter dem Dach der Public Affairs angesiedelt.216 Lobbying ist

dann ein spezialisiertes Verfahren innerhalb der Public Affairs, das als Mi-

nimum einen informellen Informationsaustausch mit staatlichen Organen

und politischen Akteuren und als Maximum eine Einflussnahme auf politi-

sche Entscheidungsfindungsprozesse anstrebt.217

Umstritten bleibt das Verhältnis von Public Affairs zu Public Relations. Es

ist ein Wettbewerb um die dominierende Stellung beider Disziplinen zu be-

obachten. Aus Sicht der Public Affairs ergänzen Public Relations die eigene

Arbeit. PR werden dann häufig reduziert auf die Bereiche Medienarbeit und

Imagepflege.218 Public Affairs und Public Relations können sich zwar ge-

genseitig ergänzen, doch bilden die Public Affairs weiterhin die höchste

Hierarchiestufe in der Außendarstellung einer Organisation.219 Anders her-

um, so wie auch in dieser Arbeit vorher dargestellt, sehen die Public Relati-

ons in den Public Affairs lediglich ein Instrument ihrer Arbeit. Oftmals

gleichgesetzt mit Political Relations handelt es sich dann um die PR, die

eine Organisation im Hinblick auf die Bezugsgruppe Politik / Staat be-

treibt.220

214 Vgl. Arntz, Dirk: Lobbying als Public Affairs-Instrument, in: Volker J. Kreyher (Hg.): Handbuch Politisches Marketing. Impulse und Strategien für Politik, Wirtschaft und Gesell-schaft, Baden-Baden 2004, 500. 215 Vgl. Klewes, Joachim: Kann man PA eigentlich studieren? Vortrag vom 23. November 2003, http://www.komm-passion.de/public_affairs_.php, [4.2.2005]. 216 Vgl. Arntz: 2004, 501. 217 Vgl. Röttger / Donges: 2002, 7. 218 Vgl. Schönborn, Gregor / Wiebusch, Dagmar (Hg.): Public Affairs Agenda. Politikkom-munikation als Erfolgsfaktor, Neuwied 2002, 23. 219 Vgl. Köppl: 2003, 204. 220 Vgl. Kocks / Merten: 2000, 234.

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Verbändekommunikation

112

4.9 Die Gestalter der Kommunikation

Es konnte bereits aufgezeigt werden, wen die Verbände mit ihrer Kommu-

nikation erreichen möchten. Daran schließt sich die Frage an, wer denn

eigentlich für die Kommunikation in den Organisationen verantwortlich ist.

Oder anders formuliert: wer gestaltet die Kommunikation? Informell kann

dies prinzipiell jeder sein, der für den Verband an die Gesamt- oder Teilöf-

fentlichkeit tritt. Von größerer Bedeutung sind jedoch die institutionalisierten

Stellen. Häufig handelt es sich dabei um Stellen, die die Funktionsbe-

schreibung „Presse und Öffentlichkeitsarbeit“ tragen. Diese ist bei Verbän-

den unterschiedlich angesiedelt und richtet sich nicht selten nach den zur

Verfügung stehenden Ressourcen. Optimal ist die Kommunikationsfunktion

in einer eigens dafür eingerichteten und gut ausgestatteten Abteilung ange-

siedelt. Der PR-Verantwortliche berichtet dann der Geschäftsführung be-

ziehungsweise dem für Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Ehrenamt und der

Verbandsspitze. In diesem Fall ist der Bereich der Presse- und Öffentlich-

keitsarbeit als Stabsfunktion definiert. Die Stelle ist aus der Organisations-

hierarchie herausgelöst und fungiert als fachkompetenter Dienstleister, Be-

rater und Unterstützer direkt bei der Geschäftsführung (Abb. 7).

Abb. 7: Öffentlichkeitsarbeit als Stabsfunktion am Beispiel des DRK Landesverband Nieder-sachsen, aus: www.drk-nds.de [12.10.2004].

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Verbändekommunikation

113

Öffentlichkeitsarbeit ist zum Teil auch eine Funktion, die von anderen Abtei-

lungen, zum Beispiel der Geschäftsführung/Berufspolitik mit betrieben wird.

Aus Sicht einer professionellen PR ist diese Linienfunktion eine weniger

gute Lösung, da hier in der Regel keine ausgebildeten PR-Leute mit dem

Fachgebiet betraut sind. Der PR-Bereich ist in diesem Fall von einer über-

geordneten Instanz abhängig. Als nachgeordnete Funktion ist sie innerhalb

der hierarchischen Binnenstruktur eingeengt.

Auch eine Durchführung der Verbandsöffentlichkeitsarbeit nur durch das

Ehrenamt kann möglicherweise zu kommunikativen Störungen im Innen-

und Außenverhältnis des Verbandes führen. Ohne diese Arbeitweise gene-

rell verurteilen zu wollen, muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass

neben fehlender fachlicher Ausbildung auch die mangelnden zeitlichen

Ressourcen zu Problemen führen können.

Das Instrumentarium der Kommunikationsverantwortlichen entwickelt sich

kontinuierlich weiter. Allein der technische Fortschritt sorgt für Verbreitung

zahlreicher neuer PR-Instrumente. Neue Techniken und Denkansätze sind

ebenfalls zu berücksichtigen. Die personellen Ressourcen vieler NPO rei-

chen nicht aus, um die neuen Entwicklungen in ihrer ganzen Vielfalt zu

überblicken und neue Instrumente anwenden zu können. Daher sollten

auch NPO durchaus in Erwägung ziehen, externe Qualifizierungs- und Be-

ratungsangebote in Anspruch zu nehmen. Natürlich ist dies immer an die

vorhandenen Ressourcen gekoppelt. Im optimalen Fall, also der fest ange-

stellten, hauptamtlichen PR-Fachkraft, können zeitaufwendige und perso-

nalintensive Tätigkeiten ausgelagert werden. Betont werden aber auch

kreative Impulse, die ein externer Dienstleister anbieten kann. Der Verband

profitiert in diesem Fall von Sachkenntnis und Know-how, die vielleicht bis-

her gefehlt haben. Gerade angesichts der ständig wachsenden Menge an

redaktionellen und werblichen Informationen in den Medien ist dies sehr

entscheidend. Der externe PR-Berater bringt nicht nur sein spezifisches

Wissen, sondern auch die für zeitgemäße Kommunikationsformen notwen-

dige technische Ausrüstung mit.221

221 Vgl. Lamers: 2001.

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Verbändekommunikation

114

Bei diesem so genannten „Outsourcing“ handelt es sich um Vorgänge, die so-

wohl für Profit- als auch für Nonprofit-Organisationen interessant sein können.

„Dennoch vermeiden es viele Organisationen noch immer, professionelle Bera-

tungs- und andere Dienstleistungen ‚einzukaufen’. Man darf vermuten, dass

dieses Defizit auf eine eher kurzsichtige, kostenfixierte Perspektive zurückzu-

führen ist – ein Blickwinkel also, der den strategischen Ansatz und den langfris-

tigen Nutzen übersieht“, so Langen / Albrecht.222

An dieser Stelle sind die theoretischen Ausführungen zur Kommunikation von

Verbänden abgeschlossen. Es schließt sich der empirische Teil an. Im weiteren

Verlauf dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt auf der Kommunikation der Verbän-

de mit der Bezugsgruppe Medien. In den vorherigen Kapiteln ist deutlich ge-

macht worden, welch zentrale Bezugsgruppe Medien darstellen. Aufgrund der

großen Bedeutung von Pressearbeit für die Kommunikation der Verbände, sind

Pressemitteilungen als Gegenstand der nachfolgenden empirischen Untersu-

chung ausgewählt worden. Es ist davon auszugehen, dass Themen, die für die

verbandliche Agenda Priorität besitzen, via Presseinformation zum Zweck der

Publikation an die Massenmedien geleitet werden. In den Presseinformationen

ist daher eine Art Spiegelbild der verbandlichen Arbeit zu sehen. Aus diesem

Grunde sind sie besonders geeignet, nähere Erkenntnisse über die Arbeit von

Verbänden im Föderalismus zu liefern.

222 Langen/Albrecht: 2001, 300.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

115

5. Zur Empirie der Verbändelandschaft in Niedersach -

sen

5.1 Struktur der Grundgesamtheit und Quellen Die durchgeführte empirische Untersuchung soll nähere Erkenntnisse über die

gesamte niedersächsische Verbändelandschaft liefern. Dabei stehen verschie-

dene Aspekte im Vordergrund. Zunächst geht es darum, die Anzahl der in Fra-

ge kommenden Organisationen zu ermitteln, um mit einer verlässlichen, für die

weitere Studie relevanten, Grundgesamtheit arbeiten zu können. Von Interesse

ist darüber hinaus die geographische Verteilung der Landesverbände im Bun-

desland Niedersachsen bzw. welches Zuständigkeitsgebiet die Organisationen

für sich selbst benennen. Schließlich erfolgt noch die Aufgliederung der Grund-

gesamtheit in eine nach Handlungsfeldern aufgeteilte Typologie. Der Zeitpunkt

der Datenerhebung lag im Januar 2003.

5.1.1 Definitorische Abgrenzung der Grundgesamtheit Am Anfang dieser empirischen Untersuchung steht die Frage, welche Kriterien

eine Organisation erfüllen muss, um für die weitere Analyse in Frage zu kom-

men. Es ist dabei hilfreich, nach dem Ausschlussprinzip vorzugehen, d.h. nach

und nach Organisationen herauszufiltern, die im weiteren Verlauf der Untersu-

chung aufgrund festgelegter Kriterien nicht mehr berücksichtigt werden:

- Körperschaften des öffentlichen Rechts bzw. Anstalten des öffentlichen

Rechts (Kirchen, Kammern, Innungen, kommunale Spitzenverbände)

sowie Bildungsträger, aufgrund des Kriteriums der freiwilligen Mitglied-

schaft;

- Parteien, aufgrund ihrer primären Aktivität im parlamentarischen Raum;

- Stiftungen, da diese eine reine Vermögensmasse darstellen und keine

Mitglieder haben;

- Bürgerinitiativen, aufgrund ihrer lokalen, meist zeitlich begrenzten Aktivi-

tät;

- Vereine, da aus sozialwissenschaftlicher Sicht zwischen Vereinen und

Verbänden zu unterscheiden ist und das, obwohl Verbände juristisch ge-

sehen in der Regel die Rechtsform eines Vereines haben. Hier wird da-

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

116

von ausgegangen, dass Vereine wie Sport-, Gesangs- und Wanderver-

eine ihre Mitglieder primär für eine gemeinsame Betätigung auf meist lo-

kaler Ebene organisieren. Das Auftreten als Interessengruppe nach au-

ßen bleibt die Ausnahme.223

Die verbliebenen Organisationen gelten dem Verständnis dieser Arbeit nach als

Verbände. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass diese verbliebenen

Organisationen ein sehr heterogenes Spektrum bilden. Es reicht von den tradi-

tionellen Interessengruppen aus dem Bereich Wirtschaft und Arbeit bis zu Or-

ganisationen die den sog. Neuen Sozialen Bewegungen (NSB) zuzurechnen

sind. Die NSB verbinden radikal-demokratische Forderungen mit dem Ziel soli-

darischer, selbstbestimmter Lebensweisen und der Verbesserung der Lebens-

bedingungen. Thematische Brennpunkte für wichtige Einzelbewegungen sind

die Emanzipation von Frauen, Ökologie, Frieden und Abrüstung, selbstverwal-

tete Lebens- und Arbeitsformen, Hunger und Elend in der Dritten Welt sowie

Bürger- und Menschenrechte. Zum Umfeld der NSB zählen aber auch Selbsthil-

fegruppen im Gesundheits- und Sozialbereich, Hausbesetzer und militante au-

tonome Gruppen.224 Ihre organisatorische Gestalt ist somit amorph und fluide.

Formale Charakteristika können für die Abgrenzung solcher in sich mehr oder

weniger lose verbundener sozialer Gebilde gegenüber ihrer sozialen Umwelt

nicht in Frage kommen. Dies stellt die empirische Analyse Sozialer Bewegun-

gen vor erhebliche Schwierigkeiten.225 Gleichzeitig sind jedoch bei vielen dieser

NSB Tendenzen der Institutionalisierung und Professionalisierung zu beobach-

ten. Es findet eine Entwicklung zu hierarchisch gegliederten bundesweiten Mit-

gliederorganisationen statt.226 Die NSB haben sich bereits zu einem Großteil

institutionalisiert (z.B. der 1975 als Bürgerbewegung gegründete BUND) und in

die zu Beginn kritisierten tradierten Strukturen integriert. Gleichzeitig weiteten

die „etablierten“ Verbände ihre Forderungsprofile aus und veränderten ihre

223 Vgl. Alemann: 1996, 20f.; Kleinfeld: 2002. 224 Vgl. Rucht, Dieter: Neue Soziale Bewegungen, in: Uwe Andersen / Wichard Woyke (Hg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, Bonn 2000, 406. 225 Vgl. Schmitt-Beck, Rüdiger: Soziale Bewegungen und Öffentlichkeit. Theoretische An-merkungen zu Bedeutung, Formen und Problemen der Öffentlichkeitsarbeit nicht-etablierter Kollektivakteure, in: Günter Bentele u. a. (Hg.): PR für Verbände und Organisationen. Fall-studien aus der Praxis, Neuwied 2001, 17. 226 Vgl. Rucht: 2000, 407.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

117

Handlungs- und Partizipationsformen. Neue und alte soziale Bewegungen zei-

gen also komplementäre und sich gegenseitig ergänzende Entwicklungsmus-

ter.227

Für diese Arbeit wird davon ausgegangen, dass jene Organisationen aus dem

Bereich der NSB als weitgehend im System der Interessengruppen institutiona-

lisiert gelten, die zur Geltendmachung ihrer Interessen und zur Erreichung ihrer

Organisationsziele eine niedersächsische Landesorganisation (einen nieder-

sächsischen Landesverband) gegründet haben. Im Folgenden werden daher

auch diese Organisationen als Verbände angesehen.

Neben der Organisationsform ist jedoch auch der Untersuchungsraum zu be-

achten. Dieser ist mit der niedersächsischen Landesebene klar definiert und

abgegrenzt. Oft jedoch stellt sich das Problem, dass der Wirkungsbereich eines

Verbandes nicht deckungsgleich mit den Grenzen des Bundeslandes ist. Es

existiert dann beispielsweise ein Landesverband „Weser-Ems“ parallel zu ei-

nem Landesverband „Hannover“. Deckt ein Verband nicht den geographisch

größten Teil Niedersachsens ab, konnte keine eindeutige Zuordnung getroffen

werden, so dass die entsprechenden Organisationen nicht weiter berücksichtigt

werden konnten. Wenn im Namen nur die Bezeichnung „Nord“ erschien und

dabei nicht explizit Niedersachsen als Zuständigkeitsbereich erwähnt wurde,

dann erfolgte die weitere Berücksichtigung nur bei Sitz des Verbandes in Nie-

dersachsen.

Insgesamt konnten 522 den Kriterien entsprechende Landesverbände ermittelt

werden (Anhang A).228

227 Vgl. Reutter: 2001, 90. 228 Es fällt schwer, verlässliche Aussagen über die tatsächliche Trefferquote zu machen. Einziger Bezugspunkt, um den Umfang der für Niedersachsen ermittelten Grundgesamtheit ungefähr einschätzen zu können, ist Röttgers Berufsfeldstudie aus dem Jahre 2000. An dieser Hamburger Studie nahmen 154 Landes- bzw. Regionalverbände teil. Die Rücklauf-quote lag bei ca. einem Drittel, so dass hochgerechnet auf die Grundgesamtheit ca. 460 Landesverbände in Hamburg ausfindig gemacht wurden. Die 522 für Niedersachsen ermit-telten Organisationen scheinen also durchaus eine realistische Größe darzustellen, obwohl zu bedenken gegeben werden muss, dass beiden Studien eine unterschiedliche Definition von Verbänden zugrunde liegt. Vgl. Röttger: 2000, 190ff.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

118

5.1.2 Quellen Es existiert kein Verzeichnis aller niedersächsischen Landesverbände, das eine

schnelle Erfassung möglich macht. Ein Rückgriff auf die verschiedensten Quel-

len ist bei der sehr aufwendigen Recherche nötig:

- Staatshandbuch Verbände (2001):

Das Staatshandbuch Bundesrepublik Deutschland "Teilausgabe Verbän-

de, Vereinigungen, wissenschaftliche Einrichtungen, Zusammenschlüsse

des öffentlichen Lebens" gliedert die erfassten Organisationen jeweils al-

phabetisch in 26 Hauptgruppen mit 332 Unterkategorien. Besonders dif-

ferenziert ist das Staatshandbuch mit Blick auf die Organisationen in den

Bereichen Wirtschaft und Arbeit, Berufsverbände, Sozialwesen (aller-

dings verstreut über mehrere Hauptgruppen), Sport, Wissenschaft, Kunst

und Kultur sowie für den weit gefassten öffentlichen Bereich (öffentlicher

Dienst, Infrastruktur, Politik). Das Handbuch erfasst außer Namen und

Anschrift der Organisation folgende Angaben (nicht alle, aber ein Groß-

teil der Organisationen liefert außer der Mitgliederzahl, die häufiger fehlt,

die erforderlichen Informationen): Aufgabenkreis (satzungsgemäß); An-

gaben über Vorstandsmitglieder; Mitgliederzahl; Anschrift und Namen

der angeschlossenen Verbände, unterteilt in territoriale und fachliche

Gliederungen,229

- verbaende.com: das elektronische Verbände-Forum der DGVM kennt

über 12.000 Organisationen, Stichwortsuche mit allen denkbaren Kombi-

nationen,

- Telefon-Verzeichnisse: elektronische Recherche mit allen möglichen

Kombinationen innerhalb der Postleitzahlenbereiche 21000 bis 49999,

- Internet-Seiten der niedersächsischen Ministerien, auf denen Verbände-

listen zu einzelnen Politikfeldern vorhanden sind (z.B. Soziales),

- Dachverbände im Internet: Mitgliedsverbände sind hier aufgelistet.

229 Vgl. Kleinfeld/Löbler: 1993.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

119

5.2 Wirkungsgebiet und Untergliederung

5.2.1 Das Wirkungsgebiet

Zunächst kann als Ergebnis festgehalten werden, dass sich die organisierten

Interessen ihre Regionen, für die sie sich als zuständig betrachten, selber

schaffen können. Verbände sind nicht gezwungen, sich an politischen Grenzen

zu orientieren, sondern können ihr Wirkungsgebiet, natürlich in Abstimmung mit

ihren Nachbarn, relativ frei bestimmen. Wie bereits erwähnt, ist zwar eine deut-

liche Übereinstimmung zwischen föderalistischem Staatsaufbau und Struktur

des deutschen Verbändesystems erkennbar, doch lässt sich daraus keinesfalls

der Schluss ziehen, dass für jedes deutsche Bundesland genau ein Landesver-

band zuständig ist. Im Gegenteil, in zahlreichen Fällen ist eine länderübergrei-

fende Organisation zu beobachten. Mehrere Bundesländer fallen dann in den

Zuständigkeitsbereich einer Regionalorganisation. Im Falle Niedersachsens

besteht häufiger eine Verbindung zum Stadtstaat Bremen. In diesem Zusam-

menhang sind auch verschiedene andere Kombinationen anzutreffen:

− Niedersachsen/Bremen, (68)

− Nord, (15)

− Niedersachsen/Bremen/Sachsen-Anhalt, (10)

− Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, (6)

− Niedersachsen/Schleswig-Holstein/Bremen/Hamburg, (3)

− Niedersachsen/Bremen/Hamburg, (2)

− Niedersachsen/Nordrhein-Westfalen, (2)

− Niedersachsen/Berlin/Bremen, (1)

− Niedersachsen/Nordrhein-Westfalen/Hessen, (1)

− Niedersachsen/Bremen/Hamburg/Mecklenburg-Vorpommern/ (1)

Sachsen-Anhalt/Schleswig-Holstein,

− Niedersachsen/Bremen/Nordrhein-Westfalen, (1)

− Niedersachsen/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern/

Sachsen-Anhalt, (1)

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

120

− Niedersachsen/Schleswig-Holstein/Nordrhein-Westfalen/

Hessen, (1)

− Niedersachsen/Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz, (1)

− Niedersachsen/Hessen. (1)

5.2.2 Binnenorganisatorische Gliederung

Landesverbände stellen in vielen Fällen nicht die unterste Organisationsstufe

dar. Unterhalb der Landesebene sind daher weitere Stufen der Verbandshierar-

chie auszumachen. Eine einheitliche Untergliederung liegt nicht vor, sondern

die einzelnen Verbände sind hier höchst unterschiedlich strukturiert. Verschie-

dene Varianten der territorialen Untergliederung von Landesverbänden sind

denkbar. Die einstufige Untergliederung kennt unterhalb der Landesebene eine

weitere territoriale Ebene. Der Landesverband Niedersachsen des Bundesver-

bandes der Windenergie (BWE) ist derart in acht Regionalverbände aufgeglie-

dert. Bei der zweistufigen Untergliederung finden wir unterhalb der Landesebe-

ne zwei weitere Hierarchiestufen, die meist auch schon auf die lokale Ebene

abzielen. So bilden Kreisverbände und Ortsvereine die Basis des niedersächsi-

schen Landesverbandes des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Der DGB-

Landebezirk Niedersachsen/Bremen weist eine dreistufige Untergliederung auf.

Der Landesbezirk ist zunächst in acht Regionen und dann noch in Kreisverbän-

de und Ortsverbände aufgegliedert. Interessant ist auch die territoriale Gliede-

rung des Niedersächsischen Fußballverbandes (NFV), da hier eine genaue Ori-

entierung an den politisch-administrativen Grenzen des Bundeslandes zu er-

kennen ist. Der Landesverband ist in vier Bezirksverbände, entsprechend den

Regierungsbezirken, und Kreisverbände, entsprechend den Landkreisen bzw.

kreisfreien Städten, untergliedert.

Es bestehen jedoch nicht nur Beziehungen zu unteren Ebenen, sondern auch

zur Bundesebene lassen sich Kontakte nachweisen. Der Verband der Bauin-

dustrie in Niedersachsen unterhält Beziehungen zu verschiedenen Akteuren auf

der Bundesebene. Zum einen ist er Mitglied im Hauptverband der Deutschen

Bauindustrie, dem Dachverband des Baugewerbes. Zum anderen besteht eine

Mitgliedschaft bei den Unternehmerverbänden Niedersachsen, dem Spitzen-

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

121

verband der niedersächsischen Wirtschaft, der weitere 67 regionale Arbeitge-

ber- und Wirtschaftsverbände vertritt. Sowohl der Hauptverband der Deutschen

Bauindustrie, als auch die Unternehmerverbände Niedersachsen sind wiederum

im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) organisiert. Der Verband der

Bauindustrie in Niedersachsen ist also über zwei Pfade (fachlich und territorial)

mit dem Spitzenverband der deutschen Industrie verbunden (Abb. 8).

Auch die Arbeitnehmervertretung in diesem Bereich ist ähnlich strukturiert. Der

Landesverband Niedersachsen / Bremen der IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU)

ist einerseits über den Landesbezirk Niedersachsen / Bremen des Deutschen

Gewerkschaftsbundes (DGB) und andererseits über den Bundesverband der

Einzelgewerkschaft IG BAU mit dem Bundesverband des DGB verbunden.

Auch hier ist die fachliche und territoriale Verbindung nachweisbar (Abb. 9).

Abb. 8: Gliederung eines Landesverbandes aus dem Bereich Industrie.

Verband der Bauindustrie für Niedersachsen

Hauptverband der deutschen Bauindustrie

Unternehmer- verbände

Niedersachsen

Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)

Fünf Regionalbezirke (Braunschweig, Hannover,Südniedersachsen, Lüneburg/Celle, Osnabrück)

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

122

Abb. 9: Gliederung eines Landesverbandes aus dem Bereich Arbeit.

Die fachliche Diversifizierung eines Dachverbandes auf Landesebene wird

ebenfalls am Beispiel der Unternehmerverbände Niedersachsen sehr schnell

deutlich, wenn ein Blick auf die Mitgliederliste erfolgt (Tab. 5). Die Heterogenität

der Mitgliederinteressen kann die gemeinsame Interessenvertretung erheblich

erschweren, da von höheren Kosten bei der Konsensbildung ausgegangen

werden muss. Gleichzeitig wird jedoch auch die Notwendigkeit zur Interessen-

bündelung erkennbar, da eine Landesregierung oder Landesbehörde nicht in

der Lage ist, zu jedem einzelnen Mitgliedsverband bilaterale Beziehungen zu

unterhalten.230

230 Vgl. Mayntz: 1990, 150.

IG Bauen-Agrar-Umwelt Landesverband Niedersachsen / Bremen

IG Bauen-Agrar-Umwelt

DGB-Landesbezirk

Niedersachsen / Bremen

Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

Neun Regionalbezirke (Oldenburg, Wilhelmshaven, Norderney, Emden, Bremerhaven, Bremen, Syke,

Celle, Uelzen)

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

123

Die Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) und ihr e 67 Mitgliedsverbände

Industrie

Verband Baugewerblicher Unternehmer Niedersachsen e.V.

Bauindustrieverband Niedersachsen-Bremen e.V.

Verband Beton- und Fertigteilindustrie Nord e.V.

Arbeitgeberverband der Chemischen Industrie Niedersachsen e.V.

Verband der Chemischen Industrie e.V. Landesverband Nord

Verband Druck und Medien Niedersachsen e.V.

Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V.

Verband der Ernährungswirtschaft Niedersachsen/Bremen/ Sachsen-Anhalt

Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim e.V.

Deutscher Gießereiverband Landesverband Niedersachsen

Industrieverband Haus- und Versorgungstechnik Niedersachsen und Bremen e.V.

Landesverband Niedersachsen und Bremen der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie e.V.

Kaliverein e.V.

Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V.

Arbeitgeberverband der Deutschen Kautschukindustrie (ADK) e.V.

Verband der Freien Berufe im Lande Niedersachsen

Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) Landesgruppe Nord

Verband der Metallindustriellen Niedersachsens e.V.

Nord-West-Metall

Wirtschaftsverband Naturstein-Industrie e.V. Landesgruppe Niedersachsen

Verband Norddeutscher Papierfabriken e.V.

Verband Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitende Industrie Norddeutschlands e.V. (VPK Nord)

Industrieverband Sand, Kies, Mörtel, Transportbeton Nord e.V.

Wirtschaftsverband der Baustoffindustrie Nord-West e.V.

Verband der Nord-Westdeutschen Textilindustrie e.V. Landesgeschäftsstelle Hannover

Bundesvereinigung Torf- und Humuswirtschaft e.V. (BTH)

Arbeitgeberverband Zement und Baustoffe e.V.

Fachverband Ziegelindustrie Nord e.V.

Fachverband Ziegelindustrie Nordwest e.V.

Arbeitgeberverband der Zuckerfabriken Norddeutschlands e.V.

Handwerk

Unternehmensverbände Handwerk Niedersachsen e.V.

Garten-, Land- und Forstwirtschaft

Land- und forstwirtschaftliche Arbeitgebervereinigung Niedersachsen e.V.

Landesverband Gartenbau Niedersachsen e.V.

Nordwestdeutscher Gartenbauverband (NGV) e.V.

Verband Garten- Landschafts- und Sportplatzbau Niedersachsen-Bremen e.V.

Handel

Unternehmerverband Einzelhandel e.V.

Landesverband Norddeutschland des genossenschaftlichen

Groß- und Außenhandels e.V.

Landesverband der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels

im Land Niedersachsen e.V.

Verband für Groß- und Außenhandel und Dienstleistungen

Niedersachsen e.V.

Andere Wirtschaftsbereiche

Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft g GmbH

Brauereiverband von Niedersachsen/Sachsen-Anhalt e.V.

Fachverband Deutscher Floristen Landesverband Niedersach-

sen e.V.

Genossenschaftsverband Norddeutschland e.V.

Wirtschaftsverband für Handelsvermittlung und Vertrieb Nieder-

sachsen / Bremen CDH e.V.

Niedersächsischer Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA

e.V.

Landesverband des Kraftfahrzeuggewerbes Niedersachsen-

Bremen e.V.

Landesverband Textilreinigung Niedersachsen-Bremen e.V.

Verband der Recycling- und Entsorgungsunternehmen in

Niedersachsen e.V.

Verband deutscher Untersuchungslaboratorien e.V.

Verband Nordwestdeutscher Zeitungsverlage e.V.

Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen e.V. (GVN)

Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutsch-

land

Institut der Niedersächsischen Wirtschaft e.V.

Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie e.V.

Landesstelle Niedersachsen und Bremen (ZVEI)

Lokale Zusammenschlüsse von Arbeitge-

bern

Arbeitgeberverband Region Braunschweig e.V.

Unternehmens Verband Cuxhaven Elbe-Weser-Dreieck e.V.

Arbeitgeberverband für Ostfriesland und Papenburg e.V.

Allgemeiner Arbeitgeberverband Harz e.V.

Arbeitgeberverband Mitte e.V.

Arbeitgeberverband der Unternehmen im mittleren Wesergebiet

(AdU) e.V.

Allgemeine Arbeitgebervereinigung Hannover und Umgebung

e.V.

Arbeitgeberverband im Bezirk Hildesheim e.V.

Arbeitgeberverband Lüneburg-Nordostniedersachsen e.V.

Arbeitgeberverband Oldenburg e.V.

Industrieller Arbeitgeberverband Osnabrück-Emsland e.V.

Arbeitgeberverband Stade Elbe-Weser-Dreieck e.V.

Unternehmensverband Rotenburg-Verden e.V.

Allgemeiner Wirtschaftsverband für Industrie, Handwerk, Handel

und Gewerbe Wilhelmshaven-Friesland e.V.

Tab. 5: Die Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) und ihre 67 Mitgliedsverbände, aus: http://www.uvn-online.de, [14.10.2004].

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

124

5.3 Vielfalt der Bezeichnungen

Ähnlich wie beim Zuständigkeitsbereich sind Landesverbände auch bei der

Wahl ihrer Organisationsbezeichnung nicht an Vorgaben gebunden. Es gibt

keinerlei Vorschriften, die eine Interessengruppe davon abhalten könnten, sich

einen imageträchtigen Namen zuzulegen, ein hochtrabendes Ziel zu proklamie-

ren oder sich auf andere Weise als wichtige gesellschaftliche Einrichtung in Er-

innerung zu rufen. Man kann in diesem Zusammenhang sogar von einem

„Wildwuchs“ von Bezeichnungen und Zielen sprechen. Hier spiegelt sich das

auf autonomer Gruppenbildung beruhende Gefüge von sozialen Interessen in

der Bundesrepublik, die nach öffentlicher Anerkennung streben, wider.

Das breite Spektrum von Bezeichnungen, mit denen sich die Interessengruppen

schmücken, zeigt die besondere Schwierigkeit, der sich die Verbandsforschung

gegenübergestellt sieht. Sie hat es mit einer disparaten Fülle von speziellen

Zielen zu tun, die in einer demokratisch organisierten Gesellschaft in der einen

oder anderen Form ihren organisatorischen Niederschlag finden und dadurch

ein Untersuchungsfeld bilden, das unübersichtlich ist und sich dem analysie-

renden Zugriff des Forschers zu entziehen scheint. Die relativ schwer fassbare,

weil überaus formenreiche Realität der Interessengruppen, muss zunächst ge-

ordnet und gesichtet werden, bevor systematische und generalisierende Aus-

sagen über ihr Wirken und ihren Einfluss in einem konkreten politischen System

gemacht werden können.231

Die uneinheitliche Bezeichnung der Organisationen erschwert den Zugang zum

Forschungsfeld erheblich. Den Verbänden steht frei, ihr Wirkungsgebiet als

Land, Region oder Bezirk zu bezeichnen und die entsprechende Variante in die

Verbandsbezeichnung aufzunehmen. Es wird sehr schnell deutlich, dass die

Möglichkeiten zur Benennung einer Landesorganisation äußerst vielfältig sind.

So sind verschiedene Bezeichnungen in der Praxis zu finden:

Landesverband, Landesarbeitsgemeinschaft, Landesarbeitskreis, Landesgrup-

pe, Landesvereinigung, Landesvertretung, Landesgeschäftsstelle, Regional-

gruppe, Landesbund, Landesfachgemeinschaft, Landesfachverband, Landes-

ring, Regionalverein, Bezirksgruppe, Landesbezirk, Landesstelle.

231 Vgl. Weber 1977: 74.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

125

5.4 Geographische Verteilung

5.4.1 Verteilung auf Städte

Die genauere Untersuchung der Frage, wo die niedersächsischen Landesver-

bände ihren Hauptsitz haben, gibt Aufschluss über den Zusammenhang von

Verbandsdichte und Verwaltungsstruktur. Im Vorfeld der Untersuchung war zu

vermuten, dass die überwiegende Mehrheit der Verbände ihren Sitz in der Lan-

deshauptstadt Hannover hat, da auch hier die Entscheidungsträger von Politik

und Verwaltung ansässig sind. In anderen Großstädten und besonders den Be-

zirkshauptstädten ist ebenfalls eine größere Anzahl von Landesverbänden ver-

mutet worden.

Das Ergebnis der Untersuchungen bestätigte die Vermutungen. In Hannover

sind mehr als die Hälfte (52,5%) der Landesverbände ansässig. Das entspricht

der höchsten Verbandsdichte in Niedersachsen.

Die Bezirkshauptstädte Braunschweig, Oldenburg und die ehemalige (bis 1978)

Bezirkshauptstadt Osnabrück weisen ebenfalls eine höhere Verbandsdichte

auf, die jedoch nicht den Wert der Landeshauptstadt erreicht. Lediglich Lüne-

burg bleibt als Bezirkshauptstadt mit nur drei ansässigen Verbänden weit hinter

den Erwartungen. Eine sehr niedrige Verbandsdichte ist in den Großstädten

Wolfsburg und Salzgitter festzustellen, Göttingen und Hildesheim bleiben dage-

gen im angemessenen Rahmen.

Einzelne Städte, wie beispielsweise Celle, profitieren von ihrer geographischen

Nähe zur Landeshauptstadt Hannover, so dass auch hier noch acht Verbände

ansässig sind. Eine Art Sonderfall stellt Bremen dar. Auch in Bremen sind sie-

ben niedersächsische Landesverbände angesiedelt. Das Gebiet des Stadtstaa-

tes Bremen wird in vielen Fällen von den niedersächsischen Landesverbänden

mitbetreut, die dann auch in der Hansestadt ansässig sein können.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

126

Stadt Einwohner

(31.12.1998)

Landesverbände

vor Ort (N=522)

Anteil in Pro-

zent

Hannover 516.000 274 52,5

Braunschweig 247.000 14 2,7

Osnabrück 165.000 13 2,5

Oldenburg 154.000 15 2,9

Göttingen 126.000 9 1,7

Wolfsburg 122.000 2 0,4

Salzgitter 114.000 4 0,8

Hildesheim 105.000 11 2,1

(Bremen) 550.000 7 1,3

Tab. 6: Die Verteilung von Landesverbänden auf niedersächsische Großstädte über 100.000 Einwohner.

Die Organisationen verteilen sich auf insgesamt über 118 Standorte, was einer

relativ breiten Streuung entspricht, in einem Flächenland wie Niedersachsen

jedoch auch nicht ungewöhnlich erscheint. Es sind außerdem noch einige

Standorte außerhalb Niedersachsens/Bremens auszumachen, an denen Lan-

desverbände ansässig sind, die für Niedersachsen zuständig sind.

Folgende Karte des Landes Niedersachsen weist die Zentren der landesver-

bandlichen Geographie aus:

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

127

Karte 1: Verbändezentren in Niedersachsen.

5.4.2 Verteilung auf Regierungsbezirke

Eine Aufteilung der Landesverbände nach Regierungsbezirken verdeutlicht die

Konzentration der Organisationen im Südosten des Landes. Niedersachsen war

bis 2004 noch in vier Regierungsbezirke aufgeteilt: Braunschweig, Hannover,

Lüneburg und Weser-Ems. Nach dem Regierungswechsel Anfang des Jahres

2003 hat die neue Landesregierung die Auflösung dieser Verwaltungseinheiten

beschlossen. Die Regierungsbezirke Hannover und Braunschweig zusammen-

gezählt beheimateten nahezu drei Viertel der Verbände. Mit Ausnahme der in

Bremen bzw. außerhalb Niedersachsens niedergelassenen Organisationen ver-

teilte sich der Rest zu fast gleichen Teilen auf die Regierungsbezirke Weser-

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

128

Ems und Lüneburg. Die Orientierung des niedersächsischen Verbändesystems

am Verwaltungsaufbau des Landes bestätigt sich.

Hannover 331 63,4%

Weser-Ems 68 13,0%

Braunschweig 50 9,6%

Lüneburg 50 9,6%

Karte 2: Verteilung der Landesverbände nach Regierungsbezirken.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

129

Niedersachsen ist natürlich auch Standort von Bundesorganisationen. Kirsch

hat jüngst in einer „Geographie des deutschen Verbandswesens“ die Zentren

im deutschen Verbändesystem ermittelt. So waren 1974 3,6% der in der Lobby-

liste des Bundestages eingetragenen Verbände in der Landeshauptstadt Han-

nover ansässig. Bis zum Jahre 1997 sank dieser Anteil auf 2,3%, bis 2002 auf

2%. Ein Prozess der Dezentralisierung war in dieser Zeit festzustellen. Es kam

es bei den Bundesverbänden zu einer deutlichen Zunahme von Verbandsregist-

rierungen außerhalb der bisher bedeutenden Verbändezentren.232

232 Vgl. Kirsch: 2003, 84. Im Zusammenhang mit der Verlegung der deutschen Hauptstadt von Bonn nach Berlin untersuchte Kirsch die Mobilität der Interessenverbände. Die Be-stimmung von Faktoren, die die Standortwahl von Verbänden beeinflussen, zeigte sich dabei sehr komplex. Nähe zu Mitgliedern, Nähe zu staatlichen Entscheidungsträgern, ge-wachsene Strukturen, betriebswirtschaftliche Gedanken aber auch persönliche Motive kön-nen die Standortwahl beeinflussen.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

130

5.5 Typologie nach Handlungsfeldern

Nachdem die Anzahl der ermittelten niedersächsischen Landesverbände be-

kannt ist, gilt es, die Grundgesamtheit für den weiteren Gang der Untersuchung

greifbarer zu gestalten. Ein erster wichtiger Schritt im wissenschaftlichen Er-

kenntnisprozess ist die Klassifikation, die den jeweiligen Forschungsstand

handlicher und der Analyse zugänglich machen soll. Zur Vereinfachung und

Veranschaulichung eines komplexen und unübersichtlichen Gegenstandsberei-

ches, wie ihn die Gesamtheit der Verbände darstellt, werden bestimmte Ord-

nungssysteme herangezogen. Eines davon ist die Typologie.

Bei der Typologienbildung wird hier einem Ansatz Alemanns gefolgt, der die

Einteilung nach Handlungsfeldern vorsieht.233 Daran angelehnt und nur leicht

verändert, lassen sich die Interessengruppen nach den Handlungsfeldern Wirt-

schaft und Arbeit, Soziales Leben und Gesundheit, Freizeit und Erholung, Ge-

sellschaftspolitischer Querschnittsbereich sowie Kultur, Bildung und Wissen-

schaft einteilen. Die lebendige Verbändevielfalt erschwert dann jedoch oftmals

die Einordnung einer Organisation in die vorher angelegten Kategorien.

5.5.1 Wirtschaft und Arbeit

Der weitaus größte Teil der niedersächsischen Landesorganisationen (298 Ver-

bände, Anteil von 57,1%) ist dem Bereich Wirtschaft und Arbeit zuzurechnen.

Hier sind Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Berufs- und Verbraucherver-

bände zu finden. Dieser Bereich hat einen traditionell hohen Anteil an der Ge-

samtheit der Interessengruppen.

5.5.1.1 Arbeitgeber- und Unternehmerverbände

Die Geschichte der unternehmerischen Interessenvertretung in Niedersachsen

nach dem Zweiten Weltkrieg ist mit zahlreichen Veränderungen verbunden. Be-

reits im Juni 1945 wurde mit dem Aufbau einer wirtschaftlichen Interessenorga-

nisation begonnen, die zunächst mit großen Schwierigkeiten als Kontaktstelle 233 Vgl. Alemann: 1996, 21.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

131

zur britischen Militärverwaltung diente. Sowohl die Erweiterung des Aufgaben-

spektrums als auch die Erhöhung des Organisationsgrades führten in der

Nachkriegszeit zu verschiedenen Organisationsbezeichnungen. 1951 wurde mit

der „Landesvereinigung der Niedersächsischen Arbeitgeberverbände“ der ei-

gentliche Dachverband gegründet. Die Zusammenfassung des bestehenden

Verbandes mit der Landesvertretung der BDI erfolgte 1972. Diese Verschmel-

zung beider Verbände auf Landesebene wurde auch im Namen der Organisati-

on nachvollzogen, die fortan „Landesvereinigung der Niedersächsischen Ar-

beitgeber- und Wirtschaftsverbände e.V.“ hieß. Aus Vereinfachungsgründen

beschloss die Mitgliederversammlung 1983 die Änderung des Namens der

Dachorganisation in „Unternehmerverbände Niedersachsen e.V.“.

Wirtschafts- und sozialpolitische Interessen können auf der Landesebene ent-

weder getrennt voneinander oder zusammengefasst vertreten werden. Letzte-

res ist in Niedersachsen der Fall. Hier wird die Landesvertretung von BDI und

BDA von den Unternehmerverbänden Niedersachsen e.V. (UVN) wahrgenom-

men. Als Dachverband kennen die UVN lediglich Verbandsmitgliedschaften, so

dass die unmittelbare Mitgliedschaft von Einzelunternehmen ausgeschlossen

ist. Die UVN bilden die Dachorganisation für 67 niedersächsische Arbeitgeber-

und Wirtschaftsverbände. Die Mitglieder sind Fachverbände aus den Bereichen

Industrie, Handel, Dienstleistungen, Handwerk und Landwirtschaft (Tab. 5).

Über ihre Mitgliedsverbände sind den UVN rund 35000 niedersächsische Un-

ternehmen mittelbar verbunden. Als Spitzenorganisation vertreten die UVN in

erster Linie die wirtschafts- und sozialpolitischen Interessen der niedersächsi-

schen Wirtschaft gegenüber den gesellschaftlich relevanten Gruppen und Insti-

tutionen auf Landesebene. Darüber hinaus bilden die Bereiche Umwelt-, Ver-

kehrs-, Europa- und Medienpolitik weitere Schwerpunkte der Verbandsarbeit.

Im Vordergrund steht dabei Kontaktpflege zu Landesregierung, Landtag, politi-

schen Parteien, anderen wichtigen gesellschaftlichen Gruppen sowie den Me-

dien und der Öffentlichkeit. Zu den Aufgaben gehören darüber hinaus die Rep-

räsentation der Arbeitgeberinteressen in den Landesorganen der sozialen

Selbstverwaltung sowie unterstützende, beratende und koordinierende Funktio-

nen gegenüber den Mitgliedsverbänden. Auch auf Ebene der Europäischen

Union sind die UVN präsent. Sie unterhalten ein Büro in der niedersächsischen

Landesvertretung in Brüssel.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

132

Vertreter der UVN sind in einer Vielzahl von Gremien, Ausschüssen und Beirä-

ten auf der niedersächsischen Landesebene vertreten. Gemeinsam mit organi-

sierten Interessen aus anderen gesellschaftlichen Bereichen sind die UVN hier

meist in öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten eingebunden:

- Rundfunkrat Norddeutscher Rundfunk (NDR),

- Versammlung Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM),

- Verwaltungsrat Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK) Niedersachsen,

- Vertreterversammlung Landesversicherungsanstalt (LVA),

- Beirat NBank,

- Landeskreditausschuss,

- Bewilligungsausschuss der NBB, etc.234

5.5.1.2 Gewerkschaften

Deutscher Gewerkschaftsbund

Nach 1945 standen die Gewerkschaften auch in Niedersachsen vor dem Wie-

deraufbau. Schon im Mai 1945 kurz nach Kriegsende versammelten sich in

Hannover Betriebsräte, um die Neugründung einer gewerkschaftlichen Interes-

senvertretung zu beschließen. Nach Gründung des Deutschen Gewerkschafts-

bundes (DGB) auf der Bundesebene im Jahre 1949 (2003: 7.363.000 Mitglie-

der) konstituierte sich ein Landesbezirk Niedersachsen/Bremen. Nach vielfälti-

gen Organisationsreformen gliedert sich der DGB heute bundesweit in acht Be-

zirke und 94 Regionen. Dazu kommen noch Landesbüros in Bremen und Sach-

sen-Anhalt. Der Bezirk Niedersachsen/Bremen gliedert sich heute in neun mit

hauptamtlichen Kräften besetzte DGB-Regionen (Ostfriesland – Nördliches

Emsland, Oldenburg – Wilhelmshaven, Osnabrück – Emsland, Elbe – Weser,

Nord-Ost-Niedersachsen, Süd-Ost, Niedersachsen, Niedersachsen-Mitte, Süd-

niedersachsen – Harz). Diese Regionen sind wiederum in ehrenamtlich geführ-

te Kreis- und Ortsverbände untergliedert. In Niedersachsen gibt es rund 140

Ortsverbände des DGB. Insgesamt waren in Niedersachsen im Jahre 2002

813.662 Mitglieder im DGB organisiert, das waren 1,9% weniger als im Vorjahr.

Der Frauenanteil wies mit 29,6 % hingegen eine leicht steigende Tendenz auf. 234 Vgl. Kleinfeld, Ralf / Brieske, Stefan: „Arbeitgeber- und Unternehmerverbände“, in: Nie-dersächsische Landeszentrale für politische Bildung (Hg.): Niedersachsen-Lexikon, Wies-baden 2004.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

133

Unter dem Dach des DGB sind in Niedersachsen nach den Fusionen der zu-

rückliegenden Jahre noch acht Einzelgewerkschaften organisiert, deren Ge-

schäftsstellen alle in Hannover angesiedelt sind. Mit der IG Bergbau, Chemie

und Energie residiert in Hannover auch einer der Bundesvorstände einer DGB-

Einzelgewerkschaft. Mitgliedermäßig größte Einzelgewerkschaft in der DGB-

Region Niedersachsen/ Bremen ist die für den öffentlichen Dienst zuständige

„ver.di“ (Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft) mit knapp über 300.000 Mit-

gliedern, gefolgt von der IG Metall mit knapp unter 300.000 Mitgliedern.

Für die Aushandlung der Tarifverträge sind im deutschen System der Arbeits-

beziehungen die Einzelgewerkschaften zuständig. So handelt die IG Metall Be-

zirksleitung Hannover Flächentarifverträge für mehr als 20 Branchen mit den

jeweiligen Arbeitgeberverbänden aus, die sich in über 150 einzelne Tarifverträ-

ge aufgliedern. Hinzu kommen die in Zahl und Bedeutung stark zunehmenden

Haustarifverträge zwischen IG Metall und einzelnen Arbeitgebern. Die wichtigs-

ten Tarifgebiete sind die Volkswagen AG mit rund 104.000 Beschäftigten, die

Metallindustrie Niedersachsen mit rund 90.000 sowie die Metallindustrie Osna-

brück-Emsland mit 16.000 Beschäftigten. Bundesweite Aufmerksamkeit hat in

den letzten Jahren vor allem der im Herbst 1993 unterzeichnete Tarifabschluss

bei VW erlangt, der zur Einführung der 4-Tage-Woche führte und mit dem Na-

men des damaligen Arbeitsdirektors Peter Hartz verbunden ist. Mit diesem Ta-

rifvertrag hatten die mehr als 100.000 VW-Beschäftigten einen Beitrag geleistet,

um 30.000 bedrohte Arbeitsplätze zu sichern. Die Eckpunkte des Tarifvertrages

sahen eine drastische Absenkung der Arbeitszeit von damals 36 Stunden auf

28,8 Stunden vor bei Sicherung des individuellen Monatsverdienstes (aber

gleichzeitiger Kürzung des Jahreseinkommens um bis zu 15 Prozent). Die Novi-

tät und der Modellcharakter in der deutschen Tariflandschaft ist darin zu sehen,

dass dieser Tarifabschluss einen „doppelten Tabubruch“ für beide Tarifparteien

bedeutete, wobei die Zustimmung für eine Arbeitszeitverkürzung ohne vollen

Lohnausgleich seitens der IG Metall gegen den Verzicht auf betriebsbedingte

Kündigungen seitens der Arbeitgeberseite getauscht wurde.

Wegen der Überschneidung der Organisationsgrenzen, die eine variable räum-

liche Einteilung zum Teil mit Bremen und/oder Hamburg, seit der Organisations-

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

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reform des DGB auch mit Sachsen-Anhalt vorsieht, fällt die Angabe von Mit-

gliederzahlen nur für Niedersachsen schwer (so hatte im Jahre 2003 der Bezirk

Niedersachsen und Sachsen-Anhalt der IG Metall 298.000 Mitglieder, davon

entfielen auf Niedersachen rd. 253.000). Ein Beispiel für die geografische Aus-

dehnung: Die regionale Zuständigkeit der IG BCE erstreckt sich im Westen bis

zur niederländischen Grenze und der Landesgrenze Nordrhein-Westfalen, im

Osten bis zu den Landesgrenzen Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-

Vorpommern, im Norden bis Dänemark, im Süden wird der Landesbezirk be-

grenzt durch Hessen. Die Gliederung über mehrere Bundesländer hinweg kann

zu Variationen der politischen Strategie führen. So unternahm der DGB nach

der Wahl in Niedersachsen im Jahre 2003 keine Aktivitäten, um das landeswei-

te Bündnis für Arbeit zu reaktivieren, während der DGB sich in Bremen auch

weiterhin an dem dortigen Bündnis für Arbeit beteiligt.

Eine Besonderheit der Gewerkschaftslandschaft in Niedersachsen ist die Bil-

dungsvereinigung „Arbeit und Leben Niedersachsen e.V.“, die als gemeinnützi-

ge Bildungseinrichtung im Jahr 1948 von den Gewerkschaften und Volkshoch-

schulen gegründet wurde. „Arbeit und Leben“ in Niedersachsen ist zwar traditi-

onell in der Arbeitnehmerbildung verankert, hat sich aber dem gewandelten Bil-

dungsbedarf von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern angepasst und ist heu-

te sowohl im Bereich der Europabildung und vor allem auch im Hochschulbe-

reich (Kooperationsstellen Gewerkschaften & Hochschule) aktiv. „Arbeit und

Leben“ verfügt in Niedersachsen über rd. 30 Geschäftsstellen mit fast 350

hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Einrichtungen von „Arbeit

und Leben“ gibt es inzwischen auch in den meisten anderen Bundesländern,

jedoch bildet Niedersachsen nach wie vor den klaren Schwerpunkt dieser Bil-

dungsvereinigung.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

135

Gewerkschaft Mitglieder in Nieder-

sachsen (31.12.2002)

Mitglieder Bundes-

weit (31.12.2003)

Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-

Umwelt Landesverband Niedersachsen-

Bremen

49.185 461.162

Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie,

Energie Landesbezirk Nord 74.005 800.762

Gewerkschaft Erziehung und Wissen-

schaft 28.220 260.842

Industriegewerkschaft Metall Bezirk Nie-

dersachsen und Sachsen-Anhalt 312.667 2.525.348

Gewerkschaft Nahrung-Genuss-

Gaststätten Landesbezirk Niedersach-

sen/Bremen

28.818 236.507

Gewerkschaft der Polizei Landesbezirk

Niedersachsen 15.932 181.100

TRANSNET Region Niedersach-

sen/Bremen/Hamburg 19.329 283.332

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft

Landesbezirk Niedersachsen-Bremen 270.395 2.614.094

Insgesamt 798.551 7.363.147

Tab. 7: Gewerkschaften in Niedersachsen.

Deutscher Beamtenbund (DBB) Landesbund Niedersachsen

1948 nach dem Krieg wieder gegründet als gewerkschaftliche Spitzenorganisa-

tion für den öffentlichen Dienst, hat der DBB Landesbund wesentlichen Einfluss

auf zentrale Regelungen im Dienstrecht des Landes genommen. Der DBB, dem

bundesweit 1.200.000 Mitglieder (2004) angehören, vertritt in Niedersachsen

die gewerkschafts- und berufspolitischen Interessen von rund 60.000 Mitglie-

dern im öffentlichen Dienst. Intern spiegelt sich im DBB die Vielseitigkeit der

öffentlichen Verwaltung wider. Der DBB gliedert sich in knapp 50 Fachgewerk-

schaften. Zum Vergleich: die DGB-Gewerkschaft ver.di gliedert sich in nur 13

berufs- bzw. branchenspezifische Fachbereiche.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

136

CGB Landesverband Niedersachsen

Die im Christlichen Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) vereinigten Ge-

werkschaften verstehen sich als der freiwillige Zusammenschluss von Arbeit-

nehmern und Beamten, die den Grundprinzipien einer christlich-sozialen Ord-

nungspolitik folgen und deshalb eine selbständige und unabhängige christliche

Gewerkschaftspolitik anstreben. Mit gut 300.000 Mitgliedern ist der Christliche

Gewerkschaftsbund Deutschlands nach eigenen Angaben der drittgrößte Ge-

werkschaftsdachverband in der Bundesrepublik Deutschland, der sich aus

sechzehn Einzelgewerkschaften zusammensetzt.235

5.5.2 Soziales Leben und Gesundheit

Im Sektor Soziales Leben und Gesundheit waren 95 Landesorganisationen

(18,2%) zu finden.

Den Kern dieses Sektors bilden die Organisationen der freien Wohlfahrtspflege.

Zwei dieser Wohlfahrtsverbände sind eng mit den christlichen Kirchen in

Deutschland verbunden. Auf katholischer Seite ist es der Deutsche Caritasver-

band und auf protestantischer Seite das Diakonische Werk. Beide Organisatio-

nen orientieren sich daher an der Binnenstruktur der Kirchen. Es gibt keinen

Zusammenhang mit den politischen Landesgrenzen. Die Caritas unterhält auf

dem Gebiet Niedersachsens drei regionale Verbände: die Diözesanverbände in

Osnabrück und Hildesheim sowie einen Landesverband für Oldenburg. Ähnli-

ches gilt auch für das Diakonische Werk. In Niedersachsen sind insgesamt fünf

Diakonische Werke den einzelnen Landeskirchen zugeordnet: Hannover, Ol-

denburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe und die evangelisch-reformierte

Kirche (Leer). Das Diakonische Werk der evangelisch-lutherischen Landeskir-

che Hannovers deckt 75 % Niedersachsens ab. Auf verschiedenen organisato-

rischen Ebenen sind diakonische Beratungsdienste, Altenpflegeheime, Kran-

kenhäuser, Diakonie-Sozialstationen, Wohngruppen für Jugendliche, Woh-

nungslosenhilfe, Werkstätten für behinderte Menschen und Kindergärten zu

finden. Das Diakonische Werk der evangelisch-lutherischen Landeskirche Han-

novers unterstützt und koordiniert als Dachverband die ihm angeschlossenen 235 Vgl. Kleinfeld, Ralf / Brieske, Stefan: „Gewerkschaften“, in: Niedersächsische Landes-zentrale für politische Bildung (Hg.): Niedersachsen-Lexikon, Wiesbaden 2004.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

137

Einrichtungen und die Fachverbände, die auf Landesebene organisiert sind. Es

berät seine Mitglieder, die Einrichtungen, Kirchenkreise und Kirchengemeinden

in organisatorischen, konzeptionellen, juristischen und finanziellen Fragen.

2004 waren ca. 37.000 Mitarbeitende registriert.

Neben den Organisationen der christlichen Kirchen unterhält auch die Zentral-

wohlfahrtsstelle der Juden einen Landesverband in Niedersachsen.

Weitere Organisationen der freien Wohlfahrtspflege, die auch in Niedersachsen

mit einem Landesverband vertreten sind, sind die Arbeiterwohlfahrt, der Deut-

sche Paritätische Wohlfahrtsverband sowie das Deutsche Rote Kreuz. Letzte-

res hatte in Niedersachsen im Jahre 2004 ca. 382.000 Mitglieder. Neben haupt-

amtlich Beschäftigten sind im Verband auch viele ehrenamtliche Helfer tätig.

Der Schwerpunkt der Aufgaben liegt im Bereich Sozialarbeit (Kranken- und Al-

tenpflege). Daneben ist das DRK jedoch auch in den Bereichen Katastrophen-

schutz und Jugendarbeit tätig.

Als Dienstleister in allen sozialrechtlichen Angelegenheiten versteht sich der

Sozialverband VdK Niedersachsen-Bremen e.V. Im Verbandsgebiet werden in

40 Geschäftsstellen über 51.000 Mitglieder (2003) betreut.

Quantitativ stark vertreten sind in diesem Sektor auch die Selbsthilfeverbände

für Betroffene verschiedener Krankheiten und Zusammenschlüsse der Interes-

sen behinderter Menschen.

Schließlich sind hier auch noch zahlreiche Frauen-, Familien-, Jugend- und Se-

niorenverbände zu finden.

5.5.3 Freizeit und Erholung

Mit einem Anteil von 14,2% folgen die 74 Organisationen, die dem Bereich

Freizeit und Erholung zugeordnet werden können. Ein Großteil entfällt hier auf

Sport-, Kleingärtner- und Naturnutzerverbände, aber auch Verbände für Hei-

matpflege, Brauchtum und Geschichte.

Der mit vielfältigen Aufgaben betraute Landessportbund Niedersachsen (LSB)

ist Dachverband von rund 9600 Sportvereinen mit ca. 2,86 Mio. Mitgliedern. Er

ist wiederum in regionale Sportbünde (Kreis- und Stadtsportbünde) und Lan-

desfachverbände aufgegliedert.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

138

Größter Landesfachverband im Bundesland ist nach eigenen Angaben der Nie-

dersächsische Fußballverband (NFV). Fast 700.000 Mitglieder in rund 2700

Vereinen finden sich unter seinem Dach.

5.5.4 Gesellschaftspolitischer Querschnittsbereich

Den gesellschaftspolitischen Querschnittsbereich (26, 5,0%) bilden hauptsäch-

lich Organisationen, die von ihrer historischen Entwicklung her als Neue Soziale

Bewegungen eingestuft werden. Es handelt sich hier um Umwelt- und Natur-

schutzverbände sowie Interessengruppen, die für Menschenrechte oder Frie-

den eintreten.

Als „Anwalt der Natur“ versteht sich der Bund für Umwelt und Naturschutz

(BUND). Mit rund 22.000 Mitgliedern und Förderern gehört der Landesverband

Niedersachsen zu den größten Organisationen auf diesem Sektor. Bekannte

NPO mit relativ konstanter Medienpräsenz in diesem Bereich sind Greenpeace

und Amnesty International. Beide kennen keine Untergliederung in Landesver-

bände. Greenpeace formiert sich aus lokalen Gruppen und Amnesty ist in regi-

onale Bezirke aufgeteilt.

5.5.5 Kultur, Bildung und Wissenschaft

Organisationen aus dem Bildungs- und Kunstbereich sind schließlich im letzten

Sektor Kultur, Bildung und Wissenschaft vertreten, der einen Anteil von 5,5%

(29) aufweist.

Als Dachverband der Musikkultur im Land fungiert der Landesmusikrat Nieder-

sachsen. Zurzeit gehören dem Landesmusikrat 53 Landesverbände, Landes-

gruppen und Institutionen aus den Bereichen aller Musikberufe, der Musikaus-

bildung, des Musizierens in der Freizeit und der Musikwirtschaft als Mitgliedsor-

ganisationen an. Der Landesmusikrat repräsentiert nach eigenen Angaben

mehr als eine halbe Million Bürgerinnen und Bürger, die sich in Niedersachsen

professionell oder als Laien mit Musik befassen.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

139

5.6 Netzwerke auf der Landesebene

Organisierte Interessen werden korporatistischem Denken nach nicht mehr nur

als "pressure-groups" interpretiert, sondern als Akteure, die zunehmend politik-

vermittelnde Funktion wahrnehmen. Interessengruppen gelten nicht länger als

potentielle Herausforderer staatlicher Souveränität, sondern als unverzichtbare

Träger von Politikformulierung und Politikvollzug. Vielfach zu beobachten ist in

diesem Zusammenhang die Einbindung von Verbänden in Politiknetzwerke.

Neben anderen, meist (halb-)staatlichen, Akteuren wirken sie hier an der politi-

schen Gestaltung in einem speziellen Politikfeld mit.

Auch auf der niedersächsischen Landesebene gab es in der Zeit von 2001 bis

2003 mit dem „Dialog Soziales Niedersachsen“ im Bereich der Sozialpolitik ein

solches Netzwerk unter dem Dach des Niedersächsischen Ministeriums für

Frauen, Arbeit und Soziales. Wohlfahrts-, Sozial- und Frauenverbände waren

hier ebenso beteiligt wie Gewerkschaften und Seniorenverbände. Als Partner in

das Netzwerk waren darüber hinaus noch Krankenkassen, Ärztekammern und

andere Gesundheitsorganisationen eingebunden.

Das Netzwerk sollte helfen, die Transparenz in der Sozialpolitik für alle Beteilig-

ten zu verbessern und durch kooperatives Arbeiten die gemeinsame Verantwor-

tung zu betonen. Leitlinie war eine verlässliche, qualitätsorientierte, innovative

und partnerschaftliche Sozialpolitik basierend auf einer Verantwortungsteilung

zwischen gesellschaftlicher Selbstverpflichtung und Kooperation einerseits und

staatlicher Gesamtverantwortung andererseits. Dabei sollten dialogische For-

men der Politik weder die legitimierten Instanzen des demokratischen Verfas-

sungsstaates ersetzen noch etwa moralische Vorgaben entwerfen, wie sich die

Gesellschaft selbst organisieren soll.236

Das erste Aufgabenfeld sollte sich mit dem Thema „Älterwerden in Niedersach-

sen“ beschäftigen. Entlang der Ziele für ein selbst bestimmtes Altern definierten

die Dialogpartner drei Handlungsfelder:

− Lebensqualität und Lebenssicherheit älterer Menschen,

− Qualitätssicherung in der Pflege älterer Menschen,

236 Vgl. Blanke, Bernhard: Dialog Soziales Niedersachsen: Sechs gute Gründe und vier Konsequenzen, Hannover 2001.

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Empirie der Verbändelandschaft in Niedersachsen

140

− Gemeinwesenorientierte Unterstützung älterer Menschen/Älterwerden

vor Ort.

Auch wenn dieses Netzwerk nach dem Regierungswechsel in Niedersachsen

von einer rot-grünen zu einer CDU/FDP-Regierung im Jahre 2003 nicht fortge-

setzt wurde, scheint doch offensichtlich, dass Verbände auf der Landesebene in

solche korporatistische Formen sowohl die Interessen ihrer Mitglieder als auch

ein großes Maß an Expertenwissen einbringen können.

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

141

6. Kommunikation niedersächsischer Landesverbände:

Angesprochene Akteure und Politikfelder

6.1 Inhaltsanalyse in der empirischen Sozialforschung

Die Inhaltsanalyse als Methode der empirischen Sozialforschung hat gegenüber

anderen Methoden wie beispielsweise der Befragung einen deutlichen Vorteil.

Der Forscher kann das Material zeitunabhängig analysieren und stets wieder-

holt untersuchen. Die Inhaltsanalyse gilt allgemein als ein nicht-reaktives Ver-

fahren, d.h. der Untersuchungsgegenstand verändert sich nicht, egal wann und

wie oft man ihn untersucht.237

Die Erzeugung und Formulierung eines Inhaltes (Aussage, Adresse, Mitteilung,

Nachricht) ist nicht allein Sache des Kommunikators (Sender, Adressant, Quel-

le, Organ), sondern geschieht immer im Hinblick auf den oder die Rezipienten

(Empfänger, Adressat, Ziel, Publikum). Darüber hinaus ist eine Vielzahl von

Bedingungen vor allem sozialer Art zu berücksichtigen, die als Situation (Rah-

men, Umwelt, Zusammenhang) bezeichnet werden kann. Fasst man diese drei

Variabelenbündel des Kontextes zusammen, so kann man sagen, dass der

Kontext maßgeblich den Inhalt bestimmt. Diesen Zusammenhang kann man –

und das ist der Grundgedanke sozialwissenschaftlicher Inhaltsanalyse – aber

auch umgekehrt formulieren und das heißt: man kann von Merkmalen eines

manifesten Inhalts auf Merkmale eines nichtmanifesten Kontextes schließen.

Berücksichtigt man noch, dass ein manifester Inhalt einen Text darstellt, so

kann man definieren: Inhaltsanalyse ist eine Methode zur Erhebung sozialer

Wirklichkeit, bei der von Merkmalen eines manifesten Textes auf Merkmale ei-

nes nichtmanifesten Kontextes geschlossen wird.238

237 Vgl. Brosius, Hans-Bernd / Koschel, Friederike: Methoden der empirischen Kommunika-tionsforschung. Eine Einführung, Opladen 2001, 171. 238 Vgl. Merten, Klaus: Inhaltsanalyse. Einführung in Theorie, Methode und Praxis, Opla-den² 1995, 15.

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

142

6.2 Ziel, Kategorien und Gegenstand der Analyse

6.2.1 Ziel

Übertragen auf die Untersuchung dieser Arbeit ergibt sich Folgendes: aus den

Merkmalen von Pressemitteilungen niedersächsischer Landesverbände soll auf

die Arbeit von Verbänden im Föderalismus geschlossen werden. Das Ziel der

Inhaltsanalyse ist hier eindeutig die soziale Situation in Form des staatlichen

Aufbaus.

6.2.2 Kategorien

Von entscheidender Bedeutung ist zunächst die Bildung von Kategorien. Die

Kategorien sind die exakte Definition dessen, was erhoben werden soll. Es ist

zwischen inhaltlichen und formalen Kategorien zu unterscheiden. Für diese

Analyse spielen die formalen Kategorien eine untergeordnete Rolle. Layout,

Größe, Schrift oder andere optische Merkmale der untersuchten Pressemittei-

lungen sind nicht relevant. Das Medium und der Zeitraum in dem die Texte ver-

öffentlicht wurden sind bekannt. Es handelt sich dabei um die Internetseiten der

jeweiligen Organisationen. Das Erscheinungsdatum liegt im ersten Halbjahr

2003. Von größerer Bedeutung sind hier die inhaltlichen Kategorien, an die be-

stimmte Anforderungen gestellt werden.239

Um die vorher aufgestellte Hypothese überprüfen zu können, beschränkt sich

diese Analyse auf die Untersuchung von zwei zentralen Kategorien. Zunächst

wird der Frage nachgegangen, auf welche Akteure landesverbandliche Kom-

munikation Bezug nimmt. Folgende Möglichkeiten wurden genannt:

- Landesregierung/Landesministerien,

- Anderer Verband,

- Bundesregierung,

- Unternehmen der Wirtschaft,

- Parteien, 239 Vgl. Brosius / Koschel: 179ff.

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

143

- Europäische Union,

- Kein konkreter politischer Akteur (Eigen-PR),

- Sonstige.

Als zweite Kategorie wird der Inhalt landesverbandlicher Kommunikation unter-

sucht. Hier gilt es zu klären, welche Politikfelder bzw. anderen Themenfelder

von Landesverbänden in welchem Umfang besetzt werden. Die einzelnen Mög-

lichkeiten sind nachfolgend dargestellt:

- Wirtschaft und Arbeit,

- Soziales und Gesundheit,

- Bildung/Wissenschaft/Kultur,

- Umwelt,

- Inneres/Sicherheit,

- Verkehr,

- Auswärtige Angelegenheiten,

- Sonstiges.

6.2.3 Gegenstand Insgesamt sind 503 Pressemitteilungen im Laufe der Analyse untersucht wor-

den.240 Sie sind im Verlauf des ersten Halbjahres 2003 von 46 verschiedenen

240 Die Pressemitteilungen folgender Landesverbände wurden in die Analyse einbezogen: Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club ADFC Landesverband Niedersachsen e.V., Arbeiter-wohlfahrt Landesarbeitsgemeinschaft Niedersachsen e.V., Verband der Bauindustrie für Niedersachsen e.V., Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen e.V., Deutscher Beamtenbund DBB Landesbund Niedersachsen e.V., Deutscher Gewerkschaftsbund Lan-desbezirk Niedersachsen/Bremen, Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft DLRG Landes-verband Niedersachsen e.V., Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Niedersachsen e.V., Niedersächsischer Flüchtlingsrat e.V., Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Niedersachsen-Bremen e.V., Gewerkschaft der Polizei – Landesbezirk Niedersachsen e.V., Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Landesverband Niedersachsen e.V., Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen e.V., Niedersächsischer Handwerkstag, IG Metall Bezirksleitung Hannover für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt e.V., Industrie-meister Deutschland Landesverband Niedersachsen e.V., Die Johanniter - Landesverband Niedersachsen/Bremen e.V., Landeselternrat Niedersachsen e.V., Landfrauen Niedersäch-sischer Landesverband e.V., Landvolk - Landesbauernverband Niedersachsen e.V., Lan-desverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen e.V., Landesvereinigung Kultu-relle Jugendbildung Niedersachsen e.V., Landesverband der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels Niedersachsen e.V., Landesverband Niedersächsischer Musikschulen e.V., Naturschutzbund Deutschland Landesverband Niedersachsen e.V., Naturschutzverband Niedersachsen e.V., Niedersächsischer Fußball-Verband e.V., Niedersächsischer Leicht-athletik-Verband e.V., Niedersächsischer Turner-Bund e.V., Der Paritätische Niedersach-sen e.V., Philologenverband Niedersachsen e.V., Ring Deutscher Makler - Landesverband Niedersachsen e.V., Sozialverband VdK Niedersachsen-Bremen e.V., Sozialverband

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

144

niedersächsischen Landesverbänden auf deren Seiten im Internet, falls diese

bereits aktualisiert worden waren, veröffentlicht worden.

Auf die besondere Bedeutung des Internet als neues Medium ist bereits vorher

(Kap. 4.7.4.2) hingewiesen worden. Die Integration dieses Mediums in die Ver-

bandskommunikation ist für ein professionelles Kommunikationsmanagement

unerlässlich. Besonders die Medienarbeit profitiert von einem übersichtlichen

und vor allem aktuellen Internet-Auftritt. Die Veröffentlichung von Pressemittei-

lungen und anderen Hintergrundinformationen auf diesem Wege ist ein wichti-

ger Baustein bei der Bedienung der Teilöffentlichkeit Medien. Darüber hinaus

transportiert eine Präsentation der eigenen Organisation auch ein Image, das

sich wiederum bei anderen Teilöffentlichkeiten verankern kann.

265 niedersächsische Landesverbände (50,8%) waren zum Zeitpunkt der Erhe-

bung (2003) mit einer eigenen Website im Internet vertreten. Die Art und Quali-

tät der elektronischen Lösungen war höchst unterschiedlich. Die einfachste

Darstellungsform bestand in der reinen Vermittlung kurzer Informationen im Stil

einer Visitenkarte. Zu finden war aber auch ein in Qualität, Aktualität und Dichte

verbessertes Angebot, das teilweise auch schon geschützte Mitgliederbereiche

enthielt. Hier war dann auch professionelleres Web-Design erkennbar. Weitere

168 Landesverbände (32,2%) fanden Erwähnung auf den Seiten der zugehöri-

gen Bundesorganisation. Meist wurde hier über Ansprechpartner und Adressen

informiert. Lediglich 89 (17,0%) Verbände waren nicht im Internet vertreten.

Deutschland e.V. Landesverband Niedersachsen, Verband der nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V., Tourismusverband Niedersachsen e.V., Unternehmerver-bände Niedersachsen e.V., Verband Bildung und Erziehung Landesverband Niedersach-sen e.V., Verkehrsclub Deutschland Niedersachsen e.V., Verband der Chemischen Indust-rie e.V. Landesverband Nord, Verband christlicher Pfadfinderinnen u. Pfadfinder Land Nie-dersachsen e.V., Verband Deutscher Realschullehrer Land Niedersachsen e.V., Verband der Wohnungswirtschaft Niedersachsen und Bremen e.V., Vereinte Dienstleistungsge-werkschaft ver.di Landesbezirk Niedersachsen/Bremen, Verband der Metallindustriellen Niedersachsens e.V., Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Landesverband Nie-dersachsen. Anm. d. Verf.: Nur die im Internet veröffentlichten Pressemitteilungen sind berücksichtigt worden. Auf anderen Wegen (Telefax, etc.) verschickte Informationen waren nicht Bestand-teil dieser Analyse.

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

145

Von den 69 Organisationen (13,2%), die im Internet Pressemitteilungen veröf-

fentlichten, haben lediglich 46 Landesverbände ihren Pressebereich im Internet

regelmäßig gepflegt und aktualisiert. Somit waren es insgesamt nur 8,8% der

untersuchten Landesorganisationen, die das Internet als aktuelle Kommunikati-

onsplattform mit den Medien nutzten.

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

146

6.3 Ergebnisse

6.3.1 Angesprochene Akteure

Tabelle 8 zeigt eine Übersicht, welche Akteure mit welchem Anteil von Landes-

verbänden in den Pressemitteilungen angesprochen werden. Daran schließt

sich eine genauere Analyse einzelner Fallbeispiele an.

Angesprochener Ak-

teur

Absoluter Wert

(N=503)

Relativer Wert in %

Kein konkreter Akteur

erkennbar (Eigen-PR)

306 60,83

Landesregierung/

Landesministerien

123 24,45

Bundesregierung 28 5,57

Anderer Verband 16 3,18

Europäische Union 7 1,39

Parteien 5 0,99

Wirtschaft 2 0,40

Sonstige 16 3,18

Tab. 8: Angesprochene Akteure von verbandlichen Pressemeldungen auf der Landesebene. 6.3.1.1 Eigen-PR

In über 60% aller Fälle war kein konkreter Akteur als Adressat auszumachen.

Diese Pressemitteilungen der niedersächsischen Landesverbände richten sich

an die „allgemeine Öffentlichkeit“. Wie bereits vorher angesprochen, ist die

Verwendung dieses Begriffes problematisch. Hier soll er in dem Sinne verstan-

den werden, dass Verbände über die Medien versuchen, eine möglichst große

Menge an Kontakten herzustellen. Natürlich bleibt die Öffentlichkeit eine hete-

rogene Masse, die von den eigenen Mitgliedern bis hin zu Menschen ohne Be-

zug zur Organisation reicht. Hier steht dann allgemeine Informationsvermittlung

im Sinne von Eigen-PR im Vordergrund.

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

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Gerne berichten Verbände über personelle Vorgänge innerhalb der Organisati-

on (Verbandsinterna), besonders über Vorstandswahlen oder die Vergabe an-

derer Posten (Beispiel 1).

Wolfgang Denia zum Landesleiter wiedergewählt

Bremen. Auf der heutigen 1. Ordentlichen Landesbezirkskonferenz der Dienstleistungs-gewerkschaft ver.di in Niedersachsen-Bremen haben die Delegierten Wolfgang Denia (52) erneut zum Landesleiter gewählt. Von den 157 abgegeben Stimmen erhielt Denia 129 Stimmen. Dies entspricht einer Zustimmung von 82,2 Prozent. Zu seinen Stellvertretern wählte die Konferenz erneut Brigitte Matuschke (38), Marita Rosenow (50), Siegfried Sauer (49) und Lothar Zweiniger (53). Neu in der Landeslei-tung ist Peter Franielczyk (50), der die Nachfolge des aus Altersgründen ausscheiden-den bisherigen stellvertretenden Landesleiters Peter Brenner antritt. Außerdem wählten die 164 Delegierten die 41 Mitglieder des ehrenamtlichen ver.di-Landesvorstandes, der sich aus den ehemaligen Gründungsorganisationen ÖTV, DPG, HBV, IG Medien und DAG zusammensetzt. Das Präsidium des neuen Landesvorstandes setzt sich zusammen aus Jürgen Hoh-mann (Vorsitzender), Alfred Schäfftlein, Gisela Hülsbergen, Bernd Kirchhof, Margit Mertz und Jutta Strehl. Wolfgang Denia sagte: "Wir werden auch in Zukunft am Flächentarifvertrag für den öf-fentlichen Dienst festhalten und uns allen Versuchen entgegen stellen, die auf eine Schwächung der Arbeitnehmerrechte abzielen. Nur mit starken Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften können die vor uns liegenden Aufgaben erledigt werden. Betriebli-che Bündnisse, regionalisierte Tarifverträge und der Abbau von Mitbestimmungsrechten in den Betrieben wird nicht zur dringend notwendigen Trendwende auf dem Arbeits-markt führen." Beispiel 1: Pressemitteilung des ver.di-Landesbezirk Niedersachsen-Bremen vom 31.03.2003.

Aber auch Aktionen und Veranstaltungen aller Art, die von den Verbänden ins

Leben gerufen worden sind, waren häufig Inhalt der untersuchten Pressemittei-

lungen. Besonders die Stiftung von Preisen, die Veranstaltung von Wettbewer-

ben, die Abhaltung von Verbandstagen oder der Start von Spendenaktionen

sind für Verbände Gründe zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Hier steht

weniger die Vermittlung von Verbandszielen im Vordergrund, sondern ganz

eindeutig die Imagepflege bzw. Akzeptanz- oder Vertrauensgewinn.

Über die Stiftung von Preisen können sich Verbände als wichtiger Akteur auf

dem jeweiligen Betätigungsfeld profilieren. So wird die Anerkennung von her-

ausragenden Leistungen und die Förderung des Fachgebietes dokumentiert

(Beispiel 2).

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

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Niedersächsischer Bauindustriepreis 2002 an Frau U ta Boockhoff-Gries

Der Verband der Bauindustrie für Niedersachsen hat den Niedersächsischen Bauin-dustriepreis 2002 an Frau Dipl.-Ing. Uta Boockhoff-Gries, Stadtbaurätin der Landes-hauptstadt Hannover, verliehen.

Bei der Übergabe des Preises, der mit 5000 Euro dotiert ist, wies der Präsident des Verbandes der Bauindustrie für Niedersachsen, Michael Munte, darauf hin, dass mit der Verleihung des Bauindustriepreises die besonderen Verdienste der Preisträgerin bei der städtebaulichen Entwicklung der Niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover, aber auch ihre Initiativen, der EXPO 2000 weltweite Geltung und Anerkennung zu verschaf-fen, gewürdigt würden.

Die Preisträgerin verbinde, so Munte, konzeptionelle Fähigkeiten und Überzeugungs-kraft mit persönlichem Geschick und habe zeitgerecht die architektonisch vorbildlich und ökologisch ausgerichtete Wohnbebauung auf dem Kronsberg und die Erweiterung der Ausstellungsfläche der EXPO 2000 und ihre Nachnutzung erreicht. Die bauinvesti-ven Ausstellungsbeiträge der Nationen und Organisationen seien im Einklang mit dem deutschen Baurecht erstellt worden. Dieser internationale praktische Erfahrungsaus-tausch habe dem deutschen Bauordnungsrecht beachtliche Impulse verliehen.

Die durch die EXPO 2000 angestoßenen Investitionen hätten der Bauwirtschaft nach-haltige Impulse und Anregungen sowie Investoren Veranlassung zu eigenen Initiativen mit städtebaulichen Akzenten gegeben. Die EXPO 2000 und die sich daran anschlie-ßenden Folgemaßnahmen hätten die Niedersächsische Landeshauptstadt noch attrak-tiver gemacht und den Messe- und Wirtschaftsstandort gestärkt.

Mit ihren Leistungen hat sich Frau Boockhoff-Gries nach Aussage des Verbandspräsi-denten um das Bauwesen in Niedersachsen verdient gemacht.

Beispiel 2: Pressemitteilung des Verbandes der Bauindustrie für Niedersachsen e.V. vom 4.2.2003.

Beispiel 3 zeigt, dass auch Verbände durchaus Krisen-PR betreiben müssen.

Ist eine Branche durch bestimmte negative Ereignisse in den Fokus öffentlicher

Diskussion geraten, müssen entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. In

diesem Fall beteiligt sich der Gesamtverband des Verkehrsgewerbes Nieder-

sachsen an einem Hilfsfond für Hinterbliebene eines Busunglückes. Nach meh-

reren Unfällen waren Busreisen im Laufe des Jahres 2003 in die Diskussion

geraten und mit einem unsicheren Image versehen worden. Der Verband er-

greift in dieser Mitteilung die Gelegenheit, soziale Verantwortung zu dokumen-

tieren, aber auch gleichzeitig gegenüber der Öffentlichkeit den Sicherheitsas-

pekt zu betonen:

Busunternehmer gründen Hilfsfond Unterstützung für Hinterbliebene des Busun-glücks in Ungarn

Eine Welle der Hilfsbereitschaft hat das Busunglück in Ungarn ausgelöst. Jetzt haben die Busunternehmer des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) gemeinsam mit ihren nordrhein-westfälischen Kollegen einen Hilfsfond eingerichtet, der

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

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die Hinterbliebenen der Unglücksopfer finanziell unterstützen soll. Bundesweit rufen der GVN, der Verband Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen (NWO) und der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) dazu auf, sich an dieser Spen-denaktion zu beteiligen. "Alle Details sind noch nicht geklärt. Uns kam es aber darauf an, die schnelle Hilfe nicht an Verfahrens- oder juristischen Fragen scheitern zu las-sen", kommentierte GVN-Hauptgeschäftsführer Bernward Franzky diese Initiative. Der GVN appelliere an Politik und Behörden, diese Hilfsaktion ihrerseits dadurch zu unter-stützen, daß die Spenden steuerlich geltend gemacht werden können.

Das Busunglück muß aus Sicht des GVN zum Anlaß genommen werden, die Verkehrs-sicherheit weiter zu verbessern. Der Bus werde in allen Statistiken als besonders siche-res Verkehrsmittel hervorgehoben. Durch spezielle Schulungen für Fahrer setze man al-les daran, dieses zu perfektionieren. Trotzdem seien Unfälle durch menschliches Ver-sagen leider nie gänzlich auszuschließen. Deshalb seien auch infrastrukturelle Maß-nahmen wie die Sicherung von Bahnübergängen gefordert.

Federführend für das Spendenkonto ist der NWO - aus seinem Gebiet kam der betrof-fene Unglücksbus. Eingerichtet wurde das Spendenkonto unter dem Stichwort "Busun-glück" bei der Volksbank Langenfeld, BLZ 375 600 92, Konto-Nr. 1400542054, Konto-Inhaber: NWO.

Beispiel 3: Pressemitteilung des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen e.V. vom 16.5.2003.

Darüber hinaus gibt es Wirtschaftsbranchen, die in einer Risikogesellschaft

permanent von ihrem Umfeld kritisch betrachtet werden bzw. mit diesem in

Konflikt geraten. Eine solche Branche ist sicherlich die Chemieindustrie. Ein

großer Teil der PR-Arbeit zielt hier speziell darauf ab, Akzeptanz zu erlangen

und Vertrauen zu gewinnen. Die Organisation einer Chemieolympiade durch

den Verband der Chemischen Industrie Nord und die Berichterstattung in den

Medien darüber sind in diesem Zusammenhang zu sehen (Beispiel 4).

Chemieolympiade - Erfolgreiche Teilnehmer ausgezeic hnet

Am 11. Februar 2003 wurden die besten Teilnehmer der niedersächsischen Chemie-olympiade im Haus der Chemie in Hannover ausgezeichnet. Birgit Schneider, stellver-tretende Geschäftsführerin des VCI Nord, begrüßte die 16 Schülerinnen und Schüler, die erfolgreich die zweite regionale Runde absolviert hatten. Sie waren für eine Woche nach Hannover gekommen, um sich hier auf die nächste Runde vorzubereiten. Die Durchführung dieser „Trainingswoche“ wird bereits seit 1998 durch den VCI Nord unter-stützt.

Die jungen Nachwuchstalente hatten zwei Tage Gelegenheit, am Institut für Analytische Chemie der Universität Hannover experimentell zu arbeiten und Versuche selbst aus-zuprobieren. Für die verbleibende Zeit stellte die Solvay Pharmaceuticals GmbH in Hannover den Schülerinnen und Schülern ihre Forschungslabors zur Verfügung. Hier lernten sie unter sachkundiger Anleitung unter anderem die Wirkstoffsuche mit moder-nen Computerverfahren und den Robotereinsatz in der Arzneimittelforschung kennen.

Für den besten Schüler sowie die Schulen, die die meisten Teilnehmer ins Rennen schickten, hatte die Solvay Pharmaceuticals auch in diesem Jahr wieder Förderpreise gestiftet. In einer kleinen Feierstunde, an der Vertreter der Schulen, der Universität und der Schulbehörde teilnahmen, übergab Dr. Henning Heinemann von Solvay Pharma-ceuticals die Auszeichnungen an die diesjährigen Gewinner.

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Nach langer Zeit gab es in diesem Jahr wieder einmal einen weiblichen Sieger. Die 17jährige Anna Boleininger vom Braunschweiger Hoffmann-von-Fallersleben-Gymnasium wurde für ihre hervorragenden Leistungen mit einem Preis in Höhe von 100 Euro sowie einem Buchgeschenk ausgezeichnet. An die Vertreter des Hoffmann-von-Fallersleben-Gymnasiums in Braunschweig, des Lichtenberg-Gymnasiums in Cuxhaven sowie des Gymnasiums Sulingen überreichte Dr. Heinemann Schecks in Höhe von jeweils 1.500 Euro, 1.000 Euro sowie 650 Euro. Die Lehrerinnen und Lehrer freuten sich sehr über diese Auszeichnungen, denn sie tra-gen entscheidend zur Aufbesserung der Schuletats für den Chemieunterricht bei. So kann die Attraktivität des Unterrichts beispielsweise durch ein verstärktes Angebot an Schülerübungen erhöht werden. Beispiel 4: Pressemitteilung des Verbandes der Chemischen Industrie e.V. Landesver-band Nord vom 12.2.2003.

6.3.1.2 Landesregierung Ließen sich in den Pressemitteilungen der Verbände konkret angesprochene

politische Akteure ausmachen, so handelte es sich in den meisten Fällen, bei

fast jeder vierten (24,45%) Meldung, um die niedersächsische Landesregie-

rung. Zum größten Teil werden hier Forderungen artikuliert bzw. Kritik oder Lob

am Handeln der Landesregierung geäußert (Beispiele 5 und 6).

NABU fordert Vorrang ökologischer Konzepte beim Hoc hwasserschutz Tschimpke: „Wasserwende in Niedersachsen überfällig!“ Der Naturschutzbund NABU Niedersachsen hat dazu heute seine Forderungen an die niedersächsische Landesregierung wiederholt. Nach Auffassung des NABU brauchen wir in Niedersachsen ein Aktionsprogramm – den Flüssen mehr Raum geben – mit um-weltpolitischen Taten in allen Regionen. „Eine Wasserwende ist in Niedersachsen längst überfällig. Wir fordern die Landesregierung auf, regionale Hochwassergipfel auf Ebene der Land-kreise unter Einbindung der Naturschutzverbände einzuberufen. Nur so kann der Re-formbedarf für eine naturverträgliche Gewässernutzung und zum vorsorgenden Hoch-wasserschutz in Angriff genommen werden. In Überschwemmungsgebieten dürfen grundsätzlich Grünlandflächen nicht in Ackerflä-chen umgewandelt werden. Die Regelung im Niedersächsischen Wassergesetz mit dem Genehmigungsvorbehalt im Paragraphen 93 muss restriktiv behandelt werden. Hochwasserschutz, Ausweisung von FFH-, EU-Vogelschutz- und Überschwemmungs-gebieten als natürliche Retentionsräume sind Aufgabenfelder, die auf den gleichen Flä-chen ablaufen und, wenn man es klug macht, auch all diesen Zielen gemeinsam dienen können. Niedersachsen sollte unseren Vorschlag aufgreifen und einen ‚Niedersachsen Hoch-wassergipfel‘ durchführen. Bärbel Höhn in Nordrhein-Westfalen hat es bereits am 11. September 2002 vorgemacht, und wir hoffen, dass auch Niedersachsen Lehren aus den Hochwassersituationen ziehen wird“, erklärte Olaf Tschimpke, NABU Landesvorsit-zender, dazu heute in Hannover.

Beispiel 5: Pressemitteilung des Naturschutzbund Deutschland Landesverband Nieder-sachsen e.V. vom 15.1.2003.

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Schule braucht Verlässlichkeit

VDR fordert: Schluss mit Schnellschüssen und Täuschungsmanövern! Hannover - Der Verband Deutscher Realschullehrer (VDR) fordert die Landesregierung auf, endlich Schluss mit den bildungspolitischen Schnellschüssen und Täuschungsma-növern zu machen und der Schule wieder verlässliche Rahmenbedingungen zu geben, damit sie vernünftig arbeiten kann. "Es ist unerträglich, was diese Landesregierung und besonders ihr Ministerpräsident unseren Schülerinnen und Schülern zumutet: Die Un-terrichtsversorgung wird von einer wie auch immer gearteten noch einzuführenden Steuer abhängig gemacht. 700 im November geschaffene Stellen werden nach der Landtagswahl wieder einkassiert. Den Schulträgern wurde zum 01.01.2003 ein gemein-sames Schulbausanierungsprogramm über 500 Millionen Euro in Aussicht gestellt, ob-wohl kein Cent dafür im Haushalt vorgesehen ist und die Kommunen nichts von ihrer Mitfinanzierung wissen. Das Schulgesetz ist beschlossen, aber die Umsetzung erfolgt nicht, weil die Bedingungen unklar sind. Und schon startet die Landesregierung mit der Selbständigen Schule wieder einen schlecht vorbereiteten Schnellschuss, um von dem angerichteten Scherbenhaufen abzulenken", kritisierte die Landesvorsitzende, Christel Harendza, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Niedersächsischen Philo-logenverband in Hannover.

Beispiel 6: Pressemitteilung des Verbandes Deutscher Realschullehrer Land Nieder-sachsen e.V. vom 8.1.2003.

6.3.1.3 Bundesregierung

Weitaus weniger im Fokus der niedersächsischen Landesverbände steht die

Bundesregierung. Lediglich in 5,57% der Fälle steht die Bundesebene im Mit-

telpunkt des Interesses der Landesverbände (Beispiele 7 und 8).

Landvolk gegen Kürzungspläne beim Agrardiesel

L P D - Die Pläne der Bundesregierung, die Steuervergünstigung beim Agrardiesel radi-kal zu kürzen, sind beim Landvolk Niedersachsen auf scharfe Kritik gestoßen. Die Um-setzung dieser Pläne würden die deutschen Landwirte im internationalen Wettbewerb erneut stark benachteiligen. Schon jetzt zählten die Preise, die deutsche Bauern pro Li-ter Diesel zahlen müssen, zu den höchsten in Europa. Während hier zu Lande 25,6 Cent Steuern pro Liter Diesel gezahlt werden müssten, würden die englischen Bauern gerade mal mit 5,2 Cent pro Liter zur Kasse gebeten. Auch die französischen Bauern zahlten mit 5,5 Cent pro Liter nur geringfügig mehr. Bei den spanischen Landwirten sei-en es 7,8 Cent pro Liter und die italienischen Bauern müssten 11,8 Cent pro Liter zah-len. Etwas höher sei der Preis in Holland, hier liege er bei 19,8 Cent pro Liter. Eine tota-le Gleichsetzung bei den Dieselpreisen mit den übrigen Verkehrsteilnehmern lehnte der Landesbauernverband ab. Schließlich würden die Landwirte mit ihren landwirtschaftli-chen Maschinen kaum öffentliche Straßen und Wege nutzen, die mit Steuergeldern fi-nanziert wurden, begründet das Landvolk die Ablehnung

Beispiel 7: Pressemitteilung des Landvolk – Landesbauernverband Niedersachsen vom 18.6.2003.

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Zivildienst: „Kürzungen kommen einer Katastrophe gl eich“ Der Paritätische lud zum Spitzengespräch – Dieter Hackler, Bundesbeauftragter, war zu Gast Der Paritätischen Niedersachsen begrüßte den Bundesbeauftragten für Zivildienst, Die-ter Hackler, zu einem Fachgespräch in Hannover. Günter Famulla, Vorsitzender des Paritätischen, und die weiteren Gesprächsteilnehmer, Jochen Hagelskamp, Paritäti-scher Gesamtverband, Heino Wolf, Leiter der Paritätischen Verwaltungsstelle für Zivil-dienst in Niedersachsen, und Bernd Ehlers von der Paritätischen Zivildienstschule in Kiel, diskutierten mit Hackler die veränderten Rahmenbedingungen des Zivildienstes. Neben der fachlichen Einführung von Zivildienstleistenden und grundlegenden Fragen der Zivildienstgerechtigkeit und der Zukunft des Zivildienstes erörterten die Experten die Auswirkungen der Sparmaßnahmen der Bundesregierung und deren Folgen. Einig sind sich die Vertreter des Paritätischen in der Feststellung: „Die Kürzung in diesem Bereich kommen einer Katastrophe gleich“. Günter Famulla machte deutlich, dass erneut der gesamte Zivildienst getroffen wird. Die Kürzungen gingen an die Substanz dieser sozialen Säule der Gesellschaft. Mit wenig Rücksicht auf die betroffenen Menschen und Einrichtungen, also vor allem Behinderte, Kinder und alte Menschen sowie Jugendherbergen, „wird politisch und finanziell sehr kurzsichtig agiert.“ Der Vorsitzende des Paritätischen drückte zudem seinen Unmut ü-ber eine fehlende Würdigung des Engagements und der Leistung junger Zivildienstleis-tender aus. „Offenbar wird in der Politik nicht wahrgenommen, was diese jungen Men-schen für Behinderte, alte Menschen und Kinder an Unterstützung und Zuwendung leis-ten und wie wichtig ihre Arbeit für unsere Gesellschaft ist.“

Beispiel 8: Pressemitteilung Der Paritätische Niedersachsen e.V. vom 25.3.2003.

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass besonders Verhandlungen und

Entscheidungen im Bundesrat auch für Landesverbände noch von Bedeutung

sein können. In der nächsten Pressemitteilung des Verbandes der Bauindustrie

für Niedersachsen (Beispiel 9) wird ein Ergebnis der Beratungen im Vermitt-

lungsausschuss lediglich kommentiert.

Bauindustrie Niedersachsen: Politik muss verlorenes Vertrauen wiedergewinnen

Der Verband der Bauindustrie für Niedersachsen zeigt sich erfreut über das Ergebnis der Beratungen im Vermittlungsausschuss vom Bundestag und Bundesrat bezüglich des Steuervergünstigungsabbaugesetzes. Nach den Worten des Hauptgeschäftsführers des Verbandes, Prof. Michael Sommer, hätte das vom Bundestag beschlossene Gesetz katastrophale Auswirkungen auf die Bauwirtschaft gehabt. Insbesondere die Pläne zur Kürzung der Eigenheimzulage, zur Mindestbesteuerung von Unternehmen und auch zur Besteuerung von Immobiliengeschäften waren auf heftige Kritik des Verbandes gesto-ßen. Kernpunkte des Gesetzgebungsvorhabens hätten ganz maßgebliche Rahmenbe-dingungen für die Bauindustrie verschlechtert.

Erleichtert zeigt sich der Hauptgeschäftsführer des Verbandes auch darüber, dass mit der Einigung im Vermittlungsausschuss die Monate anhaltenden Irritationen für den Wirtschaftsstandort Deutschland zumindest vorerst beendet seien. Mit diesem Geset-zesvorhaben sei durch die Bundesregierung viel Vertrauen der Investoren verspielt worden, das dringend zurückgewonnen werden müsse. Gerade Bauinvestitionen hätten langfristigen Charakter und bedürften einer zuverlässigen Kalkulation. Angesichts der bevorstehenden EU-Osterweiterung sei zu hoffen, dass der immense Baubedarf zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sich in Nachfrage umsetzen

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werde. Dies sei auch der einzige Weg, den inländischen Bauarbeitsmarkt zu stärken. Es sei zu hoffen, dass der Baubedarf im gesamten Hochbau wieder Investoren finde, damit die Beschäftigungsunsicherheit in nahezu allen Baubetrieben ein Ende finde. Die Bauproduktion sei in Niedersachsen im Jahr 2002 gegenüber 2001 um 4,4 Prozent zu-rückgegangen. Damit beginne für die Bauindustrie das achte Jahr eines stetigen Ab-wärtstrends, der endlich durchbrochen werden müsste.

Beispiel 9: Pressemitteilung des Verbandes der Bauindustrie für Niedersachsen e.V. vom 16.4.2003.

Dass Landesverbände jedoch auch direkt Druck auf die Landesregierung aus-

üben, um ihre Ziele im Bundesrat verwirklicht zu wissen, zeigen die folgenden

Beispiele. Die Landesregierung, genauer der Ministerpräsident, wird vom Ge-

samtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (Beispiel 10) und vom Landes-

verband der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels Niedersachsen (Bei-

spiel 11) zu einem gewünschten Abstimmungsverhalten seines Bundeslandes

im Bundesrat aufgefordert:

Vermittlungsausschuss: LKW-Maut ohne Kompensation? GVN fordert Nieder-sachsens Ministerpräsidenten Wulff zum Nein auf

Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) hat in einem Eilbrief den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff aufgefordert, im Vermittlungs-ausschuss von Bundesrat und Bundestag am Mittwoch der Einführung der LKW-Maut nur zuzustimmen, wenn gleichzeitig der zugesagte Harmonisierungsschritt vollzogen wird. Hintergrund sind Meldungen, wonach sich Bund und Länder auf einen Kompro-miss bei der LKW-Maut geeinigt haben, der die zugesagte Harmonisierung auf die lan-ge Bank schiebt und gleichzeitig eine durchschnittliche LKW-Maut von 12,5 Cent vor-sieht.

"Eine derartige Lösung ist nicht einmal ein fauler Kompromiss. Holländer und Franzo-sen lachen uns aus, weil die Bundesregierung die Existenz der eigenen Verkehrswirt-schaft auf Spiel setzt und für die ausländischen Konkurrenten den Markt preisgibt", kommentiert GVN-Hauptgeschäftsführer Bernward Franzky die Meldungen. Wenn Ber-lin die Reduzierung von den bisher geplanten durchschnittlich 15 Cent auf 12,5 Cent pro Kilometer als Ausgleich für die zugesagte Harmonisierung betrachte, sei dies eine bewusste Verdummung der Transportunternehmer. Wer so argumentiere, könne auch die Erhöhung des Einkommenssteuersatzes auf 100% fordern und die anschließende Festsetzung auf 50% als milliardenschweres Steuerentlastungspaket für die Bürger verkaufen. Die niedrigere Lkw-Autobahnvignette komme schließlich In- und Ausländern gleichermaßen zugute. Deshalb fordere der GVN die CDU-geführten Bundesländer und insbesondere Niedersachsen auf, an der bisherigen Linie festzuhalten. Danach sollte die LKW-Maut nur eingeführt werden, wenn damit zeitgleich ein Harmonisierungsfort-schritt verbunden wird. Die von Ministerpräsident Stoiber in die Diskussion gebrachten 600 Mio. € seien ein erster Schritt.

"Falls man im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag zu der Auffassung kommt, dass man die Harmonisierung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben kann, bedeutet das nach allen bisherigen Erfahrungen das endgültige Aus für diese längst überfällige Entlastung", so GVN-Hauptgeschäftsführer Franzky. Wer jetzt nicht fairere Wettbewerbsbedingungen für die deutschen Unternehmen schaffe, brauche ihnen nicht mehr zu helfen, weil sie in die Insolvenz getrieben wurden. Anschließend werde der Verbraucher die Zeche fünffach zahlen. Steuerausfälle, höhere Arbeitslosigkeit, höhere

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Lohnnebenkosten, teurere Produkte und die Transporte werden von Ausländern auf deutschen Straßen abgewickelt.

Beispiel 10: Pressemitteilung des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen e.V. vom 20.5.2003.

Handel mahnt zügige Freigabe des Samstagsverkaufs a n

Appell an Ministerpräsident Wulff, dem Votum des federführenden Bundesratsaus-schusses nicht zu folgen

Das Votum des Bundesratsausschusses für Arbeit und Sozialpolitik, den Gesetzentwurf zur Verlängerung der Ladenöffnungszeiten an Samstagen an den Vermittlungsaus-schuss zu überweisen, obwohl das Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist, stößt beim Handelsverband LVMG Niedersachsen (Landesverband der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels Niedersachsen) auf Unverständnis und Kritik.

„Es besteht dringender Handlungsbedarf für die Samstage! Schon der 1. Juni als bis-her vorgesehener Termin kommt eigentlich viel zu spät.“, erklärte Mathias Busch (44), Hauptgeschäftsführer des Verbandes: „Wir hätten es begrüßt, schon ab dem 1. April die Läden an Samstagen länger öffnen zu können, um durch ein belebtes Ostergeschäft den nur leidlich zufrieden stellenden Jahresauftakt ein wenig auffangen zu können. Nun sieht es so aus, dass selbst der 1. Juni für das Inkrafttreten der überfälligen Reform in weite Ferne rückt. Damit ginge auch das Sommergeschäft verloren. Wir hätten von der Politik mehr Verständnis und Sensibilität für die Notsituation unserer Branche erwartet“, so Busch weiter. Die Anrufung des Vermittlungsausschusses kann das Gesetz, weil nicht zustimmungspflichtig, zwar nicht verhindern, wird aber zu einer Verzögerung des Inkrafttretens führen.

Der Verband hat daher an Ministerpräsident Wulff appelliert, dem Votum des Aus-schusses nicht zu folgen und sich für eine zügige Beschlussfassung im Bundesrat ein-zusetzen.

Beispiel 11: Pressemitteilung des Landesverbandes der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels Niedersachsen e.V. vom 28.3.2003.

6.3.1.4 Anderer Verband

Bei noch 3,18% aller Pressemitteilungen richtete sich deren Inhalt an einen an-

deren Verband. Zumeist handelte es sich bei dem angesprochenen Akteur um

eine Organisation, die entgegen gesetzte Interessen vertritt. So fordert bei-

spielsweise der NABU Niedersachsen als Tierschutzorganisation den Deut-

schen Jagdschutzverband zu ganz bestimmten Verhaltensweisen auf (Beispiel

12).

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NABU fordert dringend notwendige Fortbildung für Ja gdscheininhaber Tschimpke: „Wir sind entsetzt über den Wolfsabschuss!“ Der Naturschutzbund NABU Niedersachsen fordert dringend eine Fortbildungspflicht in regelmäßigen Intervallen für ältere Jagdscheininhaber. Wie es der Wolfsabschuss am Sonntag beweist, ist eine derartige Regelung dringend notwendig, sich laufend und in festgelegten Abständen über den neuesten Stand des Artenschutzes und –kenntnisse informieren zu müssen. Zudem ist, so der NABU, eine staatliche Jägerausbildung und –prüfung einzuführen, um die Prüfungsfragen durch unabhängige Biologen und Ökolo-gen festsetzen zu können. „Ein Jäger muss grundsätzlich in der Lage sein, einen Schäferhund von einem Wolf zu unterscheiden. Wir sind entsetzt, dass ein Jagdscheininhaber dazu nicht in der Lage war und sein Vorgehen dann zudem mit einer Stresssituation rechtfertigt. Das Ganze muss aufgeklärt werden und aus dem Geschehen müssen Konsequenzen gezogen werden“, erklärte Olaf Tschimpke, NABU Landesvorsitzender. Der NABU fordere dringend Regelungen für eine regelmäßige Fortbildung von Jagd-scheininhabern ein. Es dürfe nicht sein, dass ein nach Washingtoner Artenschutzab-kommen und dem Bundesnaturschutzgesetz unter strengstem Schutz stehender Wolf, aus mangelnden Sach- und Fachkenntnissen abgeschossen werde, so Tschimpke. Der NABU verlange vom Deutschen Jagdschutzverband, gegen die schwarzen Schafe in den eigenen Reihen vorzugehen und sich eindeutiger auch zum Schutz von Arten zu bekennen, die nicht bejagt werden dürfen. Der NABU sieht mit Sorge, dass es auch bei anderen Tierarten vielfach zu Fehlab-schüssen kommt. Das gilt besonders für Federwild und besonders für die Unterschei-dung von grauen Gänsen, denn dort dürfen nur Graugänse geschossen werden.

Beispiel 12: Pressemitteilung des Naturschutzbundes Deutschland Landesverband Nie-dersachsen e.V. vom 22.1.2003.

Wenig überraschend ist die kommunikative Auseinandersetzung zwischen Inte-

ressenorganisationen, die auf dem Handlungsfeld Wirtschaft und Arbeit aktiv

sind. Die Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern können sehr unter-

schiedlich ausgeprägt sein, so dass natürlich die Vorschläge und Ankündigun-

gen der jeweils anderen Seite kritisch kommentiert werden (Beispiel 13).

IG Metall lehnt Gesetzesvorschlag zur Lockerung des Kündigungs-schutzes ab Hannover. - Die IG Metall in Niedersachsen lehnt den Vorschlag des Metallarbeitgeber-verbandes Niedersachsen-Metall zur Lockerung des Kündigungsschutzes entschieden ab. Angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen, gehen Vorstöße zum Abbau des Kündigungsschutzes in welcher Form auch immer in die völlig falsche Richtung. Hartmut Meine, Bezirksleiter der IG Metall für Niedersachsen, erteilte dem Vorstoß von Nieder-sachsen-Metall eine eindeutige Absage. Hartmut Meine sagte: „ Angesichts von mehr als 4,6 Millionen Arbeitslosen kommt es darauf an, den Menschen ihren Arbeitsplatz zu erhalten, nicht sie schneller rauszuschmeißen.“ „Etliche Betriebsräte in der Metallindust-rie kämpfen angesichts von Wirtschafts- und Konjunkturkrise auch unter Zuhilfenahme des Kündigungsschutzgesetzes um jeden einzelnen bedrohten Arbeitsplatz“, ergänzte Hartmut Meine. Die Erfahrung zeige, so Hartmut Meine weiter, mit einer Lockerung der Schutzrechte steigt die Arbeitslosigkeit. Im Übrigen werden Arbeitnehmer durch den vorgeschlagenen gleitenden Schwellenwert für den Kündigungsschutz unterschiedlich

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behandelt. Das stehe nach Einschätzung der IG Metall im Widerspruch zum verfas-sungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Zudem nimmt die Rechtssicherheit für den einzelnen Beschäftigten ab, der im Zweifel nicht mehr selbst feststellen könne, ob er dem uneingeschränkten Kündigungsschutz unterliege oder nicht. Nicht zuletzt käme mit der Gesetzesänderung erheblicher bürokra-tischer Mehraufwand auf Kleinbetriebe zu. „Es ist schon verwunderlich, dass ausge-rechnet diejenigen, die dem Bürokratieabbau das Wortreden, Vorschläge machen, die das genaue Gegenteil bewirken.“, sagte Hartmut Meine.

Beispiel 13: Pressemitteilung der IG Metall Bezirksleitung Hannover für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt vom 7.2.2003.

6.3.1.5 Europäische Union Für viele niedersächsische Landesverbände scheint die Europäische Union ein

nicht besonders entscheidender Akteur zu sein. Lediglich in 1,37% der unter-

suchten Texte bildet die EU den angesprochenen Akteur. Natürlich gibt es Poli-

tikfelder, in denen die EU über besonders starke Kompetenzen verfügt. Dazu

gehören sicherlich die Wirtschaftspolitik, speziell der Bereich Landwirtschaft.

Daher kommuniziert der Landesbauernverband noch etwas häufiger Pressemit-

teilungen, in denen die Europäische Union direkt angesprochen wird (Beispiele

14 und 15).

Junge Landwirte kritisieren EU-Reformvorschläge

L P D - Bei der Gestaltung der Agrarpolitik mitzureden und im Interesse der Hofnachfol-ger aktiv mitzugestalten - Diesen Anspruch hat die Landesarbeitsgemeinschaft Junger Landwirte (LAG) jetzt beim Junglandwirtetag 2003 in Munster untermauert. Erheblichen Nachbesserungsbedarf sahen die jungen Landwirte beispielsweise bei den kürzlich vorgestellten Vorschlägen zur Reform der EU-Agrarpolitik von Agrarkommissar Dr. Franz Fischler, bei denen sie für einige Produktionszweige erhebliche Einschnitte be-fürchten. "Die EU-Kommission muss gewährleisten, dass Prämien den wirtschaftenden Betrieben zur Verfügung stehen", forderte die LAG eindringlich. Daneben befürchten die jungen Landwirte ein weitere Aufblähen der Bürokratie und mehr Wettbewerbsverzer-rungen unter den EU-Ländern. Sie fordern daher künftig eine Verringerung der Vor-schriften, die im Gegenzug aber für die gesamte EU einheitlich Verwendung finden soll-ten. Außerdem appellierte die LAG, das bereits bei der Agenda 2000 gegebene Ver-sprechen der Planungssicherheit einzulösen und deren Beschlüsse bis zum vorgese-henen Ende 2006 gelten zu lassen. Zur LAG haben sich in Niedersachsen regional täti-ge Arbeitskreise junger oder Arbeitskreise interessierter Landwirte zusammengeschlos-sen, in denen mehr als 2500 Betriebsleiter und ausgebildete Hofnachfolger ehrenamt-lich mitarbeiten. Die 1988 gegründete Organisation versteht sich als Nachwuchsorgani-sation im Landvolk Niedersachsen und will die Interessen junger Betriebsleiter vertreten sowie den Nachwuchs im Berufsstand und der Politik fördern.

Beispiel 14: Pressemitteilung des Landvolkes – Landesbauernverband Niedersachsen e.V. vom 19.3.2003.

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25.000 Euro weniger in der Kasse

L P D - Torsten Knop, Milcherzeuger aus Oerel bei Bremervörde, sieht schwarz. Ihm fehlen in diesem Jahr 25.000 Euro an Einnahmen. Schuld daran ist der Verfall der Milchpreise seit 2001 um 4,5 Cent pro kg. Deshalb hat auch er am Milchmarsch des Landvolkes Niedersachsen nach Bremervörde teilgenommen und gegen den Preis-kampf der Discounter auf dem Rücken der Bauern demonstriert. Denn die macht er zum großen Teil verantwortlich für die Misere. Die großen Handelsketten setzen beim Einkauf die Molkereien unter Druck und trotzen ihnen Preiszugeständnisse ab, und die Molkereien können nicht anders, als diesen Druck in Form niedrigerer Erzeugerpreise an das letzte Glied in der Kette, die Bauern, weiterzugeben.

Obwohl der 32-jährige Landwirt mit seinen Betriebsergebnissen bisher immer zu den Besten seiner Branche gehörte, wird auch für ihn die Luft jetzt dünn, doch das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Wenn sich EU-Agrarkommissar Franz Fischler mit seinen Plänen zur Agrarreform durchsetzt, dürfte ein weiteres Minus von gut drei Cent die Folge sein. Schon um den aktuellen Preisrückgang aufzufangen, müsste Knop sei-ne Milcherzeugung verdoppeln. Nach der Agrarreform ist eine rentable Milchproduktion überhaupt nicht mehr möglich, fürchtet er. Im Wirtschaftsjahr 2001/2002 konnte er für seine Milch durchschnittlich 34,7 Cent pro kg erlösen. Nach Abzug aller Kosten blieben ihm 7,7 Cent pro kg an Gewinn. Das summierte sich auf 48.500 Euro für den Betrieb. Für das laufende Wirtschaftsjahr schätzt er den Gewinn aufgrund des rückläufigen Er-zeugerpreise sowie steigender Kosten vor allem im Energiebereich mit 23.000 Euro nur noch knapp halb so hoch. Damit hat er soviel Einbußen am Gewinn, wie mancher Ar-beitnehmer insgesamt jährlich netto zur Verfügung hat - nur mit dem Unterschied, dass Knop vom verbleibenden Rest auch noch Investitionen tätigen und Schulden tilgen muss. Bei einem Milchpreis von derzeit nur noch 30,2 Cent verbleiben ihm nach Abzug der Kosten gerade noch 3,7 Cent pro kg.

Fischlers Vorschläge würden den Überschuss auf nur noch zwei Cent senken, der Ge-winn würde damit auf 12.600 Euro noch einmal halbiert. In den vergangenen Jahren hatte Knop seinen Viehbestand auf 80 Kühe aufgestockt und dabei kräftig investiert, im Durchschnitt 50.000 Euro pro Jahr. Damit ist nun erst einmal Schluss. Alle weiteren In-vestitionspläne hat Knop vorerst auf Eis gelegt, weil das Geld dazu fehlt. So wie er müssen auch seine Berufskollegen handeln: Dem ländlichen Handwerk werden in den nächsten Jahren viele Aufträge fehlen!

Beispiel 15: Pressemitteilung des Landvolkes – Landesbauernverband Niedersachsen e.V. vom 2.4.2003.

6.3.1.6 Gemeinsame Pressemitteilung

Als bemerkenswerter Sonderfall gilt schließlich noch die folgende Pressemittei-

lung (Beispiel 16). Hier haben sich Interessen aus Gewerkschaft, Kirchen und

Sport zusammengeschlossen, um ihre Kritik an längeren Ladenöffnungszeiten

über die Medien zu verbreiten. Jede Organisation hat ihre speziellen Einwände,

doch bildet das gemeinsame obere Ziel eine Art Dach, unter dem sich alle wie-

der finden können:

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Gemeinsame Erklärung zur längeren Ladenöffnung an S amstagen

Gemeinsame Erklärung zu längeren Ladenöffnungszeiten an Samstagen von: Dienst-leistungsgewerkschaft ver.di Niedersachsen-Bremen, Konföderation Evangelischer Kir-chen in Niedersachsen, Katholisches Büro Niedersachsen, Landessportbund Nieder-sachsen e. V.

In den vergangenen Jahren haben wir uns schon mehrfach gemeinsam zu Wort gemel-det wenn es darum ging, die arbeitsfreie Zeit, insbesondere an Wochenenden, zu schützen. Wir haben aufgezeigt, dass eine Ausweitung von Ladenöffnungszeiten sozialversiche-rungspflichtige Arbeitsplätze abbaut, dass insbesondere Klein- und Mittelbetriebe des Einzelhandels auf die Verliererstraße geraten, Profiteure der so genannten Liberalisie-rung des Ladenschlusses sind die Zentren der Großstädte und die Einkaufsstätten auf der grünen Wiese. Längere Ladenöffnungszeiten flexibilisieren die individuelle Arbeitszeit und vermindern damit die Planbarkeit der arbeitsfreien Zeit. Über 70 % der Einzelhandelsbeschäftigten sind Frauen. Sie werden durch eine Ausweitung der Öffnungszeiten besonders belastet. Oft in der Doppelbeanspruchung von Familie und Beruf stehend, zahlen sie mit dem Abbau ihrer Lebensqualität für die Bequemlichkeit anderer. Die beabsichtigte Verlängerung der Öffnungszeiten auf 20.00 Uhr an Samstagen und die Möglichkeit, an vier Sonntagen im Jahr zu öffnen, nimmt unserer Zeit ein weiteres Regulativ. Dabei bedienen sich die Öffnungsverfechter des Arguments, dass die zu-nehmende Individualisierung unserer Gesellschaft nicht vor den Ladentüren haltmachen könne. Solch eine Argumentation vergisst, dass in unserer Gesellschaft über eine Million Men-schen ehrenamtlich in sozialen, kirchlichen, sportlichen und anderen Vereinen und Ver-bänden tätig sind. Dafür ist verlässliche gemeinsame freie Zeit unverzichtbar. Die Menschen brauchen das Wochenende als etwas Gemeinsames. Es geht um sozia-le Kontakte und kulturelle Aktivitäten. Die Kirchen, die Gewerkschaften, der Breitensport und die Vereinsarbeit üben eine wichtige integrative Funktion für unsere Gesellschaft aus. Wir wissen, dass es eine Vielzahl von Menschen gibt, die sonntags, samstags und in der Nacht arbeiten müssen. Wir anerkennen ihre besondere Leistung. Allerdings gibt es keinen Grund, weitere Menschen ohne Not in ungünstige Arbeitszeiten zu drängen. Die Samstagsöffnung bis 20.00 Uhr bringt so gut wie keine ökonomischen Vorteile, wohl aber erhebliche soziale Einschnitte und Folgekosten. Sie erhöht den Druck, auch am Sonntag die Läden zu öffnen. Das gemeinsame Wochenende ist für uns ein schützenswertes Gut. Für seine Beibe-haltung treten wir gemeinsam ein.

Beispiel 16: Pressemitteilung des ver.di-Landesbezirkes Niedersachsen-Bremen vom 17.3.2003.

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6.3.2 Politikfelder

Neben den angesprochenen Akteuren sind bei der Inhaltsanalyse der Presse-

mitteilungen auch die jeweils kommunizierten Politikfelder erfasst worden. Die

zentralen Handlungsfelder niedersächsischer Landesverbände werden hier an-

hand von empirischen Beispielen etwas näher dokumentiert.

Das Politikfeld Wirtschaft und Arbeit wird eindeutig von tarifpolitischen Themen

dominiert. Die Tarifparteien, also Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände,

kommunizieren ihre jeweiligen, meist gegensätzlichen Positionen. Lohnfestset-

zung, Kündigungsschutz und Arbeitszeiten bilden hier die Schwerpunkte (Bei-

spiel 17).

Tarifverhandlung für metallverarbeitendes Handwerk Niedersachsen und Bremen ergebnislos abgebrochen Hannover. - In der zweiten Runde sind die Tarifverhandlungen für die rund 20.000 Be-schäftigten des Metallhandwerks in Niedersachsen und Bremen gestern ergebnislos abgebrochen worden. Die Arbeitgeber legten ein Angebot vor, das noch unter dem der ersten Verhandlungs-runde vom 16. Januar lag. IG Metall Verhandlungsführer Lothar Ewald bezeichnete das Verhalten der Arbeitgeber als Provokation. Lothar Ewald sagte: „Die Arbeitgeber im Metallhandwerk steuern damit auf einen handfesten Konflikt zu.“ Das Angebot der Arbeitgeber bedeutet nach Angaben der IG Metall eine Anhebung der Einkommen von deutlich weniger als zwei Prozent. Damit liegt das Angebot weit unter den Tarifabschlüssen im Metallhandwerk in anderen Bundesländern. „Mit ihrem Angebot wollen die Arbeitgeber die Beschäftigten im Metallhandwerk zu Ar-beitnehmern zweiter Klasse machen“, so Lothar Ewald.

Beispiel 17: Pressemitteilung der IG Metall Bezirksleitung Hannover für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt vom 7.3.2003.

Geht es um die Lohn- und Arbeitsbedingungen von Beamten und Angestellten

im öffentlichen Dienst, werden von den Gewerkschaften vermehrt auch Forde-

rungen gegenüber dem Land Niedersachsen als Arbeitgeber formuliert (Beispiel

18).

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ver.di fordert Landesregierung auf, in der Tarifgem einschaft der Länder zu blei-ben

Mit Erstaunen und Unverständnis hat die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zur Kennt-nis genommen, dass das Niedersächsische Kabinett sich eine Option für den Austritt aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder offen halte.

In einem Brief an Ministerpräsidenten Christian Wulff fordert ver.di-Landesleiter Wolf-gang Denia: "Im Interesse Ihrer Glaubwürdigkeit und des Verhältnisses zu ver.di fordern wir Sie auf, umgehend klarzustellen, dass das Land Niedersachsen Mitglied der Tarif-gemeinschaft deutscher Länder bleiben wird." Wulff hatte noch auf der ver.di-Landeskonferenz in Bremen am 29. März Überlegungen Bayerns und Baden-Württembergs zum Verlassen der Tarifgemeinschaft für das Land Niedersachsen unter dem Applaus der Delegierten für nicht sinnvoll gehalten. Denia machte deutlich, dass das Abweichen von einem Flächentarifvertrag immer zu "Häu-serkämpfen" führen werde. Ständige räumlich begrenzte Tarifauseinandersetzungen auch im öffentlichen Dienst wären die Folge. "Damit werden nicht nur unterschiedliche Bedingungen für Arbeitnehmer in gleichen Handlungs- und Tätigkeitsfeldern geschaffen, der Aufwand für Tarifauseinandersetzun-gen wird ebenfalls steigen", so Denia. ver.di werde sich allen Bestrebungen widerset-zen, das Tarifniveau für die Beschäftigten des Landes Niedersachsen ab 2005 abzu-senken. Bis dahin gelte ohnehin der laufende Tarifvertrag. Denia verwies auf die Gefahr, dass eine Zersplitterung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst und eine Absenkung des Tarifniveaus für die Beschäftigten zu massiven Wett-bewerbsnachteilen des öffentlichen Dienstes in Niedersachsen führen und erhebliche Einschränkungen der Mobilität bedeuten würden. Beispiel 18: Pressemitteilung des ver.di-Landesbezirkes Niedersachsen-Bremen vom 30.4.2003.

Pläne der Landesregierung, Kürzungen von Sozialleistungen durchzuführen,

war für Organisationen des Politikfeldes Soziales und Gesundheit häufig Anlass

zur Veröffentlichung (Beispiel 19).

SoVD Niedersachsen kritisiert geplante Kürzungen im Sozialhaushalt Landesvorsitzender Bauer kündigt "heftigen Widersta nd" an Die heute bekannt gewordenen geplanten Kürzungen im Sozialhaushalt 2004 des Lan-des Niedersachsen hat der Vorsitzende des Sozialverbands Niedersachsen, Adolf Bau-er, heftig kritisiert. "Wir nehmen nicht hin, dass hinter verschlossenen Türen Sparpläne ausgeheckt werden, die den Wahlversprechen und Ankündigungen der Landesregie-rung in vielen Punkten entgegen stehen", sagte der Vorsitzende des größten Sozialver-bandes (230 000 Mitglieder) in einer ersten Reaktion auf die Aussage des Sozialminis-teriums, 156 Millionen Euro im kommenden Jahr einzusparen. Nach Angaben des Ministeriums kämen, so Bauer, auch die Behindertenhilfe, das Wohngeld für Menschen mit Behinderungen und das Landesblindengeld auf den Prüf-stand. "Wir erwarten, dass über diese Bereiche im Detail mit dem Sozialverband ge-sprochen wird", bekräftigte Bauer. Gegen die Kürzungen kündigte der Landesvorsitzen-de "heftigen Widerstand" an. Beispiel 19: Pressemitteilung des Sozialverbandes Deutschland e.V. Landesverband Niedersachsen vom 13.6.2003.

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

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Auffällig bleibt die verbreitete Beschränkung auf den eigenen Aktionsbereich.

Gerade die landes- bzw. regionalspezifischen Vorgänge und Probleme werden

verstärkt aufgegriffen. Beispiel 20 zeigt eine thematische Verknüpfung der Poli-

tikfelder Umwelt und Verkehr.

NABU kritisiert Niedersachsen-Erklärung bei Nordsee kommission Helm: „Wer Strassen sät, wird Verkehr ernten“ Die Nordseekommission, ein Kooperationsverbund von derzeit 67 Regionen aus acht Nordseeanrainerstaaten veranstaltete ihre Jahresversammlung bis heute in Cuxhaven. Der Naturschutzbund NABU Niedersachsen kritisierte die niedersächsische Erklärung zur ‚Gemeinsamen Strategie für eine nachhaltige Entwicklung‘ von gestern auf der Jah-resversammlung. Die Niedersächsische Landesregierung hatte darin den Bau des We-sertunnels als wichtigste Infrastrukturmaßnahme in Niedersachsen bezeichnet, die Küs-tenautobahn BAB A 22 im Bundesverkehrswegeplan sowie die Nordwestumfahrung Hamburgs und die feste Elbquerung als Bestandteile ‚für ein neues wirtschaftliches Ni-veau‘ im Elbe-Weser-Dreieck bezeichnet. „Eine gute landseitige Anbindung von Häfen an das regionale und überregionale Ver-kehrsnetz allein mit dem Bau von Autobahnen sicherstellen zu wollen, ist völlig unzurei-chend und inakzeptabel. Wer Strassen baut, wird Verkehr ernten. Vielmehr ist ein integriertes, ökologisch orientiertes, Gesamt-Verkehrskonzept für Nord-deutschland vorzulegen. Dies muss sich an dem Beschluss der gemeinsamen Konfe-renz der für Verkehr, Umwelt und Raumordnung zuständigen Minister und Senatoren von Bund und Ländern vom Februar 1992 in Nettetal orientieren. Bereits wurde festge-legt, dass die Rolle Deutschlands als Transitland Nr. 1 in Europa sowohl in Nord-Süd als auch in Ost-West-Richtung erhebliche finanzielle und ökologische Belastungen mit sich bringt. Zugleich bietet dies aber auch Chancen für die beispielhafte Schaffung ei-nes ökologisch orientierten Verkehrssystems mit Investitionsschwerpunkt Schiene, so lautete damalige Beschluss“, erklärte Hans-Jörg Helm, erster Stellvertretender NABU Landesvorsitzender, heute in Bremervörde. Beispiel 20: Pressemitteilung des Naturschutzbundes Deutschland Landesverband Nie-dersachsen e.V. vom 20.6.2003.

Auf dem Politikfeld Bildung/Wissenschaft/Kultur bildet die Schul- und Hoch-

schulpolitik mit den Teilbereichen Einsparungen, Reformen und Bildungsstan-

dards eindeutig den Schwerpunkt (Beispiel 21).

Verteilung auf weiterführende Schulen künftig ein L otteriespiel? GEW: Mit diesem Schulgesetz ist die richtige Schule für jede/n nicht zu machen!

„Man kann mehr Durchlässigkeit zwischen den Schulformen nicht dadurch erreichen, dass man sie praktisch abschafft. Während erfolgreiche Länder ihre Kinder so früh wie möglich fördern und so spät wie nötig auf verschiedene Bildungsgänge verteilen, sollen die Weichen in Niedersachsen künftig in die entgegen gesetzte Richtung gestellt wer-den.“ Mit diesen Worten kommentierte GEW-Landesvorsitzender Torsten Post den zur Anhörung anstehenden Schulgesetzentwurf von CDU und FDP.

Seriöse Schulforscher hätten immer wieder festgestellt, dass das Potenzial für das gan-ze weitere Lernen in der 4. Klasse nicht gemessen werden könne. Jede Schullaufbahn-

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

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empfehlung zu diesem frühen Zeitpunkt habe daher etwas von einem Lotteriespiel. In Niedersachsen werde aus ideologischen Gründen an einem überholten statischen Be-gabungsverständnis festgehalten und verstärkt auf schulisches Sortieren gesetzt. Alle pädagogischen Untersuchungen der letzten Zeit wie PISA oder IGLU hätten aber nach-gewiesen, dass schulische Selektion weder Lernstärkeren noch Lernschwächeren wirk-lich nütze und vor allem die Wirkungen sozialer Unterschiede und Benachteiligungen verstärke. Wer mehr Kooperation und Integration verbiete, betreibe keine Reform, son-dern bildungspolitischen Rückschritt, der Niedersachsen auch international noch stärker isoliere.

„Es fällt auch schwer eine liberale Handschrift in dem Gesetzentwurf zu erkennen. Der freie Elternwille ist faktisch nach Klasse 5 nicht mehr vorgesehen. Der Wunsch nach zusätzlichen Gesamtschulen wird einfach ignoriert, obwohl allein in diesem Schuljahr die Hälfte aller an Integrierten Gesamtschulen angemeldeten Kinder wegen fehlender Plätze nicht aufgenommen werden konnten. Die bestehenden Gesamtschulen sollen, geht es nach CDU und FDP, nur noch mehr oder weniger geduldet werden. Dies kann nicht das letzte Wort niedersächsischer Schulpolitik sein.“ stellte Post abschließend fest.

Beispiel 21: Pressemitteilung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Landes-verband Niedersachsen vom 7.5.2003.

Das Politikfeld Wirtschaft und Arbeit wird in den untersuchten Informationen am

häufigsten, in über 55 Prozent aller Fälle, kommuniziert. Da auch der Großteil

der Landesverbände in diesem Bereich tätig ist, scheint die Dominanz nicht zu

überraschen. Danach lassen sich drei weitere Schwerpunkte landesverbandli-

cher Kommunikation ausmachen. Es handelt sich dabei um die Felder Sozial-

politik, Umweltpolitik sowie den Bereich Bildung/Wissenschaft/Kultur. Dies sind

alles Bereiche, in denen die Bundesländer auch noch über weit reichende auto-

nome Gesetzgebungskompetenzen verfügen.

Politikfeld Absoluter Wert

(N=503)

Relativer Wert in %

Wirtschaft und Arbeit 279 55,47

Soziales und Gesundheit 69 13,72

Umwelt 38 7,55

Bildung/Wissenschaft/Kultur 36 7,16

Verkehr 25 4,97

Inneres/Sicherheit 9 1,79

Auswärtige Angelegenheiten 8 1,59

Sonstiges 39 7,75

Tab. 9: Besetzung von Politikfeldern durch Landesverbände.

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Kommunikation niedersächsischer Landesverbände

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Das Politikfeld Auswärtige Angelegenheiten, eine typische Domäne der Bun-

desebene, wird von Landesverbänden hingegen nur in wenigen Fällen themati-

siert. Dass dieses Politikfeld an dieser Stelle überhaupt noch eigenständig aus-

gewiesen ist, liegt hauptsächlich am Ausbruch des Irak-Krieges im ersten Halb-

jahr 2003. Einige Landesorganisationen haben dieses Ereignis zum Anlass ge-

nommen, außen- und weltpolitische Vorgänge zu kommentieren.

Die empirische Untersuchung der Arbeit niedersächsischer Landesverbände

findet hier ihren Abschluss. Angesprochene Akteure sowie primäre Handlungs-

felder sind analysiert worden. Im nächsten Kapitel folgt eine Zusammenfassung

der Ergebnisse dieser Arbeit.

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Fazit und Ausblick

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7. Fazit und Ausblick

Föderalismus und Verbändesystem: Eine enge Verknüpfung

Der föderale Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland ermöglicht die wis-

senschaftliche Untersuchung verschiedner Ebenen. Neben den Bund als natio-

nale Ebene treten die Bundesländer als subnationale Ebene. Der Zusammen-

hang zwischen politisch-administrativen Strukturen und der Organisation des

Verbändesystems ist gerade im Föderalismus von besonderem Interesse. Es

scheint, als ob sich Verbände in einem Bundsstaat entsprechend der föderati-

ven Staatstruktur organisieren, also eine gegenseitige Entsprechung von Ver-

bändesystem und föderalistischem Staatsaufbau existiert. Dies wird in der Exis-

tenz von Landesverbänden sichtbar, die neben den Bundesorganisationen oder

unter deren Dach tätig sind. Die Hypothese, nach der die Organisationsstruktur

von Interessengruppen dazu tendiert, sich der institutionellen Struktur des Staa-

tes anzupassen, ist bereits mehrfach formuliert worden. Doch ist diese „instituti-

onelle Isomorphie“ auch empirisch nachweisbar? Welche Auswirkungen erge-

ben sich daraus für die Arbeit von Verbänden auf der Landesebene?

Antworten auf diese Fragen liefert die hier durchgeführte Inhaltsanalyse von

Pressemitteilungen niedersächsischer Landesverbände. Die empirischen Er-

gebnisse dieser Arbeit zeigen, dass der föderalistische Staatsaufbau der Bun-

desrepublik Deutschland nicht nur die Strukturen von Verbänden – indem sie

sich in Bundes- und Landesverbände aufgliedern – beeinflusst, sondern auch

weit reichende Konsequenzen für die operativen Tätigkeiten hat. Besonders

deutlich wird dieser Zusammenhang bei der Analyse von zentralen Ansprech-

partnern von Landesverbänden. Unter den politischen Akteuren nehmen hier

Landesregierung und Landesministerien eine herausgehobene Stellung ein.

Andere Ebenen wie die Bundesebene oder die Ebene der Europäischen Union

spielen für Verbände auf dieser Organisationsstufe eine eher untergeordnete

Rolle. Es ist davon auszugehen, dass im bundesdeutschen Föderalismus Bun-

desverbände primär die Bundesebene und Landesverbände primär die Lan-

desebene bearbeiten. Landesverbände bilden dem föderalen Aufbau entspre-

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Fazit und Ausblick

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chend Mittelinstanzen mit einem relativ eindeutig definierten Handlungsspiel-

raum.

Die Exekutive ist, so hat es die Inhaltsanalyse von landesverbandlichen Pres-

semitteilungen gezeigt, primärer Ansprechpartner. Dies liegt wesentlich im Zu-

stand des bundesdeutschen Föderalismus begründet, der die Möglichkeiten der

Länderlegislativen deutlich einschränkt. Zu beobachten ist darüber hinaus, dass

Landesverbände auch direkt Druck auf die Landesregierung ausüben, um ihre

Ziele im Bundesrat verwirklicht zu wissen (vgl. Kap. 6.3.1.3). Der Bundesrat als

zweite legislative Kammer im politischen System der Bundesrepublik sichert

den Ländern die Beteiligung an der Gesetzgebung auf Bundesebene. Direkt

sind hier die Länderexekutiven an den Entscheidungen des Bundes beteiligt. Es

ist wahrscheinlich, dass Bundesverbände ihre angeschlossenen Landesver-

bände, die in direkterem Kontakt zu den Landesregierungen stehen, als Mög-

lichkeiten zur Einflussnahme nutzen. Eine Interessenorganisation kann dem-

nach, eine straffe interne Struktur vorausgesetzt, auf verschiedenen Ebenen

gleichzeitig auf identische Ziele hinwirken (Abb. 10). Auch an dieser Stelle zeigt

sich wieder, wie deutlich der föderalistische Staatsaufbau und die damit ver-

bundenen Verfassungsstrukturen die Arbeit von Verbänden bestimmen.

Abb. 10: Einflusskanäle von Bundes- und Landesverbänden.

Die mit dem Föderalismus verbundene Kompetenzverteilung in der Gesetzge-

bung zwischen Bund und Ländern hat dazu noch Auswirkungen auf die inhaltli-

che Arbeit von Landesverbänden. Ihre wichtigsten Handlungsfelder werden

Bundesverband Landesverband Koordination

Einfluss Einfluss

Bundes- regierung

Bundes- tag

Bundes- rat

Landes- regierung

Land- tag

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Fazit und Ausblick

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durch die föderale Ordnung vorgegeben. So sind Landesorganisationen über-

wiegend auf Politikfeldern tätig, auf denen die Bundesländer noch über gewisse

autonome Gestaltungsmöglichkeiten verfügen. Genauer betrachtet sind dies die

Bereiche Wirtschaft und Arbeit, Soziales, Umwelt sowie Kultur, Bildung und

Wissenschaft. Das Verbändesystem, genauer die innerhalb dieses Systems auf

den verschiedenen Ebenen handelnden Akteure, passt sich also der Verfas-

sungswirklichkeit des politischen Systems an.

Verbände in Niedersachsen: „Hauptstadteffekt“ und Schwerpunkt „Wirtschaft

und Arbeit“

Im Untersuchungsraum Niedersachsen konnten insgesamt 522 Organisationen

ausgemacht werden, die der zugrunde liegenden Definition eines Landesver-

bandes entsprachen. Es liegt nun erstmals eine Geographie der Verbände für

Niedersachsen vor. Dabei beschränkt sich die Untersuchung nicht auf ein ein-

zelnes Politikfeld, sondern berücksichtigt das gesamte Spektrum des Verbän-

desystems. Die empirische Erfassung der niedersächsischen Landesverbände

konnte zum Erkenntnisfortschritt über die Arbeit dieser Organisationen beitra-

gen. Es kann festgehalten werden, dass sich die organisierten Interessen ihre

Regionen, für die sie sich als zuständig betrachten, selber schaffen können.

Verbände sind nicht gezwungen, sich an politischen Landesgrenzen zu orientie-

ren, sondern können ihr Wirkungsgebiet, natürlich in Abstimmung mit ihren

Nachbarn, relativ frei bestimmen. Wie bereits erwähnt, ist zwar eine gewisse

Korrelation zwischen föderalistischem Staatsaufbau und Struktur des deutschen

Verbändesystems erkennbar, doch lässt sich daraus keinesfalls der Schluss

ziehen, dass für jedes deutsche Bundesland genau ein Landesverband zustän-

dig ist. Im Gegenteil, in zahlreichen Fällen ist eine länderübergreifende Organi-

sation zu beobachten. Mehrere Bundesländer fallen dann in den Zuständig-

keitsbereich einer Regionalorganisation. Im Falle Niedersachsens besteht häu-

figer eine Verbindung zum Stadtstaat Bremen. Auch was die Binnenuntergliede-

rung angeht, lassen sich keine allgemeingültigen Strukturen erkennen. Ein Lan-

desverband kann also die einzige Organisationsstufe bilden, aber auch wieder-

um in untere Einheiten aufgegliedert sein. Auf der Landesebene ist ein eindeu-

tiger „Hauptstadteffekt“ zu erkennen. Die Landeshauptstadt Hannover hat sich

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Fazit und Ausblick

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als das „Verbändezentrum“ Niedersachsens erwiesen. Mehr als die Hälfte der

ermittelten Organisationen haben in der Landeshauptstadt ihren Sitz. Grund

dieser Orientierung des Verbändesystems an der Verwaltungsstruktur ist die

notwendige räumliche Nähe zu den politischen und administrativen Entschei-

dungsträgern wie Landesregierung und Landesministerien. Auch in drei der vier

Hauptstädten der ehemaligen Regierungsbezirke ist eine erhöhte Verbands-

dichte messbar.

Der weitaus größte Teil der niedersächsischen Landesorganisationen (298 Ver-

bände, Anteil von 57,1%) ist dem Bereich Wirtschaft und Arbeit zuzurechnen.

Hier sind Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Berufs- und Verbraucherver-

bände zu finden. Dieser Bereich hat einen traditionell hohen Anteil an der Ge-

samtheit der Interessengruppen. Die Wohlfahrts-, Sozialanspruchs-, Familien-

und Seniorenverbände sind im Sektor Soziales Leben und Gesundheit zusam-

mengefasst. Hier waren immerhin noch 95 Landesorganisationen (18,2%) zu

finden. Mit einem Anteil von 14,2% folgen die 74 Organisationen, die dem Be-

reich Freizeit und Erholung zugeordnet werden können. Ein Großteil entfällt hier

auf Sport-, Kleingärtner- und Naturnutzerverbände, aber auch Verbände für

Heimatpflege, Brauchtum und Geschichte. Den gesellschaftspolitischen Quer-

schnittsbereich (26, 5,0%) bilden hauptsächlich Organisationen, die von ihrer

historischen Entwicklung her als Neue Soziale Bewegungen eingestuft werden.

Es handelt sich hier um Umwelt- und Naturschutzverbände sowie Interessen-

gruppen, die für Menschenrechte oder Frieden eintreten. Organisationen aus

dem Bildungs- und Kunstbereich sind schließlich im letzten Sektor Kultur, Bil-

dung und Wissenschaft vertreten, der einen Anteil von 5,5% (29) aufweist.

Verbändekommunikation: Eine vernachlässigte Managementfunktion

Eine zentrale Aufgabe von Verbänden ist die Interessenartikulation. Die gebün-

delten Interessen gilt es auszudrücken und als Forderungen anzumelden, um

sie durchsetzen zu können. Bei diesem Prozess wird auf Öffentlichkeitsarbeit

oder Public Relations als Tätigkeitsfeld zurückgegriffen. Öffentlichkeitsarbeit ist

heute als legitimes Mittel der Interessendurchsetzung anerkannt und hat die

bestehende Skepsis früherer Jahre weitgehend hinter sich gelassen. Eine Or-

ganisation hat allein aufgrund ihrer Existenz bereits Beziehungen zu ihrer Um-

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Fazit und Ausblick

168

Spender (Financial Relations)

Medien (Media

Relations)

Mitarbeiter (Internal

Relations)

Mitglieder (Member Relations)

Staat / Politik

(Political Relations)

Verband (Public Relations)

welt und den dort angesiedelten Teilöffentlichkeiten oder Bezugsgruppen. Diese

Beziehungen gilt es nun in einem Managementprozess zu gestalten. Auch Ver-

bände sind Organisationen, denen sämtliche zeitgemäße Möglichkeiten zur

Verfügung stehen, diese Beziehungen aktiv zu gestalten. Die Glaubwürdigkeit

von Verbänden als NPO, gerade von Drittleistungsorganisationen, wird als sehr

hoch eingeschätzt. Doch werden die Möglichkeiten, besonders in konzeptionell-

strategischer Hinsicht, allerdings oftmals aufgrund spezifischer Bedingungen

des Nonprofit-Sektors nicht optimal ausgenutzt. Vor allem begrenzte finanzielle

und personelle Ressourcen hemmen an vielen Stellen die PR-Arbeit von Ver-

bänden. Aber auch verkrustete interne Strukturen und ein fehlendes Bewusst-

sein zur Darstellung nach außen wirken sich als problematisch aus. Daraus re-

sultiert eine eher zurückhaltende Bewertung verbandlicher PR in der For-

schung.

Abb. 11: Bezugsgruppen der Public Relations von Verbänden.

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Fazit und Ausblick

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Fünf wichtige Bezugsgruppen von Verbänden und ihrer Kommunikation haben

sich herausgebildet (Abb. 11). Zunächst sind es die Vertreter des politischen

und administrativen Systems. Aus Sicht der Public Relations kann die Kommu-

nikation mit dieser Bezugsgruppe mit dem Begriff „Political Relations“ gekenn-

zeichnet werden. Neuere, umfassendere Ansätze sprechen von „Public Affairs“

als Weiterentwicklung des klassischen Lobbyings. Public Affairs erfüllt aus

kommunikativer Sicht eine übergeordnete Dachfunktion, die „Außenpolitik“ der

Organisation. Verschiedene Instrumente werden hier integriert. Unter anderem

wird auch Lobbying als ein solches Instrument unter dem Dach der Public Af-

fairs angesiedelt. Dann ist der Kontakt mit den eigenen Mitgliedern bzw. Mitar-

beitern und deren Information sowie Motivation für den Verband von existenziel-

ler Bedeutung. Darüber hinaus sind es die Massenmedien, die genutzt werden,

die eigenen Ziele einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die Medien

nehmen eine immer zentralere Stellung ein, da Informationen zunehmend über

Medien an die Menschen vermittelt werden und immer weniger über direkte

Erfahrungen. Es ist ein umfassender Wandlungsprozess zu beobachten, hin zu

einer vermehrt individualisierten Informationsgesellschaft, die von einer unüber-

blickbaren, medial vermittelten Masse von miteinander konkurrierenden Infor-

mationsangeboten geprägt ist. Die Präsenz und die Art der Darstellung in den

Medien haben großen Einfluss darauf, ob Organisationen und deren Ziele in der

Öffentlichkeit wahrgenommen werden, wie die Menschen über sie und ihre Ar-

beit denken und welche Akzeptanz ihnen entgegengebracht wird. Je nach

Handlungsfeld kommt auch noch den Spendern eine mehr oder weniger wichti-

ge Rolle zu. Eigene Publikationen und vor allem Pressearbeit sind als zentrale

Instrumente verbandlicher PR auszumachen.

Es gibt Ansätze, betriebswirtschaftliche Konzepte in den NPO-Sektor zu über-

tragen und somit einen höheren Grad an Professionalisierung zu erreichen. Be-

sonders im Bereich des Marketings gibt es Tendenzen, spezifische Problemlö-

sungen für NPO anzubieten. Auf den Gebieten Markenführung und Fundraising

ist die Entwicklung sicherlich am weitesten fortgeschritten. Als zentraler Faktor

wird in diesem Zusammenhang auch das Kommunikationsmanagement von

NPO bewertet.

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Fazit und Ausblick

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Diese Arbeit ist in einen bisher von der Forschung noch nicht erfassten Bereich

vorgedrungen. Erstmals lassen sich nun Erkenntnisse über das Management

von Landesverbänden gewinnen. Besonders das Internet als neues Kommuni-

kationsmedium ist näher untersucht worden. Zwar gibt es eine relativ breite

Präsenz der niedersächsischen Landesverbände im Internet, doch werden die

zur Verfügung stehenden Möglichkeiten alles andere als optimal und professio-

nell ausgenutzt. So wird Medienarbeit auf der eigenen Internetseite der ermittel-

ten Organisationen mit wenigen Ausnahmen deutlich vernachlässigt. Weniger

als 10% der untersuchten niedersächsischen Landesverbände verfügen über

einen Pressebereich im Internet, der regelmäßig gepflegt und aktualisiert wird.

Hier besteht noch großer Aufholbedarf auf einem Tätigkeitsfeld, das bei weite-

rer Verknappung von Ressourcen sicherlich noch an Bedeutung gewinnen wird.

Als weiterführende Hypothese lässt sich formulieren, dass der Grad eines pro-

fessionellen Verbandsmanagements, zu dem auch professionelle Kommunika-

tionsarbeit zählt, im Durchschnitt von Bundes-, über die Landes- bis hinunter

zur lokalen Ebene abnimmt. Natürlich hat dies auch mit der Abnahme verfügba-

rer Ressourcen und dem hohen Anteil an ehrenamtlicher Arbeit auf unteren

Verbandsebenen zu tun. Das freiwillige Engagement ist ein notwendiges und

wertvolles Element von Verbandsarbeit. Es kann jedoch in den meisten Fällen

die Möglichkeiten eines professionellen Managements nicht ersetzen.

Ausblick: Neue Möglichkeiten in verschiedenen Disziplinen

Es hat sich gezeigt, dass ein kommunikationswissenschaftlicher Forschungs-

gegenstand dazu beitragen kann, eine politikwissenschaftliche Fragestellung zu

untersuchen. Beide Disziplinen haben sich an dieser Schnittstelle ideal ergänzt.

Über die Kommunikationsaktivitäten der Landesverbände ließ sich ihre Arbeit

im Föderalismus näher beleuchten.

Gleichzeitig werden hier aber auch die Grenzen dieser Arbeit sichtbar. Die Ana-

lyse der Kommunikationsaktivitäten der Landesverbände war ausschließlich mit

der Fragestellung nach der Arbeit im Föderalismus verbunden. Die untersuch-

ten Pressemitteilungen wurden lediglich als methodischer Gegenstand zur Be-

antwortung dieser Frage herangezogen. Diese Arbeit ist ausdrücklich nicht als

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Fazit und Ausblick

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abschließende Bewertung der Öffentlichkeitsarbeit niedersächsischer Landes-

verbände zu sehen, sondern als erster Einblick in eine bisher unbeobachtete

Arena. Aussagen über den Gesamtzustand verbandlicher Kommunikation auf

der Landesebene werden sich erst nach zukünftiger empirischer Forschung

treffen lassen, die in umfassenderem Rahmen zu leisten ist. Dies ist primär

Aufgabe der Kommunikationswissenschaft, besonders ihrer Teildisziplin PR-

Wissenschaft, die sich der Kommunikation von Verbänden verstärkt widmen

sollte.

Aus politikwissenschaftlicher Sicht zeigen sich ebenfalls weitere Ansatzpunkte.

Sinnvoll wäre hier zukünftige Forschung im Bereich der Landesverbände mit

dem Ziel, die Verbändelandschaft weiterer Bundesländer transparenter zu ges-

talten. Auf dieser Grundlage ließen sich die Verbändesysteme der Bundeslän-

der vergleichend gegenüberstellen. Sicherlich wären so weitere Erkenntnisse –

besonders hinsichtlich der Herausarbeitung regionaler Unterschiede – zu ge-

winnen. Speziell die Frage, welche konkreten politischen, gesellschaftlichen

und ökonomischen Faktoren die regionale Verbandsarbeit beeinflussen, ist

noch weitgehend ungeklärt. Dabei sollte darauf geachtet werden, auch Organi-

sationen zu berücksichtigen, die nicht dem Sektor Wirtschaft und Arbeit ange-

hören. Dieser hat sicherlich bereits einen deutlichen Vorsprung vor anderen

Sektoren, bei denen gerade die regionale Ebene bisher eher unberücksichtigt

geblieben ist.

Die regionale Verbandsebene bleibt als Untersuchungsraum interessant, weil

sich in den hier angesiedelten Organisationen das eigentliche „Verbandsleben“

abspielt. Hier verfügt das einzelne Mitglied noch über Gestaltungsmöglichkei-

ten, die auf höheren Ebenen in dieser Form nicht mehr gegeben sind. Meist

sind dann ebenenüberspannende Dachorganisationen vorzufinden. Die binnen-

organisatorischen Verhältnisse sind jedoch noch weitgehend unbekannt, so

dass weitere Erkenntnisse bezüglich der Verbindungen zwischen nationalen

Dachorganisationen und regionalen Einheiten durchaus wertvoll wären. Auch

bleibt abzuwarten, ob Impulse von außen (Föderalismusreform) die Arbeit von

Landesverbänden im Föderalismus beeinflussen werden.

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Literatur und Quellen

172

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Literatur und Quellen

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Anhang

185

9. Anhang

Anhang A

Übersicht der 522 ermittelten niedersächsischen Landesverbände

A Advent Wohlfahrtswerk Landesstelle Bremen und Niedersachsen Aktionsgemeinschaft wirtschaftlicher Mittelstand Landesverband Niedersachsen Allgemeiner Deutscher Automobil Club ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club ADFC Landesverband Niedersachsen Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland Landesverband Niedersachsen Arbeiterwohlfahrt Landesarbeitsgemeinschaft Niedersachsen Arbeitgeberverband der Chemischen Industrie Niedersachsen Arbeitgeberverband der Zuckerfabriken Norddeutschlands Arbeitgeberverband Holzbearbeitung u. verwandter Wirtschaftszweige Nds./Bremen Arbeitgeberverband Keramik Nord Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Landesverband Niedersachsen Arbeitsgemeinschaft der Angehörigen psychisch Kranker in Niedersachsen und Bremen Arbeitsgemeinschaft der Niedersächsischen Kreishandwerkerschaften (ANKH) Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehinderten bei den obersten Landesbehörden Niedersachsen Arbeitsgemeinschaft der Toto/Lotto-Verkaufsstellen Niedersachsen Arbeitsgemeinschaft Deutscher Junggärtner Landesverband Nord Arbeitsgemeinschaft Migrantinnen / Migranten und Flüchtlinge in Niedersachsen Arbeitsgemeinschaft Niedersächsischer Naturparke Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des niedersächsischen Braugerstenanbaues Arbeitskreis für Schulmusik und allgemeine Musikpädagogik Geschäftsstelle Nds./Bremen Arbeitskreis Museumspädagogik Nord Arbeitskreis Musik in der Jugend Landesverband Niedersachsen Arbeitskreis Niedersächsischer Frauen- und Kinderschutzhäuser Arbeitskreis Staat und Gesellschaft Niedersachsen/Bremen/Sachsen-Anhalt Automaten-Verband Niedersachsen Automobilclub von Deutschland Landesgruppe Niedersachsen/Sachsen-Anhalt/Bremen

Autovermieter Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt B Bankenverband Niedersachsen Bauernverband der Vertriebenen Landesverband Niedersachsen Behinderten-Sportverband Niedersachsen Berufsverband der Allgemeinärzte Deutschlands (BDA) Landesverband Niedersachsen Berufsverband der Arzt-, Zahnarzt- und Tierarzthelferinnen Landesverband Niedersachsen Berufsverband der Ärzte für Kinderheilkunde u. Jugendmedizin Deutschlands Landesverb. Nds. Berufsverband der beamteten Tierärzte Landesverband Niedersachsen Berufsverband der Deutschen Chirurgen Landesverband Niedersachsen Berufsverband der Deutschen Urologen Landesverband Niedersachsen Berufsverband der Fachkosmetikerinnen Niedersachsen Berufsverband der Frauenärzte Landesverband Niedersachsen Berufsverband der Heilpädagogen Land Niedersachsen Berufsverband der Pharmaberater Deutschlands Landesverband Niedersachsen Berufsverband Deutscher Laborärzte Landesgruppe Niedersachsen Berufsverband Deutscher Psychologinnen u. Psychologen (BDP) Landesgeschäftsstelle Nds.

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Anhang

186

Berufsverband für Heilerziehungspflege u. -hilfe in Niedersachsen Billard-Landesverband Niedersachsen Bioland Landesverband Niedersachsen Blaues Kreuz in Deutschland Landesverband Niedersachsen Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen Brauereiverband von Niedersachsen/Sachsen-Anhalt Bund Bildender Künstler Niedersachsen Bund der Deutschen katholischen Jugend Landesstelle Niedersachsen Bund der Deutschen Zollbeamten, Gewerkschaft Zoll u. Finanzen, Bezirksverband Nds. Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau LV Nds./Berlin/Bremen Bund der Kriegsblinden Landesverband Niedersachsen/Sachsen-Anhalt/Bremen Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder Landesverband Niedersachsen Bund der Ruhestandsbeamten und Hinterbliebenen im Deutschen Beamtenbund LV Nds. Bund der Selbständigen Landesverband Niedersachsen/Bremen Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen Bund der Technischen Beamten Niedersachsen Bund der Vertriebenen Landesverband Niedersachsen Bund Deutscher Architekten in Niedersachsen Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure Landesverband Niedersachsen Bund Deutscher Finanzrichter Landesverband Niedersachsen Bund Deutscher Forstleute Landesverband Niedersachsen Bund Deutscher Grafik-Designer Landesgruppe Braunschweig/Niedersachsen Bund Deutscher Innenarchitekten BDIA Landesverband Niedersachsen-Bremen Bund Deutscher Kriegsopfer Landesverband Niedersachsen/Bremen Bund Deutscher Kriminalbeamter Landesverband Niedersachsen Bund Deutscher Landschaftsarchitekten Landesgruppe Niedersachsen/Bremen Bund Deutscher Pfadfinderinnen Landesverband Bremen/Niedersachsen Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen Landesverein Niedersachsen Bundesarbeitskreis der Seminar- und Fachleiter Landesgruppe Niedersachsen Bundesbankgewerkschaft Bremen/Niedersachsen/Sachsen-Anhalt Bundeskonferenz für Erziehungsberatung Landesarbeitsgemeinschaft Niedersachsen Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose Landesverband Niedersachsen Bundesverband Ambulanter Dienste Landesverband Niedersachsen Bundesverband der Agrargewerblichen Wirtschaft Landesgruppe Niedersachsen Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) Landesverband Niedersachsen Bundesverband der Friedrich-Bödecker-Kreise Landesverband Niedersachsen Bundesverband der Kehlkopflosen Landesverband Niedersachsen Bundesverband der Lehrer an beruflichen Schulen Landesverband Niedersachsen Bundesverband der Pneumologen Landesverband Niedersachsen/Bremen Bundesverband des Elektro-Großhandels Landesgruppe Niedersachsen Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen Landesgruppe Niedersachsen Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke Arbeitsgemeinschaft Nds./Sachsen-Anhalt Bundesverband Freiberuflicher Sicherheitsingenieure Landesgruppe Niedersachsen/Bremen Bundesverband für Rehabilitation und Interessenvertretung Behinderter LV Nds./Bremen/S.-A. Bundesverband landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen Landesverband Niedersachsen Bundesverband mittelständischer Wirtschaft Landesverband Niedersachsen/Bremen Bundesverband öff. bestellter, vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger LV Nds./Bremen Bundesverband Praktischer Tierärzte Landesverband Niedersachsen Bundesverband Polio Landesverband Niedersachsen Bundesverband priv. Träger d. freien Kinder-, Jugend- u. Sozialhilfe Reg-Verb Nds/NRW/Hessen Bundesverband WindEnergie Landesverband Niedersachsen Bundesvereinigung für innerbetriebliche Kommunikation Arbeitskreis Niedersachsen Bundesvereinigung Lebenshilfe Landesverband Niedersachsen

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Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND Landesverband Niedersachsen Bund gegen den Missbrauch der Tiere Landesverband Niedersachsen Bund Niedersächsischer Sozialrichter Bürgerhilfe Landesverband Niedersachsen C Chorverband Niedersachsen-Bremen Christliche Gewerkschaft Metall Landesverband Niedersachsen/Bremen Christlicher Gewerkschaftsbund Deutschlands Landesverband Niedersachsen Crohn/Colitis Vereinigung Landesverband Niedersachsen/Bremen D Deutsche Beamtenbund-Jugend Niedersachsen Deutsche Bibelgesellschaft Arbeitsgemeinschaft Nord-West Deutsche Burgenvereinigung Landesgruppe Niedersachsen Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegdienstgegnerinnen Landesverband Nds./Bremen Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke Landesgruppe Niedersachsen/Bremen Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik Landesgruppe Niedersachsen Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger Geschäftsstelle Niedersachsen Deutsche Hausfrauengewerkschaft Landesverband Niedersachsen Deutsche Jugendfeuerwehr Landesverband Niedersachsen Deutsche Jugend in Europa e.V. Landesverband Niedersachsen Deutsche Justiz-Gewerkschaft Landesverband Niedersachsen Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft DLRG Landesverband Niedersachsen Deutsche MS-Gesellschaft Landesverband Niedersachsen Deutsche Parkinson-Vereinigung Landesbeauftragter Niedersachsen Deutsche Philatelistenjugend Landesverband Niedersachsen/Bremen Deutsche Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund Landesverband Niedersachsen Deutsche Rheuma Liga Landesverband Niedersachsen Deutsche Schreberjugend Landesverband Niedersachsen Deutsche Steuer-Gewerkschaft Landesverband Niedersachsen Deutsche Vereinigung der Rechtsanwalts- und Notariatsangestellten Landesverband Nds. Deutsche Vereinigung der Stomaträger Landesverband Niedersachsen/Bremen/Hamburg-Süd Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte Regionalgruppe Niedersachsen Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew Landesverband Niedersachsen Deutsche Verwaltungsgewerkschaft Niedersachsen Deutsche Wanderjugend Arbeitsgemeinschaft Nds./Schleswig-Holstein/Bremen/Hamburg Deutscher Abbruchverband Landesverband Niedersachsen Deutscher Aero Club Landesverband Niedersachsen Deutscher Allergie- und Asthmabund Landesverband Niedersachsen Deutscher Altphilologenverband Landesverband Niedersachsen Deutscher Amtsanwaltsverein Landesgruppe Niedersachsen Deutscher Beamtenbund DBB Landesbund Niedersachsen Deutscher Beamtenbund Landesfrauenvertretung Niedersachsen Deutscher Berufsverband der HNO-Ärzte Landesverband Niedersachsen Deutscher Berufsverband für Altenpflege Landesverband Nord Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe Landesverband Niedersachsen/NRW Deutscher Berufsverband Sozialarbeit Landesverband Niedersachsen Deutscher Braumeister- und Malzmeister-Bund Landesverband Niedersachsen Deutscher Bundeswehr-Verband Landesverband Nord Deutscher Camping-Club Landesverband Niedersachsen Deutscher Diabetiker-Bund Landesverband Niedersachsen Deutscher Familienverband Landesverband Niedersachsen Deutscher Frauenring Landesverband Niedersachsen Deutscher Gerichtsvollzieherverband Landesverband Niedersachsen

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Deutscher Gewerkschaftsbund Landesbezirk Niedersachsen Deutscher Gewerkschaftsbund Gewerkschaft Erziehung u. Wissenschaft Landesverband Nds. Deutscher Gießereiverband Landesverband Nord und Niedersachsen Deutscher Guttempler-Orden Landesverband Niedersachsen Deutscher Handels- und Industrieangestelltenverband Landesverband Niedersachsen/Bremen Deutscher Hausfrauenbund Landesverband Niedersachsen Deutscher Journalistenverband Landesverband Niedersachsen Deutscher Juristinnenbund Landesgruppe Niedersachsen

Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Niedersachsen Deutscher Lehrerverband Niedersachsen Deutscher Marine-Bund Landesverband Süd-Niedersachsen Deutscher Mieterbund Landesverband Niedersachsen/Bremen Deutscher Motorsport-Verband Landesgruppe Niedersachsen Deutscher Schädlingsbekämpfer-Verband Landesverband Niedersachsen/Bremen Deutscher Schwerhörigenbund Landesverband Niedersachsen Deutscher Siedlerbund Landesverband Niedersachsen Deutscher Sportlehrerverband Landesverband Niedersachsen Deutscher Staatsbürgerinnen Verband Landesgruppe Niedersachsen

Deutscher Tierschutzbund Landesverband Niedersachsen Deutscher Tonkünstlerverband Landesverband Niedersachsen Deutscher Verband der Lehrer für Bürokommunikation Landesverband Norddeutschland Deutscher Verband für Freikörperkultur Landesverband Niedersachsen/Bremen Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) Landesverband Niedersachsen Deutscher Verband Schweißen u. verwandte Verfahren Landesverband Niedersachsen/Bremen Deutscher Verein für Vermessungswesen Niedersachsen/Bremen Deutscher Werkbund Nord Bremen/Hamburg/MV/Nds./Sachsen-Anhalt/Schleswig-Holstein Deutscher Zentralverein Homöopathischer Ärzte Landesverband Niedersachsen Deutsches Rotes Kreuz Landesverband Niedersachsen Deutsches Sozialwerk für individuelle Hilfe Landesverband Niedersachsen Deutsches Volksheimstättenwerk Niedersachsen Diakonisches Werk der ev.-luth. Landeskirche Hannover Drogenberatung Landesverband Niedersachsen für Elternkreise Drogenabhängiger Drogistenverband Niedersachsen E Europa-Union Deutschland Landesverband Niedersachsen Evangelische Akademikergemeinschaft in Deutschland Landesverband Niedersachsen Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen Landesarbeitskreis Niedersachsen Evangelischer Krankenhausverband Niedersachsen F Fachgemeinschaft Foto Niedersachsen Fachgemeinschaft Lebensmittel Niedersachsen Fachgemeinschaft Lederwaren Niedersachsen Fachgemeinschaft Nähmaschinen Niedersachsen Fachgemeinschaft Reformwaren Niedersachsen Fachgemeinschaft Spielwaren Niedersachsen Fachgruppe Möbel Niedersachsen Fachverband der Auktionatoren, Grundstücksmakler und Rechtsbeistände in Niedersachsen Fachverband der Bediensteten der Niedersächsischen Staatlichen Kassen Fachverband der Futtermittelindustrie Landesgruppe Nord-West Bremen/Niedersachsen/NRW Fachverband der Kommunalkassenverwalter Landesverband Niedersachsen Fachverband des Niedersächsischen Briefmarkenhandels Fachverband d. norddt. Groß- u. Außenhandels mit Molkereiprodukten Nds./Bre/Hamb/Schles-H. Fachverband Deutscher Floristen Landesverband Niedersachsen

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Fachverband Fleischereibedarf-Großhandel Hessen/Niedersachsen Fachverband für Mitarbeiter der Niedersächsischen Landeskrankenhäuser Fachverband für Uhren, Schmuck und Zeitmesstechnik Niedersachsen Fachverband Kalksandsteinindustrie Nord Fachverband Moderne Fremdsprachen Landesverband Niedersachsen Fachverband Theatererziehung Niedersachsen Fachverband Ziegelindustrie Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen Fachvereinigung Edelstahlhandel Niedersachsen Fachvereinigung Güterkraftverkehr und Entsorgung Niedersachsen Fachvereinigung Krankenhaustechnik Regionalgruppe Niedersachsen Fachvereinigung Omnibusverkehr und Touristik Niedersachsen Fachvereinigung Spedition und Logistik Niedersachsen Fachvereinigung Taxi und Mietwagen Niedersachsen Fahrlehrerverband Niedersachsen Familienbund der deutschen Katholiken Landesverband Niedersachsen Fechtverband Niedersachsen Fleischerverband Niedersachsen/Bremen Freier Deutscher Autorenverband Landesverband Niedersachsen Freier Verband Deutscher Zahnärzte Landesverband Niedersachsen Frauenselbsthilfe nach Krebs Landesverband Niedersachsen Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe Landesverband Niedersachsen G Gehörlosen Sportverband Niedersachsen Genossenschaftsverband Norddeutschland Gesamtverband Niedersächsischer Kreditinstitute Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) Gesamtvereinigung Bekleidungsindustrie Niedersachsen und Bremen Gewerkschaft der Polizei - Landesbezirk Niedersachsen Gewerkschaft der Sozialversicherung Landesverband Niedersachsen Gewerkschaft der Sozialverwaltung Landesverband Niedersachsen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Landesverband Niedersachsen Gewerkschaft Mess- und Eichwesen Landesverband Niedersachsen Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten Landesbezirk Niedersachsen/Bremen Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und Dienstleistungen Landesverband Niedersachsen Gewerkschaftsjugend DGB Landesbezirk Niedersachsen/Bremen Golf-Verband Niedersachsen-Bremen Groß- und Außenhandelsverband Niedersachsen H Handball Verband Niedersachsen Haus und Grund Niedersachsen Hebammenverband Niedersachsen Heilbäderverband Niedersachsen Heimatbund Niedersachsen Highland Cattle Zuchtverband Niedersachsen Hochschullehrerbund Landesverband Niedersachsen Hospiz Landesarbeitsgemeinschaft Niedersachsen I Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Landesverband Niedersachsen-Bremen Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Landesbezirk Nord Industriegewerkschaft Metall Bezirksleitung Hannover für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt Industriemeisterverband Deutschlands Landesverband Niedersachsen Industrieverband Haus- u. Versorgungstechnik Niedersachsen und Bremen Interessengemeinschaft des Tankstellen- und Garagengewerbes Niedersachsen/Bremen

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Interessengemeinschaft Epilepsie Niedersachsen Interessengemeinschaft für Beitragsgerechtigkeit Landesverband Niedersachsen Interessenverband Contergangeschädigter Niedersachsen J Johanniter Unfall-Hilfe Landesverband Niedersachsen/Bremen Jüdische Wohlfahrt Niedersachsen Junge Europäische Föderalisten Niedersachsen K Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands Landesverband Niedersachsen Keglerverband Niedersachsen

Kneipp-Bund-Landesverband Niedersachsen Kommunal-Gewerkschaft KOMBA Niedersachsen Kommunaler Arbeitgeberverband Niedersachsen Künstlergilde Niedersachsen Kyffhäuserbund Landesverband Niedersachsen L Landesapothekerverband Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft Soziale Brennpunkte Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft der Lehrer für Pflegeberufe Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft Evangelischer Jugendaufbaudienst Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft Jazz Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft Jugend und Film Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft Niedersachsen u. Bremen d. Landmaschinenhandels u. -handwerks Landesarbeitsgemeinschaft Rock in Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Behinderter Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft Tanz Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft Zirkus in Niedersachsen Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege in Niedersachsen Landesbetriebssportverband Niedersachsen Landeselternrat Niedersachsen Landesfachgemeinschaft Tabakwaren Niedersachsen Landesfachgemeinschaft Textil Niedersachsen Landesfachverband Bestattungsgewerbe Niedersachsen Landesfachverband der Standesbeamten Niedersachsen Landesfachverband d. Verwaltungsbeamten u. Angestellten d. Nds. Agrarstrukturverwaltung Landesfachverband psychologischer Psychotherapeuten Niedersachsen Landesfeuerwehrverband Niedersachsen Landesfischereiverband Niedersachsen Landesfrauenrat Niedersachsen Landesjägerschaft Niedersachsen Landesjugendring Niedersachsen Landes-Kanu-Verband Niedersachsen Landeskontrollverband für Milchwirtschaft Niedersachsen-Bremen Landesmusikrat Niedersachsen Landesruderverband Niedersachsen Landesschafzuchtverband Niedersachsen Landesseniorenrat Niedersachsen Landessportbund Niedersachsen Landessportfischerverband Niedersachsen Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen Landesverband der Buchhändler und Verleger in Niedersachsen Landesverband der Gehörlosen Niedersachsen

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Landesverband der Jeunesses Musicales Deutschland Niedersachsen

Landesverband der kommunalen Film- und Kinoarbeit Niedersachsen Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen Landesverband der Lohnunternehmer in Land- und Forstwirtschaft Niedersachsen Landesverband der Maschinenringe Niedersachsen Landesverband der Milchwirtschaftler in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt Landesverband der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels im Land Niedersachsen Landesverband der Pharmazeutischen Industrie Nord Landesverband der Unternehmerfrauen im Handwerk Niedersachsen (LUFH) Landesverband der Vereine für Sozialmedizin Niedersachsen Landesverband der Volkshochschulen Niedersachsens Landesverband des Kraftfahrzeug-Gewerbes Niedersachsen/Bremen Landesverband freier Theater in Niedersachsen Landesverband freier Wohnungsunternehmen Niedersachsen/Bremen Landesverband Gartenbau Niedersachsen Landesverband Metall Niedersachsen/Bremen Landesverband Niedersachsen der Lebensmittelchemiker im Öffentlichen Dienst Landesverband Niedersachsen der Kleingärtner Landesverband Niedersachsen Deutscher Gebirgs- u. Wandervereine Landesverband Niedersachsen Kinder-, Jugend- u. Sozialhilfe Landesverband Niedersachsen und Bremen d. holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie Landesverband Niedersächsischer Amateurbühnen Landesverband Niedersächsischer Gartenfreunde Landesverband Niedersächsischer Musikschulen Landesverband Niedersächsischer Tabakpflanzer Landesverband Nierenkranker, Dialysepatienten und Transplantationen Niedersachsen Landesverband Rhythmik Erziehung Niedersachsen/Bremen Landesverband Textilreinigung Niedersachsen-Bremen Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Niedersachsen Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen Landesvereinigung für Gesundheit Niedersachsen Land- und Forstwirtschaftliche Arbeitgebervereinigung Niedersachsen Landvolk Niedersachsen - Landesbauernverband Lebensabend-Bewegung Landesverband Niedersachsen und Bremen Lebenshilfe Landesverband Niedersachsen M Malteser Hilfsdienst im Land Niedersachsen Museumsverband für Niedersachsen und Bremen N Naturfreunde Deutschland Niedersachsen Naturfreundejugend Landesverband Niedersachsen Naturschutzbund Deutschland Landesverband Niedersachsen Naturschutzjugend Deutschland Landesverband Niedersachsen. Naturschutzverband Niedersachsen Niedersachsen Landesverband Legasthenie Niedersächsische AIDS-Hilfe Landesverband Niedersächsische Hafenvertretung Niedersächsische Krankenhausgesellschaft Niedersächsische Krebsgesellschaft Niedersächsische Landjugend Niedersächsische Meistergilde Niedersächsische Taekwondo Union Niedersächsischer Amateur-Box-Verband

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Niedersäschischer Anwalt- und Notarverband Niedersächsischer Badminton-Verband Niedersächsischer Bahnengolf-Verband Niedersächsischer Basketballverband Niedersäschischer Bob- und Schlittensport-Verband Niedersächsischer Chorverband im DAS Niedersächsischer Eissport-Verband Niedersächsischer Elternverein Niedersächsischer Flüchtlingsrat Niedersächsischer Fußballverband Niedersächsischer Geflügelwirtschafts-Landesverband Niedersächsischer Gewichtheber-Verband Niedersächsischer Handwerkstag Niedersächsischer Heilpraktikerverband Niedersächsischer Heimatbund e Niedersächsischer Hockey-Verband Niedersächsischer Hotel- u. Gaststättenverband DEHOGA Landesverband Niedersachsen Niedersächsischer Judoverband Niedersächsischer Jugendverband Entschieden für Christus (EC) Niedersächsischer Landesverband Bergsteigen Niedersächsischer Landesverband der Heimvolkshochschulen Niedersächsischer Landesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte Niedersächsischer Landfrauenverband Hannover

Niedersächsischer Leichtathletikverband Niedersächsischer Musikverband Niedersächsischer Pflegerat Niedersächsischer Reiterverband Niedersächsischer Richterbund Niedersächsischer Ringer-Verband Niedersächsischer Rollsport-Verband Niedersächsischer Rugy-Verband Niedersächsischer Schachverband Niedersäschischer Skiverband Niedersächsischer Sportschützenverband Niedersächsischer Tanzsportverband (NTV) Niedersächsischer Tennisverband Niedersächsischer Turner-Bund Niedersächsischer Verein der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes Niedersächsischer Verein der Steuerberater Niedersächsischer Verband für Modernen Fünfkampf Niedersächsischer Volleyball - Verband O P Paritätischer Wohlfahrtsverband Niedersachsen Philologenverband Niedersachsen Physiotherapieverband Landesverband Niedersachsen-Bremen Pro Familia Landesverband Niedersachsen Q R Radsportverband Niedersachsen Rad- und Kraftfahrerbund Solidarität Landesverband Niedersachsen Rationalisierungs- und Innovationszentrum der deutschen Wirtschaft Landesverband Nds. Ring Deutscher Makler Landesverband Niedersachsen

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Rohstoffverband Niedersachsen S Schaustellerverband Niedersachsen Schulleitungsverband Niedersachsen Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Landesverband Niedersachsen Schwimmverband Niedersachsen Segler-Verband Niedersachsen Selbsthilfe-Büro Niedersachsen der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Solidaritätsjugend Deutschland Landesverband Niedersachsen Sozialverband Deutschland Landesverband Niedersachsen Sozialverband VdK Niedersachsen-Bremen Sportärztebund Niedersachsen Sportjugend Niedersachsen Squash Verband Niedersachsen Steuerberaterverband Niedersachsen/Sachsen-Anhalt T Tagesmütter Landesverband Niedersachsen für Kinderbetreuung in Tagespflege

Tauchsport-Landesverband Niedersachsen Tischtennisverband Niedersachsen Tourismusverband Niedersachsen Transnet Gewerkschaft GdED Region Niedersachsen/Bremen/Hamburg Triathlon Verband Niedersachsen (TVN) U Union Deutscher Heilpraktiker Landesverband Niedersachsen/Norddeutschland Unternehmensverbände Handwerk Niedersachsen Unternehmerverband Einzelhandel Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) V Verband Alleinerziehender Mütter u. Väter Landesverband Niedersachsen Verband Angestellter Führungskräfte Regionalgruppe Niedersachsen Verband Baugewerblicher Unternehmer Niedersachsen Verband Beton- und Fertigteilindustrie Nord Verband Beratender Ingenieure Landesverband Niedersachsen Verband Bildung und Erziehung Landesverband Niedersachsen Verband christlicher Pfadfinderinnen u. Pfadfinder Land Niedersachsen Verband der Arbeitnehmer der Bundeswehr Bereich Niedersachsen/Bremen Verband der Ärzte Deutschlands Hartmannbund Landesverband Niedersachsen Verband der angestellten u. beamteten Ärzte Deutschlands Marburger Bund LV Nds. Verband der Bauindustrie für Niedersachsen Verband der Bundesbankbeamten LV Niedersachsen/Bremen/Sachsen-Anhalt Verband der Beamten der Bundesanstalt für Arbeit Landesgruppe Niedersachsen/Bremen Verband der Beamten der Bundeswehr Bereich Niedersachsen/Bremen Verband der Chemischen Industrie Landesverband Nord Verband der Deutschen Feinmechanischen und Optischen Industrie Landesgruppe Nds./Bremen Verband der Elektrizitätswirtschaft Landesgruppe Niedersachsen/Bremen Verband der Ernährungswirtschaft Niedersachsen/Bremen/Sachsen-Anhalt Verband der Freien Berufe im Lande Niedersachsen Verband der Geschichtslehrer Deutschlands Landesverband Niedersachsen Verband der Heimkehrer Landesverband Niedersachsen Verband der Kartoffelbrenner Niedersachsen/Brandenburg/Mecklenburg-VP/Sachsen-Anhalt Verband der Kartoffelkaufleute Niedersachsen Verband der Kornbrenner Niedersachsen Verband der Krankenhausdirektoren Landesverband Niedersachsen Verband der Kunst- und Antiquitätenhändler Niedersachsen

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Verband der Lackindustrie Bezirksgruppe Nord Verband der Landgestütbediensteten im Lande Niedersachsen Verband der Lehrer an Wirtschaftsschulen Landesverband Niedersachsen Verband der Lehrkräfte für Agrarwirtschaft, Ernährung und Hauswirtschaft in Niedersachsen Verband der Lehr- und Beratungskräfte f. Haushalt u. Verbrauch im ländl. Raum Landesgr. Nds. Verband der Meisterinnen der Hauswirtschaft in Niedersachsen

Verband der Metallindustriellen Niedersachsens Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands Virchowbund Landesverband Nds./Bremen Verband der Niedersächsischen Grundbesitzer Verband der Niedersächsischen Jugendredakteure Verband der Niedersächsischen Verwaltungsrichter Verband der nordwestdeutschen Textilindustrie Verband der Privaten Krankenanstalten Niedersachsen Verband der Recycling- und Entsorgungsunternehmen in Niedersachsen Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr Landesgeschäftsstelle Niedersachsen Verband der Säge- und Holzindustrie Nord Niedersachsen/Schleswig-Holstein/NRW/Hessen Verband der Sozialarbeiter in der niedersächsischen Strafrechtspflege Verband der Spirituosen-Hersteller in Niedersachsen Verband der Verwaltungsbeamten des höheren Dienstes in Niedersachsen Verband der Wohnungswirtschaft Niedersachsen und Bremen Verband der Zeitschriftenverlage Niedersachsen-Bremen Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe Landesgruppe Nds. Verband Deutscher Elektrotechniker Landesvertretung Niedersachsen Verband Deutscher Lesezirkel Bezirk Bremen/Niedersachsen/Sachsen-Anhalt Verband Deutscher Makler (VDM) Landesverband Niedersachsen Verband Deutscher Realschullehrer Land Niedersachsen Verband Deutscher Schriftsteller Niedersachsen/Bremen Verband Deutscher Schulmusiker Landesverband Niedersachsen Verband Deutscher Sinti e.V. Landesverband Niedersachsen Verband Deutscher Soldaten (VDS) Landesverband Niedersachsen Verband Deutscher Sonderschulen Landesverband Niedersachsen Verband Deutscher Sportjournalisten Regionalverein Niedersachsen Verband Deutscher Straßenwärter Landesverband Niedersachsen/Bremen Verband Deutscher Techniker Landesverband Nord-Bremen-Niedersachsen Verband Deutscher Verkehrsunternehmen Landesgruppe Niedersachsen/Bremen Verband Deutscher Vermessungsingenieure Landesverband Niedersachsen Verband Druck und Medien Niedersachsen Verband Entwicklungspolitik Niedersachsen Verband für das deutsche Hundewesen Landesverband Niedersachsen Verband für Sicherheit in der Wirtschaft Niedersachsen Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Niedersachsen-Bremen Verband Hochschule und Wissenschaft Landesverband Niedersachsen Verband Kommunale Abfallwirtschaft Bremen/Hamburg/Niedersachsen/Schleswig-Holstein Verband Kommunaler Unternehmen Landesgruppe Niedersachsen/Bremen Verband Niedersächsischer Fleischwarenfabriken Verband Niedersächsischer Philatelistenvereine Verband Niedersächsischer Strafvollzugsbediensteter Verband Niedersächsischer Umweltlaboratorien Verband Norddeutscher Papierfabriken Verband Nordwestdeutscher Zeitungsverlage Verband Papier, Pappe und kunststoffverarbeitende Industrie Norddeutschlands (VPK Nord) Verband Physikalische Therapie Landesgruppe Niedersachsen Verbraucher-Zentrale Niedersachsen

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Verein der Zuckerindustrie Bezirksgruppe Nord Verein Deutscher Bibliothekare Landesverband Niedersachsen Verein Deutscher Ingenieure Landesverband Niedersachsen Verein für deutsche Kulturbeziehungen im Ausland Landesverband Niedersachsen Vereinigung der Freizeitreiter Landesverband Niedersachsen/Bremen Vereinigung der Prüfingenieure für Baustatik in Niedersachsen Vereinigung der Spargelanbauer in Niedersachsen Vereinigung der Straßenbau- und Verkehrsingenieure in Niedersachsen Vereinigung Freischaffender Architekten Deutschlands Landesgeschäftsstelle Niedersachsen Vereinigung zur Erhaltung von Wind- und Wassermühlen in Niedersachsen und Bremen Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Landesbezirk Niedersachsen/Bremen Verkehrsclub Deutschland Landesverband Niedersachsen Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Landesverband Niedersachsen W Wasserverbandstag Niedersachsen / Bremen / Sachsen-Anhalt Wirtschaftsverband für Handelsvermittlung und Vertrieb Niedersachsen/Bremen CDH Wirtschaftsverband Kopie und Medientechnik Landesbezirk Niedersachsen/Bremen Wirtschaftsverband Naturstein-Industrie NRW/Niedersachsen/Rheinland-Pfalz Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke Landesverband Niedersachsen/Bremen X Y Z Zentralverband Deutscher Schornsteinfeger Landesverband Niedersachsen Zentralverband Elektrotechnik und Elektroindustrie Landesstelle Niedersachsen u. Bremen Zentralverband Hartwarenhandel Landesgruppe Niedersachsen

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Erklärung über die Eigenständigkeit der erbrachten wissenschaftlichen

Leistung

Ich versichere, dass ich die Arbeit selbstständig und ohne Benutzung anderer

als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe.

Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus Veröffentlichungen entnommen

sind, sind als solche kenntlich gemacht.

Nordhorn, 19. September 2005 Stefan Brieske