Links St.Gallen 2011 Ausgabe 5

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links 5.11 1 Inhalt Nr. 5/2011 Rechsteiner – die richtige Wahl 2 Wahlnachlese: Ein grossartiger Sieg 3 Lohndumping: Willi Haag muss handeln 4 Sparpaket brutal 6 Pauschalsteuer abschaffen! 7 Fumoirs statt Atomausstieg 9 Rolf Vetterlis sanfte Reform 11 Editorial Die SP und die Gewerkschaften haben einen tollen Wahlkampf geführt. Und wir sind von den WählerInnen dafür belohnt worden: Wir gehören zu den Siegern! Gemeinsam haben wir auf der Strasse und an Podien mit vielen Leuten diskutiert und ihre Anliegen aufgenommen, haben mit Plakaten und Leserbriefen für unsere Ziele geworben, mit Kartenaktionen und an Sportanlässen unseren Slogan «Für alle statt für wenige» mit konkretem Inhalt gefüllt. Und unser Ständeratskandidat Paul Rechsteiner hat mit generö- sem Einsatz gezeigt, dass er der Richtige ist, um den Menschen unseres Kantons im Stöckli in Bern Gehör zu verschaffen. Sein glänzendes Wahlresultat zeugt davon. Das Wahlergebnis ist für uns eine grosse Genugtuung, aber auch Verpflichtung: Wir wollen die Chance packen und einen Ständerat nach Bern schicken, der für ein grösseres Ge- wicht der sozialen Werte in der kleinen Kammer sorgen wird. Das ist zentral angesichts der Probleme, welche die Schweiz in nächster Zeit zu lösen hat. Majorzwahlen sind Persönlichkeitswahlen. Paul Rechsteiner gehört unbestritten zu den einflussreichsten Parlamentariern auf Bundesebene. Er kämpft mit Sachverstand für die An- liegen der Arbeitnehmenden und hat das Herz am rechten Fleck, links natürlich. Gehen wir also nochmals auf die Strasse, hängen wir Plakate auf und schreiben wir LeserInnenbriefe, motivieren wir unsere NachbarInnen, an die Urne zu gehen oder per Brief Paul Rechsteiner zu wählen. St.Gallen verdient einen solch exzellenten Vertreter! Hildegard Fässler Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch November 2011 Nr. 5 Ständerat Rechsteiner – jetzt! Paul Rechsteiner als St.Galler Ständerat: Dieses historische Ziel ist am 27. November in Griffweite. Alle, die eine soziale Kraft in Bern wollen, müssen jetzt geschlossen an die Urne. I m ersten Wahlgang schnitt Paul Rech- steiner sensationell ab: Er erreichte 44’348 Stimmen und warf damit den ent- täuschten Eugen David aus dem Rennen. Was heisst das? Nichts anderes, als dass der konsequent soziale Fokus im Wahl- kampf («Gute Löhne, gute Renten») ein Volltreffer ist und bei breiten Kreisen an- kommt. In der Wirtschaftskrise spüren immer mehr Menschen, dass es jetzt eine soziale Kraft braucht, um die grossen Fehl- entwicklungen der «Politik des grossen Geldes» zu korrigieren. Niemand anders als Paul Rechsteiner ist diese Kraft. Sein jahrelanger Kampf für die Würde der Arbeitnehmenden, gegen Sozial- und Rentenabbau und für die Wah- rung der Menschenrechte wird jetzt hono- riert. Er ist auch ein Panaschierkönig und sammelt wie keiner Stimmen ausserhalb der eigenen Partei: Er machte 24’721 Stim- men auf der SP-Liste, die andern 22’801 Stimmen kamen allesamt von ausserhalb, viele davon auch aus den Kreisen von CVP, FDP und SVP. Toni Brunner wird praktisch nur in den eigenen Reihen gewählt. Das zeigt: Paul Rechsteiner ist ein Politiker des Volkes, der Kandidat der breiten Bevölke- rung: Einer für alle! Die zweite Runde Jetzt kommt die zweite Runde, und die Chancen stehen gut. Die CVP hatte nach der Absage von Favorit Martin Gehrer nicht das Einsehen, auf eine Kandidatur zu verzichten. Stattdessen stellte sie den po- litisch unerfahrenen Wirtschaftsanwalt Michael Hüppi auf. Hüppi steht ähnlich rechts wie Brunner (siehe Seite 2), hat aber im Unterschied zu diesem vom Par- lamentsbetrieb keine Ahnung. Glaubt die CVP im Ernst, dass die St.GallerInnen ei- nen solchen Kandidaten in den Ständerat wählen? Jetzt müssen sich alle am 27 . Novem- ber bewusst sein: Wer Hüppi wählt, hievt Brunner ins Stöckli. Wer dagegen eine ausgewogene St.Galler Vertretung, eine faire Standesvertretung in der kleinen Kammer will, muss unbedingt für Rech- steiner stimmen. Auch alle jene, die sich selbst eher zur Mitte zählen. Denn es kann nicht sein, dass der Kanton nur durch zwei rechtsstehende Politiker vertreten ist. Oder mit anderen Worten: dass nur die Wirtschaft und die Mächtigen, nicht jedoch die Interessen der Arbeitnehmen- den, der Mieter, der Pensionierten, der Jungen, der Kulturinteressierten und der fortschrittlich Denkenden vertreten sind. Am 27 . November heisst die Devise klipp und klar: Ständerat Rechsteiner – Einer für alle! (red.) Bald im Stöckli? SP-Kandidat Paul Rechsteiner

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Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen

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Inhalt Nr. 5/2011Rechsteiner – die richtige Wahl 2Wahlnachlese: Ein grossartiger Sieg 3Lohndumping: Willi Haag muss handeln 4Sparpaket brutal 6Pauschalsteuer abschaffen! 7Fumoirs statt Atomausstieg 9Rolf Vetterlis sanfte Reform 11

E d i t o r i a l Die SP und die Gewerkschaften haben einen tollen Wahlkampf geführt. Und wir sind von den WählerInnen dafür belohnt worden: Wir gehören zu den Siegern!

Gemeinsam haben wir auf der Strasse und an Podien mit vielen Leuten diskutiert und ihre Anliegen aufgenommen, haben mit Plakaten und Leserbriefen für unsere Ziele geworben, mit Kartenaktionen und an Sportanlässen unseren Slogan «Für alle statt für wenige» mit konkretem Inhalt gefüllt. Und unser Ständeratskandidat Paul Rechsteiner hat mit generö-sem Einsatz gezeigt, dass er der Richtige ist, um den Menschen unseres Kantons im Stöckli in Bern Gehör zu verschaffen. Sein glänzendes Wahlresultat zeugt davon. Das Wahlergebnis ist für uns eine grosse Genugtuung, aber auch Verpflichtung: Wir wollen die Chance packen und einen Ständerat nach Bern schicken, der für ein grösseres Ge-wicht der sozialen Werte in der kleinen Kammer sorgen wird. Das ist zentral angesichts der Probleme, welche die Schweiz in nächster Zeit zu lösen hat. Majorzwahlen sind Persönlichkeitswahlen. Paul Rechsteiner gehört unbestritten zu den einflussreichsten Parlamentariern auf Bundesebene. Er kämpft mit Sachverstand für die An-liegen der Arbeitnehmenden und hat das Herz am rechten Fleck, links natürlich. Gehen wir also nochmals auf die Strasse, hängen wir Plakate auf und schreiben wir LeserInnenbriefe, motivieren wir unsere NachbarInnen, an die Urne zu gehen oder per Brief Paul Rechsteiner zu wählen. St.Gallen verdient einen solch exzellenten Vertreter! Hildegard Fässler

Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen www.sp-sg.ch November 2011 Nr. 5

Ständerat Rechsteiner – jetzt!Paul Rechsteiner als St.Galler Ständerat: Dieses historische Ziel ist am 27. November in Griffweite. Alle, die eine soziale Kraft in Bern wollen, müssen jetzt geschlossen an die Urne.

Im ersten Wahlgang schnitt Paul Rech-steiner sensationell ab: Er erreichte

44’348 Stimmen und warf damit den ent-täuschten Eugen David aus dem Rennen. Was heisst das? Nichts anderes, als dass der konsequent soziale Fokus im Wahl-kampf («Gute Löhne, gute Renten») ein Volltreffer ist und bei breiten Kreisen an-kommt. In der Wirtschaftskrise spüren immer mehr Menschen, dass es jetzt eine soziale Kraft braucht, um die grossen Fehl-entwicklungen der «Politik des grossen Geldes» zu korrigieren. Niemand anders als Paul Rechsteiner ist diese Kraft. Sein jahrelanger Kampf für die Würde der Arbeitnehmenden, gegen Sozial- und Rentenabbau und für die Wah-rung der Menschenrechte wird jetzt hono-riert. Er ist auch ein Panaschierkönig und sammelt wie keiner Stimmen ausserhalb der eigenen Partei: Er machte 24’721 Stim-

men auf der SP-Liste, die andern 22’801 Stimmen kamen allesamt von ausserhalb, viele davon auch aus den Kreisen von CVP, FDP und SVP. Toni Brunner wird praktisch nur in den eigenen Reihen gewählt. Das zeigt: Paul Rechsteiner ist ein Politiker des Volkes, der Kandidat der breiten Bevölke-rung: Einer für alle!

Die zweite RundeJetzt kommt die zweite Runde, und die Chancen stehen gut. Die CVP hatte nach der Absage von Favorit Martin Gehrer nicht das Einsehen, auf eine Kandidatur zu verzichten. Stattdessen stellte sie den po-litisch unerfahrenen Wirtschaftsanwalt Michael Hüppi auf. Hüppi steht ähnlich rechts wie Brunner (siehe Seite 2), hat aber im Unterschied zu diesem vom Par-lamentsbetrieb keine Ahnung. Glaubt die CVP im Ernst, dass die St.GallerInnen ei-nen solchen Kandidaten in den Ständerat wählen? Jetzt müssen sich alle am 27. Novem-ber bewusst sein: Wer Hüppi wählt, hievt Brunner ins Stöckli. Wer dagegen eine ausgewogene St.Galler Vertretung, eine faire Standesvertretung in der kleinen Kammer will, muss unbedingt für Rech-steiner stimmen. Auch alle jene, die sich

selbst eher zur Mitte zählen. Denn es kann nicht sein, dass der Kanton nur durch zwei rechtsstehende Politiker vertreten ist. Oder mit anderen Worten: dass nur die Wirtschaft und die Mächtigen, nicht jedoch die Interessen der Arbeitnehmen-den, der Mieter, der Pensionierten, der Jungen, der Kulturinteressierten und der fortschrittlich Denkenden vertreten sind. Am 27. November heisst die Devise klipp und klar: Ständerat Rechsteiner – Einer für alle! (red.)

Bald im Stöckli? SP-Kandidat Paul Rechsteiner

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Smartvote-Diagramm von Michael Hüppi (CVP) ...

... und von Karin Keller-Sutter (FDP): Finde den Unterschied!

Gut für den Kanton St.GallenDie Zeichen der Zeit weisen auf einen Ständerat Paul Rechsteiner hin. Die soziale Stimme ist gefragter denn je, auch in bürger-lichen Kreisen

Wer erinnert sich noch an Thomas Onken? Der linke SP-Politiker ver-

trat den Kanton Thurgau von 1987 bis 1999 im Ständerat. Onken schlug nach einem Wahlkampf mit vielen Strassenaktionen im zweiten Wahlgang seinen Konkurren-ten von der FDP. Niemand hätte das für möglich gehalten. Die Parallelen zum St.Galler Ständeratswahlkampf stechen ins Auge. Ein St.Galler Ständerat Rechsteiner ist so möglich wie seinerzeit Onken im Thurgau. Das Geheimis liegt in der Kon-stellation sowie im überzeugenden Auf-tritt. Beides ist gegeben.

Mitte wird Rechsteiner unterstützenPaul Rechsteiner wird nicht nur vom lin-ken Lager (SP, Grüne, Gewerkschaften, Ar-beitnehmerverbände) getragen, sondern auch von grossen Teilen der Mitte. Anders hätte er nicht im ersten Wahlgang 44’348

Stimmen und damit nur unwesentlich we-niger als Eugen David erreicht. Mitgewählt haben ihn all jene Bürgerlichen, die sich um Ausgleich, soziale Gerechtigkeit und die Umwelt Sorgen machen. Sie werden im zweiten Wahlgang am 27. November kei-nen zweiten Rechtsexponenten wählen, aber auch keinen Wirtschaftsvertreter wie Michael Hüppi (siehe Kasten). Sie werden ihre Stimme Rechsteiner geben, vielleicht sogar zum ersten Mal in ihrem Leben. Das ist eine gute Wahl, denn Rechsteiner poli-tisiert auf der Höhe der Zeit. Er ist: einflussreich, sozial kompetent und vielfach engagiert

gegen Rentenabbau und Lohndruck und für gute Arbeitsplätze gegen die Arroganz der Finanzin- dustrie und der Versicherungswirtschaft für den Atomausstieg und für den Aufbau von Cleantech für den öffentlichen Verkehr und eine gute Bildungsinfrastruktur für die Achtung der Menschenwürde und die Einhaltung der Menschenrechte. Dank Rechsteiners Einsatz wurden die geplanten Verschlechterungen der 11. AHV- und der BVG-Revision («Rentenklau») sowie bei der Unfallversicherung abge-lehnt. Das Rating der Umweltorganisati-onen weist ihn als zuverlässigen Umwelt-politiker aus. Neben der bereits gewählten Karin Keller-Sutter (FDP) stellt er die für eine ausgewogene Standesstimme uner-lässliche Kandidatur für den sozialen und ökologischen Ausgleich dar. An der Stän-deratswahl vom 27. November heisst somit die richtige Wahl: Paul Rechsteiner! (rh)

H ü p p i , d e r k l e i n e E l e p h a n tAn der Propaganda für Michael Hüppi, Stän-deratskandidat der CVP, ist fast alles falsch. Hier der Beweis: «Starke Standesstimme»: Hüppi ist po-litisch unerfahren und hatte noch nie ein politisches Amt. Er trat auch erst vor weni-gen Monaten seiner Partei bei. «Ein Mann des Zentrums»: Hüppi steht so weit rechts wie Karin Keller-Sutter. Das Smartvote-Diagramm enthüllt es (siehe Grafik). Grosse Teile der CVP können sich nicht mit ihm identifizieren. «Der Ständerat für alle»: Hüppi ist der Kandidat des so genannten «Elephanten- klubs», wo sich die reichen Financiers der CVP wie Edgar Oehler treffen. Er ist Wirt-schaftsanwalt, sitzt in 17 Verwaltungsräten und würde Teil der Lobby von Treuhändern, Privatkliniken und Immobilienkreisen ver-treten. Hüppi ist ein Verzweiflungskandi-dat und obendrein bereits belastet. Er trägt

nämlich die Mitverantwortung für den Ver-such, Steuergelder für das private Millio-nendebakel rund um die undurchsichtige Stadion AG zu beschaffen. Als Vizepräsident des FCSG löste er letztes Jahr nicht zuletzt in der eigenen Partei empörte Reaktionen aus, als er in erpresserischer Manier auftrat und sich dabei noch abschätzig über die Po-litik äusserte («Politiker sind die ersten, die für Gratistickets anstehen»). Jetzt will er selber in die Politik. Fürs Soziale geht ihm ferner jeglicher Sinn ab. An der 25. Jugendsession in St.Gal-len setzte er sich aufs hohe Ross und mein-te, Paul Rechsteiners Kampf gegen die Ent-lassungen bei Swissprinters (ex-Zollikofer) sei «lediglich sein Steckenpferd». Das Ein-zige, was bei Hüppi stimmt, ist die Genea-logie: Er ist tatsächlich ein Neffe von Kurt Furgler. Ob das für eine Wahl genügt? De-finitiv nicht.

Die gute Wahl: Paul Rechsteiner

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Ein grossartiger Sieg der SPDas sensationelle Ergebnis der St.Galler SP bei den Nationalrats-wahlen lässt für die nächsten Wahlen im Frühjahr 2012 hoffen.

Leider brachte es das Monopolblatt «St.Galler Tagblatt» nicht fertig, die SP in

der Titelschlagzeile als Wahlsiegerin aus- zurufen. Aber das ist auch gar nicht schlimm. Wir wissen es auch so: Die SP hat bei den nationalen Wahlen ein sensa-tionelles Ergebnis geholt: 17 Prozent Stim-

menanteil haben wir nun im Kanton St.Gal- len. Trotz neuer Konkur- renz von bürgerlichen Kleinparteien konnten wir gegenüber 2007 1,96% Wähleranteile hinzugewinnen und un- sere beiden National- ratsmandate problem-

los verteidigen. Hildegard Fässler und Paul Rechsteiner sind mit sensationellen Er-gebnissen wiedergewählt. Das Resultat ist umso bemerkenswerter, als sämtliche eta-blierten bürgerlichen Parteien Wähleran-teile verloren haben, während die Grünen ihren Anteil erfolgreich halten konnten.

Engagierter gemeinsamer WahlkampfDas Ergebnis ist das Resultat eines sehr en-gagierten Wahlkampfs, den SP, Juso und Gewerkschaften in den letzten Monaten geführt haben. Die KandidatInnen, viele Basismitglieder und der Ständeratswahl-kampf haben zum guten Gelingen beige-tragen. Wir haben gemeinsam «für alle statt für wenige» gekämpft und gewon-nen! Im Wahlkampf war die positive Stim-mung bei jeder Aktion spürbar. Ein Erfolg der SP war mit Händen zu greifen. Die

Strategie, mit nur noch ei-ner SP-Liste anzutreten, ist aufgegangen. Alle 12 Kandi- datInnen haben sich zusam-men mit den Wahlkreisen und Sektionen im Wahl-kampf überaus stark enga- giert. An insgesamt 50 Ak- tionen im ganzen Kanton war die SP bei den Leuten präsent. Dutzende GenossIn- nen haben Plakate aufge-stellt, Glückskekse, Rosen und Flyer verteilt. Bei Wind und Kälte haben KandidatIn-nen Hände geschüttelt und mit PassantInnen diskutiert. Es war ein gemeinsamer Wahlkampf, das zeigt sich auch daran, wie eng beein-ander die persönlichen Stim-menresultate liegen. Nach den bisherigen Hilde und Paul folgen die zehn weiteren KandidatIn-nen innerhalb von 2500 Stimmen. Paul Rechsteiner hat einen überaus engagierten Ständeratswahlkampf ge-führt und ein ebenfalls sensationelles Er-gebnis erzielt. Der Ständeratswahlkampf hat zusätzlichen Schwung gebracht und sich wie erhofft auch positiv auf das Ab-schneiden der Nationalratsliste ausge-wirkt. Von 41’223 zusätzlichen Parteistim-men gingen 14’315 allein auf das Konto von Paul Rechsteiner.

Erfolg in allen WahlkreisenWir konnten in sämtlichen Wahlkrei-sen zulegen (siehe Grafik). Klar stärkster Wahlkreis bleibt mit einem Plus von 2,5% St.Gallen (22,9% Stimmenanteil). Der pro- zentmässig zweitstärkste Wahlkreis ist neu Rorschach (19,3%). Hier verzeichnet die SP mit 2,7% den höchsten Zuwachs.

Drittstärkster Wahlkreis ist Werdenberg mit 19.2% Wähleranteil. Dass wir gerade auch in traditionell schwierigen Regionen wie im Toggenburg und im Rheintal zule-gen konnten, ist sehr erfreulich. Schaut man sich die Resultate in den Gemein-den an, ist das Ergebnis nicht weniger po-sitiv. In 76 von 85 Gemeinden ist die SP teilweise bis zu 4,8% erstarkt. Mehr Infos zu den einzelnen Gemeinden inkl. grafi-scher Darstellungen gibt’s auf der Websei-te www.wahlen.sg.ch.

Den Schwung mitnehmenAuch bei den Listenverbindungen wird das gute Abschneiden des sozial-ökologi-schen Lagers sichtbar. Nach der SVP/EDU (32,7%) gehen SP/Juso/Grüne/Junge Grüne mit 23,1% als zweitstärkste Kraft aus den Wahlen hervor. Die CVP/JCVP/EVP kom-men auf 22,1%, die FDP/Jungfreisinnige zusammen mit GLP/JGLP/BDP kommen auf gerade mal 22%. Der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Ein grosser Dank gebührt allen GenossIn-nen, die sich für die Partei ins Zeug gelegt haben: den KandidatInnen, den Sektionen und Wahlkreisen, den Juso (schweizweit nun übrigens stärkste Jungpartei), dem Wahlteam, der Geschäftsleitung, den Sym- pis und natürlich allen WählerInnen. Die neue Situation lässt eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse bei den Kantonsrats-wahlen im März 2012 realistisch erschei-nen. In den meisten Wahlkreisen sind Sitz- gewinne möglich. Wir können diesen Erfolg wiederho-len. Jetzt müssen wir den Schwung und die gute Stimmung in die nächsten Wahl-kämpfe mitnehmen. Nach dem 2. Wahl-gang für die Ständeratswahlen stehen am 11. März die Regierungs- und Kantonsrats-wahlen an. Packen wirs an!Aufgeräumte Stimmung am Wahlfest der SP in der St.Galler «Stickerei».

Die SP-Wählergewinne in den St.Galler Regionen seit 2007

Von Dario Sulzer,politischer SekretärSP Kanton St.Gallen

25%

20%

15%

10%

5%

0%

St.Galle

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Rorschach

Werdenberg

SarganserlandW

il

See-Gaste

r

Toggenburg

Rheintal

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Lohndumpingskandal: Willi Haag muss handeln17 Franken Stundenlohn für polnische Gipser: Dieser Fall von Lohndumping ereignete sich auf einer Baustelle des Kantons. Jetzt verlangen die Gewerk- schaften dass endlich scharf kontrolliert wird. Bauchef Willi Haag muss handeln.

Fälle von Lohndumping durch auslän-dische Firmen werden immer wieder

aufgedeckt. Doch jetzt flog dank der Ge-werkschaft Unia ein Skandal auf, der Fol-gen hat: Auf der Baustelle des neuen kan-tonalen Verwaltungszentrums am Oberen Graben in St.Gallen tauchten polnische Gipser auf. Auf ihrem Arbeitsvertrag war ein Lohn von rund 17 Franken pro Stunde angegeben. Ein erfahrener Gipser müsste gemäss Gesamtarbeitsvertrag weit über 30 Franken verdienen.

Einer gibt dem anderen Wie ist das möglich? Recherchen zeigen, dass die Tübacher Gipserfirma Multigips AG vom Kanton den Auftrag erhalten hat-te. Sie führte ihn aber nicht selber aus, sondern gab ihn an einen Subunterneh-mer weiter. Auch dieser reichte den Auf-trag weiter an einen deutschen Handwer-ker, der dann offiziell als Arbeitgeber der polnischen Arbeiter auftrat. Mit im Spiel ist die Temporär- und Vermittlungsfirma Eupro AG. Sie tauchte schon mehrmals in Fällen von Lohndumping auf. Die politische Verantwortung für diesen Skandal trägt Bauchef Willi Haag (FDP). Er verteidigt sich damit, dass jedes Unternehmen selber für korrekte Löhne verantwortlich sei. Dabei spielt er die Ver-antwortung des Staates für die Bekämp-fung von Lohndumping herunter. Diese Aufgabe obliegt dem Kanton, der die flan-kierenden Massnahmen zur Personenfrei-zügigkeit zum Schutz der Löhne umsetzen muss. Schon seit langem ist klar, dass der Kanton St.Gallen dabei schlampt. Wirksa-me Kontrollen gibt es nicht. Haags Bemer-kung bestätigt dies einmal mehr. Das Argument des Bauchefs ist unhalt-bar, und das weiss er auch. Die Zustände auf dem Bau sind mittlerweile krass: Preis- und Termindruck führen schon seit ge-raumer Zeit zu Wildwuchs auf allen Ebe-nen. «Ohne Akkordgruppen geht nichts mehr», klagen beteiligte Unternehmer. Sie schieben den Schwarzen Peter dem Kan-ton als Bauherrn zu. Er drücke die Prei-se und sei für den Lohndruck mitverant-

wortlich. Das trifft zwar wohl zu, lenkt aber vom Missbrauch ab, den vor allem Firmen im Ausbaugewerbe betreiben. Temporärbüros machen zudem offen Wer-bung für Billigarbeiter aus dem Osten. Am Lohndumping verdienen insbesondere die Agenturen und Vermittlungsfirmen. Diese schossen in den letzten zehn Jahren wie Pilze aus dem Boden. Das zeigt klar, wie hier abkassiert wird. Jede Firma, die einen Auftrag an einen Unterakkordanten wei-tergibt, verdient etwas dazu. Die Zeche be-zahlen in jedem Fall die Büetzer.

Anfrage eingereichtDamit soll nun Schluss sein. Die SP hat im Kantonsrat eine Anfrage deponiert: Gewerkschaftssekretär Peter Hartmann (Flawil) verlangt vom Bauchef, dass in den Werkverträgen eine Meldepflicht sowie ei-ne Haftung der Firmen bei der Auftragswei-tergabe aufgenommen und diese auch kon-sequent kontrolliert wird. Weiter fordert er eine Beteiligung des Ausländeramts am Kontrollsystem. Im erwähnten Skandal wurde nämlich bekannt, dass die Polen eine Aufenthaltsbewilligung hatten, wo-zu sie als Bedingung einen Arbeitsver-trag einreichen mussten. Keller-Sutters Amt, sonst immer sehr streng, unternahm nichts, obwohl die Tieflöhne aus den Ver-trägen klar ersichtlich waren. Weiter soll der Kanton Aufträge nur noch an «saubere» Firmen vergeben. Das

heisst an solche, die korrekte Löhne nach Gesamtarbeitsvertrag zahlen. Solche Fir-men sind im paritätisch betreuten Berufs-register eingetragen. Trotz Anfragen hielt es das Hochbauamt bisher jedoch nicht für nötig, mit diesem Register zusammen zu arbeiten. Ein weiterer Beweis, dass dem Kanton effiziente Kontrollen egal sind. In dieser Haltung ist unschwer der unheilvol-le Einfluss der Industrie- und Handelskam-mer (IHK) zu erkennen. Die IHK unter Ge-schäftsleiter Kurt Weigelt (FDP) sabotiert die flankierenden Massnahmen aus ideo-logischen Gründen. Sie will den Staat von der Wirtschaft fernhalten und bekämpft jegliche Eingriffe. Steuergeschenke für Unternehmen sind dagegen immer will-kommen. Die Folgen dieser Sabotagepoli-tik sind Lohndruck, Dumpingpraktiken, Missbrauch und Wildwuchs. Zu Recht weist Peter Hartmann da-raufhin, dass die Personenfreizügigkeit von der Bevölkerung nur so lange akzep-tiert wird, als die einheimischen Löhne geschützt sind. Lohndumping wird nicht goutiert. Ein jüngster Bericht der natio-nalrätlichen Geschäftsprüfungskommis-sion bestätigt, dass viele Kantone ihre Kon-trollaufgaben nicht oder nur ungenügend wahrnehmen. Willi Haag ist gut beraten, schleunigst echte Kontrollen zu installie-ren. Auch für ihn heisst es anlässlich der Regierungsratswahlen vom 11. März 2012: Wahltag ist Zahltag! (rh)

Lohndumping auch beim Kanton: Neubau des Verwaltungsgebäudes am Oberen Graben in St.Gallen

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Nach 16 Jahren in der Regierung tritt Kathrin Hilber im nächsten Juni zurück. «links» verriet sie im Gespräch, wie ihre persönliche Zukunft aussieht.

Wer glaubt, Kathrin Hilber (60) sei amtsmüde und reif für die Rente, ist

schnell eines Besseren belehrt. Eloquent wie stets beantwortet sie die Fragen rund um ihren Rücktritt. Fünfzehn Jahre ist es her, seit sie in die St.Galler Regierung ge-wählt wurde. Von Anfang bis Ende war sie Innen-, Sozial-, Kultur- und – was häufig vergessen wird – auch Militärministerin. Vor Abauf der letzten Amtsperiode stellte sie sich die Frage nach ihrer persönlichen Zukunft. Sie fand die Antwort in Gesprä-chen nach allen Seiten hin. «Letztlich aber war es doch mein persönlicher Entscheid», sagt sie.

Neue PerspektivenUnd wie war ihr Gefühl dabei? Natürlich fällt es ihr schwer, Themen und Geschäf-te, mit denen sie schon seit Jahren befasst ist, bald aus der Hand geben zu müssen. Sie spricht von «Kindern, um die sich jetzt jemand anderes kümmern muss». Auf der anderen Seite eröffnen sich ihr auch neue Perspektiven. Denn die scheidende Regie-rungsrätin ist keine, die sich nach dem Ab-gang aus der Pfalz zur Driving Range im Golfclub oder zum Segeltörn abmeldet. Im Gegenteil: «Ich freue mich auf mindestens noch zehn Berufsjahre.» Auch Kathrin Hil-ber gehört zu jener Generation, die im 60. Lebensjahr bei bester Gesundheit ist und noch etwas leisten möchte. «Da sind wir gegenüber anderen Berufen privilegiert», vergisst sie nicht beizufügen. Noch während ihrer Regierungszeit hat sie an der Hochschule St.Gallen eine Ausbildung in Mediation absolviert. «Wenn wir den Angestellten schon Weiterbildung predigen, dann dürfen wir das auch selber in Anspruch nehmen», war ihre Devise. Damit betrat sie im Regierungskollegium Neuland. In Blockkursen eignete sie sich

SVP und FDP die Mehrheit haben und diese finanzpolitisch auch unverblümt durch-setzen, hält sie für schädlich. Dass viele Geschäfte personalisiert und ohne sach-bezogene Argumente verworfen werden, missbilligt sie ebenso. Es sei ein Problem für St.Gallen, dass in der kantonalen Po-litik keine dynamische Perspektive mehr entwickelt werde. Dennoch freut sich Kathrin Hilber auch über viele vollbrachte Leistungen, von der griffigen Heimaufsicht über die Ge-meindefusionen bis zur Integrationsar-beit. Nur sind manche davon wenig im öf-fentlichen Bewusstsein verankert. Dazu zählt zweifellos die Aufgabenteilung im Kulturbereich, welche die Stadt St.Gallen nachhaltig entlastet, sowie der Sonderlas-tenausgleich, der unter ihrer Ägide mas-siv verbessert wurde. Auch das städtische Kulturleben hat dem Engagement des Kan-tons und damit der Vorsteherin des Kul-turdepartements viel zu verdanken. Was

das professionelle Wissen der Konfliktklä- rung an. Dies kam ihr dann auch im politischen Alltag zugute. So wurde der «Kubi-Prozess» (Projektprozess für die Prio- ritätensetzung zum Kunstmuseum und zur Bibliothek) nach dieser Methode auf-gegleist. Kathrin Hilber ist von der Media-tion als Werkzeug überzeugt: «Viele Res-sourcen werden unnötigerweise durch juristische Streitigkeiten verschleudert.» Ein Mediationsprozess hingegen verspre-che oft schnellere, günstigere und nach-haltigere Ergebnisse. Als Erfolgsbeispiel dient ihr der Kulturgüterstreit mit dem Kanton Zürich. Auch er wurde auf diese Weise gelöst, zur Zufriedenheit aller Betei-ligten und ohne Gewinner und Verlierer.

Zukunft als MediatorinKathrin Hilber kann sich vorstellen, in den nächsten Jahren als Mediatorin und Führungsberaterin in einer Gemein-schaftspraxis zu arbeiten. Konkrete Pläne

Kathrin Hilber fällt der Abschied schwer

dazu sind allerdings noch keine vorhan-den. Sie will sich dafür Zeit lassen, unter Druck steht sie nicht. Schon eher fällt viel Druck von ihr ab, denn die Regierungstä-tigkeit wurde in den letzten Jahren wegen des rigorosen Sparkurses immer schwie-riger. Sie verhehlt nicht, dass gerade der Kultur- und Sozialbereich im Visier der Obersparer ist. Unter anderem deshalb fie- len verheissungsvolle Projekte wie die neue Publikumsbibliothek in St.Gallen ins Was-ser. Die Blockbildung im Kantonsrat, wo

nicht immer honoriert wurde. Die Misstö-ne bei der Beerdigung der Bibliotheksplä-ne belegen dies deutlich. Hier vermisste sie ein klares Bekenntnis des Stadtrates zum Projekt. St.Gallen hätte als Standort-gemeinde einer neuen Bibliothek in be-sonderem Masse profitiert. Umso mehr freut sie die vor kurzem lancierte Volksin-itiative zu diesem Thema. «links» wird an-lässlich des Rücktritts im Juni 2012 noch ausführlich auf Kathrin Hilbers Amtszeit (1996 bis 2012) zurückkommen. (rh)

R e g i e r u n g s r a t s -w a h l e nAm 11. März 2012 wird die St.Galler Regie-rung neu gewählt. Über die Nomination der SP befindet ein ausserordentlicher Parteitag, der am Dienstag, 29. November um 19.30 Uhr im Hofkeller in St.Gallen stattfindet.

Nach 16 Jahren in der Regierung packt Kathrin Hilber eine neue Aufgabe an.

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Betagte HeimbewohnerInnen, die auf Ergänzungsleistungen ange- wiesen sind, müssen im Kanton St.Gallen für die Seuergeschenke an Unternehmen und Reiche bezahlen. Dies ist die empörende Realität der bürgerlichen Sparpolitik.

Nun wird es konkret mit der Umset-zung des 100-Millionen Sparmass-

nahmenpakets. Der Abbau beginnt. Die Regierung legt eine Sammelbotschaft mit

sieben Gesetzesände-rungen vor. Im Voran-schlag 2012 sind all je-ne Massnahmen bereits umgesetzt, die keine Gesetzesänderung brau-chen. Hart trifft es das Staatspersonal: keine neuen Stellen, zum Teil keine Besetzung vakan-

ter Stellen, keine generelle Lohnerhöhung auf 2012.

Auf dem Buckel der PrämienzahlendenIm Herbst wurden uns allen teils massive Erhöhungen der Krankenkassenprämien angekündigt: durchschnittlich 3,8% fürs nächste Jahr. Einzelne Krankenversicherer schlagen noch deutlich höher auf, weil sie unseriös geschäften. 2,5% und damit der Hauptteil der Erhöhung sind die Folge da-von, dass der Kanton in der Übergangspha-se der neuen Spitalfinanzierung nur 50% der Spitalkosten finanziert. Das ist nichts anderes als eine happige Sparmassnahme auf dem Buckel der Prämienzahlenden: Je mehr über die Krankenversicherung fi-nanziert wird, desto weniger Steuergeld muss der Kanton einsetzen. Die SP kämpfte dafür, dass schon ab 2012 die vollen 55% der Spitalfinanzierung über Steuergelder finanziert werden. Lei-der ohne Erfolg. Erreicht haben wir, dass es nun rascher, zwei Jahre früher als vorg-sehen, zum definitiven Kantonsfinanzie-rungsanteil von 55% kommt und die Zu-satzbelastung für die Prämienzahlenden dann wieder wegfällt. Die SP hat wesentli-chen Anteil daran, dass sich dieser Antrag im Kantonsrat durchgesetzt hat. Wegen der Lastenverschiebung auf die Prämienzahlenden wird in der Übergangs-phase das Volumen für die Prämienverbil-ligung erhöht. Das ist absolut notwendig,

um für Familien und Wenigverdienende diese unsoziale Verschiebung etwas ver-träglicher zu machen. Ein kleiner, aber wichtiger Erfolg für die SP, die sich seit vielen Jahren für eine bessere Prämienver-billigung einsetzt.

Besonders bedenklichEine weitere Massnahme halte ich für ganz besonders bedenklich. Alle bürgerli-chen Parteien und die Regierung wollen bei den Ergänzungsleistungen für behin-derte und betagte Menschen, die in einem Heim leben, sparen. Und zwar just dort, wo den HeimbewohnerInnen ein Stück persönliche Freiheit und Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht wird: beim Bei-trag für den persönlichen Bedarf. Damit müssen persönliche Bedürfnisse berappt werden, die nicht im Grundangebot des Heims enthalten sind: z.B. Körperpflege, Bekleidung und Schuhe, Medien, Handy, Bildung, Unterhaltung, aber auch Konsu-mationen im Heimcafé oder auswärts so-wie Verkehrsauslagen. Dieser Betrag soll um 12,5% gekürzt werden. Der Spareffekt für den Kanton be-trägt 3,2 Mio. Franken. Für die 4500 Per-sonen, die in einem Heim leben, bedeutet dies eine unzumutbare Beschränkung ih-

rer Freiheit und auch eine Erschwerung der Integration. Mit Kürzungen bei den behinderten und betagten Heimbewoh-nerInnen werden also die Steuersenkun-gen für Reiche finanziert! Für uns unvor-stellbar, für SVP, FDP und auch für die CVP aber offensichtlich absolut notwen-dig. Das Referendum durch die Betroffe-nen ist sicher und bereits in Vorbereitung: Procap, Insos, Pro Infirmis, Pro Senectute und Curaviva wollen den Entscheid vors Volk bringen. Die Unterschriften müssen ausgerechnet über die kalten Feiertage ge-sammelt werden. Ein schönes Weihnachts-paket, das hier für unsere sozial schwä-cheren Mitmenschen geschnürt wird! Ich bin überzeugt, dass die SP dieses Referen-dum unterstützen wird. Im Übrigen bleibt die Politik der SP dieselbe: Wir werden die unsozialen Spar-massnahmen mit allen Mitteln bekämp-fen. Wir müssen aufzeigen, dass die wirt-schaftlich bedingten Finanzprobleme durch die Steuersenkungen, die insbeson-dere Unternehmen und Gutbetuchten nüt-zen, massiv verstärkt wurden. Die Bürger-lichen müssen endlich einsehen, dass es auch auf der Einnahmenseite Massnah-men braucht. Der Steuerfuss darf nicht länger eine heilige Kuh sein.

Von Barbara Gysi, SP-Fraktionschefin, Wil

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Böses Weihnachtsgeschenk für HeimbewohnerInnen

Gegen die Kürzungen von Ergänzungsleistungen für HeimbewohnerInnen wird das Referendum ergriffen.

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Ja zur Abschaffung der PauschalsteuerAm 27. November stimmen wir im Kanton über die SP-Initiative «Schluss mit den Steuervorteilen für ausländische Millionärinnen und Millionäre» (Abschaffung der Pauschalsteuer) ab. Ein Ja ist ein Muss

Von Fredy Fässler, SP-Kantonsrat, St.Gallen

Die Pauschalbesteuerung von reichen Ausländerinnen und Ausländern ist

der SP schon lange ein Dorn im Auge. Un-erwartete Unterstützung erhielt die Par-tei im Jahre 2007 erstaunlicherweise von der CVP. Ein namhafter CVP-Gemeinde-

präsident stellte fest, dass die Pauschalbesteu-erung zu ernsthaften Spannungen in seiner Gemeinde führe. Wenn eine ordentlich besteu-erte Schweizer Familie mit hohem Einkommen feststellen musste, dass der ausländische Nach-

bar mit vergleichbarem Einkommen le-diglich einen Bruchteil dessen an Steuern bezahlen muss, was sie selber bezahlt, so stösst das zunehmend auf Unverständnis. Der Kantonsrat überwies daher eine Standesinitiative, mit welcher der Bund dazu gebracht werden sollte, die Pauschal-besteuerung schweizweit abzuschaffen. Nachdem sich abzeichnete, dass dies nicht geschehen wird, wurden in verschiedenen Schweizer Kantonen Initiativen zur Ab-schaffung der Pauschalsteuer lanciert. Die von uns in einem Bündnis initiierte kanto-nale Initiative reichten wir im März 2009 ein. Nichts als scheinheilig ist, wenn die CVP heute dieses Volksbegehren ablehnt und den untauglichen Gegenvorschlag un-terstützt.

Wer wird pauschal besteuert?Von der Pauschalbesteuerung profitieren natürliche Personen ohne Schweizer Bür-gerrecht, die erstmals oder nach wenigs-tens 10-jähriger Abwesenheit Wohnsitz in der Schweiz nehmen und hier keine Er-werbstätigkeit ausüben. Übersetzt heisst das: Von der Pauschalbesteuerung können nur schwerreiche AusländerInnen profi-tieren, die aus steuerlichen Gründen in die Schweiz flüchten. Bei dieser Besteue-rung wird nicht vom effektiv erzielten Einkommen ausgegangen, sondern man knüpft am geschätzten Aufwand an, die eine pauschalbesteuerte Person betreibt. Dazu wird der Eigenmietwert der be-

wohnten Liegenschaft mit 5 multipliziert. So gelangt man bereits zum steuerbaren Einkommen. Beim steuerbaren Vermögen wird das steuerbare Einkommen mal 20 gerechnet. Aber was heisst das nun? Ein Schwei-zer Bürger mit steuerbarem Einkommen von 10 Mio. im Jahr bezahlt ungefähr 3 Mio. an Einkommenssteuern. Ein auslän-discher Steuerflüchtling mit dem gleichen

spart, den interessieren ein paar Millio-nen mehr oder weniger als Kaufpreis für eine Villa am See nicht. Fiskalische Überlegungen dürfen nicht Verfassungsrecht ausser Kraft setzen. Trotzdem wird immer wieder argumen-tiert, die Pauschalsteuer bringe Bund und Kantonen etwas. Wenn sie abgeschafft würde, hätte dies Steuerausfälle zur Fol-ge. Auch diese Behauptung ist in der Zwi-schenzeit widerlegt. Prof. Marius Brühl-hart, Wirtschaftsprofessor an der Uni Lausanne, hat nachgewiesen, dass die Ab-schaffung der Pauschalbesteuerung erst dann zu Steuerausfällen führen könnte, wenn mehr als zwei Drittel der aktuell Pauschalbesteuerten wegziehen würden. Da diejenigen, die bleiben, wesentlich mehr Steuern bezahlen müssen, lohnt sich die Abschaffung auch für den Fiskus. Im Kanton Zürich ist im ersten Jahr nach Abschaffung der Pauschalbesteuerung knapp die Hälfte der Pauschalbesteuerten weggezogen. Der Kanton Zürich profitiert also von der Abschaffung der Pauschal-steuer.

Untauglicher GegenvorschlagNicht berücksichtigt hat Prof. Brühlhart eine weitere, mindestens so schlagende Tatsache: Pauschalbesteuerte wollen an herausragenden Lagen in grosszügigen Häusern leben. Solche Häuser sind in der Schweiz nicht einfach zu finden. Wenn also eine pauschalbesteuerte Person weg-zieht, wird in Kürze eine ordentlich be-steuerte Person nachziehen, die dann wiederum ein Mehrfaches an Steuern ab-liefert. Auch der Kantonsrat ist sich bewusst, dass die Pauschalbesteuerung nicht halt-bar ist. Er versucht sie nun zu retten, in-dem er mit einem Gegenvorschlag zur SP-Initiative die Steuern der Pauschalbe-steuerten in etwa verdoppeln will. Die-ser Vorschlag bleibt aber ungerecht und verfassungswidrig. Auch er verletzt den Grundsatz der Besteuerung nach der wirt-schaftlichen Leistungsfähigkeit. Er ist da-her ebenfalls abzulehnen. Wir haben es im Abstimmungskampf nun in der Hand, exemplarisch aufzuzeigen, was es heisst, sich für alle und nicht für wenige einzu-setzen. Daher am 27. November: Ja zur Pauschalbesteuerungsinitiative, Nein zum Gegenvorschlag.

Einkommen und einem Eigenmietwert von 60’000 Franken pro Jahr hat für un-seren Fiskus lediglich eine steuerbares Einkommen von 300’000 Franken und bezahlt damit etwa 100’000 Franken Ein-kommenssteuern.

Eine stossende UngleichheitDass die Pauschalbesteuerung eine stos-sende Ungleichbehandlung darstellt, muss nicht weiter ausgeführt werden. Für einmal werden mit der Pauschalbesteue-rung nicht AusländerInnen diskriminiert, sondern die inländische Bevölkerung. Um-so mehr erstaunt es, dass die SVP, die sich ja auf die Fahne geschrieben hat, die einzi-ge Partei zu sein, die für die Interessen der SchweizerInnen eintritt, an der Pauschal-besteuerung von reichen Ausländern fest-halten will. Pauschalbesteuerung verletzt auch in eklatanter Weise unsere Bundesverfas-sung, laut der die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu er-folgen hat. Sie führt auch dazu, dass die Immobilienpreise an guten Lagen explo-dieren. Wer jährlich Millionen an Steuern

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W i e a b s c h a f f e n ?Ein Video erklärt die Abschaffung der Pauschalsteuer: www.pauschalsteuer-abschaffung.ch

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Gab es für dich in diesem Jubiläumsjahr auch einiges zu feiern?

Nein. Ich halte nichts von solchen Feiern. Mach eine Feier und keine fragt mehr, ob das, was gefeiert wird, wirklich etwas zum Feiern hergibt.

Wo stehen denn die Frauen heute?Heute steht den Frauen angeblich die Welt offen, und es wird erwartet, dass Frau Be-ruf/Karriere/Kinder- und Elternbetreuung/ Haushalt/Politik/Hund/Sport und Mann quasi anstrengungslos meistert und dabei auch noch strahlend schön, ewig jung, fit, schlank, falten- und damit alterslos blei-ben muss.

Und trotzdem: Bis in die oberste Etage hat es noch kaum eine Frau geschafft.Da liegt der Hund begraben: Der Traum von Karriere bleibt meist eine Illusion. Grundlegende Forderungen bleiben un-erfüllt: Haus- und Betreuungsarbeit muss paritätisch aufgeteilt, zu tiefe Frauenlöh-ne müssen entsprechend angepasst wer-den und Tagesschulen müssen zum Alltag gehören wie in Frankreich. Frauen müs-sen endlich lernen, ihre eigenen Seilschaf-ten zu nutzen. Sie müssen allenfalls auch Quoten fordern wie in Finnland.

Du sprichst immer von Karriere. Es gibt auch Frauen, die keinen Beruf mit Karrierechancen haben.Frauen, die in schlechtbezahlten, meist so- genannten Frauenberufen arbeiten und da- mit das Familieneinkommen sichern müs-sen, führen einen täglichen Überlebens-kampf, nicht nur materiell. Darum sind die frauenspezifischen Forderungen nach Lohngleichheit, Recht auf Weiterbildung auch in Teilzeitpensen, Gesamtarbeitsver- träge oder wenigstens Normalarbeitsver-träge mit zwingenden Mindestlöhnen, ge- nügend Krippenplätze, Tagesschulen, be-zahlbare Krankenkassenprämien so un-glaublich wichtig. Ausgerechnet in diesem gesellschaftlich und politisch brisanten Umfeld hat die SP im Kanton St.Gallen auf eine Frauenliste verzichtet und sich damit eine Chance vergeben.

Du hattest mit deinen Anträgen keine Chance bei der Listengestaltung. Auch ich habe dem Versuch Einheitsliste zugestimmt. Das war ein Grund, weshalb ich mich als Frauen-Frau aus der GL verabschiedet habe.

Frauenpolitik am Wendepunkt?Das Frauenjubiläumsjahr geht zu Ende. Was bleibt davon? Dieser Frage widmet sich Claudia Friedl im Gespräch mit Gertrud Zweifel, langjährige Frauenaktivistin der St.Galler SP.

Anscheinend schaffe ich es nicht mehr, die Brisanz der Frauenthemen an den Mann und an die Frau zu bringen. Kaum begin-nen die Männer über Nachteile zu jam-mern, wird postwendend die Frauenliste abgeschafft. Mit diesem Entscheid haben wir uns auf eine Ebene mit den bürgerli-chen Parteien begeben. Der zweite Grund war die Forderung, nur noch KandidatInnen zu nominieren, die wirklich in den Nationalrat gewählt werden wollen. So eine Farce! Allen muss-te klar sein, dass nur die zwei Bisherigen, allerhöchstens eine neue KandidatIn, es schaffen werden! Auf der Frauenliste gab es Platz für Spitzenkandidatinnen und Frauen, die mithalfen, ein gutes Resultat zu erzielen und sich dabei für ein Amt zu positionieren. Das war wichtig für al-le weiteren Wahlrunden im Kanton. Der dritte Grund war, dass wir die Führungs-rolle und unser Profil in einem unserer Kernthemen (Gleichstellung) preisgegeben haben. Ich habe dich am Frauenstreiktag 1991 kennen-gelernt. Ich sass mit dir im Streikbus, der Rich-tung Rheintal in eine Sockenfabrik unterwegs war. Du warst die Fahrerin und eine der Mitor-ganisatorinnen in unserem Bus. Das war mir unglaublich wichtig! Die Ini-tiative ging von Christiane Brunner aus. Sie wollte einen Streik der Frauen, um auf die herrschenden Diskriminierungen auf-merksam zu machen. Die Männer in der Gewerkschaft glaubten nicht, dass das funktionieren könnte. Und dann kamen die Frauen, von überall her und aus allen politischen Lagern! Wenn Frau will, steht alles still – das hat gewirkt.

Am diesjährigen Jubiläum hast du dich aber nicht beteiligt?Der 14. Juni 1991 war ein sensationeller Tag, ein unglaublicher Erfolg, einmalig in der

Geschichte. Wie können Frauen/Gewerk-schafterinnen einen Frauenstreiktag für eine Jubiläumsfeier in einen biederen Ak-tionstag abschwächen? Für mich unver-ständlich und grusig!

Deine Auftritte waren oft provokativ. So sprachst du oft von «Knackern». Provokation, Sturheit und Hartnäckigkeit waren damals gefordert! Es hat mir aber auch immer grossen Spass gemacht, weil die Reaktionen meist vorhersehbar wa-ren. Es war meine Aufgabe als Frauen-Frau Klartext zu reden, und ich konnte mir es auch erlauben, weil ich nicht nach meiner Wählbarkeit schielen musste.

Steigst du wieder einmal ein?Nein, die Zeit ist vorbei. Die jungen Frau-en stehen an einem anderen Ort. Sie be-haupten gar für und von sich, nicht mehr diskriminiert zu sein als die Männer. Sie sitzen in der «Gender-Falle». Wenn Femi-nismus wieder gefragt ist, dann muss er von den jüngeren Frauen erst neu defi-niert und umgesetzt werden.

G e r t r u d Z w e i f e l S c h ä f l i... war seit mehr als 20 Jahren in der Leitung der kantonalen SP als auch der SP Stadt St.Gallen aktiv und war Wegbereiterin ins-besondere in der Frage der Mitwirkung von Frauen auf allen Ebenen. Dank ihrem beharrlichen Einsatz wurden Frauen und ihre Forderungen zu einem Thema, das nicht mehr unter den Tisch gekehrt werden konnte. Gertrud Zweifel war an vielen Aktionen, Kundgebungen und Demos an vorderster Front dabei. Das Engagement für Frauenanliegen prägte sie so, wie sie selber mit ihren Aktivitäten die SP prägte.

Für Gertrud Zweifel gab das Jubiläumsjahr der Frauen keinen Anlass zum Feiern.

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Die SP verfolgt seit Jahrzehnten eine konsequente Energiepolitik. Somit

mussten wir uns nach Fukushima nicht neu erfinden. Der vom Bundesparlament

beschlossene Ausstieg schien uns eine geeig-nete Ausgangslage, um im Kanton endlich kon-sequente Massnahmen umzusetzen. Wir forder- ten eine konsequente Atomausstiegspolitik, konkrete Massnahmen in den Bereichen Ener-

gieeffizienz und erneuerbare Energien. Mit einer Motion wollten wir dafür sorgen, dass in zehn Jahren Photovoltaikstrom produziert wird, und zwar auf 10 Quadrat-meter für jede Bewohnerin und jeden Be-wohner des Kantons.

Kein Geld für die ZukunftDie Regierung war im Dilemma: Einerseits steht sie hinter dem Ausstiegsentscheid des Bundes, andererseits hat sie es mit ei-nem Parlament zu tun, das sich lieber zu Tode spart als in die Zukunft zu investie-ren. Die Antworten auf unsere Vorstösse waren enttäuschend: Die Regierung ist gegen einen schnelleren Ausstieg aus der Atomenergie und lediglich bereit, jähr-lich 5 Mio. Franken zusätzlich für Mass- nahmen im Energiebereich auszugeben. Das ist gerade mal 1 Promille des Staats-haushaltes für dieses entscheidende Zu-kunftsthema. Das Parlament ist erwartungsgemäss den Vorschlägen der Regierung gefolgt. Doch auch das nicht einstimmig. Die SVP und gewisse Kreise aus andern bürgerli-chen Parteien möchten mit ihrer Vogel-Strauss-Politik lieber an der Atompolitik festhalten. Neben den Gefahren werden auch die immensen Kosten für die Jahr-tausende lang notwendige Lagerung der Abfälle sowie für den Rückbau der aus-rangierten Atommeiler ausgeblendet. Die Nein-Sager-Parteien sind auch nicht be-reit, mit entsprechenden Impulsen den Umbau der Energieversorgung zu sichern. Sie begnügen sich damit zu sparen, und sie haben immer noch die Illusion, die Energiefrage werde durch den Markt al-

Fumoirs statt AtomausstiegDas Ergebnis der kantonsrätlichen Energiedebatte ist beschämend. Die bürgerliche Mehrheit will nur eine lauwarme Energiepolitik. Dafür setzte man sich umso mehr für bediente Raucherzimmer in den Beizen ein. Fumoirs statt Atomausstieg.

lein geregelt. Die SVP lässt die Sonne in ih-rem Logo ungenutzt verpuffen.

Unverantwortliche PrioritätenWährend die bürgerliche Mehrheit eine fortschrittliche Energiepolitik, die für un-sere Volkswirtschaft von entscheidender Bedeutung ist, verhindert, verwendet sie ihre ganze Energie für die Wiedereinfüh-rung von bedienten Fumoirs. Unter der Führung von SVP-Wirt Linus Thalmann hat sie alle Kräfte für dieses Thema mobili-siert – mit Erfolg: Die Motion wurde über-wiesen. Damit haben sie einmal mehr viel Rauch gemacht bei unwichtigen Themen und sich bei der Lösung der wirklichen Herausforderungen der Verantwortung entzogen. Diese Prioritätensetzung ist mehr als peinlich. Die Stimmbürger ha-ben die Quittung dafür bereits erteilt: Die drei für dieses Energiedebakel zuständi-

gen Parteien haben bei den Nationalrats-wahlen allesamt verloren, die Linke hat dazugewonnen. Das gibt uns zusätzliche Energie. Es ist längst erwiesen, dass die öffent-liche Hand mit gezielten Investitionen in die Energieeffizienz und in die erneuer-baren Energien eine grosse Wirkung er-zielen kann. Das zeigen die Massnahmen in den Kantonen Basel und Thurgau. Ein gutes Beispiel ist auch das kürzlich veröf-fentlichte Projekt der ARA Morgental in Steinach. Wenn alle Reinigungsanlagen die Energie so konsequent nutzen würden, könnte bereits das AKW Mühleberg ab-gestellt werden. Anschubfinanzierungen braucht neben der Energieeffizienz auch noch die Photovoltaik – aber vermutlich nicht mehr allzu lange. Mit jeder Verdop-pelung der Menge an Sonnenenergie sinkt der Preis je Kilowattstunde um 20%. Ge-mäss Berechnungen des Bundesamtes für Energie sinkt somit der Preis von 75 Rap-pen im 2009 auf lediglich noch 22,8 Rap-pen im 2015 (siehe Grafik). Im Wissen, dass der Kanton St.Gallen nur eine Spar- und keine Energieinvesti- tionspolitik betreibt, hat die SP vorsorglich eine Energieinitiative zur Vorprüfung ein-gereicht. Damit möchten wir durch einen Volksentscheid erreichen, dass für eine fortschrittliche Energiepolitik genügend Mittel zur Verfügung stehen. Mit einem Prozent der Staatsausgaben oder ca. 50 Mil- lionen kann auch der Kanton St.Gallen bei diesem Thema wieder in der Champions- League mitspielen – heute ist er besten-falls Dritte Liga. Wir sind überzeugt, dass das Volk hinter diesem Anliegen steht. Wir setzen uns auch in Zukunft lie-ber für eine umweltverträgliche Energie-politik ein statt für möglichst viel blauen Dunst.

Gra

fik li

nks

Von Felix Gemperle, SP-Kantonsrat, Goldach

41,4 Rp./KWh

33,9 Rp./KWh

27,8 Rp./KWh

22,8 Rp./KWh

75 Rp./KWh

61,5 Rp./KWh

50,4 Rp./KWh

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Bisherige Entwicklung Erwartete Entwicklung

Quelle: Bundesamt für Energie, Daten 2009–2011

Den Solarzellen gehört die Zukunft – trotz der schwachen St.Galler Energiepolitik.

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Je mehr die Solarenergie gefördert wird, desto schneller sinken die Gestehungskosten.

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Als Studierende der Fachhochschule Ost- schweiz Ende 2009 ihren Projektbe-

richt zur Fanarbeit beim FC St.Gallen vor-legten, war der Startschuss erfolgt. Alle Involvierten nahmen in einer Projekt-gruppe die Arbeit auf, die nun in den Ein- satz für Fanarbeit mündet. Mit dabei wa-ren die Stadt St.Gallen, der FC St.Gallen, der Dachverband 1879 sowie VertreterIn- nen der Politik und des Fachbereichs Sozia- le Arbeit. In den Vorbereitungen ebenfalls mit am Tisch sass der Kanton St.Gallen. Leider stellt man sich beim Kanton nach wie vor auf den Standpunkt, Fanarbeit sei Sache der Gemeinden, weshalb er nun im endgültigen Projekt fehlt.

Konstruktive ZusammenarbeitAlle Beteiligten haben sich intensiv mit grundlegenden Ziel- und Haltungsfragen auseinandergesetzt. Gerade die konstruk-tive Zusammenarbeit zwischen Stadt, FCSG und DV1879 zeigt, wie wichtig den Betei-ligten das Projekt ist, hatten doch die jet-zigen Partner in der Vergangenheit auch Differenzen zu bewältigen. Damit ist die Basis für eine erfolgreiche Aufnahme der Tätigkeit gegeben. Als Resultat dieser Be-mühungen konnte ein Trägerverein ge-gründet werden, der sich nun mit der Per- sonalsuche beschäftigt, die beim Erschei-nen dieses «links» schon abgeschlossen sein könnte. Das erklärte Ziel ist es, im Januar 2012 mit zwei ausgebildeten Fach-kräften die Fanarbeit beim FC St.Gallen endgültig lancieren zu können. Die Fanarbeiter mit einem Pensum von zusammen 100% werden unter anderem an allen Spielen des FCSG präsent sein, aber auch unter der Woche in Büroräumlich-keiten in der Stadt St.Gallen sich intensiv mit verschiedenen Fragen beschäftigen. Grundgedanke der Fanarbeit ist es, der Re- pression durch staatliche Organe eine wirk- same Prävention gegenüber zu stellen. Da-bei berührt die konkrete Arbeit verschie-dene Bereiche: Projekte mit Jugendlichen, Öffentlichkeitsarbeit, Vernetzung mit Be-hörden und Organisationen, Förderung der Selbstverantwortung der Fans, Einzel-fallhilfe oder Einsatz gegen Littering in Extrazügen. Die Liste könnte noch verlän-gert werden.

Fanarbeit FC St.Gallen: Es geht los!Gewalt im Umfeld von Sportver-anstaltungen ist ein medialer Dauerbrenner. Mit jedem zusätz-lichen Medienbericht wird der Ruf nach Repression lauter. Die Prä-vention bleibt dabei oft auf der Strecke. In St.Gallen soll das nun anders werden. Anfangs 2012 startet die «Fanarbeit St.Gallen».

Kanton doch noch dabei?Der Vorstand des Trägervereins hat sich ebenfalls eingehend mit der Finanzierung des Projekts beschäftigt. Die Stadt St.Gal- len und der FCSG haben ihre Bereitschaft, sich auch finanziell zu beteiligen, mittler-weile in die Tat umgesetzt. Leider bleibt der Kanton, wie bereits erwähnt, aussen vor. Der Trägerverein hat sich deshalb ent- schieden, einen Anlauf beim Lotteriefonds zu nehmen. Das Amt für Kultur hat das Gesuch abgelehnt. In der Finanzkommis-

sion wurde diese Absage nochmals the-matisiert. Der Entscheid stand bei Redak- tionsschluss noch aus. Endgültig entscheiden wird aber auf jeden Fall der Kantonsrat in der November-session. Das ganze Budget der Fanarbeit St.Gallen, alle Dokumente zu Ziel- und Hal- tungsfragen sowie die Vorstandszusam-mensetzung und sonstige Informationen zum Projekt sind auf der Homepage www.fanarbeit-stgallen.ch zu finden. Ruben Schönenberger

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Choreografie im Stadion: So haben es alle gern.

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Rolf Vetterli machte SchuleEin neues Buch von Rolf Vetterli und Andrea Büchler zeigt, wie die st.gallische Gerichtspraxis das schweizerische Familienrecht geprägt hat.

Das Handbuch «Ehe Partnerschaft Kin-der» erschien erstmals vor vier Jahren

und ist inzwischen zu einem Standard-werk in Sachen Familienrecht geworden. Verfasst haben es der inzwischen pensio-nierte ehemalige Kantonsrichter Rolf Vet-terli und die ursprünglich aus St.Gallen stammende und heute in Zürich lehrende Andrea Büchler. Nun ist der Band in einer überarbeite-ten Neuauflage im Basler Helbing Lichten-hahn Verlag erschienen. Das Buch zu lesen lohnt sich nicht nur für Juristinnen und Anwälte. Es ist geradezu sein Merkmal, dass es auch für Laien absolut verständ-lich ist. Welches Standardwerk der Rechts-literatur kann das schon von sich behaup-ten? Ja, noch mehr: Rechtslehre kann spannend und unterhaltsam sein, wenn man das Leben, das sich auch im Gerichts-saal abspielt, als das nimmt, was es wirk-lich ist: unvorhersehbar, widersprüchlich, emotional, nervig, aber auch warm und erfüllend.

Sanfter ReformerRolf Vetterli hat eine 20jährige Amtszeit als Familienrichter am St.Galler Kantons-gericht hinter sich. Er hat in dieser Zeit die Rechtsprechung in diesem Bereich re-volutioniert. Aber nicht mit lauten Pau-kenschlägen, sondern mit sanften und be-harrlichen Reformen. Es begann mit dem Wunsch, unnötige und hinderliche Hier-archien abzubauen. Der Gerichtssaal soll-te kein Ort der Aburteilung, sondern eine Stätte der Anhörung sein, in der Konflik-te zwischen Menschen gelöst werden müs-sen. Aber nicht nur die Eheleute, sondern auch die betroffenen Kinder sollten ihre Meinung kundtun dürfen. Vetterli wandte alternative Methoden zur Konfliktlösung an und entwickelte ein Verfahren, das nicht Gewinner und Verlie- rer hinterlässt, sondern Beteiligte, die sich möglichst im Einvernehmen trennen. Dies verlangte vom Gericht eine Umstellung, vor allem auch in der Kommunikation. Nebst der eigentlichen Fachkompetenz waren auch Sozialkompetenz, Empathie und Sen- sibilität der Beteiligten gefragt. Nach und nach kristallisierte sich eine neue Gericht-spraxis heraus. Rolf Vetterlis St.Galler Mo-dell im Familienrecht machte Schule und wurde an eine jüngere Richtergeneration weitergegeben. Aus dieser Umstellung ergab sich ei-ne Fülle von neuen Fragestellungen, die

wiederum in Entscheide mündeten und dadurch eine neue Gerichtspraxis be-gründeten. Mit über hundert publizier-ten Entscheiden war Rolf Vetterli der Mo- tor dieser Entwicklung. Oft standen dabei Unterhaltsfragen im Zentrum. Im erwähn- ten neuen Handbuch sind eine ganze Rei- he solcher Streitfälle dargestellt. Im Kon- kreten wird es lebendig: Da gab es den Ehe- mann, der nach der Trennung von seiner Ehefrau den Job aufgab und sein Vermö- gen innert sechs Monaten mit einem Para- psychologen verprasste, der ihm verspro-

einer Scheidung aufgeteilt wird, was eine Errungenschaftsbeteiligung ist, was mit einer Familienwohnung geschehen soll und was Scheidung wegen Unzumutbar- keit heisst, kann all dies im neuen Hand-buch nachlesen – einfach und verständ-lich. Aber auch wer sich für die Familie als soziale Lebensform interessiert, kommt auf seine Kosten. Welches ist ihre Zu-kunft? «Der Wandel der Familienstruktu- ren wird sich fortsetzen im Sinne einer zunehmenden Vielfalt von Lebensent- würfen, nicht aber im Sinne eines Zerfalls

chen hatte, die Ehefrau wieder heimzu-bringen. Wie urteilte das Gericht? Es ta-xierte dieses Verhalten als krass egoistisch und bürdete dem Mann das volle Manko auf, anstatt es auf Ehefrau und Kind abzu-wälzen.

Der angemessene BedarfEin anderes Beispiel drehte sich um ei-ne Psychologiestudentin, die wegen eines Streits vom Vater nur noch reduzierte Un-terhaltszahlungen erhielt. Sie verlang-te von ihm, der als Spezialarzt rund eine Million Franken im Jahr verdiente, monat-lich 3300 Franken für ihren monatlichen Lebensbedarf. Das Gericht ging davon aus, dass der angemessene Bedarf über das Notwendige hinaus einen Freibetrag für das Nützliche enthalten muss, aber keinen Spielraum für das bloss Angenehme. Es re-duzierte den Betrag auf 2750 Franken. Wer wissen will, was eine Scheidungs- vereinbarung ist, wie das Vermögen bei

der Familie», diagnostizieren Vetterli und Büchler entgegen einer weit verbreiteten Klage. Die Familie lebt weiter, aber in neu-er Form, sie ist wandlungsfähig wie die Menschen selbst. Ein tröstlicher Ausblick in einem Buch, in dem viel Lebenserfah-rung steckt und das ein Vermächtnis an die nachfolgende Generation ist, die den Dschungel des Lebens neu entdecken und durchforsten muss. Ralph Hug

Andrea Büchler, Rolf Vetterli: Ehe Partnerschaft Kinder. Eine Einführung in das Familienrecht der Schweiz, 2. vollständig überarbeitete Auflage, Helbing Lich-tenhahn Verlag, Basel, 2011, ca. Fr. 48.–

Rolf Vetterli, langjähriger SP-Politiker und ein sanfter Reformer des Familienrechts

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AZB9000 St.Gallen

Links Nr. 1/2012 Redaktionsschluss: 24.1.2012Erscheinen: 17.2.2012SP Kanton St.Gallen19. Nov., Sitzung der Kantons-ratsfraktion: Apéro für Mit-glieder der lokalen Sektion, St.Margrethen – Theorielo-kal der Feuerwehr, 12.30 23. Nov., GL-Sitzung, St.Gallen – SP-Sekretariat, 19.1027. Nov., kantonale Abstim-mung: JA zur Abschaffung der Pauschalsteuer – NEIN zum Gegenvorschlag27. Nov., 2. Wahlgang: Paul Rechsteiner in den Ständerat wählen!28. Nov., Beginn Kantonsrats-session, St.Gallen29. Nov., Nominationspartei-tag, St.Gallen – Hofkeller, 19.3019. Dez., GL-Sitzung, St.Gallen – SP-Sekretariat, 19.10

SP Kreis Rheintal13. Jan., Neujahrsbegrüssung, Rebstein, Ort und Zeit sieheLokalpresse

SP Kreis Rorschach6. Jan., Neujahrsbegrüssung, Rorschach – Kornhausbräu

SP Kreis Sarganserland8. Jan., Neujahrsapéro mit Neujahrsansprache von RR

Heidi Hanselmann/Literari-sches mit Brigitte Aggeler/Musikalisches mit der Jungband «Whammy Whammy Ya Ya», Sargans – Geelkeller (Untergasse), 16.00

SP Kreis See-Gaster7. Jan., Neujahrsbegrüssung, Ort und Zeit siehe Lokal-presse

SP Kreis St.Gallen15. Jan., Neujahrsbegrüssung, Ort und Zeit siehe Lokal-presse

SP Kreis Toggenburg28. Nov., Ausstellung Spitzen-geschichte & Sessionsbesuch und Apéro im Ratsstübli, St.Gallen – Bahnhof (Treff-punkt), 13.406. Jan., Neujahrsbegrüssung, Ort und Zeit siehe Lokal-presse

SP Kreis Werdenberg6. Jan., Neujahrsbegrüssung mit Vorstellung Forum Aussenpolitik (foraus), Buchs – Rest. Traube, 19.00

SP Alttoggenburg18. Nov., Standaktion «Donat Ledergerber in den Ge-meinderat», Bazenheid, 16.00

19. Nov., Standaktion «Donat Ledergerber in den Ge-meinderat», Kirchberg, 08.00

SP Wil-Untertoggenburg13. Jan. Neujahrsbegrüssung, Restaurant Park, Flawil,19.00

SP Buchs18. Nov., Mitgliederversamm-lung zur Budgetgemeinde mit Gemeindepräsident Daniel Gut

SP Rapperswil-Jona23. Nov., Parteiversammlung, Rapperswil – Paragraph 11, 19.309. Dez., SP-Stamm, Jona – Wirtschaft Johanna, 19.3025. Jan., Generalversamm-lung, Rapperswil - Mund-ArtBeiz, 19.30

SP Stadt St.Gallen22. Nov., Stadtparlament, St.Gallen – Waaghaus, 16.0029. Nov., Stadtparlament, St.Gallen – Waaghaus, 16.0013. Dez., Stadtparlament, St.Gallen – Waaghaus, 16.00

SP Wil1. Dez., Stadtparlament, Wil – Tonhalle, 17.00

Impressum «links»Klartext zur Politik im Kanton St.Gallen. Erscheint mindestens 5x jährlich. Herausgeberin: SP des Kantons St.Gallen, Postfach, 9001 St.Gallen, Tel. 071 222 45 85, [email protected]

An dieser Nummer haben mitgearbeitet: Hansueli Baumgartner, Laura Bucher, Fredy Fässler, Ralph Hug, Ruben Schönenberger, Dario Sulzer u.a. Gestaltung, Layout: Markus Traber Druck: Brändle Druck AG, Mörschwil

Vorstösse von SP-Politike-rInnen (bis 28.10.11)Motion: SP-Fraktion: Bericht Projekt Basisstufe SP-Fraktion: Besonderes Eigenkapital auch zur Fi-nanzierung des Ausfalls der SNB-Gelder Fässler-St.Gallen: Mehr Transparenz durch Offen-legung der Steuerdaten von Mitgliedern des Kan-tonsratesInterpellationen: Kofler-Uznach: Kommt der Kanton St.Gallen sei-nen gesetzlichen Verpflich-tungen bei der Fahrzeug-kontrolle noch nach? Bucher-St.Margrethen/Hartmann-Flawil: Aktuelle Situation der Grundbuch-ämter im Kanton St.Gallen Friedl-St.Gallen: Biodi-versitätsziele 2010 Gysi-Wil/Hartmann-Fla-wil: Zukünftige Haltepoli-tik zwischen St.Gallen und Wil Gemperle-Goldach: Wasserbalance im Boden-see Blumer-Gossau/Gemper-le-Goldach: Sonnenfeindli-che Stromtarifpolitik Friedl-St.Gallen: Frauen bildlich aus der Politik aus-geblendet

S e r v i c eEinfache Anfragen: Blumer-Gossau: Berg-rennen trotz unbrauchba-rem öV-Konzept bewilligt Blöchliger Moritzi-Gai-serwald: Schiesslärm auf dem Waffenplatz Neuch-len-Anschwilen und im Breitfeld Fässler-St.Gallen: Linke und Reiche vereinigt euch Gysi-Wil: Personalsitua-tion und Sicherheit im Massnahmezentrum Bitzi Blumer-Gossau/Bucher-St.Margrethen: Ungleich-behandlung bei Ausbil-dungskosten

Geschichten aus RorschachDer Rorschacher Otmar Elsener setzt mit fein ziselierten historischen Miniaturen der Stadt Rorschach ein literarisches Denkmal. Ein Lesegenuss.

Jahrelang schrieb Otmar Elsener für die Lokalzeitung Geschichten aus Ror-

schach. Jetzt sind sie gesammelt im neuen Band «Rorschach. Geschichten aus der Ha-fenstadt» erschienen. Im Vorwort schreibt Elsener, dass es für ihn keinen schöneren Ort in der Ostschweiz gebe als die Hafen-stadt. Es gibt sicherlich kaum einen span-nenderen. An Rorschach lässt sich die soziale, kulturelle und industrielle Ent-wicklung der Ostschweiz wie unter einem Brennglas ablesen.

Elsener erzählt Stadtgeschichte an-hand von kleinen Exkursionen und fä-chert damit die enorme kulturelle Vielfalt auf. So beschreibt er den Arbeiterzug, der jeden Morgen um 6.13 Uhr nach Arbon zu den Saurer-Werken abging, erzählt vom einstigen Kurhotel Seehof, das später zum Slum verkam, beleuchtet den «Nebelspal-ter»-Verleger Ernst Löpfe-Benz, der mit Hit-ler-Karikaturen die Nazis ebenso ärgerte wie die Bundeszensur, blickt auf die Ent-stehung des Strandbads zurück, das als «Sozibad» bekannt war, weil es die Linken durchsetzten, und ruft Rorschach als Bar-rierenhauptstadt in Erinnerung, weil es nicht weniger als 16 Übergänge besass, die früher alle noch von Hand bedient wur-den. Natürlich feht auch die wohl bekann-teste historische Begebenheit der Seestadt nicht: jener berühmte Brief der Sekundar-

schulmädchen der Klasse 2c von 1942 an den Bundesrat, in dem diese die engherzi-ge Flüchtlingspolitik kritisierten, was für politischen Aufruhr sorgte. Allerdings ist es das unscheinbar Alltägliche und teils auch Skurrile, welches das Stadtgedächt-nis ausmacht. Etwa die Geschichte vom Tessiner Marronibrater Emilio Togni, den man am Ausbau seines Hafenkiosks hin-derte, worauf sich dieser bei Bundesrat Giuseppe Motta beschwerte. Das wirkte:

Togni erhielt die Bau-bewilligung. Sein Kiosk war die Anlaufstelle für vele italienische Emi-grantInnen, die Ror-schach bevölkerten. (rh)Otmar Elsener, Rorschach. Ge-schichten aus der Hafenstadt, Appenzeller Verlag, Fr. 38.–