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Datum der Ausgabe: 12.05.2017 Landtag Brandenburg P-EK 1-6/15 6. Wahlperiode Enquete-Kommission 6/1 „Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“ Protokoll 15. Sitzung (öffentlich) 10.03.2017 Kreisverwaltung Spree-Neiße, Haus C, Raum C.1.08 09.00 Uhr bis 16.07 Uhr Vorsitz: Wolfgang Roick (SPD) Protokoll: Bastian Dunkel Frederik Otto Stenografischer Dienst (TOP 2-6) anwesende Kommissionsmitglieder: Wolfgang Roick (SPD) Dr. Ulrike Liedtke (SPD) Udo Folgart (SPD) Simona Koß (SPD) Henryk Wichmann (CDU) Uwe Liebehenschel (CDU) Bettina Fortunato (LINKE) Anke Schwarzenberg (LINKE) Sven Schröder (AFD) Benjamin Raschke (GRÜNE/B90) Prof. Dr. Klaus Friedrich Dr. Michael Thomas Dr. Gerd Lehmann Iris Schülzke (BVB) Dr. Johannes Wagner (Landkreistag Brandenburg) Vertreter der Landesregierung: Torsten Maciuga (Staatskanzlei)

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Datum der Ausgabe: 12.05.2017

Landtag Brandenburg P-EK 1-6/15 6. Wahlperiode Enquete-Kommission 6/1

„Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“

Protokoll

15. Sitzung (öffentlich) 10.03.2017

Kreisverwaltung Spree-Neiße, Haus C, Raum C.1.08

09.00 Uhr bis 16.07 Uhr

Vorsitz: Wolfgang Roick (SPD)

Protokoll: Bastian Dunkel Frederik Otto Stenografischer Dienst (TOP 2-6)

anwesende Kommissionsmitglieder: Wolfgang Roick (SPD) Dr. Ulrike Liedtke (SPD) Udo Folgart (SPD) Simona Koß (SPD) Henryk Wichmann (CDU) Uwe Liebehenschel (CDU) Bettina Fortunato (LINKE) Anke Schwarzenberg (LINKE) Sven Schröder (AFD) Benjamin Raschke (GRÜNE/B90) Prof. Dr. Klaus Friedrich Dr. Michael Thomas Dr. Gerd Lehmann Iris Schülzke (BVB)

Dr. Johannes Wagner (Landkreistag Brandenburg) Vertreter der Landesregierung: Torsten Maciuga (Staatskanzlei)

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 2 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Tagesordnung:

1. Protokollkontrolle

2. Grußworte

3. Themenfeld 3: Daseinsvorsorge Teil 1: Digitale und technische Infrastruktur, Mo-bilität, hier: Siedlungswasserwirtschaft; Einführung durch die Berichterstattungs-gruppe 3

4. Perspektiven Siedlungswasserwirtschaft darunter: Anhörung von Prof. Dr. Krebs (Professur für Siedlungswasserwirtschaft TU Dres-den) zum Thema: Perspektiven der Siedlungswasserwirtschaft in ländlichen Räumen Vorträge der Landesregierung und des Landeswasserverbandstags Brandenburg zum Thema: Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft im Land Brandenburg

Unterbrechung der Sitzung zur Besichtigung des Wasserwerks und der Ab-wasserbeseitigungsanlage in Forst

5. Bürgerinnensprechstunde

6. Vorträge von Gesellschaften/Zweckverbänden der Wasserversorgung und Ab-wasserbeseitigung zu Aspekten der Organisationsstruktur, Leistungsfähigkeit, Inf-rastruktur, Finanzierung, Entgelte sowie Herausforderungen darunter: Spremberger Wasser-und Abwasserzweckverband Gesellschaft für Wasserver- und Abwasserentsorgung Peitz mbH Städtische Abwasserbeseitigung Forst (Lausitz) Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

7. Aktuelles aus den Berichterstattungsgruppen

8. Inhalte Dialogportal darunter u.a.: Auswertung Beteiligungsverfahren Themen für neue Beteiligungsverfahren

9. Sonstiges darunter u.a.: Zuschriften

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 3 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Festlegungen:

1. Die Richtigkeit des Protokolls der 12. Sitzung wurde einstimmig (10:0:0) be-schlossen (TOP 1).

2. Ein Antrag von Mitgliedern der Berichterstattungsgruppe 6 zur Beauftragung der Erstellung eines Gutachtens in Form einer zusammenfassenden und komprimierten Darstellung bereits vorhandener Gutachten und Prognosen (Anlage 7) wurde einstimmig (12:0:0) beschlossen (TOP 7).

3. Die EK 6/1 hat auf Antrag von Mitgliedern der Berichterstattungsgruppe 5 ein-stimmig (12:0:0) beschlossen, ein bis Ende April 2017 laufendes Beteiligungs-verfahren zum geänderten Entwurf (Anlage 9) eines Thesenpapiers zur Ein-bindung und Einbringung der jungen Generation bei Entscheidungen zur Ent-wicklung vom ländlichen Raum auf dem Dialogportal einzuleiten (TOP 7).

4. Als möglicher zusätzlicher Sitzungstermin wird der 20. Oktober 2017 festge-legt. Die 17. Sitzung am 12. Mai 2017 wird nicht durch die Berichterstattungs-gruppe 1, sondern durch die Berichterstattungsgruppe 2 inhaltlich vorbereitet (TOP 9).

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Aus der Beratung:

Der Vorsitzende begrüßt die anwesenden Kommissionsmitglieder, die Vertreter der Landesregierung, den Vertreter der Stadt Forst, den Landrat des Landkreises Spree-Neiße, die Vortragenden der ersten Anhörung, die Bürgerinnen und Bürger und Pressevertreter. Auch begrüßt er Herrn Quander, den neuen Referenten der Gruppe BVB/Freie Wähler. Entschuldigt seien die Kommissionsmitglieder Schäfer, Müller, Graf. Die Kommissionsmitglieder Koß und Liedtke würden demnächst kommen.

Der Vorsitzende informiert darüber, dass ab 13 Uhr eine Bürgersprechstunde statt-finden werde, bei der alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit hätten ihre Anlie-gen direkt an die Enquete-Kommission zu richten. Er bitte darum, auf die ausliegen-den Zettel nur zwei Fragen oder Anliegen zu notieren und bei den Mitarbeitern der Verwaltung abzugeben. Er weist darauf hin, dass das Thema der Beitragsrückerstat-tung heute kein Thema sein werde, obgleich das Thema der Sitzung die Siedlungs-wasserwirtschaft sei. Der Teilaspekt der Rückerstattung sei aber explizit ausge-schlossen worden.

Der Vorsitzende erläutert, dass die Tagesordnung zu dieser Sitzung im Vorfeld auf Wunsch einiger Kommissionsmitglieder zeitlich komprimiert worden sei. Er bitte um Disziplin aller, damit die Tagesordnung eingehalten werden könne.

Der Vorsitzende stellt einvernehmen zum Entwurf der Tagesordnung fest.

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Zu TOP 1: Protokollkontrolle

Der Vorsitzende eröffnet den Tagesordnungspunkt 1: Protokollkontrolle. Es läge der Entwurf des Protokolls der 12. Sitzung der Enquete-Kommission, versandt am 06.03.2017, vor. Er stellt fest, dass es hierzu keinen Redebedarf gäbe.

Das Protokoll wird einstimmig beschlossen (10:0:0).

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Zu TOP 2: Grußworte

Vorsitzender:

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 - Grußworte - auf, begrüße dazu sehr herzlich den Landrat vom Landkreis Spree-Neiße, Herrn Altekrüger, sowie den stellvertretenden Bürgermeister, Herrn Jens Handdreck, und erteile zunächst dem Landrat das Wort.

Herr Altekrüger (Landrat Spree-Neiße):

Herr Roick, herzlichen Dank für die freundliche Begrüßung. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, Mitglieder der Enquete-Kommission! Sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung! Sehr geehrter Herr Prof. Krebs! Sehr geehrter Herr Dr. Merten! Sehr geehrter Herr Pencereci! Herzlich willkommen im Kreishaus des Landkreises Spree-Neiße.

Wir befinden uns hier im Kreistagssaal unseres Verwaltungssitzes, einem altehrwür-digen Fabrikgebäude, mit darunter befindlicher Kantine. Dieser Neubau ist verbun-den mit einer sogenannten Glasklammer und sehr modern. In einigen Jahren wird dieses Gebäude abbezahlt sein und gehört dann dem Landkreis Spree-Neiße. Dies hier soll auch Kreissitz bleiben.

Ich danke Ihnen für die Einladung zu Ihrer heutigen Sitzung und begrüße Sie sehr herzlich in der Kreisstadt Forst. Zudem freut es mich, dass Sie sich für das Thema Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung im ländlichen Raum den Landkreis Spree-Neiße ausgesucht haben.

Wasser ist der Quell des Lebens. Die Wasserbewirtschaftungssysteme antiker Hoch-kulturen sind eine außerordentliche zivilisatorische Leistung. Bis heute haben sie enorme Bedeutung in niederschlagsarmen Regionen der Erde. Zudem sind bis heute Wasserversorgungssysteme sowie Abwasserbeseitigungsanlagen eine herausra-gende Ingenieursleistung. Trinkwasser und Abwasser gehen jeden etwas an, denn es betrifft die Bedürfnisse aller.

Die Versorgung mit Trinkwasser in unserem Landkreis erfolgt derzeit zu 99 Prozent zentral über insgesamt 19 zentrale Wasserversorgungsanlagen. Zwar können wir eine gute Trinkwasserqualität aufweisen, doch es besteht Handlungsbedarf in der Netzfestsetzung von Trinkwasserschutzgebieten. In den letzten Jahren war dort kein erkennbarer Fortschritt zu verzeichnen.

Seit 2014 bzw. 2015 liegen nun bereits vier hydrogeologische Gutachten bzw. deren Entwürfe bei den Fachbehörden Landesamt für Umwelt sowie dem Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg zur Stellungnahme vor. Betroffen davon sind bei uns die Trinkwasserschutzgebiete in Bagenz, Klein Loitz, Drewitz II und Atterwasch/Nordwest.

Mit der Öffentlichkeitsbeteiligung kann der nächste Schritt zur Festsetzung eines Wasserschutzgebietes erst dann realisiert werden, wenn die Fachstellungnahmen vom Landesamt für Umwelt sowie vom Landesamt für Bergbau, Geologie und Roh-

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stoffe Brandenburg vorliegen. Insofern wünsche ich mir ein zielorientiertes Zusam-menwirken der Fachbehörden, damit der Rückstand abgebaut werden kann.

Laut dem Lagebericht zur kommunalen Abwasserbeseitigung im Land Brandenburg sind im Landkreis Spree-Neiße 79,2 Prozent der Bevölkerung an eine zentrale Kana-lisation angeschlossen, was für einen ländlich geprägten Landkreis nicht untypisch ist. Bei den Landkreisen Prignitz und Uckermark verhält es sich ähnlich.

Im Landkreis Spree-Neiße entsorgen derzeit 7 Prozent der Bevölkerung ihre Abwäs-ser in abflusslose Sammelgruben und 13,8 Prozent in Kleinkläranlagen, was einen erheblichen Aufwand darstellt. Die Mitarbeiter meiner unteren Wasserbehörde be-treuen gegenwärtig etwa 5 220 Kleinkläranlagen, übernehmen aber auch noch ande-re wasserwirtschaftliche Aufgaben.

Die Betreuung der Kleinkläranlagen beinhaltet unter anderem die Ausstellung von wasserrechtlichen Erlaubnissen, die jährliche Auswertung der Wartungsprotokolle und das Erstellen von Sanierungsanordnungen. Bezüglich der Abwasserentsorgung werden im Landkreis Spree-Neiße 24 kommunale Kleinkläranlagen und sieben in-dustriell-gewerbliche Anlagen einer ständigen Kontrolle unterzogen.

Bei den großen Kläranlagen, die mehr als 2 000 Einwohner umfassen, gab es keinen Grund zur Beanstandung. Handlungsbedarf besteht eher bei den kleineren Anlagen für 50 bis 2 000 Einwohner. Hierbei erhalten wir jedoch Unterstützung vom Institut für Umwelttechnik und Recycling Senftenberg e. V. Die wasserwissenschaftlich-technische Zusammenarbeit ermöglicht es uns, die Verfahrenstechnik gegen ausge-wählte kleinere kommunale Kläranlagen zu optimieren.

Zu den genauen Daten und Fakten werden Sie heute noch von verschiedenen Zweckverbänden aus dem Landkreis Spree-Neiße Vorträge hören, die sich mit der jeweiligen Organisationsstruktur, der Leistungsfähigkeit, Infrastruktur, Finanzierung sowie den täglichen Herausforderungen beschäftigen.

Eventuell gibt es zwischen den Verbänden vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Möglichkeiten der Zusammenarbeit, wie zum Beispiel ein gemeinsamer Notdienst, eine gemeinsame Ersatzteilbeschaffung oder eine gemeinsame Abrech-nung.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen interessanten und informativen Tag. Auf die Ergebnisse dieser Tagung bin ich gespannt und würde mich zugleich sehr dar-über freuen, wenn die Ergebnisse dieser Sitzung dem Landkreis Spree-Neiße zur Verfügung gestellt würden. Nun wünsche ich Ihnen für den heutigen Tag viel Erfolg. Vielen Dank für Ihr Kommen.

Vorsitzender:

Herzlichen Dank für die interessanten Daten und Fakten zum heutigen Thema. - Nun erhält Herr Handreck das Wort.

Herr Handreck (stellv. Bürgermeister Stadt Forst):

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Sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete und Mitglieder der Landes-regierung! Sehr geehrte Mitglieder der Enquete-Kommission! Sehr geehrter Herr Landrat Altekrüger! Ich darf Sie ebenfalls sehr herzlich willkommen heißen in der Kreisstadt des Landkreises Spree-Neiße, in der Rosenstadt Forst/Lausitz.

Mein Name ist Jens Handreck. Ich bin der Stellvertreter des Bürgermeisters und heu-te anwesend, da unser Bürgermeister Philipp Wesemann erkrankt ist. Vorab einige Informationen zu mir: Ich bin seit fast elf Jahren Kämmerer der Stadt Forst und seit mehr als vier Jahren kaufmännischer Werkleiter unseres Eigenbetriebes Städtische Abwasserbeseitigung.

Die Pflichtaufgabe der Abwasserbeseitigung wird in Forst schon seit 24 Jahren in der Rechtsform eines Eigenbetriebes wahrgenommen. Somit sind wir keinem Zweckver-band zugehörig. Lediglich bis 2012 erfolgte die Betriebsführung kaufmännisch und technisch durch die Stadtwerke Forst GmbH, die auch der Versorger mit Trinkwasser in der Stadt Forst sind.

Das heutige Thema, welches sich mit den Perspektiven, Aufgaben und Herausforde-rungen der Daseinsvorsorge der Siedlungswasserwirtschaft beschäftigt, tangiert uns in der Stadt Forst bereits seit vielen Jahren. Mit der Wende brachen viele traditionelle Industriezweige weg, unter anderem die Textilindustrie - Forst war das sogenannte Manchester des Ostens - sowie der Maschinen- und Heizungskesselbau. Bei grund-sätzlich gleichbleibender Besiedlungsfläche mit der vorhandenen Infrastruktur san-ken jedoch die Einwohnerzahlen stetig und stellen die Verantwortlichen vor große Herausforderungen.

Nachfolgend nun einige Zahlen, die das verdeutlichen: Im Jahr 1944 lag die Einwoh-nerzahl bei mehr als 40 000 und war damit die höchste, die Forst je hatte. Zur politi-schen Wende im Jahr 1989 lebten in Forst etwa 27 000 Menschen, heute nur noch etwa 18 900, und zwar inklusive der Einwohner aus den im Jahr 1993 eingemeinde-ten Ortsteilen und des neu angesiedelten Ortsteiles Horno. Das Dorf musste nach langem Kampf dem Braunkohletagebau in Jänschwalde weichen. Unser technischer Werkleiter wird nachher noch auf die Problematik des demografischen Wandels Be-zug nehmen, weshalb ich seinem Bericht jetzt nicht vorgreifen möchte.

Wir sind dennoch optimistisch, haben wir doch in Forst keine überdimensionierten Ver- und Entsorgungsanlagen errichtet. Wir wollen Forst für unsere Bürger weiterhin als liebens- und lebenswerte Stadt erhalten, denn es gibt viele schöne Flecken in unserer Stadt, aber auch in der Umgebung. Der bekannteste ist mit Abstand unser schöner Ostdeutscher Rosengarten, der vor vier Jahren seinen 100. Geburtstag fei-erte und zu dem ich Ihnen einige Informationen verteilte. Gekrönt wurde dieses Jubi-läum mit der Deutschen Rosenschau.

Hiermit lade ich Sie schon jetzt recht herzlich ein, am letzten Juni-Wochenende zu unseren Rosengarten-Festtagen zu kommen. Auf dem Weg zum Wasserwerk wer-den wir auch am Rosengarten vorbeifahren, auch wenn dort noch nicht viel erblüht ist.

Wen die Gartenkunst frohlockt, der kann in unmittelbarer Nähe von Forst auch die Künste des Fürsten Pückler bewundern. Vor den Toren Cottbus‘ erstreckt sich der

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Branitzer Park mit seinem Schloss und in Nordsachsen erwartet Bad Muskau mit seiner Park- und Schlossanlage interessierte Besucher.

Im Übrigen hat die Stadt ein weiteres Kleinod zu bieten. Dabei handelt es sich um unser Rad- und Reitstadion. Hier finden Sie eines der letzten offenen Rad-Ovale, in dem Meisterschaften - unter anderem mehrere Europameisterschaften im Steher-Radsport - ausgetragen wurden und noch immer werden. Aber auch Freunde des Reitsports haben in der jüngeren Vergangenheit hochkarätige Veranstaltungen be-suchen können. Zudem war selbst Heinz Rühmann in den 30er-Jahren für Filmauf-nahmen vor Ort.

Eine weitere Besonderheit von Forst ist Folgendes: Die Brühlschen Terrassen in Dresden kennt sicherlich jeder von Ihnen. Aber wussten Sie, dass Heinrich Graf von Brühl, der als Premierminister maßgeblich die sächsische Politik im 18. Jahrhundert bestimmte, in unserer Stadtkirche St. Nikolai seine letzte Ruhestätte fand? - Auch daran werden wir nachher vorbeifahren.

Zudem erhalten Sie auf der Fahrt noch einige Informationen zu und Eindrücke von unserer Stadt. So besichtigen wir das Wasserwerk der Stadtwerke und unsere Klär-anlage. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen angenehme Stunden in Forst, neue Er-kenntnisse aus der heutigen Runde und abschließend eine gute Heimfahrt. Besu-chen Sie uns wieder, seien Sie Multiplikator und Übermittler. - Vielen Dank.

Vorsitzender:

Vielen Dank. - Das Event im Rosengarten erlebte ich bereits selbst und kann es je-dem sehr empfehlen.

Ich schließe damit Tagesordnungspunkt 2.

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Zu TOP 3: Themenfeld 3: Daseinsvorsorge Teil 1: Digitale und technische Infrastruktur, Mobilität, hier: Siedlungswasserwirtschaft; Einführung durch die Berichterstattungsgruppe 3

Vorsitzender:

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 - Themenfeld 3: Daseinsvorsorge Teil 1, digitale und technische Infrastruktur, Mobilität, insbesondere Siedlungswasserwirtschaft - auf und bitte Frau Schwarzenberg als Vertreterin der Berichterstattergruppe 3 um ihr Wort.

Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE):

Zum Thema Siedlungswasserwirtschaft wählten wir einen guten Landkreis und Ort. Hinsichtlich der Anschlüsse der Bevölkerung verhält es sich so, wie der Landrat Alte-krüger es bereits erwähnte: Mit Stand 2013 veröffentlichte die Landesregierung, dass der Landkreis Spree-Neiße mit 79 Prozent angeschlossen sei. Darunter liegen ledig-lich noch die Prignitz mit 73 Prozent und die Uckermark mit 75,6 Prozent. Das ist keine schlechte Nachricht, sondern wirft vielmehr die Frage auf: Wie kann man mit dezentralen Anlagen im ländlichen Raum umgehen? - Diesen Punkt wollen wir unter dem Themenfeld bearbeiten.

Die diesbezügliche Daseinsvorsorgeleistung liegt in der Verantwortung der Gemein-den und Kommunen. Als Enquete-Kommission müssen wir herausfinden, welche Veränderungen notwendig sind, um mit den Herausforderungen, die vor der Erbrin-gung dieser Leistung stehen, umzugehen. Schließlich steht der demografische Wan-del, der Folge der Abwanderung ist, vor allen Gemeinden. Hinzukommen noch recht-liche und ökologisch veränderte Anforderungen an die Siedlungswasserwirtschaft. So lässt unter anderem die Wasserrahmenrichtlinie Schlussfolgerungen über Verän-derungen zu.

Für die Berichterstattergruppe 3 ist das Leitbild, das im Dialog der Landesregierung mit den Kommunen und Abwasserzweckverbänden entstanden ist, eine gute Grund-lage für die Bearbeitung dieses Themenfelds. Darin ist bereits eine Reihe von Schwerpunkten und Handlungsempfehlungen enthalten. Insofern sollten wir als En-quete-Kommission auch damit arbeiten und kein zusätzliches Gutachten in Auftrag geben. Mit diesem Leitbild kann dann auch festgestellt werden, was noch weiterent-wickelt werden muss.

Herr Prof. Dr. Krebs wird dabei zu den rechtlichen Anforderungen der Siedlungswas-serwirtschaft und den sich ergebenden Veränderungen - auch ökologisch gesehen - sprechen. Von der Landesregierung werden wir etwas zum Stand des Leitbildes hö-ren und wie sie die Erfüllung bzw. Weiterentwicklung der Handlungsempfehlungen sieht. Zudem werden wir mit dem Landeswasserverbandstag darüber sprechen, wie sich die Abwasserzweckverbände in diesen Prozess einbringen, was bereits auf den Weg gebracht wurde und wo noch Probleme vorhanden sind.

Unsere heutige Aufgabe wird dabei sein, die Problemlagen für den ländlichen Raum herauszuarbeiten, um dann in eine weiterführende Diskussion zur Handlungsempfeh-lung einzusteigen.

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Vorsitzender:

Vielen Dank, Frau Schwarzenberg. - Ich schließe Tagesordnungspunkt 3

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Zu TOP 4: Perspektiven Siedlungswasserwirtschaft darunter: Anhörung von Prof. Dr. Krebs (Professur für Siedlungswasserwirtschaft TU Dresden) zum Thema: Perspektiven der Siedlungswasserwirtschaft in ländli-chen Räumen Vorträge der Landesregierung und des Landeswasserverbandstags Branden-burg zum Thema: Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft im Land Bran-denburg

Vorsitzender:

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 - Perspektiven der Siedlungswasserwirtschaft - auf. Dazu begrüße ich sehr herzlich Herrn Prof. Dr. Peter Krebs, Herrn Turgut Pencereci sowie Herrn Dr. Oliver Merten und erteile zunächst Herrn Prof. Krebs das Wort.

Herr Prof. Dr. Krebs (TU Dresden):

Sehr geehrter Herr Roick! Sehr geehrter Herr Altekrüger! Sehr geehrter Herr Hand-reck! Mein Dialekt ist nicht sächsisch, sondern ich bin ein sogenannter Neutraler und stamme aus der Schweiz, dem südlichen Nachbarland, lebe aber bereits seit 19 Jah-ren in Dresden und fühle mich in dieser Gegend sehr wohl. In dieser Zeit habe ich sehr viel über die Region gelernt, wobei sich Sachsen und die Lausitz nicht sehr stark unterscheiden.

(Der Vortrag wird von einer PowerPoint-Präsentation begleitet.) (Anlage 1)

Dass ich auch über die rechtlichen Rahmenbedingungen sprechen soll, war mir bis-her so nicht bewusst, werde aber versuchen, in meinem Vortrag darauf einzugehen.

Zu dem heutigen Thema stelle ich unter anderem einige Indikatoren vor, die Kriterien dafür sein könnten, verschiedene Systeme im ländlichen Raum anzuwenden. Zu-nächst gebe ich Ihnen einen kleinen Überblick in das siedlungswasserwirtschaftliche System. Dieses besteht nämlich nicht nur aus Leitungen und aus der Verfahrens-technik, sondern unter anderem auch aus der Ressource und dem Grundwasserlei-ter, der in Deutschland vorwiegend als Rohwasserquelle für die Wasseraufbereitung genutzt wird.

Bei der Trinkwasseraufbereitung wird aus dem Rohwasser, das eine möglichst gute Qualität aufweisen sollte - dies ist der erste Schritt einer effizienten Trinkwasserver-sorgung -, tatsächlich Trinkwasser hergestellt. Dieses wird in ein Reservoir - unter anderem ein Wasserturm oder ein Hochbehälter auf einem Hügel - hochgepumpt und von dort über ein Drucksystem an die privaten Haushalte und an die Industrie verteilt.

Das entstehende Schmutzwasser wird wiederum in die Kanalisation eingeleitet. In der Kanalisation wird alles gesammelt, was aus den Haushalten und der Industrie abgegeben wird. Zu dem Schmutz kommt noch Fremdwasser, also eindringendes Grundwasser. Schließlich ist keine Kanalisation auf der Welt tatsächlich 100%ig dicht. Insofern gibt es mit der Kanalisation eine Drainage-Leitung, womit noch etwas mehr zur Kläranlage gelangt.

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In der Kläranlage wird das Schmutzwasser so weit gereinigt, dass die Qualität gut genug ist, um es an den natürlichen Wasserkreislauf bzw. an das Oberflächenge-wässer zurückzugeben. Damit ist es aber natürlich noch kein Trinkwasser.

Im System gibt es aber nicht nur Schmutzwasser, sondern auch Regenwasser. Re-genwasser wird von urbanen Oberflächen gesammelt und geht im sogenannten Mischsystem in dasselbe Rohr, im Trennsystem in ein separates Rohr. Das gesamte Mischwasser - bestehend aus Regen- und Schmutzwasser - fließt ebenfalls zur Klär-anlage.

Die Schwankungen des gesamten Abflusses sind vor allem bei einem starken Re-genereignis so groß, dass die Kläranlage überlastet würde. Deshalb gibt es eine so-genannte Entlastung, wonach das, was die Kläranlage überlasten würde, direkt in die Gewässer geleitet wird.

Mit Blick auf die Wasserrahmenrichtlinie müssen wir aber nicht nur schauen, wie gut die Leistung der Kläranlage ist, um die Gewässerqualität entsprechend den Vorga-ben aus Brüssel zu erhalten, sondern auch, wie viel entlastet und wie mit dem Ent-lastungswasser umgegangen wird.

Im ländlichen Raum drängen sich vier Themen auf. Das erste Problem sind die lan-gen Aufenthaltszeiten im Trinkwassersystem, was dem Bevölkerungsrückgang ge-schuldet ist. Das hat natürlich weitreichende Folgen für die Wasserversorgung. In der Wasserversorgung gibt es ein Leitungssystem mit vorgegebenem Volumen, das sich aus der Summe der Rohrvolumina und dem Volumen des Wasserverteilsystems ergibt. Aufgrund des Bevölkerungsrückgangs und des sparsameren Pro-Kopf-Verbrauchs fließt sehr viel weniger Wasser durch das vorgegebene Leitungsvolu-men, womit die Aufenthaltszeit des Wassers in den Leitungen steigt.

Die Verweilzeit im System, wie lange also das Wasser durchschnittlich in den Leitun-gen bleibt, ist ein sehr starker Indikator dafür, dass wir für den Erhalt der Wasserqua-lität Mehraufwand betreiben müssen. Sämtliche Wasserprobleme korrelieren mit der Aufenthaltszeit. Je länger die Aufenthaltszeit ist, desto schwieriger wird es, Trinkwas-ser zu jedem Wasserhahn zu liefern. Insofern wird die Aufrechterhaltung der Qualität anspruchsvoller.

Zudem steigt der Wasserpreis bei weniger werdenden Verbrauchern, und zwar über-proportional pro Kubikmeter. Pro Kubikmeter Trinkwasser zahlen wir derzeit 2 bis 3 Euro. Damit sind wir im internationalen Vergleich die Teuersten. Dennoch teile ich meinen Studierenden im ersten Semester zugleich immer mit, wie teuer das Fla-schenwasser ist.

Das günstigste Flaschenwasser kostet im Supermarkt 250 Euro pro Kubikmeter, im Restaurant sogar 3 000 bis 5 000 Euro pro Kubikmeter. Insofern sind 2 bis 3 Euro pro Kubikmeter ein erstaunlich guter Preis für den Service, den wir damit erhalten. Schließlich steht uns das Wasser 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr zur Ver-fügung. Auch im 20. Stockwerk eines Hochhauses bekommen wir das Leitungswas-ser geliefert. Dennoch steigt der Wasserpreis, und zwar spezifisch am Ende des Jah-res, weil dann die Infrastrukturkosten zu bezahlen sind.

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Bei der Zusammenstellung der Wasserverbräuche der Bundesländer ist ersichtlich, dass der Durchschnitt bei etwa 120 Litern pro Kopf und Tag liegt. Darin sind natürlich unter anderem das Toilettenspülwasser, das Dusch- und Badewasser, das Wasser für die Waschmaschine und das Geschirrspülen bereits enthalten. Insofern ist das auch im internationalen Vergleich ein sehr sparsamer Wert.

In der Ukraine sind es dagegen 300 Liter pro Kopf und Tag, in den USA 500 Liter und in der Schweiz 180 Liter. Für die Regionen mit zentraler Wasserversorgung sind wir sozusagen die Wassersparer der Welt. Brandenburg liegt mit 108 Litern pro Kopf und Tag sogar unterhalb des Bundesdurchschnitts und verhält sich wassereffizient.

Die Kosten für die Trinkwasserversorgung eines typischen Privathaushalts bei einem Trinkwasserverbrauch von 80 Kubikmetern pro Jahr lag Brandenburg im Jahr 2013 - das sind die aktuellsten verfügbaren Daten - bei 200 Euro pro Jahr und somit im Bundesvergleich wieder leicht unterdurchschnittlich. Sachsen dagegen liegt bei mehr als 260 Euro. Eventuell liegt das an der Rohwasserqualität oder daran, dass wir noch mehr Wasser sparen und damit Mehraufwand betreiben müssen, um die Trinkwas-serqualität zu erhalten.

Nun kommen wir zum Schmutzsystem. Dabei geht es unter anderem um zu wenig Schleppkraft in der Kanalisation. Wenn wir weniger Wasser verbrauchen, dann fließt nicht nur weniger Wasser durch das Wasserverteilsystem, sondern auch durch die Kanalisation. Damit gibt es einen geringeren Abfluss und einen geringeren Transport von sogenannten partikulären Materialien bzw. Partikelfeststoffen, weil die Trans-portkapazität nicht ausreicht.

Daraus entstehen Ablagerungen, die sogenannten Kanalsedimente. Das ist kein kla-rer bzw. gewaschener Sand wie das Fließgewässersediment, sondern eine klebrige, glibberige stinkende Masse, die auch den Sauerstoff im Abwasser zehrt. Sauerstoff-zehrung im Abwasser bzw. anaerober Zustand des Abwassers bedeutet: Wir gasen Schwefelwasserstoff aus.

Dadurch entstehen in der sogenannten Kanalatmosphäre chemische Reaktionen, die zu biogener Schwefelsäurekorrosion in der Kanalisation führen. Mit anderen Worten: Betonrohre können aufgrund anaerober Zustände und zu wenig Schleppkraft in der Kanalisation korrodieren, was zu einer Verkürzung der Lebenserwartung führt.

Tatsächlich verursacht die Kanalisation mehr Kosten als die Kläranlage. Die Jahres-kosten hängen also davon ab, über welche Periode wir das System abschreiben können. Bei Betonkorrosionen verkürzt sich die Lebenserwartung, wodurch die Jah-reskosten steigen.

Das Thema der zentralen oder dezentralen Abwasserentsorgung ist bereits ein Glaubenskrieg geworden. Insofern machten wir es uns in der Wissenschaft zur Auf-gabe, nicht über das Entweder/Oder zu diskutieren, sondern darüber, welches Sys-tem wo eingesetzt werden soll. Selbstverständlich gibt es sowohl für zentrale Syste-me als auch für dezentrale Systeme gute Gründe, wenn jeweils die Randbedingun-gen stimmen.

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 15 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Die Anschlussgrade in Brandenburg sind dabei in Deutschland am geringsten, was aber nichts Negatives bedeutet. Es kann sehr wohl sein, dass das Optimum in der Nähe der 87,7 Prozent liegt, die aus der Statistik von 2013 ersichtlich sind. Andere Bundesländer sind zum Teil nahe 100 Prozent.

In Schleswig-Holstein wurden wir zur Beurteilung der Untergrundversickerung hinzu-gezogen, die zum Teil in Schleswig-Holstein für einzelne Höfe - 4-Personen-Höfe bzw. 4-Personen-Haushalte - noch vorhanden ist. Deren Abwasser wird in eine Un-tergrundleitung vom Hof weggeführt und vier oder fünf Meter unter der Wiese in ei-nem Sandkörper zur Versickerung gebracht. Das ist natürlich nicht vorschriftsgemäß.

Als wir dort auf dieser Wiese standen und uns einmal um die Achse drehten, sahen wir 100 Kühe, die diese Wiese mit ihren Exkrementen versahen. Da ist natürlich frag-lich, wo die vernünftigen Relationen sind und ob man alle 4-Personen-Haushalte wei-terhin so sanieren muss. Dabei bin ich nicht gegen die Rechtsprechung. Jedoch ha-ben wir es mit der Daseinsvorsorge und dem Vorsorgeprinzip zu tun, weshalb gewis-se Mindestanforderungen erfüllt sein müssen.

Der nächste Indikator ist ganz einfach, wird aber häufig übersehen. Bei den Kanal-metern liegen die Durchschnittswerte pro Kopf in Deutschland bei 5,6, also bei etwa 5,5 Kanalmetern pro Kopf. Wenn Sie diese mit 80 Millionen Einwohnern multiplizie-ren, ergibt sich eine beeindruckende Kanal- bzw. Kanalisationslänge.

Die Stadtstaaten haben natürlich deutlich weniger Kanalmeter, weil mehr Personen auf einen Kanalmeter angeschlossen sind bzw. pro Kopf weniger Kanalmeter vor-handen sind. Die Flächenstaaten dagegen weisen eine längere Kanalisation pro Kopf auf. Brandenburg liegt mit 7,3 Kanalmetern pro Einwohner deutlich über dem Durch-schnitt, weshalb die Systeme hier auch automatisch teurer sind. Bei Neuanschlüssen kann man sagen: 40 Meter Kanalisation pro Kopf werden mit großer Wahrscheinlich-keit unwirtschaftlich.

Diese Kanalmeter können natürlich variieren. So gibt es Kommunen mit einer Länge von 2 Kanalmetern pro Kopf, aber auch mit einer Länge von etwa 20 Kanalmetern pro Kopf. Selbstverständlich ist das System mit 20 Kanalmetern pro Kopf sehr viel teurer als das System mit 2 Kanalmetern pro Kopf.

Bei den Kosten für die Abwasserentsorgung nehme ich für das Abwasserentgelt in Euro pro Kubikmeter die Zahlen aus 2010. Brandenburg ist mit 3,34 Euro im deut-schen Vergleich ziemlich teuer. Dieser Preis kommt auf den Trinkwasserpreis von etwa 2 Euro pro Kubikmeter hinzu. Für Brandenburg wären es also etwa 5 Euro pro Kubikmeter im Vergleich zu den mehreren 100 Euro für das Flaschenwasser aus dem Supermarkt. Insofern ist das immer noch ziemlich günstig und effizient.

Nun möchte ich noch etwas zur Bewässerung in der Landwirtschaft sagen, was nicht direkt etwas mit der Siedlungswasserwirtschaft zu tun hat. Als Folge des Klimawan-dels müssten in Deutschland mehr und mehr landwirtschaftliche Gebiete zu landwirt-schaftlicher Bewässerung übergehen, wenn dieselben Produkte hergestellt werden sollen wie derzeit.

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 16 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Weltweit steht beim Wasserverbrauch nicht der Trinkwasserverbrauch im Vorder-grund. Vielmehr werden etwa 70 Prozent des Wassers für die landwirtschaftliche Bewässerung verbraucht, 20 Prozent für industrielles Prozesswasser und lediglich 10 Prozent für das Trinkwasser in den Haushalten.

In Deutschland wird aber derzeit kaum Wasser für die landwirtschaftliche Bewässe-rung verbraucht, was für den globalen Durchschnitt sehr untypisch ist. Der größte Anteil fließt bei Deutschland und Finnland in die Industrie. Beim Trinkwasserver-brauch pro Haushalt liegen wir weltweit etwa im Durchschnitt, der - wie bereits er-wähnt - bei 10 Prozent des Wassers für die Trinkwasserbereitstellung liegt.

Nun noch zu Folgendem: Wenn ich von Wasserpapieren in Deutschland, von Strate-giepapieren, Szenarien oder Entwicklungen die Einleitung lese, steht dort als erster Satz, Deutschland sei ein wasserreiches Land. Das stimmt aber nicht. Deutschland ist keinesfalls ein wasserreiches Land.

Nach den Definitionen der World Health Organization ist Deutschland ein wasserge-stresstes Land, was an verschiedenen Merkmalen spürbar ist. Jedoch merken wir das nicht aufgrund des guten und effizienten Wassermanagements. So ist die Was-serwiederverwendung nicht kurzräumig, sondern großräumig. Unter anderem entlang der Elbe und des Rheins wird das Wasser wiederverwendet. Es wird also verbraucht, gereinigt und an den Fluss zurückgegeben. Dort versickert es wieder in dem nahelie-genden Grundwasserleiter, wird von dort entnommen und wieder aufbereitet. Das ist ein sehr effizientes Wassermanagement.

Jedoch mogeln wir auch ein wenig, indem wir den landwirtschaftlichen Wasserver-brauch im Ausland verursachen und sehr viele landwirtschaftliche Produkte, die sehr wasserintensiv hergestellt werden müssen, importieren. Mit diesem zweiten Faktor kompensieren wir unseren Wasserstress.

Durch den regelmäßig im Jahr anfallenden Regen sind zudem die Voraussetzungen sehr günstig. Es gibt also auch keine Regen- und Trockenzeit. Die Tatsache, dass es rund um das Jahr regelmäßig regnet, hilft natürlich sehr, dass wir bisher in der Land-wirtschaft nicht großflächig bewässern mussten. Das hat natürlich auch qualitative Folgen.

Mit Blick auf den demografischen Wandel haben wir einige Projekte mit For-schungsmitteln durchführen können, die wir einwarben. Dabei spreche ich jetzt nicht über Migrationsbewegungen oder über Bevölkerungsschwund, sondern über die Veränderung in der Alterspyramide, die in Deutschland keiner Pyramide mehr gleicht, sondern eher einer Cola-Flasche, ohne damit Werbung machen zu wollen.

Es gibt vor allem Veränderungen bezüglich der Mikroschadstoffe und Pharmazeutika, die ins System gelangen. Aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung, das mit erhöhtem Medikamentenkonsum verbunden ist, fließen auch mehr Pharmazeutika in unsere Abwassersysteme. Damit lassen sich natürlich auch Vorhersagen treffen, da die Höhe der Pharmazeutika im Abwasser mit dem Schrumpfen oder dem Wachstum der Bevölkerung einhergeht.

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 17 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Wenn wir in 20 Jahren über Kläranlagen sprechen, werden wir nicht mehr darüber reden, ob wir die organischen Substanzen und die Nährstoffe Phosphor und Stick-stoff eliminieren, sondern vielmehr darüber, wie viele Mikroschadstoffe über die Klär-anlagen eingetragen werden.

Nun noch einmal zurück zu dem Punkt zentral/dezentral. In den zentralen Anlagen ist es einfach handhabbar. Weitgehend unbeantwortet bleibt aber die Frage: Was ge-schieht mit den Problemstoffen in den dezentralen Systemen? - Damit haben die de-zentralen Systeme natürlich noch nicht verloren, aber wir müssen das beobachten. Für die Überwachung wiederum müssen wir Ansätze entwickeln und auch dafür, wie wir die Entsorgung dieser Abprodukte aus der dezentralen Abwasserbehandlung, die sehr viele Mikroschadstoffe enthalten, vollziehen werden.

Vorsitzender:

Vielen Dank für den sehr interessanten Vortrag. - Ich erteile sogleich Herrn Pencereci das Wort.

Herr Pencereci (Landeswasserverbandstag Brandenburg):

Vielen Dank, Herr Roick. - Auch in den ländlichen Regionen muss das Wasser ir-gendwohin und wieder weg. Sie kennen den Satz: Wasser ist Leben. Zudem kann man auch Goethe zitieren, der sagte:

„Alles ist aus dem Wasser entsprungen!!

Alles wird durch Wasser erhalten!

[S]

Du bist’ s, der das frischeste Leben erhält.“

Dabei haben wir es mit einem sehr wichtigen Stoff - vielleicht sogar mit dem wichtigs-ten Stoff überhaupt - zu tun und mit seinem Abprodukt.

Der Landeswasserverbandstag vertritt in Brandenburg 23 von 25 Gewässerunterhal-tungsverbänden, 34 der größeren Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungs-verbände und Unternehmen der Siedlungswasserwirtschaft. Zudem wirkten wir am Leitbild der zukunftsfähigen Wasserwirtschaft bzw. Siedlungswasserwirtschaft mit.

Des Weiteren gab es eine Umfrage bei unseren Mitgliedern bezüglich der aktuellen Situation beim demografischen Wandel. Dabei ist zu erwähnen, dass unsere Mitglie-der Pflichtaufgaben erfüllen, denn die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsor-gung sind Pflichtaufgaben, die erfüllt werden müssen. Insofern geht es nicht um die Frage, ob man das übernehmen möchte oder nicht, sondern darum, wie man es durchführt? - Die Umfrage ergab ein Vorhandensein einer sehr heterogenen Struktur. Demnach gibt es nicht den einen Ort, der das Muster für alles ist, sondern zum Teil sehr unterschiedliche Verhältnisse.

Herr Handreck hat eben die Situation in Forst hinsichtlich der Einwohner und Ent-wicklung dargestellt. In vielen Städten und ländlichen Bereichen stellt sich die Situa-

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 18 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

tion genauso dar. Dennoch gibt es auch ländliche Bereiche - Wittstock zum Bei-spiel -, die wahrscheinlich aufgrund der Berlin-Nähe und der damit einhergehenden Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Ähnlichem eine etwas andere Entwicklung aufweisen.

Natürlich bietet das Berliner Umland eine komfortablere Situation, weshalb dort hauptsächlich Zuzug zu verzeichnen ist. In den berlinferneren Bereichen ist Wegzug erkennbar, aber zum Teil auch Zuzug. Das sind also die berühmten räumlichen Aus-differenzierungsprozesse. Für die Wasserwirtschaft ist es deshalb schwierig, darauf zu reagieren, denn die Wasserwirtschaft plant 50 Jahre im Voraus und somit nicht nur für die Kinder, sondern bereits für die Enkel, womit es dann auch enkelfähig ist.

Demnach werden die getätigten Investitionen über einen langen Zeitraum refinan-ziert, weshalb nicht von heute auf morgen Leitungen aus dem Boden gerissen wer-den können, weil die Einwohner weggezogen sind. Diesbezüglich stehen folgende Fragen im Vordergrund: Wollen wir die Qualität beibehalten? Wollen oder müssen wir in einigen Bereichen unsere komfortable Situation aufgeben, womit das Leitungs-wasser, das durch bloßes Aufdrehen des Wasserhahns zur Verfügung steht, gemeint ist - eine Person verbraucht täglich etwa drei Liter zum Trinken und den Rest unter anderem zum Duschen -, oder wollen wir solche Verhältnisse wie in den USA, wo die Menschen mit großen Kanistern aus dem Supermarkt kommen und sagen: Das ist unser Trinkwasser, geduscht wird mit gechlortem Wasser? Wollen wir das? Wollen wir das vor dem Hintergrund dessen, was wir derzeit sehen?

Die Rahmenbedingungen verdeutlichte bereits Herr Prof. Krebs. Insofern kann ich nur noch Folgendes sagen: Es gibt den Klimawandel, der insbesondere verstärkte Niederschlagswasserereignisse mit sich bringt. Auch die Niederschlagswasserent-sorgung ist Teil der Abwasserentsorgung. Diesbezüglich stellen sich die Fragen: Wie gehen wir damit um? Wie schaffen wir Leitungssysteme? Oder lassen wir es einfach oder sagen: Im ländlichen Bereich gibt es nun ab und zu einmal Überschwemmun-gen?

Dabei möchte ich nicht missverstanden werden. Das ist kein Petitum zu sagen: Lasst den ländlichen Bereich „absaufen“, dennoch stellt sich die Frage: Können wir es uns noch leisten, solche Systeme dort zu implementieren? - So beginnen aufgrund von Beitragsrückzahlungen derzeit bereits die Gebühren zu steigen. Wir benötigen Geld, um auf den demografischen Wandel zu reagieren. Insofern wird es erhebliche finan-zielle Belastungen geben, bei denen man sich fragen muss, inwieweit das Soli-darprinzip greifen kann.

Zudem wird man bei finanziellen Belastungen und deren Refinanzierungen durch Kommunalabgaben überlegen müssen, inwieweit das Solidarprinzip aufrechterhalten werden kann. Ich befürworte, dass es pro Aufgabenträger eine einheitliche Gebühr für Wasser und eine einheitliche Gebühr für Abwasser gibt. Jedoch wird derzeit beim demografischen Wandel und bei der Siedlungswasserwirtschaft sehr intensiv darüber diskutiert, ob nicht eventuell derjenige - ich setze das in Anführungszeichen -, der es sich leistet, im ländlichen Raum zu leben, auch mehr Geld dafür bezahlen muss, dass er dort so schön ver- und entsorgt wird.

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 19 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Hier schiebe ich aber auch sogleich meinen Nachsatz an: Im ländlichen Raum leben nicht nur Menschen, weil sie es sich leisten können, sondern auch, weil es deren Heimat ist. Denen kann ich nicht einfach sagen: Du musst jetzt mehr bezahlen, weil du zufällig im ländlichen Raum wohnst. Das sind erhebliche Schwierigkeiten.

Des Weiteren führen die sinkenden Abwassermengen zu technischen Problemen. Am harmlosesten ist dabei noch der Nutriox-Einsatz zur Beseitigung der Gerüche aus den Leitungen. Jedoch werden die Gerüche nicht das Problem sein. Vielmehr sind es die großen technischen Probleme, die zu erheblichen Kosten führen. Sämtli-che Maßnahmen führen immer wieder zu Kosten, wodurch wiederum höhere spezifi-sche Kosten pro Einwohner entstehen, denn gleiche bzw. höhere Lasten aus bishe-rigen Investitionstätigkeiten müssen von weniger Menschen getragen werden. Damit steigt der Preis pro Kubikmeter.

So lange das auf viele Einwohner verteilt werden kann, ist es angenehm und nett - unabhängig davon, dass Gebührensteigerungen nie schön sind -, aber das wird ir-gendwann nicht mehr reichen, denn die spezifischen Kosten pro Einwohner werden steigen, weil die Lasten auf weniger Einwohner verteilt werden müssen.

Der Punkt bezüglich der Pharmaindustrie ist sehr wichtig. Künftig werden wir sehr viel mit der Einleitung von pharmazeutischen Produkten in Abwasseranlagen zu kämpfen haben, denn die Bevölkerung wird älter, womit der Arzneimitteleinsatz steigt. Diese Arzneimittel wiederum landen in den Systemen. Wenn dann Durch-flussmengen sinken, wird die Belastung höher und das Ganze noch schwieriger. Die-sen Punkt muss man bei der Verringerung der Einwohnerzahlen berücksichtigen.

Im Übrigen - auch das darf in Anführungszeichen gesetzt werden - gibt es einen sehr interessanten Nebeneffekt: Möglicherweise werden sogar die Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zunächst etwas schneller erreicht, wenn weniger Menschen im ländlichen Raum leben und weniger Abwasser produziert wird. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, weil die Schadstoffe entsprechend steigen.

Ziel des Ganzen ist dann weiterhin die hohe Ver- und Entsorgungssicherheit. Wie wir eben hörten, leben wir in Deutschland hinsichtlich der Wasserversorgung quasi auf einer Insel der Glückseligen. In der Schweiz ist dies auch der Fall, denn ich habe mir die Zürcher Kläranlage angeschaut, und die Wasserversorgung dort war sehr gut. Jedoch gibt es nicht viele solcher Länder.

Wenn wir uns das weiterhin leisten und daran auch arbeiten wollen, müssen Lösun-gen gefunden werden. Eine Möglichkeit sind sicherlich die dezentralen Konzepte. Frau Schwarzenberg hatte bereits die Erschließungsgrade angesprochen, womit na-türlich immer die Erschließungsgrade mit zentraler Entsorgung gemeint sind.

Im Bereich der Abwasserentsorgung liegt der Erschließungsgrad bei 100 Prozent, der jedoch über dezentrale Systeme läuft. Insofern muss man überlegen, ob noch weiter in zentrale Systeme vor allem im ländlichen Bereich investiert wird oder ob nicht auch die dezentralen Systeme gestärkt werden sollten.

Bezüglich des Beispiels mit den Kühen auf der Weide ist zu sagen: Vielleicht muss man sich sogar in einigen Bereichen davon verabschieden, einen sehr tollen Stan-

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dard zu schaffen, mit dem sehr kostenintensiv Abwasser beseitigt wird. Die ursprüng-liche Idee der Abwasserentsorgung über Kanäle lag in der Hygiene bzw. Verhinde-rung von Seuchen und Ähnlichem. Insofern kann man im ländlichen Bereich vielleicht bei einzelnen Gehöften sagen: Ihr behaltet eure Kleinkläranlage bzw. eure abflusslo-se Grube und gut ist. Es bricht schließlich nicht gleich eine Seuche aus, wenn dies ab und zu abgefahren wird.

Zudem sollte man darüber nachdenken, Bürgermeisterkanäle eventuell zu reaktivie-ren, womit die aus DDR-Zeiten bekannten Straßenseitengräben gemeint sind. Auch das lässt sich eventuell noch einpflegen. Bei der Refinanzierung ist insbesondere Kreativität gefordert, denn jede Maßnahme, die mit Kostensteigerungen einhergeht, führt in Bereichen mit rückläufigen Einwohnerzahlen zu sich potenzierenden Kosten-steigerungen, weil immer weniger Menschen für diese Leistungen bezahlen können. Dort öffnet sich eventuell eine soziale Schere, die sehr unangenehm werden kann.

Des Weiteren kann man über Grundgebühren nachdenken oder darüber, Abschrei-bungsdauern, die im Kommunalabgabengesetz zu regeln wären, mehr an die Nut-zungsdauer anzupassen, falls Anlagen vorzeitig abgängig sind. Wenn Sie zum Bei-spiel in einen Kanal investieren, diesen über 80 Jahre abschreiben und nach 30 Jah-ren plötzlich feststellen, Sie brauchen den Kanal nicht mehr, dann sind die Abschrei-bungen, die in den verbleibenden 50 Jahren noch hätten erwirtschaftet werden sol-len, nicht mehr gebührenfähig. Das geht dann in die allgemeinen Haushalte und schreckt manche sicherlich davor ab zu sagen: Ich lege den Kanal still. Lieber lässt man den Kanal noch ein wenig laufen, damit er in das Gebührengeschehen integriert werden kann. Man muss sich dann lediglich Gedanken darüber machen, wer zahlt und wie gezahlt wird.

Zu dem bereits erwähnten Leitbild wird sicherlich Herr Dr. Merten noch sehr viel ge-nauer vortragen. Nur so viel von mir: Ich habe in dem Leitbildprozess gesehen, dass sich viele Wasserver- und Abwasserentsorger einbrachten. Leider beteiligten sich nicht so viele Städte und Gemeinden, obwohl sie das Thema betrifft. Sicherlich teilt nicht jeder die Ergebnisse, aber vom Grundsatz her beleuchtet dieses Leitbild deut-lich den demografischen Wandel. Meines Erachtens sind die Ansätze in dem Leitbild es wert, verfolgt zu werden.

Das Leitbild liegt auch nicht, wie vermutet, in irgendeiner Schublade. Die Branden-burgische Wasserakademie - der Präsident, Herr Sczepanski, ist heute ebenfalls an-wesend - hat sich das Leitbild angesehen und schaut, was man damit tun kann. Ei-nen der sinnvollen Ansätze möchte ich besonders hervorheben: die verstärkte inter-kommunale Zusammenarbeit. Die Struktur in Brandenburg möchte ich nicht als un-gesund bezeichnen, aber es könnte sich der eine oder andere Zweckverband - vor allem die kleinen Verbände bzw. kleineren Einheiten - durchaus mit anderen zusam-menschließen. In den Regionen mit Stadtwerken funktioniert das in der Regel recht gut. Dort kann man interkommunal arbeiten, muss es aber nicht.

Eine Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit ist sinnvoll. Ich spreche dabei nicht von riesigen Zusammenschlüssen. Schließlich muss man die betriebswirtschaft-lichen Kennzahlen betrachten. Vielmehr geht es um schlagkräftige Einheiten mit ent-sprechendem Fachpersonal, bei denen es gebührenmäßig nicht so dramatisch ist, ob

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noch ein Experte für X oder für Y eingestellt wird. Das sollte unterstützt werden, wo-für ich plädiere.

Natürlich soll nicht das gesamte Land ein Wasserversorgungsunternehmen werden, aber es sollte etwas konkreter werden und verstärkte Strukturen aufweisen. Dieses Petitum entspricht auch dem Leitbild „Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft“, und daran sollten wir arbeiten.

Ansonsten empfehle ich stets den Blick in die Literatur. So hat unter anderem der Fachverband DWA - Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Ab-fall - bereits diverse Tagungen dazu durchgeführt. Dr. Breitenbach, ein Wirtschafts-prüfer aus Koblenz, hat eine Dissertation über die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Abwasserentsorgung geschrieben. Auch wenn er dies für Rhein-land-Pfalz schrieb, sind darin auch gute Ansätze für uns zu finden.

Es gibt eine Vielzahl an diskussionswürdigen Lösungsmöglichkeiten. Jedoch wird so langsam die Zeit knapp, wenn wir bedenken, dass die Wasserwirtschaft enkelfähig ist und die Investitionen mit Blick auf die nächsten 40 bis 60 Jahre tätigt. - Vielen Dank.

Vorsitzender:

Herzlichen Dank, Herr Pencereci, für den interessanten Vortrag. - Nun erteile ich Herrn Dr. Merten für die Landesregierung das Wort.

Herr Dr. Merten (MLUL):

Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Ich möchte nun aus der Perspektive des Landes - nicht der Landesregierung - einen übergeord-neten Blick auf die Problematik demografischer Wandel und Siedlungswasserwirt-schaft werfen, und zwar in enger Querbeziehung zu dem Leitbild bzw. zu dem Leit-bildprozess.

(Der Vortrag wird von einer PowerPoint-Präsentation begleitet.) (Anlage 2)

Zunächst gebe ich Ihnen ein kurzes Resümee zum Leitbildprozess selbst: Warum haben wir ihn durchgeführt? Wie war er strukturiert? Wie ist er gelaufen? Welche Er-gebnisse kamen heraus? Welche Handlungsbedarfe sehen wir aus unserer Perspek-tive? Welche Handlungsoptionen erkennen wir mit Blick auf die Umsetzung des Leit-bildes? Was wäre dafür erforderlich? Wie kann so ein Weg aussehen?

Dabei versuchte ich, mich möglichst eng an Ihre Fragen zu halten, die Sie mir vorab zustellten. Einige Aspekte werde ich jedoch aus Zeitgründen ausblenden. Damit die-se aber nicht untergehen, erhalten Sie dafür Links, unter denen das nachlesbar ist.

Die Grundlage für den Leitbildprozess selbst war eine rein fachliche Angelegenheit, die wir in unserem Aufgabenportfolio als Umweltministerium hatten. Nicht nur der demografische Wandel, sondern auch die Folgen des Klimawandels und die steigen-den Umweltstandards werden natürlich als kostenträchtige Treiber im Land wirksam. Insofern stellen sich die Fragen: Wie organisiere ich meine Fach- und Förderpolitik?

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Wie kann ich das mit fachpolitischen Instrumenten flankieren und lenken? - So ist etwa das Abwasserbeseitigungskonzept unmittelbar im Wasserrecht angesiedelt.

Natürlich muss ich stets darauf achten: Es ist und bleibt eine kommunale Aufgabe. Insofern habe ich als Land oder als Landesregierung dort nicht sehr viel hineinzufun-ken. Dennoch sehe ich Schwierigkeiten und fachliche Verantwortlichkeiten.

Im Innenministerium gibt es natürlich eine Reihe von Verantwortlichkeiten und Zu-ständigkeiten, die auf das Kommunalrecht bzw. auf das Gebührenrecht zielen. Inso-weit ist der Blick des Landes eher der fachliche Blick unseres Hauses. Naturgemäß kann ich natürlich nicht für die Landesregierung in Gänze sprechen.

Durch die Fach- und Förderpolitik waren wir natürlich über die gesamte Zeit schon sehr eng verbunden. Nach der Wende galt es, zunächst einmal in einem enormen Kraftakt eine funktionierende Infrastruktur her- und Förderkulissen bereitzustellen, die Prozesse zu begleiten und Verantwortung abzugeben. Das ist ein entscheidender Punkt. Nach etwa 20 Jahren war dann natürlich auch die Frage wichtig: Ist es nicht an der Zeit, auch die eigene fachpolitische Diktion im Haus zu überprüfen und deutli-cher darauf zu schauen, wie es weitergeht?

Zu diesem Zweck schlugen wir einen Leitbildprozess vor. Für diesen sehr spannen-den Meinungsbildungsprozess stellten wir uns einen Beirat zur Seite, in dem alle ent-scheidenden Fachverbände der Wasserwirtschaft vertreten waren. Zudem waren regelmäßig die drei flächenübergreifenden Kooperationen der Wasserwirtschaft an-wesend. Insofern ist das Umweltministerium nicht als Träger, Durchführer oder Ma-cher des Leitbildprozesses aufgetreten, sondern hat vielmehr einen Prozess initiiert und einen Diskursrahmen zur Verfügung gestellt. Dafür hat es ein Berater- und Mo-deratorenteam gebunden, das aus Juristen, Moderationsprofis und Unternehmens-beratern besteht, die sich sehr gut mit der brandenburgischen Siedlungswasserwirt-schaft auskannten.

Zu Beginn des Ganzen ließen wir auch ein sehr ausführliches und detailliertes Sach-verständigengutachten anfertigen, das Sie auf jeden Fall lesen sollten. Darin wurden die Auswirkungen des demografischen Wandels in einer sehr kleinteiligen Regionali-sierung dargestellt und anhand verschiedener Indikatoren in Prognoseebenen trans-portiert. Dabei spielt natürlich die Frage Zentralität oder Dezentralität eine wichtige Rolle, wenn auch nicht die entscheidende.

Der bereits genannte Anschlussgrad von etwa 87 Prozent ist insofern auch kein Ma-kel, sondern eher eine Chance. In den ländlichen Räumen sind wir in Brandenburg hinsichtlich weitergehender Anpassungsprozesse deutlich besser aufgestellt als dort, wo der ländliche Raum einen Erschließungsgrad von mehr als 90 Prozent hat. Inso-fern ist es immer die Frage des halbvollen oder halbleeren Glases.

Nun aber zurück zur Struktur: Im Hintergrund der Erarbeitung des Leitbildes war also ein Beirat tätig, der sich mit dem Moderatorenteam vernetzt hat. Die Dialoge und Workshops führten dann die Moderatoren mit Vertretern aus Zweckverbänden und Betriebsführungsgesellschaften sowie mit der umsetzungsverantwortlichen Ebene durch. Insofern stand nicht das Land als Vokabelgeber und Ansager auf dem Podi-um.

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Fachlich war es in mehrere große Themenblöcke strukturiert. Dabei befassten wir uns mit der technischen Infrastruktur, mit Fragen zum Ressourcenschutz, zum Teil mit der Spezifik kleiner Aufgabenträger, mit Finanzierung, Förderpolitik sowie mit der Organisation und Struktur. Dies mündete dann im Herbst 2014 in einem Leitbildent-wurf.

Mit deutlichem Bedauern mussten wir feststellen, dass auch die Mitwirkung der Ge-meinden, die in einzelgemeindlicher Aufgabenerledigung tätig waren, sehr verhalten war. Dabei ist die Gemeinde die unmittelbar kommunalpolitisch verantwortliche Ebe-ne, die Entscheidungen trifft und diese in den Verbandsversammlungen der Zweck-verbände umsetzen und gegebenenfalls forcieren muss. Jedoch haben wir die Ge-meinde als entscheidende Akteursebene bisher nicht erreichen können.

Aus diesem Grund switchten wir den Prozess kurzerhand um und trugen das Thema noch einmal dezidiert und in sehr enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Städte- und Gemeindebund in Regionalkonferenzen unmittelbar an die Bürger-meister und Amtsdirektoren heran. Mit 52 Ämtern hat sich immerhin etwa ein Viertel der brandenburgischen Kommunen aktiv beteiligt. Parallel dazu lief eine Fragebo-genaktion, die recht gute Rücklaufquoten aufwies. Nach dieser Konsultation mit den Gemeinden konnten wir diesen Leitbildentwurf in das Ihnen nun bekannte Leitbild überführen.

Gewiss brachte die Konsultation mit den Gemeinden keine grundsätzlich neuen Themenfelder oder Sichtweisen auf, aber durchaus erwähnenswerte Akzentsetzun-gen. So äußerten die Städte und Gemeinden den starken Bedarf nach einer interes-senunabhängigen Entscheidungsunterstützung. Gemeinden sehen Trinkwasser und Abwasser deutlich als komplexe Aufgaben, und zwar sowohl technisch komplex als auch rechtlich und gebührentechnisch komplex.

Nach Entscheidungsunterstützung und auch nach konkreten Umsetzungshilfen oder Anreizen mit Blick auf interkommunale Kooperationslösungen oder Fusionen baten die Kommunen sehr deutlich. Insoweit schneidet sich dieser Befund mit dem, was Herr Pencereci vom Landeswasserverbandstag berichtete.

Dieses im Frühsommer verabschiedete Leitbild, welches das Leitbild der Siedlungs-wasserwirtschaft bzw. der Akteure war - insofern ist es das Leitbild der Siedlungs-wasserwirtschaftler für die Siedlungswasserwirtschaft, aber nicht das Leitbild des Landes oder der Landesregierung -, war im Juni Gegenstand einer Beschlussfas-sung im Präsidium des Städte- und Gemeindebundes. Es ist bemerkenswert, dass sich auch der Städte- und Gemeindebund mit einem Grundsatzbeschluss dazu be-kannte.

Im Herbst wollten wir dieses Papier dann zum Gegenstand einer Ressortabstimmung unter den Häusern der Landesregierung machen. Aus diesem Grund fand am 24. November in Form einer Unterrichtung die Kabinettbefassung zu diesem Leitbild statt. Dabei nahmen der Ministerpräsident und sämtliche Minister dies zur Kenntnis.

Herr Minister Vogelsänger tat dann das Naheliegende und übersandte das Papier mit einem Anschreiben an die ihn betreffenden Ausschüsse - an den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft und an die Enquete-Kommission.

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Der Abteilungsleiter Augustin stellte dann das Leitbild im Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft vor, womit das Leitbild und das Ergebnis dieses Prozesses im parlamentarischen Raum liegen.

Das Umweltministerium sagte mit dem formellen Abschluss des Projektes „Leitbild-entwicklung“ konsequent: Die Führungsrolle müssen wir jetzt wieder abgeben. Weder haben wir das Mandat noch ist es unsere Aufgabe, als Teil der Landesregierung vo-ranzumarschieren und den Kommunen zu sagen, was sie tun oder lassen sollten, um fit zu werden. Dafür sind entscheidende Weichenstellungen notwendig, die ein Minis-terium so nicht treffen kann.

Nun zu dem halbvollen bzw. halbleeren Glas, da Sie mich fragten, wie ich aus Sicht der Landesregierung dieses Leitbild bewerte. Der inhaltliche Kern besteht in einer sehr klaren Struktur von Zielen und Maßnahmen in den vier genannten Themenfel-dern. Bemerkenswert ist zudem - das ist ein wichtiges Ergebnis des Leitbildprozes-ses -, dass mit sehr großer Konsequenz und Genauigkeit zugeordnet wurde, welche Ebene - Kommune, Land, Landkreis oder Zweckverband - für die jeweiligen Maß-nahmen vorrangig umsetzungsverantwortlich ist.

Wir teilen die Bewertung vieler, dass dieses Leitbild eine durchaus tragfähige Grund-lage dafür ist, mit strategischem Weitblick daran zu gehen, dass die Siedlungswas-serwirtschaft handlungs- und zukunftsfähig, zukunftsfest, aber auch bezahlbar ist.

Des Weiteren hat sich die Prozessstruktur bewährt, einen sehr klaren und strukturier-ten Prozess aus Beirat und Akteursgruppierungen durchzuführen. Darin sehe ich auch einen Schlüssel für die sehr hohe Mitwirkungsbereitschaft der kommunalen Aufgabenträger, die diesen Prozess inhaltlich und personell sehr stark trugen.

Dabei ist das enge Einvernehmen mit dem Städte- und Gemeindebund nach wie vor hervorhebenswert, womit ich zum halbleeren Glas komme. Bislang war es leider nicht möglich, adäquat Strukturen oder Ansatzpunkte für eine Umsetzung des Leitbil-des zu finden, die sich in einer kommunalen Struktur, Organisation oder Plattform realisieren würde.

Mit dem Säulendiagramm sollen Sie ein Bild von der Lage erhalten, warum das Glas halbleer ist. Die Anzahl der Aufgabenträger habe ich in Bezug zu je 5 000 Einwoh-nern gesetzt. Bei der Einwohnerzahl bis 5 000 sind es 64 unterschiedliche Struktu-ren. Überwiegend sind das natürlich einzelgemeindliche Aufgabenwahrnehmungen.

Am Leitbildprozess waren die Betriebsführungsgesellschaften und die Zweckverbän-de zu je etwa zwei Dritteln vertreten, die kommunalen Eigenbetriebe und Stadtwerke zu je etwa die Hälfte, die Gemeinden, die einzelgemeindliche Aufgabenwahrneh-mung wahrnehmen, gerade einmal zu kümmerlichen 2 Prozent.

„Keine Mitwirkung“ bedeutet: Wer hat diesen Leitbildprozess nicht wahrgenommen? Wer hat sich mit seiner Sichtweise nicht eingebracht? - Dabei gibt es einen bemer-kenswerten Zusammenhang zur Größe der Organisation. Das kann durchaus ein Indiz auf strukturelle Defizite sein. Herr Pencereci meint, es sei dennoch nicht alles schlecht - dies teile ich durchaus -, aber es ist auch nicht alles optimal.

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 25 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Bei der Zusammenstellung nach Größenklassen in der gröberen Struktur und wie viele Aufgabenträger es in welcher Größenklasse gibt, ist Folgendes festzustellen: Bei der Größenklasse bis zu 10 000 Einwohnern gibt es 83 unterschiedliche Aufga-benträger, die insgesamt etwa 270 000 Einwohner ver- oder entsorgen und somit für gerade einmal 10 Prozent der Bevölkerung verantwortlich sind. Bei der Größenklasse bis zu 50 000 Einwohnern in einem Verbandsgebiet ver- und entsorgen elf Aufgaben-träger fast 40 Prozent der Bevölkerung.

Ein weiteres Indiz für durchaus bestehende strukturelle Defizite sehe ich in Mehr-fachmitgliedschaften von Ämtern und Gemeinden in ihrer Gebietsstruktur. Die Ge-meindegebietsreform 2002 wurde nicht in der Aufgabenträgerstruktur nachvollzogen. Wenn ich dann konstatieren muss, dass etwa ein Viertel aller brandenburgischen Städte und Gemeinden Mitglied mehrerer Zweckverbände sind, die in den Zweckver-bänden interkommunale Kooperationen praktizieren, stimmt mich das nachdenklich.

Wie sollen kommunalpolitische Entscheidungsprozesse auf Ebene des Gemeinde-rats oder der Stadtverordnetenversammlung stattfinden, wenn eine Gemeinde in zwei oder drei Zweckverbänden Mitglied ist? - Schließlich müssen sie sich dann an den jeweiligen Bedürfnissen oder Mehrheitsverhältnissen von mehreren Zweckver-bänden orientieren. Hier ist die kommunale Anbindung der Aufgabe relativ eng zu sehen.

Zum letzten Säulendiagramm ist zu sagen: Es gibt den freiwilligen Kennzahlenver-gleich Trinkwasserversorgung/Abwasserbeseitigung. Das ist natürlich kein Instru-ment zur Berichterstattung und hat auch nichts mit Parteitagsberichterstattung zu tun. Vielmehr ist es in erster Linie eine Methodik, die eigene betriebswirtschaftliche Situa-tion und die Kostenstrukturen zu durchleuchten und in der mehrfachen Auswertung von eigenen Kennzahlen und im Vergleich mit den Kennzahlen von Nachbarverbän-den zu sehen: Wo sind die Kostentreiber in meiner technischen Struktur und Organi-sationsstruktur? Wo gibt es Verbesserungs- und Optimierungspotenziale, die tat-sächlich gebührenwirksam und kostendämpfend wirken?

Ich komme nun zu einem Zwischenfazit und behaupte ketzerisch: Es gibt durchaus den evidenten Zusammenhang zwischen der Größe eines Aufgabenträgers und sei-ner Handlungsfähigkeit. Die Größe ist aber kein Effizienzkriterium. Viel entscheiden-der ist die Frage: Ist diese Struktur organisatorisch stark, kommunalpolitisch veran-kert und strategiefähig? - Insofern müssen wir nicht über die Größe sprechen, son-dern über Effizienzkriterien. Ich mag also weder unterschreiben, dass „groß“ gleich „effizient“ ist und „privatwirtschaftlich“ besser oder effizienter als „kommunal“.

Neben Strukturmerkmalen, bei denen Gebietsgrößen, Einwohnerdichten und raum-bezogene Strukturmerkmale eine Rolle spielen, gehören zur Bewertung der Effizienz auch betriebswirtschaftliche Kennzahlen - organisatorische Handlungsfähigkeit -, wasserwirtschaftliche Synergien sowie Prozessmerkmale, an denen Transforma-tions- oder Restrukturierungsprozesse ordentlich validiert werden können.

Wenn ich also mit dem Ziel antrete, das Leitbild „Zukunftsfähige Siedlungswasser-wirtschaft“ als einen möglichen Fahrplan, eine Blaupause oder Entwurfsskizze für die Konsolidierung der Siedlungswasserwirtschaft herzunehmen, müssen ganz ent-scheidende Grundlagen erfüllt werden.

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Es stellt sich also die Frage: Welche Voraussetzungen sollten geschaffen werden, um mit großer Ernsthaftigkeit an der Umsetzung dieses Leitbildes zu gehen? - Dabei sollte dieser Diskurs im politischen Raum aufgegriffen und zu einem Abschluss ge-führt werden. Schließlich liegt das Leitbild als Broschüre, aber auch als organisatori-scher Vorgang nun beim Parlament.

Es muss also allen Beteiligten, die sich ernsthaft mit dieser Frage befassen, von An-fang klar sein, dass die Konsolidierung in erster Linie die Handlungsbereitschaft der Kommunen voraussetzt. Damit ist die deutliche Zurückhaltung unseres Hauses zu erklären, diesen Prozess weiter voranzutreiben. Schließlich liegt die kommunalpoliti-sche Verantwortung bei der Kommune, und die Handlungsbedarfe sind offenkundig, und zwar sowohl aus der großräumigen als auch aus der kleinräumigen Sicht.

Sicherlich kann das Land einen solchen Prozess unterstützend flankieren, aber nicht initiativ handeln. Eine interessenneutrale Struktur, die diese mögliche Umsetzung auffängt und sie künftig moderiert, gibt es derzeit noch nicht. Wenn das Land später einen sich strukturierenden und vollziehenden Prozess unterstützen möchte oder soll, muss sehr deutlich sein, dass hierfür auch personelle und finanzielle Ressour-cen bereitgestellt werden müssen, die in dem Aufgabenportfolio der Häuser gegen-wärtig nicht vorhanden sind.

Wenn es zu einer Umsetzung solcher Konsolidierungsprogramme kommt, bedarf es natürlich auch eines langen Atems. Niemand darf erwarten, dass die Welt gut ist, wenn man dreimal mit diesem Leitbild auf den Tisch geklopft hat. In jedem Einzelfall sind die Prozesse auf kommunaler Ebene zu führen, auch wenn sie rechtlich kompli-ziert und betriebswirtschaftlich zum Teil unübersichtlich sind.

Eine weitere Frage ist: Wie sehen die nächsten Schritte aus? - Diesbezüglich habe ich meines Erachtens die Interessenvertretungen und Fachverbände dicht an meiner Seite, denn es bedarf an der inhaltlichen Bestimmung des Begriffes „effiziente Struk-turen“. Nur über solch eine Begriffsbestimmung kann ich saubere und seriöse Ziel-größen für eine Konsolidierung der Aufgabenträgerstrukturen definieren.

Für solche Strukturreformen muss natürlich ein Zielrahmen entwickelt werden, der sehr deutlich und sehr nüchtern die Erfahrungen der zurückliegenden Entwicklungen und aller nicht sehr glücklichen Schritte - zum Beispiel Schuldenmanagement und Ähnliches - berücksichtigen muss. Es braucht also einer Prozessstruktur, die sehr klar den Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung respektiert und unterstützt.

Letztlich ist es auch sehr wichtig, Indikatoren zu bekommen, anhand derer dann ein solcher Konsolidierungsprozess evaluiert werden kann. Dabei stellt sich die Frage: Wie lange ist hierbei das Land noch gefragt und notwendig?

Vorrangige Handlungsoptionen für Aufgabenträger bzw. für Gemeinden ist die Nut-zung bestehender Instrumente. Hier sei das Stichwort Kennzahlenvergleich zu nen-nen. Bereits heute steht eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung. Man muss sich dabei nur die eigene konkrete Betroffenheit klar und ungeschminkt bewusst und zum Gegenstand kommunalpolitischer Diskussionen machen. Man darf also nicht in Wahlperioden oder Gültigkeitszeiträumen von Abwasserbeseitigungskonzepten den-ken, sondern in mittelfristigen strategischen Dimensionen.

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 27 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Ein Schritt in die Zukunft ist auch, mit aller Konsequenz bestehende Möglichkeiten zur interkommunalen Zusammenarbeit zu prüfen, bei denen es darum gehen kann, kostenrelevante Prozesse zu bündeln, auszulagern, gemeinsam zu erledigen und anhand gemeinsamer Kooperationen auch ein Vertrauensverhältnis und eine Nähe zu Partnern für etwaige spätere Fusionen zu erhalten. Das ist dann eine sehr schöne Nebenwirkung.

Nun zu den weiterführenden Informationen: Ich empfehle Ihnen sehr die Lektüre des vor kurzem erschienenen Kommunalfinanzberichtes des Landesrechnungshofes Mecklenburg-Vorpommern. Auf den Seiten 56 bis 74 gibt es sehr eindrückliche Be-wertungen und Stellungnahmen zur wirtschaftlichen Stabilität von Aufgabenträgern in ähnlicher Struktur.

Zu Ihren Fragen hinsichtlich der Dezentralität verweise ich auf das bereits zitierte Gutachten. Es ist online verfügbar, sehr solide und kleinräumig. Des Weiteren stehen die alle zwei Jahre erscheinenden Lageberichte unseres Hauses sowie der Wegwei-ser für die bürgerschaftliche Ebene für den Einsatz von Kleinkläranlagen und Sam-melgruben im Netz. - Herzlichen Dank für Ihre Nachsicht, dass ich meine Redezeit überzogen habe.

Vorsitzender:

Vielen Dank. - Die erste Fragerunde eröffnet Herr Schröder, gefolgt von Herrn Dr. Lehmann und Frau Schwarzenberg.

Kommissionsmitglied Schröder (AfD):

Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Zunächst herzlichen Dank an die Vortragenden für die sehr aufschlussreichen Beiträge.

Eine größeres Problem aufgrund einer Reduzierung der Anzahl der Abnehmer bzw. Nutzer der Abwasseranlagen scheinen die Mikroschadstoffeinträge in das Abwasser zu werden. Eine dezentrale Regelung dessen ist eine Aufgabe in den immer dünner besiedelten Regionen.

Herr Prof. Krebs, Sie sprachen die Problematik eines funktionierenden Monitorings an: Wenn diese dezentralen kleinen Anlagen in Betrieb gehen oder weiter gefördert werden, steigen die Mikroschadstoffeinträge. Wird das zu einem Problem oder nicht, wenn es sich lediglich um wenige Anschließer handelt, die eine solche Anlage be-treiben?

Herr Pencereci, gibt es Steigerungszahlen der Mikroschadstoffeinträge über einen zurückliegenden Zeitraum, damit man daraus auch etwas für die Zukunft ableiten kann?

Kommissionsmitglied Lehmann (Sachverständiger)

Herr Pencereci und Herr Dr. Merten, anhand Ihrer vorgestellten Zahlen war die Betei-ligung an diesem Leitbildprozess auf kommunaler oder auf Verbandsebene gering. Worin liegen die Ursachen dafür?

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Herr Dr. Merten, Sie sagten, das Leitbild sei nun im politischen Raum und es müsse eine Entscheidung durch die Politiker herbeigeführt werden, damit das Ministerium handelt. Habe ich das falsch verstanden?

Meine letzte Frage geht an alle drei Referenten: Wir hörten bisher relativ wenig über die Situation im ländlichen Raum, in dem die Struktur etwas anders ist. Haben Sie Empfehlungen, wo die Entscheidungsgrößen liegen, ob man also dezentrale oder zentrale Systeme präferiert? - Vielleicht gibt es auch internationale Beispiele, wie man die auf uns zukommenden Herausforderungen in dünn besiedelten Räumen lösen könnte.

Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE):

Zunächst herzlichen Dank für die sehr informativen und hilfreichen Ausführungen. - Meine erste Frage betrifft die technische Ausstattung der Kläranlagen in Branden-burg. Ist die technische Ausstattung so, dass wir die laut Wasserrahmenrichtlinie vorgegebenen Ziele erreichen, oder gibt es einen Investitionsstau? Wenn es diesen gibt: Ist er mehr im städtischen oder im ländlichen Bereich zu finden?

Des Weiteren las ich im Leitbild unter der Rubrik „Technische Infrastrukturen“: neue Standards vermeiden. Ich habe Sie so verstanden, dass man an der einen oder an-deren Stelle über Standards nachdenken und sich das im ländlichen Bereich noch einmal anschauen muss. In welche Richtung haben Sie dabei gedacht?

Nun zu den alternativen Finanzierungsmodellen. Herr Prof. Krebs, gibt es auf wis-senschaftlicher Ebene Untersuchungen, wie man alternative Finanzierungsmodelle entwickeln kann? - Ich bin mir nicht sicher, ob die interkommunale Zusammenarbeit, bei der man eventuell an der einen oder anderen Kostenschraube zur Senkung der Kosten drehen kann, ausreicht oder ob man nicht über andere Modelle nachdenken sollte. Können wir diesbezüglich auf Untersuchungen zurückgreifen, anhand derer man sieht, ob das in Brandenburg oder im ländlichen Raum auch sichtbar ist?

Ressourcenmanagement spielt dabei auch eine Rolle. Zudem gibt es eine Nachhal-tigkeitsstrategie im Land Brandenburg, bei der es um nachhaltiges Wirtschaften geht. Bei der Gestaltung der Gebühren kann man den Bürger sicherlich dazu animieren, weniger zu verbrauchen. Jedoch sprechen im ländlichen Raum die eventuell vorhan-denen sehr hohen Grundkosten dagegen. Gibt es Hinweise darauf, wie man auf der einen oder anderen Seite regulierend eingreifen kann?

Herr Dr. Merten, auch wenn Sie sagten, nicht für die Landesregierung zu sprechen, stelle ich Ihnen trotzdem folgende Frage: Wie sieht es derzeit mit Investitionsförde-rungen für Kläranlagen aus, die auf einen technischen Standard gebracht werden müssen? Gibt es da etwas oder ist etwas geplant?

Herr Prof. Dr. Krebs (TU Dresden):

Zunächst zu den Mikroschadstoffen in den dezentralen Anlagen bzw. generell zu den Problemen im Umgang mit dezentralen Anlagen. Diese haben grundsätzlich ein gu-tes Potenzial. Es gibt viele überprüfte und zertifizierte Anbieter auf dem Markt. Je-

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doch stellt die Überwachung ein Problem dar. Zumeist gilt das sogenannte Kaminfe-gerprinzip: Einmal jährlich überprüft jemand die Funktionstüchtigkeit der Anlage.

Wenn sie nicht mehr funktioniert, dann wissen wir natürlich nicht, ob sie nun schon seit 300 Tagen nicht mehr funktioniert oder erst seit zwei Wochen. Das Erstellen ei-nes diesbezüglichen Modells, das uns eine Fernüberwachung mit sehr einfachen Leitparametern, die online bzw. kontinuierlich überprüft werden können, ermöglicht, bedarf noch einer Entwicklung hinsichtlich der klassischen Parameter.

Mit den Mikroschadstoffen wird es noch schwieriger. Wollen wir sicher Mikroschad-stoffe im ländlichen Raum in dezentralen Anlagen entnehmen, gibt es keinen Weg an einer zusätzlichen Verfahrensstufe vorbei, die es ermöglicht, Mikroschadstoffe im dann abzufahrenden Schlamm anzureichern. Das erhöht aber wieder die Kosten.

Herr Dr. Lehmann, zu einer Struktur im ländlichen Raum kann ich keine allgemeine Vorgabe treffen. Es gibt nicht mehr Möglichkeiten, als anzuschließen oder dezentral zu entsorgen. Dazu nahmen wir gemeinsam mit Betreibern einige Untersuchungen vor. Meines Erachtens ist die Übergabe der Verantwortung des Betreibens sehr klei-ner Anlagen an größere Betreiber unumgänglich. Diese übernehmen Verantwortung dafür, dass die 100 Kleinkläranlagen, für die sie zuständig sind, funktionieren.

Weitere Untersuchungen bezogen sich darauf, welches die beste Größenordnung sei. Dabei kamen wir häufig zu dem Schluss, dass eine Nachbarschaftskläranlage in der Größenordnung von 50 angeschlossenen Einwohnern eine sehr viel bessere Lö-sung ist als die Hauskläranlage. Die scheitert aber häufig an der Nachbarschaft, was wiederum meine Kapazitäten des Moderierens und des Verständnisses übersteigt. Natürlich unternimmt der eine etwas mehr als der andere, was dann Probleme im Betrieb der Kläranlage nach sich zieht. Insofern scheitert es häufig an diesen kleinen nachbarschaftlichen Problemen.

Aus diesem Grund müssten sinnvolle Größenordnungen erstellt werden und nicht möglichst viele kleine Anlagen. Zudem müsste die Verantwortung für das Betreiben dieser Anlagen einem größeren Betreiber übergeben werden.

Bei dem Punkt „Fit für die Wasserrahmenrichtlinie“ bin ich grundsätzlich dafür, aber insbesondere für die klassischen Parameter. Schwierig wird es durch die Erweiterung der Stofflisten, die wir nicht alle erfüllen können. Sämtliche Gewässergütekarten ins-gesamt für Deutschland und dann auch für die jeweiligen Bundesländer waren Ende des letzten Jahrtausends grün und blau, was der Klasse 1 und 2, also gut bis sehr gut entsprach. Mit der Wasserrahmenrichtlinie sind diese nun alle rot. Somit entspre-chen 80 Prozent der deutschen Gewässer nicht den Anforderungen der Wasserrah-menrichtlinie.

Das ist jedoch nicht nur ein Problem der Abwasserqualität, sondern der Landwirt-schaft, die viele Stoffe einträgt, und der Längsdurchlässigkeit der Morphologie bzw. der Gewässer. Diese sind nicht mehr naturnah. Eine Reparatur dessen ist deutlich teurer, als noch mehr Stoffe herauszunehmen.

Bei den Gebührenmodellen ist es ein Problem, dass die Kostenstruktur nicht der Ge-bührenstruktur entspricht. Wenn wir kollektiv noch mehr Wasser sparen bzw. 50 Pro-

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zent Wasserverbrauch einsparen, werden wir dennoch 90 bis 95 Prozent der Kosten haben. Die Kubikmeterpreise steigen also einfach.

Ein Gebührenmodell, bei dem mehr Verbrauch progressiv belastet wird, wäre in der Tat ein überlegenswertes Modell. Allerdings widerspricht es ein wenig den von mir dargestellten Problemen. Dort, wo ausreichend Wasser vorhanden ist, spricht nicht so viel dagegen, noch mehr Wasser einzusparen. Aber wir sind schon die Besten.

Herr Dr. Merten (MLUL):

Zunächst zum Zustand der Kläranlagen, zum Ausstattungsbedarf, zur Wasserrah-menrichtlinie und zur Förderung: Diesbezüglich haben wir zwei Themen im selben Topf. Bei der Altersstruktur des Kläranlagenbestandes kommen diese hinsichtlich der maschinentechnischen Ausstattung sukzessive alle in den ersten Reinvestitionszyk-lus. Demnach werden maschinentechnische Ausstattungsgegenstände jetzt vermehrt erstmals zu erneuern sein. Vor dieser Problematik stehen derzeit sehr viele Aufga-benträger, was natürlich mit Kosten verbunden ist.

Bezüglich des Ausrüstungsstands der Kläranlagen mit Blick auf die Wasserrahmen-richtlinie beginne ich bei den Hauptdefizitkriterien. Unsere Bewirtschaftungsstrategie orientiert sich nach wie vor in Richtung der Hauptdefizitkriterien Nährstoffüberschüs-se in den Gewässern, vor allem Phosphor und untergeordnet Stickstoff. Dabei muss das Land Brandenburg in erheblich höherem Umfang in den wasserrechtlichen Er-laubnissen für Kläranlagen deutlich höhere Anforderungen stellen. Aber auch diese genügen nicht zur Minimierung der Nährstoff- bzw. Phosphorüberschüsse in den Gewässern.

Im zweiten Bewirtschaftungszyklus haben wir in dieser Richtung mit veröffentlichten Maßnahmenprogrammen noch einmal Akzente gesetzt. In der gerade in Kraft getre-tenen Förderrichtlinie ist in den Projektauswahlkriterien dezidiert eine Bevorzugung von Maßnahmen zu erkennen, die sich unmittelbar der Zielerreichung unterordnet.

Letztlich waren wir gezwungen - aufgrund des immer knapper werdenden Geldes unseres Finanzministeriums -, diesbezüglich sehr viel stärkere Prioritäten zu setzen. Insofern können wir nicht mehr jedes wasserwirtschaftlich vernünftige Thema för-dern. So mussten wir unter anderem die Energieeffizienzförderung zugunsten ge-wässergütewirksamer Ertüchtigungs- bzw. Sanierungsmaßnahmen herausnehmen, denn diese sind nach wie vor förderfähig.

Nun zu der Frage Bürgermeister bzw. Gemeinden versus Zweckverbände. Die Bür-germeister, die zugleich Aufgabenträger einzelgemeindlicher Aufgabenerledigung sind, haben häufig durch Abwesenheit geglänzt. Wir haben sie in dem nachgeschal-teten Konsultationsprozess auch immer seltener erreichen können.

In der Wahrnehmungsebene Bürgermeister versus Zweckverband gibt es aber auch einen bemerkenswerten und häufig auftretenden Effekt. Dort, wo Zweckverbände gut und selbstständig arbeiten, ist der Bürgermeister geneigt zu sagen: Um Wasser und Abwasser kümmert sich mein Zweckverband. Insofern besteht dort eine gewisse Wahrnehmungsfalle, dass ein gut oder selbstständig tätiger Zweckverband auf kom-

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munalpolitisch verantwortlicher Ebene nicht mehr wahrgenommen wird oder einem Bürgermeister das Thema zu heikel ist und es dem Zweckverband zuschiebt.

In vielen Fällen stehen vor allem die sehr engagierten und verantwortungsvollen Zweckverbände in einem schlechten Renommee. Sie sind quasi der Imagebüßer für kommunalpolitische Versäumnisse. Insofern muss man stets die jeweilige Situation beachten.

Beim Punkt „neue Standards vermeiden“ könnte man zum Beispiel durch Überregu-lierung im Bereich der Regelwerke auch innovative Lösungen zur Abwasserbeseiti-gung in ländlich strukturierten Räumen blockieren. Vor allem bei der Spurenstoffdis-kussion mahne ich eher zur Zurückhaltung und nicht zur künstlichen Erzeugung von Betroffenheit durch technisch Machbares und durch Mikrogrammdiskussionen, die letztlich in der Gesamtschau nicht mehr umweltrelevant sind oder keinen Nutzen für den Ressourcenschutz entfalten. Diese Diskussion muss also sehr sachlich geführt werden.

Selbst die derzeit auf Bundesebene diskutierte Mikroschadstoffstrategie ist in Grenz-bereichen ambivalent. Schließlich wissen wir derzeit - durch Fortschritte in der Analy-sentechnik - lediglich von einer Hand voll Arzneimittelwirkstoffen, die in merklichen Konzentrationen aus den Kläranlagen kommen und in den Gewässern auftauchen. Dabei gehören mehrere Hundert Substanzen zum Thema Mikroschadstoffe, so zum Beispiel Industriechemikalien.

Dadurch, dass wir uns auf eine Hand voll Arzneimittelrückstände kaprizieren, treten wir womöglich Investitionsbedarfe im Milliardenbereich los, ohne die Gewissheit zu haben, wie dieser Minderungsbeitrag in der Erreichung von Umweltzielen und eines guten ökologischen Zustandes insgesamt einzuordnen ist. Die Diskussion darf also nicht einseitig geführt werden.

Herr Pencereci (Landeswasserverbandstag Brandenburg):

Hinsichtlich der Organisationsformen fällt mir Folgendes ein: Effizienz und Effektivität in der Wasserwirtschaft ist weniger eine Frage der Rechtsform als vielmehr der han-delnden Personen. Dieser Satz kennzeichnet gut, wie Organisationsformen funktio-nieren - privat oder öffentlich. Alles andere sind dann Feinjustierungen.

Das Thema der Mikroschadstoffeinträge ist auf jeden Fall zu beachten. Tatsächlich wurden Steigerungen diesbezüglich festgestellt. Auf der 150. Sitzung der LAWA im Herbst 2015 wurde dabei etwas zu Zahlen und zu den Entwicklungen gesagt.

Dabei muss man sich stets die Frage stellen: Habe ich überzogene oder sinnvolle Forderungen? - Vor vier oder fünf Wochen wurde ich in einem Ausschuss des Bun-destages zum Düngegesetz und zur Düngeverordnung angehört. Dort wurde deut-lich, was geschehen kann, wenn man den Blick nicht in die Zukunft richtet.

Niedersachsen zum Beispiel hat die berühmten Nitratdurchbrüche. Dort floss also das Nitrat komplett in das Grundwasser, weshalb dieses nun zwischen Bremen und Osnabrück ziemlich schlecht ist, um es vorsichtig auszudrücken. Insofern muss man sehr intensiv in die Zukunft blicken und sich Gedanken darüber machen.

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Nun zu den Gebührenmodellen: Bei den gegenwärtigen Kosten können wir uns nur über deren Verteilung unterhalten. Dabei stehen uns drei Einnahmequellen zur Ver-fügung: der Bürger, der Bürger und der Bürger. Die Verteilung ist über Gebühren, Beiträge und Steuern möglich, weshalb man sich auch darüber Gedanken machen muss.

Trotz etwaiger Landes- oder Bundeszuschüsse müssen wir letztlich die Kosten tra-gen. Insofern ändern auch intelligente Gebührenmodelle nichts an dem Vorhanden-sein der Kosten, die in der Wasserwirtschaft überwiegend Fixkosten sind. Schließlich wurde in Beton, Asbest, Zement oder auch Kunststoff investiert, was alles ein hohes Gewicht hat und bezahlt werden muss, denn die Banken wollen ihr Geld.

Vorsitzender:

Vielen Dank. - Die nächste Fragerunde eröffnet Herr Raschke, gefolgt von Frau Schülzke und Herrn Folgart.

Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90):

Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Herr Krebs, Sie verdeutlichten uns eindrücklich, dass es um zwei Sachen geht: Wir haben genug Wasser, und dieses muss künftig sauber bleiben. Des Weiteren zeigten Sie auf, dass das Wasser nach der Reinigung in die Vorfluter fließt und anschließend in den Fluss und dann ins Meer.

Nun meinten Sie auch, wir seien ein niederschlagsarmes Land. Haben Sie eine Übersicht, ob wir diesbezüglich im Großen und Ganzen gut liegen oder führen wir beim Export von Wasser mehr ab, als bei uns niederschlägt.

Des Weiteren diskutieren wir in Brandenburg bei der Novelle des Wassergesetzes derzeit über Wasserentgelte für die Landwirtschaft und vor allem für die Tagebaue. Muss man dazu aus Ihrer Sicht etwas Bestimmtes beachten? Sollte man besonders hohe Anreize schaffen, um Wasser zu sparen, oder meinen Sie, das versickere oh-nehin alles? Haben Sie eine Empfehlung für uns?

Zudem debattieren wir gegenwärtig über den Landesentwicklungsplan in Branden-burg für Berlin-Brandenburg. Gibt es aus Ihrer Sicht irgendeine Notwendigkeit, In-strumente zum Schutz von Wasser einzufügen, oder reichen unter anderem die bis-herigen Trinkwasserschutzgebiete aus?

Herr Merten, das Aktionsbündnis Wassernetz hat bezüglich des Leitbildes vorge-schlagen, einen Runden Tisch für die Fortführung des Dialoges einzuberufen. Wie steht das Ministerium dazu?

Zu der Frage nach den Fördermitteln haben wir eben gehört, dass sehr viele Anlagen erneuert werden müssen und in die Sanierung investiert werden muss, weil die Anla-gen nun einmal vorhanden sind. Gibt es die Möglichkeit zu sagen, zum Beispiel das Wasserwerk, das vor der Sanierung steht, zurückzubauen? Gibt es dafür Fördermit-tel? Wie groß wäre der Bedarf?

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Meine letzte Frage richtet sich an alle drei Referenten. In der ganzen Debatte fehlen mir noch eine Übersicht oder Kriterien, anhand derer wir sagen: dezentral oder zent-ral. Wir vernahmen eben, dass es nicht nur das eine oder das andere gibt. Aber auch aus den von Herrn Pencereci genannten Gutachten geht das nicht hervor. Gibt es eine Karte, auf der man sieht: Dort lohnt es sich dezentral oder dort zentral? Wenn nicht: Wie kommen wir dorthin? - Schließlich müssen wir anhand einer solchen Karte oder anhand von fünf Kriterien entscheiden können. Wie kommen wir zu Kriterien oder einer solchen Karte?

Kommissionsmitglied Schülzke (BVB/FREIE WÄHLER):

Herr Prof. Krebs, in und um Braunschweig gibt es eine aus meiner Sicht sehr intelli-gente Abwasserentsorgung, die bewusst sternförmig nach außen geleitet wird. Dies nutzt man, um nachwachsende Rohstoffe aufzuziehen, die wiederum in die Biogas-anlagen gebracht werden. Die daraus entstehende Wärme bzw. Energie wird dann für die Stadt Braunschweig und die umliegenden Orte genutzt.

Durch diesen Kreislauf werden die Böden aufgewertet und sind die Pharmazeutika und Mikroschadstoffe gering, was durch die Universität in Braunschweig sehr intensiv begleitet und überwacht wird. Ein ähnliches System gibt es in Schweden. Interessant ist dabei, dass die Klärschlämme dadurch nicht so stark anfallen und damit nicht be-lasten.

Gibt es in diesem Bereich bei uns denkbare Forschungen oder Entwicklungen? - Brandenburg hat konsequent abgelehnt, Abwasser und Klärschlämme so zu verwer-ten wie in Niedersachsen, obwohl es diese Einträge, wie Stickstoff, in Braunschweig nicht gibt - so, wie das Herr Pencereci gerade für Oldenburg darlegte. Ist Ihnen be-kannt, ob daran gearbeitet oder geforscht wird?

Herr Pencereci, nach Ihrer Aussage ist die Stilllegung einer Leitung oder Kläranlage zu finanzieren. Von 1990 bis Ultimo mussten die Versorgungsanlagen stets auf 150 Liter pro Einwohner ausgelegt werden. Heute vernahmen wir, in Brandenburg fließen 108 Liter durch. In meinem Wasserverband in Schlieben, den ich mehr als 20 Jahre leitete, sind es 86 Liter. Diese Differenz sind nun die belastenden Kosten. Wer trägt bei der Stilllegung solcher Anlagen - dies ist unter anderem in Sonnewalde ein Thema - die Kosten? - Diese fallen vermutlich auf die Gemeinde zurück und nicht auf den Verband, denn sie sind nicht gebührenfähig. Wie sollte man damit umgehen?

Kommissionsmitglied Folgart (SPD):

Meine erste Frage schließt sich an die von Herrn Raschke an: Herr Prof. Krebs, für mich als Landwirt war Ihre Darstellung der Wassersituation auf der Welt, des Bewäs-serungsbedarfs und des virtuellen Wasserexports und -imports interessant.

In der Berichterstattergruppe 2 der Enquete-Kommission geht es um Wertschöpfung im ländlichen Raum, um die Produktion im ländlichen Raum sowie um die Vermark-tung von Produkten des ländlichen Raumes in die Märkte hinein. Dabei gibt es eine rege Diskussion darüber, ob der regionale Markt, der nationale Markt oder auch der internationale Markt für die Stärkung des ländlichen Raums in Brandenburg von Inte-

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 34 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

resse sein könnten, zumal wir im Vergleich zu Niedersachsen ein nutztierschwaches Land sind und noch Reserven hätten, tierische Produktion durchzuführen.

Wenn wir für Beregnung in Deutschland kaum einen Wasserverbrauch haben oder ihn vielleicht mit 1 oder 2 Prozent beziffern, aber 70 Prozent der Agrargüter, die wir nach Deutschland einführen, mit Beregnungswasser hergestellt sind, stellt sich die Frage: Wie bewerten Sie die Situation des virtuellen Wasserimports aus einer Regi-on, die wahrscheinlich künftig noch mehr Probleme mit dem Wasserhaushalt haben wird, versus dem virtuellen Wasserexport?

Des Weiteren schilderten Sie die Situation der Höfe in Schleswig-Holstein und die bestimmten Toleranz- bzw. Schwellenwerte für einen 4-Personen-Haushalt, wobei meines Erachtens vernachlässigt werden könnte, dass an dieser Stelle ein hoher Standard aufgesetzt wird und eine hohe Rechtsnotwendigkeit besteht, zu investieren. Das sollte man eventuell gelassener sehen unter Berücksichtigung dessen, dass auf dem gleichen Standort 100 Kühe in hoher Konzentration stehen, die vielleicht mehr in der Umwelt durcheinanderbringen als der 4-Personen-Haushalt.

Daraus leitet sich die Frage ab: Beschäftigt sich die Wissenschaft damit? Gibt es An-regungen für die Politik, dies zu ändern? - Dabei sprechen wir über europäische, na-tionale und auch Landespolitik.

Herr Pencereci, Sie sprachen die Bürgermeisterkanäle an. Wie ist Ihre Bewertung dessen?

Herr Prof. Dr. Krebs (TU Dresden):

Bezüglich der Wasserbilanz handhaben die Hydrologen es ganz einfach: Der Regen ist der sogenannte Input in einem Flusseinzugsgebiet. Zudem gibt es die Eva-potranspiration, was direkt wieder in die Atmosphäre geht. Alles andere ist dann Ab-fluss - egal, ob ober- oder unterirdisch. Das, was wir verbrauchen, ist letztlich auch Abfluss. Wir produzieren also Abfluss und liefern Wasser über den ober- und unterir-dischen Abfluss in die Meere.

Mit dem Wasserentgelt im Tagebau habe ich mich nicht beschäftigt. Natürlich ist die Verockerung der Fließgewässer auch in dieser Region ein bekanntes Problem. Auf-grund dieses anspruchsvollen Themas sind große Forschungsinstitutionen entstan-den, weshalb ich mich dort auch nicht eingebracht habe. Vielleicht können die Kolle-gen, die mit diesen Gewässern zu tun haben, etwas dazu sagen.

Die Definition der Trinkwasserschutzgebiete ist ausreichend, weshalb grundsätzlich keine Verschärfung oder Vergrößerung vorgenommen werden muss. Es müssten lediglich die Langzeit- und Mittelfristvorhersagen verbessert werden, um so etwas wie in Niedersachsen künftig vermeiden zu können.

Zu den Kriterien für die Entscheidung zentral oder dezentral ist Folgendes zu sagen: Dass wir etwas besser machen sollen, ist einfach. Wie wir zu einer belastbaren und robusten Antwort kommen, ist aber deutlich komplizierter. Forschungsinstitutionen beschäftigen sich damit, um mit einer Entscheidungshilfe bzw. -unterstützung zu den richtigen Antworten zu gelangen. Das wiederum ist nicht anhand von zwei oder drei

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Kriterien möglich. Schließlich geht es um Hydrogeologie, um die Beschaffenheit der Böden, um Siedlungsstrukturen, Topographie und um die Abwasserbeschaffenheit und den Wasserverbrauch.

Wie bereits erwähnt, beschäftigen sich damit namhafte Institutionen in der Wissen-schaft, die in den kommenden Jahren sicherlich belastbare Kriterienlisten schaffen, damit wir zu vernünftigen Entscheidungen kommen. Die EAWAG ist die führende wissenschaftliche Wasserinstitution in der Schweiz, aber auch in Deutschland gibt es einige, die sich damit beschäftigen, wenn auch nicht mit der Manpower wie die EA-WAG.

Aber auch das BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung - setzte ein großes Programm auf, bei dem es im weitesten Sinn ebenfalls um Abwasserwieder-verwendung geht. Das von Ihnen dargestellte System ist eine sinnvolle Abwasser-wiederverwendung, weil man die Nährstoffe zur Biomasseproduktion nutzen kann.

Dabei geraten wir sehr schnell in die schwierige Diskussion „Tank oder Teller“: Sollen wir die fruchtbaren Böden zur Produktion von Energiepflanzen verwenden? - Das ist sicherlich nicht das Effizienteste. Kurzumtriebsplantagen sind eine Möglichkeit, um das sinnvoll zu tun und über die Biomassenutzung Energie zu produzieren.

Bei dem Förderprogramm des BMBF geht es um die Wiederverwendung von Abwas-ser. Wir versuchen, das etwas attraktiver darzustellen, indem wir ein waste water design, also ein Abwasser-Design gestalten und nicht das bestmögliche Abwasser oder die geringstmöglichen Konzentrationen herstellen, sondern je nach Bedarf eine andere Zusammensetzung.

Wenn zum Beispiel Stickstoff oder Phosphor noch enthalten sind, dann können diese für die Biomasseproduktion genutzt werden. Soll es in der Landwirtschaft zur Nah-rungsmittelproduktion dienen, müssen wir ein sehr großes Gewicht auf die hygieni-schen Bedingungen legen, was wiederum für die Biomasse- bzw. für die Energie-pflanzenproduktion nicht so wichtig ist.

Beim virtuellen Wasser ist die Bilanz für Deutschland natürlich negativ. Wir importie-ren sehr viel mehr virtuelles Wasser, als wir exportieren. Dabei stellt sich die Frage: Welche räumliche Dimension hat es, wenn wir versuchen, Nahrungsmittel zu produ-zieren und zu exportieren?

Ihre Struktur ist zunächst einmal zukunftsgerichteter als die von Niedersachsen, weil Sie pro Kilokalorie hergestellter Nahrung deutlich wassereffizienter sind, wenn Sie kein Fleisch produzieren, sondern pflanzliche Nahrung. Dass Sie damit ein Export-modell nicht nur in andere Bundesländer, sondern auch in andere Staaten, also ins Ausland schaffen, erachte ich bei den Voraussetzungen in Brandenburg als positiv.

Natürlich könnte diese Entscheidung kippen, wenn Sie mit einer großräumigen Be-wässerung beginnen müssten. Dann wird es deutlich teurer, und wir müssen mehr für den Ressourcenschutz unternehmen. Eventuell ist es dann mit dem Definieren von Trinkwasserschutzgebieten nicht mehr so einfach.

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Die allgemeinen Kriterien sind wir auch aus der Wissenschaft schuldig. Die Kriterien, ab wann es nicht mehr wichtig ist und die Substanzen auch unterirdisch versickern können, gibt es nicht. Wir können lediglich sagen, dass es Unsinn ist, zigtausend Eu-ro zu investieren, um eine ordentliche Abwasserentsorgung zu erhalten, wobei die Fracht vom Vieh deutlich höher ist, die in den Boden eingetragen wird. So lange wir diese Kriterien nicht liefern können, müssen alle im Sinne des Vorsorgeprinzips einen Mindeststandard erfüllen.

Herr Dr. Merten (MLUL):

Zu der Frage bezüglich des Aktionsbündnisses Wassertisch als Mitwirkender in dem Leitbildprozess kann ich Folgendes sagen: Wir haben den Dialogprozess für NGOs - Nichtregierungsorganisationen - oder Bürgerbewegungen als Akteursebenen für eine künftige Leitbildumsetzung nicht verschlossen. So waren auch zwei Vertreter von unmittelbar mitwirkenden Bürgerbewegungen häufig dabei.

Natürlich kommen Bürgerbewegungen oder Bürgerinitiativen als Akteursebene für die Umsetzung nicht unmittelbar infrage, es sei denn, sie haben von der Gemeinde bzw. von der Gemeindevertretung ein Mandat. Schließlich sind Trinkwasserversor-gung und Abwasserbeseitigung kommunale Aufgaben und rechtlich eindeutig zuge-wiesen.

Jedoch kann ich mir schlecht vorstellen, dass ein Umsetzungsprozess, der auf vielfa-che Art und Weise auch mit rechtlichen, betriebswirtschaftlichen und gebührenrecht-lichen Fragen verzahnt und vernetzt ist, unmittelbar von NGOs oder Bürgerbewe-gungen getragen werden kann. Um einen solchen Prozess insgesamt zum Laufen zu bringen, müssen die Gemeinden und Aufgabenträger selbst Lösungen, Plattformen und Kristallisationspunkte finden.

Bei der Frage, ob es ein Erfordernis hinsichtlich der Raumordnung gibt, neige ich dazu, diese differenziert zu beantworten. Im engeren Verflechtungsraum um Berlin mit massiven Nutzungskonkurrenzen in der Fläche und unterschiedlichen Flächen-nutzungsansprüchen gibt es einen wesentlich höheren Druck auf bestehende oder künftig auszuweisende Wasserschutzgebiete.

Das Instrument der Wasserschutzgebiete, wenn diese nach den Rahmenvorgaben des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches, DVGW, ordentlich ausgewie-sen werden, ist gut und hinreichend. Jedoch wird es fraglich, wenn Bedarfszuwächse in der wachsenden Metropolenregion nach vorn projiziert werden und man zu dem Schluss kommt, in ein oder zwei Jahrzehnten sehr viel stärker über Trinkwasserver-bundsysteme nachdenken zu müssen.

Das zieht nach sich, dass die Versorgungsstandorte im Verbund gefahren werden und ein Verbundsystem sehr viel stärker von Havarie oder Störung beim Einzel-standort abhängig ist. Je größer das Verbundsystem ist, desto stärker sollte also die Reservekapazität sein.

Wenn aber im Verflechtungsraum die Wassergewinnungsgebiete in der Fläche und der Raumflächennutzungsplan, der auf der Raumplanung basiert, ausbilanziert und ausgenutzt sind, sodass dort kein sauberes Wasserschutzgebiet mehr eingerichtet

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werden kann, ist das Problem durch eine adäquate raumordnerische Abbildung lös-bar.

Also: In der Fläche nein, in bestimmten Konstellationen ja. Diesbezüglich gibt es durchaus gerechtfertigte Ansatzpunkte. Diese sind aber in den Planentwürfen derzeit kein stringentes Thema, sondern müssen auf andere Füße gestellt werden.

Zu der Sanierungsplanung und den Fördermitteln kann ich Folgendes sagen: Ja, es gibt in der gegenwärtigen Richtlinie auch für die Ablösung obsolet gewordener Was-serversorgungsanlagen einen Fördertatbestand, der an klare Maßgaben gebunden ist. Die Ressource an dem künftigen Versorgungsstandort muss natürlich nach Men-ge und Beschaffenheit geeignet sein, die Versorgung zu übernehmen und darf selbst keiner weiteren Beschaffenheitsverschlechterung ausgesetzt sein. Dann ist natürlich auch zwingend das Wasserschutzgebiet des abgelösten Wasserwerkes aufzuheben und somit die Grundrechteeinschränkungen des Schutzgebietes aus der Welt zu schaffen.

Zu den Kriterien zentral/dezentral nur eine kurze Anmerkung: Zentral/dezentral sind nicht nur Glaubensfragen, sondern in erster Linie Strukturfragen. Im zitierten Gutach-ten finden Sie bemerkenswerte räumliche Muster, bei denen es bereits heute einen hohen Verbreitungsgrad unterschiedlicher dezentraler Techniken gibt.

Viel spannender ist es, dem Gedanken zentraler Betrieb, zentrales Management und dezentrale Abwasserbehandlungseinrichtungen weiterzugehen. Diesbezüglich gibt es Potenziale, wonach sich Aufgabenträger, Kommunen und Zweckverbände im ländlichen Raum als Dienstleister weiterentwickeln und profilieren können, auch de-zentrale, potenziell störanfällige, aber in ihrer räumlichen Konstellation effektive Sys-teme effizient zu bewirtschaften.

Auf jeden Fall bedarf es klarer Effizienzbegriffe. Die Effizienz bestimmt die Kosten und die Kosten bestimmen das, was der Bürger bereit ist zu zahlen. Insofern sehe ich bei der Effizienz, Aufgabenstruktur und Aufgabenwahrnehmung von Kommunen und Zweckverbänden ernsthafte Spielräume.

Herr Pencereci (Landeswasserverbandstag Brandenburg):

Bei dem Punkt zentral/dezentral schließe ich mich der Auffassung von Herrn Dr. Mer-ten an. Zu berücksichtigen ist: Auch dezentral kostet Geld. Insofern sind das schwie-rige Abwägungsprozesse. Dabei ist zu überlegen, ob in gewissen Bereichen die Standards so gehalten werden sollen oder nicht. Bei einer Senkung der Standards könnte man darüber sprechen, ob man ein wenig günstiger arbeiten könnte. Diese Frage betrifft aber schon mehr das Bundesrecht als das Landesrecht.

Der Abwasserverband Braunschweig ist mir gut bekannt, denn er ist mein Mandant. Das dortige Modell schauen sich Besucher aus der ganzen Welt an. Der Abwasser-verband Braunschweig führt eine sogenannte Abwasserverregnung durch, wonach das geklärte Abwasser und der Klärschlamm auf den Feldern verteilt werden.

Jedoch bekommt der Abwasserverband Braunschweig dann enorme Probleme, wenn nach der Klärschlammverordnung Phosphate eliminiert werden müssen. Damit

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befinden wir uns in der Monoverbrennung. Insofern gibt es dort derzeit hitzige Dis-kussionen. Dennoch empfehle ich Ihnen, sich dieses Modell anzuschauen, auch wenn es nicht die Probleme des ländlichen Raumes löst.

Nun noch zu den Kosten der Stilllegung: Die echten Überkapazitäten sind nicht ge-bührenfähig. Werden also die Kapazitäten einer Kläranlage unter Zugrundelegung einer vernünftigen Planung niemals benutzt, ist dieser Teil nicht gebührenfähig.

Bei unechten Überkapazitäten, die im Zuge der Entwicklung - man spricht von etwa 20 Jahren - noch genutzt werden könnten, ist es dagegen gebührenfähig. Insofern kann eine derzeit zu große Kläranlage komplett gebührenfähig sein.

Schwierig wird es dann, wenn man feststellt, dass einem etwas wegbricht, so zum Beispiel wenn eine große Molkerei oder ein Industriebetrieb 50 Prozent der Kläranla-ge ausgelastet hat und nun plötzlich weg ist. Bei den Kapazitäten muss überlegt werden, wer diese zahlt. Wenn dieser Teil stillgelegt werden kann, dann ist er nicht mehr gebührenfähig - so sieht es zumindest derzeit aus -, und zwar mit der Folge, dass das jemand bezahlen muss. Bin ich Mitglied im Zweckverband, gibt es die Um-lage, bin ich allein, muss ich es aus dem allgemeinen Haushalt bezahlen. Diesbezüg-lich ist überlegenswert, ob dann nicht die Solidargemeinschaft einspringt und hilft.

Diese von Herrn Folgart angesprochenen Bürgermeisterkanäle sind Wegeseitengrä-ben bzw. Teilortskanäle, die häufig bereits stillgelegt sind. Macht man sich über Nie-derschlagswasserentsorgung Gedanken, ist die spannende Frage: Müssen irgend-welche Strippen gezogen werden oder kann das vielleicht wieder reaktiviert wer-den? - Dabei können sicherlich Kosten gespart werden.

Vorsitzender:

Vielen Dank. - Damit schließe ich die Sitzung für eine Pause. Wir werden nun durch die Stadt Forst fahren, uns einiges anschauen und pünktlich um 13 Uhr mit der Sit-zung fortfahren.

(Unterbrechung der Sitzung: 11.31 Uhr)

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Zu TOP 5: Bürgerinnensprechstunde

Vorsitzender:

Wir wollen die Sitzung fortsetzen, auch wenn es ein Weilchen länger gedauert hat. Aber ich denke einmal das Befahren der Stadt war notwendig, genau wie der Besuch der beiden Werke. Der Appell des stellvertretenden Bürgermeisters klingt in mir noch nach, ich denke in ihnen auch. Für diese Stadt muss eine Lösung gefunden werden, denn es sind dort viele Aufgaben zu erledigen.

Dann gibt es von mir vor dem Tagesordnungspunkt noch einen Hinweis. Es gibt ja das Modellvorhaben „Langfristige Sicherung von Versorgungsmobilität im ländlichen Raum“, und dazu gibt es ein Lenkungskreistreffen in der Stadtverwaltung in Lüb-benau am 15.03.2017 um 18 Uhr. Wer Interesse daran hat, ist herzlich eingeladen.

Ich eröffne den Tagesordnungspunkt 5: Bürgersprechstunde. Da jetzt nicht sehr viele Bürger da sind, und ich bisher nur einen Zettel habe, spare ich mir die Einleitung und würde gleich Herrn Wetzel das Wort erteilen. Er ist ja sehr oft hier bei uns in der En-quete-Kommission und er kann jetzt seine Fragen vortragen am Mikro.

Bürger Wetzel:

Ich bin Ortsbeirat in Kaltenborn OT Guben, also gleich hier in der Nähe und ich bin sehr oft hier und ich bin auch sehr oft ehrenamtlich tätig. Das kann ich mir leisten, weil ich Rentner bin. Das ist aber das Problem. Die Kommunalverfassung überträgt den Ortsteilen und den Ortsbeiräten Aufgaben im Ehrenamt. Zur Erfüllung dieser Aufgaben sind Aufwendungen und ein Budget notwendig, aber auch Zuständigkeit, wenn beispielsweise von Kooperationen gesprochen wird. Kann man da nicht etwas ändern? Kann man die Kommunalverfassung nicht anpassen? Die andere Frage ist, dass in der Kommunalverfassung die Bestimmungen für die Ortsteile sehr oft von dem Wort „kann“ geprägt sind. Bei den angespannten Finanzierungssituationen in den Kommunen wird das immer regelmäßig auch „kann auch nicht“ sein. Kann man das nicht verbessern? Es ist generell der §46 in der Ortsteilverfassung, und das An-hören sieht nicht so gut aus, wenn nicht das Ziel verfolgt wird, Einvernehmen zu er-zielen. Das sollte vielleicht in der Ergänzung im Absatz 1 stehen und dann würde ich mir wünschen, dass dort „kann“ durch „sollte“ ersetzt wird.

Vorsitzender:

Vielen Dank. Ich denke einmal, das sind Fragen, die sich an die Berichterstattungs-gruppe 5 richten, möchte dazu jemand etwas sagen?

Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90):

Herr Wetzel, in der Tat macht das unsere Berichterstattungsgruppe. Wir haben dazu auch einen gewissen Vorlauf, wenn sie möchten, geben sie mir ihre E-Mailadresse, dann schicke ich Ihnen den aktuellen Stand zu, welche Forderungen zur Stärkung der Ortsteile bisher diskutiert wurden und wie wir das im Moment sehen, ob wir das empfehlen oder nicht. Dann werfen sie einmal einen Blick darauf und sagen, dass ist aus ihrer Sicht gut oder nicht. Die Punkte die sie genannt haben, die sind schon ent-

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halten. Wie geht es damit weiter, wenn das Empfehlungspapier so weit ist? Dann fließt es in den Zwischenbericht ein und wird dann, wenn die Enquete-Kommission dem zustimmt, als Teil des Zwischenberichts verabschiedet und damit auch als Emp-fehlung an den Landtag gehen.

Vorsitzender:

Vielen Dank Herr Raschke für die Hinweise. Da es keine weiteren Fragen aus der Bürgersprechstunde gibt, schließe ich den Tagesordnungspunkt.

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Zu TOP 6: Vorträge von Gesellschaften/Zweckverbänden der Wasserversor-gung und Abwasserbeseitigung zu Aspekten der Organisationsstruktur, Leis-tungsfähigkeit, Infrastruktur, Finanzierung, Entgelte sowie Herausforderungen

Vorsitzender:

Ich begrüße sehr herzlich Frau Julia Braune und Herrn Roger Lucchesi vom WAL Wasserverband Lausitz Betriebsführung GmbH. Außerdem heiße ich Frau Hoelzner und Herrn Otto von der Gesellschaft für Wasserver- und Abwasserentsorgung „Hammerstrom/Malxe“ Peitz herzlich willkommen sowie Herrn Przychodzki für den Städtischen Abwasserverband hier in Forst. Des Weiteren begrüße ich Herrn Schmied vom Spremberger Wasser- und Abwasserzweckverband. Schließlich fehlt noch Herr Hornauf, der sicher demnächst zu uns stoßen wird.

Wir haben jetzt ein paar Minuten mehr Zeit, da die Bürgersprechstunde nicht so lan-ge gedauert hat; dadurch besteht ausreichend Gelegenheit für die Vorträge. Aller-dings sollten wir nicht überplanmäßig viel Zeit in Anspruch nehmen; ich schlage vor, dass pro Gruppe – insgesamt sind es vier – maximal eine Viertelstunde zur Verfü-gung steht.

Wer möchte anfangen? Gibt es eine Präferenz? – Frau Braune, bitte schön, Sie ha-ben das Wort.

Frau Braune (WAL Wasserverband Lausitz Betriebsführung GmbH):

Herzlichen Dank. Ich möchte mich zunächst kurz vorstellen. Mein Name ist Julia Braune. Ich bin seit Januar letzten Jahres Geschäftsführerin der Wasserverband Lausitz Betriebsführungsgesellschaft am Standort in Senftenberg. Wir gehören zur Remondis Aqua Gruppe und sind bereits seit zehn Jahren für den Wasserverband Lausitz tätig, und zwar, wie der Name schon sagt, in der Betriebsführung. Dort be-treiben wir die Anlagen und Netze. Heute mit dabei ist Herr Roger Lucchesi, Prokurist und Technischer Leiter der Gesellschaft. Wir werden uns den Vortrag aufteilen.

Ich möchte mich ganz herzlich bedanken, dass wir als privater Betreiber hier zu Wor-te kommen dürfen. Heute Vormittag wurde bereits das Thema „Finanzierung“ ange-sprochen. Vor diesem Hintergrund möchten wir unser Geschäftsmodell am Standort in Senftenberg vorstellen.

(Der Vortrag wird von einer PowerPoint-Präsentation begleitet.) (Anlage 3)

Eines vorab: Wir sind ein privatwirtschaftliches Unternehmen, verfügen allerdings über kein Eigentum an den Anlagen. Diese stehen nach wie vor im Eigentum des Verbandes; wir sind ein reiner Betreiber. Die Investitionen am Standort werden eben-falls vom Verband beschlossen und dann von uns durchgeführt und vollumfänglich gemanagt.

Auf dieser Folie können Sie erkennen, wie wir zusammenarbeiten. Es gibt einen Be-triebsführungsvertrag, in dessen Rahmen ein Betriebsführungsentgelt gezahlt wird. Vor zehn Jahren ist das Personal komplett an die Betriebsführungsgesellschaft über-geleitet worden. Wir betreiben die Anlagen, und das Eigentum liegt, wie schon ge-

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sagt, beim Verband. Außerdem erheben wir die Gebühren und führen den gesamten Inkassobereich im Namen des Verbandes. Darüber hinaus beauftragen wir die Bau-firmen mit der Durchführung der Aufträge, die wir auch fremdvergeben. Parallel ent-wickeln wir auch neue Geschäftsfelder, um den Betrieb weiterzuentwickeln und ins-gesamt weiter zu wachsen.

Häufig werden wir mit der Frage konfrontiert: Was passiert, wenn ein privatwirtschaft-liches Unternehmen derlei Dienstleistungen erbringt? – Sehr oft begegnet uns das Vorurteil: Dann wird der Mitarbeiterstamm abgebaut, und da wird versucht, Personal-kosten zu sparen. – Dem würden wir gerne unser Beispiel entgegensetzen: Wir ha-ben den Betrieb im Jahr 2006 mit 135 Mitarbeitern übernommen und haben ihn in-zwischen – Stand 2015 – auf 164 Mitarbeiter aufgebaut. Diese Zahl ist konstant bzw. wir sind dabei, noch weiter zu wachsen.

Wir akquirieren Dienstleistungen und Verträge auch im Umland. Mittlerweile haben wir zwölf sogenannte externe weitere Betriebsführungen. Das betrifft zum Teil kleine-re Aufgaben; das fängt an bei der Gebührenkalkulation und geht bis hin zu Dienst-leistungen im kaufmännischen Bereich und im technischen Bereich, die wir ausfüh-ren. So sind wir in der Lage, unseren Mitarbeiterstamm zu entwickeln und darüber Synergien zu schaffen.

Seit 2006 haben wir die Gebühren stabil halten können. Besonders stolz sind wir da-rauf, dass wir Kostensteigerungen in der Betriebsführung, Umsatzsteuererhöhungen, Energie- und Personalkosten sowie sonstige Effekte und die Inflation kompensieren konnten.

Ebenso sind wir stolz darauf, dass wir im Jahr 2015 bei der Kundenbefragung Platz eins im Rahmen des landesweiten Kennzahlenvergleichs erringen konnten. Diese Kundenbefragung wurde seinerzeit durch die CONFIDEON Unternehmensberatung durchgeführt. Das hat uns gezeigt, dass unsere Arbeit gewürdigt wird und auch beim Endkunden ankommt.

Wir betreiben eine kontinuierliche Fortbildung der Mitarbeiter. In 2016 hatten wir 154 Schulungsteilnahmen; das heißt, wir haben es geschafft, fast jeden unserer 160 Mit-arbeiter zu schulen.

Wir können zudem diverse Zertifikate vorweisen; anhand der Logos sind unsere Partner zu erkennen. Insbesondere verweise ich hier auf das Zertifikat „audit beru-fundfamilie“, über das wir seit 2008 verfügen.

Ich möchte Ihnen hier einmal die Zahlen aus Sicht unseres Kunden, des kommuna-len Aufgabenträgers, darstellen, also des Wasserverbandes Lausitz. Wir haben die Zahlen genommen, die veröffentlicht wurden, und hier den Zeitraum 2005 bis 2012 gewählt. Sie sehen das Ergebnis: Die Entwicklung zeigt mehr als eine Verdopplung, nämlich von 1 Million Euro auf 2,7 Millionen Euro – und das trotz rückgängiger Um-satzerlöse, was sicherlich auch dem demografischen Wandel geschuldet ist. Wir ha-ben kontinuierlich gegen diesen Umsatzrückgang angearbeitet und es trotzdem ge-schafft, das Ergebnis für den Verband zu steigern.

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Das Eigenkapital hat sich ebenfalls sehr solide entwickelt. Die Investitionen im Zeit-raum 2006 bis 2014 betrugen 114 Millionen Euro. Wir haben selber für den Zeitraum der Betriebsführung Berechnungen dahin gehend angestellt, welcher Kostenvorteil für den Verband entstanden ist. Dabei sind wir auf die stolze Summe von 40 Millio-nen Euro gekommen, die zu einem gewissen Teil auch wieder in die Investitionen fließen. Das sage ich auch mit Blick auf die vorhin angesprochene Frage, wie man bestimmte Dinge finanzieren kann.

Ich übergebe jetzt an Herrn Lucchesi, der Ihnen eines unserer aktuellen Projekte vorstellen wird. Wir kommen also vom eher theoretischen Teil nunmehr in die Praxis.

Herr Lucchesi (WAL Wasserverband Lausitz Betriebsführung GmbH):

Vielen Dank. Sie haben in der vorigen Folie die Zahlen gesehen. Es könnte durchaus sein, dass bei dem einen oder anderen von Ihnen die Frage aufkommt: „Wie geht denn so etwas?“, und Sie sich sagen: Das hätten wir auch gerne.

Dahinter steckt gerade im technischen Bereich, für den ich spreche, eine Vielzahl von größeren und kleineren Maßnahmen, mit denen wir versuchen, wirtschaftliche Optimierungspotenziale zu heben, um so die Effekte, wie sie in der vorausgegange-nen Folie dargestellt wurden, darstellen zu können.

Eine Maßnahme, von der ich in der gebotenen Kürze berichten möchte, stammt aus dem letzten Jahr. Ich möchte es Ihnen kurz erklären: Wir betreiben auf der Kläranla-ge in Brieske, die zu unserer Betriebsführung gehört, auch eine sogenannte Fau-lungsanlage, wo der Klärschlamm unter Luftabschluss sozusagen vergoren wird; es entsteht ein Klärgas.

Als wir damals die Betriebsführung angetreten haben, war die Anlage nicht ausgelas-tet. Darum haben wir sie auf eigene Kosten um eine sogenannte Co-Vergärungsanlage erweitert; das heißt, dass wir in den Faulturm auch noch biologi-sche Cosubstrate, Grünschnitt, aber auch Abfälle zum Beispiel aus Schlachtereien und dergleichen hinzugeben, um die Gasausbeute zu steigern.

Die energetische Nutzung der dort entstehenden Gase – hauptsächlich Methangase – erfolgt in Blockheizkraftwerken. Wir haben, ebenfalls mit eigenem Geld, mit Zu-stimmung des Verbandes zwei Blockheizkraftwerke am Standort errichtet. Diese er-zeugen Strom, sodass wir die Kläranlage energieautark betreiben. Wir brauchen also über das Jahr gesehen bilanziell keine Fremdenergie hinzuzukaufen. Es ist sogar so, dass wir im Rahmen des EEG noch Energie ins Netz abgeben können.

Der Haken bei der Sache ist die Tatsache, dass wir auch Wärme erzeugen – das ist einfach technisch bedingt – und wir bisher nicht wussten, wohin mit der ganzen Wärme. Wir nutzen auf der Kläranlage, was möglich ist, indem wir unseren Faulbe-hälter beheizen. Die Mikroorganismen brauchen ja eine gewisse Temperatur, damit sie gut arbeiten. Wir beheizen zudem die Anlagen und die Objekte, und trotzdem bleibt eine Riesenmenge an Wärmeenergie übrig.

Im letzten Jahr ist es uns schließlich gelungen, gemeinsam mit den Stadtwerken Senftenberg und mit dem ASB eine Nahwärmelösung zu schaffen. Diese Lösung

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sieht so aus, dass wir die Wärme, die bislang Überschusswärme war und ungenutzt in die Umwelt abgegeben wurde, über eine Nahwärmeleitung von ca. 750 Metern Länge an ein Seniorenpflegeheim des ASB abgeben. Das ist eine gemeinnützige GmbH. Diese Seniorenresidenz hat im letzten Jahr ihr 40-jähriges Bestehen gefeiert. Dort gibt es über 350 Betten, zum Teil auch Intensivbetten. Das Seniorenheim soll sogar das größte hier in Brandenburg sein.

Gemeinsam mit den Stadtwerken Senftenberg haben wir also diese Wärmetrasse errichtet und versorgen jetzt zu einem guten Teil die Seniorenresidenz des ASB mit unserer überschüssigen Wärme und garantieren dem ASB damit einen günstigen Preis. Die Stadtwerke – darauf will ich aber nicht näher eingehen – haben nicht nur Investitionskosten gespart, sondern vor allem den Einkauf von Erdgas als Primär-energieträger. Sie speisen allerdings immer noch ein, vor allem, wenn es sehr kalt ist und wir nicht genügend Energie erzeugen können.

Wie sieht das Ganze vertragsrechtlich aus? Das ist ja immer eines der wichtigsten Probleme, die es zu lösen gilt. Der WAL als kommunaler Verband und als Inhaber der Grundstücke und Immobilien – abgesehen von den wenigen Ausnahmen, die ich angesprochen habe – stellt uns kostenlos seine Infrastruktur zur Verfügung. Wir durf-ten darauf die entsprechenden Kopfstationen errichten, ebenso die Nahwärmelei-tung. Gebaut wurde die Nahwärmeleitung von den Stadtwerken Senftenberg mit ih-rem Know-how. Wir speisen die Wärme ein und beliefern über die Stadtwerke Senf-tenberg den ASB.

Es ist im Grunde so, dass wir den Stadtwerken die Wärme verkaufen, und die Stadt-werke als zu 100 % kommunale Stadtwerke den ASB mit unserer Wärmeversorgung und ein Stück weit mit ihrer Wärme beliefern. Es handelt sich um eine Situation, wo alle Beteiligten tatsächlich nur gewinnen. Für die Stadtwerke rechnet sich das The-ma. Auch für uns rechnet sich das Thema; denn wir erzielen zusätzliche Erlöse. Auch der ASB profitiert davon, da er einen günstigeren Wärmebezugspreis erhält als es sonst in dem vorhandenen Fernwärmenetz, das die Stadtwerke dort betreiben, mög-lich wäre.

Dies ist nur ein Beispiel von mehreren, wie wir versuchen, mit zusätzlichen Ideen, Mitteln und Möglichkeiten den Mehrnutzen für unseren Auftraggeber, den Verband, zu generieren.

Auf der folgenden Folie sehen Sie schließlich noch eine Zusammenfassung:

Wir verwerten überschüssige Wärme aus unseren BHKWs, umweltfreundlich aus Klärgas erzeugt. Hierbei handelt es sich um einen sogenannten Sekundärenergieträ-ger. Wir substituieren damit bei den Stadtwerken Erdgas als Primärenergieträger. Wir sichern die Wärmelieferung über einen bestehenden Fernwärmeanschluss der Stadtwerke ab. Wir versorgen den ASB mit entsprechend günstiger Wärme. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, sonst wäre es gar nicht erst zu diesem Modell gekommen. Der ASB spart dadurch eine Menge Geld, was letztlich auch den Senioren zugute-kommt.

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Das ist ein gutes Beispiel dafür, was man tun kann, um auch mit Blick auf die globale Erwärmung zumindest in kleinerem Umfang etwas dazu beizutragen, den Schaden zu begrenzen.

Ich möchte noch auf einen wichtigen Punkt zu sprechen kommen: Diese Lösung rechnet sich vor allen Dingen wirtschaftlich. Sie ist völlig ohne den Einsatz von För-dergeldern oder dergleichen umgesetzt worden. Wir haben also nicht den Steuerzah-ler bemühen müssen, sondern diese Lösung trägt sich wirtschaftlich selbst, und zwar mit Vorteilen für alle Beteiligten.

Dabei möchte ich es bewenden lassen. Wir stehen natürlich gerne für Fragen zur Verfügung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender:

Vielen Dank. Wir verfahren so, dass die Fragen der Abgeordneten nach den State-ments in komprimierter Form gestellt werden können. Als Nächste erhalten Herr Otto und Frau Hoelzner das Wort, und zwar in dieser Reihenfolge.

Herr Otto (Geschäftsführer GeWAP bmH):

Auch ich möchte mich dafür bedanken, dass wir heute angehört werden können. Wir haben eine relativ kurze Präsentation vorbereitet, wollen aber zunächst unser kleines Unternehmen vorstellen und dann unsere Probleme erläutern.

(Der Vortrag wird von einer PowerPoint-Präsentation begleitet.) (Anlage 4)

Wir sind, wie gesagt, ein kleines Unternehmen. Die Folie „Schema Versorgungsge-biet“ zeigt Ihnen, dass wir deckungsgleich sind mit dem Amt Peitz; nur der Ortsteil Grießen gehört zum Gubener Wasser- und Abwasserzweckverband. Mit dem Gube-ner Wasser- und Abwasserzweckverband haben wir aus Kostengründen einen Ko-operationsvertrag abgeschlossen, der schon über mehrere Jahre läuft. Hieraus neh-men wir insbesondere technische Leistungen in Anspruch.

Auf der nächsten Folie sehen Sie unser Versorgungsgebiet. Wir kaufen Wasser von der LWG für den Ortsteil Maust der Gemeinde Teichland, und wir liefern Wasser an die LWG zur Versorgung des Tagebaus Jänschwalde. Ansonsten ist alles bei uns angesiedelt – so war auch die Netzanbindung nach der Wende –, wobei wir sämtli-che Netze in den nicht bergbaubeeinflussten Gemeinden trinkwasserseitig erst nach der Wende errichtet haben. Diese Erschließung gab es zuvor nicht.

Abwasserseitig ist es so, dass wir ein zentrales System haben – Sie sehen es in Hellgrün eingezeichnet –, das sonders auf der Kläranlage Peitz angeschlossen ist. Dann haben wir noch eine – ich nenne es mal so – Mini-Kläranlage für eine Ortslage mit 40 Einwohnern zum Schutz des Erholungsgebiets Großsee. Das sind die zentra-len Anlagen. In einigen Orten haben wir dezentrale Entsorgung, so in Heinersbrück und Drachhausen.

Wir haben noch ein weiteres Versorgungsgebiet: das Versorgungsgebiet Gemeinde Teichland. Das Eigentum befindet sich bei Teichland; Stichwort: Senftenberger Mo-

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dell. Dort sind wir als kommunale Gesellschaft und Trägerschaft unseres Verbandes nur Betriebsführer. Das Abwasser landet auf der Kläranlage Peitz, die eine Ausbau-stufe von 10.000 Einwohnern hat und damit nach wie vor sehr gut ausgelastet ist.

Kommen wir zur Struktur. Die Übersicht auf der Folie sieht ein wenig kompliziert aus. Da gibt es den Ver- und Entsorgungsvertrag mit unserem Hauptkunden und Eigen-tümer, dem Trink- und Abwasserverband „Hammerstrom/Malxe“ Peitz. Das Gleiche verbirgt sich auch hinter der GeWAP: Gesellschaft für Wasserver- und Abwasserent-sorgung „Hammerstrom/Malxe“ Peitz mbH. Das ist ein sehr langer Name, darum eben die Kurzform. Des Weiteren haben wir die noch die Entsorgungsverträge und die Versorgungsverträge mit Dritten und weitere Dienstleistungen, die ebenfalls ver-traglich geregelt sind.

Auf der nächsten Folie sehen Sie einige Punkte zusammengestellt, die sehr allge-mein gefasst sind. Das Ganze stammt aus einer Diplomarbeit, die bei uns im Hause geschrieben wurde. Darin ging es um den demografischen Wandel. Diese Thematik wird Ihnen sicherlich geläufig sein. Wir haben in unserem Territorium insgesamt sehr unter dem demografischen Wandel zu leiden.

Vor allem in der Zeit zwischen 2010 und 2014 gab es einen massiven Bevölkerungs-rückgang zu verzeichnen. Das kann Frau Hoelzner als Verbandsvorsteherin und Amtsdirektorin des Amtes Peitz bestätigen; diese Zahlen kommen ja vom Amt. Das bedeutet für uns einen starken Negativtrend, der sich auch in den Umsatzzahlen deutlich bemerkbar gemacht hat. Damit haben wir derzeit mächtig zu tun.

Ich will die allgemeine Entwicklung nicht nur am demografischen Wandel deutlich machen. Wir konnten uns als kleines Unternehmen so lange wirtschaftlich recht gut halten, weil es uns gelungen ist, sehr zeitig mit dem Kraftwerk Jänschwalde – seiner-zeit die Vereinigte Energiewerke AG – entsprechend zu agieren. Man erkennt auf der Folie die Mengenentwicklung im Kraftwerk Jänschwalde und im anhängigen Indust-riestandort, dass dort ein massiver Einbruch zu verzeichnen war.

Wenn man das Ganze in Geld umrechnet, ergibt sich Folgendes: Im Kraftwerk ver-zeichnen wir einen Entsorgungspreis von ca. 3 Euro/m3 netto. Der Rückgang beläuft sich auf über 10.000 m3, das macht also 30.000 Euro. Beim Trinkwasser gilt das Gleiche. Hier ist aktuell ein Mengenpreis von 1,21 Euro vereinbart. Das macht zu-sätzliche 20.000 Euro aus, sodass man zusammen auf 50.000 Euro kommt.

Jetzt muss man den Bevölkerungsrückgang von 650 Einwohnern in den letzten paar Jahren mal 27 m3 hinzurechnen. Der ländliche Bereich hat immer einen relativ gerin-gen Durchschnittsverbrauch, mit dem gerechnet werden muss; das ist nicht wie in den Städten, wo man mit über 30 m3 je Einwohner und Jahr rechnet. Wir haben bei uns den Wert von 27 m3 je Einwohner und Jahr, sodass man auf rund 18.000 Euro kommt. Das macht nach unseren Tarifen ein Defizit – nur die Mengengebühr gerech-net – von 21.000 Euro im Trinkwasserbereich und 67.000 Euro im Abwasserbereich aus. So kommen wir auf eine Summe von 150.000 Euro, die uns in den letzten fünf Jahren fehlt, und die es schwer macht, diesem Trend entgegenzuwirken.

Man kann auch anhand der Entwicklung bei den Gebühren erkennen, dass wir uns anpassen mussten. Wir liegen in Brandenburg derzeit ziemlich im oberen Drittel, ins-

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besondere im Abwasserbereich, mit einer Grundgebühr von 8,60 Euro plus 4,30 Eu-ro, Stand 2016. Das ist gerade noch kostendeckend, aber es wird langsam aber si-cher ziemlich hart.

Beim Trinkwasser geht es immer noch; da haben wir zwar eine hohe Grundgebühr, die bezieht sich aber auf die Wohneinheit. Gerade im ländlichen Bereich stellt sich die Frage nach der Preisgestaltung. Es gibt immer mehr ältere Leute, und da haben wir gesagt: Es gelten ein bis drei Wohneinheiten als Grundbasis, mit Peitz als Zent-rum, wo es auch größere WEs gibt. Ab der 4. WE gilt dann ein Preis, der unter dem Grundpreis von 10 Euro liegt, nämlich bei 3,60 Euro je weiterer Wohneinheit.

Die Gemeinde Teichland, die wir auch versorgen, war immer äußerst gut gestellt und konnte sich aufgrund der Steuereinnahmen des Kraftwerks Jänschwalde immer viel leisten. Die Gemeinde hat jetzt Steuerrückzahlungen an Vattenfall zu leisten, und zwar in einer Größenordnung von mehr als 10 Millionen Euro. Das hat zu einem Ein-bruch geführt, sodass alles neu berechnet werden musste. Man ist dort innerhalb eines Jahres bei den Gebühren unseres Trink- und Abwasserverbandes angekom-men.

Ich sehe die Situation für unser Territorium so, dass sich neben der demografischen Entwicklung die negative wirtschaftliche Entwicklung besonders auswirkt. Wir kran-ken mächtig an der Energiepolitik. Das Kraftwerk Jänschwalde wird ab dem nächsten Jahr die ersten Blöcke abschalten. Wir merken das schon anhand der Verkaufszah-len. Dort erfolgt kein Service mehr; es gibt keine Servicebetriebe etc. Auf dem an-grenzenden Industriegebiet passiert gar nichts mehr.

Diese Situation ist für uns eigentlich noch schwieriger zu bewältigen als die demogra-fische Entwicklung. Die demografische Entwicklung ist an sich ebenfalls schwierig, aber sie muss beherrscht werden. Wir können uns die Situation leider nicht backen. Die industrielle Entwicklung vor Ort wirkt sich jedoch noch ganz anders aus. Das Kraftwerk hat zum Beispiel immer auch ausgebildet, wir haben dort auch selbst aus-bilden lassen. Auch diese Entwicklung ist total rückläufig. Damit erreichen wir nach wie vor keine Stabilität in der Alterspyramide. Das ist alles recht problematisch.

Das ist ein Schwerpunkt, bei dem wir noch nicht wissen, wie sich das Ganze weiter-entwickeln wird. Wir wissen auch noch nicht, welche Art von Ersatz es dort geben kann. Hinzu kommt folgender Aspekt: Wir sind diejenigen, die nach der Wende mehr oder weniger komplett in die Infrastruktur Trink- und Abwasser investieren mussten. Auf uns kommen jetzt, nach 20 Jahren, die Ersatzinvestition zu, die uns ziemlich be-lasten, und die auch nicht weniger werden. Das hätte bei normaler Entwicklung wahrscheinlich kein Problem bereitet, aber aktuell ist es doch sehr schwierig, das alles zu stemmen und sämtliche Anlagen sicher, stabil und unter einer gewissen Energieeffizienz laufen zu lassen. Das fällt uns in der Tat schwer.

Lassen Sie mich noch einen weiteren Aspekt erwähnen. Wir haben ein Problem, mit dem mein Amtskollege in Spremberg sicherlich auch zu tun hatte; vielleicht hat er es schon bewältigt. Damals gab es bei uns eine Armeesiedlung mit 1.500 Einwohnern; das war der Flugplatz Jänschwalde bzw. der Flugplatz Drewitz. Heute leben dort kei-ne 400 Einwohner mehr. Der Betrieb mit den überdimensionierten Netz- und Rohrlei-tungen gestaltet sich als absolut schwierig. Das Ganze kostet viel Geld; immer wie-

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der sind Netzspülungen erforderlich. Wir haben schon Rohrleitungen verkleinert und alte Stahlleitungen ausgetauscht. Das alles geht aber nur peu à peu und ist, wie ge-sagt, ziemlich kostspielig.

So viel aus meiner Sicht. Vielleicht möchte Frau Hoelzner noch etwas ergänzen. Selbstverständlich stehe ich für Fragen gerne zur Verfügung.

Frau Hoelzner (GeWAP bmH):

Zunächst bedanke ich mich dafür, dass auch wir als ein kleiner Verband, der mit ei-nigen Sorgen zu kämpfen hat, heute der Enquete-Kommission vortragen dürfen.

Ich möchte kurz die Ausführungen von Herrn Otto ergänzen. Er hat es bereits ge-sagt: Die Klimapolitik sowohl des Bundes als auch des Landes trifft uns im nächsten Jahr noch härter als bisher. Das Kraftwerk hat eine Gesamtkapazität – das ist sicher allgemein bekannt – von 3.000 MW. In 2018 geht ein erster Block mit 500 MW vom Netz und 2019 der zweite Block. Das bedeutet: Mit den Verbrauchszahlen wird es noch weiter abwärtsgehen, außerdem sind nochmals 150 Arbeitsplätze konkret ge-fährdet. Darüber hinaus sind die Firmen betroffen, die bislang die umfangreichen In-standsetzungsmaßnahmen durchgeführt haben. Wir gehen davon aus, dass dann die Verbrauchswerte des Kraftwerks nochmals um ein Drittel sinken werden.

Das Kraftwerk, das über viele Jahre unser Sonderkunde war, ist schon längst kein Sonderkunde mehr. Wir spüren die Auswirkungen bei uns im Verband schon seit ei-niger Zeit. Was ich als Verbandsvorsteherin jedoch nicht hinnehmen will, das ist eine erneute Gebührenerhöhung zulasten der Bürger. Dazu bin ich – ich sage es so, wie es ist – nicht bereit. Hier müssen wir vonseiten der Politik endlich Unterstützung er-halten. Es kann nicht sein, dass wir hier die Klimapolitik alleine zu tragen haben und alle anderen es toll finden, dass etwas weniger CO2 in die Luft geht, während wir das Ganze ausbaden. Insofern bitte ich da um ein wenig Unterstützung.

Wir hatten in dieser Sache bereits ein Gespräch im Innenministerium. Der Minister war der Meinung, man habe in den zurückliegenden Jahren schon genug für notlei-dende Verbände getan. Das mag stimmen; auch uns sind entsprechende Beispiele bekannt. Wir aber haben bislang nie einen Antrag gestellt; wir haben unsere wirt-schaftliche Situation bislang immer so halbwegs im Griff gehabt. Jetzt aber be-schleicht uns ein wenig die Angst, dass uns der Teppich unter den Füßen weggezo-gen wird und wir es dann vielleicht nicht mehr schaffen.

Der Bürger ist natürlich auch auf die Situation aufmerksam geworden. Es gibt einen sehr starken Verein „Haus und Grund“, der sich jedes Mal die Kalkulation zeigen lässt und sagt: Leute, ihr könnt nicht immer alles auf uns umlegen. – Dieser Meinung bin ich auch.

Ganz am Rande lassen Sie mich noch sagen: Das Amt Peitz ist ebenfalls Mitglied der LAUSITZRUNDE, in der sich 23 Kommunen und Landkreise zusammenge-schlossen haben. Wir wollen mit einer Stimme für die Lausitz sprechen. Das ist uns wichtig, weil angesichts der Probleme, die jetzt vor uns liegen, Lösungen aus der Region gefordert wären.

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Wir bemühen uns natürlich um Lösungen, aber wir können solche Lösungen nicht alleine präsentieren. Dafür benötigen wir die Unterstützung durch Bundes- und Lan-despolitik. Genau um diese Unterstützung möchte ich Sie heute in diesem Rahmen bitten. Uns war es wichtig, dass hier nicht irgendetwas schöngeredet wird, sondern dass Sie heute die Probleme vor Ort wirklich kennenlernen. – Danke schön.

Vorsitzender:

Vielen Dank. Das dramatische Signal ist angekommen. – Jetzt fahren wir in der Rei-henfolge fort. Bitte schön, Herr Schmied.

Herr Schmied (Spremberger Wasser- und Abwasserzweckverband):

Guten Tag und Glück auf, meine sehr geehrten Damen und Herren Mitglieder des Landtages und der Enquete-Kommission! Sehr geehrte Fachkollegen und Gäste! Mein Name ist Bernd Schmied, verheiratet, zwei Kinder, 63 Jahre alt.

Ich bin seit 1970 Betriebsangehöriger in der hiesigen Wasserwirtschaft, habe von 1973 bis 1977 an der TU Dresden Wasserwirtschaft/Wasserbau studiert und bin seit 1998 Verbandsvorsteher vom Spremberger Wasser- und Abwasserzweckverband. Größtes Verbandsmitglied ist die Stadt Spremberg.

Nun zur Sache. Lassen Sie mich beginnen mit einem kurzen Bericht zum Unterneh-men. Die Wasserwirtschaft in Spremberg ist schon immer kommunal bestimmt ge-wesen, anfangs bei den Städtischen Werken, nach 1945 städtisch bzw. kreislich ge-leitet, ab 1964 bis zur Wende im VEB WAB Cottbus, 1990 Umwandlung in die Cott-busser Wasser und Abwasser AG, 1993 Auflösung der CoWAG und Teilung in 46 Nachfolger, wobei der bereits 1991 gegründete SWAZ als größter Nachfolger der CoWAG das Geschäft dann übernommen hat. Wir ver- und entsorgen mit unseren 60 Mitarbeitern 40.000 Einwohner und haben überwiegend eigene Anlagen: Wasser-werke, Kläranlagen und Netze.

Wodurch wurde die Zeit nach der Wende geprägt? – Vom Wasserbedarfsrückgang um sage und schreibe 60 % durch das Wegbrechen vor allem der mittelständischen Wirtschaft und des entsprechenden Wasserumsatzes. Bei uns gab es viel Lebens-mittelwirtschaft, meist in den Kreisstädten. Da war alles vorhanden: vom Schlachthof über die Fleischverarbeitung hin zur Bäckerei, zur Getränkeabfüllung usw. All diese Unternehmen sind inzwischen – leider, muss ich sagen – verschwunden. Bei uns kam noch die traditionelle Glas- und Textilindustrie sowie die Landwirtschaft hinzu.

Ein Übriges tat der Einwohnerschwund, der sich schleichend bewegt hat. Von 1993 bis heute haben wir im Verbandsgebiet etwa 10 000 Einwohner verloren. Wir hatten – man kann schon fast sagen – das Glück, dass wir einen Raum, der sich im Schul-denmanagement befand, nämlich den Raum Döbern, mit etwa 10 000 Einwohnern wieder bei uns eingliedern konnten. Dadurch haben wir wieder den alten Umfang von etwa 40 000 Einwohnern erreicht.

Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, wie groß ein solcher Verband sein sollte und ab wann er wirtschaftlich ist. Mit 40.000 Einwohnern liegen wir wohl bei der unteren Grenze, wo so etwas funktionieren kann. Zwischendurch gab es ein paar

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Einschläge seitens der aktuellen Wirtschaft, die dann aber wieder verschwunden sind. Heute haben wir es überwiegend mit Bevölkerung zu tun, sodass solche massi-ven Einbrüche wie mit dem Kraftwerk bei der GeWAB bei uns in Zukunft – zumindest so –nicht auftreten können, weil wir es nicht mit dieser Art der Versorgung zu tun ha-ben.

Was war noch interessant? – Wichtig waren sicher der Aufbau einer eigenen Verwal-tung, insbesondere einer kaufmännischen Verwaltung, sowie der Aufbau des rechtli-chen Rahmens für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in öffentlich-rechtlicher Form. Wir haben den Verband neu gründen müssen. Im Grunde haben wir sämtliche Kinderkrankheiten der Anfangsjahre durchmachen müssen.

Wir haben unsere wichtigen gesetzlichen Grundlagen auf den Weg gebracht und an-gepasst: das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit, betreffend die Zusam-menarbeit in einem Zweckverband, Gründung, Führung usw. – auch Austrittsversu-che haben wir einigermaßen überstanden –, das Kommunalabgabengesetz – für uns das wichtigste Gesetz bei der Gebührengestaltung – und die Eigenbetriebsverord-nung, die wir in unserer Arbeit anwenden, beim Wirtschaftsplan usw.

In diesem Zeitraum haben wir riesige Investitionen stemmen müssen, auch wegen der Einhaltung der neuen bundesdeutschen Gesetzlichkeiten und zur Sicherung der großen Träume – so muss man heute fast schon sagen – vom Aufschwung Ost. Im-merhin sind wir von großen Fehlinvestitionen und Überdimensionierungen verschont geblieben, zwar nicht komplett, aber es gibt Schlimmeres.

Um Ihnen einige Zahlen zu nennen: Wir haben 1993 von der CoWAG ein Anlage-vermögen in Höhe von 12 Millionen Euro übernommen. Seit dieser Zeit haben wir etwa 120 Millionen Euro hinzugebaut: Anlagevermögen in der Refinanzierung, Ab-schreibung, Verzinsung usw. Das sind natürlich riesige Kostenblöcke, die in die Ge-bühren eingehen, die letztlich unsere Kunden auf den Tisch legen müssen.

Wir haben seinerzeit keine Beiträge eingeführt. Das war nicht unbedingt weise Vo-raussicht, sondern es gab in der politischen Schiene Kräfte, die mögliche Beiträge mit Blick auf die Wohnungsunternehmen usw. abbiegen konnten. Denen sind wir heute sehr dankbar. Die Beiträge sind ein Thema, mit dem sich viele Unternehmen in der Wasserbranche aktuell schwer beschäftigen müssen.

Derzeit verfügen wir über ein Anlagevermögen von brutto 120 Millionen Euro. Davon sind 70 Millionen Euro Restbuchwerte. Wir haben also knapp die Hälfte schon abge-schrieben und müssen an der einen oder anderen Stelle an Reinvestitionen denken.

Die zunehmende Digitalisierung beschäftigt uns nicht nur in Produktion, Technik und Verwaltung, sondern sie birgt auch große Gefahren und verursacht enorme Kosten. Viele wissen es: Auch der Klimawandel und das EU-Recht tun ihr Übriges dazu.

Die Finanzierung unserer Investitionen erfolgte mit rund 30 % Eigenmitteln, mit 35 % Krediten und rund 13 % Fördermitteln. Hinzu kommen Zuschüsse von Dritten und unentgeltliche Übertragungen beispielsweise kommunal finanzierter Gewerbegebie-te. Die Umsatzerlöse liegen derzeit bei 11 Millionen Euro pro Jahr im Trinkwasser-, Schmutzwasser- und Niederschlagswasser. Wir haben 13 500 Verbrauchsstellen, die

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entsprechend abgerechnet werden müssen. Die Eigenkapitalquote beträgt 39 %; der Restbestand an Krediten 20 Millionen Euro.

Weitere Informationen – damit will ich die Beschreibung des Unternehmens beenden – finden Sie in den Unterlagen, die ich mitgebracht habe, und die ich Ihnen gerne empfehlen möchte. Wir haben eine kleine Broschüre erstellt, aus der Sie entnehmen können, was wir genau tun. Vor einiger Zeit haben wir ein Buch über die Wasserver-sorgung von Spremberg herausgebracht. Jetzt haben wir ein neues Buch – ein sehr gelungenes, wie ich finde – über die Abwasserentsorgung herausgebracht. Informa-tionen über unsere Preisentwicklung finden Sie auf einem Informationsblatt, das ich Ihnen ebenfalls gerne zur Verfügung stelle.

Nun komme ich zum eigentlichen Thema des Tages: Was benötigt die Wasserwirt-schaft mit Blick auf den unvermeidbaren Bedarfsrückgang in unserer Region an Lan-deshilfe? – Kurz gesagt: vor allem Geld. Das ist sicherlich allen klar.

Warum „unvermeidbar“? – Die Siedlungswasserwirtschaft ist ein Dienstleister ohne Konkurrenz vor Ort. Der Umsatz kann durch Marktstrategien nicht beeinflusst wer-den, und die Wasserpreise sollen bezahlbar bleiben. Trotzdem sollen die Unterneh-men gesund bleiben und sich aus eigener Kraft refinanzieren.

Wie könnte das funktionieren? – Man könnte technische Standards absenken – also unsere Vorgaben, an die wir uns heranarbeiten sollen –; es ist in Deutschland aller-dings kaum vorstellbar, dass man das Trinkwasser aus der Leitung irgendwann nicht mehr trinken kann – heute kann man das, überall in Deutschland – oder dass die Menschen und die Umwelt wieder mit höheren Abwasserbelastungen konfrontiert werden.

Trotzdem könnte man an vielen Stellen, vor allem auf EU- und Bundesebene, den Anpassungsdruck verringern. Das bedeutet: Die Zeiträume, in denen wir viel investie-ren müssen, um an die Standards heranzukommen, könnte man an der einen oder anderen Stelle auch den örtlichen Erfordernissen anpassen. Das gilt vor allem für die Gewässerbelastung; man könnte hier die Vorgaben individuell treffen und nicht als eine Gesamtvorgabe etwa von Niedersachsen bis Bayern.

Unsere Wasserbehörde des Landkreises Spree-Neiße ist eine Behörde, der ich ein Augenmaß absolut zusprechen würde. Da wird nicht unerbittlich vom behördlichen Standpunkt aus gearbeitet, sondern da werden individuelle Studien beauftragt; da wird geschaut, ob bestimmte Maßnahmen tatsächlich erforderlich sind und ob wirk-lich so viel Geld ausgegeben werden muss. Eine solche Arbeitsweise – Stichwort: Augenmaß der Behörden – würde ich allen Wasserunternehmen in Brandenburg und in ganz Deutschland wünschen.

Gerade war noch vom Anpassungsdruck die Rede. Damit ist die vierte Reinigungs-stufe gemeint, die Klärschlammverbrennung und auch die Phosphorrückgewinnung. Das alles spielt jetzt eine große Rolle; da wurden bestimmte Größenordnungen ge-schaffen. Auch hier ist Augenmaß notwendig.

Damit komme ich zum nächsten Thema: dezentrale Lösungen, Stofftrennung statt Flächenstrukturen, Kooperationsprojekte – all das ist erforderlich und machbar. Wir

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müssen uns mit den Themen „Klärschlammverbrennung“ und „Phosphorrückgewin-nung“ beschäftigen. Ich finde aber nicht, dass alle und vor allem kleinere Unterneh-men diese Sache alleine stemmen können. Hier müssen Lösungen her, die auch von der Politik begleitet und vielleicht mit Fördermitteln versehen werden, damit nicht je-der auf seiner Kläranlage eine mehr oder weniger große Verbrennungsanlage bauen muss, die wiederum gewisse Umweltstandards einzuhalten hat. Der Bau nur einer, dafür großen Anlage wäre hier weitaus effizienter.

Wir haben – das wurde heute bereits angesprochen – Probleme mit der langfristigen Refinanzierungsstruktur. Die wasserwirtschaftlichen Anlagen werden zwischen zehn und 80 Jahren abgeschrieben; für ein Kanalnetz gelten 80 Jahre. Das heißt, in die-sem Zeitraum, in dem die Abschreibung läuft, wird das Geld für die Ersatzinvestitio-nen über die kalkulatorischen Abschreibungen und Verzinsungen scheibchenweise von den Gebühreneinnahmen erwirtschaftet.

Durch das sogenannte Abzugskapital bei der Gebührenkalkulation und die höheren Wiederbeschaffungskosten fehlen schon jetzt erhebliche Anteile zur Wiederbeschaf-fung. Und nun kommen noch Sonderabschreibungen für vielleicht stillzulegende An-lagen infolge Umsatzrückgangs hinzu. Schon heute haben Handelsbilanz nach Ei-genbetriebsverordnung, Steuerbilanz und kostendeckende Gebührenkalkulation nach KAG nichts mehr miteinander zu tun. Das sind ganz unterschiedliche Welten.

Häufig kommt die Frage: Wie kann es denn sein, dass die Gebühren erhöht werden müssen, und trotzdem weist das Unternehmen einen Gewinn aus? Das ist für den normalen Bürger, der nicht hinter diese Zahlen schauen kann, unverständlich. Aber es ist trotzdem richtig. Auch da wünschte man sich, dass das alles mehr Hand in Hand geht.

Fazit: Das KAG wird also auch künftig eine Dauerbaustelle bleiben. Bei 80 % Fixkos-ten in der Wasserwirtschaft – von uns ungewollt – ist das KAG flexibel wie eine Brechstange, um es einmal salopp zu formulieren. Es gibt einiges konkret vor, aber bei 80 % Fixkosten kann man keine großen Änderungen vornehmen. Man kann die Kosten nicht so weit herunterbringen, dass die sie gehalten oder gar gesenkt werden können. Daher muss an der einen oder anderen Stelle des KAG etwas getan wer-den.

Die Wasserwirtschaft braucht auch künftig eine verlässliche und einfache Förderpoli-tik mit Vollblutwasserwirtschaftlern im Fachministerium. Daran mangelt es auf jeden Fall. Ich glaube, Herr Froböse war der letzte Wasserwirtschaftler; er ist vor einigen Jahren dort weggegangen. Sicherlich brauchen wir auch Rechtsanwälte, Verwal-tungsleute usw., aber ein paar Wasserwirtschaftler benötigen wir dort auch, damit eben Fehlinvestitionen vermieden werden.

Außerdem brauchen wir verlässliche Geldquellen. Die letzten zwei Jahre waren – ich erlaube mir dieses Wort – eine Katastrophe, und die derzeitigen Aussichten in der Förderpolitik lassen auch nichts Besseres vermuten. Denkbar wäre Folgendes: Die Siedlungswasserwirtschaft in Brandenburg erwirtschaftet aus den Wasserentgelten mit einem Nutzungsentgelt von derzeit 10 Cent/m3 als staatliche Abgabe rund 20 Mil-lionen Euro als Einnahmen in den Haushalt. Diese 20 Millionen Euro wären ausrei-chend für eine gute Förderpolitik in der Siedlungswasserwirtschaft – viel mehr, als

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derzeit zur Verfügung steht. Das ist eine Überlegung, die von meinen Kollegen nicht gerade selten angestellt wird.

An dieser Stelle muss ich noch einen Blick nach Sachsen werfen. Unsere sächsi-schen Nachbarn erheben ein Wassernutzungsentgelt von nur 1,5 Cent/m3. Das stellt einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für Brandenburg dar, wo eben ein Preis von 10 Cent/m3 gilt. Wenn ein Brandenburger Wasserunternehmen Wasser nach Sach-sen liefern will – und es geht ja in erster Linie immer um die Preise –, entsteht für dieses Unternehmen ein erheblicher Nachteil.

Es wäre schön, wenn man hier zu einer Novellierung kommen könnte, damit nicht gerade das Wassernutzungsentgelt das Zünglein an der Waage bedeutet. Wir haben es mit genau diesem Fall in Senftenberg zu tun. Ich weiß – und der eine oder andere von Ihnen hat es sicher ebenfalls gehört –, dass die Stadt Weißwasser lange darum gekämpft hat, ihre Wasserversorgung weiter zu stabilisieren.

Das Wasserwerk Weißwasser wurde noch zu DDR-Zeiten für den Tagebau Nochten abgerissen. Ich habe das Ganze selbst erlebt, weil Weißwasser zu unserem Bereich gehörte. Da wurde zunächst eine Vergrößerung der Fernwasserversorgung Lausitz hergestellt: Lieferung durch das Wasserwerk Schwarze Pumpe – damals die Kohle –, Trinkwasserlieferung nach Hoyerswerda und auch nach Weißwasser. Ein großes System wurde aufgebaut: Leitung, Druckerhöhungsstation usw.

Jetzt macht im nächsten Jahr das Wasserwerk Schwarze Pumpe zu – Problem: Rohwasserbereitstellung, sulfatarmes Wasser. Man hat dort versucht, etwas Eigenes aufzubauen. Natürlich hätte Senftenberg, das Wasserwerk Tettau, mitliefern können, aber das Wassernutzungsentgelt spielt da natürlich eine Rolle und sicher auch der Wille des Staatsministeriums in Sachsen, mehr oder weniger in den eigenen Gren-zen zu bleiben.

Wenn wie hier die Wirtschaftlichkeit nicht mehr dargestellt werden kann, dann ent-stehen eben solche Situationen, wo wir unter anderem mit den Kollegen aus Weiß-wasser, Hoyerswerda und Senftenberg darum kämpfen, die Systeme der Fernwas-serversorgung Senftenberg zur gegenseitigen Besicherung zu erhalten. Das ist der Knoten, wo all die Systeme miteinander verbunden sind: das Territorium des Indust-rieparks Schwarze Pumpe. Ich hoffe, dass es uns gelingen wird. Dort liegen so groß-dimensionierte Leitungen, dass wir uns im Notfall gegenseitig besichern können.

Die Systeme müssen natürlich frisch bleiben; das heißt, wir müssen Lösungen fin-den, damit das Wasser, das ja nicht älter als zwei, drei Tage, maximal eine Woche, sein sollte, ehe es beim Verbraucher ankommt, entsprechend frisch bleibt. Das ist eine sehr wichtige Sache, die gerade mich als Techniker sehr umtreibt.

Für unvermeidbaren Rückbau von Anlagen sollten die Wasserunternehmen ebenso wie die Wohnungswirtschaft angemessene Absiedelungszuschüsse erhalten. Bei der Wohnungswirtschaft hat das gut funktioniert mit dem Blockabriss; das ist Ihnen be-kannt. Die Wasserwirtschaft hat derzeit keine entsprechenden Instrumentarien.

Die Wasserwirtschaft gehört zu den kritischen Infrastrukturen, für die es inzwischen zahlreiche Aktivitäten gibt. Nach meiner Auffassung liegt die Praxis weit hinter den

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Erfordernissen einer Notversorgung und Notentsorgung zurück. Aus Kostengründen gibt es kaum Material und kaum Technik für eine Notwasserversorgung. Das ist je-doch ein anderes Thema; die Notwasserversorgung liegt bei den Kommunen. Aber auch dort herrscht Geldnot. Wenn ich daran denke, dass wir irgendwann mal einen Totalausfall erleiden könnten – was aufgrund der riesigen Digitalisierung nicht un-wahrscheinlich ist –, dann habe ich schon Sorge, ob wir bzw. die Kommunen die wichtigsten Stellen – Krankenhäuser, Seniorenheime, Schulen usw. – mit Trinkwas-ser versorgen könnten.

Da sind andere Länder besser aufgestellt. Hier müsste es mal eine Aktion geben, so wie auch bei den Feuerwehren, wo durchgecheckt wird, ob alle Stellen ausreichend gerüstet sind. Da muss geprüft werden, ob überall ausreichend Gerätschaften vor-handen sind, um für solche Eventualitäten gerüstet zu sein. Ich würde mir wünschen, dass die Notwasserversorgung so hergestellt wird, dass sie im Notfall auch tatsäch-lich funktioniert.

Der Ausfall der Schwemmkanalisation ist im Grunde das größte Problem. Man denkt ja zuerst immer an die Wasserversorgung. Wenn man mal kein Wasser hat, kann man sich in aller Regel mit ein paar Flaschen Wasser behelfen. Wenn aber die Toi-letten nicht mehr abgespült werden können, entstehen vor allem im städtischen Raum große Probleme. Das wird jedoch häufig nicht beachtet oder auch unter-schätzt. Das ist das größere Problem bei einem Ausfall der Trinkwasserversorgung – nicht die Trinkwasserversorgung an sich, sondern der Ausfall der Schwemmkanalisa-tion. Auch für dieses Problem müssten Lösungen geschaffen werden, damit nicht in kürzester Zeit Seuchen ausbrechen können. Das ist das Entscheidende bei der Ka-nalisation.

Ich könnte noch viele weitere Wünsche an die Politik aufzählen, möchte nun aber das Wort an einen Volljuristen weitergeben, Herrn Sven Hornauf. Ich hoffe, dass ich ihm nicht allzu viel Zeit weggenommen habe. Herr Hornauf kann Ihnen weitere Wün-sche an die künftige Politik nahebringen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender:

Vielen Dank. Ihre Ausführungen waren doch etwas länger als eigentlich geplant. Herr Hornauf, Sie haben jetzt das Wort.

Herr Rechtsanwalt Hornauf:

Vielen Dank. Ich werde versuchen, mich ein wenig kürzer zu fassen.

Vorab kurz zu meiner Person: Ich bin Rechtsanwalt und seit nunmehr 15 Jahren für den SWAZ tätig. Hier in der Gegend betreuen wir auch noch die Zweckverbände in Guben und in Burg. Auch waren wir für das Amt Döbern-Land – den Eigenbetrieb – bei der Beitragserhebung tätig. Wir verfügen also über eine gewisse Exploration.

Ich möchte die Zustandsbeschreibung, die Sie jetzt gehört haben, im Namen des SWAZ mit einigen konkreten Wünschen an die Landesseite verbinden. Diese Wün-sche haben nichts mit Geld zu tun, zumindest nicht von Landesseite, sondern es geht eher um – wie die ILB das im Rahmen des Schuldenmanagements immer so

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schön zu sagen pflegt – Hilfe zur Selbsthilfe. Das betrifft jeweils gesetzgeberische Maßnahmen, die aus unserer Sicht relativ einfach möglich wären, die aber zugleich auf der Verbandsebene einen sehr großen Effekt auslösen könnten.

Zunächst – Sie haben es bereits gehört – kennen Sie die allgemeine Entwicklung, dass durch die Ausdünnung der Bevölkerung gerade in den ländlichen Bereichen ein Problem entsteht. Zudem haben wir es mit der Situation zu tun, dass beispielsweise hier in der Gegend aufgrund von Bergbaufolgeschäden oder durch akute Berg-bauschäden kurzfristig der Aufbau von wasserwirtschaftlicher Infrastruktur oder de-ren Verlagerung notwendig und möglich ist.

Dort besteht jedoch das konkrete Problem, dass die Realisierung dieser Vorhaben auf der kommunalen Ebene erschwert wird durch überlange Genehmigungsverfah-ren, beispielsweise bei der Verlagerung und Neuerrichtung von Trinkwasserschutz-zonen. Wir haben dort also witzigerweise kein finanzielles Problem – wir haben uns selber genug Ersatz von Vattenfall verschafft, um das Ganze bezahlen zu können –, vielmehr besteht das Problem darin, dass wir nicht investieren können, weil die not-wendigen Genehmigungsverfahren nicht abgeschlossen werden. Das müsste auf der Ebene des Landesgesetzgebers beschleunigt werden.

Ein weiterer Punkt: Vor einigen Jahren ist das Wassergesetz novelliert worden. Da-bei wurde der § 116 gestrichen. Konkret bestand bis dahin die Möglichkeit, dass wir uns relativ einfach Leitungsrechte von den Wasserbehörden beschaffen konnten. Diese Möglichkeit ist im Zuge der Novellierung gestrichen worden. Auch hier wäre es angezeigt, diese Änderung des Wassergesetzes einer Überprüfung zu unterziehen. Wenn sich die Änderung – so sehen wir es zumindest – als nicht tauglich heraus-stellt, sollte sie wieder rückgängig gemacht werden.

In diesem Kontext tritt ein sehr interessanter Effekt zutage. Sie haben heute schon von den Auswirkungen auf das Entgeltniveau gehört, wenn die Bevölkerungszahlen schrumpfen. Das Ganze ist aber nicht nur ein allgemeiner Trend nach oben, sondern das führt zu erheblichen Ausschlägen, und zwar aus mehreren Gründen.

Betrachten wir das an folgendem Beispiel: Es kommt zu einer Verlagerung von was-serwirtschaftlichen Anlagen aufgrund von Investitionen – auch das gibt es ja noch, dass sich irgendein Investor ansiedelt und dann sofort relativ viel investiert werden muss. Das führt dann zu einem sofortigen deutlichen Ausschlag nach oben bei den Entgelten. Klar, da wird investiert, da wird ein Haufen Anlagen gekauft und gebaut; das heißt, die Bemessungsgrundlage für Abschreibungen und für kalkulatorische Zinsen steigt, und der Entgeltsatz geht hoch.

Das führt zu Frust in der Bevölkerung. Auf der einen Seite schrumpft die Bevölke-rung, auf der anderen Seite werden diese Anlagen abgeschrieben. Und wenn Sie jetzt einen sehr kleinen Aufgabenträger haben – was hier in der Gegend fast überall der Fall ist –, dann wirkt sich eine solche Bewegung nach unten und nach oben ex-ponentiell aus; das heißt, es gibt sehr hohe Steigerungen und dann sehr hohe Rück-gänge. Sie können sich das vorstellen wie eine Ziehharmonika. Das führt zu Frust in der Bevölkerung, weil dort nicht nachvollzogen werden kann, warum die Gebühren plötzlich relativ stark steigen und dann relativ stark wieder fallen. In solchen Momen-ten heißt es dann: Da kann ja etwas nicht stimmen.

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Das ganze Problem wird untersetzt durch die Tatsache, dass Brandenburg im KAG eine sehr knapp bemessene Kalkulationsperiode vorgibt, nämlich konkret zwei Jahre. Das heißt, der Aufgabenträger kann bzw. muss spätestens nach zwei Jahren den Gebührensatz neu kalkulieren. Brandenburg ist damit das Bundesland mit der kleins-ten Kalkulationsperiode in Deutschland; alle anderen Bundesländer haben eine Peri-ode von drei bis fünf Jahren. Hier könnte man also mit relativ einfachen Mitteln an die Sache herangehen und diese Kalkulationsperiode ausweiten. Das hätte den Effekt, dass man solche Sprünge, die sich durch notwendige Investitionen ergeben – sei es, indem man aktiv investiert, also neu baut, oder auch abreißt; dann schreibt man den Rest eben komplett ab –, etwas nivellieren könnte.

Ich will es an einem einfachen Beispiel erläutern: Stellen Sie sich ein sehr trockenes Jahr vor; es ist warm und es regnet wenig. Dann wässern die Leute in ihren Gärten ziemlich viel, und der Wasserbezug steigt. Sie haben gerade gehört: Die Fixkosten bleiben zum Großteil relativ gleich. Ergo verteilen sich die Fixkosten auf eine wesent-lich größere Menge Wasser; der Gebührensatz sinkt mithin. Stellen Sie sich jetzt ein sehr nasses Jahr vor; niemand gießt im Garten. Ergo steigt das Ganze wieder an. Auch dieser Effekt ließe sich mit einer größeren Kalkulationsperiode mildern. Ganz ausschließen können Sie ihn nicht, aber Sie können ihn mildern und damit bei der Bevölkerung eine höhere Akzeptanz durch stabilere Entgeltsätze schaffen.

Ein weiterer Effekt, mit dem wir es hier in Brandenburg zu tun haben, ist der, dass wir für die aktuelle Entwicklung gesetzlich gar nicht ausgestattet sind. Im Prinzip kennt unsere Rechtslage nur den Aufbau, will heißen: Ein Wasserwerk oder eine Kläranla-ge wird eröffnet, dort werden Leitungen verlegt usw. Der Fall jedoch, dass eine sol-che Anlage auch wieder verschwindet, dass die Infrastruktur zurückgebaut wird – das ist im Gesetz gar nicht vorgesehen. Bislang ist es auch noch nicht vorgekommen, dass man irgendetwas zurückbaut, zumindest nicht in solchen Größenordnungen.

Der Kollege aus Peitz hatte es vorhin schon ausgeführt, und auch ich möchte Ihnen einmal ganz konkret nahebringen, wo sich die Probleme im Land Brandenburg über-lagern. Auch bei uns gibt es eine Armeesiedlung im Wald. In den 50er-Jahren hat die NVA für ihre Belegschaft ein paar Blöcke in den Wald gestellt. Die mussten ihr Ab-wasser irgendwo lassen, also hat man eine kleine Kläranlage gebaut, natürlich nach dem damaligen Stand. Das Teil ist heute, vereinfacht gesagt, Schrott. Die Wasser-behörde sagt: Das muss weg oder komplett neugebaut werden. Komplett neu bauen geht nicht, weil es keine Vorflut gibt; das heißt, Sie können das gereinigte Abwasser nirgendwohin kippen. Man müsste also eine teure Überleitung in Angriff nehmen, die aber keiner bezahlen kann.

Jetzt kommen die Fachbehörden ins Spiel. An dieser Stelle muss ich einmal sagen, dass der Zweckverband nicht nur von der Unteren Wasserbehörde, sondern auch von der Oberen Wasserbehörde immer wieder eine wirklich prima Zuarbeit und Un-terstützung erfahren hat. Nur, bei dieser Situation scheitert der Zweckverband daran, dass er schlichtweg keine gesetzlichen Möglichkeiten hat, diese Fachplanung umzu-setzen, und überlegen muss: Was machen wir jetzt?

Was macht eine Behörde, wenn sie nicht weiter weiß? Sie erlässt erst mal einen Be-scheid, um die Sache in den Verwaltungsvollzug zu bekommen. Wie fast immer in Brandenburg, landet ein solcher Fall vor Gericht, weil es immer irgendwo einen An-

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wohner gibt, der das alles nicht toll findet, sondern so wie bisher weitermachen möchte. Jetzt schaut das Gericht ins Gesetz – und findet, wie wir, nichts. Was also macht ein Richter, wenn nichts im Gesetz steht? Er denkt sich selbst etwas aus. Das Problem ist: Es gibt ja nicht nur einen Richter in einer Instanz, sondern die nächste Instanz beurteilt den Fall wieder ganz anders.

Das nächste Problem in diesem Kontext besteht im Zeitfaktor: Allein das Eilverfahren in diesem konkreten Fall hat beim Verwaltungsgericht Cottbus 14 Monate in der ers-ten Runde gedauert, und jetzt in der zweiten Runde sind schon wieder 17 Monate ins Land gezogen. Das alles zeigt sehr schön die Situationsproblematiken auf: Es finden sich keine Regelungen im Gesetz, die Justiz ist zeitlich völlig überfordert, und die Verwaltung wird schlichtweg alleine gelassen.

In dem konkreten Fall müsste also das Wassergesetz eine Regelung finden, wie die örtlichen Strukturen – sei es nun das Amt als Eigenbetrieb, sei es der Zweckverband, sei es die Kommune direkt – mit dieser Situation umgehen können und insbesondere auch, wie dann die technische Umsetzung erfolgen kann. Auch hierzu möchte ich ein Beispiel nennen: Innerhalb der Richterschaft besteht der Streit, ob die Übergangs-frist, die den Betroffenen im Zusammenhang mit der Umstellung der Entsorgung zu setzen ist, auf der Bescheidebene zu erfolgen hat oder innerhalb einer kommunalen Satzung.

Das ist bestimmt eine spannende Rechtsfrage, über die man ganz gut promovieren könnte. Das Problem ist nur, dass wir nicht über die Zeit verfügen, bis das Ganze irgendwann mal entschieden wird. Wenn ich Ihnen bei dieser Gelegenheit sage, dass wir seit fünf Jahren vor den Gerichten stehen und gerade mal zwei Eilverfahren lau-fen, dass in der Hauptsache aber noch gar nichts passiert ist, dann erkennt man leicht, dass das Instrumentarium einfach nicht ausreichend ist, um adäquat mit sol-chen Situationen umzugehen. Hier ist der Landesgesetzgeber gefragt. Er muss eine Regelung finden – wie auch immer diese aussehen mag. Es bedarf jedenfalls einer Regelung für Brandenburg, um hier endlich voranzukommen.

Ich komme noch zu einem weiteren Problembereich. Auch hier wirkt sich die lange Dauer der Gerichtsverfahren negativ auf die Arbeit aus. Im Jahr 2013 – Herr Schmied hatte es erwähnt – gab es den Beitritt von Gemeinden aus dem ehemaligen Entsorgungsbereich Döbern-Land zum SWAZ. Diese Maßnahme ist seinerzeit vom Land flankiert und unterstützt worden; da ist eine Menge Geld geflossen.

Ein Blick auf die wasserwirtschaftliche Versorgung und auch die Entgeltentwicklung zeigt: Das war gut angelegtes Geld. Leider werden diese Bemühungen zum Teil kon-terkariert durch die Tatsache, dass sich das Amt Döbern-Land auch heute noch mit Gerichtsverfahren aus Bescheidvorfällen von 2011 und 2012 herumschlagen muss.

Wenn Sie einen Blick in die Entscheidungssammlung bei JURIS werfen, werden Sie feststellen, dass im Januar 2017 Gerichtsverfahren entschieden werden, die noch aus dem Jahr 2011 stammen. Das heißt, die Behörde, die ursprünglich einmal für Abwasser zuständig war, gibt es seit fünf Jahren schon nicht mehr; das macht jetzt der Zweckverband in Spremberg. Trotzdem muss sich die Behörde, die heute gar nichts mehr mit Abwasser zu tun hat, jetzt sachlich mit Streitfällen herumschlagen, die seit nunmehr fünf Jahren auf einer ganz anderen Ebene liegen.

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Daher lautet unsere Bitte, hier entweder strukturell oder auch personell – was sicher-lich wieder Geld kostet – zu einer Lösung zu kommen, sodass diese Vorgänge be-schleunigt werden.

Noch ein letzter Gedanke in diesem Zusammenhang: Vorhin wurde die positive Wir-kung des Schuldenmanagements herausgestellt. Wir könnten uns sehr gut vorstel-len, dass diese Tätigkeit – die ja leider beendet wurde bzw. jetzt nicht mehr in dieser Form stattfindet – in Zukunft nur noch unter dem Aspekt „Hilfe zur Selbsthilfe“ nicht nur für notleitende Zweckverbände angeboten wird, sondern im Sinne einer fachli-chen Unterstützung und Begleitung eher allgemein als fachliche Beratung vorgehal-ten wird, quasi als Angebot des Landes an die Ebene der Zweckverbände und Kommunen.

Es hat sich gezeigt, dass es gerade bei der Zusammenarbeit von Partnern manchmal hilfreich sein kann, wenn – ich sage es jetzt mal so flapsig – ein Dritter bewusst sei-nen Senf dazugibt und nicht nur im eigenen Saft der Beteiligten herumgerührt wird. Das kann manchmal entscheidend dafür sein, dass eine sinnvolle, gemeinsame Auf-gabenstruktur gefunden wird, gerade weil ein Dritter nicht so sehr in den örtlichen Befindlichkeiten verhaftet ist wie die Protagonisten selbst.

Das ließe sich aus unserer Sicht administrativ sehr gut verwirklichen. Die qualitativ hochwertige Unterstützung und Begleitung, die aus unserer Sicht noch wichtiger ist als allein die geldliche Zuwendung, die über das Schuldenmanagement geflossen ist, kann dann dazu führen, an solchen Stellen zu einer Stabilisierung zu kommen. Das Personal ist ja noch da; die Leute sitzen nach wie vor im Innenministerium. Diese Funktion wäre aus unserer Sicht zu reaktivieren und auf eine mittelfristige Zukunfts-basis zu stellen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender:

Vielen Dank. – Als Letztem in der Runde erteile ich jetzt Herrn Przychodzki das Wort.

Herr Przychodzki (Städtische Abwasserbeseitigung Forst):

Schönen guten Tag! Meine Damen und Herren, Sie hatten bei der Stadtrundfahrt zum Teil schon Gelegenheit, die Probleme, die in Forst im Laufe der letzten 100 Jah-re entstanden sind, zu sehen.

(Der Vortrag wird von einer PowerPoint-Präsentation begleitet.) (Anlage 5)

Ich beginne meine Ausführungen, indem ich Ihnen zunächst etwas zum historischen Forst erzähle. Sie sehen hier auf der Folie eine Ansichtskarte aus den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Man erkennt darauf eine Vielzahl von Schornsteinen. Wir haben vorhin bei der Stadtrundfahrt schon gesehen, wie viele Fabrikstandorte es seinerzeit gab. Im Jahr 1925 existierten den historischen Berichten zufolge 288 Voll-tuchfabriken, hinzu kommt noch eine Vielzahl von Einzelspinnereien, Walkereien, Färberein usw.

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Die Stadt stand damals in voller Blüte, sie hatte zu dem Zeitpunkt über 30.000 Ein-wohner. In den 30er-Jahren sah der Marktplatz, über den Sie heute ja auch gefahren sind, so aus, wie es ja auf dieser Karte zu erkennen ist. Vorhin wurde es bereits aus-geführt: Im Jahr 1940 lebten hier 44.635 Einwohner. In der Textilindustrie haben ca. 10.000 bis 12.000 Menschen gearbeitet.

Während der Stadtrundfahrt, als wir über die Gubener Straße gefahren sind, kam aus Ihrem Kreis die Frage, was denn da für Steine im Asphalt eingelassen sind. Damals gab es eine Stadteisenbahn, die hatte Mitte der 20er-Jahre ein Schienennetz von 24 km Länge. 283 Betriebe verfügten über einen Gleisanschluss. Wenn man sich das alles vor Augen hält, kann man sich leicht vorstellen, dass dort eine Menge produ-ziert wurde. Wo etwas produziert wird, da muss auch etwas hin und her gebracht werden, und das hat man mit der Stadteisenbahn getan.

Gerade in der Tuchindustrie war es damals sehr verbreitet, mit Wasser weiterzuver-edeln. Es gab Walkereien, es gab Färbereien, und dort wurde zum Teil das Wasser aus dem Mühlgraben gezogen, zum Teil auch aus der öffentlichen Wasserversor-gung. Dann musste das Wasser auch wieder entsorgt werden. Was die Abwasserbe-seitigungsanlagen angeht, hat man nicht gekleckert, sondern man hat, wie man so schön sagt, geklotzt. Zu diesem Zeitpunkt war die Tendenz, dass die Stadt sich im-mer weiterentwickeln würde, noch ungebrochen.

Auf dem folgenden Bild, das auf der linken Seite den komplexen Wohnungsbau bis 2016 zeigt, erkennt man, dass die hinteren Blöcke noch hinter der Kirche standen. Rechts hinter der Kirche standen früher ebenfalls Blöcke. Das war das Modell, das in den 70er-Jahren im Zusammenhang mit dem komplexen Wohnungsbau entstanden ist. Auf dem Bild rechts erkennen Sie das, was Sie heute auch live gesehen haben – nämlich nichts mehr. Wir hatten mal einen Baudezernenten, der hat, als es Ende der 1990er-Jahre mit dem Stadtumbau losging, einen Slogan geprägt: Freier Blick nach Sommerfeld. So bitter, wie es jetzt klingt, aber wir sind ziemlich nahe daran.

Die nächste Folie zeigt Ihnen einen Ausblick auf die demografische Entwicklung. Die Kurve beginnt in den 40er-Jahren. Die Prognose vom LBV spricht von 15.990 Ein-wohnern im Jahr 2030, das wären noch einmal 3.000 weniger als zum Ende vergan-genen Jahres. Es ist, wie auch von meinen Vorrednern schon festgestellt, schwierig, in solchen Situationen eine wirtschaftliche Entsorgung aufrechtzuerhalten. Bislang haben wir es gemeistert, und wir sind auch zuversichtlich, dass wir das auch zukünf-tig meistern können.

Vorhin wurde schon etwas zu unserer Struktur ausgeführt. In Form des Eigenbetrie-bes existieren wir seit dem 1. Januar 1994. Nach der Übernahme aus der CoWAG Mitte 1993 waren wir ein paar Monate als Regiebetrieb bei der Stadtverwaltung an-gesiedelt. Damals hatten die Stadtwerke, die alle Versorgungssparten aufgebaut hat-ten, die technische und kaufmännische Betriebsführung. Wir haben heute sozusagen diesen Rumpfbetrieb als Eigenbetrieb.

Auf der Folie erkennen Sie die Struktur. Da gibt es zum einen die linke Schiene, mit der Werkleitung beginnend. Ich bin der hauptamtliche technische Werksleiter. Herr Handdreck ist hier in einer Doppelfunktion tätig, zusätzlich fungiert er als Kämmerer.

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Momentan hat er noch eine dritte Funktion als stellvertretender Bürgermeister bzw. als amtierender Bürgermeister inne.

Hier erfolgt die Unterteilung in die kaufmännische und in die technische Werkleitung. Zu unserem Team gehört Herr Seidel als Teamleiter. Er hat Ihnen die Kläranlage kurz gezeigt. Zusätzlich gibt es noch sechs gewerbliche Mitarbeiter. Dazu gehören eine Vorarbeiterin sowie fünf sogenannte Monteure. Wir betreiben die Kläranlage einschließlich der Schlammentwässerung.

Was Sie bei der Stadtrundfahrt nicht gesehen haben: Wir haben noch eine Kammer-filterpresse, mit der wir den Schlamm entwässern, bevor er dann in die landbauliche Verwertung abgefahren wird. Es gibt zwei Mitarbeiter, die ständig im Netz aktiv sind. Ein weiterer Mitarbeiter betreut all die kleineren Investitionen, Instandhaltungen und auch die Gartenwasserzähler, also zusätzliche Messeinrichtungen, die wir etwas strenger geordnet haben.

Wir haben einen Kollegen, der sich bereit erklärt hat, eine Meisterausbildung zu ab-solvieren. Er kümmert sich um die Dinge, die mit den Anschlussbelangen zu tun ha-ben. Dann gibt es noch eine Kollegin in der technischen Verwaltung, die das GIS pflegt, sich um die Bauverträge kümmert usw.

Die sogenannten hoheitlichen Akte werden hauptsächlich im Fachbereich Stadtent-wicklung vorgenommen. Der Fachbereich Finanzen ist involviert in der Wider-spruchsbearbeitung bei den Gebühren. Das Team Steuern zieht die Niederschlags-wassergebühren im Rahmen der Grundsteuerbescheide mit ein.

Hier sehen Sie eine Übersicht über das gesamte Gebiet der Stadt Forst. Ich hatte es schon ausgeführt: Das Gebiet umfasst 110 km2, östlich davon liegt die Republik Po-len. Da gibt es nichts weiter drumherum, insofern besteht auch keine Perspektive für uns hinsichtlich irgendwelcher Kooperationen oder Erweiterungsbetätigungen, ob-wohl dort drüben noch die Kanäle liegen. Auch die Straßen sind zum Teil noch in Ordnung, aber das hilft uns wenig.

Im Westen schließt sich der ehemalige Tagebau an. Nördlich wird uns ein bisschen das Wasser abgegraben, und dann kommt da auch schon der GWAZ, also der Gubener Wasser- und Abwasserverband. In südlicher Richtung schließt sich unser Nachbar an, also Herr Schmied mit seinem Verband.

Wir haben die ganze Stadt Forst als Stadt und die beiden Ortsteile erschlossen. Der Ortsteil Horno wurde Anfang der 2000er-Jahre neu gebaut, der Ortsteil Sacro ist ebenfalls in diesem Zeitraum erschlossen worden. Die restlichen acht Ortsteile sind alle dezentral entsorgt. Anfang der 90er-Jahre gab es eine Studie – auch darüber wurde heute Vormittag schon gesprochen – zur Frage: Erschließt man das alles zentral?

Da gab es bereits die entsprechenden Vorplanungen. Wir haben dann eine Wirt-schaftlichkeitsbetrachtung angestellt, auch mit Blick darauf, wie es sich verhält, wenn wir alles dezentral lassen oder die Leute aufgefordert werden, perspektivisch ent-sprechende dezentrale Anlage zu errichten.

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Wenn man das alles in Form einer Vollkostenrechnung betrachtet, kommt man zu dem Schluss, dass eine dezentrale Anlage, also eine Kleinkläranlage, auf jeden Fall teurer ist als eine zentrale Anlage. Wir haben dann aber in der Stadtverordnetenver-sammlung auf Basis des Abwasserbeseitigungskonzepts die Entscheidung getroffen, diese Ortsteile doch nicht zentral zu erschließen. In der Fortschreibung haben wir als Beschluss festgehalten, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen dauerhaft dezentral bleiben.

In der Stadt selber haben wir 107 km Schmutzwasserfreispiegelleitung, dazu 7,6 km Druckleitung und mittlerweile 31 Pumpstationen gebaut, um zu gewährleisten, dass die entsprechenden Mindestgefälle in diesem Bereich eingehalten werden. Wir ha-ben auf der Strecke von Südosten bis nach Norden hier bloß 4 m bis 6 m Höhendiffe-renz. Wir bräuchten ungefähr 30 m Höhendifferenz auf dieser Strecke, um im Frei-spiegel entwässern zu können; daher diese Vielzahl von Pumpstationen. Sie sind von den Bewirtschaftungskosten her nicht unerheblich, auch im Hinblick auf die am Vormittag bereits angesprochenen Thematiken – Schwefelsäurekorrosion, Betonkor-rosion usw. –; das erscheint uns aber dennoch als Mittel, um hier ein wenig entge-genwirken zu können.

Das Niederschlagswasser ist ebenfalls ein wichtiges Thema. Das vergisst man im-mer leicht, wenn man über Abwasser redet, aber es gehört ebenfalls dazu; es ist auch im Wassergesetz unter der Rubrik „Abwasser“ festgehalten.

Die Stadt Forst hatte einst über 30 km unbefestigte Straßen; mittlerweile sind es noch 20 km. Wir haben etliche Straßen ausgebaut. Wo die Muldenversickerung aus irgendwelchen Gründen für das Oberflächenwasser der Fahrbahnen nicht mehr funk-tioniert, müssen wir mit technischen Anlagen, also Rigolen usw., herangehen. Mitt-lerweile sind über 100 Einleitstellen über das gesamte Stadtgebiet verstreut.

Auf dieser Folie sehen Sie einen kurzen Überblick über die technischen Anlagen. Ausführliche Erläuterungen will ich Ihnen an dieser Stelle jedoch ersparen. Sie wer-den die Präsentationen erhalten, und dann können Sie die Einzelheiten noch einmal nachlesen.

Nicht ganz uninteressant sind die Materialzusammensetzung und die Altersstruktur. Es gibt immer noch 28 km Leitung, die noch nicht dem Standard bzw. dem Regel-werk der Abwasserbeseitigung entspricht. Da werden wir auf jeden Fall noch handeln müssen. Davon sind immer noch 3 km Leitung im Klinkermauerwerk ausgeführt; da-rauf komme ich gleich noch einmal kurz zurück. Diese Leitungen bereiten uns erheb-liche Probleme. Das Gleiche gibt es noch einmal für das Niederschlagswasser.

Zur betriebswirtschaftlichen Situation: Wir haben infolge der Querelen mit den soge-nannten Altanschließern die Beitragserhebung zum 1. Januar 2016 abgeschafft und fahren jetzt eine reine Gebührenfinanzierung. In der vergangenen Woche haben wir den Beschluss der Stadtverordneten zur Gebührenerhöhung auf 3,96 Euro/m3 im zentralen Netz erhalten.

Auch in dezentralen Bereich mussten wir anpassen. In diesem Bereich ist die Abfuhr der Kostentreiber. Trotz öffentlicher Ausschreibung gibt es kaum Bieter, die – zumin-dest in dieser Region – Angebote abgeben. Bei der letzten Ausschreibung, die wir

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getätigt haben, gab es leider Gottes nur einen Bieter. Wir haben auch schon eine Vergleichsrechnung angestellt, wie es aussehen würde, wenn wir das Ganze selbst durchführten; aber zumindest die letzten Vergleichsrechnung hat ergeben, dass die Kosten einer Fremdvergabe nach wie vor niedriger wären.

Wir erheben Kostenersatz nach den tatsächlichen Kosten für die Anschlussleitungen. Wenn wir jetzt im Stadtgebiet alte Leitungen erneuern und damit auch die Grund-stücksanschlussleitungen erneuern, werden die Kosten, die auf die Erstellung bzw. Veränderung der Grundstücksanschlussleitungen entfallen, den Grundstückseigen-tümern im Rahmen des Kostenersatzes in Rechnung gestellt.

Ansonsten bleibt für Investitionen nur die Kreditaufnahme oder die Gewährung von Zuwendungen. Herr Schmied hat es ja auch schon ausgeführt, dass es an dieser Stelle nicht wirklich üppig bestellt ist. Sie haben es bei der Stadtrundfahrt wahr-scheinlich nicht richtig wahrgenommen, aber gegenüber dem Wasserwerk befindet sich auch noch eine Baustelle; das ist die Wasserschutzzone III. Für diesen Bereich gibt es Fördermittel, und da sind wir gerade dabei, die Kanäle auf den entsprechen-den Stand der Technik zu bringen. Das ist ein Prozess, den wir schon seit etlichen Jahren betreiben.

Unser Betriebsaufwand beträgt im Schmutzwasser 2,3 Millionen Euro, beim Nieder-schlagswasser knapp 600.000 Euro und in der dezentralen Entsorgung rund 200.000 Euro. Die Dienstleistungen, also Störungsbeseitigung bei Dritten usw., liegen bei et-wa 30.000 Euro.

Der Umsatz ist entsprechend unserer Größe mit insgesamt knapp 3 Millionen Euro nicht so üppig. Die Aufwendungen, materialbezogene Leistungen – zu einem Teil müssen wir auch Fremdleistungen in Anspruch nehmen – belaufen sich auf 673 000 Euro, der Personalaufwand auf knapp 800 000 Euro, die Abschreibungen auf ca. 1,2 Millionen Euro und der sonstige betriebliche Aufwand auf 400.000 Euro. Hinzu kommen die Effekte, von denen auch Herr Schmied bereits sprach. Wenn man das jetzt vergleicht, dann ist das defizitär; aber es gibt noch genug andere Effekte, die einen positiven Jahresabschluss generieren.

Jetzt komme ich noch einmal auf den Punkt zurück, den ich bereits vorhin angespro-chen hatte. Unsere Probleme entstehen letztlich durch den Strukturwandel, nicht nur durch die demografische Entwicklung, sondern vor allem durch den industriellen Strukturwandel. Ein besonders großes Problem sind die geklinkerten Kanäle über 3 km Länge. Sie sehen es auf dem Foto: Da befinden sich Wahnsinnsgewölbe unter den Straßen; da könnten über 1.200 l/Sekunde hindurchfließen. Derzeit fließen aber im Durchschnitt über den Tag gerechnet 25 l/Sekunde auf der Kläranlage. Da muss man sich wirklich mal die Relationen klarmachen.

Wenn man dann noch sieht, dass diese Kanäle aus bautechnischer Sicht keine Tro-ckenwetterrinne haben – es sind keine Mischkanäle, sondern das sind reine Schmutzwasserkanäle –, dann kann man sich gut vorstellen: Im Anschluss an eine Reinigung sind die Klinkerkanäle blitzblank, später aber sehen sie eher aus wie ein verockerter Grabenlauf, durch den sich eine kleine Wasserader hindurchschlängelt.

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Das sind die Probleme, mit denen wir es tatsächlich zu tun haben. Sie können sich bestimmt vorstellen, wie viele Tonnen Dreck wir aus diesem Kanal herausgeholt ha-ben und wie schnell der erneut verdreckt ist. Wenn es dann zu einem Starkregener-eignis kommt, dann finden wir alles in unserer Rechenanlage bzw. in der mechani-schen Reinigungsstufe auf der Kläranlage wieder.

Die Kläranlage wurde seinerzeit aus Kostengründen nicht gleich vollwertig ausge-baut. Wir operieren, zumindest was den Sandfang angeht, immer noch mit der alten Anlage von 1974. Irgendwann landet dann alles in der Biologie. Schließlich müssen wir die Taucher losschicken, die all die anorganischen Stoffe wieder herausholen müssen. – Bei einem derart veralteten Kanalnetz, zum Teil weit über 100 Jahre alt, besteht eben ein großer Investitionsstau.

Im Hinblick auf die Anschlussdichte liegen wir eigentlich gar nicht so schlecht, näm-lich pro Anschluss bei 22 m. Bezogen auf rund gerechnet 5 000 Anschlüsse und die 18 000 Einwohner – wir müssten die noch in den Ortsteilen abziehen – liegen wir ungefähr bei 4 m. Das ist eigentlich gar nicht so schlecht, aber es ist trotzdem nicht optimal.

Das bedeutet: erhöhte Betriebsaufwendungen. Auf einem der Fotos erkennen Sie unsere Kolonne, die die Kanalreinigung vornimmt. Das können wir effektiv nur bis zur Stärke DN 300 durchführen. Bei allen größeren Kanälen – davon haben wir auch noch einige, ganz abgesehen von den gemauerten – müssen wir Fremdleistungen einkaufen.

Auf dem nächsten Foto erkennen Sie, wie es aussieht, wenn man einem größeren Gewölbe zu Leibe rückt. Das haben wir bereits praktiziert, und das ist aus unserer Sicht die einzige Möglichkeit: nämlich schrittweise voranzugehen, im Rohr-Relining die Kanäle auf ein – in Anführungszeichen – „normales Maß“, so wie sie es heute bräuchten, zurückzuschrumpfen. Das ist jedoch sehr kostspielig, je nach Ausgangs-nennweite bis zu 2 700 Euro pro Meter. Sie können sich vorstellen, was es für unser Investitionsbudget bedeutet, wenn man keine Fördermittel bekommt – und die haben wir bisher nicht erhalten.

Sie haben gefragt, welche perspektivischen Entwicklungen wir sehen. Ich habe es schon im Laufe der Präsentation angedeutet: Eine Erweiterung des Entsorgungsge-bietes ist nicht möglich; die Schrumpfung der Einwohnerzahlen wird weiter voran-schreiten. Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich hier abwasserintensive Gewerbe-gebiete ansiedeln. Vor nicht allzu langer Zeit war zwar mal ein Schlachthofvorhaben im Gespräch, aber auch das hat sich wieder zerschlagen.

In der heutigen Zeit ist immer zu berücksichtigen, dass solche Unternehmen den Stoffkreislauf sehr ernst nehmen. Da ist also auch nichts zu erwarten. Also bleibt es an uns selber, mit unserer Effektivität und strikter Kostenkontrolle den Kostenrahmen nicht ausufern zu lassen und dennoch die Gebühren zeitnah anzupassen.

Zur Prognose der Gebührenentwicklung: Wenn man die voraussichtliche Bevölke-rungsentwicklung sieht, die damit einhergehende Reduzierung der SW-Menge, den voraussichtlich noch erforderlichen Investitionsbedarf in das Kanalnetz, und das bei einer angenommenen Kostensteigerung von ca. 10 %, dann ist man schnell bei einer

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Erhöhung der Benutzungsgebühr von 3,96 Euro auf 5,92 Euro/m3. Man könnte viel-leicht noch ein wenig kaschieren, indem man Grundgebühren einführt, aber, wie ge-sagt, die Kosten sind da, und es gibt, wie auch schon gesagt, nur den Bürger, dem wir das abverlangen können.

Was sind unsere Erwartungen? – Wir haben noch ein Problem, nämlich den Hoch-wasserschutz. Sie haben es gesehen: Die Neiße ist nicht weit weg. Es gibt auch ein schönes Foto vom letzten Hochwasser: Sie sehen die Fläche, wo die alte Ruine stand. Diese Fläche war bereits überflutet; ein nur um 20 cm höherer Wasserstand beim Hochwasser hätte bedeutet, dass das Wasser über die Straße in die Kläranlage geflossen wäre. Wir hätten da sicherlich Sandsäcke aufgetürmt, aber die Situation bleibt, wie sie ist.

In der Hochwasserrisikomanagement-Studie gibt es eine blauschraffierte Fläche, die ist wesentlich größer als die Überflutungsfläche, aber sie ist nun mal da. Das Land tut sich wirklich schwer mit der Durchsetzung der vorgesehenen Schutzmaßnahmen. Es geht zunächst darum, die Deiche zu erhöhen. Die Deiche sind hinten abgesenkt, und deshalb kommt es zu diesen Überflutungen. Gott sei Dank ist das schon in der Risi-kostudie enthalten; es gibt aber noch keinen Termin, wann da die Bagger endlich anrollen und die Deichlücken schließen.

Ganz abgesehen davon fließt der Mühlgraben am Kreishaus vorbei. Dort stand beim letzten Hochwasser der gesamte Keller unter Wasser, bis hin zu Mühlenstraße, wo wir entlanggefahren sind, über die Stadtmühlenbrücke. Da kommt dann die Staustu-fe. Bis dahin staut der Mühlgraben auf das Wasserniveau an, das die Neiße mit sich bringt.

Wir haben einmal überschlägig ermittelt, was es kosten würde, wenn wir selber einen Objektschutz vorhielten. Es würde mindestens 250 000 Euro kosten, wenn wir einen kleinen Teich um die Kläranlage herum errichteten. Ich finde aber, hier sollte das Land auch in Bezug auf die übrigen Stadtgebiete seiner Pflichtaufgabe „Hochwas-serschutz“ gerecht werden.

Mit Blick auf die großen Kanäle wäre noch zu überlegen, dass sie ein Bestandteil der Förderrichtlinie werden könnten. Da könnte man bestimmte Kriterien definieren, ab welcher Größe ein Kanal in die Förderung hineinkommt. Meiner Meinung nach sollte so vorgegangen werden. Das ist ähnlich wie die Sache mit dem allgemeinen Rück-bau; da war die Wasserwirtschaft auch nicht berücksichtigt worden. Die Wohnungs-unternehmen bekommen die Gelder, aber wir als Wasserwirtschaftler bekommen nichts.

Es gibt noch einen weiteren Punkt, wo sich das Land ein wenig der Kosten entledigt hat, indem es nämlich auf ein Urteil aus Mecklenburg-Vorpommern verweist. Danach werden die gesamten Kosten der Straßenreinigungsabläufe den Kommunen übertra-gen. Das machte bei uns nach dem derzeitigen Stand der Straßenreinigungsabläufe zusätzliche 7 000 Euro aus. Das klingt nicht viel, aber wenn man diese Kosten jedes Jahr hat, dann summiert es sich eben auch.

Kommen wir jetzt noch mal zu dem, was Forst bewegt – und somit auch uns – mit Blick auf die Kreisgebietsreform und die mögliche Verlagerung der Kreisverwaltung.

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Das ist wieder nur ein kleines Beispiel, aber es ist eben auch ein Tropfen, der den Stein höhlt. Das Kreishaus hier in Forst ist einer unserer besten Abwassereinleiter mit 3.500 m3 Schmutzwasser im Jahr, das macht 13.860 Euro aus. Dieses Geld ha-ben oder nicht haben, das ist für uns eine wichtige Frage.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Für Rückfragen stehe ich gerne zur Ver-fügung.

Vorsitzender:

Vielen Dank. Insgesamt ist die Stimmungslage eher gemischt; so habe ich es zumin-dest wahrgenommen. Einmal haben Sie sich relativ positiv geäußert, dreimal gab es eher Kritik. Bestehen Fragen? – Bitte schön.

Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE):

Ich möchte mich zunächst bei allen Vortragenden für die Berichterstattung bedanken, auch für das offene Ansprechen von Problemlagen, die wir mitnehmen sollen. Das ist sicher hilfreich für unsere Arbeit, um eine Bewertung vornehmen und Handlungsemp-fehlungen geben zu können.

Ich habe folgende Frage an den Wasserverband Lausitz. Sie haben vorhin die Be-triebsführung dargestellt. Sie haben auch den demografischen Wandel angespro-chen, aber ich habe nicht erkannt, welche Probleme da bei Ihnen diesbezüglich auf-treten. Da war von 40 Millionen Euro die Rede. Ich habe es zumindest so wahrge-nommen, dass Sie versuchen, diesem demografischen Wandel so zu begegnen, dass Sie Ihren Umsatz, also Ihr Betreibermodell, vergrößern.

Das ist ja nun nicht in jedem Fall möglich. Vielleicht sagen Sie bitte noch etwas zur Situation der demografischen Entwicklung in Ihrem Verband? Inwiefern würde sich das, wenn Sie in der jetzigen Größe bleiben würden, praktisch auf die Gebühren auswirken?

An den Spremberger Verband habe ich ebenfalls einige Nachfragen. Herr Hornauf, Sie haben vorhin Beispiele aus dem Wassergesetz genannt. Da war von einer Emp-fehlung die Rede, die Sie an das Land geben. Können Sie bitte noch einmal etwas dazu sagen, welche Vorschriften Sie genau meinen und was sich dahinter verbirgt? Wir sind gerade bei der Novellierung des Wassergesetzes; insofern wäre es hilfreich, wenn wir da Ihre Unterstützung bekommen könnten.

Herr Przychodzki, Sie hatten dargestellt, es sei eigentlich nicht möglich, größer zu werden, es gebe nicht mehr Einwohner, und man müsse jetzt auf strikte Kostenkon-trolle achten und auf die Anpassung der Gebühren. Aber das alleine kann es ja auch nicht sein; denn dann würden ja die Gebühren – Sie haben es schon aufgezeigt – in 2030 weit nach oben steigen. Da ist die große Frage, inwieweit man da eine Akzep-tanz bei den Bürgern findet und inwieweit das nachvollziehbar ist.

Gab es denn schon einmal perspektivische Betrachtungen zu der Frage, wie man vielleicht mit Nachbarn kooperieren kann, zum Beispiel mit Abwasserzweckverbän-

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den, wo man sich zusammenschließt, um an der Kostenschraube etwas drehen zu können? Das wäre ein Fragekomplex an Sie.

Dann habe ich noch eine Frage an alle. Ich weiß jetzt nicht, wer von Ihnen an dem Leitbild mitgearbeitet hat; das waren ja nicht alle Abwasserzweckverbände. Unter anderem im Bereich der Organisationen, unter den Zielen „nachhaltige Trinkwasser-versorgung“ und „Abwasserbeseitigung sichern“, stehen Dinge, bei denen ich immer das Gefühl habe, wir müssten unsere Kommunalvertreter und die Bürger in den Ent-scheidungen mitnehmen, damit überhaupt verstanden wird, was eigentlich mit der Siedlungswasserwirtschaft passiert; denn das betrifft sie ja ganz persönlich.

Bei einigen Zielstellungen frage ich mich: Wie kann man denn zu den Auswirkungen des demografischen Wandels gegenüber den Kommunen Transparenz schaffen? Das erscheint mir beim Abwasserzweckverband bei Ihnen, weil Sie sehr groß sind und ein Betreibermodell haben, doch eher schwierig. Ich weiß gar nicht, wie Sie in Kontakt kommen mit Kommunalvertretern, die am Ende die Entscheidungen treffen müssen. Wie macht man es, Kommunalvertreter so zu qualifizieren, dass sie gute Entscheidungen fällen können? Das ist eine schwierige Sache; denn jede falsche Entscheidung in Döbern hat enorme Folgen.

Da ist aus meiner Sicht ein Ansatzpunkt, wo wir sagen müssen: Wir haben große Herausforderungen vor uns, und wir müssen auf dieser Ebene enger zusammenar-beiten. Wir müssen die Kommunalvertreter – die im Ehrenamt tätig sind – qualifizie-ren und mitnehmen. So viel zunächst von meiner Seite.

Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90):

Auch von meiner Seite herzlichen Dank an Sie alle. Ich habe Fragen für jeden von Ihnen.

Frau Braune, Sie haben Ihr Modell vorgestellt. Das klang alles sehr beeindruckend. Ich habe dazu ein paar Nachfragen.

Habe ich es richtig verstanden, dass es für Ihr Modell keine Gelder aus der EEG-Umlage gibt? Sie finanzieren das Ganze also rein betriebswirtschaftlich?

Dann würde mich noch interessieren: Was machen Sie eigentlich mit dem Rest, der dann übrig bleibt? Da bleibt doch eine konzentrierte Masse übrig. Was muss man damit machen? Sind da so viele Schadstoffe enthalten, dass das die Kosten wieder auffrisst?

Herr Otto und Frau Hoelzner, Sie haben das Problem mit der Kaserne dargestellt, die überdimensionierte Anlage, mit der Sie es zu tun haben. Vorhin haben wir gehört, dass das Land Fördermittel bereitstellt für solche Fälle, also wenn Anlagen überdi-mensioniert sind. Ist das ein Programm, das bei Ihnen passen würde? Könnten Sie es für den Rückbau der Anlagen in Anspruch nehmen?

Herr Schmied, Sie hatten mehrfach die Gefahren durch die Digitalisierung betont. Können Sie uns in zwei, drei Sätzen verraten, worum es Ihnen geht? Haben Sie Sor-

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ge vor Terroranschlägen durch Hacker? Was ist da Ihre Sorge genau? Das würde mich interessieren.

Herr Hornauf, Stichwort: Genehmigungsverfahren Trinkwasserschutzzonen. Sie ha-ben davon gesprochen, das Land solle irgendetwas unternehmen. Wir haben bei der Kreisgebietsreform und der Funktionalreform auch über die Kommunalisierung disku-tiert. Da wurden immer die Trinkwasserschutzzonen als ein Beispiel dafür genannt, warum man nicht kommunalisieren sollte. Dieser Bereich liegt momentan größtenteils bei den Kommunen, und die haben es nach Auskunft des Landes nicht besonders gut gemacht. Sie aber haben gesagt, das Land sei schuld. Vielleicht können Sie aus Ihrer Sicht mal sagen, warum der Schwarze Peter doch beim Land liegt.

Die nächste Frage geht an Herrn Schmied und Herrn Przychodzki, und zwar ist das die Frage nach einem möglichen Zusammengehen. Haben Sie mal über einen sol-chen Zusammenschluss nachgedacht, insbesondere vor dem Hintergrund, was heu-te Morgen Herr Dr. Merten aus dem Ministerium ansprach? Er redete davon, dass sich so etwas ganz besonders für dezentrale Anlagen lohnen könnte.

Insofern möchte ich die Frage von Frau Schwarzenberg dahin gehend ergänzen, ob Sie mal die Berechnungen angestellt haben, wie es aussieht, wenn Sie auf mehr de-zentrale Anlagen umstellen, das Ganze aber in einem größeren Verband kontrollie-ren.

Kommissionsmitglied Roick (SPD):

Als Nächster würde ich selber gerne ein paar Fragen stellen, und zwar als Kommis-sionsmitglied.

Zunächst ganz herzlichen Dank auch von mir an alle Vortragenden. Ich komme aus einer Region, die ebenfalls unter der Demografie zu leiden hat. Unser Landkreis hat-te beim Zusammenschluss 160 000 Einwohner, und wir sind jetzt bei ca. 112 000, 113 000 Einwohnern. Ich habe daher eine Frage an Frau Braune: In der Vergangen-heit konnte es möglich gemacht werden, die Gebühren beizubehalten, trotz der De-mografie. Wie weit in die Zukunft wäre so etwas möglich?

Wenn ich es richtig verstanden habe, konnten Sie dies durch Flexibilisierung, durch neue Geschäftsfelder innerhalb der Betriebsführung gewährleisten. Wie weit kann man so etwas in die Zukunft planen? Inwieweit könnte sich diese Art und Weise des Herangehens an die Wasserproblematik innerhalb von Brandenburg etablieren?

An die anderen habe ich folgende Frage: Wäre dieses Modell etwas für Sie selber, um gegebenenfalls auch Ihre Probleme zu lösen? Ihre Vorträge hatten ja gezeigt, dass eine Stellungnahme zu den Wasserproblemen im Land eher positiv geprägt war, während drei weitere Statements von großen Sorgen und großen Nöten spra-chen und die Bitte ans Land enthielten, sich dieser Nöte anzunehmen. Daher meine Frage: Könnte ein solches Modell auf Verbandsebene erfolgversprechend sein?

Frau Braune (WAL Wasserverband Lausitz Betriebsführung GmbH):

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Ich beginne mit dem Thema „demografischer Wandel“. Dieser betrifft uns natürlich genauso, in der Vergangenheit vielleicht stärker als akut. Eine unserer Antworten als Betriebsführer darauf ist, wie Sie richtig erkannt haben, die Erweiterung des Betrie-bes. Wir sehen zu, wo wir zusätzliche Dienstleistungen entwickeln können.

Das ist aber nicht das Einzige, vielmehr muss man das als ein System verschiedener Stellschrauben begreifen. Es geht um Energieeffizienzmaßnahmen, um die Auslas-tung von Personal, um das Inscourcing von Leistungen, die vielleicht fremdvergeben wurden, und um zusätzliches Geschäft von Ingenieursdienstleistungen. Das ist ein ganz bunter Strauß.

Ich kann nicht behaupten, dass man diese Herangehensweise auf jeden Verband eins zu eins übertragen kann. Da kann ich eigentlich keinen pauschalen Rat geben. Wir in unserer Funktion als Betriebsführer – wir sind als Tochtergesellschaft von Re-mondis Aqua bundesweit und über den Konzern bzw. die Unternehmensgruppe so-gar international tätig – gehen davon aus, dass man sich jedes Projekt einzeln an-schauen muss. Es gibt da nie die eine pauschale Antwort: „Genau so muss man es machen“, sondern das ist immer eine individuelle Vorgehensweise.

Zum Aspekt „Kontakt zu Kommunalvertretern“: Wie kommen wir in Kontakt? Wir ha-ben – das ist relativ neu – probeweise das Format eines „politischen Brunches“ bei uns am Standort eingeführt. Wir laden ein zu bestimmten Themen; wir stellen das eine oder andere zu den Projekten vor, mit denen wir beschäftigt sind. Das würden wir sehr gerne noch erweitern.

Wir stellen überdies unsere aktuellen technischen Themen vor. „TetraPhos“ bei-spielsweise ist unser Verfahren zum Phosphorrecycling aus Klärschlamm; auch das wurde hier bereits angesprochen. Wir haben eine Pilotanlage gemeinsam mit der Hamburger Stadtentwässerung, wohin wir sehr regelmäßig auch Gäste einladen; denn das ist ein aktuelles politisches Thema. Darüber können wir gut in Kontakt kommen und in diesem Zusammenhang auch regionale Probleme ansprechen.

Zum letzten Thema: Wir sind auch Mitglied in der Brandenburgischen Wasseraka-demie. Das ist ein Zusammenschluss, der sich gerade den Themen „Öffentlichkeits-arbeit“ und „Aufklärung über die Probleme der Wasserwirtschaft“ verschrieben hat. Das finden wir sehr wichtig, und wir unterstützen es nach Kräften. Ich selber bin zu-dem Mitglied im Arbeitskreis für Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbildung. Dabei geht es um Aufklärung zu Fragen wie: Was bedeutet Wassersparen für die Netze? Wel-che Auswirkungen hat es auf Preise, wenn immer weniger Wasser verbraucht wird? – Das sind einige der Kommunikationswege, die wir suchen.

Herr Lucchesi (WAL Wasserverband Lausitz Betriebsführung GmbH):

Ich werde versuchen, noch ein wenig zu ergänzen. Eingangs gestatten Sie mir noch der Hinweis und die grundsätzlich Bemerkung: Aus den vielen Beiträgen haben Sie feststellen können, dass die Situation von Ort zu Ort unterschiedlich ist. Man muss darauf achten, nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Insofern kann ich natürlich nur über unsere Betriebsführung sprechen. Wir haben unsere Situation so vorgefunden, wie sie war. Die Situation mag an anderer Stelle vielleicht komplizierter sein und an-

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dere Lösungsansätze erfordern. Diese Einschränkung muss einfach gemacht wer-den.

Die Bevölkerungsentwicklung ist natürlich auch für uns ein Thema, so wie überall. Lassen Sie mich einige Zahlen nennen, um das zu illustrieren. Im Jahr 2000 hatte Senftenberg 31 000 Einwohner, in 2012 waren es ca. 25 000 Einwohner. Wir sind ja nur für den südlichen Bereich zuständig. Es gibt zwei Wasserver- und -entsorger in dem Landkreis, aber der gesamte Landkreis ging von im Jahr 2000 noch 145 000 Einwohnern auf 112 000 Einwohner im Jahr 2015 zurück. Das ist also auch für uns ein Thema.

Langfristig haben wir versucht, die Infrastruktur auf diesen absehbaren Bevölke-rungsschwund hin anzupassen. Natürlich spreche ich hier auch ein Stück weit für den Verband, in dem wir seit nunmehr zehn Jahren tätig sind. Dieser Prozess wurde durch Dr. Socher als Verbandsvorsteher federführend und durch seinen Vorgänger schon früher eingeleitet. Beispielsweise haben wir die Zahl der Wasserwerke redu-ziert. Zuvor hatten wir im Verbandsgebiet vier Wasserwerke, jetzt haben wir nur noch ein großes, das wir entsprechend modern halten und ertüchtigen, um dort die Effizi-enz zu heben.

Wir berücksichtigen bei notwendigen Ersatzinvestitionen gerade im Rohnetz- und Kanalnetzbereich die geänderte Entwicklung, bauen also reduzierte Nennweiten ein und verkleinern die Kanäle, wenn sie sowieso zur Renovierung anstehen. Dort ver-suchen wir im Zuge der sowieso erforderlichen Investitionen, schrittweise die Infra-struktur an die neuen Begebenheiten und Umstände anzupassen, auch an die de-mografische Entwicklung, und so ohne zusätzlichen Aufwand diese Anpassungen vorzunehmen.

Das sind einige der Maßnahmen, mit denen wir versuchen, das Problem in den Griff zu bekommen.

Ich komme zur Frage nach der Lösung, wie wir sie zum Schluss vorgestellt haben. Von der EEG-Umlage profitieren wir eigentlich nur ganz gering bis gar nicht. Wir ver-sorgen in erster Linie die Kläranlage mit Strom, den wir selbst erzeugen. Wir erzeu-gen aber mehr Strom, als eigentlich verbrauchen; insofern speisen wir noch ein Stück von dem Überschuss ein – weniger als 10 % –, und dafür bekommen wir die Vergütungssätze nach EEG.

Wir überlegen aber – das will ich hier ganz offen sagen –, die Anlage vielleicht vom Netz zu nehmen. Die eine Seite ist die vielleicht günstigere Vergütung, die andere Seite ist aber, dass wir in einer Region leben, in der ein Energieüberschuss herrscht, und dass uns die Kläranlage bei Netzüberlastung durch die Netzbetreiber regelmäßig abgeschaltet wird. Die letzte Abschaltung fand vergangene Woche statt, 27 Stunden am Stück. Das war enorm, vor allen Dingen, weil wir auch noch Wärmeversorgungs-aufgaben leisten müssen.

Dazu haben wir uns ja bekannt, und wir haben auch Gott sei Dank die Kooperation mit den Stadtwerken, die im Falle eines Falles einspringen. Die Senioren haben es also weiterhin warm. Aber so etwas trifft uns wirtschaftlich natürlich stark, zumal es so ist, dass man nur den Prozentsatz als Ausfallinvestitionen vergütet bekommt, den

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man gerade einspeist. Im letzten Jahr haben wir keine 200 Euro an Vergütung für die Abschaltzeiten erhalten, hatten aber einen enormen wirtschaftlichen Schaden.

Es ist klar, dass Reststoffe entstehen. Wir haben eine Klärschlammfaulung mit Zuga-be von organischem Material, also im Sinne einer Covergärung; ich hatte es gesagt. Das funktioniert wie ganz normaler Klärschlamm. Die Abprodukte gehen zurzeit in die landbauliche Verwertung – kompostiert wird in Bärenbrück –, und dann geht es zur Rekultivierung von Tagebauflächen, wie es auch die anderen Partner machen. Das ist bei uns nichts Besonderes.

Wir sind auch einem Überwachungsregime unterworfen, das heißt, wir machen re-gelmäßig Beprobungen unseres Klärschlamms, wie es vorgeschrieben ist. Dafür ha-ben wir die entsprechenden Abfallschlüssel der Unteren Abfallbehörde. Wir melden unsere Kennzahlen dorthin. Außerdem halten wir die Kennzahlen ein mit Blick auf die chemische Beschaffenheit, sodass wir diesen Weg landbaulicher Verwertung gehen können. Das ist also gar kein Problem. Das betrifft die üblichen Kosten, die man auch hätte, wenn man Klärschlamm entsorgen würde.

Dann noch eine Anmerkung zu Drittsachen. Lassen Sie mich hier ganz kurz eine Maßnahme vorstellen: Wir liefern Wasser in Größenordnungen auch nach Sachsen; so ist zum Beispiel Müllermilch unser größter Kunde in Leppersdorf, tief in Sachsen, in der Nähe von Radeberg. Er nimmt uns 10 000 m3 am Tag ab; das hilft natürlich beim Wirtschaften und beim Auslasten der Anlagen. Wir liefern auch nach Kamenz. Im Hinblick auf Weißwasser bin ich mir nicht sicher, wie weit die Verhandlungen ge-diehen sind.

Wir versuchen also durchaus, auch zu exportieren. Dabei fällt uns das erhöhte Was-serentnahmenentgelt auf die Füße. Wir müssen uns große Mühe geben, um dort ei-nen Preis hinzubekommen, der für unsere sächsischen Kunden noch wirtschaftlich darstellbar ist. Wir haben aber das Glück, dass wir ein Wasser produzieren, das von der chemischen Beschaffenheit her wirklich sehr gut ist. Gerade Müllermilch will auf-grund strenger Lebensmittelvorschriften dieses gute Wasser haben; denn wir kön-nen, wie gesagt, eine hohe Güte und chemische Stabilität vorweisen.

Lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt nennen: Mit unserer 24-Stunden-Leitwarte überwachen wir beispielsweise auch BASF-Anlagen in Münster. Das be-kommen wir vergütet durch die Fernübertragung. Weil sich eine 24-Stunden-Leitwarte nicht allein für ein solches Verbandsgebiet rechnen würde, holen wir also solche Drittgeschäfte herein, damit das Ganze wirtschaftlich darstellbar bleibt. Das geht bis dahin, dass wir Mitarbeiter bei LMBV-Projekten mit einsetzen und diese auch Betriebsführungsaufgaben übernehmen. So versuchen wir also, für einen Aus-gleich zu sorgen und durch geeignete Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit herzustel-len.

Frau Braune (WAL Wasserverband Lausitz Betriebsführung GmbH):

Ich möchte noch einmal kurz auf Ihre Frage eingehen, Herr Roick. Wachstum in Brandenburg, eine Vergrößerung – das können wir uns sehr gut und auch in größe-rem Umfang vorstellen. Das meine ich nicht in dem Sinne, dass wir alles in einen Betrieb integrieren würden, sondern der Ansatz wäre – so ist unser Geschäftsmodell

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–, dass man die Einzelbetriebe bestehen lässt und wir uns als einen Dienstleister sehen, der mit einer Personalübernahme in unterschiedlicher Intensität komplette Betriebsführung oder auch einzelne Dienstleistungen übernehmen könnte und auch würde.

Was die Gebührenstabilität in der Zukunft angeht: Für den Moment sind wir zuver-sichtlich, aber wir alle können kein Blick in die Glaskugel werfen und voraussagen, wie lange das noch so weitergehen wird. Ich denke aber, mit all den Maßnahmen und dem stabilen Betrieb, den wir dort vor Ort haben, können wir das noch eine Wei-le aufrechterhalten.

Kommissionsmitglied Roick (SPD):

Vielen Dank. – Ich habe eine kurze Nachfrage an Sie. Sie haben gesagt, Sie hätten drei Wasserwerke abgerissen. Haben Sie das mit Fördermitteln gemacht oder haben Sie das aus dem Geschäftsbetrieb heraus gemacht?

Herr Lucchesi (WAL Wasserverband Lausitz Betriebsführung GmbH):

Ich muss ehrlicherweise sagen: Da muss ich passen. Ich gehe davon aus, dass viel-leicht Fördermittel dabei gewesen sind. Ich selbst bin erst seit knapp fünf Jahren in dem Unternehmen, und diese Entwicklungen haben schon vor meiner Zeit stattge-funden, sodass ich leider keine Kenntnis darüber habe. Ich würde mich aber infor-mieren und könnte Ihnen dann die Informationen zukommen lassen, inwieweit För-dermittel eine Rolle gespielt haben.

Herr Otto (Geschäftsführer GeWAP bmH):

Ich werde zunächst auf die Frage von Frau Schwarzenberg zur Transparenz einge-hen. Hier haben wir es als kleine Einheit sehr leicht, das muss ich so sagen. In unse-rer Verbandsversammlung sind die sieben Gemeinden mit sieben ehrenamtlichen Mitgliedern vertreten. Frau Hoelzner als Amtsdirektorin ist Verbandsvorsteherin. Die Sitzungen sind öffentlich. Wir veröffentlichen unsere Mitteilungen nicht mehr in der „Lausitzer Wasser Zeitung“ oder in der Wasserzeitung allgemein, sondern generell im „Peitzer Land Echo“ – das liest nämlich jeder –, weil wir mit dem Amt deckungs-gleich sind.

Jeder Bürger findet aufgrund der kleinen Einheiten bei uns seinen Ansprechpartner. Jetzt sind gerade die Jahresrechnungen durch. Da gibt es immer mal einen Ansturm, und dann herrscht wieder relative Ruhe. Da fällt es uns als kleine Einheit relativ leicht, auf den Bürger zuzugehen, wenn es Probleme gibt. Das hält sich aber auch im Falle eines Widerspruchsverfahrens in Grenzen, weil wir sehr kundennah sind. Bei einem großen Energieversorger ist das etwas anderes.

Von der Warte aus arbeiten wir auch mit dem Amt sehr eng zusammen – ich insbe-sondere mit dem Bauamt –, wenn irgendwelche Maßnahmen laufen. Das funktioniert tadellos. Das ist auch mit ein Grund, warum wir uns als kleine Einheit so lange wirt-schaftlich recht gut halten konnten und erst in den letzten fünf Jahren mit den Schwierigkeiten zu tun haben, die ich versucht habe, darzustellen.

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Zur Frage nach der Wohnsiedlung Jänschwalde Ost. Gemeint war nicht die Kaserne, sondern die Armee hatte dort eine Wohnbesiedlung, in der etwa 1 500 bis 2 000 Menschen gewohnt haben. Die Infrastruktur ist noch vorhanden. Es gab dann ein Abrissprogramm, und wir sind in den Stadtumbau gekommen. Das hat Frau Hoelzner irgendwie erreicht; denn eigentlich war es ja keine Stadt.

Das hat aber alles nicht so richtig gepasst. Es hat zwar für den Abriss funktioniert, aber nicht für die Infrastruktur. Das ist unser Problem. Wir konnten nur dort, wo die Blöcke in Fläche abgerissen worden sind, die Netze trennen und teilen. Wir haben dann versucht, ein sinnvolles Netz aufrechtzuerhalten, mit einer Ringleitung, sodass Bewegung im Netz ist und das Wasser nicht fault. Die eine Zuleitung, die dort hin-ging, war eine 300er-Trinkwasserleitung. Jetzt würde sogar eine 100er-Leitung rei-chen.

Das alles war seinerzeit nicht förderfähig. Es ist jetzt schon einige Jahre her, so um das Jahr 2000 herum. Für die Infrastruktur gab es jedenfalls keine Fördermittel, dafür haben wir keine erhalten. Es gab nur etwa 1 000 Euro als Zuschuss über das Pro-gramm. Wir haben es versucht; wir waren in Potsdam und haben noch einmal vorge-sprochen, aber das hat zu nichts geführt.

Derzeit haben wir das Problem mit den erhöhten Kosten. Das sind letztlich auch die Abwassernetze, die Freigefällenetze. Letztlich haben wir noch Glück: In der Wohn-siedlung gibt es ein Trennkanalnetz; da wird gespült. Der Abfluss zur damaligen Kläranlage ist ein Mischwasserkanal; das heißt, bei Starkregen fließt alles zusam-men, und dann wird das Ganze auch mal wieder abtransportiert. Insofern kommen wir noch einigermaßen mit den Betriebskosten hin.

Die Kläranlage ist rückgebaut worden, und das wird jetzt alles übergepumpt zur Klär-anlage Peitz. Das ist aber auch alles. Allerdings hatten wir für die Überleitung – da muss ich ehrlich sein – zur Kläranlage Peitz, also bis zur nächsten Pumpstation in der Gemeinde, Fördermittel aus dem Umweltministerium oder auch EU-Fördermittel über das Infrastrukturprogramm bzw. das Umweltprogramm erhalten. So sind wir bisher immer noch einigermaßen zurande gekommen.

Damit komme ich zur Frage von Herrn Roick, ob das private Modell auch für uns in-frage käme. Ich sage hierzu mal so viel: Ich kenne dieses Modell, Frau Hoelzner kennt es auch bis zu einem gewissen Grade. Bisher bestand aufgrund der eingangs geschilderten Transparenz und der guten, effektiven Zusammenarbeit mit dem Amt keine Notwendigkeit, irgendetwas an dieser Struktur zu verändern. Denn auch das Amt macht einiges für uns, sei es die Lohnberechnung usw. Da sind wir bislang im-mer ganz gut klar gekommen.

Im technischen Bereich arbeiten wir über einen Kooperationsvertrag mit unserem Nachbarn, mit dem Gubener Wasser- und Abwasserzweckverband, seit 2010 zu-sammen – mal mehr, mal weniger, wie gerade so der Bedarf ist. Wir führen aber ständig, zumindest zweimal im Jahr, mit dem Geschäftsführer des Gubener Verban-des Beratungen durch, in denen wir uns abstimmen. Wir sehen dann zu, dass sich die Leiter auf der technischen Ebene entsprechend abstimmen.

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So wird zum Beispiel bei uns eine Pumpwerksreinigung durchgeführt. Dafür kommt der Gubener Wasser- und Abwasserzweckverband für einen Tag zu uns rüber und führt die Pumpwerksreinigung mit seinem Fahrzeug durch. Wir haben da also durch-aus schon etwas angefangen in dem Bereich der kommunalen Basis.

Das private Modell hatte sich bei uns nicht in dem Maße durchgesetzt, als dass wir es ganz intensiv hätten prüfen wollen. Wir haben da ziemlich schlechte Erfahrung gemacht mit einem kleineren Privatunternehmen, das bei uns einen Teil des techni-schen Betriebes in der Abwasserschiene übernommen hatte. Das ist nicht so optimal gelaufen. Diesen Vertrag haben wir dann auslaufen lassen.

Herr Schmied (Spremberger Wasser- und Abwasserzweckverband):

Dann mache ich mal weiter. Ich fange an mit der Frage von Frau Schwarzenberg nach der Qualifikation von Bürgern und Abgeordneten. Das ist ein permanenter Pro-zess. Jedes Mal, wenn Wahlen stattgefunden haben und neue Abgeordnete in den Zweckverband kommen, fangen wir wieder von vorne an. Da gibt es viele Möglichkei-ten. Ich biete meist eine Art kurzer Schulung an, in der aufgezeigt wird, was wir ma-chen und worauf man achten muss. Die Besichtigung von Anlagen ist ebenfalls sehr wichtig, um das Verständnis der Abgeordneten zu entwickeln. Das Gleiche gilt für die Bürger.

Wir nutzen auch Medien. So beteiligen wir uns an der Stadtwerke-Zeitung in Sprem-berg mit einer Seite. Wir veröffentlichen natürlich auch im Internet; das ist eine ganz wichtige Plattform. Zudem bringen wir Buchprojekte heraus; das liegt Ihnen hier auch vor. Überdies betreiben wir eine gute Zusammenarbeit mit dem NABU. Das ist histo-risch gewachsen: Immer Anfang September – jetzt schon seit zehn Jahren – veran-stalten wir einen gemeinsamen Wasser- und Naturschutztag in Spremberg. Diese Veranstaltung ist vom Inhalt und von der Qualität her sehr gewachsen und erregt in-zwischen großes Aufsehen. Zu den Veranstaltungen kommt immer mehr Öffentlich-keit hinzu, weil die Vorträge aus beiden Bereichen, also Wasser und Naturschutz, eine hohe Qualität haben.

Wir haben das Glück, dass wir in Spremberg noch über ein altes Wasserwerk verfü-gen, das wir stillgelegt haben. Dort leben jetzt Fledermäuse. Diese Anlage kann be-sichtigt werden. Es gibt also viele Möglichkeiten, über verschiedene Wege auf die drängenden Probleme aufmerksam zu machen.

Eine weitere Frage betraf die Gefahr der Digitalisierung. Die Gefahren hier sind viel-fältig, wie Sie vielleicht ahnen. Ein Hauptproblem – um es einmal am konkreten Bei-spiel festzumachen – besteht darin, dass unsere Anlagen natürlich automatisiert sind. Wir lassen aus den vielen Pumpwerken und Anlagen, die über das Territorium verstreut sind, Daten übermitteln. Dazu braucht man einen Telefonanschluss. Hierfür hätten die analogen Anschlüsse, die Sie wahrscheinlich auch kennen, wahrscheinlich 100 Jahre lang gereicht.

Jetzt aber kommt die Telekom; sie hat das Gesetz auf ihrer Seite und stellt plötzlich alles auf Digital um. Was glauben Sie, was wir für Probleme damit hatten, und vor allen Dingen, was da an Kosten auf uns zugekommen ist, gegen die wir uns nicht wehren konnten? Wir bekommen einen Zettel überreicht, auf dem steht: Dann und

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dann wird digital umgestellt. – Und dann kann man sicher sein, dass die Anlage erst mal nicht mehr funktioniert. Dann muss man mehrere Tausend Euro investieren und braucht neue Fachleute, die das Ganze erst mal umprogrammieren. Wir hätten mit den analogen Anschlüssen gut 100 Jahre leben können. – So geht das immer wie-der. Sie erleben das vermutlich auch bei sich zu Hause.

Früher verlief das nach dem Motto: ein Mann, ein Schalter. Wo diese Vorgehenswei-se an großen Anlagen möglich ist, lassen wir das immer noch für den Notfall ein-bauen. Wenn heutzutage aber ein großes Prozessleitsystem abstürzt oder die kauf-männische Software abstürzt und plötzlich die Abrechnung mit unseren Kunden weg ist – da hängen im Gefolge ja auch noch die Banken mit drin usw. –, dann läuft nichts mehr. Dann kann man die Leute nach Hause schicken.

Das ist alles sehr vielfältig. Man kann sich gegen Updates nicht erwehren. Jeden Tag kommen Updates ins Haus. Wir haben es mit Zigtausenden von Hackerangriffen zu tun, die über Maschinen vorgenommen werden. Diese Angriffe versuchen wir zu stoppen. Im vorigen Jahr hatten wir es mit Cerber zu tun, einer Verschlüsselungs-software. Die hat sich bei uns über das Sekretariat in einer lapidaren Bewerbung ein-geschlichen. Diese Bewerbung wurde geöffnet, und siehe da – sie hat uns lahmge-legt. Und dann wird man erpresst. Da wird einem gesagt, was man an Geld zu zah-len hat, damit die Entschlüsselung erfolgt.

Wir konnten diese Machenschaften Gott sei Dank frühzeitig stoppen. Das Ganze ba-siert letztlich auf Microsoft. Die meisten Einfälle und die meiste Schadsoftware kom-men über das Produkt Microsoft. Das ist so weit verbreitet, dass man dem kaum ent-gehen kann. Die Fachleute überlegen, ob man hier etwas umstellen kann, aber Microsoft hängt in der Regel überall mit drin, und darüber erfolgt der Einfall in das System.

Bei den Hackerangriffen gibt es auch Beispiele, wo ganze Unternehmen zerstört worden sind. Das ist prinzipiell möglich. Wer das will, kann das prinzipiell heute schon tun. Wir können, wenn es so weit kommt, die gesamte Kommunikationstechnik abschalten, dann unsere Mitarbeiter in die Anlagen schicken und versuchen, nach dem Prinzip „Ein Mann, ein Schalter“ noch etwas hinzukommen. Noch ist die Technik dafür vorhanden.

So viel zur Digitalisierung. Unser EDV-Mann sagt ein bisschen salopp: Die EDV wird uns eines Tages umbringen. So falsch ist diese Aussage nicht.

Dann komme ich zur Frage nach dem Zusammengehen, zum Beispiel mit dem Ei-genbetrieb Forst oder mit anderen Nachbarn. Diesen Weg, Schwache mit Stärkeren zusammenzubringen, hat man mit dem Schuldenmanagement-Fonds eingeschlagen. Man darf aber nicht den Eigenbestimmungswillen in bestimmten Territorien vernach-lässigen. Spremberg hat einen ausgeprägten Eigenbestimmungswillen. Da müsste man erst mal viel Überzeugungsarbeit leisten und die Verantwortlichen vor Ort auf-klären, welche Vorteile da entstehen könnten. Erst dann wäre so etwas prinzipiell möglich.

Unmöglich wird es sein, die wasserwirtschaftliche Struktur an die sich ständig än-dernden politischen Landschaften anzupassen, Stichwort: Kreisgebietsreform. Da

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 75 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

könnte man jetzt sagen: ein Südkreis, ein Wasserversorgungsunternehmen. Das wä-re praktisch denkbar; das hatten wir bereits. Die damalige VEB WAB Cottbus oder die CoWAG waren bezirksgeleitete riesige Unternehmen. Mittlerweile aber liegen sehr viele Jahre Entwicklung dazwischen, auch mit sehr unterschiedlichen Fakten, die dadurch geschaffen wurden – öffentlich-rechtlicher, privatrechtlicher und finanz-strukturelle Art.

Als ein Beispiel kann Döbern dienen. Wir haben Döbern 2013 übernommen; Herr Hornauf hat uns bei der Übernahme beraten. Sehr klug dabei war, dass wir erkannt haben, dass eine Gesamtrechtsnachfolge riesige Probleme nach sich ziehen würde. Wir haben uns daher für eine Teilrechtsnachfolge entschieden, und das war auch gut so. Döbern hatte Beiträge, Spremberg hatte keine Beiträge. Wir hätten also auf ewi-ge Zeiten getrennte Gebühren kalkulieren müssen. In Döbern wären es aufgrund der Beitragszahlungen niedrigere Gebühren gewesen, bei uns höhere Gebühren – und das auf alle Zeiten.

Genauso verhält es sich mit den unterschiedlichen Strukturen in Döbern im Hinblick auf Hausanschlusskosten; wir haben es heute schon mal gehört. In aller Regel legt man die Kosten für den Grundstücksanschluss auf die Bürger um, nach dem Prinzip der Verursacher, also nicht Allgemeinkosten, sondern zu dem Grundstück gehörig. In Döbern hatte man vor vielen Jahren, um hinsichtlich des Anschlusses den Wider-stand der Bevölkerung zu brechen, gesagt: Wir übernehmen die Grundstücksan-schlusskosten in die öffentliche Anlage. Das geht prinzipiell, aber es ist ein anderes Modell.

Das wäre dann auch ein Grund, unterschiedliche Gebühren festsetzen zu müssen. Genauso setzt sich das in anderen Bereichen fort. Man kann es zwar machen, aber es ist ein Riesenaufwand nötig, um unterschiedliche Strukturen – Gesellschaftsrecht, GmbH, Zweckverband, Eigenbetrieb usw. – zu nivellieren.

Wir haben das Beispiel – Herr Hornauf hatte es genannt – mit der Waldsiedlung an-gesprochen. Hier wird es auch Teile geben, wo nicht so einfach Lösungen gefunden werden können. In manchen Gebieten wird es zu Absiedlungen kommen, wo wir zentrale Anlagen schließen werden. In dieser Waldsiedlung stehen wir kurz vor dem Durchbruch. Die noch ausstehenden Entscheidungen der Gerichte, werden uns in unserer künftigen Arbeit sicher helfen.

Zum Thema „private Geschäftsmodelle“. Ich möchte auf keinen Fall einen Streit mit meinen Kollegen heraufbeschwören. Sie haben aber sicher gemerkt, dass ich ein Verfechter der öffentlich-rechtlichen Durchführung bin. Ich bin persönlich davon überzeugt, dass das für unsere Bevölkerung das Richtige ist. Die Bevölkerung hat ja die Wasseranlagen über die Gebühren finanziert.

Das eine Modell könnte so aussehen, die Gesellschaften bei der LWG zu verkaufen. In Cottbus sind Geschäftsanteile verkauft worden, in Berlin ebenfalls. Das hat sich nicht unbedingt bewährt. Damit würde man dem Bürger – das ist zumindest mein Eindruck – das wegnehmen, was er finanziert hat. Das käme sozusagen dem Ver-kauf des Tafelsilbers gleich, wenn man so will. Das fände ich nicht in Ordnung.

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Von den Privaten können wir zweifelsfrei etwas lernen, das ist unstrittig. Ein Privater muss jedoch Gewinne erwirtschaften, anders geht es nicht. Und dieser Gewinn blie-be, wenn wir als Öffentlich-rechtliche genauso gut arbeiten, in unserem kommunalen Topf.

Was uns vielleicht auch noch von den Privaten unterscheidet, ist die Tatsache, dass wir nachhaltiger operieren müssen. Bei uns ist nach 20 Jahren der Betriebsführungs-vertrag nicht zu Ende. Wir müssen auf 100 oder 200 Jahre denken; denn dann wer-den hier hoffentlich immer noch Menschen wohnen, die Wasser brauchen und bei denen eine Abwasserentsorgung notwendig ist.

Ein Privater – das kann man ihm auch nicht verübeln – denkt eher in der Struktur „Vertrag“. Soziale Gesichtspunkte können von einem Öffentlich-rechtlichen natürlich stärker berücksichtigt werden, auch wenn das nicht unbedingt immer wirtschaftlich und gut für die Gesundheit des Unternehmens ist. Er kann aber in bestimmten Pha-sen durchaus auch die Gebühren um die zulässigen Beträge – Anlagenvermögen, Abschreibung auf Fördermittel – beeinflussen. Im KHG Brandenburg ist für den Fall eine Kann-Bestimmung enthalten. In Brandenburg kann ich auf diesen Anteil kalkula-torischer Abschreibung verzichten, muss es aber nicht. In anderen Ländern, zum Beispiel in Sachsen, findet sich eine Muss-Bestimmung, um die Unternehmen ge-sund zu halten. In Brandenburg hat man absichtlich die Kann-Bestimmung gewählt, damit die Politik eine Möglichkeit hat, die Gebühren niedriger zu halten.

Wir können natürlich Teilleistungen privatisieren; wir können Teilleistungen auch aus-lagern. Ein Beispiel dafür ist die Verbrauchserfassung. Bei uns gibt es 12.500 Zähler, und wir haben die Leistung der Verbrauchserfassung an einen Privaten abgegeben. Das hat funktioniert. Das ist nicht das ganze Geschäft, sondern nur eine Teilleistung. Wir sind nach der Haushaltsverordnung verpflichtet, Leistungen auszuschreiben, wenn sie privat anderweitig günstiger erbracht werden können, als wir das machen können.

Letzter Punkt: Fördermittel für einen Abriss. Das ist nach meiner Kenntnis nicht mög-lich. Es gab einmal eine Zeitlang Konversionsmittel oder so etwas. Mir ist jedoch nicht bekannt, dass es dafür Fördermittel gäbe. Abgesehen davon sind Abrisskosten auch nicht kalkulationsfähig.

Ich hoffe, ich habe damit alle Fragen beantwortet.

Herr Otto (Geschäftsführer GeWAP bmH):

Mein Kollege aus Forst hatte etwas zur Frage nach der Straßenentwässerung und den damit zusammenhängenden Kosten gesagt. Die Sache mit den Landesstraßen und Bundesstraßen ist auch ein Fall, der uns in der Stadt Peitz sehr belastet. Wir sind dazu verpflichtet, die Straßeneinläufe und die Kanäle zu reinigen und aufrecht-zuerhalten. Das ist aber nicht umlagefähig auf den Eigentümer, sprich auf den Stra-ßenbaulastträger. Das Ganze wird also bezahlt von der Stadt Peitz über eine Umlage oder über den Trink- und Abwasserverband Peitz.

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 77 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Wir als Betrieb rechnen als GmbH immer mit dem Verband ab. Ich wollte noch ein-mal darauf hinweisen, dass hier wirklich eine Lücke besteht, die im Grunde die Ge-meinden belastet.

Frau Braune (WAL Wasserverband Lausitz Betriebsführung GmbH):

Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal kurz zu Wort melden, auch wenn dies jetzt nicht gerade das Forum ist, wo man über private oder kommunale Aufgabener-bringung sprechen sollte. Wir haben natürlich eine Gewinnerzielungsabsicht – das ist klar –, aber wir gewinnen alle unsere Aufträge im Wettbewerb. Den Auftrag bekom-men wir immer nur dann, wenn es sich auch um das günstigste Angebot für den kommunalen Auftraggeber handelt. Ziel ist ja, dass beide Seiten davon profitieren und damit leben können.

Dann noch ganz kurz – verzeihen Sie mir bitte, wenn diese Anmerkung jetzt ein biss-chen flapsig klingt –: Wir haben bei uns auch IT Fachleute in der Gruppe, die nicht denken, dass die IT uns eines Tages umbringen wird. Da bemerke ich manches Mal doch die Denkunterschiede zwischen der Privatwirtschaft und den Kommunalen.

Vorsitzender:

Wenn Sie schon mal dran sind, dann sagen Sie doch bitte, wem die Anlage gehört. Hier hieß es ja gerade, dass sie den Bürgern weggenommen wurde.

Frau Braune (WAL Wasserverband Lausitz Betriebsführung GmbH):

Bei unserem Modell am Standort Senftenberg sieht so aus, dass wir kein privates Anlagevermögen haben. Wir haben nicht gekauft, sondern wir sind reines Dienstleis-tungsunternehmen. Das Eigentum der Anlagen liegt komplett beim Verband, also in kommunaler Hand.

Herr Schmied hat es bereits angesprochen: Wir sind an der LWG beteiligt mit einer Minderheitsbeteiligung in Cottbus. Dort ist es damals veräußert worden, und zwar zu einem geringen Anteil an der Gesellschaft, die auch die Anlagen betreibt und im Ei-gentum hat, weil man auch den Mittelzufluss in der Stadt haben wollte. Das ist aber nicht das Geschäftsmodell, das wir favorisieren. Wir favorisieren tatsächlich eine rei-ne Betriebsführung ohne Eigentumsübergang. Das ist noch einmal ganz wichtig.

Vorsitzender:

Vielen Dank. – Ich schaue jetzt in die Runde. Wir sind zeitmäßig leider schon sehr weit fortgeschritten. Ich hatte auf meiner Liste noch Dr. Wagner, Herrn Schröder und Frau Schülzke stehen. Ich schlage vor, dass jetzt die noch ausstehenden Antworten gegeben werden. Wenn dann noch Fragen ausstehen, können diese schriftlich ein-gereicht und dann beantwortet werden.

Herr Przychodzki (Städtische Abwasserbeseitigung Forst):

Frau Schwarzenberg hatte gefragt, wie es bei uns mit der interkommunalen Zusam-menarbeit aussieht. Das ist aus meiner Sicht keine Entscheidung, die die Werklei-

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 78 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

tung zu treffen hätte. Diese Entscheidung müssen letztendlich die Stadtverordneten der Stadt Forst treffen. Hier habe ich noch keine entsprechenden Bestrebungen fest-stellen können.

Ungeachtet dessen haben wir natürlich Kooperationen oder vertragliche Beziehun-gen aus unserer alten Struktur mit den Stadtwerken. Die Stadtwerke machen alles, was zum Gebühreneinzug auf der Basis Frischwasser gehört; das läuft nach wie vor über die Stadtwerke, die die Wasserzähler haben und damit die verbrauchten Men-gen verwalten.

Wir haben, was die Störmeldungen und den Leitwarte-Bereich angeht, nach wie vor die vertraglichen Beziehungen mit der Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg bzw. der KKI, also dem Kompetenzzentrum für Kritische Infrastrukturen, eine Tochter der GA-SAG.

Weiterhin möchte ich erwähnen – das ist allerdings eine Sache, die in keiner Weise Leistungen nach sich zieht –, dass wir Mitglied der CoWAG Süd sind. Dort haben wir auch unsere Arbeitskreise, wo wir uns über bestimmte fachliche Belange austau-schen. Ein Erfahrungsaustausch besteht insofern durchaus. Dass dieser Bereich auf jeden Fall weiter auszubauen sein wird, steht außer Frage. Ich will gar nicht sagen, dass wir uns dem verschließen werden. Wenn sich da irgendetwas anbietet, dann werden wir dieser Sache entsprechend nachgehen.

Dann hatten Sie noch nach der Qualifizierung der kommunalen Vertreter gefragt. Hier gebe ich zu: Das läuft derzeit noch nicht so, dass man sagen könnte, es sei nicht mehr verbesserungswürdig. Da besteht in der Tat Nachholbedarf.

Allerdings muss ich auch immer wieder feststellen: Die Rückfrage nach Informatio-nen kommt von den Kommunalvertretern eher spärlich. Ich will nicht sagen, dass da gar nichts kommt; ab und zu besteht ein solches Interesse, zum Beispiel im Werks-ausschuss. Manchmal aber glaube ich, feststellen zu können, dass die froh sind, wenn das Thema bzw. die Tagesordnungspunkte, die das Abwasser betreffen, relativ schnell abgearbeitet sind und zu anderen Themen übergegangen werden kann.

Dann hatte Herr Raschke noch eine Frage. Ich habe die Frage allerdings hinsichtlich der dezentralen Anlagen nicht ganz richtig verstanden. Meinten Sie mit den Kontrol-len der zentralen Anlagen jetzt das, worüber wir bereits am Vormittag diskutiert ha-ben? Da gibt es ja eine klare Aufgabenverteilung. Wir sind dafür verantwortlich, dass die abflusslosen Sammelgruben entleert werden; das ist ja nichts anderes als zentra-le Abwasserbeseitigung.

Schließlich komme ich noch zum Punkt „Kleinkläranlagen“. Für den Betrieb der Kleinkläranlagen ist jedoch der Eigentümer verantwortlich. Das ist eben die Schwachstelle; das wurde auch am Vormittag bereits ausgeführt. Wir sind verant-wortlich für die Schlammabfuhr. Das haben wir über unsere Satzung geregelt. Dort ist eindeutig festgeschrieben, dass sie im Wartungsvertrag nachweisen müssen, wenn sie bedarfsgerecht entsorgt werden sollen. Ansonsten werden sie über den Frischwassermaßstab entsorgt. Wir überwachen dann, wie oft sie die Entsorgung anmelden. Da haben wir also ein internes Kontrollsystem. Wenn sie über einen län-geren Zeitraum nicht entsorgen, dann werden sie von uns in Form einer sogenann-

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ten Anhörung im verwaltungsrechtlichen Verfahren aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben.

Was die Einleitparameter, also die Güte des geklärten Wassers angeht: Das über-wacht die Untere Wasserbehörde. Die holt sich sozusagen parallel zu unseren Auf-gaben die Analysewerte von den jeweiligen Betreibern der Kleinkläranlagen. Das muss jährlich abgeliefert werden. So sieht also die Arbeitsteilung aus, wenn man es so will. Das ist vom Gesetzgeber auch so vorgesehen zwischen Unterer Wasserbe-hörde und Aufgabenträger.

Dann gab es noch die Frage von Ihnen, Herr Roick, nach dem Modell der WAL-Betriebsführungsgesellschaft. Dazu kann ich ebenfalls nur sagen: Letztlich müssen die Abgeordneten bzw. die Vertreter der Stadt Forst entscheiden, ob sie das Thema aus der Hand geben wollen. Das haben sie in den letzten Jahren an anderer Stelle vielfach machen müssen. Ich glaube, zurzeit ist die Bereitschaft eher nicht so groß, einen solchen Schritt zu gehen. Das ist jedenfalls meine persönliche Einschätzung. Das heißt aber nicht, dass das für immer und ewig so in Stein gemeißelt wäre.

Vorsitzender:

Vielen Dank. – Ich bitte an dieser Stelle die drei Fragesteller um Entschuldigung, die sich jetzt noch gemeldet hatten. Die Möglichkeit, noch weitere Fragen zu stellen, rich-tet sich natürlich auch an alle anderen Kommissionsmitglieder. Bitte stellen Sie alle noch offenen Fragen an das Sekretariat. Das Sekretariat wird diese Fragen an die vier Gruppen weiterleiten. Wir bitten dann um schriftliche Antwort, und die Antworten werden dann selbstverständlich allgemein bekannt gemacht1.

An dieser Stelle ganz herzlichen Dank dafür, dass Sie so diszipliniert ausgehalten und alles vorgetragen haben.

Ich wünsche Ihnen allen ein schönes Wochenende, einen guten Heimweg und viel Erfolg für die jeweiligen Unternehmen.

Vielen Dank natürlich auch an den Vertreter der Stadt für die Geduld und Ihre guten Worte. Viele Grüße auch an die anderen.

Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt 6.

1 Die eingereichten Fragen und die bis zum 05. Mai 2017 eingegangenen Antworten sind Anlage 6 zu entnehmen.

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Zu TOP 7: Aktuelles aus den Berichterstattungsgruppen

Der Vorsitzende eröffnet den Tagesordnungspunkt 7: Aktuelles aus den Berichter-stattungsgruppen.

Kommissionsmitglied Friedrich (Sachverständiger) erläutert für die Berichterstat-tungsgruppe 1, dass am 24.02.2017 ein Fachgespräch mit Herrn Drews von der Ge-meinsamen Landesplanung zum Entwurf des LEP HR stattgefunden habe. Erfreuli-cherweise habe es eine rege Beteiligung aus der Enquete-Kommission gegeben. Herr Drews hätte die Eckpunkte im Entwurf des LEP HR präsentiert.

Herr Drews habe allgemein etwas zum metropolenfernen ländlichen Raum gesagt. Anschließend sei über den Stand des Beteiligungsverfahrens diskutiert worden und es kam zu einem sehr intensiven Gedankenaustausch.

Das Beteiligungsverfahren hätte 900 Stellungnahmen ergeben und diese würden derzeit ausgewertet. Deswegen habe sich Herr Drews sehr zurückgehalten, was Zu-sagen oder Stellungnahmen zu den Anliegen der Enquete-Kommission anbelange. Dann sei wichtig gewesen, dass es einen zweiten Entwurf wahrscheinlich in diesem Jahr und ein zweites Beteiligungsverfahren wahrscheinlich 2018 geben werde.

Beim Gedankenaustausch standen zwei Hauptthemen im Vordergrund, der Frei-raumverbund und die dortigen Entwicklungsmöglichkeiten sowie die zentralörtliche Situation unterhalb der Mittelzentren. Die Berichterstattungsgruppe hätte ihre Sicht-weise darstellen können. Es sei aber erkennbar gewesen, dass Herrn Drews die Tendenz habe, doch relativ stark an dem festzuhalten was er der Enquete-Kommission in der ersten Sitzung schon gesagt habe. Er habe sich seitdem nicht viel bewegt. Vielleicht könne er dies auch nicht, weil die Stellungnahmen noch nicht aus-gewertet seien – dies sei ihm zugute zu halten.

Er habe aber einen Satz gesagt, der ihm ein bisschen zu denken gegeben habe. Der LEP HR sei kein Gesetz, deswegen brauche er keine Parlamentsbeteiligung. Es sei eine Verordnung, und dafür sei die Exekutive zuständig. Am Ende habe er aber ganz klar Herr Drews seine Bereitschaft zur Fortführung des Diskurses angedeutet – es würde sich ein Ausgleich finden.

Nun sei die Frage interessant, welche Konsequenzen das Fachgespräch praktisch für das Positionspapier gehabt habe. Grundsätzlich würde er sagen, dass sich die Position der Berichterstattungsgruppe, auch nach dem Gespräch mit Herrn Drews, bestätigt habe. Die Enquete-Kommission arbeite an einem Strang, aus allen Parteien kamen sehr konstruktive Beiträge.

Die Berichterstattungsgruppe habe in der gestrigen Sitzung versucht, die Erkennt-nisse des Fachgesprächs in den Entwurf des Positionspapiers zum LEP-HR einzu-bauen. Die Kommissionsmitglieder bekämen diesen Entwurf vom Sekretariat zuge-schickt. Allgemein habe sich nicht so sehr viel geändert, aber es seien einige andere Akzente gesetzt worden. Deswegen bitte er alle Kommissionsmitglieder sich den Entwurf noch einmal kritisch anzusehen, damit am 31.03.2017 eine endgültige Be-ratung in der Enquete-Kommission stattfinden könne. Das Positionspapier solle ja

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schlussendlich in den Zwischenbericht als Beschlussfassung der Enquete-Kommis-sion einfließen.

Der Vorsitzende erklärt, dass zwei Dokumente vorlägen. 1. Ein Antrag von Mitglie-dern der Berichterstattungsgruppe 6 zur Beauftragung der Erstellung eines Gutach-tens in Form einer zusammenfassenden und komprimierten Darstellung bereits vor-handener Gutachten und Prognosen (Anlage 7). 2. Der Entwurf eines Thesenpapiers zur Einbindung und Einbringung der jungen Generation bei Entscheidungen zur Ent-wicklung vom ländlichen Raum vom 09.03.2017, erstellt von den Mitgliedern der Be-richterstattungsgruppe 5 in Verbindung mit dem Antrag ein Beteiligungsverfahren im Dialogportal der EK 6/1 einzuleiten, versandt am 09.03.2017 (Anlage 8).

Der Antrag von Mitgliedern der Berichterstattungsgruppe 6 wird vom Vorsitzenden erläutert und zur Abstimmung gestellt. Dieser wird einstimmig angenommen (11:0:0).

Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) führt zum Antrag von Mitgliedern der Berichterstattungsgruppe 5 aus, dass alle Punkte der Kommissionsmitglieder aufge-nommen werden konnten und er glaube, dass keine strittigen Punkte mehr enthalten seien. Er schlage vor, diesen in der vorliegenden Form ins Dialogportal zu stellen und bis Ende April zur Kommentierung zu öffnen.

Kommissionsmitglied Wichmann (CDU) ergänzt, dass er auf Seite 2 unter Punkt 7 neben „ressortübergreifend“ das Wort „fraktionsübergreifend“ hinzufügen möge, da die Kommission sich einig gewesen sei, dass die Sprecher der Fraktionen des Land-tages vertreten sein sollten und nicht nur die Exekutive.

Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) erklärt, dass es richtig sei, dass es diesen Vorschlag gegeben habe. Dieser sei anscheinend bei der Überarbeitung übersehen worden. Er habe auch nichts gegen die Formulierung, dies sollte aber abgestimmt werden.

Der Vorsitzende stimmt diesem Vorgehen zu.

Der Antrag von Kommissionsmitglied Wichmann wird einstimmig angenommen (12:0:0).

Es wird einstimmig die Einleitung eines Beteiligungsverfahrens beschlossen (12:0:0), bei dem das so geänderte Thesenpapier der Mitglieder der Berichterstat-tungsgruppe 5 (Anlage 9) bis Ende April 2017 auf dem Dialogportal eingestellt wer-den soll.

Kommissionsmitglied Folgart (SPD) erläutert für die Berichterstattungsgruppe 2, dass die Gutachtenvergabe abgeschlossen sei. Weiterhin habe ein Fachgespräch am 23.02.2017 zum Thema Wertschöpfungspotentiale der erneuerbaren Energien mit fünf Vortragenden stattgefunden. Bei ihm sei die These von Herrn Prof. Schmidt-Eckardt von der FU Berlin „Wem gehört der Wind“ im Gedächtnis geblieben, da sich hieraus Wertschöpfungspotentiale ableiten lassen könnten. Er habe den Prüfauftrag entnommen, dieses Thema in der Enquete-Kommission weiter zu behandeln um auch die Akzeptanz und die finanzielle Stärkung der Kommunen in diesem Thema zu

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erreichen. Aus dem Fachgespräch werde noch eine entsprechende Mitteilung für die Enquete-Kommission formuliert, die für die weitere Arbeit hilfreich sein könne.

Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) führt für die Berichterstattungs-gruppe 3 aus, dass eine Anhörung mit dem Bundesministerium für Verkehr und Inf-rastruktur zu Fragen der Digitalisierung stattgefunden habe. Dieses Fachgespräch müsse nun bewertet und verarbeitet werden. Weiterhin gab es mit der Innoverse GmbH, die das Gutachten zur Mobilität erstellen solle, ein Auftaktgespräch in dem über den Fragespiegel für die Kommunen beraten worden sei. Nach der Befragung sei geplant, nochmals mit der Innoverse GmbH die Ergebnisse abzustimmen.

Kommissionsmitglied Schülzke (BVB/FREIE WÄHLER) berichtet, dass die Bericht-erstattungsgruppe 4 gerade einen Antrag für ein Gutachten erstelle, dies benötige aber noch einige Abstimmung.

Kommissionsmitglied Raschke (GRÜNE/B90) erläutert für die Berichterstattungs-gruppe 5, dass es zum Thema Stärkung der Dörfer ein Fachgespräch gegeben habe, und dies nun zusammen mit den Thesen in den Entwurf des Zwischenberichts mit eingehe.

Der Vorsitzende führt für die Berichterstattungsgruppe 6 aus, dass am 21.03.2017 eine Sitzung stattfände, in der sich die Berichterstattungsgruppe noch einmal mit der Gliederung des Zwischenberichts befasse. Auch die langfristige Sitzungsplanung werde Thema sein. Auf der kommenden 16. Sitzung der Enquete-Kommission am 31.03.2017 gäbe es für die Berichterstattungsgruppe 6 dann zu diesen Themen ei-nen eigenen Tagesordnungspunkt. Die Sitzung solle auch bereits schon um 9.30 Uhr beginnen, da die SPD-Fraktion ab 13.30 Uhr nicht mehr zur Verfügung stände.

Der Vorsitzende schließt den Tagesordnungspunkt.

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 83 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Zu TOP 8: Inhalte Dialogportal

Der Vorsitzende eröffnet den Tagesordnungspunkt 8: Inhalte Dialogportal. Er infor-miert darüber, dass die Berichterstattungsgruppe 3 noch an einer Empfehlung arbei-te zu der Positionierung zum Thema Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensver-hältnisse.

Kommissionsmitglied Schwarzenberg (DIE LINKE) erläutert, dass die Berichterstat-tungsgruppe sich hierzu noch abstimmen müsse. Ergebnisse kämen in den nächsten Wochen.

Der Vorsitzende schließt den Tagesordnungspunkt.

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 S. 84 Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Zu TOP 9: Sonstiges

Der Vorsitzende eröffnet den Tagesordnungspunkt 9: Sonstiges. Er erklärt, dass die Benehmensherstellung für die Tagesordnung der 16. Sitzung in der kommenden Woche starte. Für die längerfristige Sitzungsplanung gäbe es bereits jetzt zwei Alter-nativtermine für die zweite Jahreshälfte, den 20.10.2017 und den 24.11.2017. Er bitte alle Kommissionsmitglieder diese beiden Termine zu prüfen.

Kommissionsmitglied Folgart (SPD) merkt an, dass der Europa- und Verbraucher-ausschuss vom 22.-24.11.2017 auf Lernreise sei und somit für einige Kommissions-mitglieder nicht passfähig sei.

Der Vorsitzende führt aus, dass sich dann der 20.10.2017 als Alternativtermin her-auskristallisiere. Für die 17. Sitzung der Enquete-Kommission am 12.05.2017 ver-zichte die Berichterstattungsgruppe 1 auf eine inhaltliche Ausgestaltung. Stattdessen solle die Berichterstattungsgruppe 2 diese Sitzung gestalten.

Der Vorsitzende weist darauf hin, dass Herr Dunkel wieder da sei. Die Arbeitsteilung im Sekretariat sei so geplant, dass Herr Otto schwerpunktmäßig für die Erstellung des Zwischenberichts verantwortlich sei und Herr Dunkel weiterhin Ansprechpartner für die inhaltliche Sitzungsvorbereitung sei.

Der Vorsitzende schließt den Tagesordnungspunkt. Er bedankt sich bei allen anwe-senden Kommissionsmitgliedern, Gästen und Anzuhörenden für die konstruktive Sit-zung, wünscht ein schönes Wochenende und einen sicheren Heimweg.

Der Vorsitzende schließt die Sitzung.

Ende der Sitzung 16:07

(Dieses Protokoll wurde durch Beschluss der Enquete-Kommission gemäß § 83 Ab-satz 2 Satz 2 GOLT in der 17. Sitzung am 12.05.2017 bestätigt.)

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Anlagen

Anlage 1: Präsentation Prof. Krebs (TOP 4)

Anlage 2: Präsentation Landesregierung (TOP 4)

Anlage 3: Präsentation WAL Senftenberg (TOP 6)

Anlage 4: Präsentation GeWAP (TOP 6)

Anlage 5: Präsentation Stadt Lausitz (TOP 6)

Anlage 6: Weiterführende Fragen und Antworten zur Anhörung (TOP 6)

Anlage 7: Antrag von Mitgliedern der Berichterstattungsgruppe 6 zur Erstellung ei-nes Gutachtens (TOP 7)

Anlage 8: Antrag von Mitgliedern der Berichterstattungsgruppe 5 zu Thesen aus der Diskussion der 14. Sitzung in Trebnitz (TOP 7)

Anlage 9: Geänderte Thesen aus der Diskussion der 14. Sitzung in Trebnitz (TOP 7)

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 Anlage 01

Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Anlage 1: Präsentation Prof. Krebs (TOP 4)

Page 88: Landtag Brandenburg P-EK 1-6/15 6. Wahlperiode Enquete ...€¦ · Frederik Otto Stenografischer Dienst (TOP 2-6) anwesende Kommissionsmitglieder: Wolfgang Roick (SPD) Dr. Ulrike

Wasser in ländlichen Regionen

Enquete-Kommission 6/1

Landtag Brandenburg

Fachrichtung Hydrowissenschaften, Institut für Siedlungs- und Industriewasserwirtschaft

Peter Krebs Forst (Lausitz), 10.03.2017

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 2

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Grundstück-, Platz-, Straßenentwässerung

Niederschlag-

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wasserspeicher

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Versickerung Entlastung

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Infiltration

Systemüberblick

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 3

Lange Aufenthaltszeiten im Trinkwassersystem

Zu wenig Schleppkraft in der Kanalisation

Zentrale oder dezentrale Abwasserentsorgung

Bewässerung in der Landwirtschaft

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 4

Lange Aufenthaltszeiten im Trinkwassersystem

Zu wenig Schleppkraft in der Kanalisation

Zentrale oder dezentrale Abwasserentsorgung

Bewässerung in der Landwirtschaft

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 5

Bevölkerungsrückgang und Wassersparen führen zu einem verminderten Wasserverbrauch

längere Aufenthaltszeit im Verteilsystem

Aufrechterhalten der Qualität wird anspruchsvoller

Der Wasserpreis steigt

Lange Aufenthaltszeit

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 6

Trinkwasserverbrauch

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 7

Kosten für die Trinkwasserversorgung privater Haushalte 2005 bis 2013 Bund ------- Land Kosten1 in Euro pro Jahr bei Bezug von 80 m³ Trinkwasser inklusive haushaltsüblicher Grundgebühr, Daten jeweils zum Stichtag 01.01. 2009 2010 2011 2012 2013 Deutschland 194,27 197,60 200,13 202,44 206,18 Baden-W. 178,36 182,98 185,85 189,00 193,94 Bayern 144,05 149,24 155,42 158,16 161,19 Berlin 185,10 190,72 191,18 191,18 191,18 Brandenburg 200,05 200,55 201,12 200,95 201,22 Bremen 186,97 186,97 187,02 187,02 187,02 Hamburg 182,74 182,74 190,91 194,59 200,52 Hessen 187,72 191,02 193,42 189,69 192,26 Mecklenburg-Vp 208,88 210,66 215,42 217,30 216,37 Niedersachsen 143,77 145,75 154,91 157,75 160,14 Nordrhein-Westf 239,52 241,69 241,77 244,41 248,50 Rheinland-Pfalz 190,67 195,82 199,02 205,06 213,42 Saarland 218,30 226,62 230,99 234,28 246,59 Sachsen 272,34 275,93 271,40 266,43 267,81 Sachsen-Anhalt 227,73 229,90 234,64 234,76 233,04 Schleswig-H. 144,06 145,40 149,54 155,09 160,77 Thüringen 274,97 273,34 277,14 284,41 286,07

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 8

Lange Aufenthaltszeiten im Trinkwassersystem

Zu wenig Schleppkraft in der Kanalisation

Zentrale oder dezentrale Abwasserentsorgung

Bewässerung in der Landwirtschaft

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 9

Geringer Wasserverbrauch und geringe Abwasserproduktion

Niedriger Abfluss

Geringe Transportkapazität

Ablagerung von Kanalsedimenten

Der Sauerstoff im Abwasser wird gezehrt

Schwefelwasserstoff gast aus

Betonkorrosion

Verkürzung der Lebenserwartung der Kanalrohre

Zu wenig Schleppkraft

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 10

Lange Aufenthaltszeiten im Trinkwassersystem

Zu wenig Schleppkraft in der Kanalisation

Zentrale oder dezentrale Abwasserentsorgung

Bewässerung in der Landwirtschaft

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Anschlussgrad an die Kanalisation 2013

Statistisches Bundesamt (2015)

99,4%

97,1%

99,6%

87,7%

99,7% 99,2% 99,5%

88,7%

94,5%

98,0%

99,3% 99,5%

91,5%

94,7% 94,8%

93,5%

96,9%

80,0%

84,0%

88,0%

92,0%

96,0%

100,0%

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 12

Bundesland

Einwohner mit Anschluss an

öffentliche KN Kilometer KN Meter je angeschlossenen

Einwohner

Baden-Württemberg 10.674.591 61.609 5,8

Bayern 12.107.291 82.603 6,8

Berlin 3.429.400 7.422 2,2

Brandenburg 2.174.829 15.935 7,3

Bremen 657.606 1.975 3,0

Hamburg 1.764.440 4.048 2,3

Hessen 6.033.950 33.512 5,6

Mecklenburg-Vorpommern 1.442.807 11.329 7,9

Niedersachsen 7.487.257 49.032 6,5

Nordrhein-Westfalen 17.469.172 74.169 4,2

Rheinland-Pfalz 3.977.836 27.673 7,0

Saarland 1.013.716 7.148 7,1

Sachsen 3.762.434 20.996 5,6

Sachsen-Anhalt 2.203.126 15.554 7,1

Schleswig-Holstein 2.681.994 14.722 5,5

Thüringen 2.069.391 12.917 6,2

Deutschland 78.949.840 440.644 5,6

Spezifische Kanallänge Statistisches Bundesamt (2013)

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öffentliche Kanalmeter pro Einwohner

Maximalwert 18,85

90%-Quantil 9,93

75%-Quantil 7,53

Median 5,57

Mittelwert 6,16

25%-Quantil 3,99

10%-Quantil 2,90

Minimalwert 1,75

Spezifische Kanallänge in Kommunen

Berger und Falk (2009). Zustand der Kanalisation in Deutschland, DWA

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 14

Kosten für die Abwasserentsorgung aus privaten Haushalten

------- Land Abwasserentgelt in Euro pro m³ Niederschlagswasserentgelt je m² versiegelter oder Grundgebühr in Euro pro Jahr sonstiger Fläche in Euro pro Jahr 2008 2009 2010 2008 2009 2010 2008 2009 2010 Deutschland 2,29 2,32 2,36 0,45 0,47 0,49 13,94 14,74 15,39 Baden-W 2,17 2,19 2,25 0,07 0,10 0,11 1,36 1,82 1,82 Bayern 1,73 1,76 1,81 0,24 0,25 0,27 7,64 8,28 8,62 Berlin 2,57 2,54 2,46 1,72 1,84 1,90 5,00 10,00 16,00 Brandenburg 3,30 3,30 3,34 0,32 0,32 0,33 66,48 66,24 66,42 Bremen 2,85 2,86 2,98 - - - - - - Hamburg 2,58 2,67 2,67 - - - - - - Hessen 2,55 2,61 2,66 0,31 0,32 0,35 1,27 1,65 1,98 Mecklenburg-V 2,68 2,70 2,69 0,22 0,26 0,26 67,47 68,88 69,43 Niedersachsen 2,22 2,26 2,29 0,24 0,24 0,25 9,09 9,59 10,40 Nordrhein-W 2,36 2,39 2,46 0,85 0,89 0,92 3,61 3,67 3,73 Rheinland-Pfalz 1,92 1,93 1,97 0,42 0,41 0,42 6,35 6,59 6,79 Saarland 2,92 3,03 3,23 0,54 0,55 0,58 1,45 1,45 3,06 Sachsen 2,51 2,51 2,50 0,51 0,53 0,55 53,12 56,58 59,18 Sachsen-Anhalt 3,22 3,20 3,15 0,52 0,54 0,59 58,44 61,72 60,79 Schleswig-H 2,03 2,06 2,10 0,24 0,25 0,26 36,70 37,65 37,80 Thüringen 2,20 2,21 2,19 0,22 0,23 0,25 47,48 47,95 50,61

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 15

Lange Aufenthaltszeiten im Trinkwassersystem

Zu wenig Schleppkraft in der Kanalisation

Zentrale oder dezentrale Abwasserentsorgung

Bewässerung in der Landwirtschaft

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 16

World Resources Institute WRI (2000)

Global average:

70% agriculture

20% industry

10% domestic

Freshwater withdrawal by sector in 2000

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 17

Deutschland ist kein wasserreiches Land

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Enquete-Kommission 6/1 des Landtags Brandenburg Ländliche Regionen Forst (Lausitz), 10.03.17, Seite 18

Wird als Folge des Klimawandels vermehrt landwirtschaftliche Bewässerung nötig sein?

Sehr wasserintensiv

Schwieriger, die Qualität zu erhalten

Zu wenig Schleppkraft

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 Anlage 02

Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Anlage 2: Präsentation Landesregierung (TOP 4)

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Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft im Land Brandenburg

Dr. Oliver Merten

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 1

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Themenübersicht

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 2

1. Resümee zum Leitbildprozess • Struktur und Verlauf • Bewertung der Ergebnisse • Weiterer Umgang mit dem Leitbild

2. Handlungsbedarfe aus Sicht der Landesregierung • objektiv bestehende Unzulänglichkeiten • Effizienz bestimmende Rahmenbedingungen

3. Handlungsoptionen für die Umsetzung des Leitbildes • Landespolitische Rahmenbedingungen • Nächste Schritte • Ansatzpunkte für Kommunen und Zweckverbände

4. Weitere Fragen und weiterführende Informationsangebote

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Grundlage für den

Leitbildprozess

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 3

1. Die Siedlungswasserwirtschaft wird in den künftigen Jahren unter erheblichem Anpassungsdruck an die Folgen des demografischen Wandels gelangen. So müssen die Kosten der bestehenden Infrastrukturen sowie die Aufwendungen für den laufenden Betrieb von einer stetig abnehmenden Bevölkerung getragen werden.

2. Weitere Treiber, denen sich die kommunalen Aufgabenträger stellen müssen, sind der vonstatten gegangene (und sich weiter vollziehende) Strukturwandel, die Folgen des Klimawandels sowie sich, in Folge europäischer Vorgaben, weiter verschärfende Umweltschutzauflagen.

3. Das MLUL verband mit dem Leitbildprozess auch eine Neuausrichtung seiner Instrumente landespolitischen Handelns. Die im Ergebnis des Leitbildprozesses entwickelten Impulse sollten aufgegriffen und dahingehend überprüft werden, wie durch landespolitische Instrumente der aktive Gestaltungswillen der kommunalen Akteure unterstützt und gefördert werden könne.

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Struktur des

Leitbildprozesses

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 4

Berater- und Moderatorenteam

Beirat Initiator

Gutachter

StGB e.V.

© Michael Tieck - Fotolia.com

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Fachliche Erarbeitung

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 5

technische

Infrastruktur

Ressourcen-

schutz

Finanzen

und

Förder-

politik

Organisation

Struktur

Ergebnis-

synthese

auf

Landes-

ebene

Spezifik „kleiner“

Aufgabenträger

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Konsultation des Entwurfs

mit den Gemeinden

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 6

o Regionalkonferenzen in gemeinsamer Einladung StGB / MLUL:

Mitwirkung von insgesamt 52 Ämtern und Gemeinden

o Fragebogenaktion; Rücklaufquote 62 (202) sowie online-Befragung; → repräsentative Stichprobe

o Hierbei keine grundlegend abweichenden Positionen, jedoch im Detail zusätzliche Akzentsetzungen; z.B.: • Bedarf nach interessenunabhängiger

Entscheidungsunterstützung • Konkrete Umsetzungshilfen für interkommunale

Kooperationslösungen und Anreize für Fusionen gewünscht

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Behandlung des Leitbildes

in der Landesregierung

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 7

o Herbst 2015: Ressortabstimmung und Kabinettvorlage zur Unterrichtung

o 24.11.2015: Kabinettbefassung

o 02.12.2015: Übersendung des Leitbildes mit Anschreiben von Herrn

Minister Vogelsänger an den Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft und die Enquetekommission 6/1 „Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“

o 06.01.2016: Bericht zum Leitbildprozess durch Herrn AL Kurt Augustin im ALUL; hiermit auch formeller Abschluss der Initiativrolle des MLUL

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Bewertung des Leitbildes

aus Sicht des MLUL

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 8

© mrdullwing - Fotolia.com

o Der inhaltliche Kern des Leitbildentwurfes besteht in einem Katalog von Zielen und Maßnahmen. Es berücksichtig alle wesentlichen Aspekte (Organisation, Finanzierung, technische Infrastrukturen und Ressourcenmanagement). Die vorgeschlagenen Maßnahmen wurden konsequent der jeweils handlungsverantwortlichen Ebene zugeordnet.

o Das Leitbild ist eine tragfähige Grundlage, den bestehenden und zukünftigen Herausforderungen zu begegnen. Es ist das Leitbild von der und für die brandenburgische(n) Siedlungswasserwirtschaft.

o Die Prozessstruktur hatte sich bewährt und die hohe Mitwirkungs-

bereitschaft der kommunalen Aufgabenträger entscheidend mitgetragen.

o Dem engen Einvernehmen mit dem StGB stand eine teilweise verhaltene

Resonanz der Städte und Gemeinden entgegen. Es konnte zunächst keine Struktur für die Umsetzung des Leitbildes in kommunaler Initiative organisiert werden.

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Mitwirkung von Aufgaben-

trägern am Leitbildprozess

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70

Mitwirkung keine Mitwirkung

Aktive Mitwirkung von 69 Aufgabenträgern; diese ver- bzw. entsorgen 1,87 Mio. Bürger (74 %)

Betriebsführer: 9 von 14 (ca. ⅔)

Zweckverbände: 43 von 67 (ca. ⅔)

EB / StW: 15 von 32 (ca. ½)

Gemeinden: 1 von 49 (ca. 2 %)

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Indizien für strukturelle

Defizite

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 10

Größenklasse Anzahl der Einwohner Bevölkerung (EW) Aufgaben träger (Summe) (%) < 10.000 83 266.658 10,6 10.000-20.000 21 332.050 13,2 20.000-30.000 18 440.317 17,4 30.000-40.000 8 280.558 11,1 40.000-50.000 6 228.278 9,0 > 50.000 11 975.886 38,7

hiervon: Größenklasse Anzahl < 1.000 20 1.000-2.000 17 2.000-5.000 26 5.000-10.000 20

Mehrfachmitgliedschaften nach der Gemeindegebietsreform 2002: Heute sind 58 der 202 Städte, Gemeinden bzw. Ämter Mitglied mehrerer Zweckverbände; im Einzelnen: 40 Doppelmitgliedschaften, 14 Dreifachmitgliedschaften, 4 Fälle von Mitgliedschaften in mehr als 3 Zweckverbänden.

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Mitwirkung von Aufgaben-

trägern am benchmarking

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50

00

keine Teilnahme

teilgenommen

stets teilgenommen

Zwischenfazit: Der Zusammenhang zwischen der Größe und der Handlungsfähigkeit eines Aufgabenträgers ist evident. Entscheidend ist jedoch seine organisatorische Stärke; dies schließt neben betriebswirtschaftlicher Effizienz auch die eigene Strategiefähigkeit und eine feste kommunalpolitische Verankerung ein.

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Effizienzkriterien

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 12

Gilt „groß“ gleich „effizient“? Ist „privatwirtschaftlich“ effizienter als „kommunal“? Woran lässt sich die Handlungsfähigkeit von Aufgabenträgern messen?

Strukturmerkmale, z.B. • Gebietsgröße • Einwohnerdichte • raumbezogene

Strukturmerkmale

Effizienzkriterien, z.B. • Betriebswirtschaft-

liche Kennzahlen • Handlungsfähigkeit • wasserwirtschaftliche

Synergien

Prozessmerkmale, z.B. • Strategiefähigkeit • Kooperationsformen • Zielrahmen für ein

Konsolidierungskurs • Evaluation

Organisatorische Stärke ist unabdingbare Voraussetzung zur Behebung systemischer Defizite. Erst auf dieser Grundlage können Konsolidierungsprogramme abgeleitet und schrittweise umgesetzt werden.

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Voraussetzung zur

Umsetzung des Leitbildes

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 13

o Der Diskurs muss zunächst im politischen Raum aufgegriffen und zu Ende geführt werden. In dessen Ergebnis sollte eine klare und belastbare landespolitische Position stehen.

o Es muss Klarheit darüber bestehen, dass die Konsolidierung der brandenburgischen Siedlungswasserwirtschaft die Handlungsbereitschaft der Kommunen voraussetzt. Die Umsetzungsprozesse müssen konkret und auf kommunaler Ebene geführt werden. Die Handlungsbedarfe sind offenkundig.

o Das Land kann diesen Weg unterstützend flankieren, nicht jedoch selbst initiativ handeln. Eine interessenneutrale Beiratsstruktur kann diese Prozesse entscheidend erleichtern. Für eine wirksame Unterstützung durch das Land müssen die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen bereit gestellt werden.

o Die Umsetzung von Konsolidierungsprogrammen braucht neben klaren Zielvorstellungen auch einen langen Atem. Vergleichsweise rasche Erfolge können durch die Vertiefung der interkommunalen Zusammenarbeit erzielt werden.

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Wie könnten die nächsten

Schritte aussehen?

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o Inhaltliche Bestimmung des Begriffs „effiziente Strukturen“ und Verständigung hierüber mit den Branchenverbänden und kommunalen Spitzenverbänden.

o Erarbeitung eines Zielrahmens für Strukturreformen der kommunalen Aufgabenträger. Hierbei sollen die Erfahrungen der zurückliegen Entwicklungen berücksichtigt werden.

o Entwicklung einer Prozessstruktur, in deren Rahmen konkrete Reformvorhaben unter Wahrung der kommunalen Selbstverwaltung begleitet werden könnten.

o Erarbeitung von Indikatoren für die Evaluierung von Strukturreformen, an denen die Wirksamkeit von Unterstützungsformen und Steuerungsinstrumenten überprüft werden kann und ferner, um zu beurteilen, für welche Zeiträume und in welcher Art und Weise eine unterstützende Flankierung durch das Land weiterhin noch erforderlich sein würde.

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Vorrangige Handlungs-

optionen für Aufgabeträger

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 15

o Nutzung bestehender Instrumente zur Analyse der Leistungsfähigkeit und Kostenstruktur (Kennzahlenvergleich) und Einleitung hierauf ausgerichteter Optimierungsprozesse.

o Die konkrete Betroffenheit struktureller Veränderungen und deren Kostenfolgen den Kommunalvertretungen transparent machen.

o Erarbeitung von mittelfristigen Planungsansätzen (mind. 10-15 Jahre), Identifizierung von Schwachstellen (z.B. dauerhaft unterausgelastete Anlagenbestandteile), Ableitung strategischer Sanierungs- und Umbaukonzepte sowie eine dahingehende Qualifizierung der Abwasserbeseitigungskonzepte.

o Konsequente Prüfung bestehender Möglichkeiten zur interkommunalen Zusammenarbeit mit dem Ziel, kostenrelevante Teilprozesse zu bündeln und gemeinsam zu optimieren (ggf. als Zwischenschritt einer zukünftigen Fusion).

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Weiterführende

Informationen

10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 16

Zum Thema: o Kommunalfinanzbericht 2016 MV, S. 56 – 74 www.lrh-mv.de/static/LRH/Dateien/Jahresberichte/KFB_2016.pdf Zu den übrigen Fragen: - Wie wird der Umgang mit dezentralen Anschlussmöglichkeiten eingeschätzt? - Gesamtüberblick zu (regionalen) Anschlussgraden wird auf die vorliegenden und öffentlich zugänglichen Gutachten bzw. Veröffentlichungen verwiesen: o Gutachten Regionale Entwicklungsszenarien in der Siedlungswasserwirtschaft unter

den Bedingungen des demografischen Wandels im Land Brandenburg http://www.mlul.brandenburg.de/w/siedlungswasserwi_gutachten_lang.pdf

o Kommunale Abwasserbeseitigung im Land Brandenburg - Lageberichte http://www.mlul.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.280911.de/#wasser

o „Wegweiser für den Einsatz von Kleinkläranlagen und Sammelgruben“ http://www.mlul.brandenburg.de/media_fast/4055/ka_wegweiser.pdf

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Vielen Dank! 10.03.2017 Zukunftsfähige Siedlungswasserwirtschaft 17

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 Anlage 03

Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Anlage 3: Präsentation WAL Senftenberg (TOP 6)

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Ohne Wasser kein Leben!

www.wal-betrieb.de

> WAL Betriebsführungs GmbH

WAL-Betrieb am Standort Senftenberg

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14.09.2016 Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

BaufirmenAuftrag im Namen

des WAL

Altanlagen/Neuanlagen

AusführungBetriebsführungsvertrag, Personalüberleitungsvertrag

Betriebsführungs-entgelt

Inkasso im Namen

des WAL

SatzungenVerträge

100% EigentumBürger

Gewerbe Industrie

NeueGeschäftsfelder

Verträge

Senftenberg

Senftenberg

Organisationsstruktur im Verbandsgebiet des WAL

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14.09.2016 Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

Entwicklung unter privatwirtschaftlicher Führung am Beispiel des WAL-Betrieb 2006 bis 2016

• Kontinuierlicher Aufbau von Personal: 2006 – 135 MA; 2015 – 164 MA

• Gebührenstabilität seit 2006 für die Bürger – Kompensation aller Kostensteigerungen in der Betriebsführung, insbesondere Umsatzsteuererhöhung und Energie- und Personalkosten

• Positives Kundenimage: Platz 1 in der Kundenbefragung 2015 im Rahmen des landesweiten Kennzahlenvergleichs Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Brandenburg 2014 durch CONFIDEON Unternehmensberatung GmbH

• Kontinuierliche Fortbildung der Mitarbeiter: 2016 bereits 154 Schulungsteilnahmen

• Zertifikate als Nachweis für hohen Standard und Qualität

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14.09.2016 Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

Übernahmestation ASB

Übergabestation WAL-B

Lageplan:

ca. 750 m Leitungslänge

Nahwärmeversorgung der Seniorenresidenz des ASB

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14.09.2016 Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

Umsetzung der Wärmeversorgung ASB - VertragsbeziehungenVertragskonstrukt:

ASB

WAL-BWAL

gestattet Leitungsbau

liefert Abwärme

baut und überträgt Anschlussstation ASB

liefert Wärme

gestattet Bau Übergabestation KA und Wärmelieferung

zahlt Wärmepreis

zahlt GesamtwärmepreisStadtwerke Senftenberg

Vertragsabschluss Stadtwerke / WAL-B: 10. Mai 2016(voraussichtlicher) Start Probebetrieb: 15. September 2016

Realisierung in nur 4 Monaten ohne den Einsatz öffentlicher Gelder

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14.09.2016 Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

Wasserverband Lausitz Betriebsführungs GmbH

7

Nahwärmeversorgung der Seniorenresidenz Brieske das ASB

Nutzen:

Verwertung überschüssiger Wärme der BHKW - umweltfreundlich aus Klärgas(Sekundärenergie) produziert

Innovatives Wärmeversorgungskonzept – Substitution von Erdgas (Primärenergieträger)

Absicherung Wärmelieferung über bestehenden Fernwärmeanschluss der Stadtwerke Senftenberg

Steigerung der Energieeffiziens und damit der Wirtschaftlichkeit für beide Lieferanten

Erhöhung der Versorgungssicherheit für den Abnehmer ASB

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 Anlage 04

Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Anlage 4: Präsentation GeWAP (TOP 6)

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Die Auswirkungen des

demografischen Wandels auf die

Siedlungswasserwirtschaft

im Amt Peitzim Amt Peitz

Frank Otto

Geschäftsführer der GeWAP mbH

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Gliederung

• Schema Ver- und Entsorgungsgebiet

• Die Organisation von GeWAP und TAV

• Demografischer Wandel und Siedlungswasserwirtschaft

Entwicklung der Einwohneranzahlen im Amt Peitz• Entwicklung der Einwohneranzahlen im Amt Peitz

• Entwicklung der Trink- und Abwasser- Preise /

Gebühren

• Schlussbetrachtung

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Organisation des wirtschaftlichen Verbundes

TAV – GeWAP

TAVTAV

„Hammerstrom/Malxe“ PeitzKraftwerkstraße 28 a - 03185 Peitz

Tel: 035601 – 808580 / Fax: 31002

Wasserversorgung im

Verbandsgebiet

einschl. der Dienstleistungen für

Gießwasserbegünstigung durch

Vattenfall

Abwasserentsorgung im

Verbandsgebiet;

Regenwasserentsorgung

(Peitz und Jänschwalde

OT Jänschwalde Ost)

GeWAP für TAV

GeWAPGeWAP mbHmbH

Kraftwerkstraße 28 a - 03185 Peitz

Tel: 035601-808580 / Fax: 31002

www.gewap-tav.de / [email protected]

Entsorgungsverträge

LEAG, LWG, Lafarge,

Gemeinde Teichland

LEAG, Teichland (OT

Neuendorf und OT

Bärenbrück)/ BTF Teichland

Versorgungsverträge

mobile Entsorgung der

abflusslosen Sammelgruben,

Entsorgung der Fäkalschlämme

aus der Vorreinigung der bKKA

Leistungen der GeWAP für Dritte

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„Die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung sind in Deutschland Kernaufgaben der

öffentlichen Daseinsversorge in der Zuständigkeit der Gemeinden oder anderer öffentlich-

rechtlicher Körperschaften“

• Um dieser Verantwortung stets gerecht zu werden, dürfen die Auswirkungen des

Demografischen Wandels nicht unterschätzt werden.

• Es muss sich daher neuen Problemen und Herausforderungen gestellt werden, um eine

störungsfreie Ver- und Entsorgung zu garantieren.

• Im Gegensatz zu den meisten Industrie- und Dienstleistungsunternehmen, haben Ver- und

Entsorgungsbetriebe auf Grund vordefinierter Ver- und Entsorgungsgebiete nur beschränkte

Möglichkeiten, sich auf (demografisch) veränderte Bedingungen einzustellen.Möglichkeiten, sich auf (demografisch) veränderte Bedingungen einzustellen.

• Die gravierendste Problematik des Bevölkerungsrückgangs ist der damit sinkende Verbrauch

von Trinkwasser und die daraus resultierende geringere Inanspruchnahme der zentralen

Abwasserentsorgungssysteme.

• Doch nicht nur die Anwohner fehlen. Im gleichen Zuge ist in den „Berlin fernen Gebieten des

Landes Brandenburg“ ein Rückgang von Gewerbe und Industrie zu verzeichnen.

• Die Verringerung des Auslastungsgrades beeinflusst die Trinkwasserqualität negativ. Die

Beschaffenheit des Abwassers verändert sich ebenfalls (höhere Aggressivität) und führt zu

schnellerem Verschleiß von Rohrleitungen, Bauwerken und technischen Anlagen.

• Daher ist es notwendig, Lösungen zu finden, die aufgrund von spezifischen regionalen und

technischen Besonderheiten lokal angepasst sein müssen.

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11.405

11.292

11.16311.200

11.400

11.600

Entwicklung der Einwohneranzahlen im Amt Peitz(inkl. Teichland)

10.884

10.78410.746

10.780

10.400

10.600

10.800

11.000

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

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77.890

70.082

64.000

64.265

76.227 73.774 73.682

79.948

65.018 66.057 65.000

70.000

75.000

80.000

85.000

90.000

Jah

resm

en

ge

in

Jahres-Mengenentw. Kraftwerk Jänschwalde

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Jahres-∑ TW 77.890 70.082 64.000 64.265 56.065 57.764 59.049 48.878 44.524 42.220

Jahres-∑ SW 76.227 73.774 73.682 79.948 56.926 61.013 65.018 66.057 57.705 54.111

64.000

56.065 57.764

59.049

48.878

44.524

42.220

56.926 61.013

57.705

54.111

40.000

45.000

50.000

55.000

60.000 Jah

resm

en

ge

in

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Entwicklung der Trink- und Abwasser- Preise / Gebühren

9,45 €

1,21 €

5,65 €

3,84 €

9,45 €

1,21 €

5,65 €

3,84 €

10,40 €

1,21 €

6,30 €

3,84 €

10,40 €

1,21 €

6,30 €

3,84 €

10,40 €

1,21 €

8,20 €

3,94 €

10,40 €

1,21 €

8,20 €

3,94 €

10,40 €

1,21 €

8,60 €

4,3

- €

2,00 €

4,00 €

6,00 €

8,00 €

10,00 €

12,00 €

Gru

nd

ge

hr

pro

Gru

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ge

hr

pro

Gru

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ge

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pro

Gru

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pro

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pro

Gru

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pro

TW AW TW AW TW AW TW AW TW AW TW AW TW AW

TAV

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

9,45 €

1,21 €- €

2,47 €

9,45 €

1,21 €- €

2,47 €

10,40 €

1,21 €- €

2,47 €

10,40 €

1,21 €- €

2,47 €

10,40 €

1,21 €- €

2,97 €

10,40 €

1,21 €- €

2,97 €

10,40 €

1,21 €

8,60 €

2,97 €

- €

2,00 €

4,00 €

6,00 €

8,00 €

10,00 €

12,00 €

Gru

nd

ge

hr

pro

Gru

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pro

Gru

nd

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pro

TW AW TW AW TW AW TW AW TW AW TW AW TW AW

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Teichland

Hinweis: Einführung von AW-Grundgebühren in Teichland ab 01.07.2016; ab 01.01.2017 gelten in Teichland die selben (kalkulierten) AW m³-Preise wie bei dem TAV

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Schlussbetrachtung

• Neben der demografischen Entwicklung wirkt die negative wirtschaftliche Entwicklung insbesondere auf Grund der Energiepolitik einer Sicherung sozial verträglicher Trinkwasserpreise und Abwassergebühren entgegen, zumal insbesondere die Abwassergebühren schon jetzt im oberen Viertel im Land Brandenburg liegen.

• Der Hauptschwerpunkt zur weiteren Gewährleistung der Ver- und Entsorgungssicherheit wird in den kommenden Jahren auf die Reparatur und Instandhaltung der technischen Anlagen, Maschinen und Bauten zu legen sein. Es müssen aber auch zunehmend Ersatzinvestitionen realisiert werden. Dies betrifft im müssen aber auch zunehmend Ersatzinvestitionen realisiert werden. Dies betrifft im Wesentlichen den Austausch verschlissener Maschinen und Aggregate.

• Desweiteren ist es erforderlich die vor 1990 hergestellten und oftmals inzwischen überdimensionierten Trinkwasserleitungen zu ersetzen. Gleiches gilt für die Schmutz-und Regenwassernetze in der Stadt Peitz und im OT Jänschwalde-Ost (hier ggf. durch Dezentralisierung).

• Fazit: Diese Aufgaben sind vor dem Hintergrund der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung im Amt Peitz durch die GeWAP und ihren Träger Trink- und Abwasserverband –Hammerstrom/Malxe– Peitz ohne Unterstützung des Landes nicht zu bewältigen.

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 Anlage 05

Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Anlage 5: Präsentation Stadt Lausitz (TOP 6)

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Präsentation anlässlich der Anhörung in der Enquete-Kommission 6/1 am 10.03.2017

„Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“

Städtische Abwasserbeseitigung Forst (Lausitz)Frank Przychodzki

Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 1

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

Inhaltsverzeichnis

1. Historisches Forst

2. Demografische Entwicklung

3. Struktureller Aufbau

4. Abwasserentsorgungssituation

5. Technische Anlagen

6. Betriebswirtschaftliche Daten

7. Probleme des Strukturwandels

8. Erwartungen an die Landespolitik

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 2

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

1. Historisches Forst

1925 arbeiteten ca. 10 000 Beschäftigte in 288 Tuchfabriken in der Stadt(Quelle: Stein, Erwin; Monographien deutscher Städte, Band XXIV Forst (L.),Berlin 1927)

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 3

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

1940 44 635 Einwohner (Quelle: Forster Jahrbuch 2006)

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 4

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

komplexer Wohnungsbau (teilweiser Stadtumbau) bis 2016

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 5

Marktplatz 2017 als sogenannte „Grüne Mitte“

(Quelle: Stadt Forst (Lausitz)

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

10 000

20 000

30 000

40 000

50 000

1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040

2. Demografische Entwicklung Forst (L.)

1940Einwohnerzahl

(Quelle: Forster Jahrbuch 2006 und Adressbuch 1939)

Einwohner am 31.12.2016 18 995

Prognose für 2030 15 990

(Quelle: Kleinräumige Bevölkerungsvorausschätzung LBV 31.12.2014)

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 6

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

Bürgermeister Stadt Forst (Lausitz)

Werkleitung Städtische Abwasserbeseitigung

Kaufmännischer Werkleiter Technischer WerkleiterFachbereich

StadtentwicklungFachbereich

Finanzen

Team SteuernTeam

Kaufm. VerwaltungTechn. Verwaltung

Team Kläranlage + Netze

mitwirkende Fachbereiche

3. Struktureller Aufbau

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 7

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

4. Abwasserentsorgungssituation

zentrale Entsorgung (SW):

- Stadtgebiet Forst- OT Horno und Sacro

dezentrale Entsorgung (SW):

- 558 Anlagen, davon 91 im Stadtgebiet

- OT Briesnig, Bohrau, Mulknitz,Naundorf, Klein Jamno, Groß Jamno, Groß Bademeusel,Klein Bademeusel

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 8

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

Zentrale Entsorgung (SW):

31 Schmutzwasser-Pumpwerke

7,64 km Druckrohrleitungen

107,11 km Freispiegelleitungen

Warum so viele Pumpwerke?

Mit Längsausdehnungen von ca. 6 bis 7 kmund einem Mindestgefälle für dieKanalisation (5‰) wären ca. 30 m Höhen-differenz für Freispiegelleitungen ohnePumpwerke notwendig. Das Stadtgebietverfügt jedoch nur über eine geodätischeHöhendifferenz zwischen 4 bis 7 m.

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 9

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

Wesentliche Einleitstellen (NW):

108 NiederschlagwasserEinleitstellen

davon 40 Ausläufe in Gräben/Gewässer

68 Versickerungen(Rigolen, Schächte, Becken)

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 10

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 11

Entsorgungspflichtige dezentrale private

GrundstücksentwässerungsanlagenME 2016

Biologische Kleinkläranlagen Stck. 265

Mechanische Kleinkläranlagen Stck. 6

Abflusslose Sammelgruben Stck. 284

Technische Anlagen ME 2016

Kläranlage Stck. 1

Kapazität der Kläranlage EWG 30 000

SW-Pumpwerke Stck. 31

SW-Druckrohrleitungen km 7,64

SW-Hauptkanäle km 107,11

NW-Leitungen km 59,89

SW-Grundstücksanschlüsse Stck. 4 913

NW-Grundstücksanschlüsse Stck. 1 091

Straßenabläufe Stck. 3 162

5. Technische Anlagen

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

Schmutzwasser (SW)

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 12

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

Niederschlagswasser (NW)

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 13

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 14

6. Betriebswirtschaftliche DatenEinnahmemöglichkeiten/Finanzierung:

- keine Erhebung von Kanalanschlussbeiträgen seit 2016 in Forst (L.) die Finanzierung der Abwasserbeseitigung erfolgt über Benutzungsgebühren

(auszugsweise) für SW noch 3,48 €/m³

ab 01.04.2017 3,96 €/m³für SW aus abflusslosen Sammelgruben noch 8,07 €/m³Frischwasser

ab 01.04.2017 8,98 €/m³Frischwasser

für Klärschlamm aus KKA noch 0,93 €/m³Frischwasser

ab 01.04.2017 1,21 €/m³Frischwasser

für bedarfsgerechte Entsorgung Klärschlamm noch 54,72 €/m³ab 01.04.217 61,87 €/m³

für NW 27,80 €/50m²+Jahr

- Kostenersatz nach tatsächlichen Kosten für die Herstellung, Veränderung und den Rückbau von Grundstücksanschlussleitungen

- Kreditaufnahmen am Kapitalmarkt für Investitionen- Gewährung von Zuwendungen aus verschiedenen Förderprogrammen

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 15

Betriebsaufwand

vorläufiges IST-Ergebnis der einzelnen Sparten für das Wirtschaftsjahr 2016

Schmutzwasser 2 316 000 €

Niederschlagswasser 591 000 €

dezentrale Entsorgung 208 000 €

Dienstleistungen 30 000 €

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

Ertragslage

Umsatz (vorläufig) 2016 in €

Kanalbenutzungsgebühren 2 245 000

Niederschlagswasserbeseitigung 535 000

Dezentrale Entsorgung 194 000

Insgesamt 2 974 000

Auszug Aufwandspositionen (vorläufig) 2016 in €

Materialaufwand/bezogene Leistungen 673 000

Personalaufwand 787 000

Abschreibungen 1 228 000

sonstiger betrieblicher Aufwand 432 000

Insgesamt 3 120 000

Auszug aus dem Jahresabschluss 2016

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 16

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7. Probleme des Strukturwandels

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 17

- überdimensionierte Freispiegel-SW-Kanalisation für derzeitige Bevölkerungsentwicklung

Maulprofil B1350/H750 Maulprofil B1500/H1300

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 18

- überaltertes Kanalnetz, teilweise über

100 Jahre alt

- erheblicher Investitionsstau im SW-

und NW-Kanalnetz

- geringe Anschlussdichte im SW-Kanal-

netz, durchschnittlich nur alle 22 m

eine Grundstücksanschlussleitung

- erhöhte Betriebsaufwendungen durch

die geringen Abwassereinleitungen

und Gefälleverhältnisse unterhalb des

Mindestgefälles

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 19

z.B. Rohr-Relining

DN 500 in gemauertes

Maulprofil B1600/H880

erhebliche Baukosten, je

nach Nennweite bis zu

2 700 €/m

Lösungsansätze für Probleme

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 20

Perspektivische Entwicklung der Leistungsfähigkeit

- keine Erweiterung des Entsorgungsgebietes möglich

- schrumpfende Einwohnerzahl

- keine abwasserintensiven Gewerbebetriebe

Um die Leistungsfähigkeit aufrecht erhalten zu können, bedarf es einer

strikten Kostenkontrolle und der regelmäßigen Anpassung der Gebühren.

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 21

Auswirkungen auf die Gebührenentwicklung SW

Unter Berücksichtigung

der voraussichtlichen Bevölkerungsentwicklung für 2030,

der damit einhergehenden Reduzierung der SW-Menge,

dem voraussichtlich noch erforderlichen Investitionsbedarf in das bestehende SW-Kanalnetz von ca. 20 000 000 € und

einer angenommenen Kostensteigerung von ca. 10 %

ist eine Erhöhung der Benutzungsgebühr für SW auf ca. 5,92 €/m³ (ab 01.04.2017 schon 3,96 €/m³) zu erwarten.

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

8. Erwartungen an die Landespolitik

a) Umsetzung des HWRM-Plans für die Flussgebietseinheit Oder, Los 4, Lausitzer Neiße

- bei HQ(100): gesamte Umgebung der Kläranlage überflutet

- durch Rückstau in den Mühlgraben können schon bei HQ(10) große Überschwemmungen entstehen

ansonsten: Objektschutz für Kläranlage i.H.v. ≈ 250 000 €

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 22

kritische Überflutungsfläche nach HQ(100)

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

August-Hochwasser 2010 Kritische Situation Kläranlage Forst (Lausitz)

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 23

max. Wasserstand: 5,28 m mittl. Wasserstand: 0,79 m(Pegel Klein Bademeusel)

Radfahrweg auf dem Deich vor der Kläranlage ist überflutet

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 24

b) Förderung von Maßnahmen infolge des Stadtumbaus und des Strukturwandels

- Reduzierung bzw. Rückbau überdimensionierter Kanäle zur Vermeidung von hohen Betriebskosten

c) Finanzielle Entlastung der Kommunen bei der Reinigungspflicht von Straßenentwässerungsanlagen an Bundes- und Landesstraßen

- z.B. durch Novellierung des § 66 Abs. 1 BbgWG- siehe Wortlaut der kleinen Anfrage 241 vom 30.01.2015 Landtag

Brandenburg Drucksache 6/710, 6. Wahlperiode

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

10.03.2017 Präsentation für Enquete-Kommission 6/1 25

d) Erhalt bzw. Ansiedlung von Standorten der Landes- und Kommunalverwaltungen in strukturschwachen Kommunen

- die Verlegung der Kreisverwaltung durch den Verlust des Kreisstadt-Status würde für die städtische Abwasserbeseitigung eine Reduzierung von ca. 3 500 m³ SW bzw. 13 860 € pro Jahr bedeuten

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Stadt Forst (Lausitz)Eigenbetrieb „Städtische Abwasserbeseitigung“

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Frank PrzychodzkiTechnischer Werkleiter

Tel.: 03562 989270E-Mail: [email protected]

10.03.2017 26Präsentation für Enquete-Kommission 6/1

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 Anlage 06

Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Anlage 6: Weiterführende Fragen und Antworten zur Anhörung (TOP 6)

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Fragen der Kommissionsmitglieder Raschke und Schülzke

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Sehr geehrtes EK-Büro-Team, ich schreibe im Auftrag von Herrn Raschke. Er hat an u.a. an Herrn Hornauf noch folgende Nachfragen:

Im Ausschuss für Inneres und Kommunales wurde in der Sitzung vom 14.1.2016 der Gesetzentwurf zur Vereinfachung der kommunalen Abgabenerhebung (Drucksache 6/1830) in der weiteren Beratung zurückgestellt. Welche Chancen bietet dieser Gesetzentwurf für die Kommunen und die Zweckverbände insbesondere im Ländlichen Raum zur besseren Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Bereich der Versorgung mit Trinkwasser und der Abwasserentsorgung? Wie würden sich die dort vorgeschlagenen Änderungen des KAG insb. auf die Gebührenkalkulation und Gebührenstabilität auswirken? Würden Sie weitere Änderungen oder Ergänzungen des Brandenburger KAG empfehlen, auch um den besonderen Anforderungen an die Siedlungswasserwirtschaft im ländlichen Raum Rechnung zu tragen?

Bezüglich der Trinkwasserschutzgebiete: Warum liegt aus Sicht von Herrn Hornauf gem. seinen Ausführungen in der EK-Sitzung das Problem bei Land und nicht bei den Kommunen?

Mit freundlichen Grüßen i.A. Alexandra Tautz

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Iris Schülzke, MdL♦ Martinstraße 2♦ 04932 Schlieben

15.03.2017

Betreff Ihre E-Mail vom 13.03.2017 Sehr geehrter Herr Stoffel,

in Beantwortung Ihrer E-Mail möchte ich Ihnen nachstehende Fragen an die Fachreferenten und Vertreter der anwesenden Aufgabenträger der Siedlungswasserwirtschaft übermitteln: 1. Fragestellung an Herrn Prof. Dr. Krebs, TU Dresden

Im Vortrag wurde logisch dargelegt, dass sich in Anbetracht rückläufiger Einwohnerzahlen in bestimmten ländlichen Räumen bei gleichzeitig steigenden Fixkosten, insbesondere für das Kanalnetz, eine Kostenspirale auftut, die dauerhaft zu Überlegungen zwingt, ob und ggfs. wie lange noch extensive Erweiterungen oder der Neubau von Kanalnetzen sinnvoll sind. Diese Betrachtung muss insbesondere die Planungs- und Kalkulationsgrundsätze für Anlagevermögen zur Grundlage haben, die zwischen 20 und 80 Jahren liegen. Hieraus leitet sich möglicherweise die Notwendigkeit ab, im ländlichen Raum perspektivisch von der Präferierung ausschließlich zentraler Abwassersysteme wegzukommen und dort wo möglich dezentrale Abwasserentsorgungsanlagen vorzusehen.

Meine Frage: Die Risiken des Betriebs dezentraler Anlagen wurden insbesondere im Vortrag von Herrn Pencereci umrissen und liegen vor allem im Bereich der Gewährleistung eines sicheren Betriebs und der Gewährleistung der vorgeschriebenen Ablaufwerte. Vor dem Hintergrund der langfristig aus Kostengründen nicht mehr vertretbaren Strategie des Neubaus und der Erweiterung zentraler Entsorgungssysteme kommen für den ländlichen Raum überwiegend dezentrale Lösungen in Betracht, bei denen Innovativität, weitestgehend geschlossene Stoffkreisläufe und Kostenoptimierung im Vordergrund stehen müssen. Sind Ihnen aus Ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit Lösungsansätze, insbesondere aus Deutschland und Europa, bekannt, deren Einsatz unter Brandenburger Bedingungen zu sinnhaften, nachhaltigen und unter ökologischen Aspekten beispielgebenden Lösungen im ländlichen Raum führen kann? Welche Chancen geben Sie in diesem Zusammenhang den heute vorwiegend anzutreffenden Kleinkläranlagen?

2. Fragestellung an Herrn Dr. Merten

In Ihrem Vortrag war bei deutlicher Betonung der kommunalen Aufgabenzuständigkeit eine Differenzierung zwischen dem durch das Land initiierten Leitbild – beabsichtigt war sicherlich die

Landtag Brandenburg Verwaltung, Referat P 2 Herrn Stoffel Im Hause

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Heraushebung der Rolle des Umweltministeriums im Prozess – und der Positionierung der Landesregierung nicht zu überhören. In den am Nachmittag vorgetragenen Berichten von Aufgabenträgern wurde – ausgenommen vielleicht die Wasserverband Lausitz Betriebsführung GmbH – deutlich, dass sich die überwiegende Zahl der Aufgabenträger neben den Auswirkungen der demografischen Entwicklung vor allem durch die teilweise gravierenden Wegbrüche wirtschaftlicher Strukturen im jeweiligen Gemeindegebiet vor schwer oder nicht beherrschbare Herausforderungen gestellt sieht. Hier geht es in jedem Fall um klare, verlässliche und langfristige Orientierungen, die den Aufgabenträgern einen sicheren Handlungsrahmen gibt. Diese Regelungen kann nur die Landesregierung treffen. Umgang mit den Überkapazitäten (Leitungsnetz, Pumpwerke In Ihrem Vortrag wurde des Weiteren an mehreren Stellen die derzeitige Struktur der Aufgabenträger im Land Brandenburg beschrieben und ein gewisses Desinteresse der Gebietskörperschaften bemängelt. Sehr deutlich wurde dies im Prozess der Leitbildaufstellung. Halten Sie Strukturen im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft für effektiv und dauerhaft sinnvoll, bei denen die Grenzen des Verbandsgebietes nicht mit den politischen Grenzen übereinstimmen? Gibt es Vorstellungen, wie die Aufgabenerfüllung im Zuge der von der Landesregierung geplanten Verwaltungsstrukturreform und den einher gehend größer werdenden Gebietsstrukturen ohne qualitative Einschränkungen zu sichern ist? Welche konkreten Handlungsfelder sehen Sie für die Landesregierung hinsichtlich

der Optimierung der Aufgabenträgerstruktur,

des Engagements bei der Vermeidung neuer, vor allem kostenintensiver Vorschriften und Standards im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft und

der gezielten Suche nach innovativen Lösungen für die Siedlungswasserwirtschaft Welche Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang persönlich an die Landesregierung? 3. Fragestellung im Zusammenhang mit dem Redebeitrag von Herrn Rechtsanwalt Hornauf an

das Umweltministerium

Herr Hornauf hat mit seinen Wünschen an die Landesseite u.a. eine Verlängerung der Kalkulationsperioden im § 6 KAG von derzeit zwei auf drei bis fünf Jahre angeregt. Bereits mit der Drucksache 6/1830 hatte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Gesetzentwurf in das Plenum eingebracht, der selbiges Ziel verfolgte, jedoch letztlich keine Mehrheit gefunden hat. Wie bewertet die Landesregierung die Möglichkeiten einer ausreichend flexiblen Gebührenkalkulation mit den derzeitigen gesetzlichen Vorschriften? gez. Schülzke MdL

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Antwort der Landesregierung (Dr. Merten)

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Zu den Fragen von Frau MdL Iris Schülzke: a) Umgang mit den Überkapazitäten (Leitungsnetz, Pumpwerke) im Zusammenhang mit einem [nicht vorhersehbaren] Wegbruch wirtschaftlicher Strukturen Die Anpassung oder der Rückbau obsolet gewordener Infrastrukturen ist auf verschiedenen Ebenen ein kompliziertes Problem, für das es bislang keine in sich schlüssige Lösung gibt. Neben der Abbildung derartiger Anpassungen im Gebührenrecht wären außerdem Vermögens- und steuerrechtliche Frage zu lösen. Ob und in welchem Maße sich etwaige Sonderabschreibungen oder dergleichen in der Systematik des Kommunal- und Gebührenrechtes abbilden ließe, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen (Zuständigkeit im MIK). b) Halten Sie Strukturen im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft für effektiv und dauerhaft sinnvoll, bei denen die Grenzen des Verbandsgebietes nicht mit den politischen Grenzen übereinstimmen? Ich hatte in meinem Vortrag versucht darzulegen, dass eine schlichte Betrachtung (z.B. je größer, um so effektiver oder dergleichen) regelmäßig in die Irre führt und welche Merkmale/ Merkmalskomplexe stattdessen zur Beurteilung der Effizienz herangezogen werden sollten. Hierbei hatte ich unter anderem die Strategiefähigkeit von Aufgabenträgern und den hiermit zwangsläufig einhergehenden hohen Anspruch an die kommunalpolitische Meinungsbildung gestellt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es einer Gemeindevertretung gelingen könnte, derartig anspruchsvolle Prozesse womöglich parallel in mehreren Zweckverbandsstrukturen zu führen und am Ende auch noch zu widerspruchsfreien Resultaten zu gelangen. c) Gibt es Vorstellungen, wie die Aufgabenerfüllung im Zuge der von der Landesregierung geplanten Verwaltungsstrukturreform und den einher gehend größer werdenden Gebietsstrukturen ohne qualitative Einschränkungen zu sichern ist? Die Verwaltungsstrukturreform fokussiert im Wesentlichen auf die Landkreisebene. Die Aufgabenerledigung im Bereich Trink- und Abwasser vollzieht sich hingegen auf der Ebene der Städte, Ämter und Gemeinden. Eine wesentliche Verbindung zwischen kommunaler Aufgabenerledigung und dem Reformprozess vermag ich nicht zu erkennen. d) Welche konkreten Handlungsfelder sehen Sie für die Landesregierung hinsichtlich

der Optimierung der Aufgabenträgerstruktur,

des Engagements bei der Vermeidung neuer, vor allem kostenintensiver Vorschriften und Standards im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft und

der gezielten Suche nach innovativen Lösungen für die Siedlungswasserwirtschaft Welche Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang persönlich an die Landesregierung? Zunächst einmal steht es mir nicht an, selbst eine „Erwartung an die Landesregierung“ zu artikulieren; schon gar keine persönliche. Ich hatte zum Ausdruck gebracht, dass das MLUL hier aus einem eigenen fachlichen / wasserwirtschaftlichen Impuls tätig geworden war; die Betrachtungen jedoch nicht auf technische Fragen oder die Zuständigkeiten im engeren Sinne beschränkt hatte. Ebenso kann ich mich auch nur zu denjenigen Handlungsoptionen äußern, für die das MLUL selbst unmittelbar zuständig ist.

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Ein erfolgreicher Konsolidierungskurs muss sich nach meiner Überzeugung tatsächlich auf alle relevanten Handlungsfelder richten (siehe Leitbild). Um solch einen Weg zu beschreiten, ist die Handlungsfähigkeit der Aufgabenträger unabdingbare Voraussetzung; insofern bin ich davon überzeugt, dass sich etwaige Optimierungsbedarfe bei den Aufgabenträgerstrukturen über kurz oder lang von selbst aufdrängen (andernfalls stieße man nämlich rasch an die Grenzen eigener Leistungsfähigkeit). Hinsichtlich des Standards verfolgt das MLUL einen Deregulierungskurs, soweit dies mit rechtlichen Vorgaben der Europäischen Union und dem Bund in Übereinklang zu bringen ist. Als Beispiel führe ich § 71 BbgWG an, wo wir schrittweise die vormalige Genehmigungspflicht für Kanalisationsnetze zurück genommen hatten. Im selben Zusammenhang muss aber auch gesehen werden, dass in der Vergangenheit durch die Gemeinden die Spielräume des Brandenburgischen Standarderprobungsgesetzes (BbgStEG) in wasserwirtschaftlichen Fragen faktisch ungenutzt blieben. Daher fehlt oft auch die Rückkopplung aus der Praxis, anhand derer weitergehende Deregulierungspotenziale (bei gleichbleibend guter Aufgabenerledigung) identifiziert werden könnten. Mit Blick auf neu hinzukommenden Regelungen bleibt das MLUL natürlich abhängig von den Meinungsbildungsprozessen auf europäischer Ebene sowie im Bund. Hinsichtlich innovativer Lösungen gibt es keine Vorbehalte, so lange mit ihnen eine gleichermaßen ordnungsgemäße Abwasserbehandlung ermöglich wird. Die Rolle des MLUL liegt hierbei allerdings nicht in der Entwicklung oder Erprobung; jedoch können wir im Rahmen unserer fachaufsichtlichen Obliegenheiten gegenüber den Unteren Wasserbehörden darauf hinwirken, dass entsprechende Vorhaben (ggf. unter Anwendung von Standarderprobungsklauseln) als genehmigungsfähig angesehen werden können, selbst wenn hierbei u.U. eine Vorgabe aus dem DWA Regelwerk außer Acht bleiben müsste. e) Wie bewertet die Landesregierung die Möglichkeiten einer ausreichend flexiblen Gebührenkalkulation mit den derzeitigen gesetzlichen Vorschriften(Bezug: Kalkulationsperioden in § 6 KAG)? Die Frage zielt unmittelbar auf Aufgaben und Zuständigkeiten des Ministeriums des Innern und für Kommunales. Ich bitte um Verständnis, dass ich mich hierzu nicht äußern kann.

Zu der zweiten Frage von Herrn MdL Benjamin Raschke (Wasserschutzgebiete: …Problem beim Land und nicht bei den Kommunen) gestatte ich mir eine ergänzende Information: Mit Stand 31.12.2016 sind nach geltendem Recht und den heute einschlägigen Standards bislang 60 WSG neu festgesetzt worden; hiervon 47 durch das MLUL und 13 durch die Landkreise (zuständig für WSG < 2000 m³/d). Die übrigen WSG basieren noch auf DDR Recht bzw. 47 Wasserfassungen verfügen bis heute nicht über rechtlich festgesetzte Schutzzonen. Im MLUL sind noch 22 Neufestsetzungen offen, in den Landkreisen hingegen 275. Das „Nadelöhr“ der fachbehördlichen Prüfung hydrogeologischer Gutachten rechtfertigt daher nur sehr begrenzt die Bearbeitungsrückstände, da der überwiegende Teil offener Verfahren noch gar nicht begonnen wurde. Hierfür ist zunächst durch den Begünstigten (d.h. durch den Wasserversorger) eine qualifizierte Bedarfsprognose anzustellen, auf deren Grundlage dann das hydrogeologische Gutachten anzufertigen ist. Erst auf dieser Grundlage kommt überhaupt ein qualifizierter Antrag zu Stande. Diese Daten legen nahe, dass die Defizite in erster Linie auf der kommunalen Ebene liegen.

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 Anlage 07

Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Anlage 7: Antrag von Mitgliedern der Berichterstattungsgruppe 6 zur Erstellung eines Gutachtens (TOP 7)

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Landtag Brandenburg BEG 6 07.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

Antrag der Mitglieder der Berichterstattungsgruppe 6 an die EK 6/1

Beauftragung der Erstellung eines Gutachtens in Form einer zusammenfas-sendem und komprimierten Darstellung bereits vorhandener Gutachten und Prognosen mit thematischem Bezug zum Auftrag der EK 6/1 1 /

Bezug zum Beschluss der EK 6/1 vom 14.10.2016 07. HRZ, 21117

Ausgangslage

Die Enquetekommission 6/1 hat am 14.10.2016 beschlossen, die inhaltliche Aufarbeitung vorhandener Gutachten und Prognosen, die thematischen Bezug zum Auftrag der Enquete-Kommission 6/1 haben, zu beauftragen.

Ziel ist, eine für die weitere Arbeit der EK 6/1 notwendige zusammenfassende und kompri-

mierte Darstellung bereits vorhandener Gutachten und Prognosen, gegliedert in die jeweili-gen Themenbereiche der Berichterstattungsgruppen, zu erhalten.

Ergebnis der Beauftragung soll sein, Handlungsempfehlungen, die sich aus bereits vorhan-denen Expertisen mit Bezug zum Auftrag der EK 6/1 seit dem Jahr 2001 ableiten lassen, möglichst bis Juli 2017 herauszuarbeiten.

Jede Berichterstattungsgruppe (mit Ausnahme der BEG 6) sollte bis zu fünf existierende

Gutachten und Prognosen auswählen. Eine Auswahl vorhandener Expertisen, die nicht Be-standteil der zur Verfügung gestellten Übersicht sind, ist möglich.

Im weiteren Verlauf ab dem Zeitpunkt og. Beschlussfassung teilten die Berichterstattungs-gruppen mit, welche jeweiligen Expertisen Teile des Gesamtuntersuchungsgegenstandes werden sollen.

Die vorgeschlagenen Expertisen sind der Anlage 1 zu diesem Antrag zu entnehmen.

Die EK 6/1 möge beschließen:

Die in der Anlage 1 aufgeführten Expertisen bilden sowohl inhaltlich als auch quantitativ den Gesamtuntersuchungsgegenstand. Es werden insgesamt 36 Expertisen zu untersuchen sein.

Die Intention, mit der die in der Anlage 1 aufgeführten vorhandenen Expertisen untersucht werden sollen, leitet sich aus dem Einsetzungsbeschluss zur EK 6/1 und deren Handlungs-auftrag ab.

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Landtag Brandenburg BEG 6 07.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

Vor diesem Hintergrund sind die in der Anlage 1 aufgeführten Expertisen gemäß fol-gender Aufgabenstellung zu untersuchen:

Die vorhandenen Expertisen sind zunächst dahingehend zu analysieren, ob die

Themenfelder und Unterthemen gemäß Anlage 2, die sich aus der Arbeitsweise der EK 6/1 ergeben, enthalten sind.

2. Daran anschließend sollen die herausgearbeiteten Inhalte zu den Themenfeldern und

Unterthemen anhand folgender Aufgabenstellung beleuchtet werden:

Welche themenbezogenen Handlungsempfehlungen und Schlussfolgerungen sind in den vorhandenen Expertisen formuliert?

Bei der Beantwortung dieser Fragestellung soll der Fokus insbesondere auf in den

Expertisen möglicherweise formulierten Handlungsempfehlungen und Schlussfolge-rungen hinsichtlich einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Entwicklung der länd-lichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels liegen.

Welche themenbezogenen Lösungsansätze, die Bezug zum ländlichen Raum sowie zum demografischen Wandel haben, werden in den vorhandenen Expertisen aufge-zeigt?

3. Die in den vorhandenen Expertisen enthaltenen Handlungsempfehlungen, Schluss-folgerungen und Lösungsansätze sind entsprechend der Gliederung der Themenfel-der und Unterthemen (Anlage 2) zusammenfassend aufzuführen.

(ly

Wolfgang Roick Henryk Wichmann Prof. Dr. Klaus Müller

Anlagen

(1) Übersicht zu untersuchender Expertisen

(2) Themenfelder der EK 6/1

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Landtag Brandenburg BEG 6 07.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

Anlage 1 zum Antrag von Mitgliedern der BEG 6

Vorgeschlagene Expertisen

Grundlage:

Beschluss EKvom 14.10.2016 - Beauftragung der Erstellung eines Gutachtens in Form einer zusammenfassenden und komprimierten Darstellung bereits vorhandener Gutachten und Prognosen mit thematischem Bezug zum Auftrag der EK 6/1

BEG 1

• MLUL (Hrsg.)

20 Jahre Dorfentwicklung und Dorfwettbewerb in Brandenburg, Erfolgreiche Dörfer stellen sich vor (Wettbewerb). 2011/2012

MLUL (Hrsg.)

Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum in Brandenburg und Berlin für die Förderperiode 2014 - 2020 (EPLR), 201412015

Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung /IASS Potsdam (Hrsg.)

Vielfalt statt Gleichwertigkeit - Was Bevölkerungsrückgang für die Versorgung ländlicher Regionen bedeutet, 2013

BMI / IfS Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik Berlin GmbH

Untersuchung zur Anpassung von Standards im Bereich der Daseinsvorsorge vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung

u.a. Regionale Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming

Hinterland: Ländliche Entwicklung bei schrumpfender Bevölkerung, 2008

Greiving, S., F. FIex u. Th. Terfrüchte

Vergleichende Untersuchung der Zentrale-Orte-Konzepte in den Ländern und Empfehlungen zu ihrer Weiterentwicklung. In: Raumforschung u. Raumordnung 73, S.285-297,2015

• Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO)

Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland, 2016

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Landtag Brandenburg BEG 6 07.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

BEG

. Gutachten der Enquete-Kommission 5/1: H. Klüter, U. Bastian

Gegenwärtige Strukturen und Entwicklungstendenzen in der Brandenburger Landwirtschaft im Ländervergleich. Endbericht, 2012

AFC Management Consulting AG

Tiefenanalyse Cluster Ernährungswirtschaft Brandenburg, 2012

. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Industrie 4.0 und die Folgen für Arbeitsmarkt und Wirtschaft, 2015

Institut für ökologische Wirtschaftsforschung

Wertschöpfung durch erneuerbare Energien auf Landes- und Bundesebene, 2015

p

ÖPNV / Nahversorgung

BMI

Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Mobilität in den ländlichen Räumen, 2010

BMVBS

Mobilitätssicherung in Zeiten des demografischen Wandels - Innovative Handlungsansätze und Praxisbeispiele aus ländlichen Räumen in Deutschland, 2012

BMVI

Langfristige Sicherung von Versorgung und Mobilität in ländlichen Räumen, 2014

BMVBS

Nahversorgung im ländlichen Raum, 2013

GL - Berlin/Brandenburg

Einzelhandelsnahversorgung - Gutachten zur Struktur und zur Verbesserung der Einzelhandelsnahversorgung in ausgewählten Mittelbereichen des Landes Brandenburg, 2012

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Landtag Brandenburg BEG 6 07.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

Breitbandausbau/ Kommunikation

Studie: Schnelles Internet in ländlichen Räumen im Vergleich(Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Schweiz, Südkorea, USA, Vereinigtes Königreich), nicht veröffentlicht

BMI / lT Planungsrat

Zukunftspfade - Digitales Deutschland 2020, 2013

BMVI

Erfolgreiche bzw. Erfolg versprechende Investitionsprojekte in Hochleistungsnetze in suburbanen und ländlichen Gebieten, 2014

Fraunhofer FOKUS

Netzinfrastrukturen für die Gigabitgesel Ischaft, 2016

Siedlungswasserwirtschaft / Abfallwirtschaft

. UBA - Umwelt Bundesamt

Demografischer Wandel als Herausforderung für die Sicherung und Entwicklung einer kosten- und ressourceneffizienten Abwasserinfrastruktur, 2011

BMI

Auswirkungen des demografischen Wandels auf die technische Infrastruktur von Abfallentsorgung, Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung in den ländlichen Regionen in den neuen Bundesländern, 2010

. Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung

Vielfalt statt Gleichwertigkeit - Was Bevölkerungsrückgang für die Versorgung ländlicher Regionen bedeutet, 2013

NIE- MM

Untersuchung zur Anpassung von Standards im Bereich der Daseinsvorsorge vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, 2014

BMVI

Anpassungsstrategien zur regionalen Daseinsvorsorge, 2015

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Landtaa Brandenbura BEG 6 07.032017

Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

BEG 4

. Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung

Die demografische Lage der Nation - Was freiwilliges Engagement für die Region leistet, 2011

. IFS Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik

Untersuchung zur Anpassung von Standards im Bereich der Daseinsvorsorge vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, 2014

Bundesinstitut für Bau-,Stadt-und Raumforschung

Bildung, Gesundheit, Pflege - Auswirkungen des demografischen Wandels auf die soziale Infrastruktur, 2011

. MASGF

Brandenburger Fachkräftestudie Pflege, 2013

Rambol Management

Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Organisation der Schulbildung in den ländlichen Räumen, 2010

BEG

MdF

Finanzwissenschaftliches Gutachten zur Fortschreibung des Kommunalen Finanzausgleichs in Brandenburg, 2012

• MdF

Begutachtung des kommunalen Finanzausgleichs in Brandenburg, 2015

• Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Mobilisierung in Zeiten des demografischen Wandels. Innovative Handlungsansätze und Praxisbeispiele aus ländlichen Räumen in Deutschland, 2012

• Deutsche Gesellschaft für Demografie

Vom demografischen Wandel besonders betroffene Regionen. Ein wichtiges Thema im Kontext der Demografiestrategie, 2013

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Landtag Brandenburg BEG 6

07.03.2017 Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

MASGF

Untersuchung der Beratungsinfrastruktur im sozialen Bereich im Land Brandenburg, 2012

• Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Johann Heinrich von Thünen-Institut:

Regionale Schrumpfung - Handlungsspielräume zur langfristigen Sicherung gesellschaftlicher Teilhabe schaffen und nutzen, 2012

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Landtaci BrandenburQ BEG 6 07.03.2017

Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

Anlage 2 zum Antrag von Mitgliedern der BEG 6

1. Planungsrecht und Siedlungsstrukturentwicklung

1.1. Die Landes-, Regional-, Siedlungs- und Wohnraumentwicklung

1.2. Ländliche Entwicklung und Stadt-Umland-Beziehung 1.3. Grundversorgung 1.4. Die Beteiligungsmöglichkeiten von Bürgern und Kommunen an den Strukturentwick-

lungsprozessen werden geprüft.

2. Regionale Wertschöpfung und Beschäftigung

2.1. Landwirtschaft und nachhaltige Landnutzung

2.2. Energie und Umwelt 2.3. Wirtschaft, kleine und mittlere Unternehmen, Handwerk, Tourismus, Energie und der

Strukturwandel in der Lausitz 2.4. Arbeitsmarkt, Fachkräftesicherung und die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen

3. Daseinsvorsorge Teil 1: Digitale und technische Infrastruktur und Dienstleistun gen, Mobilität

3.1. ÖPNV / Nahversorgung

3.2. Straßen- und Schienennetz 3.3. Wasser und Abwasser, Abfallentsorgung

3.4. Breitbandausbau und Kommunikation

4. Daseinsvorsorge Teil 2: Soziale Infrastruktur und Dienstleistungen

4.1. Ältere Menschen in der Gesellschaft, Gesundheitsvorsorge, medizinische Versor

gung und Pflege 4.2. Familie, Kinder und junge Menschen

4.3. Kinderbetreuung und Schulversorgung 4.4. Bildung und Wissenschaft

5. Gesellschaftliche und politische Teilhabe

5.1. Partizipation und lokale Demokratie 5.2. Generationen- und geschlechterübergreifende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

5.3. Förderung und Stärkung von bürgerschaftlichen Engagement und Ehrenamt

5.4. Förderung regionaler Identität

5.5. Freizeit, Sport und Kultur

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5.6. Brand- und Katastrophenschutz 5.7. Zuwanderung und Integration

6. Querschnittsthemen / Schlussfolgerungen / Zwischen- und Abschlussbericht

6.1. Querschnittsthemen (demografische Entwicklung bis zum Jahr 2050, die Entwick-

lung von ländlichen Regionen insgesamt, die Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Brandenburg, Demografie, Finanzen etc.)

6.2. Meinungsumfragen 6.3. Vernetzung der Themenfelder und Ideen 6.4. Zwischenbericht

6.5. Abschlussbericht

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 Anlage 08

Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Anlage 8: Antrag von Mitgliedern der Berichterstattungsgruppe 5 zu Thesen aus der Diskussion der 14. Sitzung in Trebnitz (TOP 7)

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Antrag der Mitglieder der BEG 5 auf Einleitung des Beteiligungsverfahrens auf dem Dialogportal der EK 6/1 für die Thesen zur „Einbindung und Einbringung der jungen Generation bei Entscheidungen zur Entwicklung im ländlichen Raum

Thesen aus der Diskussion in Trebnitz

„Einbindung und Einbringung der jungen Generation bei

Entscheidungen zur Entwicklung im ländlichen Raum"

Land und Kommunen leisten schon viel, um die Beteiligung von Jugendlichen auch im ländlichen

Raum zu ermöglichen. Erfahrungen wurden aufgezeigt und gewürdigt. Um Jugendbeteiligung vor

dem Hintergrund des demographischen Wandels auch in Zukunft zu ermöglichen und weiter

auszubauen, hat die Enquetekommission auf ihrer Sitzung am 17.02.2017 Erfahrungen und

Vorschläge in erste Thesen gefasst:

Grundlagen guter Kinder- und Jugendbeteiligung

• Die Jugendbeteiligung im ländlichen Raum muss gestärkt werden: In einer immer

älter werdenden Gesellschaft brauchen wir die Zukunftsideen der Jugend. Wer

mitreden darf, bleibt seinem/ihrem Ort eher verbunden.

• Dass Jugendliche ihre eigene Region als lebenswert erfahren, ist Voraussetzung für

Beteiligung. Land und Kommunen müssen daher Kindern und Jugendlichen ausreichend

Möglichkeiten für Bildung, Freizeitgestaltung und Beteiligung vor Ort bieten.

• Bloße Scheinbeteiligung ist schädlich, Jugendliche sollten anspruchsvolle Aufgaben und

Verantwortung übertragen bekommen.

• Der Aufbau von Jugendbeteiligung braucht Zeit und Geduld.

• Das Projekt der Demokratiewerkstätten zeigt: Um Jugendliche für Konzepte der

Jugendbeteiligung begeistern zu können und Berührungsängste mit politischen Prozessen

zu verlieren, müssen alternative Formate und neue Medien genutzt werden.

• Die Vergabe der Landesgartenschau in Wittstock hat gezeigt, dass Jugendbeteiligung ein

Standortvorteil sein kann. Kommunen sollten in eine dauerhaft gelebte Jugendbeteiligung

investieren.

• Ein gutes Beispiel für die Unterstützung von Jugendbeteiligung ist die Hilfe durch

Schulsozialarbeiter aller Schulen einer Gemeinde. Das zeigt: Damit Jugendbeteiligung

dauerhaft gut funktioniert, muss sie auf viele Schultern verteilt werden.

• Erfahrungen haben bezeigt: Jugendliche wechseln ca. alle 3 - 4 Jahre in einen neuen

Lebensabschnitt, langfristiges, kontinuierliches Engagement ist kaum möglich. Dies muss in

kommunaler Arbeit berücksichtigt werden, engagierte Jugendliche müssen frühzeitig

einbezogen werden.

• Im ländlichen Raum gibt es objektive Hürden, die die Beteiligung von Jugendlichen

behindern. Dazu gehören Einschränkungen der Mobilität (gerade auch außerhalb der

Schulzeiten), mangelnde Breitbandversorgung etc. - diese Hürden müssen schnellstmöglich

abgebaut werden.

1

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Antrag der Mitglieder der BEG 5 auf Einleitung des Beteiligungsverfahrens auf dem Dialogportal der EK 6/1 für die Thesen zur Einbindung und Einbringung der jungen Generation bei Entscheidungen zur Entwicklung im ländlichen Raum"

Empfehlungen an das Land und die Kommunen, um die Jugendbeteiligung zu

erhalten und auszubauen

1. Die Jugendbildungsarbeit sollte gestärkt werden, denn Bildung ist eine wichtige

Voraussetzung für Beteiligung und politisches Engagement.

2. Um Jugendliche an demokratische Prozesse heranzuführen, sollten ihnen mehr Rechte in

der Kommunalverfassung eingeräumt werden - bspw. Rederecht in den Ausschüssen der

Gemeindevertretung.

3. Um Jugendliche an demokratische Prozesse heranzuführen, haben auch die Kommunen

eine große Verantwortung. Deshalb ist es wichtig, die Beteiligung von Organisationen und

Initiativen Jugendlicher in der Gemeindevertretung zu organisieren. Instrumente wären die

Hauptsatzung und Geschäftsordnung.

4. Gute Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche (z. B. in Dorf- oder

Stadtentwicklungswerkstätten) brauchen finanzielle Unterstützung.

5. Die Fachstelle Kinder- und Jugendbeteiligung plädiert für niedrigschwellige

Mikroprojektfördermittel, um Ansätze in der gesellschaftlichen Kinder- und

Jugendbeteiligung in kleinen Dörfern und Ortsteilen zu stärken.

6. Eine Kinder- und Jugendbeauftragte oder ein Kinder- und Jugendbeauftragter der

Landesregierung könnte die Rechte der jungen Menschen stärken. Solche Beauftragte

wirken in Kommunen wie Senftenberg schon längere Zeit erfolgreich.

7. Der Landesjugendring hat eine Jugendstrategie für Brandenburg vorgeschlagen, die auch

Beteiligungsmöglichkeiten im ländlichen Raum beinhaltet. Für die Erarbeitung sollte

eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe eingerichtet werden. Dieser Vorschlag sollte

geprüft werden.

8. Das Land sollte überprüfen, ob Jugendarbeit weiterhin eine nur freiwillige Aufgabe ist.

9. Eine gute finanzielle Ausstattung der Kommunen ist wichtige Voraussetzung für

Betätigungsmöglichkeiten und Engagement Jugendlicher vor Ort.

10. Um Belange der Jugend entsprechend zu vertreten, sollten nicht nur Trägereinrichtungen

der Jugendhilfe, sondern auch Jugendorganisationen in den Jugendhilfeausschüssen mit

Sitz und Stimmrecht vertreten sein.

1 -/tn

Benfamin Raschke Simona Kaf

Dr. Michael Thomas

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Landtag Brandenburg P-EK 1- 6/15 Anlage 09

Enquete-Kommission 6/1 10.03.2017 15. öffentliche Sitzung Stenogr. Dienst-otto-dun-sto

Anlage 9: Geänderte Thesen aus der Diskussion der 14. Sitzung in Trebnitz (TOP 7)

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Landtag Brandenburg 10.03.2017

Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

Geänderte Thesen aus der Diskussion in Trebnitz „Einbindung und Einbringung der jungen Generation bei Entscheidungen zur Entwicklung im ländlichen Raum“

Land und Kommunen leisten schon viel, um die Beteiligung von Jugendlichen auch im ländlichen Raum zu ermöglichen. Erfahrungen wurden aufgezeigt und gewürdigt. Um Jugendbeteiligung vor dem Hintergrund des demographischen Wandels auch in Zukunft zu ermöglichen und weiter auszubauen, hat die Enquetekommission auf ihrer Sitzung am 17.02.2017 Erfahrungen und Vorschläge in erste Thesen gefasst:

Grundlagen guter Kinder- und Jugendbeteiligung

• Die Jugendbeteiligung im ländlichen Raum muss gestärkt werden: In einer immer älter werdenden Gesellschaft brauchen wir die Zukunftsideen der Jugend. Wer mitreden darf, bleibt seinem/ihrem Ort eher verbunden.

• Dass Jugendliche ihre eigene Region als lebenswert erfahren, ist Voraussetzung für Beteiligung. Land und Kommunen müssen daher Kindern und Jugendlichen ausreichend Möglichkeiten für Bildung, Freizeitgestaltung und Beteiligung vor Ort bieten.

• Bloße Scheinbeteiligung ist schädlich, Jugendliche sollten anspruchsvolle Aufgaben und Verantwortung übertragen bekommen.

• Der Aufbau von Jugendbeteiligung braucht Zeit und Geduld.

• Das Projekt der Demokratiewerkstätten zeigt: Um Jugendliche für Konzepte der Jugendbeteiligung begeistern zu können und Berührungsängste mit politischen Prozessen zu verlieren, müssen alternative Formate und neue Medien genutzt werden.

• Die Vergabe der Landesgartenschau in Wittstock hat gezeigt, dass Jugendbeteiligung ein Standortvorteil sein kann. Kommunen sollten in eine dauerhaft gelebte Jugendbeteiligung investieren.

• Ein gutes Beispiel für die Unterstützung von Jugendbeteiligung ist die Hilfe durch Schulsozialarbeiter aller Schulen einer Gemeinde. Das zeigt: Damit Jugendbeteiligung dauerhaft gut funktioniert, muss sie auf viele Schultern verteilt werden.

• Erfahrungen haben bezeigt: Jugendliche wechseln ca. alle 3 – 4 Jahre in einen neuen Lebensabschnitt, langfristiges, kontinuierliches Engagement ist kaum möglich. Dies muss in kommunaler Arbeit berücksichtigt werden, engagierte Jugendliche müssen frühzeitig einbezogen werden.

• Im ländlichen Raum gibt es objektive Hürden, die die Beteiligung von Jugendlichen behindern. Dazu gehören Einschränkungen der Mobilität (gerade auch außerhalb der Schulzeiten), mangelnde Breitbandversorgung etc. – diese Hürden müssen schnellstmöglich abgebaut werden.

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Landtag Brandenburg 10.03.2017

Enquete-Kommission 6/1 Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

Empfehlungen an das Land und die Kommunen, um die Jugendbeteiligung zu erhalten und auszubauen

1. Die Jugendbildungsarbeit sollte gestärkt werden, denn Bildung ist eine wichtige Voraussetzung für Beteiligung und politisches Engagement.

2. Um Jugendliche an demokratische Prozesse heranzuführen, sollten ihnen mehr Rechte in der Kommunalverfassung eingeräumt werden – bspw. Rederecht in den Ausschüssen der Gemeindevertretung.

3. Um Jugendliche an demokratische Prozesse heranzuführen, haben auch die Kommunen eine große Verantwortung. Deshalb ist es wichtig, die Beteiligung von Organisationen und Initiativen Jugendlicher in der Gemeindevertretung zu organisieren. Instrumente wären die Hauptsatzung und Geschäftsordnung.

4. Gute Beteiligungsmöglichkeiten für Jugendliche (z.B. in Dorf- oder Stadtentwicklungswerkstätten) brauchen finanzielle Unterstützung.

5. Die Fachstelle Kinder- und Jugendbeteiligung plädiert für niedrigschwellige Mikroprojektfördermittel, um Ansätze in der gesellschaftlichen Kinder- und Jugendbeteiligung in kleinen Dörfern und Ortsteilen zu stärken.

6. Eine Kinder- und Jugendbeauftragte oder ein Kinder- und Jugendbeauftragter der Landesregierung könnte die Rechte der jungen Menschen stärken. Solche Beauftragte wirken in Kommunen wie Senftenberg schon längere Zeit erfolgreich.

7. Der Landesjugendring hat eine Jugendstrategie für Brandenburg vorgeschlagen, die auch Beteiligungsmöglichkeiten im ländlichen Raum beinhaltet. Für die Erarbeitung sollte eine ressort- und fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe eingerichtet werden. Dieser Vorschlag sollte geprüft werden.

8. Das Land sollte überprüfen, ob Jugendarbeit weiterhin eine nur freiwillige Aufgabe ist.

9. Eine gute finanzielle Ausstattung der Kommunen ist wichtige Voraussetzung für Betätigungsmöglichkeiten und Engagement Jugendlicher vor Ort.

10. Um Belange der Jugend entsprechend zu vertreten, sollten nicht nur Trägereinrichtungen der Jugendhilfe, sondern auch Jugendorganisationen in den Jugendhilfeausschüssen mit Sitz und Stimmrecht vertreten sein.