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Ist der dick: Für den neuen Don- Winslow-Roman „Das Kartell“ (Droemer, 16,99 Euro) braucht man etwas Zeit – also am besten Urlaub FOTOS: PR (5), LEA SCHMITT FÜR PLAYBOY REDAKTION: GÜNTER KEIL WIE ENTD Acapulco, Mexiko. Strand, Chicas und Tequila. Neben der Sonnenliege: der neue Roman von Don Winslow, 800 Seiten, schwer wie ein Stein. „Das Kartell“ kann man eigentlich nur im Urlaub bewältigen, und Acapulco kommt darin tatsächlich vor. Doch Don Winslow hat alles andere als einen lockeren Urlaubskrimi geschrie- ben. Vielmehr: eine gewaltige Doku über mexikanische Kokainkartelle und den staatlich verordneten US-Krieg gegen die Drogen – die Fortsetzung seines Weltbest- sellers „Tage der Toten“ von 2010. Winslow fackelt nicht lange herum. Seine Sätze sitzen wie Schläge, sein Er- zähltempo ist hoch. Der ehe- malige Privatdetektiv inszeniert in seinem neuen Thriller einen Zweikampf: zwischen Kartell- patron Adán Barrera und Dro- genfahnder Art Keller. Barrera sitzt zwar im Gefängnis, doch seine „Zelle“ ist eine Luxussuite mit Flachbildschirm, Minibar und einer Garderobe voller Maßanzüge. Zwei Millionen US-Dollar Kopfgeld setzt Barrera auf Keller aus – der Krieg zwischen den bei- den Männern und den Systemen, für die sie stehen, beginnt. „Das Kartell“ ist umfassend recher- chierter investigativer Journalismus im Mantel der Fiktion. Und grandiose, rasan- te Unterhaltung: „Die Eingangstür kracht auf, Segura kommt als Erster, hinter ihm der Bodyguard, dann drei Mädchen – kreischend, einknickend auf ihren High Heels. Sie springen in den Jeep. Ed- die schießt die Reifen platt. Segu- ra will durchstarten, aber Eddie und seine Jungs spielen Bonnie und Clyde mit seinem Jeep. Der Jeep ruckt und rüttelt wie ein Junkie auf Entzug. Segura schreit, als ihn die Kugeln durchlöchern.“ Winslow bleibt seinem coo- len, souveränen Stil treu. Wie in der Playboy-Serie „Extrem“, die er exklusiv für uns ge- schrieben hat: www.playboy.de/ don-winslow. A MÄNNERLITERATUR Journalismus im Mantel der Fiktion: Don Winslow obser- viert in seinem neuen Thriller Mexikos Drogenkartelle KOKS UND KRIEG Don Winslow, 61, ist einer der bekanntesten USGegenwartsautoren. Er schrieb u. a. das Drehbuch zu Oliver Stones Thriller „Savages“ (2012)

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Ist der dick: Für den neuen Don- Winslow-Roman „Das Kartell“ (Droemer, 16,99 Euro) braucht man etwas Zeit – also am besten Urlaub

PLAYBOY / AUGUST 2015 147

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On the move/Mein LebenOliver SacksAuch Robert De Niro kam mal zu einer Party von Oliver Sacks, auf dessen Buch „Zeit des Erwachens“ eine von De Niros Rollen basierte. Von Begeg-nungen mit Stars erzählt Sacks

aber nur am Rande seiner Autobiogra!ie. Der berühmte Neurologe gibt Einblicke in sein Privatleben, schildert Behandlungserfolge, seinen missglückten Besuch bei einer Prostituierten, seine Liebe zu Motorrädern und Männern. Sacks, 82, ist ein begnadeter, bescheidener Erzähler (Rowohlt, 24,95). Gefällt Ihnen, wenn Sie den Promi-Biker mal ganz privat kennen lernen wollen.

Die wilde Ballade vom lauten LebenJoseph O’ConnorZwei Kumpels machen Karriere: Robbie und Fran, Musiker aus Luton, scha"en den Durchbruch als Band. Doch dem schnellen Ruhm folgt der langsame

Absturz. 20 Jahre später erinnert sich Robbie an die wilde Zeit. An „Männer mit Rattenschwanz-frisur, Frauen mit Augen wie Pistolenmündungen. Blicke, so einladend wie das Kondom von gestern Nacht.“ Joseph O’Connor begibt sich auf eine nostalgische Rock-’n’-Roll-Reise in die 80er – authentisch und abwechslungsreich (S. Fischer, 22,99 Euro). Gefällt Ihnen, wenn Sie selbst mal in einer Band gespielt haben.

Kein Leben ohne Minibar Will WilesKeycards, Meetings, Podiums-diskussionen: zum Gähnen, diese Konferenz- und Messewelt. Genau deswegen übernimmt Neil Double den Job des Business-Reisenden für zah-

lungswillige Kunden. Wieder einmal bezieht er sein Zimmer, checkt die Minibar. Doch diesmal ist alles anders. Double verliert eine geheimnisvolle Frau aus den Augen und spürt ihr in den laby- rinthischen Fluren eines Hotels nach. Der Brite Will Wiles hat ein Gespür für skurrile Situationen

und amüsante Abgründe (carl’s books, 14,99 Euro). Gefällt Ihnen, wenn Sie

genervt von Geschäftsreisen sind.

Wenn der Wind singt/ Pinball 1973

Haruki Murakami Die ersten beiden „Romane“ des

genialen japanischen Erzählers gibt es jetzt erstmals auf Deutsch – zwei kurze Ge-

schichten von 1979 und 1980. Schon damals blitzte Mura - kamis späteres Können auf – ebenso wie seine Lieb-lingsthemen: Männer, Mäd-chen, Studienzeiten, Schall-platten und das Schreiben (DuMont, 19,99 Euro).

Acapulco, Mexiko. Strand, Chicas und Tequila. Neben der Sonnenliege: der neue Roman von Don Winslow, 800 Seiten, schwer wie ein Stein. „Das Kartell“ kann man eigentlich nur im Urlaub bewältigen, und Acapulco kommt darin tatsächlich vor. Doch Don Winslow hat alles andere als einen lockeren Urlaubskrimi geschrie-ben. Vielmehr: eine gewaltige Doku über mexikanische Kokainkartelle und den staatlich verordneten US-Krieg gegen die Drogen – die Fortsetzung seines Weltbest-sellers „Tage der Toten“ von 2010.

Winslow fackelt nicht lange herum. Seine Sätze sitzen wie Schläge, sein Er-zähltempo ist hoch. Der ehe-malige Privatdetektiv inszeniert in seinem neuen Thriller einen Zweikampf: zwischen Kartell-patron Adán Barrera und Dro-genfahnder Art Keller. Barrera sitzt zwar im Gefängnis, doch seine „Zelle“ ist eine Luxussuite mit Flachbildschirm, Minibar und einer Garderobe voller Maßanzüge. Zwei Millionen

US-Dollar Kopfgeld setzt Barrera auf Keller aus – der Krieg zwischen den bei-den Männern und den Systemen, für die sie stehen, beginnt.

„Das Kartell“ ist umfassend recher-chierter investigativer Journalismus im Mantel der Fiktion. Und grandiose, rasan-te Unterhaltung: „Die Eingangstür kracht auf, Segura kommt als Erster, hinter ihm der Bodyguard, dann drei Mädchen – kreischend, einknickend auf ihren High Heels. Sie springen in den Jeep. Ed-die schießt die Reifen platt. Segu-ra will durchstarten, aber Eddie und seine Jungs spielen Bonnie

und Clyde mit seinem Jeep. Der Jeep ruckt und rüttelt wie ein Junkie auf Entzug. Segura schreit, als ihn die Kugeln durchlöchern.“

Winslow bleibt seinem coo-len, souveränen Stil treu. Wie in der Playboy-Serie „Extrem“, die er exklusiv für uns ge-schrieben hat: www.playboy.de/ don-winslow. A

M Ä N N E R L I T E R A T U R

Journalismus im Mantel der Fiktion: Don Winslow obser-viert in seinem neuen Thriller Mexikos Drogenkartelle

KOKS UND KRIEG

Kultur I BUCH

Don Winslow, 61, ist einer der bekanntesten US!Gegenwartsautoren.

Er schrieb u. a. das Drehbuch zu Oliver

Stones Thriller „Savages“ (2012)