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Magazin der SRG Deutschschweiz Ausgabe 3/2013 Braucht es ein Schulfach Medienkompetenz? Seite 6 SRG Region Basel 10 Radio X: «Wir tragen zur Integration bei» Social Media 4 Die Geschichte einer «Kassensturz»-Sendung Ombudsstelle 16 Der lange Flug einer «Ente» Bild: istockphoto

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Magazin der SRG DeutschschweizAusgabe 3/2013

Braucht es ein Schulfach Medienkompetenz? Seite 6

SRG Region Basel 10Radio X: «Wir tragen zur Integration bei»

Social Media 4Die Geschichte einer «Kassensturz»-Sendung

Ombudsstelle 16Der lange Flug einer «Ente»

Bild: istockphoto

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Editorial

A-B-C M-E-D-I-E-N Als vor zwei Jahren meine damals sechsjährige Tochter eine Sendung im Fernsehen «nochmals sehen!» wollte und ich ihr lineares Fernsehen erklären musste, war mir klar: Die neue Generation hat ein ganz anderes Verständnis von den Medien als «wir Alten». Heute analysiert meine Tochter als Hausaufgabe Bücher auf einer Online-Plattform, zu der sie mit einem eigenen Passwort Zugang hat. Wenn sie wissen will, woraus Haar besteht, schauen wir auf Wikipedia nach. So selbstverständlich.

Was einem als herzige Anekdote erscheint, ist viel mehr als das: Beschrieben wird eine veränderte Wahrnehmung einer heranwachsenden Generation. Wie die Kinder von den Medien geprägt werden und wie sie sie selbst prägen, können wir Erwachsene uns kaum vorstellen. Wir – überrascht vom grossen Effekt der neuen Medien – schauen ein Stück weit ratlos zu. So auch die Schweizer Lehrerinnen und Lehrer, denn noch besteht keine Klarheit und schon gar keine Einigkeit, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen. Obwohl Medienkompetenz zu vermitteln eigentlich eine Fortsetzung des Alphabetisierungsauftrags wäre. LINK berichtet auf Seite 6– 8.

Pernille Budtz.

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3 In Kürze

4 Social Media/Wettbewerb Themenwoche zu «Kassensturz»: «Hier kann ich Dinge verändern» 6 Medien Einzug der Medien ins Schulzimmer

9 SRG SSR Delegiertenversammlung 2013: Wie soll sich der Verein

weiterentwickeln? 10 SRG Region Basel Radio X: Eine Radiostation, auf der Vielfalt Programm ist

12 SRF Neue überregionale Sendung des Regionaljournals

13 Medien Kamerafrau Helena Vagnières im Porträt 14 Publikumsrat «Virus TV» auf SRF zwei: Konvergenztest bestanden! «The Voice of Switzerland» auf SRF 1: Schönes Format für ein junges Publikum

16 Ombudsstelle Der lange Flug einer «Ente»:

Beanstandungen gegen «Tagesschau»-Berichte über die Nazifrage

18 SRG Bern Freiburg Wallis «Stadt-Land-Gespräch»: Regionaljournal und Trägerschaft

gemeinsam auf dem Land

20 SRG Zentralschweiz Freilichtspiel-Autoren Gisela Widmer und Romano Cuonz im Interview

21 Regional kreuz und quer SRG Ostschweiz: Besuch im Bundeshaus und im Medienzentrum

SRG Zürich Schaffhausen: Versammlung der Sektion 3

22 SRG Ostschweiz Spannender Weg zu zeitgemässen Statuten

23 Carte blanche Amira Hafner-Al Jabaji: Auf den Spuren der Restschweizer

24 Agenda

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in kürzE

SRG-Rechnung 2012: Trotz Defizit auf Kurs

Grosse Sportanlässe wie die Olympischen Sommerspiele verursachten einen Mehraufwand.

Fritz Zaugg, ehemaliger Redaktionsleiter Hörspiel und Satire bei SRF.

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Trotz aufwändigem Sportjahr 2012 mit Olym-pischen Spielen und Fussball-Europameis-terschaft hat die SRG SSR vergangenes Jahr ein ausgeglichenes operatives Betriebser-gebnis erzielt – eine schwarze Null. Wegen eines einmaligen Sondereffekts schliesst die Rechnung 2012 dennoch mit einem Defizit: Die SRG hat ursprünglich für 2013 vorgese-

Fritz Zaugg gestorben

Die Programmkonzepte von Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) sind das zen-trale Instrument des Regionalvorstands der SRG Deutschschweiz, um Anliegen aus der Zivilgesellschaft in die Konzeption des Radio-, TV- und Multimedia-Angebots ein-fliessen zu lassen. Der Regionalvorstand hat nun Anfang März die Programmkon-zepte 2014 bis 2017 verabschiedet. Der Regionalrat hat von den Konzepten Kennt-nis genommen und die Stellungnahmen des Regionalvorstands zu den drei noch

Programmkonzepte 2014 bis 2017 verabschiedet

hene Rückstellungen zur Modernisierung der Pensionskasse um ein Jahr vorgezogen. Das ermöglicht die Senkung des techni-schen Zinses bereits ab 2014 und den Wechsel zum zeitgemässen Beitragsprimat.

Der höhere Aufwand für Programm und Produktion wurde dank straffem Kosten-management und Effizienzprogrammen wettgemacht. Auch der erfolgreiche Verkauf des SRG-Hauptsitzes an der Giacomettistrasse in Bern verbesserte das Jahresergebnis; die SRG will nur noch dort Eigentümerin von Liegenschaften bleiben, wo komplexe technische Produktions-stätten sind: mehr Radio und TV, weniger Beton, lautet das Leitmotiv. Für 2013 erwartet die SRG keine grösseren Sondereffekte.

pendenten Prüfungsanträgen zu den Pro-grammkonzepten entgegengenommen. Sie betreffen Überschneidungen zwischen Radio SRF 1 und Radio SRF 2 Kultur im kulturellen Bereich, die Brückenfunktion von Radio SRF 1 und die Verbindung von Radio SRF 2 Kultur zu den Regionen.

Ausgabe 3/2013 (Mai 2013), erscheint sechs Mal jährlichVerantwortlich: SRG Deutschschweiz, Kurt Nüssli (kn), Pernille Budtz (pb) Redaktion: Pernille Budtz (pb), Jasmin Rippstein (jr)Erweiterte Redaktion: Isabelle Bechtel, Ursula Brechbühl, Cathérine Engel, Monika Gessler, Daniela Palla, Therese Rauch

Mitarbeitende dieser Ausgabe: Christa Arnet, Achille Casanova, Cornelia Diethelm, Fabian Gressly, Amira Hafner-Al Jabaji, Julia Konstantinidis, Florian Michel, Erich Niederer, Fee Riebeling, Ueli Scheidegger, Christian SchillerKontakt: SRG Deutschschweiz, Fernsehstrasse 1–4, 8052 Zürich, Tel. 044 305 67 03, [email protected], www.srgd.ch

Gestaltung/Produktion: Medianovis AG, Kilchberg/ZHDruckvorstufe: Küenzi & Partner, Langnau/ZHKorrektorat: Ingrid Essig, WinterthurDruck: galledia ag, BerneckAuflage: 15687 Expl. (WEMF-beglaubigt)

iMPrESSuM

Fritz Zaugg, ehemaliger Redaktionsleiter Hörspiel und Satire bei Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), ist am 24. März 2013 im Alter von 63 Jahren überraschend verstorben. Zaugg kam 1989 als Regisseur und Dramaturg zu Schweizer Radio DRS. 2002 wurde er Bereichsleiter Hörspiel und Unterhaltung und war bis zu seiner Pensio-nierung Ende Februar als Redaktionsleiter für die Bereiche Hörspiel und Satire ver-antwortlich.

Die «Ära Zaugg» zeichnete sich dadurch aus, dass Wortkünstler wie Gabriel Vetter, Bänz Friedli, Pedro Lenz, Stefanie Grob oder Thomas C. Breuer ihren festen Platz am Mikrofon bekommen haben. Auf Fritz Zauggs Konto gehen auch Veranstaltungen ausserhalb des Radiostudios, wie die «Schreckmümpfeli»-Nächte auf verschiede-nen Schweizer Seen, Live-Hörspiele vor Pu-blikum und öffentliche Satire-Veranstaltun-gen. Ausserdem hatte Zaugg eine Neigung für aussergewöhnliche Figuren wie Karl Valentin oder Friedrich Glauser, zu denen er auch diverse Hörspiele produzierte.

Der Geschäftsbericht der SRG SSR (Jahres-bericht und Rechnung) kann ab sofort unter www.srgssr.ch eingesehen werden.

Die Programmkonzepte 2014 bis 2017 sind einsehbar unter: www.srgd.ch > Medienportal > Dossiers.

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Social MEdia

«Hier kann ich Dinge verändern»Als «Kassensturz» 1974 erstmals über den Bildschirm flimmerte, waren sich die Kritiker einig: Diese Sendung ist eine Totgeburt. Doch das Konsumenten-Magazin hat seine Kritiker alle überlebt. Mehr noch: «Kassensturz» ist heute eine der beliebtesten Sendungen von SRF. Die SRG Deutschschweiz widmete der Sendung eine Themen-woche und begleitete «Kassensturz»-Redaktorin Marianne Kägi bei der Produktion eines Testbeitrags.

Während rund drei Wochen begleitete die SRG Deutschschweiz im Rahmen ihrer Facebook-Themenwoche «Kassensturz»- Redaktorin Marianne Kägi bei der Vorberei-tung, Durchführung und Postproduktion eines Testbeitrags zum Thema «Hefe». Zu Wort kam im Rahmen der Themenwoche auch Roger Schawinski. Denn, was viele nicht wissen: Schawinski war Mitbegründer der Konsumentensendung – und moderier-te 1974 sogar die erste Folge. «Ich hatte kei-nerlei Erfahrung, es war katastrophal», erin-nert sich der Medienprofi schmunzelnd an die Anfänge zurück. «Ich hatte nicht einmal ein Jackett, ein Kollege musste mir seines ausleihen – und dieses war erst noch drei Nummern zu klein.» Auch der erste Testbei-trag sei damals völlig unbedarft und ohne jegliche vorherige Schulung produziert worden, so Schawinski. Heutzutage sind die Anforderungen an einen Testbeitrag massiv höher. Klare Test-kriterien, eine saubere Durchführung und eine korrekte Dokumentation sind das A und O. Was das heisst, konnten Belinda

themenwoche zu «kassensturz»

Schegg und Ehemann Jonas Wittwer, Mit-glieder der SRG Zürich Schaffhausen, haut-nah miterleben. Die beiden wurden als Gewinner des «Kassensturz»-Wettbewerbs im LINK 6/2012 ausgelost und durften so-mit nicht nur beim Dreh des Praxistests und der Vertonung, sondern auch bei jener Sendung live dabei sein, in welcher der Testbeitrag schliesslich ausgestrahlt wurde.

Der lange Weg zum Ziel

Wie viel Arbeit hinter einem solchen Be-richt steckt, zeigte die Themenwoche der SRG.D auf: Bereits einen Monat vor der Sendung macht sich Redaktorin Marianne Kägi auf die Suche nach einem Thema. Rund eineinhalb Arbeitstage benötigt sie, um sich einzuarbeiten, sich das notwendi-ge Wissen anzueignen und eine geeignete Testform vorzubereiten. Zentraler Bestand-teil der Vorbereitung ist die Marktabklä-rung: Wie viele verschiedene Sorten gibt es vom entsprechenden Produkt und wel-che sind die meistverkauften? Sind diese Fragen geklärt, arbeitet die Redaktorin ge-

meinsam mit sorgfältig ausgewählten Experten ein Testprotokoll aus.

Mit Leidenschaft und Engagement etwas bewirken

Die Leidenschaft, mit der Marianne Kägi ihren Beruf ausübt, spürt man bei der ersten Begegnung: «Journalistin zu werden, war bereits mein Mädchentraum. Ich habe immer schon geschrieben, Interviews ge-führt und wollte mehr über Menschen er-fahren. Als ich dann herausfand, dass man sozusagen beruflich Fragen stellen kann, war für mich klar: Das ist mein Ziel», verrät Kägi. Mit diesem Engagement ist sie bei der SRF-Konsumentensendung am richtigen Ort. Denn: «Bei ‹Kassensturz› wird nicht ein-fach nur Journalismus, sondern engagierter Journalismus betrieben. Ich habe den Ein-druck, dass ich hier Dinge verändern und für die Zuschauerinnen und Zuschauer et-was bewirken kann», so Kägi. Besonders interessant sei es, hinter die Fassade eines Produkts blicken zu können und die Ge-schichte dahinter zu erzählen. Für eine

«Kassensturz»-Moderator Ueli Schmezer (rechts) im Interview mit SRG.D-Social-Media-Projektleiterin Viviane Aubert.

Bäckermeister Andreas Dossenbach (rechts) erklärt den SRG.D- Mitgliedern Belinda Schegg und Jonas Wittwer die Testkriterien.

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Frage: 1999 schrieb ein gefeierter Schweizer Autor exklusiv für LINK die Kurzgeschichte «In den Aussenquartieren», die in der Fest-tagszeit in New York spielt. Wie hiess der Autor der Kurzgeschichte? Suchen Sie die Antwort unter: www.srgd.ch > Medienportal > Magazin LINK > Archiv 1993 – 2010

Talon bis 20.5.2013 einsenden an: SRG Deutschschweiz, Redaktion LINK, Fernsehstrasse 1– 4, 8052 Zürich

Wie hiess der Autor, der 1999 die Kurz-geschichte «In den Aussenquartieren» exklusiv für LINK schrieb?

Name/Vorname:

Strasse/Nr.:

PLZ/Ort:

20 Jahre LINK!Karten für «Happy Day» vom 7. September 2013 zu gewinnen

«Naja, der Tag beginnt für mich meist eine bis zwei Stunden zu früh, so lange könnte ich, wenn es nach mir ginge, noch im Bett liegen», verriet Moderator Sven Epiney über seine Per-son im Wettbewerb «Wer bin ich?» in Ausgabe 11/1997. Arthur Kindlimann aus Zumikon hat die richtige Ausgabe gefunden und gewinnt zwei Karten für die Live-Sendung «Happy Day».

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solche Geschichte, nämlich den Bericht über die Goldproduktion in Ghana, wurde Kägi 2012 sogar für den CNN Journalist Award nominiert. Zurück zur Hefe: Knapp drei Wochen vor der Sendung steht der Dreh des Praxis-tests an. Im Gegensatz zu einem Labortest, der sich über mehrere Tage oder gar Wo-chen hinziehen kann, muss in diesem Fall der gesamte Test an nur einem Tag sauber durchgeführt, abgedreht und die Resultate müssen festgehalten werden. Rund zwölf Stunden steht das Filmteam hierfür im Dauereinsatz. Fehler dürfen dabei keine passieren, denn eine Wiederholung des Tests ist nicht möglich.

Tage später wird im Redaktionsbüro das Material gesichtet, ein erstes «Drehbuch» verfasst und mithilfe eines professionellen Cutters aus rund zwei Stunden Filmmaterial der siebenminütige Beitrag geschnitten. Nicht nur die Auswahl der Bilder ist dabei anspruchsvoll, zusätzlich müssen die Län-ge des jeweiligen Bildausschnitts und jene des dazugehörigen Kommentartextes ex-akt übereinstimmen. Am zweiten Schnitt-tag ist die Abnahme: Der Produzent und der stellvertretende Chefredaktor schauen sich den Film an. Sie prüfen, ob der Be-richt gut verständlich ist und ob die Fak-ten stimmen. Sobald die Testresultate vor-liegen, informiert «Kassensturz» zudem die Verkäufer der gestesteten Produkte und konfrontiert sie mit den Ergebnissen.

«Diejenigen, welche ungenügend abge-schnitten haben, können zu den Resulta-ten Stellung nehmen und werden in der Sendung mit ihren besten Argumenten zitiert», erklärt Kägi das Vorgehen.

Den Profis über die Schultern schauen

Gerademal sechs Stunden vor der Sen-dung wird der Beitrag vertont. Peter Kner, seit 35 Jahren die bekannte Stimme des «Kassensturz», spricht den Kommentartext, den Kägi vorbereitet und ausformuliert hat. Die beiden Mitglieder sind beein-druckt, wie professionell und präzise Kner einen Text spricht, den er erst kurz zuvor erhalten und nur einmal geprobt hat.

Kurz vor 20 Uhr steht dann der Probelauf der Sendung an. Die Stimmung im Studio ist erstaunlich locker. Insbesondere Mode-rator Ueli Schmezer bringt mit seinen Sprüchen nicht nur die Crew, sondern auch den gesamten Probeablauf immer wieder durcheinander. Noch passieren ei-nige Fehler. Abläufe und Moderationsposi-tionen müssen mehrmals geprobt werden. Als Schmezer sogar nur sieben Minuten vor Live-Schaltung der Sendung noch seelenruhig Fragen des SRG.D-Teams be-antwortet, werden die Aufnahmeleiterin und die Regisseurin allmählich nervös. Nur der Moderator bleibt die Ruhe selbst.

Dann gilt es ernst: Alle Beteiligten begeben sich auf ihre Plätze. Belinda Schegg und Jonas Wittwer nehmen derweil im Regie-raum Platz, von wo aus sie die Sendung mitverfolgen können. Um 21.06 Uhr fällt schliesslich der Startschuss und Ueli Schmezer moderiert geübt den ersten Bei-trag an – ein Profi eben durch und durch.

Jasmin Rippstein

Die Interviews mit Redaktorin Marianne Kägi und Roger Schawinski, das Web-Video «Hinter den Kulissen des ‹Kassen-sturz›», eine Fotogalerie sowie weitere Informationen finden sich unter: srgd.ch > Medienportal > Social Media

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nRedaktorin Marianne Kägi mit Cutter Michael Tisaji.

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Heutzutage sind Medien allgegenwärtig. Deshalb sollen schon Kinder den Umgang mit ihnen lernen. In diesem Punkt ist man sich in der Schweiz einig. Doch welche Themen dabei wichtig sind und wie sie vermittelt werden sollen, darüber scheiden sich die Geister.

Einzug der Medien ins Schulzimmer

Bildung

Der Einfluss der Medien – der neuen sowie der klassischen – ist in der heutigen Gesellschaft enorm: Wie gehen die Schulen damit um?

Unsere Gesellschaft ist von Medien geprägt. Will man sich in dieser sicher bewegen, reicht es nicht aus, die zahlreichen Medien-angebote nur zu nutzen. «Vielmehr muss man lernen, wie Medien funktionieren, und die Hintergründe kennen», sagt Thomas Merz, Professor für Medienbildung an der Pädagogischen Hochschule Thurgau. Da Smartphones, Tablets und Co. bereits im Kinderzimmer anzutreffen sind, sei es wich-tig, Kinder bei der Verarbeitung ihrer Erfah-rungen zu unterstützen und zu begleiten. «Im Idealfall ab dem Kindergarten, spätes-

tens ab der ersten Primarschulklasse», so der Experte. «Denn es ist eine Illusion, zu denken, diese Aufgabe könnten die Eltern kompetent übernehmen.» Zudem sei überall dort, wo es um Bildungsinhalte geht, die Schule gefordert.

Medienkompetenz fest verankern

Dass Kinder und Jugendliche bisher nur unzureichend über den verantwortungs-vollen Umgang mit Medien unterrichtet wurden, zeigen die zahlreichen Medien-

berichte über Fälle von beispielsweise Cybermobbing oder sexuellen Belästigun-gen auf Social-Media-Plattformen wie Facebook. Damit der Nachwuchs künftig besser gewappnet ist und derartige Vor-kommnisse nicht mehr oder zumindest sel-tener vorkommen, fordert die Kinder- und Jugendschutzorganisation Pro Juventute, das Thema Medienkompetenz zum offizi-ellen Schulfach zu machen. Denn bislang sei die Materie lediglich als Lernziel im Lehrplan benannt, als so genannter fächer-übergreifender Unterrichtsgegenstand.

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«Auch die Auseinandersetzung mit den klassischen Informa-tionsmedien gehört auf den Stundenplan. Denn sich richtig informieren zu können, ist eine Grundkompetenz in einer Mediengesellschaft.»

Thomas Merz, Professor für Medienbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich

Das Problem dabei: «Befragungen zeigen, dass sich viele Lehrer bei dieser Formulie-rung nicht wirklich verantwortlich fühlen für das Thema», erklärt Merz. «Zudem passiert es häufig, dass zwar mit Medien unterrichtet würde, aber nicht über sie.» Dadurch fehle ein wichtiger Bereich. Eine klare Zuweisung der Verantwortung entlas-tet zudem andere Lehrpersonen. Weil sich Technologien und Anforderungen konti-nuierlich ändern, sei es wichtig, dass sich entsprechende Fachlehrer fortlaufend und konsequent damit befassen könnten. Eine wertvolle Unterstützung für die Umset-zung würden dabei spezielle Unterrichts-materialien wie das multimediale Dossier «Medienkompetenz» von SRF MySchool, dem Bildungsangebot von Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), geben.

Neue, soziale und klassische Medien thematisieren

Aber nicht nur der Umgang mit den neuen Medien und Social Media sollte nach Mei-nung von Medienwissenschaftler Merz fester Bestandteil des Schulunterrichts sein: «Auch die Auseinandersetzung mit den klassischen Informationsmedien ge-hört auf den Stundenplan», sagt er. Denn sich richtig und kritisch informieren zu können, sei eine Grundkompetenz in einer Mediengesellschaft.

Wie Medien wirken, vermittelt Medien-pädagogin Silvie Spiess bereits Kindern auf der Primarstufe. Die Co-Autorin des Lehrmittels «Medienkompass» weiss, worauf es ankommt. «Wichtig ist, dass man

die Kinder altersgemäss an die Thematik heranführt», sagt sie. Deshalb sollen ihre Schüler beispielsweise herausfinden, wie alt Elefanten werden. Die Kinder merken dabei schnell, dass eine oberflächliche Google-Recherche nicht ausreiche, son-dern auch andere Aspekte angeschaut werden müssen, so Spiess. Denn je nach-dem, ob sich die Frage auf Elefanten aus Asien, Afrika oder auf in Zoos lebende Tiere bezieht, fällt die Antwort der Suchmaschine anders aus. Bei Besuchen bei SRF lernen die Kinder zudem, wie Sendungen wie die Hitparade oder Nachrichten entstehen. «Bei solchen Erlebnissen bleibt Wissen hängen», sagt Spiess.

Wie wichtig es ist, das Qualitätsbewusst-sein punkto Medien zu fördern, verdeut-lichte der Soziologe und Publizistikwis-senschaftler Kurt Imhof einst in einem Interview mit dem Magazin «Polis» der FHNW: «Eine Gesellschaft, die ihre Jugend über Softnews erzieht, belastet die späte-ren Generationen mit mehr Problemen als nur den eigenen Schulden.»

Offenheit des Lehrplans 21 sorgt für Diskussionen

Ein solches Szenario versuchen die Deutschschweizer Bildungsverantwortli-chen mit dem neuen Lehrplan 21 zu ver-hindern, der im Sommer in die Vernehm-lassung geht. Zwar sind dessen Inhalte noch nicht zur Publikation freigegeben, doch immerhin die Hauptzielsetzung ist bekannt: So sollen die Schweizer Schüle-rinnen und Schüler in Zukunft selbst-bestimmt, kreativ und mündig an der Mediengesellschaft teilhaben und sich sachgerecht und sozial verantwortlich verhalten können. Kurz: Sie sollen Medien nicht nur passiv konsumieren, sondern sie auch reflektieren und proaktiv nutzen, so Thomas Merz, der an der Entwicklung des Papiers beteiligt war. Um das zu erreichen, werden im Lehrplan systematisch und al-tersgerecht Teilkompetenzen genannt, die im Umgang mit Medien und den Informa-tions- und Kommunikationstechnologien nötig sind.

Zu der Frage, ob Medien in einem eigenen Schulfach behandelt werden sollen, sagt der neue Lehrplan hingegen nichts. Dies werden die Kantone bei der Einführung entscheiden müssen. Das lässt unter den Bildungsexperten Raum für Diskussionen.

«Wichtig ist, dass man die Kinder altersgemäss an die Thematik heranführt.»

Sylvie Spiess, Primarlehrerin und Co-Autorin von «Medienkompass»

Während sich die einen deutlich für ein Schulfach Medienkompetenz aussprechen, bezeichnen andere diese Forderung als nicht umsetzbar. So sei das Unterrichts-gefäss bereits jetzt extrem voll. «Da noch weitere Stunden drauf zu packen, ist mei-nes Erachtens nicht möglich», sagt Monika Lehmann-Wirth, Kindergärtnerin und CVP-Kantonsrätin im Kanton St. Gallen. Das würde die Schülerinnen und Schüler über-fordern. Stattdessen andere Fächer zu kür-zen, läge ebenfalls nicht drin. Ihr Vorschlag: Das Thema in den bestehenden Unterricht integrieren. Die dafür nötigen Kenntnisse könnten sich Lehrpersonen in obligatori-schen Weiterbildungen oder schulhaus-internen Kursen aneignen.

Weiterführung des Alphabetisierungsauftrags

«Natürlich brauchen alle Lehrpersonen eine gewisse mediale Grundbildung», sagt auch Thomas Merz. «Das ist wie mit der Sprache», so der Experte. Sie werde in allen Fächern angewendet und reflektiert. Aber nur in einem Fach werde für den systemati-schen Aufbau der Kompetenzen gesorgt. Doch genau das muss die Schule gewähr-leisten: «Ein eigenständiges Fach Medien-bildung wäre die logische Fortführung des Alphabetisierungsauftrags der Schulen», so der Professor der Pädagogischen Hoch-schule Thurgau. «Ein Muss in einer Gesell-schaft im 21. Jahrhundert.»

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Hilfe für den Unterricht über Medien können Lehrpersonen bei SRF MySchool online holen.

Wie Medienkompetenz künftig konkret umgesetzt wird, kann auch Merz nicht vorhersagen: «Wir Medienwissenschaftler machen lediglich Vorschläge. Aber ent-scheiden muss die Politik.» Er kann sich jedoch vorstellen, dass man das Thema

«Alles, was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien», schrieb einst der Soziologe Niklas Luhmann. Deshalb ist Medienkompetenz nicht nur für Kinder und Jugendliche wichtig. In einer Mediengesellschaft müssen sich auch Erwachsene im Infor-mations-Dschungel zurechtfinden und die Angebote beurteilen können.

«Dafür ist es zwingend, dass sie wissen, welche Macht Medien ausüben kön-nen», sagt Vinzenz Wyss, Journalistik-professor an der ZHAW und Präsident der Bildungskommission der SRG Zürich Schaffhausen. Nur wer die Qualität der dargebotenen Informationen bewerten kann, sei in der Lage, sich eine eigene Meinung zu bilden und so zum Fortkom-men der Gesellschaft beizutragen. «Um kritisch zu sein, müssen die Konsumen-

Medienbildung der SRG.D: Auch Erwachsene müssen sich informieren!

ten die Medien verstehen», so der Ex-perte. Nur dann kann die Demokratie funktionieren.

Weil einem dieses Wissen über Medien nicht einfach zufällt und Erfahrungen alleine nicht reichen, veranstaltet die SRG Zürich Schaffhausen regelmässig spezielle Kurse, die sich an Mitglieder und auch an weitere Interessierte richten. Am Ende sol-len die Anwesenden alte wie neue Medien reflektiert anwenden, sich mit ihnen aus-einandersetzen und über sie an gesell-schaftlichen und sozialen Prozessen teil-nehmen können. Das setzt voraus, dass die Akteure die dafür notwendige Technik beherrschen. Deshalb wird auch der Um-gang damit zum Thema gemacht.

«19 Veranstaltungen gab es im vergange-nen Jahr, aber es sollen noch deutlich mehr werden», sagt Vinzenz Wyss. Damit

das Angebot nicht nur Mitglieder der SRG erreicht, plant die SRG Zürich Schaff hausen, künftig auch an Unter-nehmen, Behörden und Organisationen heran zutreten.

Auch andere Mitgliedgesellschaften der Trägerschaft engagieren sich im Bereich Medienbildung. Am 19. Juni 2013 bei-spielsweise organisiert die SRG Aargau Solothurn eine Podiumsdiskus sion, in der erfahrene Kommunika tionsexperten wie der Programmchef von SRF Virus Christoph Aebersold zum Thema «Digitale Jugend – Jugendlicher Medien-konsum im Zeitalter von Internet & Gratiszeitungen» diskutieren.

Fee Riebeling

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LINK empfiehlt!Lehrmaterial:www.sendungen.sf.tv/myschoolwww.medienkompass.chRatgeber «Medienkompetenz» für Eltern: www.zhaw.ch (Suchbegriff «Medien kompetenz»)Workshops und Beratung für Eltern und Lehrpersonen:www.projuventute.ch > Was wir tun > Angebote > Pro Juventute MedienprofisArbeitspapier Lehrplan 21:www.lehrplan21.ch > Grobstruktur

Medienbildung, das laut den aktuellen Lehrplänen derzeit in anderen Fächern integriert sei, teilweise auslagern und in einem eigenständigen Fach verdichten könnte. «Durch diese lineare Kürzung wür-de man niemandem etwas wegnehmen und die bisherige Anzahl Stunden könnte beibehalten werden», setzt der Experte den Argumenten der Gegenseite entgegen.

Mögliche Lösung wird bereits praktiziert

Dass dieser Ansatz tatsächlich funktioniert, zeigt das Vorgehen an einer Primarschule im Zürcher Oberland, an der Silvie Spiess einen Tag pro Woche als Medienpädagogin tätig ist.

Die Lehrpersonen können sich bei ihr Beratung für den Unterricht mit und über Medien holen. Zudem unterstützt sie ihre Kollegen bei der Durchführung von Medienprojekten im Unterricht. Im Fach Deutsch realisierte sie beispielsweise

einen Fotoroman – ein klassisches Medien-projekt, kombiniert mit vielen Sprach-aspekten wie Rechtschreibung und Story-telling. Auch wenn in Volketswil Kollegen wie Schüler das Angebot schätzten: Ob das Beispiel schweizweit Schule macht, wird sich erst nach der Vernehmlassung zeigen.

Fee Riebeling

Medienbildung für Erwachsene:www.srgd.ch > Agenda (wird laufend aktualisiert)

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Die SRG SSR ist ein Verein, der zur Erfüllung seines Zwecks ein Unternehmen betreibt. Eine Unternehmensstrategie besteht, eine Vereinsstrategie zu seiner gesellschaftlichen Aufgabe fehlt noch. Das soll sich jetzt ändern. Ein Vorprojekt ist lanciert. Die SRG-Delegierten diskutierten Ansätze dazu.

«Mehrere Tatsachen – wie Veränderungen in Umwelt und Unternehmen, Wandel zur zivilgesellschaftlichen Rolle der Regional-gesellschaften, Vorgaben des Gesetzgebers für vermehrten interkulturellen Austausch – erfordern gemeinsame Überlegungen zur künftigen Entwicklung der Regional-gesellschaften», sagte SRG-Präsident Raymond Loretan Ende April vor den SRG-Delegierten. Damit eröffnete er das dritte Forum im Rahmen der Delegierten-versammlung. Dieses Mal sollten unter dem Titel «Verein 2025: Wie soll sich der Verein SRG SSR weiterentwickeln?» Ideen für die inhaltliche Ausgestaltung einer Vereinsstrategie gesammelt werden.

«Nur mit einer klaren Strategie können wir den Verein erfolgreich als Trägerschaft für die unternehmerische Tätigkeit der SRG weiterentwickeln,» meinte Loretan und hielt fest: «Eine Vereinsstrategie wird den Dialog mit der Öffentlichkeit, der Politik und der Verwaltung vereinfachen, da sie eine fundierte Grundlage zur gesellschaft-lichen Mission des Vereins und der Regio-nalgesellschaften bietet.» Zudem kann sich die SRG an einer Vereinsstrategie messen lassen, denn Fragen zur Berechti-gung des durch Gebührengelder finan-

zierten Vereins tauchen immer wieder auf. Für die Erarbeitung eines Projektmandats hat der SRG-Verwaltungsrat Anfang April 2013 eine Arbeitsgruppe eingesetzt (siehe Kasten).

Vereinsstrategie als Antwort

Die AG-Mitglieder erörterten im vom Dele-gierten Andreas Schefer moderierten Podi-umsgespräch erste Denkansätze zum Stra-tegieprojekt. Projektleiter Willi Burkhalter hielt fest, dass die Regionalgesellschaften seit der Strukturreform 2010 gut positio-niert seien. Sie hätten die Fokussierung auf die in Art. 4 Statuten SRG aufgezählten gesellschaftlichen Aufgaben aufgenom-men und weiterentwickelt. «Es stellt sich nun die Frage, was wir alle voneinander lernen können. Zukünftige Herausforde-rungen sind: Erhöhung der Wirksamkeit, der Kompetenz, der Repräsentativität. »

AG-Präsident Viktor Baumeler nannte er-gänzend dazu einige Schwachpunkte des Vereins, die mittels gemeinsamer Strategie konkret angegangen werden können: zu wenig Mitglieder, zu hoher Altersdurch-schnitt, zu wenig Vernetzung mit institutio-nellen Playern.

«Avancer ensemble»

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Angeregte Debatte über die Zukunft des Vereins: Willi Burkhalter, Viktor Baumeler, Raymond Loretan (hinten v. l. n. r.), Andreas Schefer, Jan Sedlacek, Isabelle Graesslé, Barbara Meili (vorne v. l. n. r.).

Die aus allen vier Sprachregionen stam-menden Delegierten nahmen die Idee einer Vereinsstrategie gut auf, warfen Ansätze dazu ein, äusserten sich auch skeptisch. Ausformulierte Ziele und Massnahmen wa-ren noch nicht zu erwarten. Diese sollen, so Baumeler, im Dialog mit den Gremien der Regionalgesellschaften erarbeitet werden. Mit «avancer ensemble» (gemeinsam wei-terkommen) gab die Vertreterin der RTSR in der Arbeitsgruppe, Isabelle Graesslé, diesem Willen zur regionenübergreifenden Entwicklung Ausdruck.

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AG VereinsstrategieDie vom SRG-VR eingesetzte überregionale Arbeitsgruppe Vereinsstrategie erarbeitet inhaltliche Ansätze, Finanzierung und Fahr-plan des Projekts. Sie wird von SRG-Vize-Präsident Viktor Baumeler präsidiert. Die Projektleitung liegt bei SRG-Zentralsekretär Willi Burkhalter. Weitere Mitglieder sind: Barbara Meili (SRG.D), Jan Sedlacek (SRG.R), Raffaella Adobati Bondolfi (Corsi) und Isabelle Graesslé (RTSR). Die AG legt die Ergebnisse Anfang Juni 2013 den Re-gionalpräsidenten vor, Ende Juni wird der VR SRG das Projektmandat verabschieden.

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Das Herzstück des Studios von Radio X auf dem Basler Dreispitzareal ist die gros se Lounge: An einem Tisch mit mehreren Arbeitsplätzen bereiten Mitarbeiterinnen ihre Beiträge vor, ein Praktikant holt sich in der Küchennische einen Kaffee. Im Sitzungszimmer hat sich derweil die Tages-redaktion versammelt. Geschäftsführer Thomas Jenny verteilt Einladungen zu Pressekonferenzen und kulturellen An-lässen unter den drei Praktikantinnen und dem Praktikanten, während Tages-redaktionsleiterin Mica Liechti die geplanten Beiträge im Computer festhält.

Jung und kulturell

Die grosszügigen Verhältnisse im Oslo-Haus sind nicht zu vergleichen mit der beengten

Raumsituation, die im alten Studio an der Spitalstrasse herrschte. Bis Radio X 1998 auf Sendung gehen konnte, legten die Initian-ten – darunter auch Jenny – einen steini-gen Weg zurück. Bereits 1993 entwarfen sie das Konzept eines Lokalsenders, der denje-nigen eine Stimme gab, die bis dahin noch kein eigenes Gefäss hatten: Junge, kulturell Interessierte und Engagierte sowie Migrant-innen und Migranten. Das Programm sollte unabhängig sein und Möglichkeiten zur Mitwirkung fördern. Doch die beiden Kon-zessionen für Privatradios im Raum Basel waren bereits an Radio Basilisk und Radio Raurach vergeben. Erst nach fünfjährigem Kampf erhielt Radio X eine schwach kom-merzielle Konzession und ging als so ge-nannter Kontrastsender auf der Frequenz 94,5 MHz «on air». Als solcher erfreut er

sich – heute ist er werbefrei und wird als gemeinnützige Stiftung geführt – auch 15 Jahre später grosser Beliebtheit: Knapp 52000 Hörerinnen und Hörer hat der Sen-der, der im Grossraum Basel, Liestal und Dornach/Arlesheim über UKW zu hören ist.

Sensibilisieren und debattieren

Nebst dem Tagesprogramm gehen 9 fremd-sprachige und 14 Musik-Special-Sendungen unter der Woche abends durch den Äther: Von «El Papagayo» über «Metal X» bis zu «Xcout-Pfadi on air» findet das Publikum, was sonst auf keinem Sender gespielt wird. Dazu kommen thematische Eigenproduk-tionen. So produzierte das Radio letzten Herbst den sechsteiligen Sensibilisierungs-Zyklus «Schwarz/Weiss» in Zusammenar-

Eine Radiostation, auf der Vielfalt Programm ist

radio X in Basel

Mit seinem integrativen Konzept bietet Radio X eine ideale Ergänzung zum SRG-Regionalprogramm. Deshalb unterstützte die SRG Region Basel den Sender bei seinem Umzug auf das Dreispitzareal finanziell.

Radio X belebt die Basler Radiolandschaft mit seinem vielfältigen Programm. Dabei kann Geschäftsführer Thomas Jenny (Mitte, oben) auf viel freiwillige Mitarbeit zählen. So gehen die Teammitglieder von Tamil Radio X Gauthiny Kopeeswaran, Sina Pushparasa, Tharcicha Suntharalingam, Mathusan Parimalanathan (rechts oben, v. l. n. r.) und Mayuran Parimalanathan (Mitte, unten) jeden Montagabend im Studio auf dem Basler Dreispitz-Areal auf Sendung.

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beit mit dem Zentrum für Afrikastudien der Uni Basel und dem Team der afrikani-schen Specialsendung «Djoliba». Aktuell läuft die Reihe «Business Kaffee»: An ins-gesamt acht ganztägigen Anlässen, an denen Interessierte teilnehmen können, werden in übertragenen Live-Talks, Work-shops und Diskussionsrunden die Themen Chancengleichheit und Vereinbarkeit von Beruf und Familie debattiert.

«Mit seinem Konzept nimmt Radio X eine mediale Aufgabe wahr, die unterstützens-wert ist», betont Ullrich. Als 2010 der Um-zug in das neue Domizil auf dem Dreispitz anstand, unterstützte die SRG Region Basel deshalb den Bau des neuen Studios mit 30000 Franken. Insgesamt musste da-für knapp eine Million Franken investiert werden. Von Seiten der SRG hatten zuvor Überlegungen bestanden, die eigenen Studios vom Bruderholz in den neu entstehenden Stadtteil im Gundeldinger-Quartier zu verlegen. Man wusste deshalb, was für ein Umfeld Radio X antreffen wür-de: «Der Dreispitz ist ein Ort mit kulturpo-litischem Anspruch. Auch Radio X verfolgt diese Prämisse», sagt Ullrich.

Wunsch und Wirklichkeit

Für Thomas Jenny ist der neue Standort ein Meilenstein in der 15-jährigen Geschichte seines Senders: «Jetzt können wir endlich so Radio machen, wie wir es uns vorgestellt haben.» Dabei kann und muss er auf viel freiwillige Arbeit zählen. Denn mit 900000 Franken ist das Jahresbudget eng: 45 Prozent werden mit Konzessionsbeiträgen finan-ziert, 55 Prozent mit projektgebundenem Sponsoring und Beiträgen von anderen Stiftungen und Institutionen gedeckt. Mit zehn Vollzeitstellen werden ausbildneri-sche, koordinative und administrative Aufgaben bewältigt. Knapp 200 Freiwillige arbeiten für die Special-Sendungen oder sind als Praktikanten für das Tagespro-gramm unterwegs. Die Ausbildungskosten sind für Radio X jedoch nicht einfach zu stemmen. Jenny wünscht sich diesbezüg-lich eine echte Zusammenarbeit und finan-zielle Beteiligung der SRG und der beiden Basler Privatradios, oder eine Unterstützung durch den Bund. Nicht zuletzt, weil viele ehemalige Praktikantinnen und Praktikan-ten den Weg zu SRF oder in die kommerzi-ellen Radiostudios Basels finden. Es wäre eine gute Investition. Denn der junge, neugierige Nachwuchs, der bei Radio X Know-how sammeln kann, sorgt dafür, dass in der Basler Radiolandschaft stets ein frischer Wind weht.

Julia Konstantinidis

Seit fünf Jahren geht bei Radio X das zehnköpfige Team von Tamil Radio X jeweils am Montag von 19 bis 20 Uhr auf Sendung. Mayuran Parimalanathan war von Anfang an dabei.

LINK: Wie entstand die Idee einer tamilischen Sendung?Mayuran Parimalanathan (Bild Seite 10, Mitte unten): Ich hatte für eine tamili-sche Radiosendung gearbeitet, die in Lon-don ausgestrahlt wurde, und wollte etwas Ähnliches in Basel machen. Über die da-malige Fremdsprachenkoordinatorin Natalie Berger entstand der Kontakt zu Radio X. Heute koordiniert Tatiana Vieira die fremdsprachigen Sendungen. Sie ist unser Bindeglied zu den anderen Teams und den übrigen Radio X--Mitarbeitenden.

Wie bereitet ihr eure Sendung vor?Weil die meisten arbeiten, bereiten wir die Beiträge oft schon am Wochenende vor. Wir bringen Nachrichten, Ausgehtipps sowie Beiträge zu kulturellen und wissen-schaftlichen Themen. Unter den knapp 4000 Tamilen in Basel ist die Sendung sehr beliebt. Übers Internet kann sie auch in anderen Landesteilen gehört werden.

Habt ihr Gestaltungsvorgaben?Inhaltlich sind wir sehr frei. Es ist jedoch das Prinzip der fremdsprachigen Sendun-gen, dass ein Teil der Sendung auf deutsch produziert wird. Wir halten es so: Nach-richten und Informationen zum Leben in der Schweiz senden wir auf Tamilisch. Beiträge zu unserer Kultur oder Religion machen wir dagegen auf Deutsch.

Was bedeutet für euch die Arbeit bei Radio X?Wir wollen dazu beitragen, dass sich un-sere Landsleute hier gut integrieren. Gleichzeitig ist die Sendung ein Gefäss, um hier unsere Kultur und Gemeinschaft zu pflegen. Was uns besonders freut, ist die gemeinsame Musiksendung «Musik-weltenmix» mit den anderen fremdspra-chigen Teams.

Interview: jk

«Wir tragen zur Integration bei»

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Radio X belebt die Basler Radiolandschaft mit seinem vielfältigen Programm. Dabei kann Geschäftsführer Thomas Jenny (Mitte, oben) auf viel freiwillige Mitarbeit zählen. So gehen die Teammitglieder von Tamil Radio X Gauthiny Kopeeswaran, Sina Pushparasa, Tharcicha Suntharalingam, Mathusan Parimalanathan (rechts oben, v. l. n. r.) und Mayuran Parimalanathan (Mitte, unten) jeden Montagabend im Studio auf dem Basler Dreispitz-Areal auf Sendung.

Senden und Ausbilden

Die SRG Region Basel anerkennt die komplementäre Funktion von Radio X: «Das Regionaljournal von SRF hat informa-tiven Charakter. Radio X kann tiefer gehen und seine inhaltlichen Schwerpunkte an-ders legen», erklärt Niklaus Ullrich, Präsi-dent der SRG Region Basel. Er weist auf eine weitere wichtige Aufgabe hin, die Radio X ausführt: «Es sendet nicht nur, sondern bildet auch aus.» Bei Radio X kön-nen Praktika absolviert werden. Neu bietet der Sender zudem zweijährige Volontariate im Bereich Moderation und Technik an. Die Teams der Special-Sendungen werden in zweitägigen Kursen in den Radiojournalis-mus eingeführt. Danach bestreiten sie ihre Programmzeiten selbstständig.

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Regionalnews aus der ganzen Schweiz

neue regi-Sendung «regionaljournal kompakt»

Am 21. Mai 2013, 16.30 Uhr, geht «Regionaljournal Kompakt» zum ersten Mal auf Sendung.

LINK: Am Dienstag nach Pfingsten geht ein neues Format der Regionaljournale auf Sendung. Was kommt auf die Hörer-innen und Hörer zu?Matthias Baumer: Die Sendung läuft von Montag bis Freitag um 16.30 Uhr auf Radio SRF 1 und wird eine tagesaktuelle News-sendung sein, die zwischen vier und sechs Minuten dauert. In der Sendung werden ausschliesslich regionale Inhalte vorkom-men – in der Regel in Form von Nachrich-ten oder mit zwei, drei anderen radio-tauglichen Beitragsformen wie Interviews, gestalteten Beiträgen oder O-Tönen.

Wie funktioniert die Arbeit im neuen Team?Das Team besteht aus fünf Journalistinnen bzw. Journalisten, die hauptsächlich aus ihren Regionalredaktionen arbeiten. Inhalt-lich stützen wir uns auf das Angebot der Regionalredaktionen. Morgens schauen wir, welche Themen aktuell sind. Gleichzeitig sind wir auch selbst für Inhalte verantwort-lich und nicht zuletzt müssen wir, was ein wichtiger Teil ist, die Romandie und das Tessin berücksichtigen. Dann entscheiden

Am 21. Mai 2013 lanciert SRF eine neue Nachrichtensendung: Sie greift die wichtigsten Themen von Genf bis Romanshorn und von Chiasso bis Basel auf. Kein Regionaljournal, aber auch keine Nachrichtensendung. Leiter Matthias Baumer erklärt, was es damit auf sich hat.

wir, welche Inhalte in die Sendung kommen.Nachher bestellen wir den entsprechenden Beitrag bei den Regionalredaktionen oder den Korrespondenten oder machen ihn selbst. Uns ist dabei wichtig, dass die Redak-torinnen und Redaktoren aus ihren Gebie-ten arbeiten und vernetzt bleiben.

Wie sehr spielt in der Themenwahl die «Herkunft» der Themen eine Rolle? Wie sehr berücksichtigen Sie die einzelnen Regionen?Letztlich entscheidet die Relevanz der The-men. Es kann ja nicht das Ziel sein, dass wir immer über die Kantone Zürich und Bern berichten, weil diese publikumsmässig die grössten Regionen sind. Mit der Kürze der Sendung ist ein Anspruch der Regionen auf Präsenz in jeder Sendung auch gar nicht realistisch. Dennoch: Über beispiels-weise ein Jahr hinweg sollte eine Ausgewo-genheit in der Abbildung der Regionen er-kennbar sein.

Wie stark hat die Forderung von Bundes-rat und Trägerschaft, vermehrt über die Sprachgrenzen zu blicken, für dieses

neue Gefäss eine Rolle gespielt?Das Postulat, sprachübergreifend zu arbei-ten sowie Tessin und Romandie zu berück-sichtigen, steht schon lange im Raum. Bei SRF wird diesem Aspekt seit einiger Zeit aber wieder vermehrt Rechnung getragen, finde ich. Wir haben deshalb für diese «Regi kompakt»-Sendung – so lautet unser Arbeitstitel – festgelegt, dass in jeder Sen-dung mindestens ein Tessiner oder West-schweizer Inhalt vorkommen muss.

Wie soll vermieden werden, dass die neue Sendung ein «Best of Regionaljour-nale» wird? Wie grenzt sie sich gegen-über anderen Nachrichtengefässen ab?Im Vergleich zu den nationalen Nachrich-ten tönen wir wegen der Mundartsprache anders. Unsere Beiträge sind ausserdem regionaler aufgezogen als Beiträge der Nachrichten. Gegenüber den Regional-journalen wird es aber Doubletten geben. Es darf ja nicht passieren, dass zum Bei-spiel die Redaktion Aargau Solothurn auf ein wichtiges Thema in ihrem Regi ver-zichten muss, nur weil es bei uns auch wichtig ist. Dafür können wir ein Thema aus einer Region über verschiedene Regio-nen ausgedehnt betrachten.

Interview: Fabian Gressly

Zur PersonMatthias Baumer ist seit 2004 Redaktor beim Regi Bern Freiburg Wallis und leitet künf-tig das fünfköpfige Team der neuen, re-gionsübergreifenden Sendung «Regional-journal Kompakt».B

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Die Lederjacke steht ihr besser

Porträt einer kamerafrau

Moskau, 1994, vier Frauen in schwarzen Lederjacken nehmen am Flughafen ihre Koffer vom Gepäckband. Neben der Aus-rüstung hat die Filmcrew vor allem Essen dabei. Die zerfallende Sowjetunion war ein hartes Pflaster. Neben Kartoffeln und Kaviar gab es in den Läden kaum etwas zu kaufen, ausser Alkohol natürlich, er-zählt Helena Vagnières. «Auf allen Fotos haben wir rote Wangen vom Wodka – und wir trugen Lederjacken, um einen taffen Eindruck zu machen», sagt die Kamerafrau und lacht. Zu fünft wohnten sie in einer Zweizimmerwohnung, der Aufnahmeleiter schlief in der Badewanne. «Motor Nasch» war ihr erster Dokumentarfilm. Der Film zeigt das Leben von sechs russischen Frauen aus vier Generationen.

Helena Vagnières hat die Welt gesehen. Davon träumte sie schon als KV-Lehrtoch-ter. Im sterilen Grossraumbüro schrieb sie Briefe und tippte Zahlen ein. Wohl war ihr

Eingepfercht und deplatziert habe sie sich gefühlt. Nein, die KV-Lehre war nichts für Helena Vagnières. Die Zürcherin wollte zum Film. In einer Zeit, wo Regie und Kamera weitgehend den Männern vorbehalten war, musste sie dafür kämpfen.

am Schreibtisch nie. Sie, die in der Pubertät die 68er-Jahre miterlebte, wollte frei sein. An der Schule für experimentelle Gestal-tung in Zürich F+F fand sie ihren Platz und hängte den Blazer für immer an den Nagel. Es war die Zeit, als die Kunst aus den Museen auf die Strasse getragen wurde. Mittendrin: Helena Vagnières. An einem Filmseminar an der F+F habe es ihr den Ärmel reingezogen. Film, das war ihr Ding. Eine klassische Kameraausbildung war teuer, das Geld knapp, sie musste ihren eigenen Weg finden.

150 Prozent – oder gar nicht

Als Kameraassistentin gab man ihr eine Chance. «Auch weil ich ziemlich beharr-lich war.» Kamera und Regie waren in dieser Zeit fast ausschliesslich Männer-berufe. «Eine Anstellung bei einer Produk-tionsfirma konnte ich vergessen.» Der bekannte Regisseur Samir, damals Kamera-

assistent bei Condor, schleuste sie jeweils in der Nacht in die Firma rein. Nur so habe sie die Eigenheiten der verschiede-nen Filmkameras lernen können. Auch wenn sie gerne auf diese intensive Zeit zurückblicke, seien es beruflich gesehen verlorene Jahre. Für einen Moment wirkt sie nachdenklich. «Mit einer Ausbildung an einer Filmschule hätte ich zehn Jahre gespart.» Alles habe sie sich selber ange-eignet und sich das Leben in den ersten Jahren mit Nebenjobs finanziert. Beim Film gebe es 150 Prozent oder gar nicht, das gelte heute noch.

Aufgebot bei «schwierigen Protagonisten»

Seit sie auch an der Hochschule Luzernunterrichtet, als Freelancer und bei Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) zu je 30 Prozent arbeitet, könne sie ihre Zeit besser einteilen. «Ruhiger ist es deswegen aber nicht geworden», sagt die Kamera-frau. Wegen ihrer Erfahrung werde sie für Dreharbeiten häufig bei «schwierigen Pro-tagonisten» aufgeboten. Der Mensch hat Helena Vagnières seit jeher fasziniert. Sie erzählt Geschichten mit Bildern. Zusam-men mit der Regie entscheidet sie, welche visuellen Stilmittel eingesetzt werden, um «eine Geschichte in ihrer ganzen Tiefe zu erzählen».

Ob die Reportage aus dem kriegsgebeutel-ten Kambodscha, den Film über die Gift-gaskatastrophe von Seveso, das Porträt des Schweizer Terroristen Daniele von Arb oder den Dokumentarfilm über Lesben in der Schweiz – sie habe viel erlebt. «Doch», fügt Helena Vagnières an, «es hat sich gelohnt, durchzuhalten – jede Minute.»

Christian Schiller

Helena Vagnières 2012 während Dreharbeiten in Palo Alto (USA) für den Dokumentarfilm «Passion for Reason» von Sabine Gisiger, der im Herbst an den Filmfestivals Premiere haben wird.

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PuBlikuMSrat

Eine Frau und zwei Männer sitzen am Küchentisch, plaudern, machen Witze, lachen, hören Musik, singen selber. Ist das eine Wohngemeinschaft, eine WG? Nein, die Frau und der eine Mann sind das «Virus TV»-Team, der andere Mann ist ihr Gast. An diesem Abend interviewen Anic Lautenschlager und Andi Rohrer Manillio. Aber: «Wer zum Teufel ist Manillio?» Diese Frage stellt «Virus TV» in seinem Online-Auftritt gleich selber. Und auch die Beob-achtungsgruppe im Publikumsrat wundert sich, dass ein kaum bekannter Rapper in eine halbstündige Fernsehsendung ein-geladen wird – und danach eine weitere halbe Stunde auf «Virus Radio» zu hören ist – nur weil er altersmässig der Zielgruppe entspricht. Immerhin lädt die Redaktion auch immer wieder Gäste ein, die in einer breiten Öffentlichkeit bekannt sind, etwa

Marco Rima, Dieter Meier, Beat Schlatter. Abgesehen von der Männerlastigkeit ge-fällt den Mitgliedern des Publikumsrats die Gästeauswahl.

Ein gutes Experimentierfeld

«Die Sendung ist frisch, abwechslungs-reich, originell, witzig, vermittelt Spass und beinhaltet zahlreiche doofe, lustige, peinli-che Aktionen, die für Kurzweil sorgen.» So steht es im Gesamtbericht, erstellt unter der Leitung von Roberto Colonnello. Der Bericht bildete die Grundlage der Publi-kumsratsdiskussion vom 11. April 2013. Ziemlich frech ist jeweils auch der WC- Besuch von Gesprächsleiter Andi Rohrer. Oder der vorproduzierte Einspieler, in dem der Fernsehjournalist Robin Rehmann den Gast in die Stadt, zum Golfen, in den Zoo

führt. Oder «der einzige Zuschauer», der während der Sendung auf dem Sofa sitzt. Publikumsratsmitglied Jürg Seiberth empfindet die Sendung als «wunderbares Labor für Fernsehen und Satire». Wobei es auch andere Stimmen gibt, wie etwa die von Thomas Merz: «Diese Art von peinli-chem Humor brauche ich nicht.»

Vom Fernsehen beteiligen sich Ivo Amarilli, Produzent/Fachführung «Virus TV», und Christoph Aebersold, publizistische Leitung SRF Virus, an der Diskussion im Publikums-rat. Sie betonen, dass die Sendung auch eine Möglichkeit für die Redaktion sei, auszuprobieren, was beim jungen Fernseh-publikum funktioniere. Sie sei ein gutes Ex-perimentierfeld. Und «Virus TV» zeige, dass die Konvergenz zwischen Fernsehen und Radio bei SRF funktioniere. Der Publikums-rat tauscht sich in erster Linie über den Fernsehteil aus; bezüglich Radioteil ist Jürg Seiberth verblüfft: «Ich habe festgestellt, dass in einer halben Stunde Radio mehr Inhalt transportiert wird als in der halben Stunde Fernsehen.»

«Virus TV» richtet sich in erster Linie an ein junges Publikum, auch wegen der Verknüp-fung mit den Social Media. Aber wenn man die mehrheitlich positive Bilanz der Beob-achtungsgruppe im Publikumsrat berück-sichtigt, darf «jung» auch mit «jung geblie-ben» interpretiert werden.

Cornelia Diethelm

Konvergenztest bestanden!

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Obwohl der Publikumsrat altersmässig nicht zur Zielgruppe von «Virus TV» gehört, gefällt die Sendung den meisten Mitgliedern der Beobachtungsgruppe.

Immer für einen Spass zu haben: das «Virus TV»-Team Anic Lautenschlager und Andi Rohrer.

Der Publikumsrat setzt sich aus 26 Mitglie-dern zusammen. Durch Feststellun gen und An re gun gen begleitet er im Austausch mit den Verantwortlichen die Programmarbei-ten von Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). Vgl. auch www.publikumsrat.ch

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«The Voice of Switzerland» ist für den Publikumsrat eine professionelle und gelungene Adaption eines international erfolgreichen Castingformats für die Schweiz.

Das Castingformat «The Voice» war in den letzten Jahren international von mehreren Fernsehstationen ausgestrahlt worden, vom 26. Januar bis 16. März 2013 nun auch in der Schweiz. Das grosse Interesse der Medien und die Tatsache, dass «The Voice of Switzerland» 2013 die bisher aufwän-digste von Schweizer Radio und Fernse-hen (SRF) produzierte Unterhaltungsshow war, waren für den Publikumsrat Grund genug, die Sendung genau zu beobachten.

Ein junges Publikum

An der Diskussion im Publikumsrat nah-men die Redaktionsleiterin Events, Sabine Schweizer, und der Bereichsleiter Show und Events, Sven Sarbach, teil. Sie gaben den Ratsmitgliedern Informationen, die das Publikum am Bildschirm nicht hat. Zum Beispiel Antwort auf die Frage, war-um SRF «The Voice» erst dieses Jahr ins Programm aufgenommen hat. Sarbach er-klärte, dass es für SRF aus finanziellen und Risikogründen nicht möglich gewesen wäre, das Format schon kurz nach der Lancierung einzukaufen. Und noch viel weniger könne SRF ein so komplexes Format selber entwickeln. Auch wenn einige Ratsmitglieder erzählten, ihre Kin-der hätten sich die Castingshow auf SRF nicht angeschaut, weil sie sie von anderen Sendern her bereits kannten, erreichte «The Voice of Switzerland» mit einem Marktanteil von 37,8 Prozent bei den 15- bis 39-Jährigen am Samstagabend insbesondere auch das junge Publikum.

Die Einschweizerung des internationalen Formats ist nach Meinung der Mehrheit der Arbeitsgruppe gut gelungen. Und weiter schreibt die AG Unterhaltung SRF: «Die qualitativ hochstehenden Darbietungen

vermochten Emotionen auszulösen und zu begeistern.» Als gute Wahl bezeichnet die Beobachtungsgruppe die Zusammenset-zung des Coachingteams. Die Coaches überzeugten durch Kompetenz, Glaubwür-digkeit und Authentizität. Ihre Freude an der Musik und an den dargebotenen Leis-tungen sei deutlich erkennbar gewesen. Gut gefiel auch der positive Ansatz: Es ging um das Fördern von Talenten, um Wert-schätzung und nicht – wie bei anderen Castingshows – um Blossstellung oder Beleidigung. Nach Ansicht einiger Ratsmit-glieder hätten die Leistungsbeurteilungen allerdings klarer und kritischer sein dürfen.

Für die meisten der AG Unterhaltung waren die «Blind Auditions» nebst den auch positiv bewerteten «Battles» das spannendste Element der Sendung. «Man wusste hier mehr als die Coaches und wartete gespannt darauf, wie diese reagie-ren würden», steht im Gesamtbericht. Die

Schönes Format für ein junges Publikum

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Am besten gefielen dem Publikumsrat die «Blind Auditions». Hier mit Coach Stefanie Heinzmann.

Live-Shows hingegen entsprachen den bekannten, «klassischen» Castingshows und boten nichts wirklich Überraschen-des. Mehrere kritische Bemerkungen gab es zu den Talks im «Red Room». Bemängelt wurde vor allem, dass die Gespräche we-nig er giebig gewesen seien.

Überzeugender Web-Auftritt

Freude hatte die Beobachtungsgruppe am Web-Auftritt «thevoice.srf.ch». Er überzeug-te optisch und bot viele Zusatzinformatio-nen. Auch der Versuch, bei «The Voice of Switzerland» die Interaktion mit dem Pub-likum via Social Media zu verstärken, wird vom Rat begrüsst. Allerdings sei die Inte-gration der Publikumsreaktionen in die Live-Show noch nicht befriedigend gewe-sen. Für das Publikum am Bildschirm sei mit den Twitter-Meldungen kein Mehrwert entstanden. Zu banal und nichtssagend seien diese meist gewesen.

Cornelia Diethelm

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Der 27. Januar 2013 war der Schoah-Gedenktag. Anlass für die «Tagesschau», um über die Botschaft des Bundespräsidenten sowie über «bisher unveröffentlichte Dokumente» zu berichten, die beweisen würden, dass der Bundesrat bereits 1942 über die Verbrechen der Nazis wusste. Darüber hatte die Ombudsstelle zwei Beanstandungen zu behandeln.

Der lange Flug einer «Ente»

Beanstandungen gegen die «tagesschau» auf SrF 1

Eine TV-Zuschauerin störte sich daran, dass Bundespräsident Ueli Maurer in der «Tagesschau» kritisiert wurde, anlässlich des Gedenkens an den Holocaust keine Schuldgeständnisse für die damalige Schweiz verlautet zu haben.

Ein zweiter Beanstander monierte, die «Tagesschau» hätte suggeriert, die Schweiz sei vor rund 70 Jahren für den Tod von Tausenden verantwortlich gewesen. Das Ganze sei noch mit fürchterlichen Bildern aus den Konzentrationslagern unterlegt worden. Jeglicher Hinweis auf die damals aufgenommenen Flüchtlinge habe gefehlt.

Es wurde ausgewogen berichtet

In seiner Stellungnahme wehrte sich «Tagesschau»-Redaktionsleiter Urs Leuthard gegen den Vorwurf, die Sendung habe un-ausgeglichen über die Nazifrage berichtet.

Auch habe die Sendung in keiner Weise kritisiert, dass in der bundesrätlichen Botschaft die positiven Leistungen der schweizerischen Behörden und des Schweizer Volkes hervorgehoben wurden. Bundeshaus-Redaktor Hanspeter Forster habe in seiner Zusammenfassung erwähnt, dass Bundesrat Ueli Maurer zurecht die Verdienste der damaligen Schweiz lobte.

Allerdings habe der Bundespräsident kein Wort der Selbstkritik zur damaligen Flüchtlingspolitik verlauten lassen, was laut Peter Forster «ein wenig souveräner Umgang der Schweiz mit der eigenen Ge-schichte sei». Diese kritische Äusserung über Maurers Worte sei abgeleitet worden aus der aktuellen Berichterstattung vom selben Tag über diplomatischen Doku-mente aus dem Jahr 1942. Sie würden zei-gen, dass der damalige Bundesrat (in ers-ter Linie Justizminister von Steiger) über

die Situation in den Konzentrationslagern der Nazis im Bild war, bevor er die ver-schärften Grenzkontrollen und Einreise-bestimmungen für jüdische Flüchtlinge erliess, womit viele Juden in den sicheren Tod zurückgeschickt wurden.

Zulässige Kritik …

Soweit es um die Botschaft des Bundes-präsidenten geht, erachtete die Ombuds-stelle die Berichterstattung der «Tages-schau» als absolut korrekt. Die Aussagen von Ueli Maurer wurden kurz wiedergege-ben und die Kritik von Forster war für das Publikum eindeutig als seine persönliche Meinung, in anderen Worten als zulässiger Kommentar, erkennbar. Dass in der «Tages-schau» vom 28. Januar 2013 auch der Prä-sident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) die Reaktion der jüdischen Organisationen in der Schweiz kurz erläutern konnte, gehört geradezu zum Informationsauftrag des Fernsehens

… aber problematische Schlagzeile

Mehr als problematisch muss dagegen die Art und Weise angesehen werden, wie die «Tagesschau» die historischen Dokumente aus dem Jahr 1942 präsentierte: «Was wusste die offizielle Schweiz damals von den Massentötungen in den Konzentra-tionslagern?», heisst es in der Moderation. «Zahlreiche, auch bislang unveröffentlich-te diplomatische Dokumente geben Auf-schluss darüber.» Man sieht den Historiker Sacha Zala, wie er in Akten aus dem Bun-desarchiv blättert. Es sind Originaldoku-mente sowie vor allem auch zahlreiche

Sensation verleiht Flügel: Die «Ente» der «Tagesschau» schaffte es sogar in die ausländischen Medien.

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Schwarzweissfotos, welche die «Tages-schau» wie folgt kommentierte: «Der Bun-desrat erhielt auch Bilder, bislang unveröf-fentlichte Dokumente, datiert von Mai 1942.» Auch wenn der Historiker lediglich betonte, man könne nachweisen, dass ab Mai 1942 die Informationen über die Er-mordung von Juden in Bern ankamen, wurde dem Publikum der eindeutige Ein-druck vermittelt, es handle sich um neue historische Erkenntnisse.

Nicht umsonst übernahm die Schweizeri-sche Depeschenagentur die Aussagen der «Tagesschau» fast wortwörtlich: «Bisher unveröffentlichte Dokumente zeigen: Der Bundesrat wurde bereits 1942 über die Verbrechen der Nazis in Kenntnis gesetzt.» Eine angeblich sensationelle Meldung, die mit dem plakativen Titel «bisher un-veröffentlicht» praktisch von sämtlichen Schweizer Medien übernommen wurde und sogar im Ausland, dank der Übernahme durch die AFP, für Schlagzeilen sorgte.

Die «Tagesschau» ihrerseits ging am fol-genden Tag der Frage nach, warum diese Fotos erst jetzt publik würden und warum sie von der Bergier-Kommission nicht ver-wendet worden seien.

Es war eine «Ente»

Dass es sich um eine «Ente» handelte, wur-de erst in den folgenden Wochen klar. Es ging um eine Falschinformation, denn weder die Dokumente noch das, was sie beweisen sollen, ist neu.

Die Zeitung «Der Bund» resümierte dies am 20. Februar 2013: Nach Einwänden im «Hebdo», «Tachles» und der «WOZ» sowie ausführlicheren Recherchen vom «Bund» dementierte auch die SDA. Die Akten sei-en «bekannt» und würden sich dabei durchwegs auf Zalas Angaben beziehen. Das Material sei seit 1973 im Bundesarchiv zugänglich, seit 1997 in der gedruckten Aktenedition der DDS publiziert, seit 2004 online auf der DDS-Website, wo seit 2011 auch die Bilder zu sehen seien. Erwähnt werde zudem der Abdruck der Fotos in ei-

nem Bildband von 1997 und 2012 in «Le Temps». Laut dem «Bund» rechtfertige sich Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) da-mit, dass «Kontakte» mit «externen Exper-ten» die «Tagesschau» zum Fehlschluss gebracht hätten. Nämlich, «dass die Doku-mente für den Durchschnittszuschauer und die breite Öffentlichkeit neu gewesen wären», wie Adrian Arnold, Redaktor des Beitrags, auf Anfrage vom «Bund» sagte. Laut dem welschen Wochenmagazin «Hebdo» seien die Bilder seit langem in Museen in Paris und Bukarest zu sehen.

Keine banale Fehlinformation

Bei dieser Ausgangslage kam die Ombuds-stelle zur Auffassung, dass die «Tages-schau» zwar über die Botschaft von Bun-despräsident Ueli Maurer korrekt berichtet habe, nicht dagegen über die erwähnten diplomatischen Dokumente. Mag sein, dass sowohl die Dokumente wie auch die Bilder in der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt waren. Diese aber als «bislang unveröffentlicht» zu qualifizieren, muss als Fehlleistung angesehen werden.

Es handelt sich nicht um eine banale Fehlinformation, denn in Zusammenhang mit der Kritik an der Botschaft von Bun-despräsident Ueli Maurer wurde damit unterstellt, die Schweiz würde alles unter-nehmen, um ihre eigene Geschichte zu vertuschen. In dieser Hinsicht wurde das Sachgerechtigkeitsgebot eindeutig verletzt.

Die Moral aus der Geschichte? In der heu-tigen Medienwelt lässt man sich zu leicht beeindrucken von dem, was andere be-richten. Eine Sensation lässt man sich nur ungern kaputt machen. Heutzutage fliegen sogar die «Enten» um die weite Welt herum!

Achille Casanova

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Sämtliche Schlussberichte der Ombudsstelle der SRG Deutschschweiz finden sich unter: www.ombudsstellesrgd.ch > Beanstandungen

Ombudsstelle SRG.D, Kramgasse 16,3011 Bern, [email protected] Beanstandungen finden Sie unter www.ombudsstellesrgd.ch

«Reporter» porträtierte am 24. März 2013 den neu gewählten Walliser SVP-Staatsrat Oskar Freysinger. Ein Zuschauer störte sich am Titel der Sendung: «Oskar, der Ratten-fänger». Ombudsmann Achille Casanova zeigte zwar Verständnis für die Kritik, ver-wies jedoch auf die etymologische Herkunft des Ausdrucks. Die Bezeichnung «Ratten-fänger» entstamme einer deutschen Sage und sei deshalb keineswegs als abwertend oder diffamierend zu werten.

«Oskar, der Rattenfänger» – ein tendenziöser Titel?

Die «Tagesschau»-Hauptausgabe berichtete am 13. März 2013 in einer Sondersendung ausführlich über die Wahl des neuen Papstes Franziskus in Rom. Knapp 75 Minuten dau-erte die Sendung – «zu lange», wie drei Be-anstander fanden. Ombudsmann Achille Casanova erachtete es hingegen als «zwin-gend», dass eine Informationssendung wie die «Tagesschau» alles in die Wege geleitet habe, um den Namen des neu gewählten Papstes so rasch wie möglich ankündigen und kommentieren zu können. «Hätte die Redaktion anders gehandelt, wäre sie ihrem Informationsauftrag in gravierender Weise nicht nachgekommen», so das Fazit des Ombudsmanns.

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Zu lange Sondersendung zur Papstwahl?

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«Driften Stadt und Land auch in der Kultur auseinander?», fragte das Regionaljournal Bern Freiburg Wallis provokativ in den Trai-lern, die auf eine Veranstaltung mit Sonder-sendung von Ende März hinwies. Gemein-sam mit dem Regionaljournal organisierte die regionale Trägerschaft einen speziellen Kulturabend auf dem Land.

Eingeladen wurden Mitglieder der Träger-schaft, die Dorfbevölkerung, Kulturinteres-sierte und Politiker zum zweiten «Stadt-Land-Gespräch» des Regionaljournals in die «Cacis Mühle» nach Grosshöchstetten. Dorthin also, wo der Bluesmusiker Philipp Fankhauser seine erste Live-CD aufgenom-men hat und wo sich Künstler wie Les Trois Suisses, Clown Dimitri, Vera Kaa oder Dodo Hug sich die Klinke in die Hand geben oder wo schon mal eine regionale Mode-schau über die Bühne geht. Auf der Bühne

Regionaljournal und Trägerschaft gemeinsam auf dem Land

«Stadt-land-Gespräch» in Grosshöchstetten

der Mühle stand diesmal die Berner Boy-Group «Kummerbuben»; sie unterhielt das Publikum mit ihrem Rumpelrock, Fernweh-folk und Draufgängerpolkas. Das Lokal war mit rund 100 Gästen praktisch vollbesetzt.

Ohne Trägerschaft nicht machbar

Organisatorisch baute der Kulturevent auf dem seit Jahren bewährten Modell auf: Die Trägerschaft (SRG Bern Freiburg Wallis) übernimmt die Organisation (Lokalmiete, Einladungen, Werbung, Engagement der Musiker, Apéro etc.) und stellt die not-wendigen finanziellen Mittel zur Verfü-gung. Die Redaktion des Regionaljournals ist für die Inhalte des Abends zuständig. Das Regi lädt also die Persönlichkeiten ein, die am Gespräch teilnehmen, bereitet die Inhalte und Themen vor, führt die Ge-spräche und sorgt dafür, dass der erste Teil

Das Regionaljournal ruft und die Prominenz tritt zur Kulturdiskussion ans Mikrofon. Die SRG Bern Freiburg Wallis lädt ein und das Publikum füllt das Kulturlokal «Cacis Mühle» im Emmental. Eine gelungene Zusammenarbeit von Radioprofis und Trägerschaft.

des Abends live im Abend-Regi und ein Zusammen schnitt der Diskussion am nächsten Tag zu hören sind. Die Sendung aus Grosshöchstetten wurde zudem zeit-verschoben zweimal auf Radio SRF 4 News ausgestrahlt.

Ohne die organisatorische und finanzielle Unterstützung der Trägerschaft sind solche Events und Radiosendungen für das Regi nicht machbar. Deshalb realisieren Träger-schaft und Radiomacher seit längerem re-gelmässig Radiosendungen und Projekte auf dieser partnerschaftlichen Basis.

Unabhängigkeit der Programmschaffenden

Zentral bei diesem Kooperationsmodell ist, dass die Trägerschaft auf die Inhalte der Radiosendungen keinen Einfluss

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Am zweiten «Stadt-Land-Gespräch» des Regionaljournals SRF und der SRG Bern Freiburg Wallis ging es um Kultur – Kultur in der Stadt und Kultur auf dem Land. Das ländliche Kulturlokal «Cacis Mühle» in Grosshöchstetten bildete die ideale Kulisse für dieses Podiumsgespräch.

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nimmt. Die Programmschaffenden ma-chen ihren Job in Anlehnung an die publi-zistischen Regeln von Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) und agieren journa-listisch unabhängig. Für die Trägerschaft sind diese gemeinsamen Anlässe jedoch

immer eine gute Gelegenheit, an die Öffent-lichkeit zu treten. Die SRG Bern Freiburg Wallis wird im Vorfeld der Events in den Programmhinweisen (Trailer) erwähnt und hat im Umfeld der Sendungen vor Ort die Möglichkeit, sich zu präsentieren und Mitgliederwerbung zu betreiben. In der «Cacis Mühle» wurde Ursula Brechbühl, Geschäftsführerin SRG Bern Freiburg Wallis, von Regi-Leiter Peter Brandenberger zu Beginn des Abends befragt und sie konnte Aufgaben und Aktivitäten der Trägerschaft einem neuen Publikum erklären.

Fehlende Plattformen für Diskussionen

Dem Regionaljournal war es gelungen, für die Kulturdiskussion auf dem Land den Kultur- und Bildungsdirektor des Kantons Bern, Regierungsrat Bernhard Pulver, nach Grosshöchstetten zu holen. «Kultur in Stadt und Land ergänzen sich», sagte die-ser zum Auftakt der Diskussion. «Bern hat ein wahnsinnig gutes Kulturangebot – in der Stadt und auf dem Land. Aber es fehlt in der Kultur an Plattformen für Diskus-sionen.» Es gebe zwar Preisverleihungen und Festreden, aber «niemand will kultur-politische Debatten führen».

Kulturgraben als Konstrukt der Medien?

Die Finanzierung des Kulturangebots müs-se jedoch öffentlich diskutiert werden. Bei der Finanzierung des Angebots sei Solida-

rität nötig. «Einen Stadt-Land-Krieg können wir uns nicht leisten», sagte Pulver. Einen Graben zwischen der Kultur in der Stadt und jener auf dem Land sieht er ebenso wenig wie die andern Persönlichkeiten, die mitdiskutierten. «Man versucht hier, einen Graben auszuheben», stellte etwa Franziska Fuess, Gemeindepräsidentin von Teuffental, fest, und der Präsident der Kul-turkonferenz der Region Bern, Thomas Handke, sagte: «Es ist wie mit dem Rösti-graben. Wer den Kulturgraben zwischen Stadt und Land sehen will, sieht ihn.» Der Graben werde von den Medien herbeigere-det, eine Meinung, die in der Diskussions -runde geteilt wurde.

Streit ums Stadttheater

Im zweiten Teil kam die Diskussion zum Kern der Sache, zum Streit über die Finan-zierung der Kulturinstitutionen in den Städten. Die Gemeinden in den Agglome-rationen sollen verpflichtet werden, die in-stitutionelle Kultur in den Städten mitzufi-nanzieren. Konkret: Das Haus des Berner Stadttheaters soll für 45 Mio. Franken sa-niert werden.

An diesem Objekt zeigten sich die unter-schiedlichen Haltungen zwischen Stadt und Land etwas deutlicher. Seine Ge-meinde sei mit der Stadt Bern solidarisch und zahle Beiträge an den Betrieb des Theaters, sagte etwa Bowils Gemeinde-präsident Moritz Müller. Die Renovation des Gebäudes will er jedoch nicht mitfi-nanzieren, das sei Sache der Stadt Bern. Dem hielt Kulturdirektor Pulver entgegen: «Kulturangebote aus der Stadt werden nicht nur von Städtern in Anspruch ge-nommen». Deshalb sei es folgerichtig, alle Gemeinden bei der Finanzierung einzu-beziehen. Die peripheren Gemeinden hätten in den letzten Jahren viele Ange-bote verloren, was Frustration auslöse und zu einem Nein bei Kulturbeiträgen führen könne, fasste Gemeinderätin Ursula Haller (Thun) ihre Erfahrungen zusammen.

Ueli Scheidegger Im Rumpelrock der «Kummerbuben» sind Stadt und Land musikalisch vereint.

Ursula Brechbühl, Geschäftsführerin der SRG Bern Freiburg Wallis, erklärt die Aufgaben der Trägerschaft.

Regierungsrat Bernhard Pulver stellt sich den Fragen von Elisa Häni.

Die Besucherinnen und Besucher informieren sich vor Ort über SRF und die Trägerschaft.

Regi-Leiter Peter Brandenberger (links) bringt die Diskussion ins Rollen.

«Es ist wie mit dem Röstigraben. Wer den Kulturgraben zwischen Stadt und Land sehen will, sieht ihn.»

Thomas Handke, Präsident der Kulturkonferenz der Region Bern

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LINK: Frau Widmer, die Sage von der Teufelsbrücke in der Schöllenenschlucht ist vielen vertraut. Wie nahe ist Ihr Stück «Tyyfelsbrigg» an diesem Original?Gisela Widmer: Die Sage ist eine Basis, aber sie wird natürlich nicht einfach eins zu eins nacherzählt. Es gibt allerlei Überra-schungen und unerwartete Wendungen. Über weite Strecken soll das Stück amü-sant sein, obwohl es dabei auch um tragi-sche Aspekte in einer zerrissenen Dorfge-meinschaft geht. Auf der einen Seite sind die Fortschrittlichen, auf der anderen die Bewahrer. Eine der Fragen: Gibt es einen Fortschritt ohne Seelenverlust? Aber man kann elementare Fragen des Lebens auch mit dem Mittel des Humors erzählen und beantworten.

Der Titel Ihres Stückes, Herr Cuonz, heisst «Häxe machä». Gibt es da auch etwas zu lachen?

Romano Cuonz: Kaum. Das Stück hat einen beklemmenden und leider realen Hintergrund: In Giswil sind im 17. Jahrhun-dert über 100 Menschen als Hexen hinge-richtet worden, darunter 20 Kinder. Ein trauriger Rekord. Allein nach einem ver-heerenden Hochwasser des Wildbachs Laui kam es 1626 zu einer unbarmherzi-gen, vom Pfarrer initiierten Hexenjagd, die 30 Opfer forderte. Die Geschichte ist in Obwalden schon immer herumgegeistert, wurde aber stets unter dem Deckel gehal-ten. Ich habe sie nun aufgearbeitet und darüber ein Theaterstück geschrieben. Vor allem die Sache mit den Kinderhexen hat mich sehr berührt.

Ein Drama als Freilichtspiel – geht das?Cuonz: Ganz ohne Risiko ist das schon nicht, aber ich sage mir: Lieber ein gutes Drama als eine schlechte Komödie. Mit Annette Windlin hat das Theater Giswil

Die «Köpfe» hinter den Freilichtspielen: Romano Cuonz mit «Häxe machä» und Gisela Widmer mit «Tyyfelsbrigg».

Der Freilichtspiel-Sommer steht bevor. Zwei Beispiele aus der Zentralschweiz, geschrieben von ehemaligen SRF-Mitarbeitenden: «Tyyfelsbrigg» von Gisela Widmer in Andermatt UR und «Häxe machä» von Romano Cuonz in Giswil OW. Wir trafen die Autoren zum Werkstattgespräch.

Amüsant oder beklemmend: Theater vor gewaltiger Kulisse

eine hervorragende Regisseurin beigezo-gen, und die Darsteller sind sehr engagiert und motiviert. Das stimmt mich sehr zu-versichtlich. Widmer: Da muss ich auch gleich den Andermattern ein Kränzchen winden: Das sind unglaublich «tifige» Leute, jeder Betei-ligte ist ein kleines Kompetenzzentrum, die Freilichtspiele haben jahrelange Erfah-rung, und auch die Zusammenarbeit mit Livio Andreina (Regie) und Anna Maria Glaudemans Andreina (Austattung) ist hervorragend. Es stimmt für mich einfach alles zu 100 Prozent.

Jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen.Widmer: Wer nach Andermatt ans Frei-lichtspiel geht, weiss, dass es dort kaum je laue Sommernächte gibt. Freilichtspiel heisst ja auch, dass man mit jedem Wetter rechnen muss und dieses einbezieht. Für eine dramatische Kulisse mit grandiosen

Freilichtspiel-autoren im interview

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Bildern ist in jedem Fall gesorgt, und die 25000 Zuschauer, die erwartet werden, sitzen im Trockenen. Cuonz: Das ist auch in Giswil der Fall. Das Freilichtspiel findet vor gewaltiger und stimmiger Kulisse statt, geschützt hinter dem mächtigen Laui-Damm. Direkt am Bach darf aus Sicherheitsgründen nicht gespielt werden, aber wir lassen zumin-dest Wasser unter der Tribüne durchlaufen. Weil es an der Laui aber schon extrem wettern kann, sind Ausweichdaten für die einzelnen Aufführungen eingeplant.

Sie, Frau Widmer, sind eine erfahrene Theaterautorin. Worauf muss man bei einem Freilichtspiel besonders achten?Widmer: Man muss sich bewusst sein, dass der Text vielleicht 20 Prozent ausmacht – der Rest ist Natur, Stimmung und Regie. Als Autorin darf man den Text nicht isoliert sehen, und er muss relativ plakativ sein, sonst funktioniert es nicht.Cuonz: Nach der Pensionierung, war es ein Wunsch von mir, ein abendfüllendes Thea-ter zu schreiben. Das ist nun mit «Häxe machä» Wirklichkeit geworden. Ich habe beim Schreiben unter anderem festgestellt, dass es manchmal gar keine Worte braucht. Die Szenerie spricht für sich. Das war neu für mich, obwohl ich schon einige Theater und Hörspiele geschrieben habe.

Sie beide haben bei den SRG-Radios gear-beitet, Sie, Frau Widmer, als Indien- und

Rund 50 Mitglie-der der SRG Ost-schweiz kamen in den Genuss eines Besuches im Bun-deshaus und im SRG-Medienzent-rum. «Es war span-nend, hinter die Kulissen zu schau-

en und zu erahnen, wie viel Aufwand hinter ei-ner Sendung steckt», so die Rückmeldungen. Im Gespräch mit dem Appenzell Innerrhoder Ständerat Ivo Bischofberger und dem Appenzell Ausserrhoder Nationalrat Andrea Caroni er-hielten die Teilnehmenden Einblicke in den Parlamentsalltag. Angeregt wurde über die Abstimmungen im Ständerat, über die Parla-mentarische Gruppe Ostschweiz sowie über Innerrhoder Eigenheiten wie Amtszwang und Amtsdauer debattiert.Fotos unter www.srgd.ch > Mitgliedschaft > Fotogalerie (Login erforderlich)

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Ivo Bischofberger (links) und Andrea Caroni.

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Die Versammlung der Sektion 3 der SRG Zürich Schaffhausen vom 17. April 2013 war eine der kürzesten überhaupt. Alle Traktanden geneh-migt, keine Anträ-ge, keine Fragen. Raum frei also für

Sondergast Reto Lipp. Bei keiner der bald 250 «ECO»-Sendungen hat Lipp je gefehlt. Dennoch wurde jetzt ein Stellvertreter bestimmt – für alle Fälle. Welche Trends zeichnen sich für das SRF-Wirtschaftsmagazin ab? «Die Leute wollen Hardcore-Wirtschaft», so der «ECO»-Moderator. Softthemen wie «Sind schöne Menschen er-folgreicher?» kämen nicht an. Sein Ausblick auf die Wirtschaftslage? Der Euro werde wei-ter bestehen, doch das Spannungsfeld zwi-schen Nord und Süd schaffe eine aussichtslose Situation. Die Zinsen in der Schweiz? Sie wer-den wohl mittelfristig tief bleiben, «wir sind zu stark mit Europa vernetzt». Seine Schlüsse zu Investment-Empfehlungen? Fehlanzeige, der Vertrag mit SRF untersagt dies.

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«Häxe machä» des Theaters Giswil wird zwischen 24. Mai und 29. Juni 2013 ge-spielt (www.theater-giswil.ch). Für SRG. Z-Mitglieder gibt es am Samstag, 22. Juni 2013, ein Spezialangebot mit einführen-den Worten von Romano Cuonz und Imbiss. Anmeldung: [email protected]

«Tyyfelsbrigg» der Freilichtspiele Andermatt wird zwischen 12. Juli und 31. August 2013 aufgeführt (www.tyyfelsbrigg.ch). Am Mittwoch, 24. Juli 2013, haben

London-Korrespondentin sowie zwölf Jahre für die Satire-Sendung «Zytlupe», Sie, Herr Cuonz, 33 Jahre vorwiegend fürs Regionaljournal Zentral schweiz. In-wieweit wurde Ihre Arbeit als Theater-schreiber durch die Tätigkeit bei SRF be-einflusst?Widmer: Ich habe beim Radio gelernt, Geschichten zu erzählen, dreiminütige, halbstündige, stündige, von A bis Z. Ich habe zwar schon als 25-Jährige Theater geschrieben, aber auch dank dem Radio weiss ich heute zweifellos besser, worauf es ankommt. Ich weiss, was man mit den Ohren alles aufnehmen kann, und ich habe viel Gefühl für den Rhythmus der Sprache entwickeln können. Cuonz: Dem ist wenig beizufügen. Viel-leicht noch dies: Ich habe beim Radio ge-lernt, Geschichten bereits zu hören, ehe ich sie erzählte. Und etwelche Theater, die ich geschrieben habe, hatten ihre Inspira-tion im Journalismus.

Sind sie noch mit der SRG verbunden?Widmer: Ich habe immer noch einen sehr nahen Kontakt zur Abteilung Hör-spiel und Satire, hin und wieder mache ich für sie auch Beiträge. Und natürlich bin ich eine leidenschaftliche SRF-Hörerin. Cuonz: Ich bin ebenfalls noch mit der Ab-teilung Hörspiel verbunden und mache Theaterkritiken fürs Regionaljournal. Aber keine Bange, «Häxe machä» werde ich nicht selber besprechen … (lacht)

Interview: Florian Michel

SRG.Z-Mitglieder die Möglichkeit, neben dem Theaterbesuch im Beisein von Gisela Widmer einen Blick hinter die Kulissen zu werfen, mit Apéro riche. Anmeldung: [email protected] oder Tel. 041 870 19 66.

Die SRG.Z führt zudem Mitgliederaktionen für das Freilichtspiel «Wetterleuchten» (Tribschen-Park Luzern) und fürs Einsiedler Welttheater durch. Mehr Infos zu allen Anlässen: www.srgzentralschweiz.ch oder Telefon 041 227 24 00.

Spezialangebote für SRG.Z-Mitglieder

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«ECO»-Moderator Reto Lipp.

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Die Vorarbeit ist geleistet, am 11. Mai 2013 wird über die revidierten Statuten abgestimmt.

Statutenrevision

Spannender Weg zu zeitgemässen Statuten

Die jetzt noch geltenden Statuten der SRG Ostschweiz stammen von 1993 und sind damit für einen Verein, der in der sich rasch wandelnden Medienwelt eine aktive Rolle wahrnehmen will, veraltet. Sie zählen noch das Fürstentum Liechtenstein zum Tätig-keitsgebiet und sehen einen Vereinszweck im Engagement für Produktionsstätten in der Region. Zudem haben sie verschiedene Revisionen der übergeordneten SRG Deutschschweiz ignoriert. Die neuen Statuten der SRG.D verlangen nun aber unmissverständlich eine Anpassung.

Kein Kopieren und Einsetzen

Statutenanpassung ist grundsätzlich keine attraktive Arbeit, weil meist einfach ab-geschrieben wird. Wir verzichteten auf «copy/paste» und stellten in einer Arbeits-gruppe jene Fragen zusammen, die für ei-nen Verein von zentraler Bedeutung sind –

Bei Gesetzes- oder Statutenarbeit wird meist ziemlich schamlos abgeschrieben. Andere Wege ist die SRG Ostschweiz bei der Totalrevision ihrer Statuten gegangen: Der Vorstand musste zwei Dutzend Fragen beantworten und damit die Richtung der Statutenrevision vorgeben.

zesse sind formalisiert und vereinfacht. Auf zusätzliche Reglemente wird verzich-tet. Insbesondere aber ist der Zweckartikel erweitert und auf die Besonderheit unse-rer Region adaptiert worden: So fördert die SRG Ostschweiz nach dem neuen Regelwerk nicht nur die Präsenz der Ost-schweiz, sondern auch grenznaher auslän-discher Gebiete in den Programmen; sie bringt sich gegenüber SRF im Interesse der Region, aber auch ihrer Kantone ein; sie engagiert sich für eine gute Versorgung mit Leistungen der SRG, aber auch von andern Anbietern.

Jung und modern

Der neue Entwurf hält den Vorstand auch an, Jahresziele festzulegen. So will sich die SRG Ostschweiz bewusst verjüngen und Junge zur Mitarbeit in Kommissionen und Vorstand bewegen sowie «junge Program-me» begleiten. Sie will attraktive Veranstal-tungen aufgleisen, die den medien- und programmpolitischen Dialog in der brei-ten Öffentlichkeit fördern, und sich als moderne Mitgliedgesellschaft – etwa an der OLMA – präsentieren. Und wir wissen: Was zählt, wenn die Statuten verabschie-det worden sind, ist nicht geduldiges Pa-pier, sondern gelebte Umsetzung.

Erich Niederer, Präsident der SRG Ostschweiz

und die vom Vorstand, bevor nur der erste Statutenartikel geschrieben worden war, beantwortet werden mussten. Es ging um die Rechtsform der Institution, um die Organisationsstruktur und die Bildung von Sektionen, um die Organe, die Kompe-tenzregelung, die Zusammensetzung des Vorstands. Etliche Fragen befassten sich mit dem Zweck unseres Vereins und damit, mit welchen Instrumenten – Kommissio-nen, Arbeitsgruppen – die Vereinsaufga-ben grundsätzlich bearbeitet werden soll-ten. Es galt abzuklären, wie in den neuen Satzungen der Aufgabenbereich der Geschäftsstelle sowie das Verhältnis des Regionalstudios zur SRG Ostschweiz geregelt werden sollten.

Rund zwei Dutzend dieser grundsätzli-chen, einfach formulierten Fragen legten wir dem Vorstand zur Beantwortung vor. Angesichts unseres heterogenen und weit-läufigen Tätigkeitsgebiets mit unterschied-lichen wirtschaftlichen und politischen Ausrichtungen und unterschiedlichen Ver-sorgungen mit Medien ergaben sich span-nende Debatten über Sinn und Zweck un-seres Vereins. Die Antworten auf diese Fragen waren wegleitend für Inhalt und Ausformulierung der Statuten. In zwei Le-sungen, wie in einem parlamentarischen Betrieb, verabschiedete der Vorstand den Entwurf.

Der Vorstand legt, so heisst es in den neu-en Bestimmungen, die Geschäftspolitik fest und leitet die Geschäfte. Er tagt nur noch wenige Male pro Jahr, weil viele Auf-gaben vorbereitet oder delegiert werden: an den Leitenden Ausschuss, die Pro-grammkommission und die Kommission für Öffentlichkeitsarbeit. Abläufe und Pro-

Gewichtigstes Traktandum an der Mitglie-derversammlung der SRG Ostschweiz am 11. Mai 2013 in Schwanden (Glarus Süd) ist die Behandlung und Genehmigung der Statuten. Gewichtigster Referent ist Caspar Selg, SRF-Deutschlandkorrespondent.

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Auf den Spuren der Restschweizer‹SRF 3 – Auf den Spuren eures Namens›: Hörerinnen und Hörer

können via E-Mail ins Studio eine namenkundliche Anfrage an

das Expertenteam richten. Wenn immer möglich, höre ich mir

diese Sendung dienstags an – mit stets zwiespältigen Gefühlen!

Unterhaltsam ist sie und mit vielen Informationen gespickt. Ich

erfahre über Herkunft, Bedeutung und Verbreitung von Nach-

namen und ihren Varianten. Aufmerksam und neugierig höre ich

jeweils zu, wenn mir die Fachmänner eingängig und ohne un-

nötige Fachsimpelei erklären, aus welchem germanischen Flur-

oder Ortsnamen, aus welchem Werkzeug oder Handwerk die

Namen der SRF 3-Hörerschaft entstanden. Die Namens experten

von der Redaktion des schweizerdeutschen Wörter buchs Idioti-

kon machen ihre Sache gut, keine Frage.

Was mich stört, ist die Tatsache, dass ich als gebürtige Al Jabaji

nicht nur von vornherein von der Partizipationsmöglichkeit

ausgeschlossen bin, sondern, dass mir hier subtil

vor Augen geführt wird: Ohne germanischen

Nachnamen gehöre ich nicht zu dem ‹euch›

in ‹SRF 3 – Auf den Spuren eures Namens›.

Offensichtlich passe ich nicht in das Bild

der Hörerschaft, wie Radio SRF 3 es zumin-

dest im Kontext dieser Sendung zeichnet.

Und wer jetzt glaubt, ich litte an einem Auf-

merksamkeitsdefizitsyndrom, dem halte ich

entgegen, dass vermutlich rund die Hälfte der

Menschen im Sendegebiet von Radio SRF 3

keinen germanischen Namen hat und es

ihnen ähnlich gehen dürfte.

Keine Zuhörerin und kein Zu hörer

mit Namen Yanez, Behrami,

Demiri, Kajic, Khan, Osman,

Kim oder Giacometti und auch kein/e Rossier, Levy, Subramaniam,

Svoboda oder 0’Neil werden in dieser Sendung je etwas über

ihren Namen erfahren.

Die Swissness, die sich Schweizer Radio und Fernsehen (SRF)

mit Leuchtmarker auf die Fahne geschrieben hat, kann nicht

heissen, sich der schweizerischen Realität zu verweigern und

zunehmend eine Norm-Schweiz zu schaffen, die sich am germa-

nisch-bäuerlichen Leben des Spätmittelalters orientiert. Das Ge-

fühl des Ausgeschlossenseins befällt mich denn auch nicht nur

bei dieser Sendung.

Vielleicht ist es aber tatsächlich nicht so einfach, die Schweiz als

das abzubilden, was sie wirklich ist: ein bunter Teppich, beste-

hend aus vielen Materialien, zu unzähligen Mustern verwoben.

Und wo das alte Gewebe sich abgenützt hat und Löcher bildet,

füllt neues diese Stellen. Ganz sicher ist dieser Teppich nicht zu

Ende gewoben. Und mit Bestimmtheit finden immer

wieder neue Fäden Eingang in die Textur.

Vielleicht sogar dereinst als Namensexpertinnen

und -experten aus der Turkologie, der Slavistik

oder Romanistik, die uns dann auch noch

die Namen der Restschweizer erklären.

Amira Hafner-Al Jabaji, Islamwissenschaftlerin und Publikumsrätin der SRG Deutschschweiz.

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Kommentare zur Carte blanche: [email protected]

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Radiostudio-Führung mit Apéro für Neumitglieder

Montag, 27. Mai 2013, 16.30 bis 19 Uhr, im Radiostudio Bern. Steht auch anderen Mitgliedern offen: Anmeldung bis 17. Mai an [email protected] oder 031 388 94 72. Neumitglieder erhalten eine Einladung.

4. Schweizer Kinder- und Jugendchorfestival

Freitag, 10. Mai, bis Sonntag, 12. Mai 2013, im Athletikzentrum St. Gallen. Weitere In-formationen unter: www.srfmusikwelle.ch

«Zoogä-n-am Boogä» aus Gonten AIFreitag, 17. Mai 2013, 20 Uhr, im Hotel Restaurant Golf. Der Anlass ist öffentlich. Generalversammlung der SRG AG SO

Dienstag, 14. Mai 2013, 18 bis 21 Uhr, im Alten Spital in Solothurn. Mitglieder der SRG AG SO erhalten eine Einladung.

Regionalstudio-Führung in AarauMittwoch, 29. Mai 2013, 17 Uhr. Anmel-dung an [email protected] oder 062 832 50 90.

Radio SRF 1-Sendung «Persönlich»live aus Gontenschwil AGSonntag, 2. Juni 2013, 10 Uhr, im GasthofBad Schwarzenberg. Der Anlass istöffentlich.

Schlossgespräch: Podiumsdiskussion zum Thema «Digitale Jugend»

Mittwoch, 19. Juni 2013, 18 bis 21 Uhr, auf dem Schloss Wildegg. Mitglieder der SRG AG SO erhalten eine persönliche Einladung.

SRG Luzern: Besuch der Sendung «Top Secret»

Samstag, 11. Mai 2013, 17 Uhr, im Fernseh-studio Zürich Leutschenbach. Mitglieder der SRG Luzern erhalten eine Einladung.

«Potzmusig» live am 9. Heirassa-Festival Weggis

Samstag, 8. Juni 2013, 14 bis 16 Uhr. Der Anlass ist öffentlich.

Musikmatinée in AltdorfSonntag, 9. Juni 2013, 10 Uhr, im «Haus für Musik». Der Anlass ist öffentlich.

Freilichtspiel «Wetterleuchten» Donnerstag 13., Freitag, 14., und Mittwoch, 19. Juni 2013, auf der Seebühne Luzern. Mitglieder der SRG Zentralschweiz erhal-ten eine persönliche Einladung.

GeneralversammlungDonnerstag, 16. Mai 2013, 18 Uhr, im Stadthofsaal in Uster. Anmeldung an [email protected] oder 044 366 15 44.

Basisseminar «SRG verstehen» Mittwoch, 29. Mai 2013, 18.15 bis 21 Uhr, im Fernsehstudio Zürich. Anmeldung an [email protected] oder 044 366 15 44.

iPad-KursMontag, 10. Juni 2013, 18 bis 20.30 Uhr. Anmeldung an [email protected] oder 044 366 15 44.

Einen Überblick über alle Veranstaltungen der SRG.D und weitere Informationen finden Sie unter: www.srgd.ch/agenda

Studioführungen für NeumitgliederMontag, 13. Mai 2013, und Dienstag, 21. Mai 2013, jeweils um 17 Uhr, im SRF-Studio Basel. Neumitglieder erhalten eine persönliche Einladung. Anmeldung für interessierte Mitglieder unter [email protected] oder 061 365 32 53.

Exkursion: MAZ und KKL in LuzernMittwoch, 5. Juni 2013, ganztags. Mitglieder der SRG Region Basel erhalten eine per-sönliche Einladung.

SRG Obwalden: Einladung zum Freilichttheater «Häxä machä»

Samstag, 22. Juni 2013, 18.45 Uhr, am Riet-listeg in Giswil. Anmeldungen bis 30. Mai 2013 an: [email protected]

SRG Luzern: Besuch der Sendung «1 gegen 100»Samstag, 22. Juni 2013, 15 bis 18 Uhr, im Fernsehstudio Zürich Leutschenbach. Mitglieder der SRG Luzern erhalten eine persönliche Einladung.

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Preisverleihung der Berner Stiftung für Radio und Fernsehen

Donnerstag, 6. Juni 2013, 17 Uhr, im Saal des Radiostudios Bern. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht notwendig.

Konzertaufzeichnung des Schweizer Jugendchors

Samstag, 8. Juni 2013, 20 Uhr, in der Nydegg-kirche in Bern. Der Anlass ist öffentlich. Das Datum der Radio-Ausstrahlung wird unter www.srfmusikwelle.ch publiziert.