Lernen durch Lehren: Gruppenpuzzle vs. Referat im...

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Lernen durch Lehren: Gruppenpuzzle vs. Referat im Biochemieseminar Stefanie Hauser, Joy Backhaus, Sarah König, Manfred Gessler Biozentrum und Medizinische Fakultät der Universität Würzburg 1. Hintergrund und Fragestellung Die aktive Eigenbeteiligung von Studierenden in Seminaren beschränkt sich oft auf das Halten von Referaten. Die Zuhörer bleiben dabei meist in einer passiven Rolle, was deren Lernprozess erschwert. Bei der kooperativen Lehrmethode Gruppenpuzzle findet sich jeder Studierende sowohl in der Rolle des Lehrenden als auch des Lernenden. Wie im Referat müssen Informationen verständlich vermittelt werden. In der medizinischen Lehre sind Gruppenpuzzle bislang wenig verbreitet. Folgende Fragestellungen werden untersucht: Unterscheidet sich der Lernerfolg von Medizinstudierenden im 2. und 3. Semester im Fach Biochemie in Abhängigkeit von der Lehrmethode Gruppenpuzzle vs. Referat? Wie evaluieren die Studierenden das Gruppenpuzzle als Lehrmethode im Vergleich zum Referat? 2. Material/Methoden Die experimentelle Studie erfolgte im Sommersemester 2017 mit den Humanmedizinstudierenden im 2. und 3. Semester im Fach Biochemie in einem Crossoverdesign. Die Studierenden wurden randomisiert auf zwei Studiengruppen aufgeteilt. Gruppe A führte zum Thema 1 Gruppenpuzzles durch, Gruppe B Referate zu jeweils denselben Themen; bei Thema 2 war es umgekehrt. Insgesamt waren 13 Seminargruppen (mit je ca. 20 Studierenden) mit 13 verschiedenen Dozenten daran beteiligt. Der objektive Lernerfolg wurde durch die Differenz der studentischen Leistungen in formativen pre-, post- und retention Tests basierend auf MC-Fragen und offenen Fragen ermittelt. Zufriedenheit mit den beiden Lehrmethoden sowie Vor- und Nachteile wurden durch Umfragen bei den Studierenden erhoben. 5. Das Gruppenpuzzle führt zu einem signifikanten objektiven und subjektiven Lernzuwachs 7. Kritisch gesehen: Vorbereitungszeit, keine Materialien für Nicht-Expertenthemen, ungenügende Vorbereitung der Experten 9. Tipps - Wenn die Expertenthemen aus Aufgaben bestehen – unbedingt Musterlösungen verteilen, ansonsten ist die Unsicherheit unter den Studierenden zu groß. - Genügend Zeit für die Diskussion in den Puzzlegruppen lassen, da die Studierenden in den Puzzlegruppen gerne diskutieren. - Als Dozent muss einem klar sein, dass man sich v.a. durch das Erstellen der Materialien für die Expertenthemen in die Lehre einbringt. - Für das Gruppenpuzzle muss der Raum groß genug sein oder mehrere Räume zur Verfügung stehen, da ansonsten die Unruhe zu groß ist. 8. Ergebnisse und Diskussion - Mit dem Gruppenpuzzle konnte sowohl Fakten- als auch Begründungswissen vermittelt werden. - Der subjektive Lernerfolg war bei beiden Themen im Gruppenpuzzle signigikant höher als bei den Referaten. In den Wissenstests konnte objektiv ein signifikater höherer Lernerfolg bei den Kohlenhydrat-Tests festgestellt werden, bei den Lipidtests jedoch nicht. Die Ursachen dafür werden noch untersucht. - Die Beteiligung der Studierenden an der Diskussion beim Gruppenpuzzle war deutlich größer als beim Referat. - Gruppenpuzzles mit Aufgabenblättern als Vorbereitungsmaterial für die Experten können nicht das selbständige Erarbeiten und Präsentieren eines Themas ersetzen. Allerdings ist der Großteil der Studierenden Zuhörer bei Referaten und nicht aktiv am Lernen beteiligt. - Es gab Unterschiede in den einzelnen Seminargruppen, wie gut die Studierenden das Gruppenpuzzle angenommen haben – daher einfach ausprobieren! Motivation (auch des Dozenten) und Gruppendynamik sind entscheidend für den Erfolg des Gruppenpuzzles. Vorbereitungszeit - an alle Studierenden, Dozenten und Betreuer der Seminar- und Praktikumsgruppen, die an der Studie mitgemacht haben! - an Christoph Müller für die Hilfe bei der Auswertung der Tests sowie Sonia Sippel für die Einführung in EvaSys. 3. Ablauf des Gruppenpuzzles Beispiel Kohlenhydrate: Für die Expertenthemen wurden Arbeits- blätter (jeweils 5-6 Seiten) mit Informationen und Aufgaben herausgegeben. Themen: Hypoglykämie I (Morbus von Gierke) Hypoglykämie II (Ursachen, Diagnostik) Pyruvatkinasemangel Fructosemetabolismus 4. Ablauf der Studie 6. Das Gruppenpuzzle führt zu verstärkter Diskussion und aktiver Teilnahme. Evaluationen 1+2 Ergebnis Wissenstests Kohlenhydrate Einschätzung (Evaluation 3) *** p ≤ 0,005 trifft gar nicht zu trifft voll zu Danke

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LernendurchLehren:Gruppenpuzzlevs.ReferatimBiochemieseminar

StefanieHauser,JoyBackhaus,SarahKönig,ManfredGessler

BiozentrumundMedizinischeFakultätderUniversitätWürzburg

1. HintergrundundFragestellungDie aktive Eigenbeteiligung von Studierenden in Seminaren beschränkt sich oft auf das Haltenvon Referaten. Die Zuhörer bleiben dabei meist in einer passiven Rolle, was deren Lernprozesserschwert. Bei der kooperativen Lehrmethode Gruppenpuzzle findet sich jeder Studierendesowohl in der Rolle des Lehrenden als auch des Lernenden. Wie im Referat müssenInformationen verständlich vermittelt werden. In der medizinischen Lehre sind Gruppenpuzzlebislang wenig verbreitet. Folgende Fragestellungen werden untersucht: Unterscheidet sich derLernerfolg von Medizinstudierenden im 2. und 3. Semester im Fach Biochemie in Abhängigkeitvon der Lehrmethode Gruppenpuzzle vs. Referat? Wie evaluieren die Studierenden dasGruppenpuzzle als Lehrmethode im Vergleich zum Referat?

2.Material/MethodenDie experimentelle Studie erfolgte im Sommersemester 2017 mit denHumanmedizinstudierenden im 2. und 3. Semester im Fach Biochemie in einemCrossoverdesign. Die Studierenden wurden randomisiert auf zwei Studiengruppen aufgeteilt.Gruppe A führte zum Thema 1 Gruppenpuzzles durch, Gruppe B Referate zu jeweils denselbenThemen; bei Thema 2 war es umgekehrt. Insgesamt waren 13 Seminargruppen (mit je ca. 20Studierenden) mit 13 verschiedenen Dozenten daran beteiligt. Der objektive Lernerfolg wurdedurch die Differenz der studentischen Leistungen in formativen pre-, post- und retention Testsbasierend auf MC-Fragen und offenen Fragen ermittelt. Zufriedenheit mit den beidenLehrmethoden sowie Vor- und Nachteile wurden durch Umfragen bei den Studierendenerhoben.

5.DasGruppenpuzzleführtzueinemsignifikantenobjektivenundsubjektivenLernzuwachs

7.Kritischgesehen:Vorbereitungszeit,keineMaterialienfürNicht-Expertenthemen,

ungenügendeVorbereitungderExperten

9.Tipps- Wenn die Expertenthemen aus Aufgaben bestehen – unbedingt Musterlösungen verteilen,

ansonsten ist die Unsicherheit unter den Studierenden zu groß.- Genügend Zeit für die Diskussion in den Puzzlegruppen lassen, da die Studierenden in den

Puzzlegruppen gerne diskutieren.- Als Dozent muss einem klar sein, dass man sich v.a. durch das Erstellen der Materialien für die

Expertenthemen in die Lehre einbringt.- Für das Gruppenpuzzle muss der Raum groß genug sein oder mehrere Räume zur Verfügung

stehen, da ansonsten die Unruhe zu groß ist.

8.ErgebnisseundDiskussion- Mit dem Gruppenpuzzle konnte sowohl Fakten- als auch Begründungswissen vermittelt

werden.- Der subjektive Lernerfolg war bei beiden Themen im Gruppenpuzzle signigikant höher als bei

den Referaten. In den Wissenstests konnte objektiv ein signifikater höherer Lernerfolg bei denKohlenhydrat-Tests festgestellt werden, bei den Lipidtests jedoch nicht. Die Ursachen dafürwerden noch untersucht.

- Die Beteiligung der Studierenden an der Diskussion beim Gruppenpuzzle war deutlich größerals beim Referat.

- Gruppenpuzzles mit Aufgabenblättern als Vorbereitungsmaterial für die Experten können nichtdas selbständige Erarbeiten und Präsentieren eines Themas ersetzen. Allerdings ist derGroßteil der Studierenden Zuhörer bei Referaten und nicht aktiv am Lernen beteiligt.

- Es gab Unterschiede in den einzelnen Seminargruppen, wie gut die Studierenden dasGruppenpuzzle angenommen haben – daher einfach ausprobieren! Motivation (auch desDozenten) und Gruppendynamik sind entscheidend für den Erfolg des Gruppenpuzzles.

Vorbereitungszeit

- an alle Studierenden, Dozenten und Betreuer der Seminar- und Praktikumsgruppen, die an derStudie mitgemacht haben!

- an Christoph Müller für die Hilfe bei der Auswertung der Tests sowie Sonia Sippel für dieEinführung in EvaSys.

3.AblaufdesGruppenpuzzlesBeispiel Kohlenhydrate:Für die Expertenthemen wurden Arbeits-blätter (jeweils 5-6 Seiten) mit Informationenund Aufgaben herausgegeben.

Themen:Hypoglykämie I (Morbus von Gierke)Hypoglykämie II (Ursachen, Diagnostik)PyruvatkinasemangelFructosemetabolismus

4.AblaufderStudie

6.DasGruppenpuzzleführtzuverstärkterDiskussionundaktiverTeilnahme.

Evaluationen1+2

ErgebnisWissenstestsKohlenhydrate Einschätzung(Evaluation3)

***p≤0,005

trifftgarnichtzu

trifftvollzu

Danke