Leseprobe aus: "Textlinguistik" von Nina Janich (Hrsg.)

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Nina Janich (Hg.)

Textlinguistik15 Einfhrungen

narr studienbcher 2011 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 D-72070 Tbingen Das Werk einschlielich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung auerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulssig und strafbar.

narr studienbcher

2011 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 D-72070 Tbingen Das Werk einschlielich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung auerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulssig und strafbar.

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Nina Janich (Hg.)

Textlinguistik15 Einfhrungen

Gunter Narr Verlag Tbingen 2011 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 D-72070 Tbingen Das Werk einschlielich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung auerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulssig und strafbar.

Prof. Dr. Nina Janich ist Professorin fr Deutsche Sprachwissenschaft an der TU Darmstadt.

Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber abrufbar.

2008 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 D-72070 Tbingen Das Werk einschlielich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung auerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulssig und strafbar. Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf surefreiem und alterungsbestndigem Werkdruckpapier. Internet: http://narr-studienbuecher.de E-Mail: [email protected] Satz: Informationsdesign D. Fratzke, Kirchentellinsfurt Druck: Gulde, Tbingen Verarbeitung: Ndele, Nehren Printed in Germany ISSN 0941-8105 ISBN 978-3-8233-6432-0

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Klaus Brinker () gewidmet

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Inhalt

Einleitung von Nina Janich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I Grundlegende Orientierungen

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1. Text und Textlinguistik von Ulla Fix. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2. Text und Diskurslinguistik von Ingo H. Warnke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II Forschungsanstze der Textlinguistik im Einzelnen 3. Textgrammatische Anstze von Christina Gansel & Frank Jrgens . . . . . . 55 4. Textsemantische Anstze von Andreas Ltscher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 5. Textpragmatische und kommunikative Anstze von Wolfgang Heinemann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 6. Textsorten und ihre Beschreibung von Kirsten Adamzik. . . . . . . . . . . . . 145 7. Intertextualitt und Text(sorten)vernetzung von Nina Janich . . . . . . . . 177 III Textproduktion und Textrezeption 8. Mndlichkeit und Schriftlichkeit von Texten von Peter Koch & Wulf Oesterreicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 9. Mndliche Textproduktion: Informationsorganisation in Texten von Christiane von Stutterheim & Wolfgang Klein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 10. Schriftliche Textproduktion: Formulieren als Problemlsung von Gerd Antos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 11. Textproduktion und Kontext: Domnenspezifisches Schreiben von Eva-Maria Jakobs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 12. Kriterien der Textbewertung am Beispiel Parlando von Peter Sieber . . . 271 13. Textverstehen und Textverstndlichkeit von Susanne Gpferich . . . . . . . 291 IV Textlinguistik und neue Medien 14. Hypertextlinguistik von Angelika Storrer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 15. Computerlinguistik und Textanalyse von Manfred Stede . . . . . . . . . . . . 333 Gesamtliteraturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 Register. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380

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Einleitung

Nina Janich Die Idee fr eine Einfhrung in die Textlinguistik, deren Kapitel von unterschiedlichen Autorinnen und Autoren geschrieben werden, die also sozusagen aus 15 Einzeleinfhrungen renommierter Textlinguistinnen und Textlinguisten besteht, entstand im Rahmen einer Ringvorlesung an der Technischen Universitt Darmstadt im Wintersemester 2006/2007 (finanziell grozgig untersttzt von der AG Modernes Lehren und Lernen der TU Darmstadt). Ich hatte in diesem Semester eine Textlinguistik-Vorlesung mit lebendiger Bibliographie abgehalten, zu der ich zahlreiche der in diesem Buch vertretenen Autorinnen und Autoren eingeladen hatte, selbst ber ihre textlinguistischen Forschungen zu berichten. Auf diesem Weg sollten die Studierenden die Mglichkeit haben, ihre Studienlektre auch einmal in persona kennenzulernen, anstatt nur durch das Referat ihrer Dozentin denn viele der geladenen und hier vertretenen Forscherinnen und Forscher haben bereits selbst Einfhrungen in die Textlinguistik verfasst (z. B. Heinemann/Viehweger 1991, Fix/Poethe/Yos 2001, Gansel/Jrgens 22007, Heinemann/Heinemann 2002, Adamzik 2004, Brac u. a. 2007). Zur Ringvorlesung hatte auch der bekannic te Textlinguist Klaus Brinker (auf den in vielen der vorliegenden Beitrge verwiesen wird) zugesagt, er verstarb jedoch leider nach kurzer schwerer Krankheit kurz vor Semesterbeginn ihm sei die Einfhrung daher gewidmet. Die Vorlesung profitierte ungemein nicht nur von der Lebendigkeit ihrer Beitrgerinnen und Beitrger, die in einem solchen Buch natrlich nicht vermittelt werden kann, sondern auch von der Vielfalt der Perspektiven, so dass die Idee entstand, diese Perspektivenvielfalt in einer Art Sammeleinfhrung zusammenzubringen. Das bedeutet allerdings auch, dass kontroversen Ansichten Raum gegeben wurde und die in den einzelnen Kapiteln vertretenen Positionen einander widersprechen knnen (vgl. z. B. die Kapitel 6 und 8 und ihre unterschiedliche Einschtzung der Relevanz der mndlich-schriftlich-Kategorie fr Texttypologisierungen oder die unterschiedlichen Diskursbegriffe in den Kap. 2 und 8). Die vorliegende Einfhrung versucht, erstens einen klassischen berblick ber die textlinguistische Forschung der letzten vierzig Jahre sowie ber aktuelle theoretische und methodische Fragen der Textlinguistik zu bieten und zweitens handlungs- und anwendungsorientiert und dem aktuellen Fokus auf kognitionslinguistischen Anstzen folgend Einblicke in Problemstellungen der Textproduktion und Textrezeption zu geben. Dies alles tut sie nicht im Stile eines klassischen Sammelbandes mit vllig autonomen Beitrgen, wie er beispielsweise von Gerd Antos und Heike Tietz vor gut zehn Jahren mit Die Zukunft der Textlinguistik. Traditionen, Transformationen, Trends (1997) vorgelegt wurde. Stattdessen haben wir ver-

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Nina Janich

sucht, in Form von vielfach aufeinander bezogenen Kapiteln gemeinsam ein Buch zu schreiben, das sich in Studium und wissenschaftlicher Lehre als eine Einfhrung lesen lsst, auch wenn eine gewisse Heterogenitt bei insgesamt 18 verschiedenen Autorinnen und Autoren mit unterschiedlichen inhaltlichen Anliegen und Schreibstilen nicht geleugnet werden soll. Als zentrales Problem eines solchen Konzepts (fr die Textsorte Einfhrung!) erwies sich nicht verwunderlich der zugrunde gelegte Textbegriff, der dementsprechend auch von Kapitel zu Kapitel etwas variieren kann. Der Begriff des Textes selbst ist Gegenstand des ersten einfhrenden Kapitels von Ulla Fix und des sechsten Kapitels von Kirsten Adamzik im Rahmen der Grobdifferenzierung von Textsorten, unter der Perspektive von Mndlichkeit und Schriftlichkeit diskutiert im 7. Kapitel von Peter Koch und Wulf Oesterreicher sowie am Phnomen des Hypertexts problematisiert dann noch einmal im Kapitel 14 von Angelika Storrer. Ansonsten lsst sich die Frage des Textbegriffs fr die vorliegende Einfhrung etwas pointiert auf die Feststellung verkrzen, dass insgesamt der konventionelle Begriff des sprachlichen, medial schriftlichen und linear aufgebauten Textes dominiert, dass aber beispielsweise mndliche Formen wie Gesprche in den Textbegriff der einzelnen Autorinnen und Autoren ebenso eingeschlossen sein knnen (z. B. ganz explizit in den Kapiteln 3, 5, 8 und 9, problematisiert auch in Kapitel 6) wie visuelle Bestandteile oder Teiltexte und damit das Textualittsmerkmal der Multimedialitt (wie in den Kapiteln 1, 7, 13 oder 14). Diesen Dimensionen des Textbegriffs konnten jedoch aus Grnden des Umfangs keine spezifischen Kapitel gewidmet werden (also z. B. zu Gesprchssorten und Gesprchsanalyse (siehe knapp nur unter 5.5) oder zu einem semiotischen Textverstndnis und Text-Bild-Beziehungen). Wer sich fr die Frage der Textdefinition insbesondere im Zeitalter der neuen Medien interessiert, dem sei zum einen ein Aufsatz von Maximilian Scherner (1996) zur Begriffsgeschichte von Text empfohlen und zum anderen der Sammelband von Ulla Fix u. a. (2002) zur linguistischen Preisfrage Brauchen wir einen neuen Textbegriff? (darin zum Beispiel die von Michael Klemm zusammengestellte Sammlung von Textdefinitionen oder die Diskussion der Preistrgerin Eva Martha Eckkrammer).

Zum Aufbau dieses Buches:Die Einfhrung versteht sich als Lehrbuch im universitren Unterricht und bemht sich um eine didaktische Heranfhrung an die sprachwissenschaftliche Teildisziplin der Textlinguistik. Deshalb ist neben dem gemeinsamen Literaturverzeichnis jedes Kapitel zustzlich mit kommentierten Literaturtipps versehen. Zentrale Begriffe und Kategorien sind durch Kapitlchen hervorgehoben. Schlielich sollen zweierlei besondere Textbausteine den Einfhrungscharakter untersttzen: Die mit dem Symbol des Blitzes versehenen Textabschnitte verweisen auf theoretische und/oder methodische Probleme oder immer noch diskutierte Fragen in der Forschung, die mit dem Symbol der Glhbirne versehenen Textblcke regen zur

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Einleitung

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eigenen Forschungsarbeit (z. B. im Rahmen von wissenschaftlichen Haus- oder Abschlussarbeiten) an, indem sie auf konkreten weiteren Forschungsbedarf hinweisen. Das Buch beginnt unter der berschrift I Grundlegende Orientierungen mit zwei einfhrenden Kapiteln, die den Text (bzw. das sprachwissenschaftliche Verstndnis von Text und damit zusammenhngende Erkenntnisinteressen) in den Kontext der Textlinguistik einerseits (Kap. 1/Fix), der Diskurslinguistik andererseits stellen (Kap. 2/Warnke). Damit sind grundlegende Orientierungen gewonnen, die neben der Problematisierung des Textbegriffs und aktueller Forschungsperspektiven auch zeigen, wie sich Textlinguistik und Diskurslinguistik zunehmend nher kommen. Der zweite Teil des Buches, II Forschungsanstze der Textlinguistik im Einzelnen, bietet in insgesamt fnf Kapiteln einen berblick ber die zentralen sprachwissenschaftlichen Herangehensweisen an Texte. Es werden textgrammatische (Kap. 3/ Gansel und Jrgens), textsemantische (Kap. 4/Ltscher) und im weitesten Sinne textpragmatische Anstze (Kap. 5/Heinemann) vorgestellt, die zugleich zu einem gewissen Grad eine Chronologie der textlinguistischen Forschung widerspiegeln: Nach der berwindung des Satzes als grter Einheit sprachwissenschaftlicher Untersuchungen beschftigte sich die Textlinguistik in ihren Anfangsjahren vor allem mit grammatischen Phnomenen der Textverflechtung. Diese wurden bald durch themenbezogene Zugnge erweitert und schlielich in pragmatische Zugriffe auf Texte integriert. Dabei ist wichtig, dass sich die Anstze nicht einfach abgelst haben, sondern integrativ zusammengefhrt wurden. Heute ist man sich weitgehend darin einig, dass Texte Ausdrucksformen sprachlich-kommunikativen Handelns sind, dass aber zum Verstndnis dieses kommunikativen Handelns alle sprachlichen Ebenen, d. h. zum Beispiel auch die Grammatik der Stze, die Semantik der verwendeten Lexik oder die propositionale Struktur des Textes untersucht werden mssen. Daher enthalten die Kapitel 3 und 4 bereits pragmatische Perspektiven auf die Grammatik und das Thema von Texten, die forschungsgeschichtlich erst nach den in Kapitel 5 dargestellten Anstzen entwickelt wurden. Da lngst nicht mehr nur der Einzeltext im Fokus der Textlinguistik steht, widmen sich die Kapitel 6 (Adamzik) und 7 (Janich) den Textsorten und der (Un-)Mglichkeit ihrer Typologisierung sowie unter dem Stichwort Intertextualitt den verschiedenen Formen von Text- und Textsortenvernetzung. Da das kommunikative Handeln mit Texten und die damit zusammenhngenden kognitionswissenschaftlichen Fragestellungen im Fokus der aktuellen Textlinguistik stehen, wendet sich der dritte Teil der Einfhrung der Textproduktion und Textrezeption (III) und damit verstrkt den Kommunikationsteilnehmern, also den Autoren und Lesern und ihrem Umgang mit Texten zu. Dieser Teil des Buches dient weniger dazu, weit gespannte berblicke zu bieten (wie dies vor allem die Aufgabe der Kapitel 37 ist), sondern stellt in detaillierterer Form ausgewhlte Anstze vor, zu denen hufig auch jeweils ausfhrliche Monographien der Autorinnen und Autoren vorliegen. Im Kapitel 8 (Koch/Oesterreicher) wird mit dem in der Forschung intensiv rezipierten Modell von Sprache der Nhe Sprache der Distanz, d. h. der

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Nina Janich

Differenzierung zwischen medialer vs. konzeptioneller Schriftlichkeit vs. Mndlichkeit, die Grundlage fr eine pragmatische Einordnung verschiedenster Textausprgungen geschaffen. Kapitel 9 (Stutterheim/Klein) beschftigt sich mit der mndlichen Textproduktion, d. h. damit, wie sehr die leitende Frage (die Quaestio), die jedem Text zugrunde liegt, dessen Gestalt beeinflusst. Kapitel 10 (Antos) wendet sich dagegen der Produktion schriftlicher Texte zu und entwickelt eine Theorie des Formulierens, die die Produktion eines Textes als ein zu lsendes Problem auffasst, dem nur mit einem dialektischen Problemlsen in Form stndiger Reformulierung beizukommen ist. In Kapitel 11 (Jakobs) wird die Textproduktion schlielich in den beruflichen Kontext gestellt, um zu verdeutlichen, in welcher Form nicht nur die in den beiden vorangegangenen Kapiteln im Mittelpunkt stehenden textinhrenten, sondern auch kontextuelle Faktoren das Abfassen von Texten wesentlich beeinflussen. Die beiden folgenden und diesen Teil abschlieenden Kapitel 12 (Sieber) und 13 (Gpferich) beschftigen sich dagegen mit den Ergebnissen von Textproduktionsprozessen und beziehen damit auch die Rezipientenperspektive ein: Kapitel 12 stellt das Zrcher Textanalyseraster vor, mit dessen Hilfe sich Textbewertung operationalisieren lsst, und veranschaulicht Bewertungsprobleme am Parlando-Phnomen, einer vor allem fr die Deutschdidaktik wie auch die Sprachkritik spannenden Vernderung kommunikativer Grundmuster in der Schriftlichkeit (Sieber). In Kapitel 13 wird das Karlsruher Verstndlichkeitskonzept erlutert, das der Textbewertung vor allem unter der Perspektive der Verstndlichkeit und der Adressatenangemessenheit dient und in dem sprachwissenschaftliche u. a. mit instruktionspsychologischen Kategorien verbunden werden. Im letzten Teil IV Textlinguistik und neue Medien wird im Sinne eines Ausblicks zum einen der Hypertext als neues Textphnomen diskutiert (Kap. 14/Storrer) und werden zum anderen Mglichkeiten und Grenzen computergesttzter Methoden der Textlinguistik vorgestellt (Kap. 15/Stede), mit denen umfangreiche Textkorpora textlinguistischen Fragestellungen unterzogen werden knnen. Ich danke den Autorinnen und Autoren fr ihre Flexibilitt gegenber redaktionellen Eingriffen meinerseits, dem Narr Verlag und Frau Susanne Fischer fr die gewohnt gute Zusammenarbeit sowie Margarete Mollenhauer fr die SisyphosArbeit bei der Erstellung des Gesamtliteraturverzeichnisses.

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I

Grundlegende Orientierungen

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Text und Textlinguistik

Ulla Fix1.1 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.4 1.5 1.6 Die Disziplin Textlinguistik Die Kategorie Text Textualitt ein konzentrisch erweiterter Textbegriff Text als Satzkette Text als semantisch-thematische Einheit Text und Handeln Text und Kognition Text und Intertextualitt Text und Typik von Texten Text und Stil Neuere Aspekte der Textbetrachtung

1.1

Die Disziplin Textlinguistik

Es wird, wenn berhaupt gesprochen wird, nur in Texten gesprochen. (Hartmann 1968b: 212) Diese vorausschauende uerung von Peter Hartmann, der zu den Begrndern der Textlinguistik gehrt, vermittelte schon in einer Zeit, als das sich etablierende Fach noch mit der Untersuchung von Mitteln der Satzverknpfung befasst war (transphrastische Textbetrachtung, siehe1.3.1), die Einsicht, dass Texte weit mehr als miteinander verknpfte Stze sind, dass sie nmlich die thematisch bestimmte und eine Funktion ausbende Grundeinheit sprachlicher Kommunikation bilden. Texte als Hervorbringungen und Mittel sprachlichen Handelns rckten damit in das Blickfeld der Linguisten. Das ist der Kern eines Textbegriffs, mit dem wir es heute noch zu tun haben, erweitert um die kognitive Dimension, nmlich um die Erkenntnis, dass der Umgang mit Texten auch den Einsatz von Wissen verschiedener Art zur Bedingung hat. Ebenso wie die Teildisziplinen Soziolinguistik, Psycholinguistik, Gesprchsanalyse u. a. ist die Textlinguistik eine noch junge Richtung der Sprachwissenschaft. Sie ist wie die anderen Disziplinen Teil des grundlegenden Paradigmenwechsels, der sich in den Sechzigerjahren und zu Anfang der Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts in der Sprachwissenschaft vollzogen hat, nmlich des Wechsels von der systemorientierten zur kommunikations- und funktionsbezogenen Sprachbetrachtung, den man unter der Bezeichnung pragmatische Wende kennt. Mit diesem Wechsel traten Fragen des Sprachgebrauchs und der Umstnde sprachlich-kommunikativen Handelns, d. h. der Situationen dieses Gebrauchs, in den Vordergrund. Damit wurde der Text als die sprachliche uerungsform, in der sich Kommunikation vollzieht, zum zentralen Gegenstand. Wenn manche Vertreter des Faches am An-

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Ulla Fix

fang der Auffassung waren, dass sich Texte als Phnomene des Gebrauchs und nicht des Systems einer systematischen Beschreibung entzgen, so hat sich das grndlich gendert. Mittlerweile ist die Textlinguistik eine unumstrittene Disziplin. Es gibt keinen Zweifel mehr daran, dass der Text als eine Einheit der Sprache anzusehen ist lange Zeit galt er sogar als die oberste , und es liegen Instrumentarien fr systematische Textbeschreibungen unter den verschiedensten Aspekten vor. Inzwischen hat sich der Radius ber den Text hinaus erweitert: Wir wissen heute, dass wir auch bei der Betrachtung von Einzeltexten nicht stehen bleiben knnen, sondern dass Texte sich in notwendigen Beziehungen zu anderen Texten befinden, Beziehungen, die wir mitdenken mssen und die z. B. als TEXTNETZE oder TEXTVERBNDE gefasst werden (siehe 7.4.3). Darber hinaus entwickelt sich eine neue Teildisziplin der Sprachwissenschaft, die Diskurslinguistik, die von einer als DISKURS bezeichneten textbergreifenden Extension der Kommunikation ausgeht. Mit diesem im Foucaultschen Sinne gebrauchten Diskursbegriff ist ein Verbund textueller Ereignisse gemeint, die ber das Gleiche sprechen und dabei unter Umstnden auch formale bereinstimmungen aufweisen (Warnke 2002: 134, siehe Kap. 2). Die Etablierung der Textlinguistik wie die der anderen Bindestrichdisziplinen auch wurde befrdert durch die Tendenz der Wissenschaftsentwicklung zur Interdisziplinaritt, die die Fragestellungen ber den Rahmen der eigenen Disziplin hinaus ausweitete und zugleich die Aufnahme von Anregungen von auen mit sich brachte. Disziplinen wie Kognitionsforschung, Kommunikationstheorie, Semiotik, Psychologie, Literaturwissenschaft und sthetik spielen hierbei eine Rolle. Eine Reihe von Fragen, die die Sprachwissenschaft selbst gestellt hat, sowie solche, die andere mit der Sprachgestalt des Textes befasste Disziplinen wie z. B. Rezeptionssthetik und bersetzungswissenschaft zu beantworten haben, verlangen Ausknfte ber den Text. Auch geisteswissenschaftliche Disziplinen, zu deren Gegenstnden Texte weniger unter ihrem formalen als unter ihrem inhaltlichen und funktionalen Aspekt gehren, wie z. B. Theologie, Geschichtswissenschaft, Kulturgeschichte, bentigen Wissen ber den Text, vor allem ber Textsorten (siehe Kap. 6). Eine Reihe solcher mit Text befasster Wissenschaften stellt van Dijk (1980: 1 ff.) in seinem Entwurf einer berdisziplinren Textwissenschaft vor. Es lohnt sich, sich mit dieser aus meiner Sicht nicht berholten Vorstellung vertraut zu machen und sich zu berlegen, wie das Verhltnis weiterer, von van Dijk nicht genannter Disziplinen der Geisteswissenschaften zum Thema Text ist. Akzeptiert ist die Textlinguistik heute auch deshalb, weil die Alltagspraxis Antworten von ihr erwartet und in einem gewissen Grade auch erhlt: Antworten auf Fragen, die die Form, Funktion und Abgrenzung von Textsorten z. B. in den Fachsprachen, im Bildungsbereich, in der bersetzungspraxis und in der Medienarbeit betreffen. Will man die Leistung der Textlinguistik auf einen griffigen Nenner bringen, so kann man sagen, dass sie sich im Lauf ihrer Entwicklung vor allem zweier

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1 Text und Textlinguistik

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groer theoretisch zentrierter Aufgabenstellungen in der Reihenfolge, wie sie hier genannt werden, angenommen hat: Zum einen fragt sie von Anfang an danach, was den Text eigentlich ausmacht. Es geht ihr also um das Wesen des Textes an sich. Sie entwickelt im Lauf der Forschung vor dem Hintergrund verschiedener theoretischer Anstze eine Reihe unterschiedlicher Textauffassungen, die sich immer mehr erweitern. Darauf komme ich unter 1.3 zurck (siehe hierzu auch die Kap. 6, 8 und 14). Zum anderen bemht sie sich in einem spter einsetzenden, bis heute andauernden und sich verstrkenden Prozess um das Erfassen der Typik von Texten, d. h. um die musterhaften Ausprgungen des Phnomens Text, die eine Sprach- und Kulturgemeinschaft im gemeinsamen Handeln entwickelt hat, also um die Bestimmung der TEXTSORTEN, in denen Texte realisiert werden. Davon wird hier nur knapp die Rede sein, da sich Kapitel 6 des vorliegenden Bandes diesem Gegenstand widmet.

1.2

Die Kategorie Text

Was ist eigentlich ein Text? Kann man sich auf die alltagssprachlichen Vorstellungen verlassen, die man als Antwort bekommt, wenn man nichtlinguistisch gebildete Durchschnittssprachteilnehmer nach ihrer Vorstellung von Text fragt? Wissen wir also alle, was ein Text ist? Daraufhin befragte Sprachteilnehmer bestimmen das Phnomen Text ziemlich bereinstimmend, wenn auch nicht in denselben Formulierungen, als eine ber den Satz hinausgehende, abgeschlossene, thematisch gebundene, sinnvolle sprachliche Einheit, wobei zumeist schriftliche uerungen im Blick sind. Zum Alltagswissen ber Text gehrt auch das Wissen ber Funktionen und Muster gebruchlicher Textsorten. Textexemplare hufig gebrauchter Textsorten (z. B. Bewerbungsschreiben, Einladungen, institutionelle Briefe verschiedener Art) knnen sowohl (mehr oder weniger) angemessen hergestellt als auch als Texte dieser Textsorten erkannt und rezipiert werden. Mit diesem alltagssprachlichen Befund hat man nun zwar das einschlgige Wissen der Durchschnittssprachteilnehmer erkundet und damit den Wissensfundus, der gebraucht wird, um Textverstehen zu sichern, das uns ja in der Mehrzahl der Flle erstaunlicherweise auch gelingt. Was wir damit aber noch nicht erreicht haben, ist die fr die wissenschaftliche Betrachtung, d. h. das tiefere Eindringen in das Problem ntige Systematik, Verallgemeinerbarkeit, Vergleichbarkeit und Widersprche ausschlieende Objektivierung, kurz ein Erkenntnisgewinn durch Theoretisierung. Die Bemhungen in diese Richtung, von denen es im Zusammenhang mit der Textbestimmung und der Textklassifizierung vielfltige gibt, haben unser Wissen ber den Text in vieler Hinsicht erweitert, differenziert und vertieft. Einen/den einheitlichen Textbegriff haben diese Arbeiten aber nicht gebracht. Zum Glck, mchte man sagen; denn der eine notwendigerweise selektive und reduzierende Textbegriff, auf den man dann festgelegt wre, wrde ebenfalls wichtige Aspekte ausschlieen und damit mgliche Zugnge zum Phnomen Text verbauen. Die Gefahr

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