Lehren des frühen Buddhismus - Universität Hamburg · Versenkungsübungen aus dem Leiden befreien...

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Lehren des frühen Buddhismus Dr. Siglinde Dietz Akademie der Wissenschaften in Göttingen 73

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Lehren des frühen Buddhismus

Dr. Siglinde Dietz Akademie der Wissenschaften in Göttingen

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Lehren des frühen Buddhismus von

Siglinde Dietz (Göttingen)

Der Weg zur Erlösung aus dem Leiden, dem alle Lebewesen unterworfen sind, bildet den Inhalt der Lehre des Buddha. Der Buddha selbst hat diesen Weg in tiefer Versenkung erkannt, indem er das wahre Wesen der Welt erschaut und damit dem Kreislauf von Leben, Tod und Wiedergeburt ein Ende bereitet hat. Deshalb erhielt er die Bezeichnung Buddha, "der Erwachte" oder "der Erleuchtete". Nach der Vorstellung der Buddhisten haben alle Lebewesen, auch die Götter, nur eine endliche Lebensdauer, und sie werden je nach ihren Taten (karman) in den vorausgehenden Existenzformen in einer von fünf (oder sechs) Daseinsformen in einem endlosen Kreislauf von Geburt, Leiden und Tod wiedergeboren. Der Buddha, der den Weg zur Erlösung aus diesem ewigen Kreislauf gefunden hat, ist durch dieses von ihm selbst errungene Wissen allen anderen Wesen überlegen. Die Heiligen Schriften der Buddhisten enthalten die Überlieferung von der Lehre des Buddha, d.h. von dem von ihm erkannten und verkündeten Gesetz. Die Bezeichnung hierfür ist in Sanskrit dharma (Pali dhammä). Neben der Lehre des Buddha bezeichnet der Begriff dharma die Weltordnung, die allem Existierenden zugrunde liegt und die das Zusammenwirken der Daseinsfaktoren regelt, sowie die Daseinsfaktoren selbst, die der Welt und ihrer Ordnung zugrunde liegen.

Die Heiligen Schriften des frühen Buddhismus sind im buddhistischen Kanon, dem Thpitaka "Dreikorb", und dort vor allem in den Lehrreden des Buddha in der Sammlung der Lehrreden, dem Sutrapitaka, und verstreut im Vinayapitaka, dem Rechtsbuch des buddhistischen Ordens, dargelegt. Heute wird allgemein angenommen, daß der Buddha in der Sprache der Region Magadha lehrte. Zunächst wurden seine Lehren lange Zeit hindurch mündlich überliefert. Ihre Weiterentwicklung, Klassifizierung und Zusammenfassung in den Sammlungen des "Dreikorbs" erfolgte in regional verschiedenen mittelindischen Dialekten und die endgültige Redaktion erst mehrere Jahrhunderte nach dem Tode des Buddha. Von den unterschiedlichen Versionen des Kanons ist einzig der in der mittelindischen Sprache Pali abgefaßte Kanon der Theravadins vollständig. Die kanonischen Werke in anderen mittelindischen Sprachen und in Sanskrit sind nur bruchstückhaft und in chinesischen und tibetischen Übersetzungen erhalten. Eine der Aufgaben der Buddhismuskunde ist es, aus der großen Menge der überlieferten Texte diejenigen herauszufinden, die Informationen über die älteste buddhistische Lehre enthalten. So unternahm z.B. Ernst Waldschmidt den Versuch, durch den Vergleich der verschiedenen Versionen eines Lehrtextes aus dem Sutrapitaka die möglicherweise ursprüngliche Fassung der Lehre in diesen Sutras zu erschließen (Catusparisatsutra, Mahaparinirvanasutra, Mahavadanasutra). Ich werde hier einige grundlegende Lehren darstellen, ohne auf ihre Entwicklung im einzelnen eingehen zu können.

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Das Dharmacakrapravartansutra "die Lehrrede vom Inbewegungsetzen des Rades der Lehre" (Vinaya I 10ff.) steht der Überlieferung nach am Beginn der Lehrtätigkeit des Buddha. Nachdem er die Erleuchtung erlangt hatte, soll der Buddha zunächst gezögert haben, seine Lehre zu verkünden, da er nicht sicher war, ob sie verstanden würde. Er hebt hervor, daß (Vinaya I 6) "diese Lehre tiefgründig, schwer zu erschauen, schwer zu verstehen, friedvoll, ausgezeichnet, bloßem Nachdenken unerfaßbar, fein, nur den Weisen zugänglich" sei und daß sie zum "Zurruhekommen aller Daseinsfaktoren, dem Fahrenlassen aller Grundlagen (irdischer Existenz), dem Untergang des Durstes, dem Freisein von Verlangen, dem Aufhören, dem Nirvana" führe. Von Gott Brahma umgestimmt, soll er seine Lehre seinen fünf früheren Gefährten des Asketenlebens zum ersten Mal verkündet haben. Die fünf Gefährten hatten sich von Sakyamuni abgewandt, als er bei seinem Streben nach der Erlösung die äußerste Askese aufgegeben und wieder Nahrung zu sich genommen hatte und somit vermeintlich wieder in das weltliche Leben zurückgekehrt war. Die Darlegung der vier edlen Wahrheiten, die der Buddha in seiner ersten Lehrverkündigung als den mittleren Weg zwischen einem weltlichen Leben in Genuß und übertriebener Askese bezeichnet, bildet den Inhalt der Predigt von Benares. Wir werden später auf sie zurückkommen.

I. Das Nirvana

Der Mittelpunkt und das Ziel der Verkündigung des Buddha ist die Darlegung des Weges zur Erlösung aus dem Leiden, zum Nirvana "Erlöschen". Das Nirvana wird zunächst vor allem durch Begriffe mit Negativpräfixen beschrieben als Nicht-Geborenes, Nicht-Entstandenes, Nicht-Geschaffenes, Nicht-Bedingtes, als Ende des Leidens und Befreiung vom Werden. Dies bedeutet, daß das positive Wesen des Nirvana außerhalb jeder Aussagemöglichkeit und des Denkens ist und nur in der Versenkung durch eigenes inneres Erleben erfahrbar (vgl. L La Vallee Poussin, Nirvana, S.131 f.). In den Texten wird dabei häufig zwischen einem vorläufigen Nirvana, "bei dem noch Grundlagen (der weltlichen Existenz) übrig sind" (sopadhisesa) und einem restlosen Erlöschen, "bei dem keine Grundlagen (weltlicher Existenz) mehr übrig sind" (nirupadhisesä) unterschieden. Ersteres wird vor dem Tod erlangt und der Erlöste kann sich nur vorübergehend durch bestimmte Versenkungsübungen aus dem Leiden befreien und in das Nirvana eingehen. Bei seinem Tode findet er dann die endgültige Erlösung. Diese ist nach der Lehre des frühen Buddhismus in der Regel nur durch einen Mönch oder eine Nonne erreichbar, d.h. von jemandem, der der Welt entsagt hat und sich ganz dem Ziel der Erlösung aus dem Geburtenkreislauf widmet. Jemand, der sich dazu nicht befähigt fühlt, kann als Laienanhänger zu den "drei Juwelen", Buddha, Dharma und Sangha, Zuflucht nehmen und, indem er die fünf Sittengebote (parica s/7a), das Sichenthalten von Töten, Diebstahl, unkeuschem Wandel, Lüge und berauschenden Getränken auf sich nimmt, die Grundlagen für eine Erlösung in einer späteren Wiedergeburt schaffen.

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11.1 Der Erlösungs weg

Der Eriösungsweg wird in mehreren Sutras der Langen (Dighanikaya) und Mittellangen Sammlung (Majjhimanikaya) im selben Wortlaut dargelegt (vgl. Dighanikaya Nr.2: in Gautama Buddha. Die vier edlen Wahrheiten, Übers. K. Mylius, S.71-91; in Pali I 62-84; vgl. auch E. Frauwallner, Geschichte, I 162 ff.). Er beginnt mit dem Auftreten eines Buddha in der Welt, das immer folgendermaßen beschrieben wird: "Da erscheint der Vollendete (Tathägata) in der Welt, der Heilige, vollkommen Erleuchtete, der mit Wissen und (rechtem) Wandel Ausgestattete, der gut Wandelnde, der Kenner der Welt, der unübertreffliche Menschenerzieher, der Lehrer der Götter und Menschen, der Buddha, der Erhabene. Er belehrt diese Welt samt himmlischen Göttern, Todesgöttern und Brahma-Göttern, er belehrt die Welt samt Asketen und Brahmanen, samt Göttern und Menschen aus eigener Erkenntnis und eigener Anschauung. Er verkündet die Lehre, die am Anfang schön ist, in der Mitte schön ist und am Ende schön ist, die vollendet ist in Inhalt und Form. Er legt den vollkommenen, reinen heiligen Wandel dar."

Diese Lehre hört ein Hausvater, wird mit gläubigem Vertrauen zum Buddha erfüllt und denkt bei sich: "Eng, beschränkt ist das Leben im Hause, ein Schmutzwinkel; Freiheit ist im Verlassen des Hauses. Nicht leicht ist es für jemanden, der im Haus wohnt, den ganz vollkommenen, ganz reinen, perlmuttgleichen, heiligen Wandel zu führen." Er verläßt daraufhin sein Haus, läßt seine Haare scheren, legt die gelben Gewänder an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Damit hat er den Erlösungsweg betreten.

II.2 Die Unterlassung der zehn heilswidrigen Handlungsweisen

Am Anfang dieses Erlösungsweges steht die Unterlassung der zehn heilswidrigen Handlungsweisen, nämlich das Ablassen von Töten von Lebewesen, Diebstahl, Unkeuschheit, Lüge, Verleumdung, grober Rede, sinnloser Rede, Habgier, Bosheit und falscher Ansicht. Diese zehn Handlungsweisen beziehen sich auf Handlungen mit dem Körper (1-3), der Sprache (4-7) und dem Denken (8-10). Danach folgen verschiedene Vorschriften für das sittliche Verhalten eines Mönches, z.B. er soll es vermeiden, Saaten und Pflanzen zu beschädigen; er soll nur einmal am Tag zur richtigen Zeit essen, soll Tanz, Gesang, Musik, Kränze, Wohlgerüche und Salben vermeiden, kein Geld annehmen usw. Dieser Abschnitt endet mit der Feststellung (Dighanikaya I 71): "Wie ein Vogel, wohin auch immer er fliegt, seine Federn mit sich trägt, so ist der Mönch zufrieden mit dem Gewand, das den Körper bedeckt, mit der den Magen sättigenden Almosenspeise. Wohin auch immer er geht, trägt er all das Seine mit sich."... "Indem er sich an die Gruppe sittlicher Gebote hält, empfindet er im Innern fleckenloses Glück."

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11.3 Die Zügelung der Sinne, Üben von Achtsamkeit und Bewußtheit

Im folgenden wird die Zügelung der sechs Sinne gelehrt: "Wenn er mit dem Auge eine Form sieht, mit dem Gehör einen Ton hört, mit dem Geruchsinn einen Duft riecht, mit der Zunge einen Geschmack schmeckt, mit dem Körper etwas Berührbares spürt oder mit dem Denken eine Gegebenheit erkennt, beachtet er weder das Allgemeine noch die Einzelheiten." Durch die völlige Zügelung all seiner Sinne empfindet er "im Innern Glück ohne Ablenkung". Daran schließt sich das Üben der "Achtsamkeit und Bewußtheit" (smrtisamprajanya) an. Beim Gehen, Kommen, Hinschauen, Wegschauen und allen anderen Tätigkeiten handelt er wachsam und bewußt. Nun folgt der wichtigste Teil des Erlösungsweges, die Vorbereitungen zur Meditation, die Überwindung der fünf Hindernisse (nivarana) — Gier, Bosheit, Starrheit und Schlaffheit, Erregung und Reue, Zweifel - und die Erlangung der vier Versenkungsstufen (dhyana). Diese Stelle möchte ich in der Übersetzung von Erich Frauwallner (Geschichte I 166-170; Dighanikaya l 71 f., 73 ff.) zitieren:

"Wenn er so die Gruppe der sittlichen Gebote hält, die Behütung der Sinnesorgane übt und die Wachsamkeit und Bewußtheit pflegt, dann sucht er eine abgelegene Lagerstätte auf, einen Wald, den Fuß eines Baumes, einen Berg, eine Schlucht, eine Berghöhie, eine Leichenstätte, eine Wildnis, einen Platz unter freiem Himmel oder einen Haufen Stroh. Dort setzt er sich nach der Mahlzeit, vom Almosengang zurückgekehrt, mit gekreuzten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, indem er sich Wachsamkeit (smrti) vergegenwärtigt."

II.4 Das Überwinden der fünf Hindernisse

"Der Gier nach dieser Welt hat er entsagt, gierfreien Sinnes verharrt er, von Gier reinigt er seinen Geist. Der Bosheit und dem Zorn hat er entsagt, bosheitfreien Geistes verharrt er, auf das Wohl aller Lebewesen bedacht, reinigt er seinen Geist von Bosheit und Zorn. Der Starrheit und der Schlaffheit hat er entsagt, frei von Starrheit und Schlaffheit verharrt er, klaren Bewußtseins, wachsam und bewußt reinigt er seinen Geist von Starrheit und Schlaffheit. Der Erregung und Reue hat er entsagt, frei von Erregung verweilt er, innerlich beruhigten Geistes reinigt er seinen Geist von Erregung und Reue. Dem Zweifel hat er entsagt, frei von Zweifel verharrt er, frei von Unklarheit über die heilsamen Gegebenheiten reinigt er seinen Geist von Zweifel."

II.5 Das Erlangen der vier Versenkungsstufen

"Nachdem er diesen fünf Hindernissen (nivarana) entsagt hat und die schwächenden Störungen des Sinnes erkannt hat, erlangt er durch Loslösung von den Begierden und Loslösung von den unheilsamen Gegebenheiten unter

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Nachdenken und Überlegen, durch diese Loslösung entstandene Befriedigung und Wohlbehagen und verharrt darin. Das ist die erste Versenkungsstufe (dhyana)."

"Nachdem Nachdenken und Überlegen zur Ruhe gekommen sind, erlangt er innere Beruhigung und Konzentration des Geistes und so, frei von Nachdenken und Überlegen, durch diese Sammlung entstandene Befriedigung und Wohlbehagen und verharrt darin. Das ist die zweite Versenkungsstufe."

"Nach Abkehr von der Befriedigung verharrt er gleichmütig, wachsam und bewußt und empfindet mit seinem Körper Wohlbehagen. Das ist es, wovon die Edlen sagen: 'Er ist gleichmütig, wachsam und verharrt in Wohlbehagen.' Das ist die dritte Versenkungsstufe."

"Nachdem er Wohlbehagen und Mißbehagen von sich getan hat und früher noch Wohlgefallen und Mißfallen geschwunden sind, erlangt er, frei von Mißbehagen und Wohlbehagen, reinen Gleichmut und Wachsamkeit und verharrt darin. Das ist die vierte Versenkungsstufe."

11.6 Erlangen der drei erlösenden Erkenntnisse

Durch die Erlangung dieser vierten Versenkungsstufe ist der Mönch oder die Nonne bereit, die drei erlösenden Erkenntnisse zu erlangen, die wiederum folgendermaßen geschildert werden (Dighanikaya I 81-84): "Wenn nun sein Geist so gesammelt, gereinigt, geläutert, fleckenlos, frei von Störungen, geschmeidig, wirkungsfähig, fest und unerschütterlich geworden ist, richtet er ihn auf die Erkenntnis früherer Geburten. Er erinnert sich an mannigfache frühere Geburten, an eine Geburt, zwei Geburten, drei Geburten, vier Geburten, fünf Geburten, zehn Geburten, hundert Geburten, tausend Geburten, hunderttausend Geburten, an zahlreiche Weltvernichtungsperioden, an zahlreiche Weltschöpfungsperioden, an zahlreiche Weltvernichtungs- und Weltschöpfungsperioden. 'Dort führte ich diesen Namen, gehörte dieser Familie und dieser Kaste an, hatte diesen Lebenunterhait, empfand solche Lust und solches Leid, lebte so und so lange, dort bin ich dahingeschieden und da wiedergeboren worden, da führte ich diesen Namen, gehörte dieser Familie und dieser Kaste an, hatte diesen Lebensunterhalt, empfand solche Lust und solches Leid, lebte so und so lange; da bin ich dahingeschieden und hier wiedergeboren worden.' So erinnert er sich mit allen Umständen und Einzelheiten an mannigfache frühere Geburten."

"Nachdem nun sein Geist so gesammelt, gereinigt, geläutert, fleckenlos, frei von Störungen, geschmeidig, wirkungsfähig, fest und unerschütterlich geworden ist, richtet er ihn auf die Erkenntnis des Dahinscheidens und Wiederentstehens der Wesen. Er sieht mit dem himmlischen, geläuterten, übermenschlichen Auge, wie die Wesen dahinscheiden und wiederentstehen,

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und er erkennt niedrige und hohe, schöne und häßliche, auf dem guten und auf dem bösen Weg befindliche, wie sie wiederkehren je nach ihren Werken: 'Diese Wesen sind mit schlechtem Verhalten des Körpers behaftet, mit schlechtem Verhalten der Rede, mit schlechtem Verhalten des Denkens, sie tadeln die Heiligen, hegen falsche Ansichten und handeln nach diesen falschen Ansichten. Sie gelangen nach dem Zerfall des Körpers, nach dem Tode auf den Abweg, den bösen Weg, zum Absturz, zur Hölle. Diese Wesen dagegen sind mit gutem Verhalten des Körpers behaftet, mit gutem Verhalten der Rede, mit gutem Verhalten des Denkens, sie tadeln die Heiligen nicht, hegen rechte Ansichten und handeln nach diesen rechten Ansichten. Sie gelangen nach dem Zerfall des Körpers, nach dem Tode auf den guten Weg, zur Himmelswelt.' So sieht er mit dem himmlischen, geläuterten, übermenschlichen Auge, wie die Wesen dahinscheiden und wiederentstehen, und er erkennt niedrige und hohe, schöne und häßliche, auf dem guten und auf dem bösen Weg befindliche, wie sie wiederkehren je nach ihren Werken."

"Nachdem nun sein Geist so gesammelt, gereinigt, geläutert, fleckenlos, frei von Störungen, geschmeidig, wirkungsfähig, fest und unerschütterlich geworden ist, richtet er ihn auf die Erkenntnis des Schwindens der üblen Einflüsse. 'Das ist das Leiden', erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist die Entstehung des Leidens', erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist die Aufhebung des Leidens' erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg', erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das sind die üblen Einflüsse' erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist die Entstehung der üblen Einflüsse', erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist die Aufhebung der üblen Einflüsse', erkennt er der Wahrheit gemäß. 'Das ist der zur Aufhebung der üblen Einflüsse führende Weg' erkennt er der Wahrheit gemäß. Indem er solches erkennt, solches schaut, wird sein Geist von der Befleckung des Werdens erlöst, von der Befleckung des Nichtwissens erlöst. Im Erlösten entstehnt das Wissen von der Erlösung. 'Vernichtet ist die Wiedergeburt, vollendet der heilige Wandel, erfüllt die Pflicht, keine Rückkehr gibt es mehr in diese Welt.' Also erkennt er."

11.7 Besonderheiten des buddhistischen Erlösungsweges

Mit dieser Erkenntnis ist der Mönch am Ende des Erlösungsweges angekommen. Einzelne Stufen des hier geschilderten Erlösungsweges zeigen große Übereinstimmungen mit der Tradition der Yoga-Texte, so z.B. die Sittengebote, die Behütung der Sinne, die äußeren Vorbereitungen der Meditation, die fünf Hindernisse. Die Bedeutung, die Achtsamkeit und Bewußtheit innerhalb dieses Weges haben, und das Ziel, das durch die Meditation erreicht wird, nämlich das Erkennen, sind typisch für den Buddhismus. Vielfach erreichten die Anhänger des Buddha dieses Erkennen nur unter großen Anstrengung und nach vielen Schwierigkeiten. Die kanonischen Texte enthalten deshalb noch einige weitere vorbereitenden

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Übungen für die Meditation und Anweisungen dafür, wie die Schwierigkeiten überwunden werden können.

11.8 Der Weg zur Erleuchtung

Vorbildhaft wurde dieser Erlösungsweg von Sakyamuni eingeschlagen, der auf diese Weise die Erleuchtung erlangte. Im Bericht im Vinayapitaka III 3-6 (Vgl. Reden des Buddha, S.77-81) umfaßt die Schilderung der Erleuchtung das Erlangen der vier Versenkungsstufen und der drei erlösenden Erkenntnisse in drei Nachtwachen. Der Bericht über die Erleuchtung des Buddha, den ich hier zitieren möchte, findet sich in der Einleitung des Catusparisatsutra, "der Lehrschrift über die Begründung der buddhistischen Gemeinde" (Hrsg. von E. Waldschmidt, Einl. 1-22). Am Anfang der in der Nacht der Erleuchtung erlangten Erkenntnisse steht hier die Realisierung des Wissens vom Bereich magischer Kräfte:

"In der ersten Nachtwache richtet er seinen Geist auf die erlösende Erkenntnis, die in der Realisierung des Wissens vom Bereich magischer Kräfte (besteht), und er erlangt den vielfältigen Bereich magischer Kräfte: aus der einen (Person) wird er zu einer Vielheit, aus der Vielheit wird er zu einer. Aufgrund von Erkennen und Schauen macht er sich sichtbar oder verschwindet. Er geht ungehindert (wörtlich: ohne mit dem Körper hängen zu bleiben) durch die Wand, durch den Fels, durch die Mauer, als ob er durch Luft (ginge). Er taucht in die Erde und wieder heraus, als wäre sie Wasser; auf dem Wasser wandelt er, ohne einzusinken, wie auf dem Erdboden. Er schwebt mit gekreuzten Beinen sitzend durch die Luft wie ein gefiederter Vogel. Jene beiden so mächtigen (Himmelskörper) Mond und Sonne faßt er mit der Hand und streichelt sie, und in körperlicher Gestalt vermag er bis in die Brahmawelt zu gelangen." Eine weitere Erkenntnis der ersten Nachtwache ist die oben zitierte erlösende Erkenntnis, die in der Realisierung des Wissens von der Erinnerung an die früheren Existenzen besteht.

"In der mittleren Nachtwache richtet er seinen Geist auf die erlösende Erkenntnis, die in der Realisierung des Wissens vom himmlischen Gehör (besteht), und mit himmlischem Gehör, das rein ist und das menschliche (Gehör) übertrifft, hört er die menschlichen und nichtmenschlichen Laute, die in der Ferne und die in der Nähe." Außerdem erlangt er in der zweiten Nachtwache die Erkenntnis, die in der Realisierung des Wissens vom himmlischen Auge besteht.

"In der letzten Nachtwache richtet er seinen Geist auf die erlösende Erkenntnis, die in der Realisierung des Wissens von Denkweisen (besteht). Er erkennt wahrheitsgemäß alles, was von anderen Menschen in ihrem Gedanken mit dem Denken überlegt und gedacht wird: 'Den mit Leidenschaft behafteten Geist erkennt er wahrheitsgemäß als einen mit Leidenschaft behafteten Geist. Den (Geist), bei dem die Leidenschaft vergangen ist, erkennt

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er wahrheitsgemäß als einen, bei dem die Leidenschaft vergangen ist. . . ." Die erlösende Erkenntnis, die in der Realisierung des Wissens vom Untergang der üblen Einflüsse besteht, bildet die letzte Stufe auf dem Weg zur Erleuchtung des Buddha.

11.9 Weitere vorbereitende Übungen

Dieser Erlösungsweg konnte nur unter großen Mühen und Anstrengungen verwirklicht werden. Deshalb gibt es in den kanonischen Schriften zahlreiche Belehrungen darüber. Z.B. werden im "Sütra über den Lohn des Bettelmönchdaseins" (Samanhaphalasutta des Dighanikaya [Nr.2]) die Übungen des oben dargelegten Weges mit dem Weg zur Erleuchtung des Buddha kombiniert. Besonders viele Anweisungen beschäftigen sich mit den vorbereitenden Übungen.

Sehr wichtig ist unter diesen die Achtsamkeit beim Ein- und Ausatmen, die in der "Lehrrede von der Achtsamkeit beim Ein- und Ausatmen" {Änapanasatisutta des Majjhimanikaya [118]) gelehrt wird. Sie besteht darin, daß die Achtsamkeit des Übenden voll auf den ein- und ausströmenden Atem gerichtet ist, auf das kurze Ein- und Ausatmen, das lange Ein- und Ausatmen, das Ein- und Ausatmen, das mit dem ganzen Körper empfunden wird, das Verfolgen des Atems durch den Körper und andere mit dem Atmen verbundene Vorgänge.

Die vier "Konzentrationen der Aufmerksamkeit" nehmen als vorbereitende Übungen einen hervorragenden Platz ein. Sie werden in zwei Lehrreden der Langen (Nr.22) und Mittleren (Nr. 10) Sammlung ausführlich behandelt. Der Grundtext dazu lautet (Majjhimanikaya I 56): "Da verharrt, ihr Mönche, ein Mönch beim Körper den Körper beobachtend, eifrig, bewußt, achtsam, nachdem er Gier und Abneigung gegenüber der Welt aufgegeben hat, er verharrt bei den Empfindungen die Empfindungen beobachtend beim Geist den Geist beobachtend bei den Gegebenheiten die Gegebenheiten beobachtend, eifrig, bewußt, achtsam, nachdem er Gier und Abneigung gegenüber der Welt aufgegeben hat."

Bei der Beobachtung des Körpers werden das Ein- und Ausatmen beobachtet, die Körperhaltungen Gehen, Stehen, Sitzen usw., körperliche Verrichtungen, die Zusammensetzung des Körpers aus unreinen Bestandteilen, die Zusammensetzung aus den vier Elementen Erde, Wasser, Feuer und Wind sowie der Zerfall nach dem Tode. Bei der Beobachtung der Empfindungen werden angenehme, unangenehme und neutrale Empfindungen bewußt wahrgenommen. Bei der Beobachtung des Geistes erkennt er, ob sein Geist mit Leidenschaft behaftet oder frei von Leidenschaft ist, ob er mit Haß behaftet oder frei von Haß ist usw. Bei der Beobachtung der Gegebenheiten beobachtet und erkennt der Meditierende wahrheitsgemäß, ob bei ihm die fünf Hindernisse Gier, Bosheit, Starrheit und Schlaffheit, Erregung und Reue sowie

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Zweifel vorhanden oder nicht vorhanden sind und wie sie entstehen. Darauf folgt die Beobachtung der fünf Daseinsgruppen, der sechs Sinnesbereiche und der sieben Hilfsmittel für die Erleuchtung (Achtsamkeit, Verständnis der Lehre, Energie, heiterkeit, Beruhigung Versenkung und Gleichmut). Zum Schluß der Konzentration der Achtsamkeit auf die Gegebenheiten folgt noch die Erkenntnis der vier edlen Wahrheiten. Diese Pali-Version wird nur durch eine einzige Parallelversion in chinesischer Übersetzung gestützt und ist wahrscheinlich nachträglich hinzugefügt, um die besondere Heilsrelevanz dieser Übungen hervorzuheben (Vgl. L Schmithausen, Die vier Konzentrationen, S.248 f.).

III. Die vier edlen Wahrheiten

Wie schon oben erwähnt, bildet die Darlegung der vier edlen Wahrheiten den Inhalt der Predigt von Benares. Diese vier edlen Wahrheiten sind die Erkenntnis vom Leiden, von der Entstehung des Leidens, der Aufhebung des Leidens sowie vom Weg, der zur Aufhebung des Leidens führt. Sie stehen am Ende des Erlösungsweges im frühen Buddhismus, und am Anfang des Erreichens der "erlösenden Einsicht" bei einem Heiligen oder der "Erleuchtung" beim Buddha. In der ersten Lehrverkündigung des Buddha umfaßt der Prozeß der Einsicht in die vier Edlen Wahrheiten zwölf Schritte: Jede der vier Wahrheiten ist jeweils Gegenstand von drei Erkenntnissen: Zuerst wird die Wahrheit ihrem Inhalt nach erkannt; dann wird sie als das erkannt, was man erkennen und praktizieren muß, um erlöst zu werden; zuletzt erkennt man, daß man die Aufgabe des Erkennens gelöst hat und somit erlöst ist.

Im Vinayapitaka (Vinaya I 10f.) sind sie z.B. folgendermaßen überliefert:

"Das ist nun, ihr Mönche, die edle Wahrheit vom Leiden (duhkha): Geburt ist Leiden, Alter ist Leiden, Krankheit ist Leiden, Tod ist Leiden, mit Unliebem vereint zu sein ist Leiden, von Liebem getrennt zu sein ist Leiden, nicht erlangen, was man begehrt und erstrebt, auch das ist Leiden, kurz die fünf Gruppen des Ergreifens (upadanaskandhah) sind Leiden.

Das ist nun, ihr Mönche, die edle Wahrheit von der Entstehung des Leidens (duhkhasamudaya): Es ist der Durst (trsna), der zur Wiedergeburt führt, der von Wohlgefallen und Begierde begleitet da und dort Gefallen findet: der Durst nach sinnlichen Freuden, der Werdedurst, der Vernichtungsdurst.

Das ist nun, ihr Mönche, die edle Wahrheit von der Aufhebung des Leidens (duhkhanirodha): Es ist die restlose Ablehnung und Aufhebung dieses Durstes, der zur Wiedergeburt führt, der von Wohlgefallen und Begierde begleitet da und dort Gefallen findet, sein Aufgeben und seine Unterdrückung.

Das ist nun, ihr Mönche, die edle Wahrheit vom zur Aufhebung des Leidens

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führenden Weg (duhkhanirodhagamini pratipad)! Es ist der edle achtgliedrige Pfad, nämlich rechte Ansicht, rechtes Denken, rechtes Reden, rechtes Handeln, rechtes Leben, rechtes Streben, rechte Achtsamkeit und rechte Sammlung."

Die in dieser Lehrrede über die vier edlen Wahrheiten verkündeten Lehren werden in den kanonischen Schriften immer wieder aufgenommen:

1. Alle Phänomene des Daseins sind leidhaft, da sie insofern, als sie aus Ursachen hervorgehen, bedingt sind und somit dem Entstehen, Vergehen und Bestehen-und-Wandel unterworfen sind. Das leiblich-geistige Dasein des Menschen ist zusammengesetzt aus den fünf Daseinsgruppen oder Konstituenten (skandha), (1) der aus den Elementen Erde, Wasser, Feuer und Wind zusammengesetzten Körperlichkeit, (2) der Empfindung, die aus dem als angenehm, unangenehm oder neutral empfundenen Kontakt der sechs Sinnesorgane Auge, Ohr, Nase, Zunge, Körper und Geist mit den sechs Sinnesobjekten entsteht, (3) der mit dieser verbundenen Wahrnehmung, (4) den Geistesformationen, welche die Reaktion des Willens auf die sechs Objekte darstellen, sowie (5) dem Bewußtsein. Diese fünf Daseinsgruppen sind vergänglich, leidhaft, "leer" von einem Selbst und von allem, was zu einem Selbst gehört. Darüber hinaus wird beim Menschen kein wahres Ich (atman) wahrgenommen.

2. Der Ursprung des Leidens ist das Begehren. Die Phänomene des Daseins, die vergänglich und leidhaft sind, treten nicht zufällig auf; sie haben ihren Ursprung im Begehren. Ihr Erscheinen und Vergehen folgt dem Gesetz des bedingten Entstehens (pratilyasamutpada). Der Geburtenkreislauf, der keinen Anfang hat, ist eine unendliche Folge von Existenzen.

3. Es gibt ein Nirvana, ein Ende des Leidens. Die ersten beiden Wahrheiten befassen sich ausschließlich mit der Welt des Werdens. Die dritte Wahrheit liegt auf der Ebene des Nichtbedingten. Sie ist ohne Entstehen, Vergehen, Beständigkeit und Veränderung, für Sprache und Denken unzugänglich. Das Nirvana ist das Vergehen der fünf Daseinsgruppen. Es ist das Ende des Leidens, die Befreiung vom Werden. Es bedeutet höchstes Glück, frei von Geburt, Krankheit, Alter und Tod.

4. Ein vom Buddha gewiesener Weg führt zum Nirväna. Es ist der edle achtfache Weg. Dieser läßt sich auf drei Grundelemente zurückführen: Sittlichkeit, Sammlung und Wissen. Die Sittlichkeit besteht aus dem Einhalten der acht Grundlagen der Unterweisung und dem Enthalten von den zehn heilswidrigen Handlungsweisen. Die Sammlung ist die Konzentration des Geistes auf einen Punkt. Sie umfaßt normalerweise acht aufeinanderfolgende Stufen der Meditation, die oben im Erlösungsweg erläuterten vier Stufen der Versenkung sowie vier Stufen, durch die sich der Meditierend^ zu immer höheren Sphären erheben kann. Diese sind die "Sphäre der Unendlichkeit des Raumes", die "Sphäre der Unendlichkeit des Erkennens", die "Sphäre des

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Nichts" und die "Sphäre jenseits von Bewußtem und Unbewußtem". Die Übungen zu den zwei letzten Versenkungsstufen hat der Buddha wohl von seinen Lehrern Aräda Kalama und Udraka Ramaputra übernommen. Die erlösende Einsicht und Erleuchtung sowie das Nirvana wird aber nicht von der höchsten Versenkungsstufe, "der Sphäre jenseits von Bewußtem und Unbewußtem", sondern — wie oben beschrieben — von der vierten Versenkungsstufe aus erreicht.

IV. Die Persönlichkeit

In den Lehren des frühen Buddhismus wird immer wieder betont, daß ein Ich und Mein nicht wahrgenommen werden können und die Persönlichkeit aus den fünf Daseinsgruppern oder Konstituenten zusammengesetzt sei. Im 15. Kapitel der "Lehrschrift über die Begründung der buddhistischen Gemeinde" wird dies folgendermaßen ausgedrückt:

"Der Körper, ihr Mönche, ist nicht das Selbst. Wenn der Körper das Selbst wäre, dann wäre er nicht dem Schmerz und Leiden unterworfen, und man würde bezüglich des Körpers auf den Gedanken kommen: 'Mein Körper soll so sein und soll nicht so sein!' Weil also, ihr Mönche, der Körper nicht das Selbst ist, deshalb ist er dem Schmerz und Leiden unterworfen ... Die Empfindung, Wahrnehmung, Geistesformationen, das Bewußtsein, ihr Mönche, ist nicht das Selbst. Wenn, ihr Mönche, das Bewußtsein das Selbst wäre, dann wäre es nicht dem Schmerz und Leiden unterworfen, und man würde bezüglich des Bewußtseins auf den Gedanken kommen: 'Mein Bewußtsein soll so sein und soll nicht so sein!' Weil also, ihr Mönche, das Bewußtsein nicht das Selbst ist, deshalb ist das Bewußtsein dem Schmerz und Leiden unterworfen."

V. Die Entstehung in Abhängigkeit

Eine zentrale Lehre des Buddhismus ist die vom abhängigen Entstehen (pratltyasamutpada), die neben den vier edlen Wahrheiten ebenfalls dazu dient, die Entstehung allen Leidens und die Möglichkeit der Aufhebung zu zeigen. Dieser Ursachenkette oder Kausalnexus bezeichnete Lehrsatz wird in zahlreichen Lehrreden behandelt. In der "Lehrrede von der Stadt" (C. Tripathi, Fünfundzwanzig Sutras des Nidanasamyukta. Berlin 1962: Sutra Nr.5 Nagarasutra) finden wir folgende Darstellung:

"Diese Welt ist wahrlich in Schwierigkeit geraten, denn man wird geboren und altert und stirbt und scheidet ab und wird wiedergeboren, darüberhinaus erkennen aber diese Wesen doch nicht wahrheitsgemäß ein Entkommen über Altern und Sterben hinaus.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß denn vorhanden sein, damit Altern

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und Sterben entsteht, und wovon abhängig wiederum ist Altern und Sterben? Da entstand mir, der ich gründlich die Aufmerksamkeit darauf richtete, folgende Erkenntnis des Tatbestandes: Wenn Geburt vorhanden ist, entsteht Altern und Sterben, und abhängig von Geburt wiederum ist Altern und Sterben.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß vorhanden sein, damit Geburt entsteht, und wovon abhängig wiederum ist Geburt? ... Wenn Werden vorhanden ist, entsteht Geburt, und abhängig von Werden wiederum ist Geburt.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß vorhanden sein, damit Werden entsteht, und wovon abhängig wiederum ist Werden? ... Wenn Ergreifen vorhanden ist, entsteht Werden, und abhängig von Ergreifen wiederum ist Werden.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß vorhanden sein, damit Ergreifen entsteht, und wovon abhängig wiederum ist Ergreifen? ... Wenn Durst vorhanden ist, entsteht Ergreifen, und abhängig von Durst wiederum ist Ergreifen.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß vorhanden sein, damit Durst entsteht, und wovon abhängig wiederum ist Durst? ... Wenn Empfindung vorhanden ist, entsteht Durst, und abhängig von Empfindung wiederum ist Durst.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß vorhanden sein, damit Empfindung entsteht, und wovon abhängig wiederum ist Empfindung? Wenn Berührung vorhanden ist, entsteht Empfindung, und abhängig von Berührung wiederum ist Empfindung.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß vorhanden sein, damit Berührung entsteht, und wovon abhängig wiederum ist Berührung? ... Wenn die sechs Sinnesbereiche vorhanden sind, entsteht Berührung, und abhängig von den sechs Sinnesbereichen wiederum ist Berührung.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß vorhanden sein, damit die sechs Sinnesbereiche entstehen, und wovon abhängig wiederum sind die sechs Sinnesbereiche? ... Wenn Name und Form vorhanden ist, entstehen die sechs Sinnesbereiche und abhängig von Name und Form wiederum sind die sechs Sinnesbereiche.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß vorhanden sein, damit Name und Form entsteht, und wovon abhängig wiederum ist Name und Form? ... Wenn Bewußtsein vorhanden ist, entsteht Name und Form, und abhängig von Bewußtsein wiederum ist Name und Form.

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Da kam mir folgender Gedanke: Was muß vorhanden sein, damit Bewußtsein entsteht, und wovon abhängig wiederum ist Bewußtsein? ... Da wandte sich (meine) Geisteskraft vom Bewußtsein zurück, gelangt aber nicht darüber hinaus: denn von Bewußtsein abhängig enstehen Name und Form, von Name und Form abhängig die sechs Sinnesbereiche, von den sechs Sinnesbereichen abhängig Berührung, von Berührung abhängig Empfindung, von Empfindung abhängig Durst, von Durst abhängig Ergreifen, von Ergreifen abhängig Werden, von Werden abhängig Geburt, von Geburt abhängig Altern, Sterben, Schmerz, Wehklagen, Leid, Niedergeschlagenheit und Verzweiflung. So kommt es zur Entstehung dieser ganzen großen Fülle an Leid.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, damit Altern und Sterben nicht entsteht, und infolge der Aufhebung wovon (ist wiederum) Aufhebung von Altern und Sterben? Da enstand mir, der ich gründlich die Aufmerksamkeit darauf richtete, folgende Erkenntnis des Tatbestandes: Wenn Geburt nicht vorhanden ist, entsteht Altern und Sterben nicht, und infoige der Aufhebung von Geburt (ist wiederum) Aufhebung von Altern und Sterben.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, damit Geburt nicht entsteht, und infolge der Aufhebung wovon (ist wiederum) Aufhebung von Geburt? ... Wenn Werden nicht vorhanden ist, entsteht Geburt nicht, und infolge der Aufhebung von Werden (ist wiederum) Aufhebung von Geburt.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, damit Werden nicht entsteht, und infolge der Aufhebung wovon (ist wiederum) Aufhebung von Werden? ... Wenn Ergreifen nicht vorhanden ist, entsteht Werden nicht, und infolge der Aufhebung von Ergreifen (ist wiederum) Aufhebung von Werden.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, damit Ergreifen nicht entsteht, und infolge der Aufhebung wovon (ist wiederum) Aufhebung von Ergreifen? ... Wenn Durst nicht vorhanden ist, entsteht Ergreifen nicht, und infolge der Aufhebung von Durst (ist wiederum) Aufhebung von Ergreifen.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, damit Durst nicht entsteht, und infolge der Aufhebung wovon (ist wiederum) Aufhebung von Durst? ... Wenn Empfindung nicht vorhanden ist, entsteht Durst nicht, und infolge der Aufhebung von Empfindung (ist wiederum) Aufhebung von Durst.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, damit Empfindung nicht entsteht, und infolge der Aufhebung wovon (ist wiederum) Aufhebung von Empfindung? ... Wenn Berührung nicht vorhanden ist, entsteht Empfindung nicht, und infolge der Aufhebung von Berührung (ist wiederum)

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Aufhebung von Empfindung.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, damit Berührung nicht entsteht, und infolge der Aufhebung wovon (ist wiederum) Aufhebung von Berührung? ... Wenn die sechs Sinnesbereiche nicht vorhanden sind, entsteht Berührung nicht, und infolge der Aufhebung der sechs Sinnesbereichen (ist wiederum) Aufhebung von Berührung.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, damit die sechs Sinnesbereiche nicht entstehen, und infolge der Aufhebung wovon (ist wiederum) Aufhebung der sechs Sinnesbereiche? ... Wenn Name und Form nicht vorhanden ist, entstehen die sechs Sinnesbereiche nicht, und infolge der Aufhebung von Name und Form (ist wiederum) Aufhebung der sechs Sinnesbereiche.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, damit Name und Form nicht entsteht, und infolge der Aufhebung wovon (ist wiederum) Aufhebung von Name und Form? ... Wenn Bewußtsein nicht vorhanden ist, entsteht Name und Form nicht, und infolge der Aufhebung von Bewußtsein (ist wiederum) Aufhebung von Name und Form.

Da kam mir folgender Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, damit Bewußtsein nicht entsteht, und infolge der Aufhebung wovon (ist wiederum) Aufhebung von Bewußtsein? ... Wenn die karmawirksamen Kräfte nicht vorhanden sind, entsteht Bewußtsein nicht, und infolge der Aufhebung der karmawirksamen Kräfte (ist wiederum) Aufhebung von Bewußtsein.

Da .kam mir folgender Gedanke: Was muß denn nicht vorhanden sein, damit die karmawirksamen Kräfte nicht entstehen, und infolge der Aufhebung wovon (ist wiederum) Aufhebung der karmawirksamen Kräfte? ... Wenn Nichtwissen nicht vorhanden ist, entstehen die karmawirksamen Kräfte nicht, und infolge der Aufhebung von Nichtwissen (ist wiederum) Aufhebung der karmawirksamen Kräfte.

So ist infolge der Aufhebung von Nichtwissen, Aufhebung der karmawirksamen Kräfte, infolge der Aufhebung der karmawirksamen Kräfte Aufhebung von Bewußtsein, infolge der Aufhebung von Bewußtsein, Aufhebung von Name und Form, infolge der Aufhebung von Name und Form Aufhebung der sechs Sinnesbereiche, infolge der Aufhebung der sechs Sinnesbereiche Aufhebung von Berührung, infolge der Aufhebung von Berührung Aufhebung von Empfindung, infolge der Aufhebung von Empfindung Aufhebung von Durst, infolge der Aufhebung von Durst Aufhebung von Ergreifen, infolge der Aufhebung von Ergreifen Aufhebung von Werden, infolge der Aufhebung von Werden Aufhebung von Geburt, infolge der Aufhebung von Geburt werden Altern und Sterben, Schmerz, Wehklagen, Leid, Niedergeschlagenheit und Verzweiflung werden aufgehoben. So kommt es zur Aufhebung dieser ganzen großen Fülle an Leid."

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In der hier wiedergegebenen Formel wird die Ursachenkette bis zum Bewußtsein zurückverfolgt, während die Aufhebungsformel mit der Aufhebung des Nichtwissens beginnt. Das Leiden wird in dieser Formel auf eine Reihe von Ursachen zurückgeführt, von denen immer jeweils die eine die andere bedingt, und es wird ein Weg aus dem Leiden gelehrt. Den meisten der in der Reihe enthaltenen Begriffen sind wir schon vorher begegnet, neu ist hier die Reihung.

Der Begriff "Nichtwissen" bezieht sich hier allgemein auf das NichtVorhandensein des Wissens über den zur Erlösung führenden Weg. Die "karmawirksamen Kräfte" bedeuten, daß etwas in Bewegung gesetzt wird, das sich später auswirkt, d.h. es sind Willensregungen, Impulse. Im Zusammenhang mit dem abhängigen Entstehen werden sie als die sechs "Gruppen von Willensregungen" bestimmt, die auf die sechs Sinnesobjekte gerichtet sind. Auch das "Bewußtsein" ist in sechs Gruppen unterteilt: das Bewußtsein "Sehen", "Hören", "Riechen", "Schmecken", "Tasten" und "Denken". Auch diese Bewußtseinsarten sind also mit den sechs Sinnesorganen verbunden. "Name und Form" bezeichnet die geistige und körperliche Grundlage des Lebewesens. Die sechs "Sinnesbereiche" sind die sechs Sinnesorgane. Infolge der "Berührung" dieser sechs Sinnesorgane mit den Objekten entsteht "Empfindung", die angenehm, unangenehm oder neutral sein kann. Dadurch wird "Durst" bedingt, der seinerseits wieder die Bedingung für die fünf "Gruppen des Ergreifens" sind, die die Konstituenten der Persönlichkeit bilden. Infolge davon kommt es zum "Werden", einem neuen Dasein und nacheinander zu Geburt, Alter und Tod.

Seit frühester Zeit hat der Lehrsatz vom abhängigen Entstehen Anstoß zu Diskussionen und Kommentaren gegeben.

VI. Absoluter Vorrang des Erlösungsweges

Philosophische Spekulationen wurden vom Buddha ganz abgelehnt und als Fragen irrelevanten Inhalts nicht beantwortet. Was seine Lehrreden betrifft, vertritt der Buddha in ihnen mit unerbittlicher Strenge den Grundsatz, nur das zu verkünden, was zur Erlösung führt, und weist unnachsichtlich alle andern Fragen ab, und zwar nicht, weil er nicht Bescheid wüßte, sondern weil sie nutzlos sind und nur vom wahren Ziel, dem Nirvana, ablenken. Zu den Fragen, die vom Buddha nicht beantwortet wurden, gehören folgende: Ist die Welt der Wesen vorübergehend oder ewig, endlich oder unendlich? Ist das Lebensprinzip identisch mit dem Körper oder von ihm verschieden? Existiert der Heilige nach dem Tod weiter? Diese Probleme, die von den Gelehrten der Zeit Buddhas diskutiert worden zu sein scheinen, forderten endlose Streitigkeiten heraus. Sakyamuni nahm an solchen Diskussionen nicht teil. Der eigentliche Grund für das Schweigen des Buddha ist aber, daß die betreffenden Fragen falsch gestellt sind; sie bejahend oder verneinend zu beantworten, hieße nämlich, in die extremen Anschauungen des Eternalismus

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bzw. des Nihilismus zu verfallen. Sakyamuni wählte hier den mittleren Weg, gleich weit entfernt von Bestätigung und Ablehnung, und er empfahl seinen Schülern, das Gleiche zu tun: "Seht das als nicht erklärt an, was ich nicht erklärt habe; seht das als erklärt an, was ich erklärt habe" (Majjhimanikaya I 431).

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I. Bibliographie

1. ANDRE BAREAU, "Buddhismus", in: Die Religionen Indiens, Bd.3, Stuttgart 1964, S. 1-215.

2. HEINZ BECHERT und RICHARD GOMBRICH (Hrsg.), Die Welt des Buddhismus, München 1984; Neuausgabe als Paperback ohne Abbildungen: Der Buddhismus. Geschichte und Gegenwart, München 1989.

3. HERMANN BECKH, Buddha und seine Lehre, Stuttgart (Nachdr.) 1958, S. 133-233.

4. JOHANNES BRONKHORST, "Die buddhistische Lehre", in: HEINZ BECHERT, JOHANNES BRONKHORST et al., Der Buddhismus /, Stuttgart 2000 (Die Religionen der Menschheit, Bd. 24.1), S.23-75.

4. ERICH FRAUWALLNER, Geschichte der indischen Philosophie, 2 Bde, Salzburg 1953, I 147-246.

5. FRIEDRICH HEILER, Die buddhistische Versenkung, München 21922.

6. ETIENNE LAMOTTE, "Der Buddha, Seine Lehre und Seine Gemeinde", in: HEINZ BECHERT und RICHARD GOMBRICH, Die Welt des Buddhismus, S.41-52; Der Buddhismus. Geschichte und Gegenwart, S.41-55.

7. ETIENNE LAMOTTE, History of Indian Buddhism from the origins to the Saka Era, transl. from the French by SARA WEBB-BOIN, Louvain 1988 (Publications de l'lnstitut Orientaliste de Louvain, 36), S.23-53.

8. Louis DE LA VALLEE POUSSIN, The way to Nirvana. Six lectures on ancient Buddhism as a discipline of salvation, Cambridge 1917 (Nachdr. Delhi 1982).

9. HERMANN OLDENBERG, Buddha. Sein Leben, Seine Lehre, Seine Gemeinde, (13. Auflage) Stuttgart 1959, S.217-345.

10. DIETER SCHLINGLOFF, Die Religion des Buddhismus, 2 Bde., Berlin 1962 (Sammlung Göschen, 174), I 42-84.

11. LAMBERT SCHMEHAUSEN, "Ich und Erlösung im Buddhismus", Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft (1969), H.2, S.157-170.

12. LAMBERT SCHMITHAUSEN, "On Some Aspects of Descriptions or Theories of 'Liberating Insight' and 'Enlightenment' in Early Buddhism", in: Studien

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zum Jainismus und Buddhismus. Gedenkschrift für LUDWIG ALSDORF, Hrsg. von KLAUS BRUHN und ALBRECHT WEZLER, Wiesbaden 1981 (Alt-und Neu-Indische Studien. 23), S. 199-250.

13. LAMBERT SCHMEHAUSEN, "Zur Struktur der erlösenden Erfahrung im indischen Buddhismus", in: Transzendenzerfahrung, Vollzugshorizont des Heils. Das Problem in indischer und christlicher Tradition, Hrsg. von GERHARD OBERHAMMER, Arbeitsdokumentation eines Symposiums Wien 1978, S.97-119.

14. LAMBERT SCHMEHAUSEN, "Die vier Konzentrationen der Aufmerksamkeit", Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft 60 (1976), S.241-266.

15. HANS WOLFGANG SCHUMANN, Der historische Buddha. Leben und Lehre des Gotama, München 1982 (Diederichs' gelbe Reihe. 73), S.153-177.

Übersetzungen von in unserem Zusammenhang wichtigen Lehrreden des Buddha:

Den Übersetzungen liegen die Ausgaben des Pali-Kanons in der Pali Text Society zugrunde, nach denen sich auch die Stellenangaben richten.

1. Gautama Buddha: Die vier edlen Wahrheiten. Texte des ursprünglichen Buddhismus, Hrsg. und übertragen von KLAUS MYLIUS, München 1985 (dtv klassik 2166). [S.57-147, 201-206: Dighanikaya Nr.2,13,22; Majjhimanikaya Nr.22,63; Samyuttanikaya Nr.XII.2, LVI,11]

2. Reden des Buddha: Lehre, Verse, Erzählungen. Übers, und eingeleitet von HERMANN OLDENBERG. Mit einer Einführung hrsg. von HEINZ BECHERT, Freiburg 1993 (Herder / Spektrum. 4112). [Nr.6 und Nr.68: Die Erkenntnis der vier edlen Wahrheiten und die vier Versenkungsstufen; Nr.7 und Nr.43: Die zwölf Glieder des bedingten Entstehens; Nr. 10; Nr.40, 41, 42, 92: Persönlichkeit und Körperlichkeit; Nr.44: Unendlichkeit des Leidens; Nr.49: Wesenlosigkeit; Nr.50, 51, 52, 57: Vergänglichkeit].

3. NYANAPONIKA (Übers.), Kommentar zur Lehrrede von den Grundlagen der Achtsamkeit (Satipatthana), Konstanz 1951.

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II. Liste buddhistischer Termini

1. Das Tripitaka ("Dreikorb"), Bezeichnung des buddhistischen Kanons. Dieser besteht aus der Sammlung der Ordensregeln für die buddhistischen Mönche und Nonnen (Vinavapitaka), der Sammlung der Lehrreden des Bud­dha (Sutrapitaka) und der Sammlung der systematischen Abhandlungen über die Lehre (Abhidharmapitaka)

2. Die drei Juwelen (triratna): Buddha ("der Erwachte"), Dharma (seine "Lehre"), Sangha (seine "Gemeinde").

3. Die drei Merkmale des Bedingten, d.i. alles Seienden {trilaksana): Leiden, Vergänglichkeit und NichtVorhandensein eines Selbst.

4. Die drei Wurzeln des Unheilsamen (akusalamula): Gier (lobha), Haß (dvesa), Verblendung (moha).

5. Die vier edlen Wahrheiten: Leiden (duhkhä), Entstehung des Leidens (duhkhasamudaya), Vernichtung des Leidens (duhkhanirodha), der Weg, der zur Vernichtung des Leidens führt (duhkhanirodhagamini pratipad).

6. Die vier Konzentrationen der Aufmerksamkeit (satipatthana): die Konzentration der Aufmerksamkeit auf den Körper (/caya), auf die Empfindun­gen (vedana), auf den Geist {citta), auf die Gegebenheiten (dharmah).

7. Die fünf Daseinsgruppen (skandhä) Körperlichkeit, Empfindung (ent­steht aus dem Kontakt der sechs Sinnesorgane mit den sechs äußeren Objek­ten), Wahrnehmung (auf die sechs äußeren Objekte bezogen), Geistesforma­tionen (Reaktion des Willens auf die sechs Objekte), Bewußtsein.

8. Der edle achtgliedrige Weg: rechte Ansicht, rechter Entschluß, rechte Rede, rechtes Verhalten, rechtes Leben, rechte Anstrengung, rechte Achtsam­keit, rechte Sammlung.

9. Die acht Grundlagen der Unterweisung (siksapada): Aufgeben von: Töten der Lebewesen, Diebstahl, unkeuschem Wandel, Lüge, berauschenden Getränken, Wohlgerüchen usw., einer hohen und großen Lagerstatt, Mahlzei­ten zur Unzeit. Die ersten fünf sind die 5 Sittengebote (s/7a), die auch von Laien eingehalten werden müssen.

10. Die zehn heilswidrigen Handlungsweisen (akusala karmapathä): Töten von Lebewesen, Diebstahl, Unkeuschheit, Lüge, grobe Rede, sinnlose Rede, Verleumdung, Habgier, Bosheit, falsche Ansicht.

11. Die zehn moralischen Vollkommenheiten (paramita): Freigebigkeit, Sitt lichkeit, Geduld, Energie, Versenkung, Weisheit, Geschicklichkeit in den Mitteln der Lehrverkündigung, Vorsatz bzw. Gelübde (pranidhanä), Kraft, Wis­sen.

12. Die zwölf Glieder des bedingten Entstehens (pratityasamutpada): Nichtwissen, karmische Kräfte, Bewußtsein, Name und Form, die sechs (Sin-nes)bereiche, Berührung, Empfindung, Gier, Ergreifen, Werden, Geburt, Altern und Sterben.

13. Nirvana: das restlose "Erlöschen" von Gier, Haß und Verblendung. Das N. ist das höchste Ziel des Buddhisten, die endgültige Befreiung von allem künftigen Wiedergeborenwerden.

14. Pratyekabuddha "für sich selbst Erwachter": jemand, der aus eige-

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ner Kraft zur Erleuchtung gelangt ist, aber nicht imstande ist, den Weg dazu anderen mitzuteilen.

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