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Die Leistungsbewertung von Wärmebildgeräten Jürgen Nolting und Günter Dittmar (Fachhochschule Aalen) 1. Einleitung Mit dem Aufkommen kostengünstiger Wärmebildgeräte für den Bereich des mittleren Infrarots wird eine Vielzahl von Anwendungen möglich, die zuvor nur im militärischen Bereich üblich waren. Ein Beispiel stellen Fahrersichtgeräte für PKWs dar, wie sie z.B. von Cadillac [1] angeboten werden (siehe Abbildung 1). Die Aufgabe eines Fahrersichtgerätes ist eine hinreichend detailreiche bildhafte Darstellung der Straße, der Fahrbahnbegrenzungen und eventueller Hindernisse, um eine Erkennbarkeit über möglichst große Entfernungen (>100m) sicherzustellen. Abbildung 1: Das Night-Driver-Gerät von Cadillac [1] In den meisten Fällen wird das Bild, wie in Abbildung 1 dargestellt, nicht automatisch ausgewertet sondern dem Fahrer optisch dargeboten. Entweder die Windschutzscheibe wird als Head-Up-Display genutzt oder das Bild wird auf einem separaten Monitor dargestellt, der zur Ausstattung eines zukünftigen Fahrzeuges der Mittelklasse gehört. 2. Charakterisierende Parameter Die in der Thermographie üblichen Angabe der NETD (noise equivalent temperature difference) und der Pixelzahl des Wärmebildgerätes genügen nicht zur Charakterisierung der Leistungsfähigkeit des Systems, denn zahlreiche weitere Parameter, wie z.B. die Bildruhe, die Größe des dargestellten Bildes, die Sichtlinienstabilität und die Modulationsübertragung des optischen Systems beeinflussen die Erkennbarkeit von Objekten. Auch das Vorhandensein von Bildinhomogenitäten und Fixed-Pattern-Noise haben einen Einfluss. Letztlich ist ausschlaggebend, welche Erkennungsleistung ein Mensch mit diesem Gerät erreichen kann. DGZfP-Berichtsband 86-CD Vortrag 2 Thermografie-Kolloquium 2003 15

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Die Leistungsbewertung von WärmebildgerätenJürgen Nolting und Günter Dittmar (Fachhochschule Aalen)

1. Einleitung

Mit dem Aufkommen kostengünstiger Wärmebildgeräte für den Bereich des mittlerenInfrarots wird eine Vielzahl von Anwendungen möglich, die zuvor nur im militärischenBereich üblich waren. Ein Beispiel stellen Fahrersichtgeräte für PKWs dar, wie sie z.B. vonCadillac [1] angeboten werden (siehe Abbildung 1). Die Aufgabe eines Fahrersichtgerätes isteine hinreichend detailreiche bildhafte Darstellung der Straße, der Fahrbahnbegrenzungen undeventueller Hindernisse, um eine Erkennbarkeit über möglichst große Entfernungen (>100m)sicherzustellen.

Abbildung 1: Das Night-Driver-Gerät von Cadillac [1]

In den meisten Fällen wird das Bild, wie in Abbildung 1 dargestellt, nicht automatischausgewertet sondern dem Fahrer optisch dargeboten. Entweder die Windschutzscheibe wirdals Head-Up-Display genutzt oder das Bild wird auf einem separaten Monitor dargestellt, derzur Ausstattung eines zukünftigen Fahrzeuges der Mittelklasse gehört.

2. Charakterisierende Parameter

Die in der Thermographie üblichen Angabe der NETD (noise equivalent temperaturedifference) und der Pixelzahl des Wärmebildgerätes genügen nicht zur Charakterisierung derLeistungsfähigkeit des Systems, denn zahlreiche weitere Parameter, wie z.B. die Bildruhe, dieGröße des dargestellten Bildes, die Sichtlinienstabilität und die Modulationsübertragung desoptischen Systems beeinflussen die Erkennbarkeit von Objekten. Auch das Vorhandenseinvon Bildinhomogenitäten und Fixed-Pattern-Noise haben einen Einfluss. Letztlich istausschlaggebend, welche Erkennungsleistung ein Mensch mit diesem Gerät erreichen kann.

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Um die Einflüsse aller Parameter eines Gerätes auf die menschliche Wahrnehmungsfähigkeitzu erfassen, kommt man nicht umhin, eine subjektive Messgröße einzuführen:Die MRTD (minimum resolvable temperature difference) beschreibt die minimal notwendigeTemperaturdifferenz, die eine definierte Testszene aufweisen muss, um von einem geübtenBeobachter gerade eben noch aufgelöst werden zu können. Sie ist abhängig von derOrtsfrequenz. Die Testszene ist dabei üblicherweise ein 4-Balken-Testbild, wie in Abbildung2 am rechten Rand gezeigt.

Abbildung 2: Typischer Verlauf der MRTD in Abhängigkeit von der Ortsfrequenz, [2, S.82]

Auch die Reichweite eines Gerätes ist eine subjektiv zu definierende Größe. Sie beschreibt, inwelcher Entfernung der Mensch mit dem Gerät ein Objekt einer bestimmten Zielklasse (z.B.Person, PKW, LKW) gerade noch auflösen kann. Hierbei ist zu unterscheiden, ob das Objektentdeckt, erkannt oder identifiziert werden soll und mit welcher Wahrscheinlichkeit diesesgeschehen soll. Bei der Zielklasse PKW entspricht die Auflösungsaufgabe Entdecken derInformation, dass ein PKW überhaupt vorhanden ist. Erkennen liefert eine Aussage über dieArt des PKWs (z.B. Sportwagen, Off-Roader, Limousine, Van) und Identifizieren schließlichliefert den Typ des Fahrzeugs.

3. Zusammenhang zwischen MRTD und Reichweite

Während die NETD in einer objektiven Labormessung als rms-Rauschmittelwert bezogen aufdie Signalantwort bei einer Eingangstemperaturdifferenz von 1 K bestimmt werden kann,erfordert die Bestimmung der MRTD im Labor prinzipiell einen geübten Beobachter(subjektive Messung). Dabei kann erfahrungsgemäß eine Reproduzierbarkeit von 30 %erreicht werden, selbst wenn verschiedene Beobachter an unterschiedlichen Tagen dieMessung durchführen. Die experimentelle Bestimmung der Reichweite im Freilandversuchliefert allerdings Resultate von ungenügender Reproduzierbarkeit, da die wetterabhängigenatmosphärischen Einflussgrößen im Experiment nicht kontrollierbar und oftmals gar nichtbekannt sind. Es tauchte somit schon früh der Wunsch auf, die Reichweite auf andere, leichterüberprüfbare Größen (z.B. die MRTD) zurückzuführen und somit auf die Freilandmessung

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verzichten zu können. Eine aus einer MRTD-Messung abgeleitete - nicht gemessene -Reichweite wird als nominelle Reichweite bezeichnet.

Zur Bestimmung der nominellen Reichweite eines Gerätes, muss zunächst dieAufklärungsaufgabe (Entdecken, Erkennen oder Identifizieren), die der Beobachter mit demGerät in der der Reichweite entsprechenden Grenzentfernung gerade noch ausführen kann,festgelegt werden. Weiterhin ist die Aufklärungswahrscheinlichkeit festzulegen. Üblich sindhier 50 % und 90 %. Die Reichweite muss also bezüglich einer Aufklärungsaufgabespezifiziert werden. Weiterhin muss angegeben werden, welcher Art und Größe dasaufzuklärende Objekt ist und welche Temperaturdifferenz es aufweist. Selbstverständlichmüssen auch die atmosphärischen Bedingungen bekannt sein, unter denen dieReichweitenleistung erbracht werden soll.

Zur Definition der Aufklärungsaufgabe muss festgestellt werden, welche räumlicheAuflösung auf dem Zielobjekt erreicht werden muss, um die Aufklärungsaufgabe mit dergewünschten Wahrscheinlichkeit ausführen zu können. Zum Zwecke dieser Festlegungwurden in den späten 50-er Jahren sehr viele Feldversuche im militärischen Bereich vonJohnson durchgeführt. In der Tabelle 1 [2] sind die über viele Versuche gemitteltenErgebnisse dieser Experimente aufgelistet. Angegeben ist dort jeweils die aufzulösendeOrtsfrequenz in Linienpaaren pro Objektausdehnung, um eine bestimmte Aufklärungsaufgabezu erfüllen. Diese Zuordnungen von Ortsfrequenzen zu Aufklärungsaufgaben werden alsJohnson-Kriterien bezeichnet.

Tab. 1: Ortsfrequenzen, die zur Erfüllung einer Aufklärungsaufgabe aufgelöst werdenmüssen, [2, S. 92]

Abb. 3: Abhängigkeit der Johnson-Kriterien von der Ausrichtung des Zielobjekts, [2, S. 98]

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Die in dieser Tabelle angegebenen Ortsfrequenzen entsprechen einer Erfüllung der jeweiligenAufklärungsaufgabe mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 %. Bei den eingehendenUntersuchungen wurde weiterhin festgestellt, dass die notwendige Ortsfrequenz auch starkvon der Orientierung des aufzuklärenden Objektes abhängt. Dieser Zusammenhang ist in derAbbildung 3 gezeigt [2]. Wie man leicht sieht, hängen die jeweils anzuwendenden Johnson-Kriterien sehr stark vom Einzelfall ab. Um die Vorausberechnung der Reichweiten abermöglichst einfach zu halten, wird heutzutage in den meisten Fällen von gemittelten Johnson-Kriterien ausgegangen. Üblich sind Werte von 1 Lp (Linienpaar) pro minimalerTargetdimension für Entdecken, 3 Lp für Erkennen und 6 Lp für Identifizieren, jeweils beieiner Aufklärungswahrscheinlichkeit von 50 %. Bei einer geforderten Wahrscheinlichkeit von90 % erhöhen sich die Werte um den Faktor 1.9. Bei aufzuklärenden Objekten, die nichtannähernd quadratisch sind, werden üblicherweise die Johnson-Kriterien für die Wurzel ausder in Beobachtungsrichtung wirksamen Targetfläche anstelle einer Linearausdehnungangewendet. Implizit wird also anstelle des aufzuklärenden Targets ein flächengleichesquadratisches Ersatzobjekt verwendet. Man sollte, wann immer man mittels Johnson-Kriteriennominelle Reichweiten bestimmt, darauf achten, dass alle getroffenen Annahmen deutlichspezifiziert werden. Welches Johnson-Kriterium wurde verwendet? Welche Objektgrößewurde angenommen? Wurde ein flächengleiches quadratisches Ersatzobjekt eingesetzt?

Um den Begriff der Reichweite zu definieren, muss nun nur noch festgelegt werden, wie dieatmosphärische Dämpfung des Infrarotsignals eingeht. Hierzu benötigt man den Begriff dereffektiven Temperaturdifferenz ETD (effective temperature difference), der in Abhängigkeitvon der Entfernung angibt, wie groß die scheinbare Temperaturdifferenz eines Objektes nachDämpfung durch die Atmosphäre am Ort des Beobachters noch ist. Sie ist einfach bestimmbardurch Multiplikation der Temperaturdifferenz des Objektes ∆T mit der atmosphärischenTransmission. In vielen Fällen ist hierzu die Lambert-Beersche NäherungETD(R) = ∆T exp(-αR) ausreichend. Hierbei ist R die Entfernung (in km) und σ deratmosphärische Extinktionskoeffizient (in km-1). Als Reichweite definiert man nun dieEntfernung, für die die beim Beobachter „ankommende“ effektive Temperaturdifferenzgerade so groß ist wie die MRTD bei der Ortsfrequenz, die dem Johnson-Kriterium derjeweiligen Aufklärungsaufgabe entspricht, angewandt auf das Target in der jeweiligenEntfernung. Wenn das Target also gerade soweit entfernt ist, dass der Beobachter diegewünschte Aufklärungsaufgabe unter Einbeziehung der atmosphärischen Dämpfung geradenoch erfüllen kann, befindet sich das Target in einer Entfernung, die der nominellenReichweite entspricht. Die nominelle Reichweite entspricht somit dem Schnittpunkt der ETD-und der MRTD-Kurve. Das wird am ehesten anhand eines Beispiels klar [3].

In dem in Abbildung 4 gezeigten Beispiel soll ein Zielobjekt der linearen Ausdehnung 2.3 mmit 50 % Wahrscheinlichkeit erkannt werden. Die Temperaturdifferenz des Objektes soll 2 Kbetragen. Die atmosphärische Dämpfung wird mit σ = 0.2/km angenommen. Erkennen mit50 % Wahrscheinlichkeit entspricht nach den Johnson-Kriterien der Auflösung von3 Linienpaaren auf dem Zielobjekt. Da die Zielgröße bekannt ist, kann die Zielentfernungeindeutig in eine Ortsfrequenz (in Lp/mrad) umgerechnet werden, die dem Johnson-Kriteriumentspricht: 3 Lp / 2.3 m entsprechen in einer Entfernung von 1 km einer Ortsfrequenz von1.3 Lp/mrad, bei zwei Kilometern dem doppelten Wert etc. In der Abbildung 4 ist die MRTD-Kurve des Gerätes über der Ortsfrequenz aufgetragen. Eine zweite x-Achse bezeichnet die ausder Ortsfrequenz umgerechnete Zielentfernung. Gleichzeitig eingezeichnet ist die ETD-Kurveals Funktion der Entfernung (in der gewählten logarithmischen Darstellung entspricht derexponentiell gedämpfte Verlauf einer Geraden mit negativer Steigung). Die ETD- und dieMRTD-Kurve schneiden sich bei einer Entfernung von 3.25 km resp.4.22 Lp/mrad. Wenn das Objekt also 3.25 km entfernt ist, dann kommt beim Gerät gerade

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noch soviel IR-Strahlung an, dass auf dem Objekt die nach Johnson geforderte Auflösungerreicht werden kann, die erforderlich ist, um das Objekt mit 50 % Wahrscheinlichkeit zuerkennen. Die nominelle 50%-Erkennungsreichweite des hypothetischen Gerätes beträgt also3.25 km.

Abb. 4: Beispiel zur Berechnung der Reichweite

Die vorgestellte nominelle Reichweite und ihre Ermittlung aus der MRTD wird in der NATO-Norm STANAG 4347 definiert. Diese Norm definiert die Reichweite als Schnittpunkt ausMRTD und ETD. In dieser Norm sind auch die den einzelnen Aufklärungsaufgabenentsprechenden Johnson-Kriterien festgelegt. Als Standardziel wird ein quadratisches Targetmit 2.3 m Kantenlänge und einem Temperaturkontrast von 2 K festgelegt. Dieses Target istfür die Reichweitenbestimmung beim Erkennen, Entdecken und Identifizieren von Panzernanzuwenden. Als Standardextinktion der Atmosphäre werden Werte von 0.2/km für gutes und1.0/km für schlechtes Wetter angegeben.

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4. Vorausberechnung der Leistungsparameter

Umfangreiche Untersuchungen haben ergeben, dass die MRTD trotz aller subjektivenEinflussgrößen prinzipiell aus den Parametern eines Systems vorausberechnet werden kann.Das hierfür anzuwendende Berechnungsverfahren ist in der NATO-Norm STANAG 4350beschrieben. Die Herleitung einer theoretischen Beziehung ist aufwändig und soll hier nichtvorgestellt werden. Es ergibt sich folgendes Resultat für die MRTD [2, S. 82]:

Hierbei bedeuten:

SNRmin : minimales Signal/Rauschverhältnis nach(!) der psychophysischenBildverarbeitung. Dieser Wert wird mit 2.25 angenommen.

MTFsys : gesamte Modulationsübertragungsfunktion des Gerätesvscan : Scangeschwindigkeit in mrad/sω : Ortsfrequenz in Linienpaare/mrad∆y : Sehfeld eines Detektorelements quer zur Scanrichtung in mradFR : BildfrequenztE : Integrationszeit des visuellen Systems, meist als 0.2s angenommenηovsc : Überabtastungsfaktor∆fn : Rauschbandbreite:

S(ω) : RauschspektrumSmax : maximaler Wert des RauschspektrumsMTFN : Produkt der MTF der Elektronik und evtl. vorhandenen AperturkorrektionQ : wahrgenommene Rauschbandbreite:

W : Breite eines Balkens des Testtargets in mradMTFeye : Augen-MTF

Man erkennt, dass die MRTD proportional zur radiometrischen Auflösung NETD ist. Jeniedriger (besser) die NETD ist, desto niedriger (besser) ist auch die MRTD. Weiterhin ist dieMRTD umgekehrt proportional zur Modulationsübertragungsfunktion MTF. Je besser (höher)die Modulationsübertragung ist, desto besser (niedriger) ist die MRTD. Die rechnerischeAuswertung der MRTD-Gleichung ist aufwändig und wird heutzutage nahezu ausschließlichmit Hilfe spezieller Computerprogramme durchgeführt. Ein aktuell verfügbares Programm istdas Thermische Reichweitenmodell (TRM) 3, das vom Forschungsinstitut für Optik undMustererkennung (FOM) in Ettlingen bezogen werden kann. Dieses Programm kannausgehend von einem vollständigen Parametersatz (Geräteparameter, Atmosphäre, Zielobjekt,Aufklärungsaufgabe) die NETD, MRTD-Kurve und die Reichweite berechnen.

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5. Reichweite unterabtastender Systeme

In der Frühzeit der Gerätetechnik kamen überwiegend scannende Systeme zum Einsatz. Beiden heutzutage üblichen Wärmebildgeräten der dritten Generation kommen hingegen zumeistzweidimensionale Detektorarrays zum Einsatz, die eine optomechanische Szenenabtastungüberflüssig machen. Dies führt aber in den meisten Fällen zu einer Unterabtastung des Bildes.Dadurch kommt es bei hohen Ortsfrequenzen zu Moirés, die eine Szenenstruktur vortäuschen,die in der Realität nicht vorkommt. Bei der Messung der MRTD kann das z.B. dazu führen,dass fälschlicherweise angenommen wird, die Balken des Testobjekts würden aufgelöst. Invielen Fällen sind aber nur drei oder zwei Balken sichtbar, wie in Abbildung 5 gezeigt [4].Auch verliert das mathematische Konzept der Modulationsübertragungsfunktion fürunterabgetastete Systeme seinen Sinn, so dass die MRTD rechnerisch nicht mehr definiert ist.

Abbildung 5: Fehlerhafte Auflösung des 4-Balken-Testobjektes bei Unterabtastung

Empirisch hat sich gezeigt, dass aber auch im Fall der Unterabtastung ein reales Objekt wiez.B. ein Fahrzeug durchaus noch aufgelöst werden kann, da der Mensch offensichtlichunbewusst die fehlenden Szenenteile ergänzt. Um für diese Fälle also eine realistischeVorhersagemöglichkeit der Geräteleistung zu ermöglichen, muss das MRTD-Konzept ersetztwerden durch einen neuen Ansatz. Hierzu wurde in den vergangenen Jahren vomForschungsinstitut für Optik und Mustererkennung das Konzept der MTDP (minimumtemperature difference perceived) aufgestellt: Die MTDP ist diejenige Temperaturdifferenz,bei der eine Auflösung von 2 - 4 Balken gerade noch möglich ist. Auch die zugrunde liegendeMTF-Theorie wurde erweitert. Anstelle der MTF tritt nun die AMOP (average modulation atoptimum phase), die die mittlere Modulation bei optimaler Justierung der Sichtlinie angibt, sodass die Balken optimal erkennbar werden.

Die Berechnung der Reichweite wird nun über den Schnittpunkt von MTDP und ETDvorgenommen. Die erzielten Resultate sind mit diesem neuen Verfahren bei unterabtastendenSystemen wesentlich realitätsnäher als bei der Berechnung über die MRTD. Das o.a.Rechenmodell TRM 3 ist in der Lage, sowohl nach der Standardtheorie als auch nach demneuen Ansatz die Geräteleistung vorauszuberechnen.

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Abbildung 6: Das Berechnungsmodell TRM 3, nach [4]

6. Literatur

[1] N. Martinelli, S. Boulanger: „Cadillac DeVille Thermal Imaging Night Vision System“,SAE Technical Paper Series 2000-01-0323, SAE 2000 World Congress Detroit,Michigan, March 6-9, 2000

[2] M. C. Dudzik: „Electro-Optical Systems Design, Analysis, and Testing”, Band 4 derReihe: „The Infrared and Electro-Optical Systems Handbook“ (J. S. Accetta, D.L.Shumaker), The Society of Photo-Optical Instrumentation Engineers and TheEnvironmental Research Institute of Michigan, Bellingham und Ann Arbor (1993)

[3] J. Nolting: „MTF, NETD, MRTD und Reichweite“, Skriptum zum Lehrgang SE 3.13„Grundlagen und Anwendungen der Wärmebildtechnik“,, Carl-Cranz-Gesellschaft,Wessling (2002)

[4] W. Wittenstein: „Thermisches Reichweitenmodell TRM 3“, Skriptum zum LehrgangSE 3.13 „Grundlagen und Anwendungen der Wärmebildtechnik“, Carl-Cranz-Gesellschaft, Wessling (2002)

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