Lernen aus Fehlern anderer - bgrci.de · Editorial Liebe Leserin, lieber Leser! Nicht erst seit den...

36
7. Jahrgang . 7/8 Juli/August 2016 Zeitschriſt für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Berufsgenossenschaſt Rohstoffe und chemische Industrie ROHSTOFFE – BAUSTOFFE . CHEMIE – PAPIER – ZUCKER . HANDWERK Weiterbildungsseminar Nanomaterialien Individualprävention Lärm Die BG RCI auf der Arbeitsschutz Aktuell in Hamburg Lernen aus Fehlern anderer

Transcript of Lernen aus Fehlern anderer - bgrci.de · Editorial Liebe Leserin, lieber Leser! Nicht erst seit den...

  • 7. Jahrgang . 7/8 Juli/August 2016

    Zeitschrift fr Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie

    ROHSTOFFE BAUSTOFFE . CHEMIE PAPIER ZUCKER . HANDWERK

    Weiterbildungsseminar NanomaterialienIndividualprvention Lrm

    Die BG RCI auf der Arbeitsschutz Aktuell in Hamburg

    Lernen aus Fehlern anderer

  • EditorialLiebe Leserin, lieber Leser!

    Nicht erst seit den Enthllungen von Edward Snowden hat sich die Informations- bzw. Da-tensicherheit von einem Spezialthema fr Si-cherheitsexperten und Datenschtzer zu ei-nem Thema der allgemeinen ffentlichkeit gewandelt. Zu Recht machen wir uns obwohl viele sich nicht scheuen, fr einen vermeintli-chen Vorteil intimste Informationen aus dem Privatleben preiszugeben um die Sicherheit unserer Daten groe Sorgen.

    Der Umgang der Berufsgenossenschaften mit vertraulichen Unternehmens- und Versicher-tendaten ist streng reglementiert und zweck-bezogen. Sie unterliegen dem Sozialgeheim-

    nis, haben einen sehr hohen Schutzbedarf und drfen ausschlielich fr die definierten hoheitlichen Aufgaben der Unfallversiche-

    rungstrger verwendet werden. Entsprechend sorgsam geht die BG RCI mit diesen Daten um.

    Basis fr den Einsatz von Informations- und Telekommunikationstechniken bei der BG RCI sind neben dem Bundesdatenschutzgesetz anerkannte Best Practice-Anstze wie die IT Infrastructure Library (ITIL) sowie die Stan-dards und Empfehlungen des Bundesamtes fr die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Durch den Einsatz moderner techni-scher Konzepte wie der Thin Client-Technolo-gie erfolgt die Datenhaltung und -verarbeitung in einem zentralen, redundant ausgelegten Rechenzentrum. Die technische Ausstattung am Bildschirmarbeitsplatz ist lediglich fr die Anzeige der Informationen zustndig. Auf die-se Weise wird eine bersichtliche Datenhal-tung erreicht, das Vorhalten kritischer Daten an den lokalen Arbeitspltzen vermieden und eine automatische regelmige Sicherung al-ler relevanten Daten sowie die Wiederherstel-lung im Katastrophenfall mit geringem Auf-wand ermglicht.

    Darber hinaus untersttzt das Corporate Network der Unfallversicherungstrger (CNUV) den sicheren Austausch von Informa-tionen und elektronischen Dienstleistungen

    zwischen den Unfallversicherungstrgern und schtzt durch einen gesondert gesicherten bergabepunkt auch den Zugang zum Inter-net. Eine Verschlsselung der ber Datenlei-tungen oder Datentrger transportierten In-formationen nach dem aktuellen Stand der Technik ist dabei Pflicht.

    Mit dem Einsatz von Technik und organisatori-schen Manahmen allein ist jedoch kein Op-timum an Informationssicherheit zu erzielen. Ein besonderes Augenmerk gilt daher auch der Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Regelmige Schulungen und Aufklrungsaktionen runden das Ma-nahmenpaket ab.

    Auf hohem Niveau tut die BG RCI alles, um die von Ihnen zur Verfgung gestellten Informa-tionen ausschlielich zweckgebunden ein-zusetzen und vor Missbrauch zu schtzen.

    Ihr

    Hans-Jrg PiaseckiMitglied der Geschftsfhrung

    2

    BG RCI.magazin 7/8 2016BERICHTE UND INFORMATIONEN

    2

    EDITORIAL

  • BlickpunktEditorial 2

    11. 13. Oktober 2016Die BG RCI auf der Arbeitsschutz Aktuell 4

    Uffbasse reicht nichtNeue Unterweisungshilfen zu Gefahrstellen und Sicherheitszeichen 5

    Individualprvention Lrm 6

    Merkbltter zur Gefhrdungsbeurteilung jetzt auch auf Englisch 7

    Forum protecT 2016/2017Menschen fhren auf festem Grund 8

    Tagungen fr Sicherheitsfachkrfte und Betriebsrzte 2016/2017 Nordrhein-Westfalen Baden- Wrtemberg Berlin und neue Bundeslnder 9

    Weller-SystemModell zur Steuerung des Heilverfahrens ausgezeichnet 10

    Top-Mediziner an BG-Kliniken 10

    Aus der PraxisEinfach zu vermeiden: Absturz-Unfall aus der Gitterbox 11

    UV-Strahlung und Plattenepithelkarzinom14. Forum fr Sicherheitsfachkrfte und Betriebsrzte 12

    Vision Zero in der Transport betonindustrie 12

    Mit dem Gtesiegel ausgezeichnet 13

    Neue Arbeitsschutzkampagne im Steinkohlenbergbau 14

    Titelbild: Nanomaterailien wie gefhrlich sind sie wirklich? Die DGUV Akademie in Dresden bietet hierzu ein neues Weiterbildungsseminar an (S. 21). Foto: fotoliaxrender Fotolia.com

    Neue IVSS-Broschre: Gefahrstoffe am Arbeitsplatz ermitteln und bewerten 16

    Gefahrstoff-Kennzeichen videogesttzt unterweisen 16

    K+S Kali GmbH und BG RCI Vision Zero-Kooperationsvereinbarung 17

    Lernen aus Fehlern anderer 18

    BAVC, IG BCE und BG RCI starten gemeinsame Initiative fr noch mehr Arbeitssicherheit 20

    KLK OLEO, Dsseldorf1.000 Tage ohne meldepflichtigen Arbeitsunfall 20

    Neues WeiterbildungsseminarNanomaterialien wie gefhrlich sind sie wirklich? 21

    raumtex-Messen Sd und WestBG RCI auch 2016 wieder dabei 22

    125 Jahre Verband der Deutschen Lederindustrie 22

    Gtesiegel fr MicroDissect GmbH 24

    Berichte und Informationen Frderpreise 2016 24

    BG RCI-Jahreskonferenz 2016 32

    TagungsberichtSuchtprvention schafft Sicherheit 34

    Auszeichnung fr beste Bachelor-Arbeit 2015 35

    Sicherheitsfachkrfte-Tagung 2016 Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland 36

    Impressum 36

    3

    7/8 2016 BG RCI.magazin INHALT

    3

    Veranstaltungshinweise/Termine

    Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe sind der FrderpreisBewerbungsbogen 2017 und der Tafelkalender 2017 beigefgt. Damit sie beim Versand nicht herausfallen und Schaden verursachen, sind die Hefte fr den Einzelversand foliert. Hefte im Mehrfachversand werden ohne Folie verschickt.

  • BG RCI.magazin 7/8 2016BLICKPUNKT

    11. 13. Oktober 2016

    Besuchen Sie die BG RCI auf der Arbeitsschutz Aktuell in Hamburg!Wertvolle Impulse neue Ideen

    Die Fachmesse Arbeitsschutz Aktuell das Prventionsforum Mitte Oktober in Ham-burg bietet solche Lsungen rund um alle Themen der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz an. Auf dem angeschlossenen Fachkongress vermitteln auch in diesem Jahr hochkartige Experten ihr Wissen zu aktuellen Themen wie den neuen EU-Pr-ventionsgesetzen oder der betrieblichen Ausbildung im Arbeitsschutz.

    Umfangreiche Informationen zur Fachmesse und zum Fachkongress Arbeitsschutz Aktu-ell mit seinen 16 Kongressblcken sind un-ter www.arbeitsschutz-aktuell.de abrufbar.

    Holen Sie sich die Lizenz zum SchtzenDie BG RCI wird in Hamburg auf dem Ge-meinschaftsstand der Deutschen Gesetzli-chen Unfallversicherung, der Unfallkassen und der Berufsgenossenschaften vertreten sein. Mehrmals am Tag verwandelt eine Theater-Crew die aktuelle Arbeits- und Ge-sundheitsschutz-Thematik in ein spannen-des James Bond-Abenteuer und verspricht, zum Publikumsmagneten zu werden.

    Ob sichere Gestaltung von Arbeitspltzen, Stressmanagement, Work-Life-Balance, betriebliche Gesundheitsvorsorge oder die persnliche Ausstattung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern all diese Themen verlangen von den Unter-nehmen ein Hchstma an Verantwortung, Aufmerksamkeit fr die Belange der Beschftigten und Lsungen fr die tgliche Praxis.

    Die Besucher erwartet darber hinaus ein Mitmach-Parcours mit acht Aktionsmedi-en, vier davon aus dem Medienpool der BG RCI: das Alterssimulations-Spiel, der berschlagsimulator, die GHS-Slotmaschine und der Ergonomie-Werkzeugtisch. Hinzu kommen von vier weiteren Berufsgenossen-schaften der sogenannte S3 Check zur Er-kennung von Defiziten des funktionellen Be-wegungsapparats, eine Reaktionswand, das Geschicklichkeitsspiel der Heie Draht

    sowie ein Modul zum Thema Ladungssiche-rung. Wer den Parcours mit seinen abwechs-lungsreichen Interaktionsmglichkeiten er-folgreich absolviert, erhlt als Anerkennung die Lizenz zum Schtzen.

    Am Anlaufpunkt der BG RCI werden die Be-sucher mehr ber die Angebote im Rahmen der neuen Prventionsstrategie Vision Zero erfahren. Mit dieser Strategie verfolgt die BG RCI das Ziel, das Risiko, einen mel-depflichtigen Arbeitsunfall zu erleiden, bis 2024 um 30 Prozent zu senken. Im gleichen Zeitraum soll die Anzahl der schweren sowie der tdlichen Arbeitsunflle um jeweils 50 Prozent zurckgefhrt werden. hnliches gilt fr die Mehrzahl der erstmals zu ent-schdigenden Berufskrankheiten.

    Mit ihrem Messeangebot spricht die BG RCI Fhrungskrfte und Beschftigte insbeson-dere aus Mitgliedsunternehmen an. Aber auch Vertreter anderer Branchen sind herz-lich willkommen, ebenso Hersteller, Institu-tionen und Behrden sowie Universitten und Schulen. pr/nul

    Der BG RCI-berschlagsimulator eines von zahlreichen Aktionsmodulen auf der diesjhrigen Arbeitsschutz Aktuell in der Zeit vom 11. bis zum 13. Oktober 2016 in der Messe Hamburg. Foto: bgrci/Thomas Hlken

    44

  • www.bgrci.de

    Gefahr am laufenden Band!

    17/2

    011

    BG R

    CI

    BG_RCI_Sicherheitsplakate_Cartoons.indd 2 14.12.11 14:50

    7/8 2016 BG RCI.magazin BLICKPUNKT

    555

    Uffbasse reicht nichtNeue Unterweisungshilfen zu Gefahrstellen und Sicherheitszeichen

    Mechanische Gefhrdungen zhlen zu den hufigsten Ursachen von Arbeitsunfllen. Eine neue Unterweisungshilfe der IVSS-Sektion Chemie greift diesen Schwerpunkt auf. Sie thematisiert Gefahrstellen an Maschinen. Eine weitere Unterweisungshilfe widmet sich den Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichen. Beide Unterweisungshilfen knnen unter www.ivsschemie.de kostenlos heruntergeladen werden.

    Gefahrstellen an MaschinenMaschinen ermglichen dem Bediener die Verstrkung der eigenen Kraft und die Ferti-gung von Produkten in krzerer Zeit. Gleich-zeitig ergeben sich insbesondere durch die Antriebssysteme und die mechanischen Bewegungen neue Gefhrdungen fr die Beschftigten, die an und mit Maschinen arbeiten. In der Sicherheitsunterweisung Gefahrstellen an Maschinen wird in hu-morvoller Weise auf verschiedene Gefahr-stellen, die beim Umgang mit Maschinen auftreten knnen, hingewiesen: Stichstellen an feststehenden und

    bewegten Spitzen Quetschstellen an bewegten Flchen Schneidstellen an scharfen Kanten Scherstellen an schwenkbaren Kanten Fangstellen an drehenden Teilen Einzugstellen an gegenlufig

    drehenden Walzen Anlaufende Maschinen, die sich uner-

    wartet in Bewegung setzen Gespeicherte Energien durch angehobe-

    ne Lasten, gespannte Federn oder unter Druck stehende Apparate

    Die Illustrationen zu den einzelnen Lektio-nen laden ein zur Diskussion darber, ob und wo es im eigenen Betrieb vergleichba-re Fragestellungen gibt, welche konkreten technischen und organisatorischen Ma-nahmen bereits realisiert sind und welche Lsungsanstze zur Verbesserung der Situ-ation vor Ort angebracht wren.

    Sicherheits- und Gesundheitsschutz-kennzeichenWenn Risiken fr Sicherheit und Gesundheit nicht anders zu vermeiden oder ausreichend zu minimieren sind, kommen nach 3a der Arbeitsstttenverordnung Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnungen zum Einsatz. Die Technische Regel fr Arbeits-

    sttten ASR A1.3 konkretisiert hierzu die Anforderungen der Europischen Richtli-nie 92/58/EWG. Diese benennt Mindest-vorschriften fr die Kennzeichnung am Arbeitsplatz und stellt verschiedene Kate-gorien von Zeichen dar. Die Unterweisung Sicherheitskennzeichnungen, ebenfalls in Lektionen gegliedert, greift aus jeder Ka-tegorie ein Piktogramm heraus, um damit einen Einstieg in die Diskussion zu den ein-zelnen Themen zu geben: Gebotszeichen Verbotszeichen Warnzeichen Rettungszeichen Brandschutzzeichen

    Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind vor Arbeitsaufnahme und danach in regel-migen Zeitabstnden ber die Bedeutung der eingesetzten Kennzeichen zu unterwei-sen. Folgende Aspekte knnen in der Unter-weisung angesprochen werden: Welche Gebote, Verbote, Warnhinweise

    gelten in unserem Betrieb? Warum gelten sie?

    Welche Rettungs- und Brandschutzzei-chen gibt es in unserem Betrieb?

    Fhren sie in die richtige Richtung? Werden Brandschutzeinrichtungen und

    Fluchtwege immer frei gehalten? Sind die Brandschutz- und Erste-Hilfe-Ein-

    richtungen funktionsfhig und gewartet? Wer kann mit den entsprechenden Ein-

    richtungen richtig umgehen?

    Die Sicherheitsunterweisungen dienen nicht nur der Erfllung rechtlicher Vorgaben. Sie lassen sich auch als Instrument fr einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess im Unternehmen nutzen.Dr. Joachim Sommer, BG RCI, Heidelberg

    Illus

    trat

    ion:

    bgr

    ci

    Warum werden sie gegebenenfalls nicht eingehalten?

    Gibt es Gefahrstellen, die nicht gekenn-zeichnet sind?

    Knnten technische Schutzmanahmen statt der verhaltensbezogenen Hinweise realisiert werden?

  • 6

    BG RCI.magazin 7/8 2016BLICKPUNKT

    Individualprvention LrmLrm am Arbeitsplatz ist nach wie vor eines der Hauptprobleme im Arbeitsschutz

    Etwa fnf Millionen Beschftigte in Deutschland sind bei ihrer beruflichen Ttigkeit gesundheitsschdlichem Lrm ausgesetzt. Lrmschwerhrigkeit ist unverndert der Spitzenreiter bei den Berufskrankheiten.

    Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, ihre Beschftigten vor lrmbedingten Gesund-heits- und Sicherheitsrisiken am Arbeits-platz zu schtzen. Aus Sicht des Arbeits-schutzes steht neben den Gehrschden auch das Unfallrisiko durch das berhren von Warnrufen oder Signalen im Fokus.

    Welche Manahmen zu treffen sind, hngt davon ab, ob der Tages-Lrmexpositions-pegel die durchschnittliche Lrmeinwir-kung whrend einer Acht-Stunden-Schicht einen definierten Auslsewert erreicht oder berschreitet. Er ist in der Verordnung zum Schutz der Beschftigten vor Gefhrdungen durch Lrm und Vibrationen festgelegt. So hat der Arbeitgeber ab einem Tages-Lrmex-positionspegel von 85 dB (A) die Lrmberei-che in seinem Betrieb zu kennzeichnen. In diesen Bereichen mssen die Beschftigten dann Gehrschutz tragen.

    Manahmen zur IndividualprventionWenn es konkrete Hinweise gibt, dass bei einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter im Zusammenhang mit der beruflichen T-tigkeit eine Lrmschwerhrigkeit entstehen kann oder sich zu verschlimmern droht, ha-ben die Unfallversicherungstrger dieser Gefahr mit allen geeigneten technischen, organisatorischen, persnlichen oder medi-zinischen Manahmen entgegenzuwirken. Die BG RCI setzt dies in einem abgestuften Verfahren im Rahmen der Individualpr-

    vention Lrm (IP Lrm) um. Im Berufs-krankheitenverfahren ist es Aufgabe des zustndigen BG RCI-Prventionsbereichs, Arbeitspltze zu beurteilen und Prventi-onsmanahmen zu initiieren.

    Die in der IP Lrm festgelegten Manah-men haben das Ziel, das Entstehen oder die Verschlimmerung arbeitslrmbedingter Hr-verluste mit allen geeigneten Mitteln zu ver-hten. Dies betrifft insbesondere Personen, die mit einer anerkannten Berufskrankheit Lrmschwerhrigkeit (BK 2301) weiter-hin bei ihrer Ttigkeit gehrgefhrdendem Lrm ausgesetzt sind. Gegen den Verlust des Hrvermgens gibt es keine medizini-sche Therapie.

    Zur Vorbereitung und Umsetzung von Ma-nahmen nach der IP Lrm werden Gespr-che mit der oder dem Betroffenen, dem be-trieblich Verantwortlichen, dem Betriebsrat, dem Betriebsarzt und der Fachkraft fr Ar-beitssicherheit gefhrt. Es kann sich um ein Einzel- oder um ein gemeinsames Gesprch handeln, das auch wiederholt stattfinden kann. Fr alle Manahmen ist die Einwilli-gung des Betroffenen erforderlich.

    Nachdem die technischen und organisa-torischen Manahmen am Arbeitsplatz berprft worden sind, ist eine individuelle Beratung zum Tragen von Gehrschutz vor-gesehen. Dabei wird insbesondere darauf

    geachtet, ob im Betrieb individuell geeigne-ter Gehrschutz zur Verfgung steht und die-ser bei dem Betroffenen Akzeptanz findet.

    Falls sich bei der Erstberatung Mglich-keiten fr Verbesserungen beim individu-ellen Gehrschutz zeigen, werden nach Aus-schpfen des betrieblichen Angebots auch geeignete Alternativen vorgestellt. Die be-troffene Person ist so direkt an der Auswahl eines fr sie besonders geeigneten Gehr-schutzes beteiligt. Dieser ist grundstzlich vom Arbeitgeber zur Verfgung zu stellen.

    Auch das BG RCI-Lrmseminar ist vielfach eine groe HilfeBeschftigten mit individuell erhhtem Ri-siko gegenber Lrm empfiehlt die BG RCI das Seminar Wissenswertes ber Lrm. Es wird mehrmals im Jahr in den BG RCI- Bildungszentren Laubach und Maikammer angeboten. Beschftigte, die bereits als er-krankt gemeldet sind, laden die Bildungs-zentren ber den jeweiligen Betrieb auto-matisch ein.

    Teilnehmer, die von einer Hrminderung betroffen sind, beurteilen die Seminare als beraus lohnenswert. Sie empfehlen anderen Betroffenen, das Angebot eben-falls zu nutzen. Die Besuche beim Facharzt und auch die Untersuchung beim Gutachter htten zwar gewisse Informationen vermit-telt, im Seminar werde der gesamte Zusam-

    66

    Die Individualprvention Lrm will das Entstehen oder die Verschlimmerung arbeitslrmbedingter Hrverluste verhten. Auch Lrmseminare helfen oft weiter. Fotos: industrieblick Fotolia.de/br

  • 7

    7/8 2016 BG RCI.magazin BLICKPUNKT

    Merkbltter zur Gefhrdungsbeurteilung jetzt auch auf EnglischViele Mitgliedsunternehmen der BG RCI sind weltweit vertreten oder koope-rieren auf internationaler Ebene. Um an allen Standorten einen einheitlichen Standard in der Arbeitssicherheit und der Gesundheitsfrderung zu erzielen, entstand der Wunsch nach einer englischen Ausgabe der beiden zentralen BG RCI-Publikationen Gefhrdungsbeurteilung Sieben Schritte zum Ziel und Gefhrdungsbeurteilung Gefhrdungskatalog. Sie liegen jetzt als Merkblatt A 016e Risk Assessment Seven Steps to the Goal und Merkblatt A 017e Risk Assessment Hazard Catalogue vor und knnen unter medienshop.bgrci.de bestellt werden.

    Gefhrdungsbeurteilungen sind das zen-trale Instrument im Arbeitsschutz und der Schlssel zur Verringerung von Arbeitsunfl-len, Berufskrankheiten und arbeitsbeding-ten Erkrankungen. Die Merkbltter wenden sich branchenbergreifend an alle, die Ge-fhrdungsbeurteilungen durchfhren ms-sen oder daran beteiligt sind.

    Wie in der deutschsprachigen Fassung beschreibt das Merkblatt A 016e Schritt fr Schritt, wie eine Gefhrdungsbeurtei-lung durchgefhrt werden kann. Eine Ge-fhrdungsbeurteilung nach dieser Vorga-be erfllt die Anforderungen der Leitlinie Gefhrdungsbeurteilung und Dokumentati-

    on der Gemeinsamen Deutschen Arbeits-schutzstrategie (GDA). Als Hilfsmittel sind Formulare beigefgt, die zur Durchfhrung und Dokumentation der Gefhrdungsbeur-teilung verwendet werden knnen.

    Das Merkblatt A 017e fhrt mgliche Ge-fhrdungen und Belastungen systematisch auf und stellt ihnen allgemein gefasste Vor-schlge fr Schutzmanahmen gegenber. Die im Gefhrdungskatalog enthaltenen Rechtsbezge erleichtern es den Nutzern, sich zu einzelnen Fragestellungen genauer zu informieren.

    Dr. Olaf Schmidt-Gndel, BG RCI, Heidelberg

    A 016e

    Risk AssessmentSeven Steps to the Goal

    General Topics 8/2015

    A 017e

    Risk Assessment Hazard Catalogue

    General Topics 8/2015

    menhang aber erst richtig erkennbar. So gab ein Teilnehmer an, dass ihm nun erst klar sei, warum der arbeitsmedizinischen Vorsor-ge eine so groe Bedeutung zukomme. Nur durch sie sei er vor einer weiteren Verschlim-merung seiner Hrminderung bewahrt ge-blieben. Auch seien zahlreiche Aspekte zur Auswahl und zum Einsatz des passenden Gehrschutzes vermittelt worden. Schlie-lich habe sich erst im Seminar gezeigt, was sich hinter einem dB-Wert verberge. So wur-de angeregt, im Betrieb neben dem Gebots-zeichen Gehrschutz tragen knftig auch die bei Lrmmessungen ermittelten Tages-Lrmexpositionspegel anzugeben.

    Fast alle Teilnehmer sind sich einig, dass in den Betrieben durch Unterweisungen die Motivation zum Tragen von Gehrschutz weiter gesteigert werden kann. Der betrieb-liche Standard im Arbeitsschutz sei zwar oft recht hoch, die Vermittlung der Zusammen-hnge zur Entstehung von Lrmschwerh-rigkeit knne aber noch deutlich verbessert werden, hie es.

    Lrmschwerhrigkeit als BerufskrankheitDer Verdacht auf eine Berufskrankheit ist dann begrndet, wenn Beschftigte ber mehrere Jahre unter gehrgefhrdenden Lrmbedingungen ttig waren und die Hrfunktionsstrung dem medizinischen Bild einer lrmbedingten Schwerhrigkeit entspricht. Schon die beginnende lrmbe-dingte Hrschdigung kann mittels Tonau-diogramm anhand eines typischen Hrver-lusts im Frequenzbereich um 4.000 Hz die sogenannte C5-Senke festgestellt werden. Ein bestimmtes Ausma der Hrminderung ist nicht Voraussetzung fr den Verdacht auf eine Berufskrankheit. Im anschlieenden Feststellungsverfahren geht es im Interes-se der betroffenen Beschftigten um eine schnelle Entscheidung ber Leistungsan-sprche, wie etwa eine Hrgerteversorgung oder eine Tinnitus-Heilbehandlung, sowie um eine wirkungsvolle individualprventi-ve Betreuung.

    Burkhard Rehn, Andreas Brodkorb, BG RCI, Mainz und Heidelberg

    777

  • BG RCI.magazin 7/8 2016BLICKPUNKT

    88

    Forum protecT

    Menschen fhren auf festem Grund22. 23. November 2016 / 15. 16. Februar 2017

    Leben Sie Fhrung! und Gefahr erkannt Gefahr gebannt! So lauten die ersten beiden von insgesamt sieben Erfolgsfaktoren des BG RCI-Leitfadens zur Umsetzung der Prventionsstrategie Vision Zero. Null Unflle gesund ar-beiten! Folgerichtig stehen neben aktuellen Informationen zur neuen BG RCI-Prventionsstrategie die Themen Fh-rung und Gefahren erkennen und beurteilen im Mittelpunkt des kommenden Forums protecT mit Veranstaltungen im Herbst dieses Jahres sowie Anfang 2017.

    Ein klares Bekenntnis der Unternehmens-leitung und aller Fhrungskrfte zu ihrer Verantwortung fr die Sicherheit und Ge-sundheit aller Beschftigten ist Grund-voraussetzung fr Erfolge in der Prvention von Arbeitsunfllen und Berufskrankheiten. Dabei wissen wir, dass gute Fhrungskrfte nicht vom Himmel fallen und die Herausfor-derungen im Umgang mit Menschen immer komplexer werden.

    Gute Fhrung verlangt Vertrauen und eine transparente Fhrungskultur, die auf Kom-munikation, Offenheit und Berechenbarkeit setzt. Offen ber Fehler oder auch psychi-sche Belastungen zu sprechen, darf kein Tabu sein. Auf den kommenden Forum pro-tecT-Veranstaltungen will die BG RCI zusam-men mit namhaften Experten sowie anhand von Beispielen und in Workshops aufzeigen, wie Sie die Situation in Ihrem Unternehmen und Ihr eigenes Handeln hinterfragen und was Sie tun mssen, um alle Fhrungskrfte ins Boot zu holen.

    Doch fr gute Fhrung braucht es nicht nur das, was man heute gern als social skills bezeichnet. Gute Fhrung beruht auf Ana-lysen und klaren Ansagen. Deshalb be-schftigt sich das Forum auch damit, wie den wahren Ursachen von Unfllen auf den Grund zu gehen ist und wie dabei das In-strument der Gefhrdungsbeurteilung so eingesetzt werden kann, dass es nicht als berflssige Brokratie, sondern als Fh-rungswerkzeug wahrgenommen wird und Akzeptanz findet.

    Die Veranstaltungen fhren vor Augen, wie gute Fhrungsarbeit und eine fundierte Analyse nicht nur zu Fortschritten in der betrieblichen Prventionsarbeit beitragen, sondern auch helfen, Produktionsausflle zu vermeiden, die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern und die Attraktivitt des Unter-nehmens zu verbessern. Sie haben die Mg-

    lichkeit, Erfahrungen und Ideen im Gesprch mit Unternehmerinnen und Unternehmern, Fhrungskrften und fhrenden Fachleuten auszutauschen.

    Programmschwerpunkte Fhrungsverantwortung und Motivation Fehlerkultur und Konsequenz Zehn lebensrettende Manahmen Psychische Belastungen Nutzen der Gefhrdungsbeurteilung Vision Zero Ein Erfahrungsbericht

    WorkshopsTeil des 1. Veranstaltungstags sind spezifi-sche Workshops, unter denen Sie zwei aus-whlen knnen.

    Zielgruppen Unternehmerinnen und Unternehmer Fhrungskrfte Personalverantwortliche Fachkrfte fr Arbeitssicherheit Betriebsrztinnen und Betriebsrzte Betriebsratsmitglieder

    Termine und VeranstaltungsorteWhlen Sie einen der folgenden Termine aus: 22. 23. November 2016, Hotel La Strada,

    Kassel

    15. 16. Februar 2017, Maritim Hotel, Magdeburg

    Teilnahmegebhren und ReisekostenFr Interessenten aus den Mitgliedsunter-nehmen der BG RCI sind Teilnahme und bernachtung kostenfrei. Reisekosten wer-den nicht erstattet.

    Die Veranstaltung gilt als Fortbildung fr Unternehmerinnen und Unternehmer in der alternativen Betreuung (Unternehmer- modell).

    bernachtungFr die bernachtung bernimmt die BG RCI die Zimmerbuchung fr alle, die eine Zusage zur Teilnahme an einer der Veran-staltungen haben.

    AnmeldungDie Anmeldung ist voraussichtlich ab Mit-te August mglich. Anmeldeformulare und weitere Informationen finden Sie unter www.forum-protect.de. Folgen Sie dem Link zur Anmeldung. Oder gehen Sie alternativ ber seminare.bgrci.de zum Forum protecT.

    Wenn Sie dort bereits mit einem Kunden-konto registriert sind, melden Sie sich bit-te mit Ihren Zugangsdaten an. Sie knnen dann die Komfortfunktionen der Anmelde-maske nutzen. Bitte bedenken Sie, dass ber ein Kundenkonto mehrere Anmeldun-gen aus demselben Unternehmen mglich sind. Es bietet sich an, ein Kundenkonto

    pro Standort fr alle Seminaran-meldungen zu nutzen. Prfen Sie bitte in Ihrem Unternehmen, ob

    bereits ein Kundenkonto besteht.

    KontaktBetina Hilpert, Telefon: 06221/5108-

    21510, E-Mail: [email protected].

    Annett Bruhns, BG RCI, Langenhagen Foto:

    Ro

    bert

    Kne

    schk

    e

    Foto

    lia.d

    e

  • 7/8 2016 BG RCI.magazin BLICKPUNKT

    999

    Tagung fr Sicherheitsfachkrfte 2016/2017BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Nordrhein-Westfalen

    Die BG RCI ldt die Sicherheitsfachkrfte ihrer Mitgliedsunternehmen in Nordrhein-Westfalen ein zur Sicherheits-fachkrfte-Tagung 2016. Es handelt sich um eine Fortbildungsveranstaltung im Sinne des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG). Veranstaltungsort ist Knigswinter. Vier Termine stehen zur Auswahl:

    15. 16. November 201616. 17. November 201622. 23. November 201623. 24. November 2016

    Die Tagung, organisiert vom Prventions-zentrum Bochum/Kln der Berufsgenossen-schaft, richtet sich an Sicherheitsfachkrfte aller in der BG RCI vertretenen Branchen. Das sind die Themen: Die neue Prventionsstruktur der BG RCI Die ZED-Datenbank zur zentralen Erfas-

    sung von Beschftigten, die gegenber krebserzeugenden Stoffen exponiert sind

    Erste Erfahrungen mit der neuen BG RCI-Prventionsstrategie Vison Zero. Null

    Unflle gesund arbeiten! Zuckerindustrie: Vom Saatkorn bis zum

    Kristallzucker Arbeitsschutz in Steinbrchen und unter

    Tage Papierindustrie: Leichtes Produkt

    schwere Maschinen Zwei Jahre Betriebssicherheitsverord-

    nung: Was ist wirklich neu?

    Fr einen umfassenden Erfahrungsaus-tausch sorgen darber hinaus drei Work-shops. Experten moderieren zu den The-men: Mit Hochdruck zum Ziel Sicherheit an

    Hochdruckschluchen

    Mehr als nur ein Fragebogen Psychi-sche Belastungen in der Gefhrdungsbe-urteilung

    Damit genug Luft zum Atmen bleibt Lftungstechnische Manahmen

    Die Tagung wird ergnzt mit einem Streif-zug durch das Medienangebot der BG RCI.

    Sicherheitsfachkrfte erhalten zu den Ver-anstaltungen rechtzeitig eine gesonderte Einladung. Die BG RCI freut sich auf Ihre Teil-nahme und erwartet eine spannende NRW-Sicherheitsfachkrfte-Tagung 2016.

    koc

    BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Baden-Wrttemberg

    Zur Tagung fr Sicherheitsfachkrfte und Betriebsrztinnen und -rzte, die in BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Baden-Wrttemberg ttig sind, ldt die Berufsgenossenschaft nach Pforzheim ein. Termin: 19. 20. Oktober 2016.

    Die Tagung wird organisiert vom Prventi-onszentrum Heidelberg der BG RCI und greift eine Reihe von Themen der neuen Prven-tionsstrategie Vision Zero auf:

    Leben Sie Fhrung: Sicherheit leben Gefahr erkannt Gefahr gebannt: Manipulation von Schutzeinrichtungen

    Ziele definieren Programm aufstellen: Mit Kpfchen bei der Sache Maschine, Technik, Anlagen aber sicher: Anpassung alter Maschinen und Anlagen

    an den Stand der Technik Wissen schafft Sicherheit: - Alles neu im Explosionsschutz - ZED die Zentrale Expositionsdatenbank - Das neue Prventionsgesetz

    Motivieren durch Beteiligung: Gesundheitsschutz aktiv gestalten

    Die Tagung wird begleitet von einer Fach-ausstellung mit Produkten fr den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Wer an der Tagung teilnehmen mchte, meldet sich an unter www.bgrci.de >Seiten ID: #FF1J. Thomas Maus, BG RCI, Heidelberg

    BG RCI-Mitgliedsunternehmen in Berlin und den neuen Bundeslndern

    Termine: Fr Sicherheitsfachkrfte aus BG RCI-Mitgliedsunternehmen in den Bun-deslndern Sachsen, Thringen und Teilen Sachsen-Anhalts:26. und 27. Oktober 2016 in Radebeul bei DresdenFr Sicherheitsfachkrfte aus BG RCI-Mitglieds-unternehmen in den Bundeslndern Berlin, Brandenburg und Teilen Sachsen-Anhalts:30. und 31. Mrz 2017 in Erkner bei Berlin

    Themen: Erste Erfahrungen mit der neuen BG RCI-

    Prventionsstrategie Vision Zero Erfahrungsaustausch zur Gefhrdungs-

    beurteilung im Hinblick auf psychische Belastungen

    Gesund am Arbeitsplatz Ausblick auf die 2017 beginnende bun-

    desweite Prventions-Kampagne zum Thema Prventionskultur

    Die Medienwelt der BG RCI Aus der Praxis fr die Praxis: Erfahrungs-

    berichte und gute Lsungen

    Die Tagungen werden organisiert vom BG RCI-Prventionszentrum Gera/Berlin. Das Prventionszentrum ldt die Sicherheitsfach-krfte zu diesen Veranstaltungen gesondert auf schriftlichem Wege ein. nvs

  • BG RCI.magazin 7/8 2016BLICKPUNKT

    Weller-System

    IVSS zeichnet Modell zur Steuerung des Heilverfahrens ausSoftware-Entwicklung von BGN und BG RCI hat groe Chancen auf internationale Nutzung

    Das Weller-System ist ein wertvolles Mo-dell fr eine wirksame Heilverfahrensun-tersttzung, das zu betrchtlichen Effizi-enzgewinnen gefhrt hat. Es verfgt ber ein groes Potential, auf andere Lnder und andere Zweige der Unfallversicherung bertragen zu werden, heit es in der Be-grndung der Jury-Entscheidung.

    Das Weller-System umfasst eine Anleitung mit den 170 hufigsten Diagnosen und ber 450 Diagnosemustern sowie eine zentra-le Datenbank mit Zeiten und Kosten abge-schlossener (anonymisierter) Flle der be-teiligten Versicherer.

    Das erlaubt einen aktiven Heilverfahrens-ansatz, mit dem Anwender eine durch-schnittlich um 25 Prozent verringerte Arbeitsunfhigkeitszeit im Vergleich zu Anstzen ohne Heilverfahrensunterstt-zung erreichen knnen, erlutert Thomas Khler, Sprecher der BG RCI-Geschftsfh-rung, den Nutzen. Die Weller-Datenbank,

    auch Weller-Tabelle oder Weller-System genannt, entstand unter der fachlichen Leitung von Prof. Dr. med. Siegfried Wel-ler, ehemaliger rztlicher Direktor der Be-rufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tbingen. Seit ber 20 Jahren arbeitet die Unfallsachbearbeitung der gesetzlichen Unfallversicherung mit diesem System. Es

    ist zu einer wesentlichen Grundlage fr die effektive Heilverfahrenssteuerung gewor-den. Das Produkt wird von der Forschungs-gesellschaft fr angewandte Systemsicher-heit und Arbeitsmedizin mbH (FSA), einer Tochter der BGN, vertrieben.Nhere Infor-mationen sind unter www.fsa.de zu finden. bgrci

    Effizienzsteigerung spielt nicht nur in der Wirtschaft eine wichtige Rolle, auch die ffentliche Verwaltung ist auf die Steigerung ihrer operationellen und administrativen Effizienz angewiesen. Die Internationale Vereinigung fr Soziale Sicherheit (IVSS) hat deshalb einen Preis ins Leben gerufen, der besonders gute Praxisbeispiele auszeichnet. Bei der jngsten Preisverleihung in Stockholm wurden die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) und die BG RCI fr ihr Produkt Weller-System: Ein Modell zur Steuerung des Heilverfahrens durch den Unfallversiche-rungstrger ausgezeichnet.

    IVSS-Prsident Errol Frank Stoov (l.) und IVSS-Schatzmeister Philippe Conus (r.) zeichneten in Stockholm Jrgen Schulin, stellv. Hauptgeschftsfhrer der BGN (2. v. l.), und Thomas Khler, Sprecher der Geschftsfhrung der BG RCI, fr die Entwicklung und den Einsatz des Weller-Sys-tems aus. Es dient vornehmlich in der Unfallversicherung der Steuerung von Heilverfahren nach Arbeitsunfllen. Foto: Swedish Pensions Agency

    1010

    Top-Mediziner an den Berufsgenossenschaftlichen KlinikenIn der neuesten rzteliste 2016 des Maga-zins Focus Gesundheit sind Mediziner der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken bundesweit mit fast 30 Nennungen beson-ders hufig vertreten. Sie zhlen damit zu Deutschlands besten rzten in ihren Fach-gebieten.

    Diese umfassen die Bereiche Asthma, Di-abetes, Unfallchirurgie, Hand-, Fu-, Hft- und Kniechirurgie, Wirbelsulenchirurgie, Schmerz, Rckenschmerz und HNO.

    Spitzenmedizin auf hchstem Niveau. Sie gehren zur Unternehmensgruppe der BG Kliniken. Sie umfasst neun berufsge-nossenschaftliche Akutkliniken, zwei Kli-niken fr Berufskrankheiten sowie zwei Unfallbehandlungsstellen.

    Mit 12.500 Beschftigten, jhrlich ber 550.000 Patienten und einem Jahres-umsatz von 1,21 Milliarden Euro ist die Gruppe eine der grten Klinikverbunde in Deutschland. nul

    Die Berufsgenossenschaftlichen Kliniken finden sich in Hamburg, Berlin, Halle an der Saale, Bochum, Duisburg, Frankfurt am Main, Ludwigshafen und Tbingen sowie in Murnau, Falkenstein und Bad Reichen-hall. Viele der genannten rzte werden be-reits zum wiederholten Mal in der Focus-Liste genannt. Sie verzeichnet derzeit rund 2.850 Top-Mediziner aller Fachrichtungen.

    Die Berufsgenossenschaftlichen Kliniken versorgen ihre Patienten mit innovativer

  • 7/8 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS

    Die nach dem Unfall erfolgte Untersuchung brachte folgende Erkenntnisse: Der Meister des Betriebs gab mndlich den Demontage-auftrag an den Vorarbeiter. Dieser entschied sich fr eine Demontage von einer Gitterbox aus, die mit einem Gabelstapler angehoben werden sollte. Eine solche Gitterbox fand sich auf dem Firmengelnde.

    Der ausgebildete Staplerfahrer bediente den Stapler. Zwei Mitarbeiter standen in der auf eine Hhe von etwa zwei Metern ange-hobenen Gitterbox und lsten mit Hammer-schlgen den waagerechten Quertrger des Schwerlastregals. Als sich beide gleichzeitig auf einer Seite der Gitterbox aufhielten und mit dem Quertrger hantierten, kippte die unbefestigte Gitterbox zur Seite und strz-te mit den beiden Mitarbeitern zu Boden.

    Einer von ihnen zog sich Rippenbrche, der zweite eine Prellung zu. Unglcklicherweise befand sich im Bereich der Absturzstelle ein weiterer Mitarbeiter, der von der Gitterbox getroffen wurde und sich ebenfalls Prellun-gen zuzog.

    Die UnfallursachenDie Unfalluntersuchung hat folgende Ursa-chen ergeben: Der Meister hat lediglich einen pau-

    schalen Arbeitsauftrag (Schwerlastre-gal demontieren) an den Vorarbeiter ausgegeben. Auf welche Art und Weise diese Arbeiten ausgefhrt werden soll-ten, wurde nicht konkret besprochen. Eine Unterweisung, wie das Schwerlast-regal gefahrlos abzubauen ist, erfolgte nicht. Die Art der Ausfhrung wurde den beteiligten Personen selbst berlassen, obwohl sie blicherweise in der Handar-beitsabteilung fr Betonteile arbeiten und somit mglicherweise fr den fraglichen Arbeitsauftrag nicht geeignet waren.

    Die ungesicherte Gitterbox auf den Stap-lergabeln war als Standplatz fr Personen

    ungeeignet, da sie lediglich lose auf die Gabeln auf-gelegt worden war.

    Eine im Betrieb vorhandene, geprfte Hubarbeits-bhne sowie ein vorhandener Personenaufnahme-korb, der in Verbindung mit dem Gabelstapler ein zugelassenes System bildet, wurden nicht genutzt.

    Der Betriebsleiter war zum Unfallzeitpunkt erst seit sechs Tagen im Unternehmen ttig.

    Der Meister bemerkte die unsichere Arbeitsweise von der Gitterbox aus nicht. Die Demontagearbeiten hat er nicht beaufsichtigt.

    Eine konkrete Unterweisung durch den Meister, wie das Schwerlastregal gefahrlos abgebaut werden kann, ist nicht erfolgt.

    So htte der Unfall vermieden werden knnenEine Demontage in einer Arbeitshhe von zwei Metern hat von einem sicheren Arbeitsmittel aus zu erfolgen. Im vorliegenden Fall htte sich zum Beispiel die vorhande-ne Hub arbeitsbhne oder der Personenaufnahmekorb als Arbeitsmittel angeboten.

    Welche unsicheren Handlungen und Verste gegen geltende Vorschriften lagen mglicherweise vor? Es wurden Mitarbeiter eingesetzt mit Kenntnissen in

    der Betonwarenherstellung, aber offensichtlich mit zu wenigen Kenntnissen fr Demontagearbeiten.

    Der Vorarbeiter konnte und durfte die vorhandene Hubarbeitsbhne nicht bedienen, da er hierfr nicht eingewiesen worden war.

    Der Vorarbeiter hat statt des Personenaufnahmekorbs eine Gitterboxpalette benutzt.

    Der Staplerfahrer befrderte die beiden Kollegen in der unzulssigen Gitterbox in die Hhe.

    Es liegt ein Versto gegen 26 Abs. 6 der DGUV Vor-schrift 68 Flurfrderzeuge (bisher BG Vorschrift D27) vor. Darin heit es: Der Fahrer darf Personen (Versi-cherte) mit der Arbeitsbhne erst auf- oder abwrts-fahren, wenn die Arbeitsbhne sicher befestigt und die Umwehrung ordnungsgem geschlossen ist.

    Die Unfallursachen sind vorrangig im organisatorischen sowie personenbezogenen Bereich zu finden. Auch in diesem Fall hat die Verkettung mehrerer Umstnde zu dem Unfall gefhrt. Dabei wre er einfach zu verhin-dern gewesen.

    Maik Schlademann, BG RCI, Langenhagen

    Schwerlastregal mit Gitterbox.

    Nachgestellte Unfallsituation mit lose aufliegender Gitterbox.

    Blieben ungenutzt: die Hubarbeitsbhne

    und der Personenaufnahmekorb.

    Einfach zu vermeiden: Absturz-Unfall aus der Gitterbox

    In einem BG RCI-Mitgliedsunternehmen war ein Schwerlastregal zu demontieren. Dabei ereignete sich ein Absturz-Unfall. Die Analyse zeigt, dass das Ereignis einfach zu verhin-dern gewesen wre.

    111111

    Foto

    s: b

    grci

    /Geo

    rg L

    enz

  • Kooperation unterzeichnet

    Vision Zero auch in der Transport betonindustrieDer Bundesverband der Deutschen Trans-portbetonindustrie e.V. (BTB) und die BG RCI haben im Mai eine gemeinsame Initiative fr noch mehr Arbeitssicherheit in der Transportbetonindustrie gestartet. Die Kooperationsvereinbarung ist Bestand-teil der neuen Prventionsstrategie Vision Zero. Null Unflle gesund arbeiten! Ziel ist es, die Arbeitswelt so zu gestalten, dass mglichst niemand zu Schaden kommt.

    Wir sind berzeugt, dass letztlich alle Unflle und Berufskrankheiten verhindert werden knnen. Dazu mssen Sicherheit und Gesundheit als elementare Werte anerkannt und Fhrungskrfte sowie die Beschftigten in den Betrieben ihrer Ver-antwortung gerecht werden. Gemeinsam werden wir es schaffen, die Vision von ei-nem unfallfreien Arbeitsleben mehr und mehr Wirklichkeit werden zu lassen, er-

    12

    BG RCI.magazin 7/8 2016AUS DER PRAXIS

    UV-Strahlung und Plattenepithelkarzinom14. Forum fr Sicherheitsfachkrfte und Betriebsrzte in Erlangen

    Die Gesundheitsbelastung durch UV-Strahlung war das zentrale Thema des 14. Nordbayerischen Interdisziplinren Forums zur Weiterbildung von Sicherheitsfachkrften und Betriebsrzten Ende April in Erlangen. Die UV-Strahlung gilt als Ursache des Plattenepithelkarzinoms. Diese Erkrankung ist im vergangenen Jahr neu in die Berufskrankheiten-liste aufgenommen worden (BK 5103). Gerade in den Betrieben der Baustoff-Industrie spielt diese physikalische Be-lastungsart eine besondere Rolle.

    de Fachausstellung rundeten das themati-sche Angebot ab.

    Das Forum war erffnet worden durch Dr. Marion Hucke von der Regierung von Ober-franken in Vertretung der diesjhrigen Schirmherrin der Veranstaltung, der Staats-ministerin fr Arbeit, Soziales, Familie und Integration, Emilia Mller, sowie durch Er-langens Oberbrgermeister Dr. Florian Ja-nik. Fr die BG RCI sprach deren Leiter der Prvention, Helmut Ehnes. Er erluterte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Ziele und Manahmen der neuen BG RCI-Prven-tionsstrategie Vision Zero. Mit ihrer Hilfe soll der Arbeits- und Gesundheitsschutz weiter intensiviert werden.

    Das Forum zum Austausch ber Themen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes war vor 13 Jahren in Hof ins Leben gerufen worden.

    Die Initiatoren der Veranstaltungsreihe, Dr. Hans Schwemmle vom Verband Deutscher Betriebs- und Werksrzte e.V. (VDBW) und Dr. Arno Weber vom Verband fr Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Ar-beit (VDSI), untersttzten mit ihrem Vorsto das damalige Bayerische Staatsministerium fr Gesundheit, Ernhrung und Verbraucher-schutz unter Minister Eberhard Sinner, der zu diesem Zeitpunkt fr den Arbeitsschutz in Bayern zustndig war. Seit dem 11. Forum wird die Veranstaltung von der Deutschen Gesellschaft fr Arbeitsmedizin und Umwelt-medizin (DGAUM) mitgetragen. Unter ihrem Prsidenten Prof. Dr. Hans Drexler ist die DGAUM als wissenschaftlicher Ideengeber mageblich beteiligt an der Programmge-staltung des Forums.

    Mit der gemeinsamen interdisziplinren Weiterqualifizierung von Sicherheitsfach-krften und Betriebsrzten geniet die nordbayerische Region in diesem Bereich ein Alleinstellungsmerkmal. Das Modell soll-te nicht nur aus Sicht der BG RCI auch an-dernorts Schule machen. Der VDSI beschei-nigt die Teilnahme an der Weiterbildung durch Qualifizierungspunkte und Urkunde. Die Teilnehmenden aus den Unternehmen knnen damit einen Nachweis der Qua-litt des betrieblichen Arbeitsschutzes fhren.

    Peter Neuweg, BG RCI, Nrnberg

    1212

    Martin Bttcher von der BG RCI berichtete ber das Forschungsvorhaben Hautkrebs durch UV-Strahlung. Fotos: bgrci/pn

    klrte Ulrich Meesmann, Mitglied der BG RCI-Geschftsfhrung, anlsslich der Unterzeichnung der Vereinbarung in Berlin.

    Die kontinuierliche Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in der Transportbetonindustrie ist erklrtes Ziel unseres Verbandes, bekrftigte BTB-Hauptgeschftsfhrer Dr. Olaf Abrock. Wir beschftigen uns intensiv mit der Un-

    Martin Bttcher von der BG RCI erffnete den Themenkomplex mit der Rolle der Un-fallversicherungstrger beim Umgang mit Berufskrankheiten. In seinem Vortrag UV-Belastung im Freien aus der Sicht eines Un-fallversicherungstrgers beschrieb er die zugehrigen Aufgaben, zu denen Forschung und die Entwicklung von Prventionsma-nahmen ebenso zhlen wie Heilbehandlung und Rehabilitation. Er berichtete auerdem ber erste Ergebnisse einer Messkampagne, die im Rahmen des Forschungsvorhabens Hautkrebs durch UV-Strahlung bei Mit-gliedsunternehmen der BG RCI durchgefhrt wurde. In einer der kommenden Ausgaben des BG RCI.magazins werden wir ausfhrlich hierber berichten.

    Rechtliche, kulturspezifische und praxis-orientierte Beitrge zur Belastung durch optische Strahlung sowie eine begleiten-

  • tersuchung und Optimierung der Arbeitssi-cherheit sowohl bei der Betonherstellung als auch beim Pumpen von Beton und dem Befllen und Entladen von Fahrmischern. Eine Arbeitsgruppe des Verbands hat die Aufgabe, das Unfallgeschehen zu analy-sieren, Kennzahlen zur Arbeitssicherheit zu ermitteln und entsprechende Manah-men auf den Weg zu bringen.

    Die Prventionsstrategie Vision Zero gibt konkrete Ziele vor, die es bis zum Jahr 2024 zu erreichen gilt. So soll das Arbeitsunfall-risiko um 30 Prozent verringert werden und

    Arbeitssicherheit zhlt bereits in der Ausbil-dung zum Rstzeug des Verfahrensmechani-kers Transportbeton. Foto: BTB/InformationsZentrum Beton

    13

    7/8 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS

    131313

    Sicher mit System

    Mit dem Gtesiegel ausgezeichnetZum vierten Mal hat die Untergrundspei-cher- und Geotechnologie-Systeme GmbH (UGS) in Mittenwalde/Mark beim Re-Audit zum BG RCI-Gtesiegel Sicher mit System mit seinen Leistungen im Arbeits- und Ge-sundheitsschutz klar berzeugen knnen.

    UGS ist ein integriertes Ingenieur- und Dienstleistungsunternehmen. Es besteht seit 54 Jahren und hat sich auf die Erkun-dung, Planung, Errichtung, Instandhaltung und den Betrieb von Untergrundspeicher-anlagen fr gasfrmige und flssige Me-dien spezialisiert. Zuletzt hat das Un-ternehmen nach einer Auswertung von Beinahe-Unfllen fr die Mitarbeiter auf dem weitlufigen Betriebsgelnde ein Fahr-radtraining organisiert und die firmenei-genen Fahrrder durch Dreirder ersetzt. Damit soll das Unfallpotenzial weiter ver-mindert werden. Eingefhrt wurden zudem sogenannte Augen auf!-Karten. Sie sol-len die eigenen Mitarbeiter sowie diejeni-gen von Fremdfirmen motivieren, unkompli-ziert und schnell ber unsichere Zustnde oder Handlungen, Beinahe-Unflle, aber auch ber vorbildliches Verhalten zu be-richten. Die Meldungen dienen als Quelle fr weitere Verbesserungsmanahmen. Das Unternehmen investierte auerdem in die Einfhrung eines Gesundheitsma-nagements, zahlreiche Informationsveran-staltungen hierzu, einen Fitnessraum mit modernen Gerten sowie in regelmige Kursangebote auf dem Firmengelnde. Das Unternehmen nahm auerdem mit der

    Entwicklung von Auffangnetzen fr herab-fallende Ablagerungen an Solerohren am BG RCI-Frderpreis teil.

    Den Knauf Deutsche Gipswerke KG in Rott-leberode an der Landesgrenze zwischen Sachsen-Anhalt und Thringen wurde das Gtesiegel zum zweiten Mal verliehen. Wir wollen, dass wir gesund zur Arbeit kom-men und nach acht Stunden wieder gesund nach Hause gehen, sagte Werkleiter Andr Materlik anlsslich der Auszeichnung. Die Mitarbeiter am Standort fhlen sich an ih-rem Arbeitsplatz sicher, die Unfallzahlen bewegen sich kontinuierlich nach unten, Produktionsausflle wurden so auf ein Mi-nimum reduziert. Jetzt haben die 173 Be-schftigten bei Knauf in Rottleberode drei

    Jrgen Mohr (4. v. r.), Geschftsfhrer der Transportbeton Bamberg und der Transportbeton Vogt-land nimmt mit Vertretern seiner Unternehmen die Gtesiegelurkunde aus der Hand von Ulrich Kretschmer von der BG RCI, Nrnberg, entgegen. Foto: bgrci

    die Zahl der tdlichen Arbeitsunflle um 50 Prozent sinken. Um diese Ziele zu errei-chen, wurde ein umfangreiches Manah-menpaket entwickelt. Dazu gehren pass-genau auf die Unternehmensbedrfnisse zugeschnittene Prventionsangebote, noch mehr persnliche Vor-Ort-Beratun-gen sowie die besondere Frderung von kleinen und mittleren Unternehmen. bgrci

    Jahre Zeit, sich auf das nchste Re-Audit vorzubereiten.

    Mit dem Gtesiegel ausgezeichnet wurden auch die Transbeton Bamberg GmbH & Co. KG in Bamberg sowie die Transportbeton Vogt-land GmbH & Co. KG in Hof. Lernen durch Schmerz kommt bei uns gar nicht erst in Fra-ge, sagte aus diesem Anlass der Geschfts-fhrer beider Unternehmen, Jrgen Mohr. Nach seinen Worten ist die Routine der Killer jeglicher Vorsicht. Regelmiges Prfen der Gefhrdungsbeurteilung mit den entspre-chenden Konsequenzen stehe an erster Stel-le. Auch das Seminarangebot der Berufsge-nossenschaft habe sich als enorm hilfreich erwiesen, insbesondere auch wegen der Ge-legenheit zum Erfahrungsaustausch. nul

  • BG RCI.magazin 7/8 2016AUS DER PRAXIS

    Neue Arbeitsschutzkampagne im Steinkohlenbergbau

    Fr einen hohen Sicherheitsstandard bis zum letzten TagRAG Aktiengesellschaft macht den Mitarbeiter zum Sicherheits-Protagonisten

    Von Norbert Ulitzka

    Ende 2018 wird der Steinkohlenbergbau in Deutschland die Frderung ein-stellen. Mit einer weit unterdurchschnittlichen Unfallquote haben die Be-schftigten der RAG Aktiengesellschaft trotz ihrer besonderen Arbeitsbedin-gungen keinen Grund, den Vergleich mit anderen Branchen zu scheuen. Wie aber lsst sich das hohe Niveau im Arbeits- und Gesundheitsschutz auch in den verbleibenden Jahren bis zum Ende des Bergbaus aufrechterhalten? Und was ist zu tun, um die Motivation fr sicheres Arbeiten gerade in dieser Pha-se zu stabilisieren oder gar auszubauen?

    Die Antwort der RAG ist eindeutig. Um das Thema weiter voranzutreiben und ihm bis zum Ende des Steinkohlenbergbaus eine be-sondere Bedeutung zu geben, rief sie ein un-ternehmensweites Projekt ins Leben. In die-sem Rahmen startete ein interdisziplinres Team aus Arbeitsschtzern und Kommunika-tionsexperten eine neue Arbeitsschutzkam-pagne, die den Mitarbeiter auch visuell ins Zentrum stellt. Denn, so verkndet ein Kum-pel auf einem der neuen Kampagnenmotive: Sicherheit beginnt in meinem Kopf!

    Aber das ist nicht der einzige Appell an die Mannschaft. Der zentrale Slogan der Kampa-gne lautet Sicherheit denk daran, bevor Du loslegst. Auch er zielt auf den Kopf, auf die Motivation, die Bereitschaft, noch immer dazuzulernen, auf Verhaltensoptimierung, auf die Bergmannsehre und die Verantwor-tung freinander: Schau hin, was Dein Kum-pel macht!

    Werner Tubbesing und sein Team vom Zen-tralbereich Arbeits-, Gesundheits- und Um-weltschutz am Konzernsitz in Herne nutzen den Kampagnenstart, um den Mann vor Ort, aber auch die Kolleginnen und Kollegen der Verwaltungsstandorte auf eine Reihe aktu-eller Sicherheitsfragen aufmerksam zu ma-chen: Wenn ein Bergwerk auf die Stilllegung zugeht, reicht die bisher erworbene Routine vielfach nicht mehr aus, denn das gesamte Arbeitsumfeld ndert sich. Heute gibt es zu-

    dem andere Verletzungsarten als noch vor ein paar Jahren, die Kollegen sind lter ge-worden, bringen manchmal auch mehr Ge-wicht auf die Waage. Stolpern, Rutschen, Strzen sind seit geraumer Zeit eine wich-tige Ursache fr Verletzungen. Und ein wei-terer Punkt: Im auslaufenden Bergbau ist die Untersttzung durch Partnerfirmen und ihre Mitarbeiter wichtig. Sie zeigen oft ein ganz anderes Sicherheitsverhalten als die rou-tinierte Stammbelegschaft. Entsprechend disparat ist das Unfallgeschehen. Auch hier wollen wir verstrkt fr Aufklrung sorgen.

    Fr die RAG ist die neue Kampagne Teil und Ausdruck der Unternehmensphilosophie. Einschlielich der Verwaltungen zhlt das Unternehmen noch 6.350 Beschftigte. ber 1.000 von ihnen sind Sicherheitsbeauftragte und damit wertvolle Multiplikatoren fr die aktuellen Sicherheitsbotschaften.

    Auch die Mitglieder des Vorstands greifen bei den unterschiedlichsten Anlssen The-men der Arbeitssicherheit und des Gesund-heitsschutzes auf. Hat sich trotz aller prven-tiven Bemhungen ein Unfall ereignet, ldt der Vorstand die verantwortlichen Werkslei-tungen ein, um sich ber das Ereignis aus erster Hand zu informieren auch dies Zei-chen einer ausgeprgten Sicherheitskultur.

    Fr die mediale Ausgestaltung der Kampag-ne hat Tubbesing mit Untersttzung von Ja-

    1414

    Mit neuen Kampagnenmotiven wirbt der Steinkohlenbergbau fr hohe Arbeits-schutz-Standards bis zum letzten Tag der Frderung. Abb.: RAG/Klingenburg

  • 7/8 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS

    nine Simmann aus dem RAG-Zentralbereich Kommunikation/Vorstandsbro einen um-fangreichen Katalog zusammengestellt, um immer wieder Anlsse zu schaffen fr das Gesprch ber Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Auf Plakaten und grofor-matigen Fahnen kommen die Kumpel selbst zu Wort in eindrucksvollen Portraits, je-weils mit dem Kampagnenmotto und per-snlichen Botschaften. Im weiteren Verlauf der Aktion werden die Botschaften der je-weiligen Themenlage angepasst und kom-men dann aktuell zur Verteilung. Es gibt Roll-ups und Ausstellungswnde, Hinweiser zur Bandfahrung, zur Benutzung von Handlauf und Ausstiegshilfen oder zum Ablauf der Rettungskette.

    Simmann betont, dass Plakatmotive allein selbstverstndlich kein kommunikatives All-heilmittel sind. Insbesondere die Vernetzung von Fhrung, Kommunikationsmanahmen, Schulungen und Veranstaltungen trage zur nachhaltigen Wirkung bei, sagt sie. Deshalb

    ergnzen zahlreiche weitere Elemente das Kampagnenangebot: Video sequenzen fr Wartezonen, Weiterbildungsmanahmen, Podiumsdiskussionen, Commitment acts, Gesprchsrunden mit Sicherheitsverant-wortlichen sowie spezielle Veranstaltungen wie die sogenannten AGU-Tage. Sie widmen sich den Themen Arbeitssicherheit, Gesund-heitsschutz und Umwelt und finden in der Schalke-Arena in Gelsenkirchen statt das

    nchste Mal am 1. Februar 2017. Auch auf lokaler Ebene wird es weitere AGU-Tage ge-ben.

    Eine Besonderheit sind spezielle Rckant-wortkarten, auf denen die Beschftigten ihre guten Sicherheitsvorstze fr die verblei-benden Jahre im Steinkohlenbergbau formu-lieren knnen. Die Karten werden mit der Mitarbeiterzeitung, die sich natrlich eben-falls ausfhrlich der neuen Aktion widmet, verteilt. Hier gibt es bereits zahlreiche Rck-lufe, die interessantesten werden prmiert.

    Tubbesing und seine Mannschaft wollen alles tun, um dem Arbeitsschutz auch an-gesichts der auslaufenden Kohlefrderung ungeschmlert Geltung zu verschaffen: Wir hoffen, einen neuen Schub zu bekommen, um auch im Auslauf unser Sicherheitsniveau zu halten.

    Norbert Ulitzka, BG RCI, Bochum

    15

  • BG RCI.magazin 7/8 2016AUS DER PRAXIS

    16

    Gefahrstoffe am Arbeitsplatz ermitteln und bewertenNeue Broschre der IVSS-Sektion Chemie erlutert Theorie und Praxis

    Werden am Arbeitsplatz Ttigkeiten mit Gefahrstoffen durchgefhrt oder knnen dabei Gefahrstoffe entstehen bzw. freigesetzt werden, hat der Arbeitgeber oder die von ihm beauftragten Personen, wie bei-spielsweise Fachkrfte fr Arbeitssicherheit oder Betriebsrzte, alle davon ausgehenden Gefhrdungen der Gesundheit und Sicherheit der Beschftigten zu beurteilen. Was in Verordnungen so klar wie ein-fach gefordert wird, stellt sich in der Praxis nicht selten als komplexer Vorgang dar.

    Fr die Gefhrdungsbeurteilung stellen die sogenannten Arbeitsplatz-grenzwerte wichtige Beurteilungskriterien dar, um die mgliche Expo-sition zu bewerten und angemessene Schutzmanahmen festzulegen. Die Broschre beschreibt, wie Arbeitsplatzgrenzwerte ermittelt und berwacht werden knnen. Wichtig zu wissen: In verschiedenen Staa-ten bzw. Staatengemeinschaften haben sich Arbeitsplatzgrenzwerte etabliert, die sich hinsichtlich ihrer Definition, ihrer Verbindlichkeit und der Vorgehensweise zur Festlegung im Detail unterscheiden.

    Inhalt der BroschreDie Broschre umfasst die Themen Geschichte der Arbeitsplatzgrenzwerte

    Grenzwerte fr Gefahrstoffe am Arbeitsplatz ist der Titel einer neuen Verffentlichung der IVSS-Sektion Chemie. Die Broschre gibt einen berblick ber die unterschiedlichen Grenzwerte, die zum Schutz der Beschftigten gegenber Gefahrstoffen am Arbeitsplatz erlassen werden. Sie be-schreibt darber hinaus die verschiedenen Herangehens-weisen zur Festlegung der Grenzwerte.

    Grenzwerte fr Gefahrsto e am Arbeitsplatz

    IVSS-Sektion Chemie

    Gefahrstoff-Kennzeichen videogesttzt unterweisenNeu: Videoclip ber die GHS-Piktogramme zum freien Download

    Gefahrstoffe und ihre Kennzeichnung um fr dieses Thema einen spannenden Einstieg in die geforderte Unterwei-sung der Beschftigten zu finden, haben die BASF und die Sektion Chemie der Internationalen Vereinigung fr Soziale Sicherheit (IVSS) einen dreimintigen Kurzfilm produziert, der in sieben Sprachen unter ivsschemie.de kostenlos he-runtergeladen werden kann.

    Mit den neun Gefahrenpiktogrammen stellt der Videoclip zunchst einen Bezug her zum

    persnlichen Arbeitsplatz. Denn auch dort finden sich die Symbole als ein Kennzeich-

    161616

    nungselement auf den zahlreichen Gefahr-stoffetiketten.

  • 7/8 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS

    17171717

    K+S Kali GmbH und BG RCI schlieen Vision Zero- KooperationsvereinbarungAls erstes Mitgliedsunternehmen der BG RCI hat die K+S Kali GmbH Anfang Juni in Kassel eine Koope-rationsvereinbarung mit der Berufsgenossenschaft ber die Umsetzung der neuen Prventionsstrategie Vision Zero. Null Unflle gesund arbeiten! ge-schlossen. Ziel der Vereinbarung ist es, durch weit-reichende vorbeugende Manahmen Unflle und Berufskrankheiten letztlich ganz zu vermeiden. Der-artige Kooperationen sind seit dem Start der Initiative im vergangenen Jahr vor allem mit Industrieverbn-den geschlossen worden, so mit dem Branchenver-band fr die Schaumstoff- und Polyurethanindustrie, dem Zentralverband fr Raum und Ausstattung und dem Verein der Zuckerindustrie. Die Vereinbarung mit einem einzelnen Unternehmen ist daher ein erst-maliger Schritt.

    Die neue Prventionsstrategie versteht Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz als elementaren Wert, fr den Fhrungskrfte und Beschftigte ihrer Ver-antwortung entsprechend engagiert eintreten. Dazu hat die BG RCI Ziele und Manahmen formuliert, die in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsunternehmen umgesetzt werden sollen. So will die K+S Kali GmbH neben weiteren neuen Arbeitsschutzmanahmen er-reichen, dass alle Unternehmensstandorte bis 2021 mit dem BG RCI-Gtesiegel Sicher mit System zer-tifiziert werden. Die Ausgestaltung der Kooperation startet mit einem Pilotprojekt im K+S-Werk Werra. bgrci

    Ein neuer Schritt zum weiteren Ausbau der Prvention: Dr. Rainer Gerling, Geschftsfhrer der K+S Kali GmbH (l.), und Ulrich Meesmann, Mitglied der Geschftsfhrung der BG RCI, unterzeichneten am 2. Juni in Kassel eine Koope-rationsvereinbarung zur Umsetzung der neuen Prven-tionsstrategie Vision Zero. Null Unflle gesund arbei-ten! Foto: K+S AG

    Grundstze zur Festlegung von Arbeits-platzgrenzwerten

    Arbeitsplatzgrenzwerte in zwlf verschie-denen Regionen und Lndern

    Luftberwachung bei der Exposition ge-genber Chemikalien am Arbeitsplatz

    Biologisches Monitoring Risikomanagement bei nicht vorhande-

    nen Grenzwerten: Control-Banding-Ansatz und Verfahrensindices

    Grenzwerte fr Nanomaterialien

    Die einzelnen Kapitel wurden von Exper-ten verschiedener Arbeitsschutzorganisa-tionen und Industriebetriebe aus Deutsch-land, Frankreich, Italien, sterreich und der Schweiz als eigenstndige Fachbeitrge ver-fasst und zeigen das breite Spektrum des Risikomanagements. Die IVSS-Sektion fr Prvention in der chemischen Industrie mchte damit einen Beitrag zum Verstnd-nis der Ableitung sowie der Bedeutung der Anwendung von Grenzwerten leisten. Die Broschre steht als Schrift ISSA-13 im Down-loadcenter der BG RCI (unter http://down-loadcenter.bgrci.de/shop/ivss?page=1) kostenlos zur Verfgung. Sie wird ergnzt durch ein Glossar in Form einer Web-App unter www.grenzwertglossar.net.

    Historie der ArbeitsplatzgrenzwerteGesundheitliche Auswirkungen von Gefahr-stoffen am Arbeitsplatz wurden schon vor mehr als 2.000 Jahren beobachtet. In der Rmerzeit berichtete beispielsweise Gaius Plinius Secundus, auch bekannt als Plini-us der ltere (23 79 v. Chr.), wie Arbeiter

    bei der Herstellung von Schsseln und Tel-lern Schafsblasen als Masken benutzten, um sich vor Stuben der blei- und quecksil-berhaltigen Rohstoffe zu schtzen. Die Ge-fahren einer Exposition bei der Verhttung von Metallen wurden im 11. und 12. Jahr-hundert erkannt. Bruderschaften nahmen sich der erkrankten Arbeiter an und boten den Familien Untersttzung. Aus diesen Bruderschaften entwickelten sich spter die Knappschaften als Vorlufer der Sozi-alversicherungen.

    Fr die Festlegung von Arbeitsplatzgrenz-werten fehlte ber lange Zeit die Mglichkeit einer reprsentativen Probenahme. Hinzu kam, dass bei analytischen Methoden eine quantitative Bewertung der Arbeitsplatzum-gebung schwierig war.

    In den 1980er Jahren wurde in Europa mit der Einfhrung der Richtlinie des Rates 80/1107/EWG zum Schutz der Arbeitneh-mer vor der Gefhrdung durch chemische, physikalische und biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit eine einheitliche Rechtsgrund-lage fr Arbeitsplatzgrenzwerte gelegt. In-ternational spielen heute bei der Festlegung von Arbeitsplatzgrenzwerten diese Gremi-en eine zentrale Rolle: in Nordamerika die American Conference of Governmental In-dustrial Hygienists (ACGIH), in Europa das Scientific Committee on Occupational Ex-posure Limits (SCOEL).

    Antje Ermer, Michaela Frenzel, Dr. Joachim Sommer, Dr. Thomas H. Brock,

    BG RCI, Heidelberg

    Auch wenn sie nicht mehr ganz neu sind, so gibt es in der Praxis doch noch immer Unsicherheiten ber die Bedeutung der Symbole. So herrscht beispielsweise hu-fig Unklarheit darber, worin sich die Pik-togramme Gesundheitsgefahr und Aus-rufezeichen unterscheiden. Das Video gibt

    es in deutscher, englischer, franzsischer, italienischer, spanischer, portugiesischer und trkischer Sprache. Es will dazu anre-gen, sich der Gefahren und der mglichen Schutzmanahmen bewusst zu werden.

    Dr. Joachim Sommer, Antje Ermer, BG RCI, Heidelberg

  • BG RCI.magazin 7/8 2016AUS DER PRAXIS

    Lernen aus Fehlern andererIm Internet finden sich validierte und aufbereitete Ereignisberichte

    Ein kluger Mann macht nicht alle Fehler selbst. Er gibt auch anderen eine Chance. Winston Churchill

    Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten. Konfuzius

    Wenn die Geschichte sich wiederholt und immer das Unerwartete geschieht, wie unfhig muss der Mensch sein, durch Erfahrung klug zu werden. George Bernard Shaw

    Zitate ber den Umgang mit Fehlern, be-kannten und weniger bekannten Persnlich-keiten zugeschrieben, finden sich reichlich. Sie besagen eins: Aus den Fehlern ande-rer zu lernen, ist ein relativ schmerzloser Schritt. Dies gilt auch im Hinblick auf die Anlagen- und Prozesssicherheit.

    Im Internet findet sich eine ganze Reihe von Datenbanken zu Unfllen und Beina-he-Ereignissen. Sie knnen als kollektives Gedchtnis dienen. Hier ist spezifisches si-cherheitstechnisches Wissen gesammelt, um die Sicherheit verfahrenstechnischer Anlagen weiter zu verbessern. Einige aus-gewhlte und hier beschriebene deutsch-sprachige Quellen bieten seit vielen Jahren eine bewhrte Grundlage fr das Lernen aus Ereignissen.

    20 Jahre DECHEMA-/ProcessNet- EreignisdatenbankAuf Initiative des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) wurde 1996 zusammen mit der DECHEMA der Arbeitsausschuss Ereig-nisse gegrndet. Das Gremium untersttzt durch seine Verffentlichungen das Lernen aus sicherheitsrelevanten Ereignissen: Das Besondere an unserem Ausschuss ist, dass er von Vertretern der Industrie, Behrden, Forschung und Lehre sowie von dem Vorsit-zenden des Ausschusses Ereignisse der Kommission fr Anlagensicherheit gebildet wird und so einen neutralen Blick auf die Si-tuation gestattet, erlutert Dr. Hans-Erich Gasche von der Bayer AG in Leverkusen. Er hat derzeit den Vorsitz des Arbeitsausschus-ses inne. Freiwillig stellen Firmen Beschrei-bungen sicherheitsrelevanter Ereignisse

    oder Beinahe-Unflle zur Verfgung. Der Arbeitsausschuss bewertet, ob diese Infor-mationen fr Betreiber, Planer, Instandhal-ter oder Forscher fr die Verbesserung der Sicherheit von Wert sind. Als anonymisierte Kurzinformation der Text ist beschrnkt auf Informationen, die relevant und notwen-dig sind zum Verstndnis wird das Ereig-nis unter www.processnet.org/ereignisdb verffentlicht. Die Ereignis-Datenbank ist ffentlich zugnglich und steht in Deutsch und Englisch zur Verfgung. Zugang und Recherche sind kostenlos, nach erfolgter Online-Anmeldung informiert ein Newslet-ter ber neu aufgenommene Ereignisse, berichtet Gasche.

    Zielgruppe der rund 150 dokumentierten Er-eignisse sind Fhrungskrfte, die aus den abstrahierten Darstellungen Schlsse fr die Sicherheit der eigenen Anlagen und Pro-zesse ziehen knnen. Die bisher erstellten Kurzinformationen und die daraus gezoge-nen Lehren knnen zu folgenden bekann-ten, aber wichtigen Erkenntnissen zusam-mengefasst werden:

    Mit Hilfe einer systematischen Sicher-heitsbetrachtung und der konsequenten Anwendung des vorhandenen Wissens sind die allermeisten Ereignisse vermeid-bar.

    Umfangreiches Wissen ber das Stoffver-halten muss beschafft werden, auch ber die normalen Bereiche der Prozesspara-meter wie Temperatur, Druck und Stoff-konzentration hinaus.

    Auch das als sicher Erachtete muss im-mer wieder neu in Hinblick auf seine Wirk-

    samkeit gegen alle vernnftigerweise an-zunehmenden Gefahren und auf seine Zuverlssigkeit im praktischen Betrieb hinterfragt werden.

    Auf mglichst groe Einfachheit der Ge-staltung von Prozess, Anlage sowie der Arbeitsablufe muss geachtet werden.

    15 Jahre CCPS Process Safety BeaconSeit 2001 berichtet das Center for Chemical Process Safety (CCPS) monatlich ber Un-flle, die daraus gewonnenen Erkenntnisse sowie praktische Lsungen, um ein hnli-ches Ereignis zu verhindern. Der Newslet-ter Process Safety Beacon zu Deutsch Leuchtturm zur Anlagen- und Prozesssicher-heit besteht jeweils aus einer bebilderten Seite und richtet sich direkt an das Anlagen-personal, erklrt Dr. Rdiger Lenz von der Celanese GmbH im Industriepark Hchst. Lenz und sein Kollege Dr. Karl Fred Wrner sind neben Dieter Schlsser von Lyondell-Basell und Thomas Sauerwein von DuPont die bersetzer der englischen Fassung ins Deutsche. Der Beacon ist zu finden unter www.aiche.org/ccps/resources/process-safety-beacon. Er liegt inzwischen in ber 30 Sprachen vor und kann beispielsweise fr Unterweisungen verwendet werden. Hierbei ist von Vorteil, dass die Sprache verstndlich und die Botschaften knapp und klar formuliert sind, wei Lenz, der auch Mitglied des internationalen Herausgeber-komitees ist, aus Erfahrung. In den Betrie-ben von Celanese werden die Infobltter fr die Zielgruppe der Anlagenfahrer genutzt, wenn regelmig das Thema Sicherheit an-gesprochen wird. Die Fallgeschichten und aufgezeigten Verbesserungsvorschlge wer-

    1818

  • 7/8 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS

    den auch von Fhrungskrften bis zur Pro-duktionsleitung mit Interesse gelesen. Im Internet-Archiv des CCPS (http://www.sa-che.org/beacon/products.asp) knnen alle Beacons themenbezogen heruntergeladen werden. Insbesondere Groschadensereig-nisse wie die von Flixborough oder Bhopal werden unter verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und sind mit den gezogenen Schlussfolgerungen fr die Prozesssicher-heit, aber auch fr den Arbeitsschutz von Bedeutung.

    Die Infosis-DatenbankenUnter www.infosis.uba.de, dem Informati-onssystem des Umweltbundesamtes (UBA) zum Stand der Sicherheitstechnik, finden sich gleich zwei weitere Datenbanken.

    Unter dem Button ZEMA sind alle in Deutschland nach der Strfall-Verordnung (12. BImSchV) meldepflichtigen Ereignisse abrufbar. Diese mssen von den Betrieben an die jeweiligen Landesbehrden gemel-det werden, die wiederum die Daten an die Zentrale Melde- und Auswertestelle fr Strflle und Strungen in verfahrenstech-nischen Anlagen des Umweltbundesamtes weitergibt. Die systematische Erfassung und Auswertung der Unflle soll Erkennt-nisse liefern, die als Grundlage einer Wei-terentwicklung des Standes der Sicherheits-

    technik dienen, berichtet Michael Kleiber vom UBA, der die Datenbank betreut. Im In-ternet sind die meldepflichtigen Ereignisse nach verschiedenen Kriterien recherchier-bar. Seit dem Beginn der ZEMA-Aktivitten im Jahr 1993 wurden ber 700 Datenstze eingestellt.

    Neben der ZEMA hat der Ausschuss Ereig-nisauswertung (AS-ER) der Kommission fr Anlagensicherheit (KAS) den Auftrag, nach Strfall-Verordnung nicht meldepflichtige Ereignisse auszuwerten. Dabei sollen auch Erkenntnisse aus der europischen und internationalen Kooperation genutzt werden. Ziel ist die Ableitung von Lehren aus Ereignissen und deren systematische Verbreitung, erlutert Prof. Dr. Thomas Schendler von der Bundesanstalt fr Ma-terialforschung und -prfung (BAM) in Ber-lin, der sowohl der KAS als auch dem AS-ER vorsteht.

    Inhaltliche Schwerpunkte der Daten-banken: BeispieleBei allen Datenbanken tauchen folgende Problemkreise als inhaltliche Schwerpunk-te auf:

    Unvertrglichkeit von Chemikalien und Hilfsstoffen untereinander und mit den verwendeten Werkstoffen

    Gefhrliche Stoffansammlung, beispiels-weise infolge von Verstopfungen und Ab-lagerungen

    Produktfreisetzung bei Probenahme und an Dichtungssystemen sowie beim Tren-nen von Rohrleitungen und Apparaten

    Elektrostatische Entladung als Zndquel-le, Explosionsschutz

    Aufmerksamkeit der Beschftigten und Sicherheitskultur im Unternehmen

    berwachung und Einhaltung der sicher-heitsrelevanten Temperatur-, Druck- und Konzentrationsbereiche durch geeignete Mess- und Regeltechnik

    Prfung und Wartung von Komponen-ten, insbesondere an kritischen Kons-truktions-/Verfahrensstellen unter dem Blickwinkel der Korrosion

    Instandhaltungs- und nderungsttigkei-ten

    Kurzfristige Unterbrechung des Betriebs oder der Energieversorgung

    Aus den Ereignissen die richtigen Schlsse zu ziehen und einen Fehler nicht wiederholt zu begehen, hilft, die Sicherheit von Anla-gen weiter zu verbessern und ist nicht zu-letzt ein zentrales Anliegen auch der neuen Prventionsstrategie Vision Zero. Null Un-flle gesund arbeiten!

    Dr. Joachim Sommer, BG RCI, Heidelberg

    191919

    Ereignisse wie diese Explosion haben auch unter dem Blinkwinkel der Prozess- und Anlagensicherheit oft schwerwiegende Auswirkungen ber die Werksgrenzen hinaus. Foto: picture alliance/dpa/Arno Burgi

  • BG RCI.magazin 7/8 2016AUS DER PRAXIS

    20

    Arbeit in der Chemie-Industrie soll noch sicherer werdenBAVC, IG BCE und BG RCI starten gemeinsame Initiative fr noch mehr Arbeitssicherheit

    BAVC und IG BCE hatten im Mrz 2014 die gemeinsame Initiative Gutes und gesun-des Arbeiten in der Chemie-Branche ins Leben gerufen. Das 5-Punkte-Programm der Sozialpartner zielt auf die Sicherung und Frderung der physischen und psychischen Gesundheit der rund 550.000 Chemie-Be-schftigten. Im Rahmen dieser Initiative untersttzen BAVC und IG BCE auch die neue Prventionsstrategie Vision Zero.

    Der Bundesarbeitgeberverband Chemie e. V. (BAVC), die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und die BG RCI haben im Mai 2016 eine gemeinsame Initiative fr noch mehr Arbeitssicherheit in der chemisch-pharmazeutischen Industrie gestartet. Die Kooperationsvereinbarung ist Teil der BG RCI-Prventionsstrategie Vision Zero. Null Unflle gesund arbeiten! Sie hat zum Ziel, die Arbeitswelt so zu gestalten, dass niemand bei seiner be-ruflichen Ttigkeit zu Schaden kommt.

    Die effiziente Prventionsarbeit in den Un-ternehmen der chemischen Industrie hat zu stetig zurckgehenden Unfallzahlen ge-fhrt. So kamen hier im Jahr 2014 auf 1.000 Vollzeitbeschftigte 14,5 Arbeitsunflle im Vergleich zu durchschnittlich 22,3 Ar-beitsunfllen in der gesamten gewerblichen Wirtschaft. Damit zhlt die chemische In-dustrie zu den am sichersten arbeitenden Industriezweigen in Deutschland.

    Die Vision Zero-Strategie steht fr pass-genau auf die Unternehmensbedrfnisse zugeschnittene Prventionsangebote und noch mehr persnliche Vor-Ort-Beratun-gen.

    Hinzu kommt die besondere Frderung von kleinen und mittleren Unternehmen, bei denen Arbeitssicherheit hufig noch nicht so stark verankert ist. bgrci

    Dr. Klaus-Peter Stiller, Hauptgeschfts-fhrer des Bundesarbeitgeberver-bands Chemie e. V., Ulrich Meesmann, Mitglied der Geschftsfhrung der BG RCI, und Ralf Sikorski, Mitglied des geschftsfhrenden Hauptvorstands der IG BCE (v. l.), unterzeichnen in Hei-delberg die Kooperationsvereinbarung fr noch mehr Arbeitssicherheit in der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Foto: bgrci/eh

    KLK OLEO, Werk Dsseldorf

    1.000 Tage ohne meldepflichtigen ArbeitsunfallBG RCI berreicht Urkunde

    1.000 Tage entsprechen im Werk Ds-seldorf rund 1.000.000 Arbeitsstunden. Rainer Abend, zustndige Fachkraft fr Arbeitssicherheit, erfllt diese Bilanz mit Stolz. Gute Organisation und die Unterstt-zung des Sicherheitsgedankens auf allen Ebenen haben zu dem Erfolg gefhrt. So werden die Dsseldorfer Mitarbeiter im

    Rahmen von elektronischen und persn-lichen Schulungen immer wieder fr das Thema Sicherheit sensibilisiert. Es wurde ein Auditsystem fr Sicherheit installiert. Ein Arbeitsschutzausschuss und das Si-cherheitsteam tagen regelmig. Auer-dem erfolgen turnusmig Sicherheitsbe-gehungen mit Management, Werksarzt und

    Schon Ende Mrz stand dem Werk Dsseldorf der KLK OLEO, einem weltweit fhrenden Hersteller von oleochemische Grundstoffen, ein besonderes Ereignis ins Haus: der 25. Mrz 2016 war der 1.000ste Tag in Folge ohne meldepflichti-gen Arbeitsunfall. Die BG RCI wrdigte diesen besonderen Erfolg mit einer Anerkennungsurkunde.

    Betriebsrat. Sicherheitsfachkraft Abend achtet freundlich, aber konsequent auf die Einhaltung der hohen Standards. Kol-legen und Werksleitung schtzen ihn als kompetenten Ansprechpartner in puncto Arbeitssicherheit. Sollte es doch zu einem Unfall kommen, steht dank Werkfeuerwehr und Werksarzt eine funktionierende Ret-

  • 7/8 2016 BG RCI.magazin AUS DER PRAXIS

    21

    Neues Weiterbildungsseminar

    Nanomaterialien wie gefhrlich sind sie wirklich?26. 28. September 2016, DGUV Akademie, Dresden

    Welche Schutzmanahmen sind beim Umgang mit Nanomaterialien ntig? Welche Vorschriften, Grenzwerte und Regeln sind zu beachten? Gerade fr Aufsichtspersonen und andere Arbeitsschutzexperten ist es wichtig, den Stand der Technik und der Prvention im Rahmen der Beratungs- und ber-wachungsaufgaben zu kennen.

    Das neue Seminar des Instituts fr Arbeit und Gesundheit (IAG), Dresden, ist in Koope-ration mit Unfallversicherungstrgern, der Innovationsgesellschaft mbH Sankt Gallen (Schweiz) und dem IFA in Sankt Augustin im Rahmen eines von der Deutschen Gesetzli-chen Unfallversicherung (DGUV) gefrderten Forschungsprojekts entstanden.

    Die SeminarthemenAnwendung von Nanomaterialien, physi-kalische Effekte, praktische Experimente, Risiken und Schutzmanahmen, Medien, Nanoramen, Informationsquellen und Ex-pertennetzwerke, Rechtliche Standards, Re-gelwerke, Grenzwertdiskussion

    Als Aufsichtsperson, Fachkraft fr Arbeits-sicherheit oder verantwortliche Fhrungs-kraft lernen Sie, die Gefhrdung und die Notwendigkeit von Schutzmanahmen re-alistisch einzuschtzen. Sie kennen den Stand der Technik beim sicheren Umgang

    mit Nanomaterialien und knnen diesen bei der Beratung, berwachung und Unterwei-sung anwenden. Einen interaktiven Einblick in die Welt der Nanomaterialien gewinnen Sie vorab beim Besuch des Nano-Portals der DGUV: nano.dguv.de.

    Termin und Ort26. 28. September 2016Beginn: 14.00 Uhr, Ende: 12.00 UhrIAG Institut fr Arbeit und Gesundheit der DGUVKnigsbrcker Landstrae 201109 Dresden

    Seminarpreis699,00 Euro

    AnmeldungSigrid Khler, IAG DresdenTel. 0351/457-1918, Fax 0351/457-201918

    nul

    Unbenannt-2 1 13.05.2016 12:09:38

    tungskette bereit und eine Menge enga-gierter Ersthelfer. Auch fr deren Aus- und Fortbildung sorgt Rainer Abend.

    Dr. Gnter Klesper berbrachte Anfang April die Anerkennungsurkunde, mit der die BG RCI besondere sicherheitliche Leistun-gen auszeichnet. Ralf Ewering, Managing Director der KLK OLEO-Werke in Emmerich und Dsseldorf, sowie Dr. Jens Vier, Ge-neral Manager Operations in Dsseldorf, dankten bei dieser Gelegenheit Rainer Abend und allen Mitarbeiterinnen und Mit-arbeitern fr ihre tatkrftige Untersttzung im Bereich des Arbeitsschutzes.

    KLK OLEO gehrt zum international ope-rierenden Konzern Kuala Lumpur Kepong

    Berhad mit Hauptsitz in Malaysia. Das Un-ternehmen liefert ein breites Spektrum an hochwertigen oleochemischen Produkten aus natrlichen nachwachsenden Rohstof-fen. Die Produktpalette reicht von einfa-chen Fettsuren und Glycerin, Fettalko-holen und Fettsuremethylestern bis zu sulfonierten Methylestern und Tensiden sowie Produkten auf Vitamin E-Basis.

    Die verschiedenen Endanwendungen fin-den sich im Haushalt und im Gesundheits-wesen, in Kosmetik- und Pflegeproduk-ten, Lebensmitteln, Aromen, Dften und im industriellen Einsatz von Chemikalien wie Schmierstoffen, Beschichtungen und in der Papierindustrie. bgrci/nul

    1.000 Tage unfallfrei im Werk Dsseldorf der KLK OLEO: Sicherheitsfachkraft Rainer Abend (l.) freut sich ber die Anerkennung durch die Berufsgenossenschaft. Die Urkunde ber-reichte Dr. Gnter Klesper von der BG RCI. Foto: Ulrike Rmmer

  • BG RCI.magazin 7/8 2016

    125 Jahre VDL

    Vom Central-Verein zum Verband der Deutschen LederindustrieDer Verband der Deutschen Lederindustrie e. V. (VDL) feiert in diesem Jahr sein 125-jhriges Jubilum. Mit der Grndung am 7. Juni 1891 in Frankfurt am Main gehrt er zu den ltesten Wirtschaftsvereinigungen in Deutschland. Der VDL versteht sich als Dienstleister fr die gesamte Lederbranche. Seit 2004 ist Thomas Strebost von der Heller-Leder GmbH & Co. KG Vorsitzender des Verbands.

    Von Anfang an gemeinsam mit der BerufsgenossenschaftSeit der Grndung des VDL bestehen enge Kontakte zur Berufsgenossenschaft. Kenn-zeichnend fr die stets auf Kostenerspar-nis ausgerichtete Lederindustrie war, dass schon die Grndungsversammlung des Central-Vereins zeitgleich mit der Ge-neralversammlung der bereits seit 1884 bestehenden Lederindustrie-Berufsge-nossenschaft abgehalten wurde. Bereits zwei Jahre zuvor hatten die Vorbereitun-gen begonnen. Dabei ging es vor allem da-rum, die unterschiedlichen Ansichten der Lederfabrikanten zu bndeln und regionale Sonderinteressen nicht unbercksichtigt zu lassen. Damals hatte die deutsche Le-derindustrie mit rund 50.000 Beschftigten eine deutlich grere Bedeutung als heute.

    Whrend des Ersten Weltkriegs musste die Branche den auerordentlichen Bedarf an Leder fr Armeestiefel, Pferdegeschirr und andere Ausrstungen decken. Zu dieser Zeit gab es im deutschen Reich etwa 3.000 Lederfabriken. Kurz nach Kriegsende, 1919, wurde der sozialpolitische Bereich aus dem Central-Verein ausgegliedert und in den im November 1918 gegrndeten Verein fr Ar-beiterangelegenheiten der Lederindustrie berfhrt. Nach der Integration verschie-dener regionaler Arbeitgeberverbnde be-nannte er sich in Arbeitgeberverband der Deutschen Lederindustrie um.

    1927: Hchstproduktion von 148.000 TonnenDie wirtschaftlich schweren Zeiten Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts hatten dazu ge-fhrt, dass die Ledererzeugung im Jahr 1931 gegenber der Hchstproduktion von rund 148.000 Tonnen im Jahr 1927 um etwa 30 Prozent geringer ausfiel. In den Jahren des Zweiten Weltkriegs und auch schon kurz davor wurden die zuvor freien Wirtschaftsverbnde in eine vom Staat gefhrte Organisation gezwungen. So wurden Vorschriften erlassen ber die zu produzierenden Lederarten, die Gerb-methoden und die rationelle Ausnutzung der Gerbstoffe. Der Central-Verein wurde zur Fachgruppe ledererzeugende Indus-trie der Wirtschaftsgruppe Lederwirt-schaft, der auch die lederverarbeitende Industrie angehrte.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg, 1948, gab es zunchst die Arbeitsgemeinschaft der bizonalen Gerberverbnde. Das waren die Regionalverbnde der amerikanischen und britischen Besatzungszone. 1950 wurde mit der Aufnahme der Lederverbnde der fran-zsischen Zone die Arbeitsgemeinschaft der westdeutschen Gerberverbnde gegrndet, ebenfalls in Frankfurt am Main. Der weitere Rckgang der Lederindustrie fhrte dazu, dass einige der Landesverbnde mit eige-ner Geschftsfhrung nicht mehr finanzier-

    raumtex-Messen Sd und West

    BG RCI auch 2016 wieder dabeiUlm, 17. 18. September/ Rheinberg, 24. 25. Sep tember

    Bei der raumtex-Sd in Ulm am 17. und 18. September sowie der raumtex-West in Rheinberg am 24. und 25. September 2016 wird das Thema Sicherer Einsatz von Lei-tern im Zentrum stehen.

    Vor Ort haben Raumausstatter und Satt-ler Gelegenheit, sich zu allen wichtigen As-pekten rund um den Einsatz von Leitern beraten zu lassen. Dazu gibt es am Stand eine neue Kurzinformation. Neben vielen Tipps fr den Alltag bietet sie eine Check-liste fr die berprfung von Leitern und Tritten. Ganz im Sinne der Prventionsstra-tegie Vision Zero gibt es darber hinaus Beratungsangebote zu der Frage, wie im eigenen Betrieb sichere und gesundheits-gerechte Arbeitsbedingungen geschaffen werden knnen. br

    Nachdem sich die BG RCI im vergan-genen Jahr erstmals bei den raumtex-Fachmessen prsentiert hatte, ist auch fr 2016 eine erneute Beteili-gung fest eingeplant.

    Der sichere Einsatz von Leitern ist Thema der BG RCI-Prsentation auf den kommenden raumtex-Fachmessen im September in Ulm und Rheinberg. Foto: bgrci

    22

  • 7/8 2016 BG RCI.magazin

    125 Jahre VDL

    Vom Central-Verein zum Verband der Deutschen Lederindustrie

    bar waren. Daher bestand fr Betriebe ab 1950 die Mglichkeit, sich direkt dem Ver-band anzuschlieen. Zu dieser Zeit hatte die deutsche Lederindustrie noch etwa 400 Betriebe mit ber 31.000 Beschftigten.

    1952 wurde als Folge der rcklufigen Be-deutung der Interessenvertretung auf regio-naler Ebene die Umbenennung in Verband der Deutschen Lederindustrie e.V. be-schlossen. 1965 wurde dann die Umwand-lung des Verbands der Landesverbnde in einen Zentralverband mit Einzelmitglied-schaft vollzogen.

    Ein weiteres Jahr von besonderer Bedeutung war 1973. Durch Betriebsverkleinerungen und -schlieungen reduzierte sich die Pro-duktion gegenber 1972 um fast 25 Prozent. Mit dieser Entwicklung ging die Verkleine-rung der Geschftsfhrung des Verbands einher, da sich dessen Finanzkraft wieder-um verringert hatte.

    DDR: Abkopplung vom WeltmarktIn der DDR nahm die Lederindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg eine andere Ent-wicklung. Die in der staatlich gelenkten Planwirtschaft gefhrten Lederfabriken konnten durch die Abkopplung vom Welt-markt innerhalb des Zeitraums von 40 Jahren eine Vervielfachung der Produkti-on erreichen. Zwischen den als volksei-genen Betrieben gefhrten Lederfabriken war zwar ein fachlicher Kontakt ber die Kombinate gegeben, es gab aber keine Verbandsttigkeit im eigentlichen Sinne.

    In der Zeit der politischen Wende der Jah-re 1989/1990 schlossen sich die Lederfa-briken der DDR zu einem Interimsverband

    zusammen. Nach der Wiedervereinigung lste dieser sich im November 1990 wie-der auf, da die Mehrzahl der Lederfabri-ken dem VDL beigetreten war. Im Jubil-umsjahr 1991 waren also nach 100 Jahren wieder alle ledererzeugenden Betriebe in einem einzigen Verband organisiert.

    Der Trend zur Globalisierung hatte indes-sen schon in den 80er Jahren begonnen und setzte sich weiter fort. Er fhrte dazu, dass die Zahl der Betriebe mit mehr als 50 Beschftigten im Jahr 2004 auf rund 25 zu-rckgegangen war. Sie beschftigten zu der Zeit 2.800 Menschen. Noch zehn Jahre zuvor konnten rund 50 Lederfabriken rund 4.200 Beschftigten einen Arbeitsplatz bieten.

    Diese Entwicklung blieb nicht ohne Auswir-kungen auf die Finanzierung des Verbands. Das damalige Sparprogramm fhrte zu einer bis heute andauernden organisatorischen Umstrukturierung.

    VDL vertritt im Jubilumsjahr 60 MitgliedsunternehmenIm VDL knnen nunmehr auch auslndische Firmen bzw. Unternehmen, die der Leder-herstellung vor- oder nachgelagert sind, angehren. Im Jubilumsjahr sind nach Aussage des Geschftsfhrers Dr. Thomas Schrer 60 Mitglieder organisiert. Davon sind gut 50 Prozent Lederhersteller. Die an-deren Mitglieder bringen inzwischen etwa 30 Prozent der Verbandsbeitrge auf. Der VDL war von Beginn an in der Selbstverwal-tung der frheren Lederindustrie-Berufsge-nossenschaft vertreten, ebenso wie in der heutigen BG RCI.

    Burkhard Rehn, BG RCI, Mainz

    Deutsches Leder Nachhaltigkeit als Programm

    Das Naturprodukt Leder geniet schon immer eine hohe Wertschtzung. Seit es Menschen gibt, werden Hute und Felle als nachwachsende Rohstoffe zu Leder veredelt. Fr die deutsche Lederindus-trie ist hchste Produktqualitt selbst-verstndlich, darber hinaus garantiert sie ihren Kunden ein Maximum an ko-logischer Qualitt. Um diesem kolo-gischen Anspruch gerecht zu werden, werden die Anforderungen an eine nachhaltige Ledererzeugung konse-quent umgesetzt und weiterentwickelt.

    Hierzu zhlen energieeffiziente und ressourcenschonende Herstellungs-verfahren, umweltgerechte Produk-tionsprozesse, Substitution von ge-sundheitsgefhrdenden Stoffen, soziale Arbeitsbedingungen und ein Hchst-ma an Arbeitsschutz. Damit hat sich die deutsche Lederindustrie zu einem weltweit anerkannten kologischen Vor-reiter mit umfassendem und richtungs-weisendem Know-how zur umweltge-rechten Lederproduktion entwickelt.

    Bevorzugt werden Hute und Felle ein-heimischer landwirtschaftlicher Nutz-tiere verarbeitet, die als Nebenproduk-te der Lebensmittelerzeugung anfallen. Die Verarbeitung von gekhlten oder mit Kochsalz konservierten Huten erlaubt den Verzicht auf chemische Konservie-rungsmittel und verringert wesentlich den Transportaufwand. Fr die Gerbung und die anschlieende Lederveredlung werden nach wissenschaftlichem Kennt-nisstand ausnahmslos kologisch und gesundheitlich unbedenkliche chemi-sche Hilfsmittel eingesetzt. Durch die Entwicklung optimierter Gerbverfahren und die konsequente Durchfhrung von Manahmen zum produktionsinteg-rierten Umweltschutz konnte z. B. der Chemikalien- und Wasserverbrauch fr die Ledererzeugung in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden. br

    23

    Foto

    : vo

    raw

    ich

    Fo

    tolia

    .de

  • BG RCI.magazin 7/8 2016AUS DER PRAXIS

    MicroDissect GmbH, Herborn

    Arbeitsschutz-Managementsystem mit Gtesiegel ausgezeichnet

    Das Hauptttigkeitsfeld des Unternehmens mit seinen 25 Beschftigten ist die Produk-tion von Objekttrgern fr dieses Verfah-ren. Bei der Analyse der Mikrodissektate ist absolute Sauberkeit unverzichtbar. Daher erfolgt die Fertigung unter Reinraumbedin-gungen. Zu den Kunden zhlen namhafte Hersteller von Mikroskopen weltweit, aber auch bekannte Universitten, Institute und Labore.

    Im Rahmen der Betriebsgrndung hat Geschftsfhrerin Dr. Dorina Bhm eine Ausbildung zur Qualittsmanagerin ab-solviert. Schon damals ergaben sich die ersten Kontakte zur BG RCI. Die Berufs-genossenschaft untersttzte das Unter-nehmen in puncto Arbeitssicherheit bei der Planung der neuen Betriebssttte in Herborn. Seit 2009 ist die MicroDissect GmbH nach ISO 9001:2008 zertifiziert und garantiert gleichbleibende Produktqualitt dank konsequenter mehrstufiger Qualitts-sicherung.

    Bei einem Seminar im Rahmen der alter-nativen Betreuung entstand die Idee, das bereits bestehende Qualittsmanage-ment als Grundlage fr ein betriebliches Arbeitsschutz-Managementsystem zu nut-

    Die MicroDissect GmbH ist seit 2001 in der Lahn-Dill-Region ansssig. Seit 2006 fertigt das Unternehmen am Standort Herborn Verbrauchsmaterialien fr die membrangesttzte Laser-Mikrodissektion. Das Verfahren dient der Isolierung von Zellen oder deren Bestandteilen aus einem mikroskopischen Prparat.

    24

    zen. 2014 begannen die ersten Aktivitten in diese Richtung. Der Betrieb wurde von der BG RCI umfangreich beraten und bei den Vorbereitungen zum Gtesiegel-Audit durch einen Sicherheitsingenieur im Rah-men der KMU-Beratung untersttzt. Im Fe-bruar 2016 schlielich wurde das Unter-nehmen hinsichtlich der Wirksamkeit des betrieblichen Arbeitsschutzmanagements begutachtet. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf dem arbeitsschutzgerechten Handeln der Beschftigten wie der Fh-rungskrfte. Die Begutachtung umfasst die Prfung von Dokumenten, Begehun-gen sowie Interviews mit der Geschfts-fhrung und der Belegschaft.

    Gerd Tomblt, Prventionsbereichsleiter der BG RCI in Mainz, hob bei der Gtesie-gel-Vergabe im Rahmen eines betrieb-lichen Familientags hervor, dass es fr einen Kleinbetrieb keineswegs selbstver-stndlich sei, sich den Anforderungen ei-nes Arbeitsschutzmanagements zu stellen. Im vorliegenden Fall habe das engagierte Vorgehen der Geschftsfhrung das Un-ternehmen in einer Weise verndert, die eine Auszeichnung mit dem Gtesiegel der BG RCI in vollem Umfang rechtfertige. Burkhard Rehn, BG RCI, Mainz

    2424

    BG RCI.magazin 7/8 2016

    bergabe des Gtesiegels Sicher mit System an Dr. Dorina Bhm und PD Dr. Malte Manfred Bhm (r.) durch Gerd Tomblt von der BG RCI. Foto: bgrci/br

    Ideen von Menschen fr Menschen

    Frderpreis 2016Arbeit Sicherheit Gesundheit

    Deutschlands hchstdotierter Ar-beitsschutzpreis wurde dieses Jahr zum 19. Mal verliehen. 520 Teilneh-mende aus dem gesamten Bundes-gebiet hatten insgesamt 220 Ideen eingereicht, um die Arbeitswelt noch sicherer und gesnder zu ma-chen. Ausgezeichnet wurden dies-mal 14 Preistrger aus sieben Unter-nehmen. Es wurden Frderpreise in sechs Kategorien sowie ein Sonder-preis vergeben. Die Preise sind mit jeweils 10.000 Euro dotiert, hinzu kamen 15 Nominierungsprmien zu je 1.000 Euro.

    Auf den folgenden Seiten stellen wir die prmierten Ideen ausfhrlich vor.

    Frderpreisrunde 2017 kurz vor dem Start

    In Krze wird bereits die Frder-preisrunde 2017 eingelutet. Den Bewerbungsbogen finden Sie in die-ser Ausgabe des BG RCI.magazins sowie unter www.bgrcifoerderpreis.de. nul

  • 25

    7/8 2016 BG RCI.magazin BERICHTE UND INFORMATIONEN

    Untersuchungen im Braunkohlentagebau Hambach der RWE Power AG haben ein er-hhtes Verletzungsrisiko beim Beschnei-den von Frdergurten und Abdichtgummis ergeben. Um die Gefhrdungen nachhaltig zu minimieren, wurde eine Marktrecherche zu Schutzhandschuhen durchgefhrt.

    Sie fhrte zu dem Ergebnis, dass von den im Handel erhltlichen Handschuhen zum Schutz gegen Schnitt- und Stichverletzun-

    gen keiner dem Anforderungsprofil ent-sprach.

    Daraufhin wurden die gewnschten Spe-zifikationen festgelegt und in Eigenregie ein Handschuh entwickelt und produziert, der sowohl die messerfhrende Hand wie auch diejenige, die den jeweils zu bearbei-tenden Gegenstand festhlt, vor Schnit-ten und Stichen schtzt. Die Handschuhe sind sowohl im trockenen wie im nassen

    Zustand bequem zu tragen, taktil, robust und rutschhemmend.

    Die RWE Power AG erhlt fr den Handschuh ausnahmslos positive Rckmeldungen sei-tens der Mitarbeiter. Seit die Handschuhe im Einsatz sind, wurden beim Beschnei-d