lebenszeit - Zeitung für Diskurs & Ethik am Lebensende - Ausgabe #5 - Vorsorge

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Zeitung für Diskurs & Ethik am Lebensende leben s zeit Ausgabe #5 Sommer und Herbst 2012 Mit Nachrichten aus dem Ricam Hospiz Liebe Leserin, lieber Leser, in der Ilias von Homer erfahren wir, wie Achill den sympathi- schen Hektor im Zweikampf besiegt. Im Sterben bittet Hek- tor Achill darum, ihn ordentlich bestatten zu lassen. Achill aber nimmt Rache für seinen Gefährten, Patroklos. Er schleift die Leiche Hektors 12 Tage lang um das Grab von Patroklos. Diese Tat galt selbst in der blutrünstigen Antike als Verbre- chen. Hektors Vater, Priamos, König von Troja, fleht nun den Mörder seines Sohnes um die Herausgabe des geschändeten Leichnams an. Zwei Trauernde, zwei Todfeinde stehen sich gegenüber. Der eine, ein alter Mann, der seinen Sohn verlo- ren hat. Der andere, ein Held, den die Trauer rasend macht. Priamos erweicht das Herz von Achill. Diese Szene gilt als die rührendste der gesamten antiken Literatur. Priamos darf sei- nen Sohn bestatten und während der Trauerzeit werden die Angriffe auf Troja ausgesetzt. In dieser Überlieferung drücken sich zwei menschliche Be- dürfnisse aus. Zum einen die Sorge, dass auch dann, wenn ich keine Kontrolle mehr über den Lauf der Dinge habe, die letz- ten Wünsche respektiert werden und auch nach dem Tod al- les geregelt ist. Zum anderen das Bedürfnis der Hinterbliebe- nen um den Verstorbenen zu trauern. Trauer war das Thema der letzten Ausgabe. Nun lenken wir den Fokus auf die (Vor-) Sorge, dass die letzten Dinge hoffentlich geregelt sein mögen. Dazu gehört neben der wichtigen Vorsorgevollmacht, der Be- treuungs- und Patientenverfügung auch die Bestattungsvor- sorge. Selbst Unternehmen beschäftigen sich zunehmend mit dem Thema. Vorsorge lässt sich nicht im stillen Kämmerlein erledigen. Man muss seine Wünsche kundtun, sie mit seiner Familie be- sprechen. Damit stellt man zunächst einmal sicher, dass die Nachwelt weiß, wie man es gewollt hätte. Hektor hat seinen letzten Wunsch selbst seinem Feind kundgetan. Aber auch ohne Verbrechen kann es geschehen, nicht wie gewünscht bestattet zu werden. Von der Vorsorge weiß die Nachwelt oft nicht. Nicht selten werden die entscheidenden Dokumente erst dann gefunden, wenn es zu spät ist. Das ist nicht nur ein ethisches Problem. Denn immerhin haben die Verstorbenen zu Lebzeiten Verträge abgeschlossen und finanzielle Mittel dafür bereitgestellt, den eigenen Willen zu erfüllen, wenn es der betroffenen Person selbst nicht mehr möglich ist, ihn durchzusetzen. Wie man dieses Problem vermeidet, lesen Sie im Beitrag über Bestattungsvorsorge. Vorsorge ist ein Thema, das mitten in unsere gesellschaftliche Diskussion gehört und nicht nur in den Medien vorgetragen werden darf. Von dort muss es in die Wohnzimmer gelangen, um dann in den Gesprächen von Kindern und Eltern, Ehepart- nern und Lebensgefährten widerzuklingen. Ich wünsche Ihnen einen sonnigen Sommer und bitte Sie schon heute, vorsorglich zwei Termine zu notieren: den 13. und den 23. Oktober. Reservieren Sie sich Karten für den »Ball unter Sternen« und unterstützen Sie damit das Ricam Hos- piz. Und besuchen Sie die 15. Berliner Hospizwoche. Besonders empfehle ich Ihnen Frederike Freis preisgekröntes Buch auf der Bühne des Heimathafens. Maik Turni Chefredakteur der »lebenszeit« und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Ricam Hospizes Interview mit dem Präsidenten des VBKI, Markus Voigt Vorsorge - ein Thema für Unternehmen: Was tun, wenn Mitarbeiter Hilfe brauchen? Simon McDonald, Britischer Botschafter, über: Drei britische Frauen und ihre Botschaft in die Welt Illustration © Elke R. Steiner www.steinercomix.de Was Sie wissen sollten Achills Verbrechen Vorsorge Ball unter Sternen am 13.Oktober

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In der Sommer/Herbst-Ausgabe beschäftigen wir uns mit dem Thema Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Testament und Bestattungsvorsorge. Die "lebenszeit" ist eine Zeitung, die in Berlin erscheint und den Blick auf Themen wirft, die im Alltag oft ausgeblendet werden: Sterben, Tod und Trauer... Herausgegeben wird sie vom Ricam Hospiz, dem ersten stationären Hospiz Berlins, gegründet 1998 von Bürgern für Bürger.

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Zeitung für Diskurs & Ethik am Lebensende lebenszeit

Ausgabe #5 Sommer und Herbst 2012

MitNachrichtenaus dem

Ricam Hospiz

Liebe Leserin, lieber Leser,

in der Ilias von Homer erfahren wir, wie Achill den sympathi-schen Hektor im Zweikampf besiegt. Im Sterben bittet Hek-tor Achill darum, ihn ordentlich bestatten zu lassen. Achill aber nimmt Rache für seinen Gefährten, Patroklos. Er schleift die Leiche Hektors 12 Tage lang um das Grab von Patroklos. Diese Tat galt selbst in der blutrünstigen Antike als Verbre-chen. Hektors Vater, Priamos, König von Troja, fleht nun den Mörder seines Sohnes um die Herausgabe des geschändeten Leichnams an. Zwei Trauernde, zwei Todfeinde stehen sich gegenüber. Der eine, ein alter Mann, der seinen Sohn verlo-ren hat. Der andere, ein Held, den die Trauer rasend macht. Priamos erweicht das Herz von Achill. Diese Szene gilt als die rührendste der gesamten antiken Literatur. Priamos darf sei-nen Sohn bestatten und während der Trauerzeit werden die Angriffe auf Troja ausgesetzt.In dieser Überlieferung drücken sich zwei menschliche Be-dürfnisse aus. Zum einen die Sorge, dass auch dann, wenn ich keine Kontrolle mehr über den Lauf der Dinge habe, die letz-

ten Wünsche respektiert werden und auch nach dem Tod al-les geregelt ist. Zum anderen das Bedürfnis der Hinterbliebe-nen um den Verstorbenen zu trauern. Trauer war das Thema der letzten Ausgabe. Nun lenken wir den Fokus auf die (Vor-)Sorge, dass die letzten Dinge hoffentlich geregelt sein mögen. Dazu gehört neben der wichtigen Vorsorgevollmacht, der Be-treuungs- und Patientenverfügung auch die Bestattungsvor-sorge. Selbst Unternehmen beschäftigen sich zunehmend mit dem Thema.Vorsorge lässt sich nicht im stillen Kämmerlein erledigen. Man muss seine Wünsche kundtun, sie mit seiner Familie be-sprechen. Damit stellt man zunächst einmal sicher, dass die Nachwelt weiß, wie man es gewollt hätte. Hektor hat seinen letzten Wunsch selbst seinem Feind kundgetan. Aber auch ohne Verbrechen kann es geschehen, nicht wie gewünscht bestattet zu werden. Von der Vorsorge weiß die Nachwelt oft nicht. Nicht selten werden die entscheidenden Dokumente erst dann gefunden, wenn es zu spät ist. Das ist nicht nur ein ethisches Problem. Denn immerhin haben die Verstorbenen zu Lebzeiten Verträge abgeschlossen und finanzielle Mittel

dafür bereitgestellt, den eigenen Willen zu erfüllen, wenn es der betroffenen Person selbst nicht mehr möglich ist, ihn durchzusetzen. Wie man dieses Problem vermeidet, lesen Sie im Beitrag über Bestattungsvorsorge.Vorsorge ist ein Thema, das mitten in unsere gesellschaftliche Diskussion gehört und nicht nur in den Medien vorgetragen werden darf. Von dort muss es in die Wohnzimmer gelangen, um dann in den Gesprächen von Kindern und Eltern, Ehepart-nern und Lebensgefährten widerzuklingen.Ich wünsche Ihnen einen sonnigen Sommer und bitte Sie schon heute, vorsorglich zwei Termine zu notieren: den 13. und den 23. Oktober. Reservieren Sie sich Karten für den »Ball unter Sternen« und unterstützen Sie damit das Ricam Hos-piz. Und besuchen Sie die 15. Berliner Hospizwoche. Besonders empfehle ich Ihnen Frederike Freis preisgekröntes Buch auf der Bühne des Heimathafens.

Maik TurniChefredakteur der »lebenszeit« und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Ricam Hospizes

Interview mit dem Präsidenten des VBKI, Markus VoigtVorsorge - ein Thema für Unternehmen:Was tun, wenn Mitarbeiter Hilfe brauchen?

Simon McDonald, Britischer Botschafter, über:Drei britische Frauen und ihre Botschaft in die Welt

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Was Sie wissen sollten

Achills Verbrechen

Vorsorge

Ball unter Sternen am 13.Oktober

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02 lebenszeit Ausgabe #5 Sommer und Herbst 2012Stiftung

von Simon McDonald

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

herzlichen Glückwunsch zur Gründung der Stiftung! Die Stiftung wird die Arbeit des ersten stationären Hospizes in Berlin sichern. Sie wird helfen, die Betreuung von Patienten und Familien voranzubringen. Und sie wird Motivation für Bürger sein, schwerstkranken Menschen Zeit oder Geld zur Verfügung zu stellen. Als britischen Botschafter freut mich dies besonders. Groß-britannien hat zu den wichtigsten Entwicklungen im Ge-sundheitswesen entscheidend beigetragen. Ich will drei historische Stationen nennen, die in der Hospizbewegung gipfeln. Bei allen steht eine britische Frau im Mittelpunkt.

Die Modernisierung der Krankenpflege im 19. Jahrhundert. ist untrennbar mit Florence Nightingale verbunden. Florence Nightingale emanzipierte die Krankenpflege gegenüber der Medizin. Sie reformierte die britische Gesundheitsfürsorge. Sie verschaffte der Pflege gesellschaftliche Anerkennung. Und sie entwickelte ein professionelles System für die Aus-bildung von Pflegekräften. Florence Nightingale hatte be-sondere Beziehungen zu Deutschland. Sie war eng mit dem preußischen Botschafter in London, Christian von Bunsen, befreundet. Er ermutigte sie, ihr Leben der Krankenpflege zu widmen. Er selbst beteiligte sich an der Gründung eines der ersten modernen Krankenhäuser in London. Das Haus beein-druckte sie. Sie besuchte auch die Kaiserswerther Diakonie in Düsseldorf, das erste Diakonissenhaus in Deutschland. Sie lobte es als ein Vorbild für Großbritannien. Seit ihrem Einsatz für Verwundete im Krimkrieg war Florence Nightingale selbst chronisch krank. Ihre Mobilität war ein-geschränkt. Sie konzentrierte sich deshalb auf das Sammeln und die Analyse von Pflegestatistiken. Dank ihrer Vorarbei-ten entwickelte sich in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahr-hunderts eine moderne Pflegewissenschaft. Theorien und Forschungen zur Kranken-, Alten- und Heilerziehungspflege entstanden.

Die britische Pflegewissenschaftlerin Nancy Roper entwickel-te in den 1970er Jahren in Edinburgh eine einflussreiche Pfle-getheorie. Bis heute wird diese in der Praxis angewandt. Ihr „Modell des Lebens“ betrachtet den Menschen ganzheitlich und nicht nur beschränkt auf dessen Erkrankung. Die von Flo-rence Nightingale angestoßene und von Nancy Roper weiter entwickelte Modernisierung der Pflege führten letztlich zur Hospizbewegung. Die britische Krankenpflegerin und Ärztin

Cicely Saunders ist deren Gründerin. Sie wurde an der von Nightingale gegründeten School of Nursing am King’s Col-lege London ausgebildet.

Cicely Saunders war davon überzeugt, dass Sterbende und deren Familien begleitet werden müssen. Medizinisch und psychologisch. Grund für ihre Überzeugungen war der medi-zinische Fortschritt, vor allem die Möglichkeiten der Lebens-verlängerung. Viele Menschen in der westlichen Welt starben nun nicht mehr zu Hause, sondern im Krankenhaus. Tod wur-de tabuisiert und Sterbende alleine gelassen. Saunders woll-te wieder auf die Bedürfnisse der Sterbenden eingehen. 1967 gründete Saunders das weltweit erste moderne Hospiz, das St Christopher’s Hospice in London. Es gehört heute zu den größten Einrichtungen der Palliativmedizin. Mich freut sehr, dass heute abend dessen ärztlicher Leiter, Dr Nigel Sy-kes, anwesend ist. Nach dem Vorbild von St Christopher’s gibt es heute weltweit über 8.000 Hospize, davon 220 in Groß-britannien, 180 in Deutschland. Es werden immer mehr. Ci-cely Saunders, Florence Nightingale und Nancy Roper, drei britische Frauen, die für drei wichtige Entwicklungen im Ge-sundheitswesen stehen. Ihr Erbe beeinflusst bis heute die Krankenpflege, die Hospiz- und die Palliativbewegung. Alle drei waren zunächst Krankenpflegerinnen, alle drei stamm-ten aus der Mitte der Bevölkerung. Sie stehen damit für zwei Komponenten der Krankenpflege, die sich hervorragend er-gänzen:Einerseits bürgerliches Engagement. Über 100 ehrenamt-liche Mitarbeiter unterstützen das Ricam Hospiz; im St Christopher‘s Hospice London sind es mehr als 1000. Anderer-seits Professionalität, in der Forschung und in der Lehre. Das Ricam Hospiz hat ein Seminarzentrum, das Fachpersonal und Öffentlichkeit Weiterbildungen anbietet. St. Christopher‘s führt die weltweit größte akademische Studie zu Depression durch. Als britischen Botschafter in Deutschland freuen mich die engen Verbindungen zwischen dem Ricam Hospiz und dem St Christopher’s Hospice. Mich freut es auch besonders, dass eine führende deutsche Palliativmedizinerin, Dr. Claudia Bau-sewein, am Cicely Saunders Institut des King‘s College forscht und lehrt. Das britische Außenministerium hat sie letztes Jahr für einen Film interviewt, in dem wir Menschen vorstel-len, die nach Großbritannien kamen, um dort zu leben oder zu arbeiten.

Ich wünsche der Stiftung eine erfolgreiche Zukunft.

Sie ist die erste Stiftung in Berlin, die aus dem Engagement für ein Hospiz heraus gegründet wurde - die Ricam Hospiz Stiftung. Am 20. April wurde

ihre Gründung gefeiert. Vor 150 Gästen gratulierten die Vorsitzende des Hospiz- und PalliativVerbandes, Dr. Birgit Weihrauch, der ärztliche Leiter des St.

Christopher`s Hospice, Dr. Nigel Sykes und der Britische Botschafter in Deutschland , Simon McDonald den Stiftern. Denn die Hospizbewegung ist auch

eine britische Botschaft in die Welt.

Das Vermächtnis dreier Britinnen

lebenszeit - Zeitung für Diskurs & Ethik am LebensendeHerausgeberRicam gemeinnützige Gesellschaft für Lebenshilfe und Sterbebegleitung mbHGeschäftsführung: Dorothea BeckerDelbrückstraße 22 12051 BerlinTel: 030-6288800 www.ricam-hospiz.deGrafik und Redaktion Maik Turni (verantw.)Redaktionelle Mitarbeit Sarah ZolloLektorat Dieter ZahnDruck Axel Springer AG, Druckhaus Spandau www.axelspringer.de/druckhaus-spandauAuflage 2.500Spendenkonto GLS Gemeinschaftsbank eGBLZ 430 609 67 Kto 44004901Bildnachweis soweit nicht anders angegeben © Ricam HospizTitelseiteDie Titel-Illustration stammt von Elke R. Steiner. Erstveröffentlichung: Deutsches Ärzteblatt Nr. 6/2010Elke R. Steiner lebt als Comiczeichnerin und Illustratorin in Berlin. Aufgewachsen in Bremen, studierte sie an der Kunstakademie sowie an der Fachhochschule Münster/ Westfalen und nahm an internationalen Comicsemina-ren in Erlangen und Luzern teil. Sie hat mehrere Bücher veröffentlicht und ihre Comics im In- und Ausland aus-gestellt. Gelegentlich gibt sie ihre Erfahrungen in Comic-Workshops weiter. Seit 2004 fühlt sie sich dem Ricam Hospiz verbunden. www.steinercomix.de

impressum

Nach seiner Rede legte der Britische Botschafter mit der Gründerin des Hospizes, Dorothea Becker, einen symboli-

schen Grundstein für die Stiftung Alle Fotos: © Cathrin Bach - Konzept und Bild

Gremienmitglieder der Stiftung mit den Festrednern. v.l.n.r. :Gert Behrens, Dr. Birgit Weihrauch, Dr. Ellis Huber, Heinz Buschkowsky, Werner Landwehr,

Johannes Schlachter, Dorothea Becker, Simon McDonald, Maria Feuerstein-Peter, Dr. Nigel Sykes, Dirk Josef Thiesen, Axel Schnauck und Maik Turni

Dr. Birgit Weihrauch (l), Vorsitzende des DHPV und der Britische Botschafter mit Dorothea Becker,

der Gründerin und Geschäftsführerin des Ricam Hospizes

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Ausgabe #5 Sommer und Herbst 2012 03lebenszeit

Unsterbl.ich90 Minuten zum Totlachen Fredericke Freis preisgekröntes Buch auf der Bühne

Heimathafen Neukölln Karl-Marx-Straße 141 12043 Berlin

„unpathetisch poetisch“ – Hamburger Rundschau „Furioser Monolog“ – Die Welt Foto: © Judith Gaida

23. Oktober 2012Karten: 8,- / 5,- VorverkaufKarten-Telefon 030. 61 10 13 1315. Berliner Hospizwoche - www.hospizwoche.de

In der Regel führt die meisten Menschen erst ein Todesfall in der Familie zu einem Bestatter. „Es kommt oft vor, dass mir ein trauernder Witwer gegenübersitzt und nicht sagen kann, ob seine Frau eine Erd- einer Feuerbestattung vorgezogen hätte, selbst nach über 50 Jahren Ehe“, sagt der Bestatter Marco Priedl von Christian Peter Bestattungen GmbH, einem traditionsreichen Familienunternehmen in der Neuköllner

Hermannstraße. Zahlreiche Papiere sind erforderlich, bevor jemand seine letzte Ruhe finden darf. War der Verstorbene geschieden, muss beispielsweise neben der Heiratsurkunde auch eine Scheidungsurkunde mit Rechtskraft vorgelegt wer-den. Eine bürokratische Lawine rollt auf viele Trauernde zu. Dieses Erlebnis und die damit verbundene Hilflosigkeit ist für Hinterbliebene oft der Anlass dafür, ihre eigene Bestattung zu regeln, um später die Nachwelt nicht mit ungeklärten Fra-gen zu belasten. Einige erkennen bereits durch die Berichte von Hinterbliebenen die Notwendigkeit der Bestattungsvor-sorge, schieben das Thema aber auf die lange Bank. Denn der Weg zu einem Bestattungsinstitut ist naturgemäß für die meisten Menschen nicht einfach. „Wenn jemand zu uns kommt, um seine Bestattung vorsorglich zu regeln, gehen wir mit ihm jedes Detail durch, als handle es sich um einen aktu-ellen Sterbefall“, erklärt Priedl. Dabei ist die erste Frage: Was soll nach dem Tod mit dem Körper geschehen? Neben religi-ösen und weltanschaulichen Wertvorstellungen ist das für die meisten erst einmal eine Kostenfrage. Aus Platzgründen bieten Friedhöfe seit Jahren anonyme Grabfelder an und ent-sprechen dabei dem Zeitgeist. Der Vorteil, den die meisten sehen: Den Hinterbliebenen wird nicht die Grabpflege auf-gebürdet. Zudem ist diese Form vergleichsweise preiswert. Auch Hinterbliebene wählen zunächst oft diese Form für die Verstorbenen, die nichts festgelegt haben. Doch nicht weni-ge ändern in letzter Minute ihre Meinung. „Ich brauche einen Fleck, wo ich in Ruhe bei ihr sein kann. “ Das hört Priedl im-

mer häufiger. Ob der Trend zur Anonymität aber beendet ist, werden erst die nächsten Jahre zeigen. Die breite Palette der Bestattungskultur reicht mittlerweile von Ruhegemeinschaf-ten über Friedwälder, in denen Familien ihren eigenen Baum kaufen, um den herum die Asche verteilt wird, bis hin zur Pressung der Asche zur edlen Basis des Lebens: Kohlenstoff als Diamant. Die Rückkehr zu einer individuellen Abschieds-

und Trauerkultur scheint sich anzukündigen.Neben der Frage der Bestattungsform spielen die Kosten eine wesentliche Rolle. Zwei Fragen treten dabei auf: Wie kann ich sicher sein, dass das Geld, das ich hinterlege oder einzahle, tatsächlich später noch vorhanden ist, um meine Bestattung zu finanzieren? Und wie erfahren die verantwortlichen Per-sonen von meiner Bestattungsvorsorge? Eine vielverspre-chende Lösung hat der Bundesverband Deutscher Bestatter und das Kuratorium Deutsche Bestattungskultur gefunden. Unabhängig von einem einzelnen Bestattungsunternehmen werden hier zwei Säulen der Bestattungsvorsorge angebo-ten: Treuhandeinlagen und die Sterbegeldversicherung. Ent-weder legt man bereits zu Lebzeiten Geld für seine Bestat-tung zurück auf ein zweckgebundenes Treuhandkonto, oder man schließt eine Sterbegeldversicherung ab. Welche Option man wählt, hängt von den jeweiligen eigenen finanziellen Mitteln ab. Ist bereits genug Kapital vorhanden, kann dieses Geld als Einlage bei der Deutschen Bestattungsvorsorge Treu-hand AG angelegt werden. Aber auch monatliche Teilbeträge sind hier möglich. Der Betrag wird zum einen besser verzinst und außerdem steht der Vorsorgebetrag auch dann zur Ver-fügung, wenn das beauftragte Bestattungsunternehmen nicht mehr bestehen sollte oder Leistungen des Sozialamtes den Lebensunterhalt stützen. Zudem ist das Geld durch eine Ausfallbürgschaft einer deutschen Sparkasse geschützt.

Fortsetzung auf Seite 4

THEMA

Wie gehe ich von dieser Welt?

Ein rotbackiger Apfel rollt über den Bürgersteig, springt auf die Straße. Die Fahrertür der dunklen Limousine steht of-fen. Der Chauffeur wuchtet einen Wäschekorb voller roter und gelber Äpfel auf das Klinkerpflaster vor dem Gebäude. Die riesigen Glastüren im Empfangsbereich schwingen au-tomatisch auf, zwei Frauen stürzen lachend auf den Mann zu. Begrüßen ihn herzlich, begutachten die Äpfel mit kleinen Ausrufen der Begeisterung. Jäh wird der Plausch unterbro-chen. Stimmen von drinnen rufen nach den Frauen. Winkend packen sie den Korb, schleppen ihn hinein.Der Ort des Geschehens? Was wie ein modernes Landhotel anmutet, ist das LOROS, das Hospiz der Universitätsstadt Lei-cester, in Mittelengland. Ein heller Gebäudekomplex, einge-schossig, im Rund um einen Innenpark mit Grünflächen und Goldfischteich angelegt. Viel Glas, helle Mauersteine, Holz. Aufgeregt stehe ich an diesem klaren, windigen September-mittag mit meiner Schwester hier. Gleich sollen wir von der Koordinatorin zum Gespräch empfangen werden. Fast wäre dieser Termin nicht zu Stande gekommen. Mrs Chapman hät-te zu viel zu tun, sorry, ein andermal vielleicht? Das Café im Hause sei aber jederzeit für Besucher offen, Kaffee und Tee gratis.Der Türöffner war das »Ehrenamt«, als man erfuhr, dass eine »Volunteer“, eine Ehrenamtliche, aus einem Hospiz in Berlin, die gerade zu einem Kurzbesuch in Leicester sei, um das Ge-spräch bitte. Wie von selbst gingen die Türen auf. Gern würde sie die „Kollegin“ aus Deutschland treffen.

Und dann treten wir ein. Am Empfangstresen die beiden Da-men, die gerade die Apfelspende ins Haus getragen haben. Liebenswürdige Begrüßung. Jeder Besucher trägt sich in ein Besucherbuch ein. Die Bitte um Handhygiene ist nachdrück-lich. Gleich darauf ist sie da, Mrs Chapman. Oder: Beryl. Denn wie immer geht man sehr schnell zu Vornamen über. Mit-telgroß, Mitte vierzig, rundlich, lebhaft, überaus zugewandt. Auf ihre Frage berichte ich vom Ricam Hospiz, meiner Aus-bildungsstätte als „volunteer“. Sie hört genau zu, stellt Fra-gen. Ja, die ambulante Begleitung sei im LOROS noch kein Schwerpunkt. Bisher gebe es 14 Ehrenamtliche, die im „sit-ting service“ arbeiteten.Dann führt sie uns herum. Erzählt von 30 Jahren LOROS, der gänzlich anderen Struktur: Das große Haus, mit 31 Ein-Bett-Apartments, finanziert sich zu über 65 % durch Spenden und die Mitarbeit von Ehrenamtlichen. Nur 35 % übernimmt der Staat. So koordiniert Mrs Chapman 273 Ehrenamtliche, die zwischen drei und 7 Stunden pro Woche mitarbeiten. „Hallo, John, just a moment. Dies ist Dorothy, volunteer aus Deutschland. Erzähl ihr doch grad, was Du so für das LOROS tust!« Immer wieder hält sie während unseres Rundgangs ir-gendjemanden an der Jacke fest. Wir schütteln Hände. Und John, der „Gärtner“ erzählt, dass er gerade die beiden Fisch-teiche sauber macht. Peter, auf dem Gang ins Büro, zählt auf, was er heute noch am PC schaffen will und die ehrenamt-liche Crew, die das Café “managt“, beginnt aus den frisch eingetroffenen Zutaten, einen Apfelkuchen zu backen. q

»Apple Pie«fürs LorosImpressionen aus Mittelengland

Dorothea Uber-Collins, ehrenamtliche Mitarbei-

terin im Ricam Hospiz, besuchte das

»LOROS«, ein Hospiz in Leicester

Die eigene Bestattung zu regeln braucht Zeit und kostet Überwindung. »lebenszeit« besuchte den

Bestatter Marco Priedl von Christian Peter Bestattungen GmbH und ließ sich beraten

Foto: © Inga Ganzer

Page 4: lebenszeit - Zeitung für Diskurs & Ethik am Lebensende - Ausgabe #5 - Vorsorge

04 lebenszeit Ausgabe #5 Sommer und Herbst 2012Thema

Die meisten Menschen möchten zu Hause sterben. Insbeson-dere die Vorstellung des Sterbens im Krankenhaus unter Ein-satz der sogenannten «Apparatemedizin» ist der Mehrheit der Bevölkerung ein Gräuel. [...] Der Wunsch nach Kontrolle über das eigene Lebensende, die Angst vor dem «Ausgelie-fert-Sein» an eine als menschenfeindlich empfundene, einzig der (biologischen) Lebensverlängerung verschriebene Medi-zin ist eine der wichtigsten Triebfedern der gesamten Diskus-sion über die Entscheidungen am Lebensende. Zunehmend verlangen die Menschen nach Möglichkeiten, selbst zu be-stimmen, welche medizinischen Maßnahmen am Ende ihres Lebens angewendet werden dürfen und welche nicht. [...]Die Angst vor Kontrollverlust am Lebensende ist auch einer der wichtigsten Gründe für die Befürwortung der Legalisierung der Tötung auf Verlangen bzw. des assistierten Suizids. Mit diesen Mitteln wird zwar eine absolute Kontrolle über den Todeszeitpunkt erreicht, aber unter Umständen um den Preis einer ungeahnt hohen Fremdbestimmung [...]. Eine weniger drastische und für die Bedürfnisse der meisten Menschen angemessenere Art, mit der Angst vor Kontrollverlust umzu-gehen, ist die Erstellung eines Vorsorgeplans.

Vorsorgeplanung Ein Vorsorgeplan für das Lebensende umfasst mehrere Ele-mente, deren rechtliche Gültigkeit und praktische Wirksam-keit in den letzten Jahren zunehmend klarer wurde. Die wich-tigsten Vorsorgeinstrumente sind die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung. Die zusätzliche Erstellung einer Niederschrift über die eigenen Wertvorstellungen hat sich in der Praxis sehr bewährt, während die Betreuungsverfügung inzwischen eine geringere Bedeutung besitzt. Diese Vorsorg-einstrumente werden nachfolgend detailliert vorgestellt.

Vorsorgevollmacht Nach deutschem Recht benötigt jeder Mensch, der seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst er-ledigen kann, einen rechtlichen Vertreter (§ 1896 Abs. 1 BGB). Entgegen einer verbreiteten Fehlmeinung sind Angehörige, auch Ehegatten, in Deutschland nicht automatisch vertre-tungsberechtigt. In einer solchen Situation, wie sie zum Beispiel langsam durch eine Demenz oder plötzlich durch einen Schlaganfall oder eine andere schwere Erkrankung mit Beeinträchtigung der Gehirnfunktion entstehen kann, muss durch das Betreuungsgericht (früher: Vormundschafts-gericht) ein Betreuer bestellt werden – es sei denn, der Be-troffene hat zuvor eine gültige Vorsorgevollmacht erteilt (§ 1896 Abs. 2 BGB). Mit einer Vorsorgevollmacht kann also im Voraus bestimmt werden, wer für uns entscheiden soll, wenn wir selbst nicht mehr dazu in der Lage sind. Das ist ein un-schätzbarer Vorteil, denn das Betreuungsgericht ist in der Wahl des Betreuers grundsätzlich frei, und es können auch Menschen zu Betreuern bestellt werden, die den Betroffe-nen früher nie gekannt haben (sogenannte Berufsbetreuer). Das Verfahren ist zudem oft langwierig und verursacht nicht unerhebliche Kosten. Es liegt auf der Hand, dass eine Vorsor-gevollmacht nur dann sinnvoll ist, wenn der Bevollmächtig-te das volle Vertrauen des Betreffenden genießt. Auch sollte der Bevollmächtigte die Persönlichkeit des- oder derjenigen, den bzw. die er vertreten soll, gut kennen, da er genau wie ein Betreuer grundsätzlich immer gehalten ist, nach dem mut-maßlichen Willen und zum Wohl des Betreuten zu handeln. Der Bevollmächtigte kann seine Aufgabe jederzeit ablehnen und damit die Bestellung eines Betreuers notwendig ma-chen. Daher ist es gerade im Hinblick auf schwierige medi-zinische Entscheidungen unbedingt zu empfehlen, dass der Betreffende mit seinem Bevollmächtigten über die eigenen Einstellungen spricht und sich versichert, dass der andere diese Aufgabe auch tatsächlich übernehmen kann und will. Die Erstellung einer Vorsorgevollmacht ist ein guter Anlass, um in der Familie über «die letzten Dinge» zu sprechen – ein

Thema, bei dem verständlicherweise eine gewisse Hemm-schwelle besteht. Oft bevollmächtigen sich Ehegatten ge-genseitig, oder sie übertragen die Vollmacht auf ihre Kinder. Aber auch ein enger, über viele Jahre vertrauter Freund kann eine gute Wahl sein. Vertrauen ist hier das Schlüsselwort. Wie wir sehen werden, ist eine Patientenverfügung nicht unbe-dingt jedermanns Sache. Aber wer das Glück besitzt, in sei-nem Leben mindestens einen Menschen zu haben, dem er so vertraut, dass er ihm oder ihr die Entscheidungen im Fall der eigenen Entscheidungsunfähigkeit überlassen möchte – und der seinerseits bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen –, der handelt irrational, wenn er diesem Menschen nicht noch am heutigen Tag eine Vorsorgevollmacht ausstellt. Denn was morgen sein wird, wissen wir nicht. Wichtig: Eine Vorsor-

gevollmacht muss zwar schriftlich verfasst werden, bedarf aber, ebenso wie eine Patientenverfügung, keiner notariellen Beurkundung. Ausgenommen sind Vollmachten, die Rechts-geschäfte umfassen sollen, für welche die notarielle Form vorgeschrieben ist (z. B. Grundstücksgeschäfte). Die zusätzli-che Ausfertigung einer Bankvollmacht auf dem bankeigenen Formular ist unbedingt zu empfehlen, da viele Banken sich weigern, Vorsorgevollmachten anzuerkennen (selbst wenn sie auf ministeriellen Formularen beruhen), und dadurch gro-teske Situationen entstehen können, in denen eine Familie wochenlang keinen Zugriff mehr auf ihr Erspartes hat. Seit März 2005 können Vorsorgevollmachten beim Vorsorgere-gister der Bundesnotarkammer in Berlin registriert werden, damit sich die Gerichte im Bedarfsfall schnell informieren können, ob es einen Bevollmächtigten gibt. [...]

Der Wunsch nach Kontrolle von Gian Domenico Borasio

Der Arzt Gian Domenico Borasio steht für eine Medizin am Lebensende, die das Leiden lebensbedrohlich Erkrankter lindern und ihre Lebensqualität und

die ihrer Angehörigen verbessern will. Sein Buch hilft, unsere Angst vor dem Tod zu verringern und uns auf das Lebensende vorzubereiten

Borasio, Gian Domenico

Über das Sterben

Was wir wissen. Was wir tun kön-

nen. Wie wir uns darauf einstellen

C.H.Beck 2012 207 Seiten

17, 95 €

Fortsetzung von Seite 3: Wie gehe ich von dieser Welt?Man erhält eine Vorsorgekarte, die man bei sich tragen sollte, weil sie im Todesfall bekannt macht, mit wem die Bestattung vereinbart und geregelt wurde. Bei der Sterbegeldversicherung zahlt man eine monatliche Police, deren Höhe sich nach der Endsumme richtet, die an-gespart werden soll. Nach Ablauf der Einzahlzeit ruht die Ver-sicherung. Im Todesfall erhalten die Bezugsberechtigten die vereinbarte Summe, um die Bestattungskosten zu decken. Auch die Rückholung aus dem Ausland ist mit versichert. Wer nicht sicher ist, dass es noch Hinterbliebene geben wird, die sich um die Bestattung kümmern können, kann das so-genannte Totenfürsorgerecht und das Bezugsrecht des Ster-begeldes auf ein Bestattungsinstitut seines Vertrauens über-tragen. In Deutschland haben gerade einmal 2 Prozent der Bevölke-rung eine Sterbegeldversicherung. Dabei ist sie insbesondere jüngeren Menschen zu empfehlen. Je nach Lebensalter und Versicherungssumme beträgt die monatliche Police zwi-schen 10 und 90 Euro. Dabei zahlt eine 45-jährige Frau einen monatlichen Betrag von ca. 10 Euro, ein 75-jähriger bereits 90 Euro. Das Kuratorium arbeitet im Fall der Sterbegeldversicherung ausschließlich mit der Nürnberger Lebensversicherung zu-sammen. Selbstverständlich gibt es aber auch andere Anbie-ter auf dem Markt. Ein Preis- und Leistungsvergleich ist daher zu empfehlen. Zukunftsmusik ist ein Bestattungsvorsorgere-gister, das die Möglichkeit bietet, die eigene Vorsorge zentral zu dokumentieren. Denn jede Vorsorge scheitert, wenn nicht bekannt ist, welche Verträge und Absprachen ein Verstorbe-ner zu Lebzeiten getroffen hat. mti

Patientenverfügung[...] Im Grunde handelt es sich dabei um eine Anweisung ei-nes Patienten an seinen zukünftigen Arzt. Wenn Sie also eine Patientenverfügung erstellen, schreiben Sie Ihrem zukünfti-gen Arzt vor, was er zu tun, und vor allem, was er zu lassen hat. Dieser Unterschied ist wichtig: Konkrete Therapiewün-sche in einer Patientenverfügung können zwar hilfreiche Anhaltspunkte für die Behandlung sein, sie sind für den Arzt aber aufgrund der ärztlichen Therapiefreiheit nicht bindend – Therapieablehnungen hingegen schon. Eine korrekt formu-lierte Patientenverfügung beschreibt zunächst bestimmte klinische Situationen, für die sie gelten soll (Beispiele: Sterbe-phase, Demenz, Wachkoma). Dann wird aufgeführt, welche Therapien man in diesen Situationen für sich selbst wünscht und welche man ablehnt. Eine genaue Darstellung der kli-nischen Situationen und der abgelehnten Maßnahmen ist wichtig, aber es leuchtet unmittelbar ein, dass man unmög-lich alle denkbaren Krankheitsverläufe in eine Patientenver-fügung «hineinpacken» kann. Für gesunde Menschen emp-fiehlt sich daher zum einen die Reflexion und Niederschrift der eigenen Wertvorstellungen und zum anderen die Ver-wendung eines der geprüften Patientenverfügungs-Formu-lare, wie sie zum Beispiel in den […] staatlichen Broschüren enthalten sind. [...]

Abruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags C. H. Beck

Weiterführende Informationen In gesunden Tagen sieht man Dinge oft anders als beim Ausbruch einer Krankheit oder als jemand, der bereits chronisch krank ist. Was am Ende des eigenen Lebens wichtig wird, kann man nicht mit Sicherheit sagen. Vor-sorge erfordert daher besondere Sorgfalt und die Verant-wortung für den Einzelnen wächst. Lassen Sie sich daher zunächst gründlich beraten. Geeignete Ansprechpartner sind Institutionen, die sich mit den Aspekten des Lebens-endes sehr gut auskennen. Für die Beratung zur Vorsorge-vollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung wenden Sie sich am besten an einen Hospizdienst in Ihrer Nähe. Auch das Ricam Hospiz bietet hierzu kostenlose Beratung (Tel:030 600 50 17 30).

Patientenverfügung Die Broschüre »Patientenverfü-gung« des Bundesminsiteriums für Justiz kann bestellt werden via Internet (www.bmj.de) oder per Post (Publi-kationsversand der Bundesregierung; Postfach 48 10 09; 18132 Rostock) oder telefonisch: (018 05) 77 80 90

Vorsorgevollmacht Auf der Internetseite des Bundes-ministeriums für Justiz (www.bmj.de) finden Sie u.a. das übersichtliche Musterformular zur Vorsorgevollmacht. Vorsorgeurkunden können unter www.vorsorgeregister.de registriert und im Ernstfall von Gerichten schnell auf-gefunden werden.

Bestattungsvorsorge Kompetente Beratung erhal-ten Sie von Bestattern, die Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Bestatter und Partner des Kuratoriums Deut-sche Bestattungskultur sind oder direkt beim Kuratori-um. Das Kuratorium bietet eine kostenfreie telefonische Rechtsberatung: (0)211 / 16 00 8-12. Unter www.bestatter.de stellt das Kuratorium u.a. einen Rechner zur Sterbe-geldversicherung zur Verfügung. Informationen über Treuhandeinlagen zur Bestattung gibt die deutsche Be-stattungsvorsorge Treuhand AG unter: (0)211 / 16 00 8-20.

Page 5: lebenszeit - Zeitung für Diskurs & Ethik am Lebensende - Ausgabe #5 - Vorsorge

Ausgabe #5 Sommer und Herbst 2012 05lebenszeitThema

von Lisa Freund

Das »spirituelle« TestamentDie Regelung der »letzten« Dinge macht den Raum frei für die Fragen nach dem, was mir bedeutsam ist und was ich dieser Welt hinterlasse

Vor kurzem besuchte ich mit dem Laptop unterm Arm eine gute Bekannte in einem Berliner Krankenhaus. Sie wollte mit mir zusammen ihr spirituelles Testament erstellen. Wir be-sprachen ihre letzten Wünsche, die mich sehr berührten, und ich tippte sie in den Computer. Sie nahm den Text später mit nach Hause, um mit ihrem Partner darüber zu reden. Auch ich habe ein spirituelles Testament, das ich mit der Pa-tientenverfügung und meiner Vorsorgevollmacht meist in Form einer verkleinerten Kopie in der Handtasche bei mir trage. Als letzten Satz des Testaments habe ich notiert: "Es ist auch in Ordnung, wenn die Dinge anders geschehen.“ Ein solcher Satz ist wichtig für das Loslassen.Die [...] unten aufgeführten Fragen wollen Sie zum Nachden-ken über Ihr spirituelles Testament anregen. Wenn Sie wissen, was Sie wollen, können Sie das aufschreiben und mit lieben Freundinnen und Freunden oder einem Partner noch einmal besprechen. Auch sollten Sie, sofern Sie sich einer spirituellen Gemeinschaft zugehörig fühlen, eine Person Ihres Vertrauens in das Gespräch einbeziehen. Unterzeichnen Sie Ihr Spirituel-les Testament mit Ihrem Namen, vermerken Sie das Datum und lassen Sie auch einen Zeugen unterschreiben. Dann hin-terlegen Sie es an geeigneter Stelle. Informieren Sie gegebe-nenfalls Ihre spirituelle Gemeinschaft.

Ihre spirituellen Wünsche für das Lebensende können Sie in einem spirituellen Testament hinterlegen, das der Patienten-verfügung beiliegt, z.B. über Gebete, Meditationen, Texte, Musik, Rituale, den Umgang mit Körper und Seele. Diese inneren Prozesse im Zusammenhang mit der Vorsor-ge brauchen Zeit. Sie lösen innere Tabuzonen auf, befreien an Verdrängung gebundene Energien. Jeder Mensch stößt dabei auf Ängste und Widerstände, die viel mit der persön-lichen Biografie zu tun haben, und wird belohnt mit einer Portion Gelassenheit und einem Gefühl der Erleichterung. Was geregelt ist, ist vom Tisch. Nun kann man es wieder frei-geben nach dem Motto: Wenn die Dinge anders geschehen, ist es auch in Ordnung.

Fragen zu eigenen spirituellen Bedürfnissen

1. Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an?Wenn ja, welcher: Notieren Sie den Namen, die Adresse und mögliche Ansprechpartner.2. Sollen Vertrauenspersonen Ihrer spirituellen Gemeinschaft über Ihre Krankheit, ihr Sterben und Ihren Tod informiert werden und wie? Wenn ja, geben Sie die Adresse, Email und Telefonnummer an (in Absprache mit der Person)Was soll diese Person tun? (z. B. den Kontakt mit der Gemein-de halten, Sie immer informieren, Ihre Bitten um Gebetspra-xis und Rituale für Sie weiterleiten, Ihren spirituellen Lehrer informieren und mehr)3. Was wünschen Sie sich von Ihrer Gemeinschaft , wenn Sie sterbenskrank sind? 4. Möchten Sie sich von der Gemeinschaft verabschieden und wenn ja wie?5. Welche Wünsche haben Sie für die spirituelle Begleitung vor dem Tod? Wünschen Sie den Besuch eines Priesters, Pfar-rers, Rabbis, Imams, von Gemeindemitgliedern, eines spiritu-ellen Lehrers? Geht es Ihnen dabei um ein Gespräch oder eine spirituelle Praxis wie z. B. die Krankensalbung, das Abend-mahl, das Vorlesen heiliger Schriften, Gebete, gemeinsame Meditation, Kontemplation, gemeinsames Singen, die Rezita-tion heiliger Texte oder besondere Rituale? Wer soll kommen und wann? Was wünschen Sie sich und wann? Was soll auf keinen Fall passieren? 6. Sollen heilige Symbole in Ihrem Raum sein, das Kruzifix, Statuen, Bilder, Räucherwerk? Soll ein kleiner Altar aufgebaut werden? Wenn ja, wer soll das tun, was soll darauf sein, wo soll er hin? Was möchten Sie nicht?7. Gibt es Gebete, Texte, Musik, wichtige Sätze, die an Ihrem Bett gesprochen/gespielt werden sollen, wenn Sie nicht mehr

bei Bewusstsein sind? Wenn ja welche? Sollen die gedruckt vorliegen oder sichtbar an einer Wand hängen oder von ei-nem Audiotape oder einer DVD gesprochen/gespielt werden? Was möchten Sie nicht?8. Wünschen Sie spirituelle Begleitung im Sterbeprozess und im Moment des Todes, falls das möglich ist? Wenn ja, wel-che und von wem? Was ist Ihnen besonders wichtig? Was soll nicht passieren?9. Wie soll mit Ihrem Leichnam umgegangen werden? Wün-schen Sie eine besondere spirituelle Begleitung nach dem Tod? Wenn ja, welche und wie und vom wem? Möchten Sie noch unberührt liegen, wenn ja, wie lange nach dem Tod?Wer darf sie berühren und wie? Wollen Sie eine Leichenwä-sche und Einkleidung Ihres Leichnams, wenn ja, von wem und wie? (z. B. unter Abspielen des Ave Maria oder einer Mantrare-zitation, spezielle Abläufe, Gesänge)10. Gibt es Rituale, die nach Ihrem Tod am Totenbett vollzo-gen werden sollen? Wenn ja, welche, wie, von wem und wann? Dürfen die Ange-hörigen in ihrer jeweiligen eigenen spirituellen Tradition von Ihnen Abschied am Totenbett nehmen? Was wollen Sie nicht?11. Haben Sie spezielle Wünsche für den Transport und die Aufbewahrung des Leichnams? Wer soll sich darum küm-mern?12. Gibt es besondere Wünsche für die Trauerfeier? Wenn ja, welche?13. Haben Sie besondere Wünsche für Ihr Begräbnis? Wenn ja, welche?14. Gibt es spezielle Praktiken, die für Sie nach dem Tod aus-geführt werden sollen?

Wenn ja, welche, in welchen Zeiträumen, von wem, wie, wo? Was wollen Sie nicht?15. Möchten Sie, dass Geld- oder Sachspenden an spirituelle oder gemeinnützige Projekte weitergeleitet werden? Dieser Passus kann auch ins Testament als Vermächtnis übernom-men werden. Wenn ja, in welcher Höhe, an welche Projekte, wer soll das tun? Was soll nicht geschehen?16. Was soll im Umgang mit Ihrem Leichnam auf keinen Fall passieren?17. Zusätzliche Anmerkungen/Wünsche18. Letzter Satz: »Es ist auch in Ordnung, wenn die Dinge an-ders geschehen«.

Lisa Freund ist Dozentin im Se-minarzentrum des Ricam Hos-pizes und Autorin. Im Herbst erscheint im O. W. Barth-Verlag ihr neues Buch. Sie verknüpft dort die Vorsorge am Lebens-ende mit einer kreativen An-leitung zur gedanklichen und kontemplativen Auseinander-setzung mit der Endlichkeit des Lebens.

Foto: © Sibylle Baier

Lisa Freund: Geborgen im Grenzenlosen. Neue Wege zum Umgang mit dem Sterben (inkl. CD mit geführten Meditatio-nen) O.W. Barth 19,99€

Mit freundlicher Genehmigung des O.W. Barth Verlags

Page 6: lebenszeit - Zeitung für Diskurs & Ethik am Lebensende - Ausgabe #5 - Vorsorge

06 lebenszeit Ausgabe #5 Sommer und Herbst 2012Thema

Herr Voigt, was tun Unternehmen für Mitarbeiter, deren Angehörige schwer erkrankt und möglicher-weise pflegebedürftig sind?

Jedes Unternehmen wird diese Fäl-le ein Stück weit anders handha-ben. Oft spielen Kulanzregelungen eine wichtige Rolle. Richtigerweise diskutieren wir heute ja wesentlich offener über Stress, Überlastung und Burnout. Diese Offenheit er-möglicht Unternehmen, ihre Mit-arbeiter in schwierigen Lebens-situationen sehr viel stärker zu unterstützen, als das in der Vergan-genheit noch der Fall war. Hinzu kommt, dass Krankheitsver-läufe nach individuellen Lösungen verlangen. Der eine mag damit zu-rechtkommen, dreimal die Woche zu arbeiten, ein anderer Mitarbei-ter wiederum kann zwar fünf Tage arbeiten, allerdings nur vormittags, weil er den Partner zu medizini-schen Therapien begleiten muss. Ein Dritter schließlich wird eine Freistellung für ein halbes Jahr be-nötigen und fragen, wie das Unter-nehmen dazu eine Regelung finden kann.Die Verantwortung der Unterneh-men ist an dieser Stelle sehr groß. Ich denke aber, dass Unternehmen diese Verantwortung gerne tragen. Es besteht schließlich Interesse da-

ran, Mitarbeiter in dieser Situation zu unterstützen, nicht nur durch flexible Arbeitszeitmodelle, son-dern auch moralisch-emotional. Dadurch können Unternehmen zum einen eine intensivere Bin-dung zum Mitarbeiter entwickeln. Zum anderen konnten wir bereits erleben, dass solche Formen der Unterstützung eine hohe Strahl-kraft ins gesamte Unternehmen haben. Wahrscheinlich reicht diese Strahlkraft sogar nach außen – mit positiven Rückwirkungen auf die Arbeitgebermarke.

Angesichts des Fachkräftemangels und der demographischen Ent-wicklung könnte die Art und Weise, wie ein Unternehmen mit den The-men Krankheit, Tod und Sterben umgeht, also zunehmend wichti-ger werden?

Generell hat sich die Arbeitswelt sehr verändert. Heute haben wir als Unternehmer ein ganz anderes In-teresse an einer gesunden Balance zwischen Arbeit und Leben unserer Arbeitnehmer, als das vielleicht vor einer Generation noch der Fall war. Wenn Mitarbeiter Arbeit und Le-ben gut austarieren können, sind sie motiviert, kreativer und leisten mehr. Das zeigen uns auch wissen-schaftliche Ergebnisse.

Wir reden hier zwar über eine ext-reme Grenzsituation, aber eigent-lich berührt die Frage nach dem Umgang von Unternehmen mit Tod und Sterben genau dieses Themen-feld – die private, familiäre Ebene ist das eigentlich Bedeutsame, die Arbeitswelt hingegen vor allem die Säule, die das Wesentliche stützt. Ich würde daher vermuten, dass der Großteil der Unternehmen wesent-lich offener darin ist, Mitarbeiter auch in privaten Grenzsituationen zu unterstützen, als das vielleicht noch vor zwanzig Jahren der Fall war.

Sollten sich Berliner Unternehmen vorsorglich mit dem Thema be-schäftigen?

In Relation zur Einwohnerzahl Berlins haben wir ja einen relativ niedrigen Anteil von Beschäftigten. Daher würde ich unterstellen, dass die meisten Unternehmen unseres Verbandes nicht besonders viel bis keine Erfahrung mit solchen Fällen haben. Ich kann mir auch durchaus vorstellen, dass viele Manager in so einer Situation relativ hilflos daste-hen, vor allem dann, wenn sie das erste Mal mit einer solchen Situati-on konfrontiert sind. Eine Hilfestel-lung, wie man auch als Führungs-kraft damit umgeht und welche

Möglichkeiten man als Unterneh-men hat, betroffene Mitarbeiter zu unterstützen, würden sicher einige Unternehmen nutzen.Ich vermute aber, dass fast kein Un-ternehmen das präventiv machen würde.

Warum nicht?Erstens, weil Berührungsängste be-stehen. Zweitens, weil solche Fälle doch glücklicherweise eher selten vorkommen und sich im Ernst-fall eine Lösung finden wird. Aber wenn es eine Anlaufstelle gäbe, an die Unternehmen sich in so einem Fall wenden könnten, wäre das si-cher sehr hilfreich.

Prävention - das klingt nach Kos-ten. Vielleicht würde es bereits ausreichen, wenn Führungskräfte ein lokales Hospiz besuchen, ver-bunden mit einer Führung und der Möglichkeit, betroffene Mitarbei-ter und deren Angehörige im Ernst-fall dort beraten zu lassen…

Um effizient arbeiten zu können, müssen Manager ihre soziale Kom-petenz permanent stärken. Wenn man mit schwierigen Themen in Berührung kommt, gerade in ei-nem Hospiz, dann werden danach Prioritäten anders und im Zweifel richtiger gesetzt. Ich kann mir da-

her vorstellen, dass viele Unterneh-men die Idee interessant fänden, ihre Führungskräfte ein Hospiz be-suchen zu lassen.

Herr Voigt, vielen Dank für dieses Gespräch.

Markus Voigt ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Hyder Con-sulting GmbH Deutschland und Präsident des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI). Der traditionsreiche Wirtschafts-club wurde 1879 gegründet. Zu den über 1300 Mitgliedern zählen u.a. auch die ehemaligen Bundesprä-sidenten Richard von Weizsäcker und Roman Herzog. Der gemein-nützige VBKI will einen Beitrag zu einem humanen Gemeinwesen leisten. Darum engagiert sich der Verein in wachsendem Umfang gemeinnützig und fördert Kultur-einrichtungen und soziale Projekte. Herausragendes Beispiel für das bürgerschaftliche Engagement des VBKI ist das 2005 gestartete „Bür-gernetzwerk Bildung“. Das Projekt unterstützt momentan über 180 Berliner Schulen und 75 Kitas und trägt mit seinen 2000 ehrenamtli-chen Lese- und Lernpaten dazu bei, dass Berliner Schüler zu besseren Leistungen kommen.

Vorsorge ist auch ein Thema für Unternehmen

Pflegezeiten für Mitarbeiter – Pensionäre als Experten mit Beraterverträgen – Vorruheständler im Ehrenamt:

Unternehmen rüsten sich für den demographischen Wandel. lebenszeit war im Gespräch mit einigen Unternehmen und Organisationen und stellte fest:

In vielen Unternehmen erreicht eine wachsende Zahl von Mitarbeitern das Lebens- und Karrierealter, in dem der so ge-nannte Ruhestand in Sicht kommt. Während viele Führungs-kräfte sich durchaus bereits mit Gedanken an eine Zukunft jenseits des bisherigen Berufslebens beschäftigen, werden wieder andere erst durch eine Unternehmensentscheidung damit konfrontiert. In diesem Kontext ist der Dialog im Un-ternehmen mit den älteren Führungskräften von besonderer Bedeutung, denn es geht um zwiefache Verantwortung:Zum einen um die Fürsorge, die eine Organisation mit gu-tem Betriebsklima für Mitarbeiter hat, die ihr oft jahrzehn-telang gedient haben. Zum anderen um die wichtige Rolle, die ein Unternehmen im gesellschaftlichen Umfeld spielen kann, indem es Brücken baut zu anderen, ebenso persönlich befriedigenden wie dringend benötigten Aktivitäten in der Zivilgesellschaft. Vor diesem Hintergrund lud die Non-Profit-Organisation »common purpose« zu einem Perspektivwechsel ein. Unter dem Titel „Was jetzt“ bietet sie Führungskräften in der letz-ten Phase aktiver Berufstätigkeit ein Programm an, zu dem der Besuch sozialer Projekte, u.a. des Ricam Hospizes, gehört. Vier Führungskräfte der Telekom sprachen mit dem Leiter des Hospizes Johannes Schlachter und der ehrenamtlichen Mitarbeiterin Sabine Löhr über die Möglichkeiten ehrenamt-lichen Engagements in einem Themenfeld, das noch immer tabuisiert ist.Common Purpose ist eine politisch ungebundene gemein-nützige Organisation, die den Ausbau von bürgerschaftli-chem Engagement für das Gemeinwohl verfolgt.

»Common purpose« lud Führungskräfte der Telekom ins Ricam Hospiz

Mit zwei Dutzend ehemaligen Bosch-Mitarbeitern begann ein Projekt, das heute ungefähr 1000 Senior-Experten rund um den Globus zählt. Pensionäre im Alter zwischen 60 und 75 Jahren absolvierten hunderte von Einsätzen mit insgesamt mehr als 20.000 Beratertagen, davon die Hälfte außerhalb Deutschlands. Der Umsatz lag bei knapp 13 Millionen Euro. Das war 2009. Mittlerweile hat das Pionierprojekt von Bosch Nachahmer gefunden. Inzwischen setzen auch die Telekom und VW eine einfache Idee um: Mitarbeiter ab 55 werden systematisch auf die Zeit nach dem Berufsleben vorbereitet. „Denn für viele ist es kaum möglich, sofort von Hundert auf null herunterzufahren“, sagt Horst Radtke, Leiter des TEX-Pro-jektes der Telekom. Hinter der unternehmensinternen Abkür-zung TEX verbirgt sich ein wichtiges Ziel: Über Jahrzehnte er-worbenes Expertenwissen erfahrener Führungskräfte bleibt für das Unternehmen weiterhin verfügbar. Verdiente Mitar-beiter erfahren durch das Programm eine besondere Wert-

schätzung ihrer Lebensleistung. Sie erleben den Übergang in den Ruhestand nicht als Bruch, sondern als einen sanften Ausstieg aus der operativen Verantwortung und bereiten sich auf neue Aufgaben in beratender Tätigkeit vor. Neben Angeboten der Gesundheitsvorsorge und der Möglichkeit, als Experten weiter für die Telekom zu arbeiten, bringt TEX den Telekom-Mitarbeitern Ideen nahe, wie sie sich auch au-ßerhalb der Telekom-Welt engagieren können. TEX will damit auch eine Brücke zum Bürgerengagement schlagen. „Jeder Mitarbeiter bringt eigene Fähigkeiten mit, hat andere Interes-sen und manche von ihnen arbeiten bereits für einen guten Zweck“, so Horst Radtke, »darunter Mitarbeiter, die Nachhil-feunterricht geben oder sich für soziale Projekte engagieren«. Manche suchen noch nach Anregungen. Ein bewusster Um-gang mit dem Ausstieg aus dem Erwerbsleben kann durch diese Unternehmensprojekte ein wichtiger Beitrag für die Zivilgesellschaft werden.

Wie Unternehmen Führungkräfte auf die Zeit des Ruhestands vorbereiten

Mitarbeiter in Not. Ein Gespräch mit Markus Voigt, Präsident des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller

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Eine Initiative des Ricam Hospizes

Page 7: lebenszeit - Zeitung für Diskurs & Ethik am Lebensende - Ausgabe #5 - Vorsorge

Ausgabe #5 Sommer und Herbst 2012 07lebenszeit

W I RS A G E ND A N K E !

Nachrichten aus dem Ricam Hospiz

Geburtstagsgäste spenden über 7000 Euro fürs Ricam Hospiz

Ein Fest des Dankes - der Tag des Ehrenamtes im Ricam Hospiz

Der Order of the Eastern Star Berlin (Chapter Nr. 5 Ordenshaus) spen-dete dem Ricam Hospiz 4 neue Rollstühle, die mittlerweile bereits im Einsatz sind. Gerade in der war-men Jahreszeit nutzen Patienten diese bequemen Gefährten auf vier Rädern gern, um sich auf die Terrasse fahren zu lassen oder, wenn es die Tagesform zulässt, auch für einen längeren Spazier-gang in den Körnerpark. Ein fünfter Rollstuhl wird von der Reemtsma Zigarettenfabrik erwartet. Allen Spendern herzlichen Dank! szo

Rollstühle gespendet

Auch in diesem Jahr feierte das Ri-cam Hospiz seine ehrenamtlichen Mitarbeiter. Der Tag des Ehrenamtes ist ein Dank an die über 100 ehren-amtlich tätigen Frauen und Männer. Durch ihr Engagement wurden im vergangen Jahr über zehntausend Arbeitsstunden Patienten und ih-ren Angehörigen zur Verfügung gestellt. Selbstgebackene Kuchen, allerlei Köstlichkeiten zum Grillen und Musik machten den Tag zu ei-nem bunten Ereignis. Besonders ge-schätzt wurde die Gesangseinlage der hauptamtlichen Mitarbeiter in selbstgebastelten Matrosenunifor-men. Zur Melodie von „Yellow Sub-marine“ der Beatles sangen sie eine humorvolle Seemannshymne auf alle ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. szo

Zu seinem 50. Geburtstag bat Herr Frank Adomeit seine Familie, Freun-de und Geschäftspartner um ein ganz besonderes Geschenk. Er wünsch-te sich Spenden fürs Ricam Hospiz. Seine Ehefrau Nora hatte vor einigen Jahren das Ricam Hospiz als Praktikantin kennengelernt. Über 300 Gäste folgten seiner Einladung zur Party ins Schloss Britz. Insgesamt spendeten

die Geburtstagsgäste 7240 Euro. Herr Adomeit war über die Spendenbe-reitschaft sehr gerührt, da die große Summe ja auch ein Zeichen der Aner-kennung für ihn selbst ist. Unter den Gästen waren Vertreter zahlreicher Unternehmen. Eine schöne Idee, die hoffentlich Nachahmer findet. Herzlichen Dank! kdn

Grüner Daumen versilbert Edelgard und Konrad Heimann erhalten die silberne Ehrennadel des PARITÄTISCHEN Wohlfahrts-verbandes. Seit Jahren bringen sie durch ihren gärtnerischen Einsatz die Terrassen des Ricam Hospizes zum Erblühen. Durch die Idylle, die sie schaffen, tragen sie maßgeblich zum Wohlbefinden von Patienten und Angehörigen bei. Vorstands-mitglied des »PARITÄTERS« in Ber-lin, Dr. Ellis Huber, überreichte dem Ehepaar die Ehrennadeln. Er ver-sprach den Garten durch Pflanzen-spenden des »PARITÄTERS« noch weiter zu verschönern. Die Hei-manns gehören mit zehn anderen Helfern zur so genannten »Flower-Power-Gruppe« des Hospizes. szo

Im Oktober führt das Ricam Hos-piz gemeinsam mit der Reinhards-wald-Grundschule das Projekt „Hospiz macht Schule“ durch. Eine Woche lang beschäftigen sich Grundschulkinder der vierten Klas-se mit den Themen „Leben und Tod“ sowie „Sterben und Abschied-nehmen“. Kindgerecht vermittelt werden diese Themen von den eh-renamtlichen Mitarbeitern des Ri-cam Hospizes: Sybille Grosan, Cindy Stoklossa, Susanne Amon, Nancy Sommerfeld, Hanna Siebecke, Na-dine Vollberg, Jasamin Boutorabi, Dörte Reinhard, Susanne Wölfle-Fische und Eva Curtius. Dafür herz-lichen Dank. szo

Hospiz macht Schule

Sängerinnen und Gitarristen vom Verein namu - Art for Life mit der SaxophonistinTina Tandler spielten für Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter (v.l.nr. Roland Skull, Una Gonschorr, Manuela Bayer, Jan Hirte, Tina Tandler)

Politisch durch Berlin Teil II

Die Bundestagsabgeordnete Stefanie Vogelsang entführt die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Ricam Hospizes am 21. Juni 2012 erneut auf eine politische Reise durch Berlin. Auf vier Etappen geht es erst zum Reichstag, dann zum Auswärtigen Amt, später zur Gedenkstätte Hohenschönhausen und anschließend auf eine Schiffsrundfahrt durch Berlin. 50 ehrenamtliche Mitarbeiter des Ricam Hospizes nehmen an der Stadtrundfahrt teil. szo

Internes mitgeteilt

Cuba heute

PersonalienDas Ricam Hospiz begrüßt seine neuen MitarbeiterInnen in der Pflege: Sonja Hoppe, Florian Hagedorn und Philipp Freund Laufen fürs LebenAuch in diesem Jahr liefen die Mitarbeiterinnen des Ricam Hospizes beim 5x5 Kilometer-Staffellauf der Berliner Was-serwerke mit. Die Platzierung der Damen- und Herrenstaffel stand zum Redaktionsschluss noch nicht fest. MarmeladenkochpreisJedes Jahr verkauft das Ricam Hospiz auf dem Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt Marmelade und Socken. Auch in diesem Jahr werden wieder fleißige Marmeladenkocher gesucht!Die Produzentin der am meis-ten verkauften Marmelade ge-winnt dieses Jahr einen Preis! Teilnahmebedingungen unter www.ricam-hospiz.de.

Montag bis Freitag

nach Anmeldung10 bis 18 Uhr

geöffnet

15. Juni -30.September

Fotografienvon Cathrin Bachim Ricam Hospiz

Teilnehmer der Politischen Stadtrundfahrt 2010 auf dem Dach des Reichstages

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08 lebenszeit Ausgabe #5 Sommer und Herbst 2012Termine

ANTWORT

m Hiermit bestelle ich ................. Ballkarten zum Einzel- preis von 99,00 Euro zur 7. Ricam-Hospiz-Charity-Gala am 13.10.2012 im Ballsaal ESTREL Hotel Berlin.

m Hiermit bestelle ich einen Tisch (10 Karten) zum Preis von 900,00 Euro.

m Ich überweise für die Ballkarten den Betrag von .................... Euro auf das Konto 44 000 600; BLZ 430 609 67 bei der GLS-Bank Hamburg. oder:

m Ziehen Sie per Lastschrift von meinem Konto den Betrag von .................... Euro ein.

Datum / Unterschrift.......................................................................................................

m Ich will Fördermitglied der Gesellschaft der Freunde des Ricam Hospizes e.V. werden. Bitte ziehen Sie bis auf Widerruf jährlich von meinem u. a. Konto den Beitrag von .......................... ....................................................Euro ein.

Kto-Nr.: .............................................................................................................

BLZ: ...................................................................................................................

Bankinstitut ...................................................................................................

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Adresse ............................................................................................................

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Empfänger: Gesellschaft der Freunde des Ricam Hospizes e.V. · Delbrückstraße 22 · 12051 Berlin Tel: 030/6288800 · Fax: 030/62 88 80-60 · Konto: 44 000 600 · BLZ: 430 609 67 · GLS-Bank Hamburg

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13. Oktober 2012

Großer Galaball im Estrel Berlin mit dem Damenorchester Salome

3-Gänge-Menü inklusive Tischgetränke Showprogramm: u.a. mit Weltklasse-Comedian Kai Eikermann

unter der Schirmherrschaft des Bezirksbürgermeisters von

Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky

Karten: 030-6288800www.ball-unter-sternen.de

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Ball unter Sternen

Das Ricam Hospiz begleitet sterbenskranke Menschen und deren Angehörige zu Hause, im Pflegeheim, im Krankenhaus und im eigenen stationären Hospiz. 1998 von zwei Krankenschwestern mit der Hilfe vieler Berlinerinnen und Berliner gegründet, war es das erste vollstationäre Hospiz in Berlin. Mit seinem Palliativen Hilfsdienst d.E.L.P.H.i.N. unterstützt das ambulante Ri-cam Hospiz Menschen in ihrem Wunsch, trotz schwerer Krankheit daheim zu bleiben. Das Ricam Hospiz arbeitet eng mit Haus- und Fachärzten, Psychologen und Phy-siotherapeuten zusammen. Ein besonderes Angebot ist die Musiktherapie, die hilft, auch nonverbal körperliche Beschwerden und emotionale Not zu lindern.

Die laufenden Kosten des stationären Hospizes tragen nur zu 90 Prozent die Krankenkassen. Ein Zehntel muss aus Spenden finanziert werden. Das ambulante Hospiz mit seinem Palliativen Hilfsdienst d.E.L.P.H.i.N. erhält lediglich Zuschüsse zu den Personalkosten. Daher kann vieles von dem, was die Mitarbeiterinnen des Ricam Hospizes für Patienten und deren Familien tun, nur durch Spenden ermöglicht werden.Die Gründerin und Geschäftsführerin, Dorothea Becker, erhielt im Jahr 2008 das Bundesverdienstkreuz für ihr Engagement in der Hospizbewegung.

Das Ricam Hospiz ist engagiertes Mitglied im Deutschen Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) und im Hospiz- und PalliativVerband Berlin (HPV) .

moderiert von Clemens Ilgner7. Ricam-Hospiz-Charity-Gala