Liebe Patinnen und Paten, liebe Freundinnen und Freunde, · PDF filewenn ich mit ein paar...

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1 RUNDBRIEF NR. 21 OKTOBER 2016 Liebe Patinnen und Paten, liebe Freundinnen und Freunde, Wir sind schon wieder fast im Winter angekommen. Kalt ist es in unseren Breiten geworden, aber ich hoffe, ihr habt es zuhause schön warm und gemütlich. In Kerala wartet man auf den ‚kleinen Monsun‘, der auszubleiben scheint. Der Klimawandel sei eindeutig spürbar, sagt Kumar Sahayaraju, ein junger Mann, der von der 8. bis zur 12. Klasse Patenkind im Theerajyothi-Programm war und nun als Biowissenschaftler bei der M S Swaminathan Research Foundation in Trivandrum arbeitet sowie im Auftrag des Fischerei-Ministeriums Untersuchungen zum Erhalt der natürlichen Riffe vor der Küste durchführt. Da ich kürzlich die Möglichkeit hatte, mich am Telefon eingehender mit ihm zu unterhalten und recht beeindruckt war von der Persönlichkeit und den Ansichten dieses jungen „Aufsteigers“, möchte ich euch eingangs von ihm berichten, bevor ich zum eigentlichen Projektgeschehen komme. Er ist als eines von drei Kindern einer besonders armen, aber herzlichen Fischerfamilie aufgewachsen. Vielleicht erinnert ihr euch noch an das Bild vom ersten Schreibtisch, den wir anschafften und wie artfremd dieser im Sand seiner Palmblatthütte stand. Kumar scheut sich nicht, in überschwänglichen Worten seine Dankbarkeit auszudrücken: Unsere Unterstützung habe ihn zu dem gemacht, was er jetzt ist. Zu wissen, dass da jemand war, der hinter ihm stand, habe ihn ungeheuer motiviert, immer sein Bestes zu geben. „Aber sonst bin ich ein Lümmel gewesen wie die anderen Jungs. Ich gehörte sogar zu einer Bande, die oft gegen den Willen der Eltern im Meer herum getaucht ist, um zu sehen, was dort unten alles

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RUNDBRIEF NR. 21 OKTOBER 2016

Liebe Patinnen und Paten,

liebe Freundinnen und Freunde,

Wir sind schon wieder fast im Winter

angekommen. Kalt ist es in unseren

Breiten geworden, aber ich hoffe, ihr

habt es zuhause schön warm und

gemütlich. In Kerala wartet man auf den ‚kleinen Monsun‘, der auszubleiben scheint. Der

Klimawandel sei eindeutig spürbar, sagt Kumar Sahayaraju, ein junger Mann, der von der 8.

bis zur 12. Klasse Patenkind im Theerajyothi-Programm war und nun als Biowissenschaftler

bei der M S Swaminathan Research Foundation in Trivandrum arbeitet sowie im Auftrag des

Fischerei-Ministeriums Untersuchungen zum Erhalt der natürlichen Riffe vor der Küste

durchführt. Da ich kürzlich die Möglichkeit hatte, mich am Telefon eingehender mit ihm zu

unterhalten und recht beeindruckt war von der Persönlichkeit und den Ansichten dieses

jungen „Aufsteigers“, möchte ich euch

eingangs von ihm berichten, bevor ich

zum eigentlichen Projektgeschehen

komme. Er ist als eines von drei Kindern

einer besonders armen, aber herzlichen

Fischerfamilie aufgewachsen. Vielleicht

erinnert ihr euch noch an das Bild vom

ersten Schreibtisch, den wir anschafften

und wie artfremd dieser im Sand seiner

Palmblatthütte stand. Kumar scheut sich

nicht, in überschwänglichen Worten

seine Dankbarkeit auszudrücken: Unsere

Unterstützung habe ihn zu dem gemacht, was er jetzt ist. Zu wissen, dass da jemand war, der

hinter ihm stand, habe ihn ungeheuer motiviert, immer sein Bestes zu geben. „Aber sonst

bin ich ein Lümmel gewesen wie die anderen Jungs. Ich gehörte sogar zu einer Bande, die oft

gegen den Willen der Eltern im Meer herum getaucht ist, um zu sehen, was dort unten alles

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wohnt. Wir können sehr gut schwimmen. Mein Vater ist ja auch immer dort draußen

gewesen zum Fischen und hat mich manchmal mitgenommen. Ich schlafe gerne unter freiem

Himmel am Strand. Da fallen mir die besten Gedichte ein. Wir Fischer haben eine eigene

Sprache, Mukkuvar, die leider von vielen nicht mehr gesprochen wird. Ich schreibe bewusst

in dieser Sprache, weil man damit vieles kraftvoller ausdrücken kann als in Malayalam oder

Englisch und weil ich andere dafür begeistern möchte. Bald wird mein zweiter Gedichtband

erscheinen. Die Buchpräsentation möchte ich an ‚meinem‘ Strand halten, denn hier gehört

sie hin. Ich bin zusammen mit anderen jungen Leuten in einem Kulturverein aktiv. Wir

bemühen uns darum, unsere Mukkuvar-Kultur zu pflegen und an Jüngere weiter zu

vermitteln, darum halte ich öfters Vorträge für den Verein. Ich habe viele gute Freunde.

Wenn ich Geld oder sonst Hilfe brauche für meine ‚special friends‘, die Obdachlosen in

Trivandrum, dann lassen sie sich etwas einfallen oder begleiten mich. Es gibt so liebe alte

Leute, die im Leben einfach großes Pech hatten, keine Angehörigen, kein Stück Boden und

absolut gar nichts haben und auf Pappe in den Straßen schlafen. Sie freuen sich immer sehr,

wenn ich mit ein paar Freunden auftauche, ihnen Essen bringe, mit ihnen spiele oder ihnen

einfach zuhöre. Ich möchte beruflich noch viel mehr erreichen und habe um ein

Masterstipendium angesucht. Wenn ich dann einmal ein gutes Einkommen habe, werde ich

ihnen mehr schenken können als nur meine Zeit. Denn es macht mich selbst so glücklich,

wenn ich sehe, dass sich jemand freut. Aber es kommt nicht auf die Menge an, die man

schenken kann, sondern wie in Jesu Geschichte von der Witwe auf die Gesinnung und das

großzügige Herz. Es ist mir wichtig, dass ich das nie verliere.“

An seinem Beispiel lässt

sich verdeutlichen, wie wir

Erfolg definieren.

Oben: Vor wenigen Tagen hat Kumar seinen 24. Geburtstag

mit Obdachlosen verbracht. Rechts: Bei einer Versammlung

des Kulturforums.

Beruflicher Erfolg für unsere Patenkinder ist natürlich eines unserer großen Projektanliegen,

und wir freuen uns jedes Mal, wenn ein Kind einen weiteren ‚Sprung nach oben‘ geschafft

hat. In diesem Sommer haben sich drei unserer ausgeschulten Patenkinder für ein Studium

qualifizieren können (für Mathematik und im IT-Bereich). Aber genau so wesentlich ist für

uns, dass die jungen Menschen sich charakterlich entfalten und ‚soziale Kompetenz‘

erlangen, nicht nur für ihr eigenes Wohl, sondern auch das ihrer Umgebung

Mitverantwortung übernehmen, teilen lernen und dankbar weitergeben, was sie bekommen

haben. Destimona, eines unserer Mädchen, ist in einen Orden eingetreten. Wir gehen davon

aus, dass sie es nicht getan hat, um einer arrangierten Ehe zu entgehen, sondern aus dem

ehrlichen Bedürfnis heraus, einer ‚guten Sache‘ zu dienen. Möge sie Freude daran haben!

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Kumar bescheinigte unseren Betreuern und Teamleitern vor Ort übrigens mit Nachdruck

(und es klang nicht nach billiger Komplimentvergabe!), dass sie sich sehr um jedes der

Patenkinder bemühen, ja, er stellte Theerajyothi geradezu als Beispielprojekt hin, in

welchem die Kinder als einzelne Individuen gesehen und nach Bedarf gefördert werden. -

Nichtsdestotrotz hat ein Junge die Prüfungen nach der 10. Klasse nicht bestanden und kann

seinen schulischen Weg nicht fortsetzen, was laut obiger Definition aber kein Misserfolg sein

muss. Er ist gerade dabei, eine Lehrstelle zu suchen, wofür wir ihm guten Mut und viel Glück

wünschen!

Fr. Laurence hat angeregt, dass die Schüler auch verschiedene Angebote in der Stadt

Trivandrum nutzen, z.B. Mal- und Schreibkurse, die von der Erziehungsabteilung der Diözese

angeboten werden, oder das Programm der Hochschülerschaft zur Förderung von

Begabungen im AICUF Zentrum, das jeden letzten Samstag im Monat durchgeführt wird oder

dass sie bei Lesewettbewerben der Bücherei mitmachen. Dafür bekommen die Schüler

Begleitung, soweit sie diese benötigen. Viele haben schon davon profitiert.

Am Theerajyothi-Tag im Dezember (ein eigens eingeführter jährlicher Aktions-Tag zugunsten

der Zivilgesellschaft) werden die Schüler ‚ihrer‘ Jai Hind Bücherei eine Grundreinigung

verpassen und sich hoffentlich gerne ‚die Hände schmutzig machen‘.

Mitte August wurden die Schüler von Fr. Laurence in die Vailoppally Samskriti Bhavan

Kunstgalerie mitgenommen. Der einheimische Künstler Robert Lopez (s. oben) stellte Bilder

aus, in denen er den ‚Einfluss der Globalisierung und sog. Entwicklung auf die Umwelt‘

beleuchtete. Er beeindruckte unsere Schüler bei einer persönlichen Führung durch die

Ausstellung.

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Elternseminar. Fr. Laurence war leider nicht abkömmlich, aber Anto Culas war rechtzeitig

einen Tag vor dem 11. September, an dem das Seminar von 14.00 bis 17.00 Uhr stattfinden

sollte, wieder in Pulluvila eingetroffen und

konnte die zahlreich im St. Jude Convent

erschienenen Eltern begrüßen und durch

das Programm führen. Diesmal sprach Herr

Thadeus Netto, Soziologielehrer an einer

Higher Secondary School, über das Thema

„Wie man mit Teenagern umgeht“. Er

zeigte Kurzfilme, erzählte Beispiele und

Lösungsmodelle aus der Praxis und gab

den Eltern Gelegenheit, selber Fragen zu stellen. Die Resonanz war sehr positiv und wir

hoffen, dass ein Zugewinn an Verständnis allen unseren Kindern zugute kommen wird.

Onam-Fest. Am Montag, den 12.

September von 09.00 bis 13.00 Uhr feierte

unsere ‚Rasselbande“ das traditionelle

Onamfest, das sich über viele Tage hinzieht

und für alle Malayalis ungeachtet ihrer

Religion und Kaste den jährlichen

Höhepunkt des Festkalenders bildet (siehe

Rundbrief 15 oder Google).

Links: die Kinder beim ‚Malen‘ des

Blütenteppichs, genannt ‚Pookkalam‘

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Sie durften wie im letzten Jahr den Kalasagar Leseklub für die Feier nutzen sowie die

verkehrsarmen Gassen im Freien, denn das Wetter spielte auch heuer wunderbar mit.

unsere ‚Kleinen‘ die großen Mädchen

Mitte v. li. n. re.:

John Dominic Dehon, Silvadasan,

Sojan und Jerin in ihren

traditionellen ‚Lunghis‘

Bei den Spielen herrschte rege Beteiligung. Hier eine Auswahl an unkommentierten Bildern:

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Spiele: Zitronenlauf, Faden einfädeln, Blinde Kuh,

Reise nach Jerusalem, Seilziehen etc.

Jedes Kind gewann in einer der Disziplinen einen

Preis und bekam ein kleines Geschenk überreicht.

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Zuletzt gab’s noch für alle das berühmte Onam-Sadya-Gericht aus vielen erlesenen Zutaten.

Aktivitäten in Tirol. Wir haben zweimal je 100.- € bzw. CHF als Sonderspenden für unsere

Förderprogramme erhalten und bedanken uns ganz herzlich für diese ‚angenehmen‘

Überraschungen! Paul Jüttner, ein Freund unseres Projektes, hat sich bereit

erklärt, am 06. Juli im Ubuntu-Forum Imst einen Dia-Vortrag über seine

letzte Trekking-Tour ins Solo-Khumbu-Gebiet in Nepal zu halten. Unser

Vorstand offerierte dazu ein

reichhaltiges Büffet. Die

anwesenden Gäste

(alles Freunde) waren

zwar von den Bildern

begeistert, aber leider

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war der Termin zeitgleich mit einem Fußball-WM-Spiel ganz ungünstig gewählt, sodass der

Reinerlös nur 47,15 Euro ergab. Dennoch allen vielen Dank, die dazu beigetragen haben!

Eine fleißige ältere Dame häkelte zahlreiche Deckchen und schenkte sie uns. Iris verkaufte

einige im Bekanntenkreis für 110.- €. Eine andere Dame bastelte Geschenk- und

Weihnachtskarten aller Art, lauter liebevoll gestaltete Einzelstücke, und unsere junge Patin

Melanie überließ uns taschenweise qualitativ hochwertige Sweatshirts und

Jacken, die zwar mit dem ‚abgelaufenen‘ Kölnerhaus-Emblem bestickt sind, aber

wunderbar wärmen. (Wer möchte noch welche? Anfragen bitte an mich!)

‚Unsere‘ Helga produzierte jede Menge heilsame Ringelblumensalbe.

Solchermaßen

ausgerüstet fühlten

wir uns dazu

motiviert, am 23. Juli beim Fest der

Kulturen in Imst mitzumachen und auch

wieder unser Mango-Lassi anzubieten.

Leider war es kühl und regnerisch, sodass

wir nur schwach ‚überrannt‘ wurden und

mit einem Reinerlös von 113,18 € nach

Hause gingen. Verglichen damit ging es beim

Flohmarkt am Sonntag, den 25. September, im

Einkaufszentrum Cyta in Völs schon anders zu.

Der Andrang war riesig, zumal das Wetter

mitspielte und man schließlich noch einen

günstigen Standplatz neben dem Eingang

ergattert hatte. Unsere drei ‚Streitbaren‘

Monja, Iris und Thresi hatten tatsächlich um

04.00 Uhr früh auf das Klingeln des Weckers

reagiert und waren um 06.00 Uhr mit

vollgepacktem Wagen an Ort und Stelle.

Obwohl der Erlös für einen ‚guten Zweck‘ war, musste um jeden Euro gefeilscht werden. Sie

brachten aber doch vieles, vor allem Kleidung, Karten, Kerzen und Salben an Mann und Frau

und konnten sich nach Abzug der Standgebühr über einen Reinerlös von 196,10 € freuen.

Alle Aktivitäten zusammen gerechnet haben wir 466,43 € ‚erwirtschaftet‘. Ein großes DANKE

an alle Helfer- und Spenderinnen!!! Und gerne natürlich an euch, liebe Patinnen und Paten –

verbunden mit lauter guten Wünschen und lieben Grüßen, Eure Ruth Suermann

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Projektbetreuer: Fr. Dr. Laurence Culas, Director of Board of Pastoral Ministry,Archdiocese of Trivandrum, Vellayambalam, Trivandrum 695003, Kerala, Indien

Ansprechpartnerin: Ruth Suermann-Gitterle, Am Rofen 95a/7, A-6460 Imst, Tirol

Tel. 0043-(0)6505030105, E-mail: [email protected], www.kinderhilfe-kerala.com

Kontoverbindung: IBAN: AT683635900000038174, BIC/SWIFT: RZTIAT22359