Leitlinien im Spannungsfeld mit dem ärztlichen Berufsrecht Dr. Karlheinz Kux Kammeramtsdirektor.

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Leitlinien im Spannungsfeld mit dem ärztlichen Berufsrecht Dr. Karlheinz Kux Kammeramtsdirektor

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Leitlinien im Spannungsfeld mit dem ärztlichen Berufsrecht

Dr. Karlheinz KuxKammeramtsdirektor

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Definition von BL

Definition von Behandlungsleitlinien (BL) als Ausgang für berufsrechtliche Überlegungen:

Systematische Identifikation von Behandlungsmethoden, für die - im Rahmen methodisch abgesicherter klinischer Studien - die Wirksamkeit eindeutig nachgewiesen werden konnte

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Verfahren der Leitlinienerstellung

z.B.:

• Clearing-Verfahren (evidenz-basierte Konsensus-Leitlinien in Deutschland)

• EBM-Guidelines für Allgemeinmedizin der ÖGAM im Verlag der ÖÄK (als deutschsprachige Ausgabe der Leitlinien der finnischen Medizinischen Gesellschaft

• Bestimmte Rechtsgrundlagen

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Bundesqualitätsrichtlinien

Von BMGF durch Verordnung erlassene und damit verbindlich gemachte Standards

Rechtsfolge: Haftung für sach- und fachgerechte Erlassung auch für den individuellen Behandlungsfall

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Bundesqualitätsrichtlinien

Rechtsfolge für Arzt:

• Schutznormcharakter„… hat jemand ein Gesetz, das den

zufälligen Beschädigungen vorzubeugen sucht, übertreten … so haftet er für allen Nachteil …“ (§ 1311 Abs. 2 ABGB)

• Beweislastumkehr: Für Schuldlosigkeit an der Übertretung

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Behandlungsleitlinien

• Informations- und Orientierungshilfe

• Information = Fortbildung

• Empfehlungswert

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Forensisch

• Beweislastumkehr (?) bei Behandlungsabweichung

• Gerichtsgutachten notwendig bzgl. - Beachtung der BL- und Prüfung des individuellen Behandlungsfalles

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Disease Management Programme

Organisatorische und finanzielle Umsetzung von med. Leitlinien bei

gewissen chron. Krankheiten

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Begriffliche Problematik

• Weitergehender als BL

• Medizinfremder Begriff „Management“ dadurch Einflussnahme medizinfremder Professionen

• Für Patienten schwer versteh- und annehmbar

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Konsequenz

• Umbenennung in „Therapie aktiv“ für das DMP-Diabetes Typ 2-Vorhaben

• Vorrang und Grundlage: Behandlungsleitlinien

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Rechtsquellen: ÄrzteG

§ 49 Abs. 1 „… Er hat sich laufend im Rahmen anerkannter

Fortbildungsprogramme der Ärztekammern in den Bundesländern oder der ÖÄK oder im Rahmen anerkannter ausländischer Fortbildungsprogramme fortzubilden und nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und der fachspezifischen Qualitätsstandards das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren.“

§ 49 Abs. 2a„…regelmäßig eine umfassende Evaluierung der Qualität

durchzuführen und die jeweiligen Ergebnisse der ÖÄK … zu übermitteln.“

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Rechtsquellen: ÄrzteG

§ 118a Abs. 1„Die ÖÄK hat eine Gesellschaft für Qualitätssicherung zu errichten …“

§ 118a Abs. 2„Zu den Aufgaben der Gesellschaft zählen insbesondere:1. Die Ausarbeitung von fachspezifischen Qualitätskriterien

einschließlich Kriterien für die Struktur- und Prozessqualität, allenfalls im Zusammenwirken mit inländischen Fachgesellschaften,

2. die Qualitätsevaluierung mittels fachspezifischer Evaluierungsbögen unter Nutzung der elektronischen Datenübertragung nach Maßgabe der technischen Ausstattung,

3. die Qualitätskontrolle sowie4. die Führung eines Qualitätsregisters.“

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Evaluierungsfragebogen der ÖQMed

Frage 9 Fachliche Qualifikation9.1 Sind Sie über die theoretischen und praxisbezogenen

Veränderungen und Fortschritte in Diagnostik und Therapie Ihres Fachgebietes nach dem aktuellen Stand der Medizin informiert?

9.2 Bilden Sie sich entsprechend dem ÄrzteG fort?

Frage 13 Ärztliche Behandlung und Diagnosestellung13.1 Setzen Sie Ihre in der Fortbildung erworbenen,

zeitgemäßen, wissenschaftlichen Erkenntnisse – wenn möglich – in Ihrer täglichen Praxisarbeit ein?

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Andere Rechtsquellen

Gesundheitsqualitätsgesetz – GQG§ 2 Zif. 13

Verordnungskompetenz für Bundesqualitätsrichtlinien

§ 2 Zif. 14

Bundesqualitätsleitlinien als Orientierungshilfe empfohlener Standards

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Andere Rechtsquellen

• Bundesgesetz über die Gesundheit Österreich GmbH (GÖGG)

• Errichtung eines Bundesinstitutes für Qualität im Gesundheitswesen (BIQG)

• Aufgaben: Überprüfung, Empfehlung, Erarbeitung von Qualitätsstandards aufgrund bzw. für Bundesqualitätsrichtlinien bzw. Bundesqualitätsleitlinien

• Konkurrenz zur ÖQMed der ÖÄK

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Andere Rechtsquellen

• Art. 15a-B-VG über Organisation und Finanzierung des GW

• Erarbeitung von Qualitätsvorgaben für die Erbringung von Gesundheitsleistungen (Art. 11 Abs. 1 Zif. 1)

• Leistungsangebotsplanung nach Qualitätsvorgaben (Art. 11 Abs. 1 Zif. 3)

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Andere Rechtsquellen

• Gesundheitsreformgesetz 2005 (insbes. KAKuG)

• Kompetenz d. Bundesgesundheitsagentur zur Erarbeitung von Qualitätsvorgaben für die Erbringung von Gesundheitsleistungen (§ 59a Abs. 1 Zif. 1) u.a.

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Eigene Schlussfolgerung

• Zitierte Rechtsquellen außerhalb des Ärztegesetzes sind

• Beispiele für medizinische Kompetenz-arrogation Berufsfremder und der Politik

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§ 49 Abs. 1 und 2 ÄrzteG

Maßgebliche und vorrangige Rechtsgrundlage für BL:

• Informations- und Orientierungshilfe• Ausbildungsinhalte • Fortbildung und der Qualitätssicherung• Inhalte ärztlicher Berufsausübung• Zum Wohl der Kranken und Schutz der

Gesunden

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Folgewirkung

• Gewisse haftungsrechtliche Relevanz

• Begründung (Dokumentation) bei individueller Behandlungsabweichung

• Aufklärungs- und Dokumentationshilfe bei leitlinienkonformer Behandlung (?)

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BL = rein ärztliches Handeln

• Damit ureigene und ausschließliche Kompetenz und Verantwortung der medizinischen Wissenschaft, ärztlicher Berufsvertretung und Ärzteschaft

• weil berufsrechtliche Verantwortung (Qualitätssicherung, Disziplinarrecht, Vertrauenswürdigkeitsprüfung, Haftungsrecht)

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BL = rein ärztliches Handeln

• Kein Erfordernis von BL oder Richtlinien anderer Institutionen

• Es sei denn, für Rahmenbedingungen für die Umsetzung von BL

• Strikte Ablehnung von Behandlungsrichtlinien deren Verbindlichkeitscharakter in unauflösbaren Konflikt mit individueller Behandlungspflicht des Arztes und dem Behandlungsanspruch des Patienten stünden

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Kassenrechtliche Fragestellungen

gem. § 133 Abs. 2 ASVG

„Die Krankenbehandlung muss ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden.“

und gem. § 331 Abs. 2 ASVG

„Durch die Verträge nach Abs. 1 ist die ausrechende Versorgung der Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen mit den gesetzlich und satzungsmäßig vorgesehenen Leistungen sicherzustellen.“

BL sind nicht ident mit dem krankenversicherungsrechtlichen Behandlungsgebot

Dazu aber dann Prof. Mazal