Länderbericht Brasilien

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Länderbericht Brasilien Stand: September 2017

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Länderbericht Brasilien

Stand: September 2017

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Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................. 2

Länderinformationen und allgemeine wirtschaftliche Lage ............................................... 3 Wirtschaftliche Situation Brasiliens ......................................................................................................................................... 3 Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen ........................................................................................................................................... 5

Situation in der Land- und Ernährungswirtschaft, der Forstwirtschaft und Fischerei .... 6 Brasilianische Agrarpolitik....................................................................................................................................................... 7 Agrarhandelsabkommen/EU-Mercosul .................................................................................................................................... 9 Logistikprobleme ..................................................................................................................................................................... 9 Mindestpreisabsicherung und Ernteversicherungen ............................................................................................................... 10 Auseinandersetzungen um Landrechte ................................................................................................................................... 10 Forstwirtschaft ........................................................................................................................................................................ 10 Handel mit Fisch und Fischerzeugnissen ............................................................................................................................... 11 Agraraußenhandel .................................................................................................................................................................. 12 Ökolandbau und Umweltmaßnahmen .................................................................................................................................... 13 Agrarforschung ...................................................................................................................................................................... 13 Pflanzenschutzmittel, Dünger ................................................................................................................................................ 14 Agrarmaschinen ..................................................................................................................................................................... 15 Wichtige Agrargüter Brasiliens .............................................................................................................................................. 15

Soja ................................................................................................................................................................................... 16 Zucker / Äthanol ............................................................................................................................................................... 16 Mais .................................................................................................................................................................................. 17 Weizen .............................................................................................................................................................................. 17 Reis ................................................................................................................................................................................... 18 Baumwolle ........................................................................................................................................................................ 18 Kaffee ............................................................................................................................................................................... 18 Orangensaft ....................................................................................................................................................................... 19 Rindfleisch ........................................................................................................................................................................ 19 Geflügelfleisch.................................................................................................................................................................. 19 Schweinefleisch ................................................................................................................................................................ 20 Pferdefleisch ..................................................................................................................................................................... 20

Rahmenbedingungen für Handel und Industrie ................................................................ 21 Handelshemmnisse ................................................................................................................................................................. 21 Nahrungsmittel und Getränke ................................................................................................................................................ 21

Zusammenarbeit .................................................................................................................. 23 Kooperationen, Projekte, Messen, Unternehmerreisen, Arbeitsgruppen ................................................................................ 23

Chancen, Risiken und Ausblick .......................................................................................... 24

Kontakte ................................................................................................................................ 25

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Länderinformationen und allgemeine wirtschaftliche Lage Brasilien ist mit einer Fläche von 8,5 Mio. km2 (davon 98 % Land, 2 % Wasser) und einer Bevölkerung von 207 Mio. Einwohnern das größte und wirtschaftlich bedeutendste Land Südamerikas. Als präsidiale föderative Republik besteht das Land aus 26 Bundesstaaten sowie einem Bundesdistrikt. Der Nationalkongress als Legislative besteht aus dem Abgeordnetenhaus mit 512 Abgeordneten aus 27 Parteien und dem Senat mit 81 Mitgliedern. Im Oktober 2014 fanden die letzten Präsidentschaftswahlen statt, bei denen Präsidentin Dilma Rousseff wiedergewählt wurde. Gegen sie wurde im März 2016 ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. Im April stimmten 367 von 504 Abgeordneten und 55 von 81 Senatoren für das Amtsenthebungsverfahren und die Präsidentin wurde für 180 Tage suspendiert. Danach stimmte der Senat für die endgültige Amtsenthebung von Dilma Rousseff und Michel Temer wurde am 31. August 2016 Präsident Brasiliens. Die Regierung umfasst seit Februar 2017 26 Ministerien und staatliche Agenturen mit Kabinettsrang, von denen das Ministerium für Landwirtschaft und Viehzucht (MAPA - für die großen Agrarbetriebe), das Präsidialamt (für die familiäre Landwirtschaft) und das Ministerium für Sozial- und Agrarentwicklung (MDS - für die Ernährungssicherung) das Aufgabenspektrum des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) abdecken. International agiert Brasilien u. a. im Rahmen der G20 und der BRICS-Staaten und besetzt aktuell die Generaldirektorenposten in der WTO und der FAO.

Nationalkongress in Brasilia

Wirtschaftliche Situation Brasiliens Die Entwicklung des Landes war seit Mitte der 90er Jahre bis 2014 gekennzeichnet von wirtschaftlichem Wachstum und dem Abbau sozialer Ungleichgewichte. Seit 2015 leidet Brasilien unter einer massiven wirtschaftlichen Krise, die mit politischen Verwerfungen, insbesondere aufgrund von Korruptionsskandalen, einhergeht. Ein Rückgang des Bruttoinlands-produkts (BIP) im Jahr 2016 von 3,6 %, nach dem Rückgang von 3,8 % im Jahr 20151 bestätigt die schlimmste Rezession der brasilianischen Geschichte. Verbunden damit ist ein starker Anstieg der Arbeitslosigkeit, die im Februar 2017 offiziell 13,2 % erreichte.2 Schätzungen für 2017 gehen von einem Wachstum des BIP von ca. 0,46 % aus. 2015 ist Brasilien vom siebten auf den neunten Rang der größten Wirtschaftsmächte abgerutscht und blieb im Jahr 2016 auf dieser Position.3

1 Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística (IBGE), https://www.ibge.gov.br/home/estatistica/indicadores/pib/defaultcnt.shtm 2 Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística (IBGE), http://www.ibge.gov.br/home/estatistica/indicadores/trabalhoerendimento/pme_nova/ 3 World Bank, https://data.worldbank.org/data-catalog/GDP-ranking-table

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Die sozialen und regionalen Unterschiede sind nach wie vor groß. Der Mindestlohn wurde 2016 auf 937 Real (ca. 270 Euro) fixiert.4 Das Sozialprogramm „Bolsa Familia“ als Unterstützung der Ärmsten der Armen wird aktuell von knapp 14 Mio. brasilianischen Haushalten in Anspruch genommen.5

Nach Angaben der Weltbank ist das Bruttonationaleinkommen pro Kopf (Atlas method) von ca. 2.730 USD 1990 auf rund 12.730 USD im Jahr 2013 gestiegen; 2016 lag es bei 8.840 USD (-12,3 % im Vergleich zu 2015).6 Brasilien liegt damit auf Rang 90 weltweit (Indien auf Rang 170, China auf Rang 93, Südafrika auf Rang 113 und Russland auf Rang 87).7 Der Umfang der konsumfreudigen Mittelschicht war in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen, 2015 und 2016 ist der Binnenkonsum allerdings deutlich zurückgegangen (2015: - 3,9 %; 2016: - 4,8 %).8

Brasilien war 2014 der achtgrößte Konsummarkt der Welt. Seit Jahren trägt der Privatkonsum mit etwa 65 % zum BIP bei. U. a. die hohe Verschuldung der Privathaushalte zeigt allerdings die Grenzen dieses Modells auf. Der Industriesektor (inklusive Bergbau, Bau- und verarbeitendes Gewerbe sowie Energieerzeugung) beträgt hingegen nur rd. 21 % des BIP. Die Produktion und Verarbeitung von Agrarrohstoffen trägt mit etwa 23 % zum BIP bei.9

Die Außenwirtschaft spielt mit 20 % des BIP eine vergleichsweise geringe Rolle.10 Das Handelsbilanzergebnis 2014 war das schlechteste seit 1998 mit einem Defizit von 4,05 Mrd. USD (2013: Überschuss von 2,3 Mrd. USD). 2015 ist das Handelsbilanzergebnis auf 19,7 Mrd. USD gestiegen, 2016 auf 47,7 Mrd. USD (+ 42 %). Dies ist alleine auf den Exportüberschuss von 71,3 Mrd. USD (2015: 75,1 Mrd. UDS) des Agrarsektors zurückzuführen. Das Handelsvolumen ist dabei jedoch im Vergleich zu 2015 um 10,98 % auf 322,8 Mrd. USD gesunken. Die Exporte (185,2 Mrd. USD) sind trotz des schwächeren Reals um 3,09 % gesunken; die Importe (137,6 Mrd. USD) sanken deutlich stärker um 19,77 %.11

Über 46 % des Exports sind 2016 dem Landwirtschaftsbereich zuzuordnen. Dabei wurden Rekordmengen von Soja, Mais, Hähnchen, Kaffee und Zellulose exportiert. Von den fünf wichtigsten Exportgütern stammen drei aus der Agrarindustrie: 1. Soja: 19 Mrd. USD, 2. Eisenerz: 13,3 Mrd. USD, 3. Mineralöl: 10,1 Mrd. USD, 4. Zucker: 8,3 Mrd. USD, 5. Geflügelfleisch: 5,9 Mrd. USD.12 In den letzten zehn Jahren ist der Anteil der Rohstoffe am Export von unter 30 % auf fast 47 % gestiegen. Gleichzeitig hat sich der Anteil von Hochtechnologieprodukten auf heute rund 6 % halbiert, der Export halbfertiger Industrieprodukte ist um 8,3 % zurückgegangen.13

Die Zentralbank hatte trotz des schwachen Wirtschaftswachstums im Oktober 2013 damit begonnen, die ohnehin hohen Leitzinsen weiter zu erhöhen - im März 2016 lagen sie bei 14,25 %. Ab Oktober 2016 sind sie wieder graduell gesunken und lagen im Juni 2017 bei 10,25 %.14

Brasilien verfügt über große Energie- und Rohstoffressourcen und gilt als „sicherer“ Rohstoff- und Energielieferant. Brasilien hat weltweit das drittgrößte Potential an Wasserkraft, ist zweitgrößter Produzent von Äthanol und viertgrößter Produzent von Biodiesel. Durch die Erschließung von Offshore-Ölvorkommen an der südöstlichen Atlantikküste (Pre-Sal) könnte Brasilien außerdem zu einem der wichtigsten Erdölproduzenten weltweit aufsteigen. Durch die niedrigen Ölpreise ist diese Entwicklungsmöglichkeit indes mit Fragezeichen zu versehen, zumal der halbstaatliche Ölkonzern Petrobras, der an der Erschließung beteiligt ist, 2015 und 2016 - auch wegen der Verwicklung in einen riesigen Korruptionsskandal - jeweils Milliardenverluste bilanzieren musste. Der brasilianische Energiesektor ist mit zahlreichen weiteren Problemen konfrontiert (trockenheitsbedingte Reduzierung der Wasserkraft, Stromausfälle und hohe Strompreisanstiege in 2015). Bei der Weltproduktion mineralischer Rohstoffe (u. a. Bauxit, Niob) nimmt Brasilien eine führende Rolle ein.

4 ADVFN, https://br.advfn.com/indicadores/salario-minimo 5 Caixa Econômica, http://www.caixa.gov.br/programas-sociais/bolsa-familia/Paginas/default.aspx 6 World Bank, http://data.worldbank.org/country/brazil?view=chart 7 World Bank, https://data.worldbank.org/data-catalog/gni-per-capita-atlas-and-ppp-table 8 Presidência da República, Portal Brasil, http://www.brasil.gov.br/economia-e-emprego/2017/09/consumo-das-familias-surpreende-e-puxa-resultado-do-pib 9 Centro de Estudos Avançados em Economia Aplicada (CEPEA), https://www.cepea.esalq.usp.br/br/metodologia.aspx 10 Centro de Estudos Avançados em Economia Aplicada (CEPEA), https://www.cepea.esalq.usp.br/br/metodologia.aspx 11 Ministério da Indústria, Comércio Exterior e Serviços (MDIC), http://www.mdic.gov.br/index.php/balanca-comercial 12 Ministério da Indústria, Comércio Exterior e Serviços (MDIC), http://www.mdic.gov.br/index.php/balanca-comercial 13 Ministério da Indústria, Comércio Exterior e Serviços (MDIC), http://www.mdic.gov.br/index.php/balanca-comercial 14 Banco Central do Brasil, http://www.bcb.gov.br/

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Der Industriesektor kämpft mit niedriger Produktivität und geringer Wettbewerbsfähigkeit. Vor allem die hohen Inlandskosten (sogenannter „Custo Brasil“) sind ein Problem für Unternehmen: hohe Löhne bei geringer Produktivität, hohe Steuern und ein kompliziertes Steuersystem, ein erheblicher Verwaltungsaufwand, ein schlechtes Bildungsniveau, weit verbreitete Korruption und unzulängliche Infrastruktur. Unternehmer weisen oft darauf hin, dass Investitionen in Brasilien sich fast nur noch für den (großen) Inlandsmarkt lohnen; für den Export sind brasilianische Produkte zu teuer geworden, auch wenn der zeitweise massive Kursverlust des Real gegenüber dem USD und dem Euro 2015 für etwas Erleichterung bei den Unternehmern gesorgt hat.

Auf die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie reagiert Brasilien mit handelshemmenden Maßnahmen, wie dem „buy-brazilian-act“ (Bevorteilung brasilianischer Unternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen) oder der Importsteuer auf Industrieprodukte, die die einheimische Wirtschaft schützen sollen. Dies stößt jedoch auf zunehmende Kritik seitens der Handelspartner. Die Investitionsquote liegt mittlerweile bei lediglich 16,4 % des BIP (2015: 18,1 %) und ist das schlechteste Ergebnis seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1996.15 Dies stellt eines der größten Hindernisse für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung des Landes dar. Auch die weiter sinkende Sparquote gibt Anlass zur Sorge (2016: 13,9 %, niedrigster Wert seit 2001).16

Kurz- und mittelfristig ist nicht mit einer entscheidenden wirtschaftlichen Belebung zu rechnen. Wenn die strukturellen Probleme Brasiliens angegangen werden, dürften die wirtschaftlichen Entwicklungschancen aber langfristig positiv bleiben. Hierzu tragen der Rohstoffreichtum des Landes, die Marktgröße (mit 207 Mio. Einwohnern der bevölkerungsmäßig fünftgrößte Staat der Erde) und die hohe Konsumneigung der relativ jungen Bevölkerung bei.

Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen Etwa 1.400 deutsche Firmen oder Firmen deutschen Ursprungs sind in Brasilien ansässig. Das bilaterale Handelsvolumen zwischen Brasilien und Deutschland betrug 2016 knapp 14 Mrd. USD, davon für 9,1 Mrd. USD Exporte aus Deutschland nach Brasilien und für 4,9 Mrd. USD Importe aus Brasilien. Deutschland war 2016 drittgrößter Lieferant Brasiliens und fünftgrößter Abnehmer. Umgekehrt rangierte Brasilien für Deutschland bezüglich der Importe auf Platz 24 und bei den Exporten auf Platz 26. Der Umfang der deutschen Direktinvestitionen in Brasilien betrug 2016 1,929 Mrd. USD.17

Aus Brasilien importiert Deutschland vor allem: Kaffee, Kupfer, Soja, Eisenerz, Kfz-Teile, Zivilflugzeuge und Fleisch.18

Nach Brasilien wurden vorrangig Maschinen, Autos, Autoteile, chemische Grundstoffe und pharmazeutische Produkte geliefert.19

Seit 2013 ist ein Sozialversicherungsabkommen zwischen beiden Ländern in Kraft. Ein 1995 unterzeichnetes Investitionsschutzabkommen wurde von Brasilien bisher nicht ratifiziert. Das 2005 von Deutschland gekündigte Doppelbesteuerungsabkommen ist seit Anfang 2006 außer Kraft.

Im August 2015 fanden in Brasilia zum ersten Mal Regierungskonsultationen zwischen Deutschland und Brasilien statt, bei denen auch Gespräche zwischen Bundesminister Christian Schmidt und seinen damaligen Amtskollegen Patrus Ananias (Minister für Agrarentwicklung) und Katia Abreu (Ministerin für Landwirtschaft, Viehzucht und Versorgung) stattfanden. Das Ministerium für Agrarentwicklung wurde 2016 aufgelöst und dessen Zuständigkeiten vom Präsidialamt übernommen. Seit Mai 2016 ist Blairo Maggi, der bisherige Senator und ehemalige Gouverneur von Mato Grosso, der neue Minister für Landwirtschaft, Viehzucht und Versorgung. Das Unternehmen seiner Familie ist der wichtigste Lieferant von GVO-freiem Soja nach Europa und gehört zu den größten Sojaproduzenten weltweit. Maggi hat in seiner Amtszeit eine Vielzahl von Auslandsreisen absolviert, insbesondere mit dem Ziel, neue Märkte für brasilianische Agrarprodukte zu erschließen. Die

15 Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística (IBGE), https://www.ibge.gov.br/home/estatistica/indicadores/pib/defaultcnt.shtm 16 ADVFN, http://br.advfn.com/indicadores/pib/brasil/2016; Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística (IBGE), https://www.ibge.gov.br/home/estatistica/indicadores/pib/defaultcnt.shtm 17 Ministério das Relações Exteriores (MRE), http://berlim.itamaraty.gov.br/pt-br/comercio_exterior.xml 18 Ministério das Relações Exteriores (MRE), http://berlim.itamaraty.gov.br/pt-br/comercio_exterior.xml 19 Ministério das Relações Exteriores (MRE), http://berlim.itamaraty.gov.br/pt-br/comercio_exterior.xml

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erste Reise 2017 führte ihn zum Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) und zum Agrarministertreffen der G20 nach Berlin und anschließend nach Brüssel und in die USA.

Situation in der Land- und Ernährungswirtschaft, der Forstwirtschaft und Fischerei Brasilien ist weltgrößter Produzent von Soja, Zuckerrohr, Orangensaft und Kaffee, zweitgrößter Produzent von Geflügelfleisch und Rindfleisch, und drittgrößter Produzent von Mais.20 Der brasilianische Agrarsektor bleibt auch 2017 ein relativ stabiler Faktor der brasilianischen Volkswirtschaft, der 2016 für ca. 23 % des BIP (2015: 21,5 %)21 und 45,9 % Exporte des Landes (2015: 46 %)22 sowie für die Beschäftigung jedes vierten Brasilianers (27 %) steht. Aber auch die Agrarwirtschaft hatte 2016 anders als im Vorjahr mit einem Beschäftigungsrückgang von 13.000 Stellen in der Landwirtschaft und 800.000 Stellen im Agrobusiness zu tun.23

Der vom Landwirtschaftsministerium MAPA für 2016 geschätzte Bruttoproduktionswert von Ackerbau sowie Viehzucht lag wertmäßig bei 519 Mrd. Real (2015: 537,5 Mrd.).24 Die Prognosen der Regierung gehen von 536 Mrd. Real für 2017 aus.25

Die Getreideernte 2016 war klimabedingt ungewöhnlich schlecht, was sich insbesondere in der Maisproduktion bemerkbar machte. Da Mais auf dem heimischen Markt für die Schweine- und Geflügelzucht gebraucht wird, hat sich die entsprechende Fleischerzeugung im vergangenen Jahr deutlich verteuert und viele Produzenten in existenzielle Schwierigkeiten gebracht.

In der Diskussion um den weltweit steigenden Bedarf an Nahrungsgütern verweist das Landwirtschaftsministerium darauf, dass Brasilien 60 Mio. ha zur Ausweitung der Agrarproduktion zur Verfügung stünden und dem Land damit eine zentrale Rolle in der zukünftigen Welternährung zukomme. Die land- und forstwirtschaftlich genutzte Fläche Brasiliens ist sechsmal so groß wie die gesamte Fläche Deutschlands. Für die Ernte 2016/17 bewirtschaftete die brasilianische Landwirtschaft 58,5 bis 59,7 Mio. ha Ackerfläche (davon auf ca. 40 Mio. ha GVO Pflanzen) - und damit ca. 2,3 % mehr als 2015/16 - sowie ca. 180 Mio. ha Weidefläche.26 In Mato Grosso, wo ein Drittel der brasilianischen Sojaproduktion stattfindet, ist diese Zunahme nicht nur auf die Umwandlung von Weideflächen, sondern auch auf Abholzungen im Savannengebiet Cerrado zurückzuführen.

Anders als in Europa wird der Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft in Brasilien von den Agrarverbänden und der Politik in der Regel als rein pragmatische, auf ökonomischen Erwägungen beruhende Entscheidung angesehen.

In den vergangenen 40 Jahren ist die Produktion von Getreide und Fasern in Brasilien um 400 % gestiegen, dabei sind 63 % mehr Fläche bepflanzt worden, was im Ergebnis eine Steigerung der Produktivität von 211,7 % bedeutet.27

Bei der Fixierung auf die Steigerung der Produktivität in fast allen Bereichen der brasilianischen Landwirtschaft ist die Verbesserung der Qualität teilweise aus dem Blick geraten. So ist in der Sojaproduktion eine massive Ertragssteigerung pro

20 United States Department of Agriculture (USDA), Foreign Agriculture Service (FAS), https://www.fas.usda.gov/data/brazil-grain-and-feed-annual-2 21 Centro de Estudos Avançados em Economia Aplicada (CEPEA), https://www.cepea.esalq.usp.br/br/metodologia.aspx 22 Ministério da Indústria, Comércio Exterior e Serviços (MDIC), http://www.mdic.gov.br/balanca-comercial 23 Ministério do Trabalho e Emprego (MTE), http://bi.mte.gov.br/eec/pages/consultas/evolucaoEmprego/consultaEvolucaoEmprego.xhtml#relatorioSetor 24 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://www.agricultura.gov.br/noticias/valor-da-producao-agropecuaria-de-2017-de-r-546-3-bi-e-o-maior-dos-ultimos-27-anos 25 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://www.brasil.gov.br/economia-e-emprego/2017/07/valor-bruto-da-agropecuaria-deve-chegar-a-r-536-bilhoes 26 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2 27 Confederação da Agricultura e Pecuária do Brasil (CNA), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1252

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Hektar erreicht worden, die allerdings einherging mit dem Rückgang des Proteingehalts im Sojaschrot (in 10 Jahren von 46 % auf etwa 36 %) und damit einer schleichenden Entwertung des Produkts.28

Innerhalb Brasiliens gibt es eine starke Konzentration der lukrativen Agrarregionen: 5 der 27 Bundesstaaten (São Paulo, Mato Grosso, Paraná, Rio Grande do Sul und Minas Gerais) erzielen 2/3 des Bruttoproduktionswertes.29 Brasilien - mit insgesamt 5,5 Mio. Agrarbetrieben, von denen die weit überwiegende Zahl der familiären Landwirtschaft und damit dem Ministerium für Agrarentwicklung zuzuordnen ist - hat mit zwei höchst unterschiedlichen landwirtschaftlichen Produktionsformen umzugehen. Das Ungleichgewicht im Agrarsektor verdeutlicht der Umstand, dass 6 % der Betriebe 80 % des Produktionswertes erwirtschaften. Während ein hoch technisiertes, industrielles Agrobusiness seine Produktion auf dem Weltmarkt anbietet, versorgen die Familienbetriebe in Brasilien einen großen Anteil der brasilianischen Bevölkerung mit Lebensmitteln.30

Lebensmittelskandale hat es in Brasilien in den vergangenen Jahren in vielen Sektoren gegeben. Im Frühjahr 2017 verursachte eine groß angelegte Untersuchung der Föderalen Polizei einen Fleischskandal von erheblichem Ausmaß („Operação Carne Fraca“ – Operation schwaches Fleisch). Korrupte Kontrolleure sollen u. a. verdorbenes Fleisch zum Verkauf zugelassen haben, was zu einem weltweiten Reputationsverlust für brasilianisches Fleisch führte. Untersuchungen der EU bestätigten den Verdacht, dass in zahlreichen brasilianischen Unternehmen der Fleischwirtschaft sanitäre Probleme existieren. In der Folge verhängte die EU-Kommission im Juni 2017 einen vollständigen Einfuhrstopp für brasilianisches Pferdefleisch, für Lieferungen von Geflügelfleisch wurden Veterinärzertifikate für jede einzelne Lieferung zur Auflage gemacht. Ende 2017 soll es eine weitere Überprüfung durch die EU geben, um festzustellen, ob sich die brasilianischen Produzenten an die Vorgaben der EU halten.

Einen besonderen Stellenwert für den brasilianischen Landwirtschaftsminister und den Staatspräsidenten hat die Erlaubnis der USA, frisches Rindfleisch auf den US-Markt liefern zu dürfen. Nachdem diese Vereinbarung (einhergehend mit einer gegenseitigen Marktöffnung) im August 2016 - nach vielen unzutreffenden Erfolgsmeldungen - vereinbart worden war, gingen die ersten dieser Lieferungen Anfang 2017 in die USA. Der US-Landwirtschaftsminister Perdue stoppte allerdings bereits am 22. Juni 2017 alle weiteren Lieferungen mit dem Hinweis, dass 11 % aller Lieferungen aus Brasilien von den US-Behörden beanstandet worden seien und die Quote damit höher sei, als bei Lieferungen aus allen anderen Ländern der Welt.

Brasilianische Agrarpolitik Brasilien sieht im Agrarsektor weiter erhebliches Steigerungspotential. So hat Brasilien 2013 das Ziel ausgegeben, seine Getreideproduktion bis 2023 zwischen 20 % und 34 % steigern zu wollen, und dabei die Anbauflächen zwischen 8 % bis 20 % ausweiten zu wollen. Der Landwirtschaftsminister strebt bis 2018 einen Anstieg des Anteils Brasiliens am weltweiten Agrarhandel von derzeit 6,9 % auf 10 % an.31 Ob dieses Ziel erreicht werden kann, bleibt abzuwarten.

Die von Januar 2015 bis Mai 2016 amtierende Landwirtschaftsministerin Kátia Abreu sah den Schwerpunkt ihrer Arbeit in der Ausweitung des Exports brasilianischer Agrargüter. Gleichzeitig kündigte sie an, die sehr aufwändigen, bürokratischen Verfahren für den Import von Nahrungsmitteln durch die Einführung neuer digitaler Verfahren zu vereinfachen. Außerdem hatte sie für Produkte aus der EU eine Marktöffnung in erheblichem Umfang angekündigt. Allerdings haben Beobachter den Eindruck, dass es sich bei den Änderungen um Marginalien handelt und die schwerfällige Bürokratie seitdem keineswegs flexibler geworden ist. Bei den Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel sollten erhebliche Beschleunigungen im Verfahren erreicht werden. Das bisherige Verfahren verursacht für die Unternehmen und die brasilianische Landwirtschaft nicht unerhebliche Kosten und ist in seinen Entscheidungsabläufen oft nicht nachvollziehbar, gerade wenn es um die Kongruenz mit Verfahren der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht. Der seit Mai 2016 amtierende Landwirtschaftsminister Blairo Maggi kündigte 28 Empresa Brasileira de Pesquisa Agropecuária (Embrapa), https://www.embrapa.br/busca-de-noticias/-/noticia/7693893/soja-sofre-reducao-no-teor-de-proteina-ao-longo-do-tempo 29 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://www.agricultura.gov.br/assuntos/politica-agricola/valor-bruto-da-producao-agropecuaria-vbp 30 Anuário Brasileiro da Agricultura Familiar 2015, http://agriculturafamiliar.agr.br/ 31 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://www.agricultura.gov.br/noticias/brasil-mira-fatia-de-10-do-agronegocio-mundial

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an, dass er wesentliche von seiner Vorgängerin entwickelte Aktivitäten beibehalten wolle, insbesondere deren Exportpolitik. Mit internationaler Beteiligung wurde im Mai 2015 von der inzwischen abgesetzten Staatspräsidentin Rousseff der Plan zum Schutz der brasilianischen Landwirtschaft vorgestellt, mit dem Brasilien seine Lebensmittelüberwachung modernisieren und von bürokratischen Hindernissen befreien wollte. In den nächsten fünf Jahren sollten eine neue Gesetzgebung, eine schnellere Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Praxis und höhere Qualitätsziele implementiert werden. Versuche Brasiliens, mit allen Staaten Nord-, Mittel- und Südamerikas zeitnah einheitliche Standards für sanitäre und phytosanitäre Kontrollen und damit insbesondere eine Erleichterung für brasilianische Exporte zu erreichen, waren bislang nicht erfolgreich. Die Reaktion der EU fiel ähnlich verhalten aus. Entsprechende Aktivitäten wurden nun auch von Staatspräsident Temer angekündigt, lassen in ihrer Umsetzung aber bislang auf sich warten.

Jedes Jahr werden von dem brasilianischen Staatspräsidenten für die kommende Anbauperiode Finanzpläne für die familiäre Landwirtschaft und das Agrobusiness im Rahmen einer Großveranstaltung präsentiert, zuletzt Anfang Juni 2017. Die dort in Aussicht gestellten Kreditmittel erweisen sich wenige Monate später jedoch regelmäßig als weit überhöht. Die verbilligten Zinssätze erwiesen sich in der Vergangenheit dagegen oftmals als zu niedrig angesetzt.

Für die Anbauperiode 2016/17 kündigte die brasilianische Regierung 202,88 Mrd. Real - und damit 8 % mehr als im Vorjahr - mit Zinssätzen zwischen 8,5 % und 12,75 % an. Im Ergebnis standen dann aber 20 Mrd. Real weniger zur Verfügung. 32 Für die nächste Anbauperiode 2017/18 stellten Präsident und Landwirtschaftsminister jetzt 188,3 Mrd. Real in Aussicht, mit Zinssätzen zwischen 6,5 % und 8,5 %.33

Für die familiäre Landwirtschaft hat die Regierung für den Zeitraum 2017/18 - wie im Vorjahr - Mittel im Umfang von 30 Mrd. Real zugesagt, die insbesondere den ökologischen Landbau stärken sollen. Damit sollen Zinsverbilligungen für Kredite ermöglicht werden, deren Zinssatz zwischen 2,5 und 5,5 % unter der aktuellen Inflationsrate liegen soll.34

In der brasilianischen Gesellschaft wird der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zunehmend kritisch gesehen. Angesichts hoher Rückstandswerte insbesondere bei Obst und Gemüse beteiligen sich inzwischen 20 % der brasilianischen Supermärkte an einem freiwilligen Kontrollprogramm (die beiden Marktführer Walmart und Pão de Açúcar/ Casino nehmen allerdings nicht daran teil). Bei den beteiligten Unternehmen lagen 2015 circa 71 % der Proben innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte (2014: 64 %).35

Mit einem Gesetzentwurf, der vorsieht, dass alle importierten Nahrungsmittel auf Pflanzenschutzmittelrückstände und andere giftige Substanzen untersucht werden sollen, macht das Abgeordnetenhaus von sich reden. Bemerkenswert daran ist, dass Brasilien das Land mit dem höchsten Pflanzenschutzmitteleinsatz weltweit ist und viele einheimische Gemüse- und Obstsorten hohe Rückstandswerte aufweisen. Die gleiche Zielrichtung hat ein weiteres Projekt im Abgeordnetenhaus, das ein Importverbot für Kaffee und andere pflanzliche Produkte aus Ländern, die nicht die gleichen Umweltvorschriften haben, wie Brasilien, beinhaltet.36

Im Rahmen von Protesten gegen Reformvorhaben der Regierung kam es im Mai 2017 zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, bei denen das Landwirtschaftsministerium teilweise verwüstet und in Brand gesteckt wurde, während sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gebäude aufhielten. Glücklicherweise konnten diese rechtzeitig evakuiert werden. Die Schäden am Gebäude sind allerdings erheblich.37

32 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://www.agricultura.gov.br/assuntos/sustentabilidade/plano-agricola-e-pecuario/plano-agricola-e-pecuario-antigo 33 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://www.agricultura.gov.br/assuntos/sustentabilidade/plano-agricola-e-pecuario 34 Secretaria Especial de Agricultura Familiar e do Desenvolvimento Agrário, http://www.mda.gov.br/sitemda/noticias/plano-safra-da-agricultura-familiar-%C3%A9-apresentado-no-pal%C3%A1cio-do-planalto und http://www.mda.gov.br/sitemda/plano-safra-da-agricultura-familiar-20172020 35 Abras, http://abras.com.br/rama/ 36 Senado Federal, http://www25.senado.leg.br/web/atividade/materias/-/materia/121807 37 O Globo, https://oglobo.globo.com/brasil/manifestantes-depredam-ministerios-colocam-fogo-no-predio-da-agricultura-21387180

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Agrarhandelsabkommen/EU-Mercosul Die möglichen Auswirkungen des transpazifischen Freihandelsabkommens TPP, aus dem sich die US-Regierung unter Präsident Trump inzwischen verabschiedet hat, beunruhigen den brasilianischen Agrarsektor, da Wettbewerbern aus Chile, Australien und Neuseeland ein erleichterter Zugang zu wichtigen brasilianischen Exportmärkten in Japan, Malaysia und Vietnam ermöglicht wird. Gleichzeitig geht der Agrarsektor in Brasilien davon aus, dass mit der neuen argentinischen Regierung unter Präsident Macri die Chance auf ein EU-Mercosul-Abkommen deutlich gestiegen ist. Im Hinblick auf die Mercosul-EU-Freihandelsrunde werden starke Erwartungen gehegt, zumal nach 15 Jahren ohne größeren handelspolitischen Fortschritt über eine zunehmende Isolierung geklagt wird. Wie beim TPP-Abkommen gibt es seitens des brasilianischen Agrarsektors Befürchtungen, gegenüber anderen Wirtschaftsregionen auf dem europäischen Markt große Anteile zu verlieren, sollte es nicht zu einem Abkommen zwischen der EU und Mercosul kommen. Ein aktuell nicht weiter verfolgtes Abkommen der EU mit den USA könnte - aus Sicht des Handelsreferats im Landwirtschaftsministerium Brasiliens - Konzessionen (etwa beim Rindfleisch) enthalten, die Zugeständnisse gegenüber Brasilien erschweren würden. Kritisch sieht der brasilianische Agrarsektor, dass nach Berechnungen von brasilianischen Experten die USA mit ihren Subventionszahlungen an die heimische Landwirtschaft die Weltmarktpreise für wichtige Agrargüter im Durchschnitt um 4 % senke. Dies koste die brasilianische Agrarwirtschaft nach ihren Berechnungen jedes Jahr über 350 Mio. Euro.

Beim Besuch der brasilianischen Staatspräsidentin in den USA im Sommer 2015 wurde vereinbart, dass brasilianisches Rindfleisch auf dem US-Markt wieder zugelassen wird. Die eigentliche Zulassung zog sich dann allerdings noch über ein Jahr hin.

Logistikprobleme Die brasilianische Agrarindustrie leidet besonders unter dem schlecht ausgebauten Straßen-, Schienen- und Wasserstraßennetz sowie der aufwändigen Abfertigung von Agrargütern in den brasilianischen Häfen. Im Vergleich zu den USA und Argentinien liegen die Transportkosten aus den Hauptanbauregionen Brasiliens etwa nach China 2,9 mal bzw. 1,8 mal höher. Bei der Zuckerproduktion fallen etwa 12 % der Produktionskosten im Bereich des Transports an.38 Bereits für 2014 war ein neues System („janela única“ -alleiniges Fenster) geplant, das die Abfertigung von Im- und Exportprozeduren von bisher 17 zu kontaktierenden Behörden zusammenfassen soll. Die brasilianische Regierung hat Anfang 2014 den Ausbau einiger wichtiger Transportrouten ausgeschrieben und vergeben, allerdings wird es noch Jahre dauern, bis die Staus auf dem Weg in die Häfen der Vergangenheit angehören.

61 % des Transports wird in Brasilien über Straßen, 21 % mit der Bahn und 14 % über Wasserstraßen abgewickelt.39 Experten schätzen, dass Investitionen von jährlich 80 Mrd. Euro in die Infrastruktur Brasiliens über die nächsten 20 Jahre notwendig sind, um den Standard eines Industrielandes zu erreichen. Für die Stromversorgung sind für die nächsten Jahre ebenfalls massive Investitionen notwendig, um eine Diversifizierung der Stromversorgung und den Ausbau des Netzes sicherzustellen.

Für den Transportsektor sind für die nächsten Jahre Investitionen von knapp 200 Mrd. Real geplant.40 Aktuell soll u. a. eine Autobahnstrecke zwischen Mato Grosso, dem Zentrum der brasilianischen Sojaproduktion, und dem Hafen Mirituba am Amazonas-Zufluss Tapajós vollständig asphaltiert werden. Damit würde ein erheblicher Teil des bisherigen Transportweges (i. d. R. zum Hafen nach Santos im Bundesstaat São Paulo) künftig über Schifffahrtswege Richtung Norden abgewickelt werden können. Von Mirituba aus werden die Sojalieferungen über 1.000 km auf Binnenwasserstraßen zum weiter im Ausbau befindlichen Hafen Barcarena (in der Nähe von Belém) im Bundesstaat Pará verschifft. Ein vom Agrarkonzern Bunge mit 230 Mio. Euro finanziertes Terminal wurde im Jahr 2014 von der damaligen Staatspräsidentin Rousseff eingeweiht und wird als neuer Ausgang Nord („Saida Norte“) bezeichnet, der teilweise die verstopften Straßen und Häfen in Richtung Süden ablösen kann. Mit insgesamt drei Terminals (Bunge, ADM sowie ein im Bau befindliches

38 Empresa Brasileira de Pesquisa Agropecuária (Embrapa), http://www.agencia.cnptia.embrapa.br/gestor/cana-de-acucar/arvore/CONTAG01_133_22122006154842.html 39 CNA, http://www.cnabrasil.org.br/estudos/infraestrutura-e-logistica-desafios-para-o-escoamento-dos-produtos-agropecuarios 40 Presidência da República, Portal Brasil, http://www.brasil.gov.br/infraestrutura/programa-de-investimento-em-logistica

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Terminal des Dienstleisters Hidrovias) sollen in Zukunft insgesamt bis zu 22 Mio. Tonnen Soja aus dem Hafen Barcarena per Frachter nach Asien und Europa verschifft werden.

Bunge Terminal in Bacarena

Mindestpreisabsicherung und Ernteversicherungen In Brasilien gibt es seit 1966 eine Politik der Mindestpreisabsicherung, die aktuell für 54 Produkte der Agrarwirtschaft gilt. Seit 2003 gibt es eine gesetzliche Regelung für die staatliche Förderung der Finanzierung von Ernteversicherungen gegen Klimaschäden. Diese Instrumente zum Schutz vor finanziellen Einbußen in der Landwirtschaft, die sowohl für den agroindustriellen Sektor, als auch für Familienbetriebe gelten, sind sehr kostspielige Posten im brasilianischen Haushalt und damit nicht selten Streitgegenstand zwischen Finanz- und Agrarministerium. Gerade bei den staatlichen Zuschüssen zur Ernteversicherung wurde in den vergangenen Jahren jeweils nur ein Bruchteil der ursprünglichen Zusagen der jeweiligen Landwirtschaftsminister zur Verfügung gestellt, was bei den Agrarproduzenten für erheblichen Zorn sorgte. Dazu kommen öffentliche Auktionen zur Einlagerung von Mais und anderen Grundnahrungsgütern durch die staatliche Versorgungsgesellschaft CONAB, die angesichts der hohen Kosten und des fraglichen Nutzens immer umstrittener werden.41

Auseinandersetzungen um Landrechte Die Härte der Auseinandersetzung um Landrechte in Brasilien hat in den vergangenen Jahren tendenziell abgenommen, ist aber weiter in mehreren Bundesstaaten (insbesondere in Mato Grosso do Sul und Pará) ein aktuelles Thema mit hohem Konfliktpotential. In der Regierungszeit von Staatspräsidentin Dilma Rousseff waren die Zahlen der Neuzuordnung von Land im Rahmen der Agrarreform deutlich gesunken. Die zu verteilenden Flächen mussten zum einen als „nicht produktiv genutzt“ eingestuft werden. Des Weiteren sollte eine vorherige Prüfung sicherstellen, dass diese Flächen von den neuen Nutzern gewinnbringend bewirtschaftet werden können. Eine Prüfung des brasilianischen Rechnungshofes hat 2015 festgestellt, dass bei der Landverteilung ein hoher Prozentsatz von Empfängern ausgewählt wurde, die keinerlei Anspruch auf Landzuteilung hatten.

Forstwirtschaft Weit verbreitet in der Forstwirtschaft Brasiliens ist der Anbau schnell wachsender Hölzer im Plantagenbetrieb, insbesondere wird Eukalyptus für die Gewinnung von Holzkohle, Fasern und Zellulose angebaut. Anfang 2014 hat sich ein neuer Dachverband der brasilianischen Holzindustrie (IBA) mit Sitz in São Paulo aus vier Vorläuferorganisationen

41 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=540&t=

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gegründet. Die 70 Verbandsmitglieder stehen für insgesamt 7,8 Mio. ha Waldanbaufläche in Brasilien und vereinen einen Umsatz von 20 Mrd. Euro.

Die Zelluloseproduzenten im IBA wollten damals ihre Produktion von 16,4 Mio. t auf 22 Mio. t und die Herstellung von Holztafeln von 7,9 Mio. cbm auf 14 Mio. cbm ausweiten. 2016 ist die Zelluloseproduktion um 8,1 % auf 18,88 Mio. t gewachsen.42 Damit ist Brasilien viertgrößter Produzent der Welt, nach den USA, China und Kanada.43 Brasilianische Exporte sind 2016 mengenmäßig um 13 % (auf 13,5 Mio. t) gestiegen, aber im Wert um 0,3 % (auf 5,6 Mrd. USD) gesunken.44 China ist zweitgrößter Zelluloseproduzent und gleichzeitig größter Importeur brasilianischer Zelluloseprodukte (knapp 38 % der brasilianischen Exporte, 5 Mio. t; 2,16 Mrd. USD), die EU liegt auf dem zweiten Platz mit einem Importanteil von 35 % (4,7 Mio. t; 1,83 Mrd. USD) der brasilianischen Ausfuhren.45

Die Rodung von Waldflächen im Amazonasgebiet war 2013 mit 5.891 km² erstmals seit Jahren wieder angestiegen (+29 % gegenüber 2012). Allerdings zeigten die Maßnahmen der Regierung gegen die Abholzung kurzfristig Wirkung, so dass 2014 ein Rückgang um 17 % auf nunmehr 5.012 km² entwaldete Fläche konstatiert werden konnte. Von 2014 auf 2015 kam es wieder zu einer Steigerung der Entwaldungsrate um 16 % auf 5.831 km². Von 2015 auf 2016 ist die Abholzungrate um knapp 30 % gestiegen (7.989 km2, vor allem in den Staaten Pará, Mato Grosso und Rondônia). Dies ist die höchste Abholzungsrate seit dem Jahr 2008.46

Eine Delegation des BMEL hat sich im Mai 2017 über die Situation der nachhaltigen Nutzung der brasilianischen Waldflächen informiert und es wurden Möglichkeiten der weiteren Kooperation und Vernetzung ausgelotet.

Kleinflächige Brandrodung im Bundesstaat Pará

Handel mit Fisch und Fischerzeugnissen 2016 wurden aus Brasilien 39.675 t Fischereiprodukte im Wert von 236 Mio. USD exportiert und im Gegenzug 354.993 t Fischereiprodukte im Wert von 1,16 Mrd. USD importiert - vor allem Lachs und Kabeljau aus Chile, China, Norwegen, Argentinien, Portugal und Vietnam.47

Stark im Wachstum befindet sich die Aquakultur, in der meist tropische Fische gezüchtet werden. Hierbei handelt es sich häufig um Zweitaktivitäten von landwirtschaftlichen Betrieben.

42 Indústria Brasileira de Árvores (Ibá), http://iba.org/pt/biblioteca-iba/publicacoes 43 United States Department of Agriculture (USDA), Foreign Agriculture Service (FAS), https://www.fas.usda.gov/data/grain-world-markets-and-trade 44 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 45 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 46 Instituto do Homem e Meio Ambiente da Amazônia (Imazon), http://imazon.org.br/ 47 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm

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In den vergangenen Jahren haben Kontrollen des Landwirtschaftsministeriums mehrfach ergeben, dass gefrorener Fisch mit Etiketten vermarktet wurde, die auf wertvollere Fischarten hinwiesen, als sich tatsächlich in den Verpackungen befanden. Das bis 2015 bestehende Fischereiministerium wurde in das Landwirtschaftsministerium integriert. Kurz nach der Eingliederung wurden mehrere leitende Beamte des Ministeriums festgenommen, da ihnen Korruption im Rahmen der Vergabe von Fischereilizenzen zur Last gelegt wurde. Im Jahr 2016 wurde die Fischereiabteilung überraschend dem Industrieministerium zugeordnet.

Der Pro-Kopf-Verbrauch von Fischfleisch liegt in Brasilien bei etwa 14,4 kg pro Jahr.48

Fischereischiffe für Touristen im Naturschutzgebiet Pantanal

Agraraußenhandel Der Agrar- und Ernährungssektor hat 2016 für 84,93 Mrd. USD Waren exportiert, 3,7 % weniger als im Vorjahr.49 Der Sektor steht damit für 46 % der Exporte Brasiliens.50 Nach Deutschland hat Brasilien 2016 Agrar- und Ernährungsgüter im Wert von 2,5 Mrd. Euro exportiert und belegt damit den 1. Platz beim Import aus Drittländern; bei Einbeziehung der EU-Mitgliedstaaten bedeutet es Rang 7.

Im Gegenzug hat Brasilien 2016 insgesamt lediglich für 13,63 Mrd. USD (plus 4,2 % gegenüber 2015) Agrar- und Ernährungsgüter importiert.51 Deutschlands Export von Ernährungsgütern nach Brasilien erreichte 2016 lediglich 143 Mio. Euro (BMEL-Datenblatt).

2014 wurde China erstmals größter Importeur von brasilianischen Agrargütern (22,8 %), vor der Europäischen Union (EU) mit 22,2 %.52 Die Abhängigkeit der brasilianischen Agrarexportwirtschaft von China hat 2016 tendenziell weiter zugenommen. China importierte im Jahr 2016 38,8 Mio. t (2015: 41,1 Mio. t)53 Soja aus Brasilien, was 46,7 % der gesamten Importmenge Chinas entspricht.54 Danach folgt mit großem Abstand die EU als Abnehmer von in Brasilien

48 Presidência da República, Portal Brasil, http://www.brasil.gov.br/economia-e-emprego/2017/01/producao-de-peixes-no-brasil-cresce-com-apoio-de-pesquisas-da-embrapa 49 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 50 Ministério da Indústria, Comércio Exterior e Serviços (MDIC), http://www.mdic.gov.br/index.php/balanca-comercial 51 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 52 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 53 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 54 United States Department of Agriculture (USDA), Foreign Agriculture Service (FAS), https://www.fas.usda.gov/data/oilseeds-world-markets-and-trade

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angebautem Soja mit 13,3 Mio. t (2015: 14 Mio. t) und einem Erlös von 4,9 Mrd. USD (2015: 5,5 Mrd. USD). Auf den nächsten Plätzen folgen Thailand (3 Mio. t), Indonesien (1,4 Mio. t) und Russland (1,0 Mio. t).55

Ökolandbau und Umweltmaßnahmen Bislang wurde in Brasilien von etwa 15.000 Landwirten auf ca. 1 Mio. ha Bio-Landwirtschaft betrieben, dies entspricht weniger als 1% der gesamten landwirtschaftlichen Anbaufläche. Produziert werden insbesondere Obst, Gemüse, Zucker, Honig, Getreide und Nüsse. Über das Ministerium für Agrarentwicklung ist Brasilien seit Jahren auf der Bio-Fach in Nürnberg mit einem Gemeinschaftsstand vertreten.

Der Umsatz von Bio-Produkten wächst über 20 % Prozent pro Jahr. 2014 hat der der Bio-Sektor etwa 2 Mrd. Real Umsatz erwirtschaftet, 50 % der Produktion wurde exportiert.56 In erheblichem Umfang kaufen die einzelnen brasilianischen Bundesstaaten Ökoprodukte an, um sie im Rahmen der Schulverpflegung zu nutzen. Auch hier hat es in der Vergangenheit u. a. im Bundesstaat São Paulo Korruptionsskandale gegeben, weil durch den Einsatz von überhöhten Preisen Kick-back-Zahlungen an die für die Vergabe der öffentlichen Mittel zuständigen staatlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgten.

Zu den wichtigsten Umweltmaßnahmen im Agrarsektor gehört das Programm zur kohlenstoffreduzierten Produktion sowie die Verpflichtung aus dem brasilianischen Waldgesetz, mindestens 20 % der Fläche für Naturschutzzwecke (bis zu 80 % im Amazonasbereich) zu nutzen. Die Kosten für diese Verpflichtung werden von Analysten auf über eine Mrd. Euro geschätzt.

Agrarforschung Seit 1973 hat sich Brasilien mit der staatlichen Forschungseinrichtung EMBRAPA im Bereich der Agrarforschung eine weltweit führende Stellung erarbeitet. EMBRAPA beschäftigt insgesamt knapp 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon jeweils etwa ein Viertel als Wissenschaftler und Analysten. EMBRAPA unterliegt nicht den Regeln und Vorschriften, die für die brasilianischen Ministerien gelten, und kann damit leichter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen und höhere Gehälter zahlen. Allerdings haben sich die Wirtschaftskrise und die damit einhergehenden Haushaltskürzungen massiv bei den finanziellen Mitteln von EMBRAPA niedergeschlagen. An insgesamt knapp 50 Standorten ist EMBRAPA mit Einrichtungen vertreten, 17 Institute sind als regionale Repräsentanzen über das Land verteilt, 14 haben sich auf bestimmte Agrarrohstoffe spezialisiert, 11 bearbeiten Basisthemen in der Agrarforschung. 5 weitere Institute kümmern sich um Servicetechnologien für die Arbeit aller EMBRAPA Einrichtungen.57

Auch eine Reihe deutscher Agrarforschungseinrichtungen arbeitet im Rahmen von Kooperationsabkommen mit EMBRAPA zusammen. Ein Leuchtturmprojekt in Brasilien ist die Entwicklung von Bio-Kerosin aus der Zuckerrohrproduktion für den kommerziellen Einsatz in Flugzeugen, hieran sind Embraer und Boeing beteiligt.

55 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 56 Portal Brasil, Presidência da República, http://www.brasil.gov.br/economia-e-emprego/2015/10/agricultura-organica-deve-movimentar-r-2-5-bi-em-2016 57 Empresa Brasileira de Pesquisa Agropecuária (Embrapa), https://www.embrapa.br/embrapa-no-brasil

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EMBRAPA Institut für Sojaforschung in Londrina

Pflanzenschutzmittel, Dünger Seit 2011 ist Brasilien der weltgrößte Markt für Pflanzenschutzmittel (Bezeichnung in Brasilien: Agrotóxicos). 2016 wurden 34 Mio. t Pflanzenschutzmittel (+12,9 % im Vergleich zu 2015) im Wert von 9,56 Mrd. USD (-1 % zu 2015) verkauft.58 Von den 50 am meisten in der Landwirtschaft eingesetzten Produkten waren 2013 in der europäischen Union 22 verboten. In Brasilien gibt es eine konfliktgeladene Diskussion zwischen der Agrarindustrie, Umwelt- und Kleinbauernverbänden sowie mehreren staatlichen Institutionen, die sich in der Auseinandersetzung um das Verbot und die Neuzulassung von Pflanzenschutzmitteln sowie der Frage, wie zukünftig das Zulassungsverfahren ausgestaltet werden soll, unterschiedlich positionieren.

Das Landwirtschaftsministerium MAPA hatte Ende 2013 aufgrund der großflächigen Ausbreitung des Raupenschädlings „Helicoverpa armigera“ mit einer provisorischen Verfügung die Produktion, den Import und den Vertrieb von noch nicht in Brasilien zugelassenen Pflanzenschutzmitteln erlaubt. Nachdem der bislang gebräuchlichste Wirkstoff zur Bekämpfung des „Kaffeebohrers“ 2013 von der nationalen Zulassungsagentur ANVISA verboten worden war, verkündete das Landwirtschaftsministerium im Bundesstaat Minas Gerais im Frühjahr 2014 einen phytosanitären Notstand und erlaubte die Bekämpfung dieses Insekts mit einem im Eilverfahren zugelassenen Wirkstoff. Das am intensivsten in Brasilien eingesetzte Pflanzenschutzmittel ist Glyphosat, das seit 1978 beim Anbau von gentechnisch verändertem Soja verwendet wird. Das staatliche EMBRAPA Agrarforschungsinstitut für Sojaforschung in Londrina hat in zahlreichen Studien die stark steigende Zahl von Resistenzen gegen Glyphosat problematisiert. Auf Anordnung des brasilianischen Bundesgerichts hat ANVISA 2015 eine erneute Überprüfung von sechs Aktivwirkstoffen (u. a. Glyphosat) auf ihre Toxizität vorgenommen. Zu Glyphosat führte ANVISA im November 2015 eine Anhörung internationaler Experten durch. Aufgrund der Resistenzbildungen soll das Pflanzenschutzmittel 2,4-D von DowAgroSciences Anwendung finden. Der Wirkstoff entspricht demjenigen des im Vietnamkrieg eingesetzten Entlaubungsgiftes „agent orange“, allerdings verweist DowAgroSciences darauf, dass die heutige Formel weniger toxisch sei.

Ein erhebliches Problem stellt der informelle Markt für Pflanzenschutzmittel in Brasilien dar. Dabei bestand der Schwarzmarkt bis 2010 aus nur etwa 5 % gefälschten Produkten und 95 % geschmuggelter Ware. 2013 machten gefälschte und geschmuggelte Produkte bereits je 50 % des Schwarzmarktes aus.

Im Jahr 2015 wurden 30,2 Mio. t Dünger verkauft (6,2 % weniger als im Vorjahr). Dieser Rückgang ist wesentlich auf den erheblichen Verfall des Realwechselkurses zurückzuführen, der den Einkauf von Düngemitteln für die Produzenten

58 Sindicato Nacional da Indústria de Produtos para Defesa Vegetal (Sindiveg), http://sindiveg.org.br/

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entsprechend in die Höhe getrieben hat. 2016 wurden ca. 34,1 Mio. t Dünger verkauft und in den ersten 8 Monaten 2017 gab es einen Anstieg von 0,5 % im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum.59

Die Zulassungspraxis von Pflanzenschutzmitteln durch ANVISA steht u. a. in der Kritik, da eigentlich gleichartige Verfahren teilweise mehr als die doppelte Zeit in Anspruch nehmen, was bei mehrjährigen Verfahren massive Wettbewerbsbeeinträchtigungen zur Folge hat.

Agrarmaschinen Das schlechte Investitionsklima aufgrund der ökonomischen und politischen Krise, das sich mit einer in allen Sektoren spürbaren Unsicherheit paart, hat 2015 und 2016 zu einer massiven Investitionszurückhaltung beim Kauf von Landmaschinen geführt. So wurden nur noch 43.701 Agrarmaschinen (2015: 45.708) verkauft. Das Jahr 2013 war das Rekordjahr beim Verkauf von Traktoren und Landmaschinen, damals wurden über 84.000 Traktoren und Landmaschinen verkauft.

Angesichts der guten Ernteaussichten 2017 haben sich die Verkaufszahlen in den ersten fünf Monaten des Jahres positiv verändert (um 28,7 % angestiegen, 17.262 Maschinen).60

Wichtige Agrargüter Brasiliens Im Folgenden wird die Entwicklung wichtiger Produktionszweige der brasilianischen Landwirtschaft dargestellt.

Nachdem Brasilien in der Ernte 2014/15 mit 206 Mio. t erstmals über 200 Mio. t Getreide geerntet hatte, wurde für 2015/16 eine Ernte von 207,7 Mio. t prognostiziert. Aufgrund einer längeren Trockenzeit und hohen Temperaturen blieb das Ergebnis aber deutlich darunter und sank um 10,3 % auf 186,4 Mio. t Getreide.

Die Gesamtanbaufläche lag im Erntejahr 2015/2016 bei 58,3 Mio. ha und damit um 0,7 % höher als im Vorjahr. Für das Erntejahr 2016/2017 liegt die Gesamtanbaufläche bei 60,9 Mio. ha (+4,4 %).61

Eine neue Rekordernte mit einem Zuwachs von bisher unerreichten 28 % gegenüber der Vorjahresernte zeichnet sich für die Ernteperiode 2016/17 mit 238,8 Mio. t ab.62

59 Associação Nacional para Difusão de Adubos, http://anda.org.br/index.php?mpg=03.01.00&ver=por 60 Associação Nacional dos Fabricantes de Veículos Automotores, http://www.anfavea.com.br/estatisticas.html 61 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=540&t= 62 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=540&t=

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Soja

Wichtigstes Exportgut der Agrarindustrie bleibt Soja, das auf 3,9 % der Fläche Brasiliens angebaut wird (2015/2016: 33,2 Mio. ha) und das 47 % der Gesamtproduktion ausmacht. Mit 96,2 Mio. t (USA: 108 Mio. t) wurde 2014/15 die bislang mengenmäßig größte Ernte erreicht (+4,6 %). 2015/2016 ist die Produktion auf 95,4 Mio. t gesunken (-0,8 %). Der Durchschnittsertrag pro Hektar lag bei 2,87 t (-4,8 %). Die Erwartungen für das Erntejahr 2016/2017 liegen bei 113 Mio. t, bis Mai 2017 wurden 19,5 Mio. t geerntet.63

Mit 42,8 % ist Brasilien vor den USA (mit 38,6 %) weltweit größter Exporteur von Soja. Etwa 61,9 Mio. t der Ernte werden exportiert.64

Durch die Ausweitung des Sojaölanteils im Biodiesel von 5 % auf 7 % (10 % ab 2019) steigt der Anteil von Soja, das zu Sojaöl verarbeitet wird.65

Bezogen auf die Ernte 2016/2017 wurden 95,5 % der Soja in Brasilien aus GVO-Saatgut produziert (Anbaufläche: ca. 32,7 Mio. ha).66 Die zunehmende Resistenzbildung gegen Pflanzenschutzmittel bei GVO-Sojasorten und der höhere Preis für Saatgut sorgen für etwa gleich hohe Produktionskosten zwischen GVO und Nicht-GVO-Sorten, allerdings ist der Logistikaufwand für den getrennten Transport bei Nicht-GVO-Sorten höher.

In Deutschland wurden in der Vergangenheit Lieferungen von gentechnikfreier Soja aus Brasilien registriert, in denen die Beimischung von gentechnisch veränderter Soja den EU-Grenzwert von 0,9 % überstieg. Durch eine lückenlose Kontrollkette sind zumindest die großen Produzenten/Händler inzwischen in der Lage, solche Mängellieferungen zu vermeiden.

Seit 2006 gibt es das Soja-Moratorium, das die Vermarktung von Soja aus dem Amazonasgebiet untersagt. Dieses Moratorium wurde im Mai 2016 auf unbestimmte Zeit verlängert. Ursprünglich sollten mithilfe des Umweltkatasters CAR die Waldflächen überprüft werden, um Verstöße gegen das brasilianische Waldgesetz bzw. das Moratorium feststellen zu können. Inzwischen ist allerdings klar, dass eine flächendeckende Katastrierung noch nicht erreicht worden ist. Die Frist für die Registrierung im Umweltkataster67 wurde für alle Landbesitzer bis Dezember 2017 verlängert.

Sojaanbau in Mato Grosso

Zucker / Äthanol

In den vergangenen 25 Jahren hat sich die Zuckerproduktion in Brasilien mehr als verdreifacht. Die Anbaufläche wurde in dieser Zeit von 4,2 Mio. ha auf 9,1 Mio. ha ausgeweitet. Brasilien ist mit einem Anteil von 22,2 % weltgrößter

63 Companhia Nacional de Abastecimento, http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253 64 United States Department of Agriculture (USDA), Foreign Agriculture Service (FAS), https://www.fas.usda.gov/data/brazil-grain-and-feed-annual-2 65 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=540&t= 66 Céleres, http://www.celeres.com.br/3o-levantamento-de-adocao-da-biotecnologia-agricola-no-brasil-safra-201617/ 67 Weitere Informationen unter: http://www.mma.gov.br/mma-em-numeros/cadastro-ambiental-rural und http://www.car.gov.br/

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Zuckerproduzent.68 2016 ging die Zuckerrohrproduktion Brasiliens zu 60 % in die Äthanolproduktion, 40 % wurde zu Zucker verarbeitet.69 Aufgrund eines Anstiegs des Zuckerpreises ist die Zuckerproduktion im Laufe des Jahres angestiegen.

86 % der Zuckerproduktion geht in den Export. Das sind 45 % des weltweiten Exportvolumens. Bei Äthanol ist das Verhältnis ein deutlich anderes: lediglich 8 % gehen in den Export, 92 % werden auf dem heimischen Markt verkauft.70

Die Ernte 2015/16 verzeichnete eine Steigerung von 634,8 Mio. t auf 665,6 Mio. t Zuckerrohr. Aus der Ernte 2015/16 wurden 33,5 Mio. t Zucker sowie 30,5 Mrd. Liter Äthanol gewonnen. Für 2016/17 liegen die Erwartungen für die Zuckerrohrernte bei 657 Mio. t. Für die Ernte 2017/18 wird eine weitere Steigerung von 9,6 Mio. t erwartet.71

Brasilien exportierte 2016 28,9 Mio. t (+20,49 %) Rohzucker für 10,4 Mrd. USD (+36,6 %). Größte Importeure sind Indien (8,4 %), China (8,3 %), Algerien (7 %) und Bangladesch (6,7 %). Äthanol wird vornehmlich in die USA (61 %) sowie nach Südkorea (25 %) exportiert.72

Die Zuckerproduktion ist zu zwei Dritteln auf den Südosten des Landes konzentriert. Allein im Bundesstaat São Paulo werden 49 % des Zuckerrohrs angepflanzt. Die Ernte findet von April bis November statt, in dieser Zeit arbeiten die Zucker-/Äthanolfabriken rund um die Uhr.73

Mais

Brasilien ist drittgrößter Produzent (6,9 % der weltweiten Produktion) und zweitgrößter Exporteur von Mais mit einem Weltmarktanteil von 24,4 %.74 Hauptdestinationen sind der Iran mit 22 %, Vietnam mit 13 %, Japan mit 12 %, Malaysia mit 7,4 % und Ägypten, das 6,9 % der exportierten Menge abnimmt.75 Der Anteil der GVO-Produktion beim Mais liegt 2017 bei etwa 88 %.76

Die Maisernte hat 2016 massive Verwerfungen bei den Maisbauern, aber insbesondere auch bei den Geflügelproduzenten verursacht. Eine ausgedehnte Trockenperiode hat dazu geführt, dass die Maisernte 2016 sehr stark gesunken ist und nur noch 66,53 Mio. t. (-20 %) betrug.77 Da ein Großteil der Ernte bereits vorab an ausländische Abnehmer verkauft wurde, sah sich Brasilien gezwungen, Maisimporte u. a. aus den USA zu ermöglichen, um die einheimische Nachfrage zu decken. In der Schweine- und Geflügelproduktion Brasiliens macht Mais jeweils etwa 70-80 % des eingesetzten Futters aus, in der Milchproduktion liegt der Maisanteil am Futter bei 23 %.78 Die Maisproduktion erreichte im Erntejahr 2014/15 ein Rekordergebnis mit 84,67 Mio. t. Für die Ernte 2015/16 wurde mit 83,51 Mio. t ein etwas geringeres Ergebnis erwartet. Im Jahr 2015 wurden 28,9 Mio. t Mais exportiert, 40 % mehr als im Vorjahr.79

Weizen

Die Weizenproduktion ist von 5,5 Mio. t im Jahr 2015 auf 6,7 Mio. t im Erntejahr 2016 angestiegen.80 Die Importe stiegen ebenfalls um 1,7 Mio. t auf 6,9 Mio. t (57 % davon aus Argentinien, 18 % aus den USA).81

Die Produktion konzentriert sich auf die beiden Bundesstaaten Rio Grande do Sul und Paraná im Süden Brasiliens. Im Gegensatz zu anderen wichtigen Getreidesorten, bei denen internationale Konzerne bedeutsame Marktanteile beim Saatgut

68 United States Department of Agriculture (USDA), Foreign Agriculture Service (FAS), https://www.fas.usda.gov/data/sugar-world-markets-and-trade 69 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2 70 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 71 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2 72 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 73 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2 74 United States Department of Agriculture (USDA), Foreign Agriculture Service (FAS), https://www.fas.usda.gov/data/grain-world-markets-and-trade 75 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 76 Céleres, http://www.celeres.com.br/3o-levantamento-de-adocao-da-biotecnologia-agricola-no-brasil-safra-201617/ 77 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2 78 Empresa Brasileira de Pesquisa Agropecuária Suínos e Aves (Embrapa Suínos e Aves), http://www.cnpsa.embrapa.br/SP/suinos/nutricao.html 79 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 80 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2 81 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm

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aufweisen, beherrschen beim Weizen vier brasilianische Firmen den Markt und sind mit ihrem Saatgut auf etwa 90 % der Anbaufläche vertreten.

In Verhandlungen mit der russischen Regierung im Juli 2015 wurde in Moskau vereinbart, dass Brasilien Milchpulver nach Russland exportieren kann und Brasilien im Gegenzug seinen Markt für russischen Weizen und Fisch öffnet. 2016 wurde allerdings kein Weizen aus Russland importiert.82

Reis

Reis gehört neben Bohnen zu den Grundnahrungsmitteln, insbesondere auch für die ärmere Bevölkerung Brasiliens. Auf 2 Mio. ha wurde 2015 in Brasilien Reis angebaut. 2015/16 wurden 10,6 Mio. t produziert, für 2016/17 wird ein Zuwachs von 14,4 % erwartet. Damit soll der erwartete einheimische Verbrauch von 12 Mio. t durch die einheimische Produktion gedeckt werden. Der Reisanbau konzentriert sich auf die Bundesstaaten Rio Grande do Sul, Santa Catarina und Mato Grosso. Rio Grande do Sul produziert mit Beregnungsanlagen über die Hälfte (62 %) des brasilianischen Reises.83

Baumwolle

Die Baumwollfaserernte 2015/16 lag bei etwa 1,3 Mio. t (-17,5 %). 68 % der Baumwollernte Brasiliens ist im Bundesstaat Mato Grosso konzentriert, wo Baumwolle immer häufiger als zweite Pflanze nach der Sojaernte angebaut wird.84

Im Erntejahr 2015/16 lag die Anbaufläche von Baumwolle in Brasilien mit 955.200 ha 2 % unter der des Vorjahres.85 Die Exportmenge für 2016 betrug 804.900 t (-3,51 %). Größte Importeure der brasilianischen Baumwolle sind Indonesien, Südkorea, Vietnam, die Türkei und China.86

Die Produktivität beim Anbau von Baumwolle hat sich in Brasilien in den vergangenen 20 Jahren verdreifacht.87

Kaffee

Brasilien ist weltweit der größte Produzent (32 %) und Exporteur (28 %) von Kaffee.88 Das Land produzierte 2016 3 Mio. t Kaffee.89 62 % der Produktion gehen in den Export. Die EU nimmt knapp 44 % des brasilianischen Kaffees ab. Deutschland war 2016 mit 19,4 % größter Importeur gefolgt von den USA mit 19,3 %.90 Die Kaffeeernte 2015 war durch eine Dürreperiode im Südosten auf 43,2 Mio. Sack à 60 kg gesunken (-7 %). Die Ernte 2016 brachte einen Zuwachs von 18,8 % auf über 51,3 Mio. Sack.91

Da die Kaffeeproduktion den höchsten Anteil von Handarbeit aller Agrarprodukte in Brasilien aufweist, ist der Sektor mit allein 2 Mio. Beschäftigten im Bundesstaat Minas Gerais auch politisch von hoher Bedeutung. 52 % der Produktionskosten beim Kaffee entfallen auf Lohnkosten. Bei stark fallenden Kaffeepreisen auf dem Weltmarkt werden aus dem Sektor schnell Forderungen nach einer Absicherung der Produktionskosten durch die Festlegung entsprechender Mindestpreise laut.

In Brasilien werden sowohl die Sorte Robusta (Anbauschwerpunkt in Espirito Santo) als auch die Sorte Arabica (Anbauschwerpunkt in Minas Gerais) angebaut.

82 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 83 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2 84 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2 85 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2 86 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 87 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2 88 United States Department of Agriculture (USDA), Foreign Agriculture Service (FAS), https://www.fas.usda.gov/data/grain-world-markets-and-trade 89 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2 90 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 91 Companhia Nacional de Abastecimento (CONAB), http://www.conab.gov.br/conteudos.php?a=1253&t=2

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Orangensaft

Die Orangenproduktion in Brasilien ist zu 73 % auf die Bundesstaaten São Paulo und Minas Gerais konzentriert. Die Ernte 2015/2016 erreichte 14,32 Mio. t (-14 %). Brasilien ist der größte Produzent von Orangensaft weltweit.92 Im Jahr 2016 sind 68 % des exportierten Orangensafts (ca. 1 Mio. t) in die EU gegangen (entspricht 15 % der Importmenge der EU). Der Exporterlös Brasiliens mit diesem Produkt lag 2016 bei 1,9 Mrd. USD.93

Rindfleisch

Brasilien verfügt über einen Rinderbestand von etwa 215 Mio. Tieren, auf die statistisch pro Tier etwa ein Hektar Weidefläche kommt. Mit 18 % der weltweiten Produktion ist das Land zweitgrößter Produzent von Rindfleisch nach den USA. Beim Export von Rindfleisch hält Brasilien Platz 2 mit einen Anteil von 20,5 % am Weltmarkt (1,3 Mrd. t; 5,34 Mrd. USD).94 22 % des Exports gingen 2014 nach Russland, nicht zuletzt aufgrund der Sanktionen Russlands gegenüber der EU. 2016 betrug der Exportanteil nach Russland 9 %, nach China 11 % und nach Hongkong 20 %.95 Die vier wesentlichen Exporteure von Rindfleisch sind die Firmen JBS (Jahresumsatz von 52 Mrd. USD), BRF, Marfrig und Minerva.

Der Fleischskandal „Carne fraca“ im Frühjahr 2017 hat zu erheblichen Absatzeinbrüchen geführt. Der hoch verschuldete JBS Konzern musste sich von seinen Filialen in Argentinien, Uruguay und Paraguay trennen und diese an den Wettbewerber Minerva für etwa 350 Mio. USD verkaufen.

Die Produktion von Rindfleisch erreichte in den beiden vergangenen Jahren jeweils etwa 10 Mio. t. Der Pro-Kopf-Verbrauch in Brasilien beträgt etwa 36,8 kg pro Jahr. Durch den wirtschaftlichen Abschwung ist der Verbrauch von hochwertigem Rindfleisch pro Kopf um 6,6 % zurückgegangen.96

Für 2017 schätzt der Verband der Fleischexporteure einen Anstieg um 9 % auf 6 Mrd. USD mit einem Volumenanstieg von 7 % auf 1,5 Mio. t, was angesichts der dargestellten Probleme allerdings überzogen erscheint.

2016 waren die Türkei (159.000), Libanon (53.200) und der Irak (19.600) die Hauptabnehmer von Lebendvieh aus Brasilien. Der Lebendviehexport von Rindern nach Venezuela erlebte 2016 mit 8.000 Rindern einen massiven Einbruch gegenüber den Jahren 2015 (117.000) und 2014 (496.000). Große mediale Aufmerksamkeit fand im Oktober 2015 ein Schiffsuntergang im Hafen von Barcarena in Pará, bei dem 5.000 Rinder verendeten.

Geflügelfleisch

Brasilien ist zweitgrößter Produzent und größter Exporteur von Geflügelfleisch weltweit. Die Produktionsrate von Geflügelfleisch ist seit 2012 etwa konstant und lag 2016 bei etwa 12,9 Mio. t. Davon wurden 2016 4,3 Mio. t (plus 1,9 % gegenüber 2015) für 6,76 Mrd. USD (-4,5 %) exportiert. Der Pro-Kopf-Verbrauch beim Geflügelfleisch liegt in Brasilien bei etwa 41 kg pro Jahr.97

Im Rahmen des „Carne fraca“-Skandals kam auch das brasilianische Geflügelfleisch in die Schlagzeilen. Eine Untersuchung der EU-Kommission im Mai 2017 förderte erhebliche hygienische Mängel bei Geflügelfleischexporteuren zu Tage. In der Folge wurde Brasilien auferlegt, für jede einzelne Lieferung ein Veterinärzertifikat über durchgeführte Prüfungen zu erstellen. Ende 2017 soll eine weitere Untersuchung feststellen, ob die von der EU eingeforderten Maßnahmen auch umgesetzt werden.

92 United States Department of Agriculture (USDA), Foreign Agriculture Service (FAS), https://www.fas.usda.gov/data/brazil-citrus-annual-1 93 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 94 United States Department of Agriculture (USDA), Foreign Agriculture Service (FAS), https://www.fas.usda.gov/data/livestock-and-poultry-world-markets-and-trade 95 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 96 Beef Point, http://www.beefpoint.com.br/consumo-per-capita-de-carne-bovina-recuou-para-o-menor-nivel-em-15-anos/ 97 Associação Brasileira de Proteína Animal (ABPA), http://abpa-br.com.br/setores/avicultura/publicacoes/relatorios-anuais

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Schweinefleisch

Auch beim Schweinefleisch lag die Produktionsmenge zwischen 2012 und 2015 stabil bei etwa 3,5 Mio. t. Ca. 15 kg Schweinefleisch werden von den Brasilianern pro Jahr und pro Kopf verzehrt.98 Schweinefleisch wird in Brasilien häufig mit dem Wachstumshormon Ractopamin, das in der EU verboten ist, hergestellt.

720.100 t Schweinefleisch wurden 2016 exportiert (plus 33 % gegenüber 2015). Die Schweinefleischindustrie erreichte einen Zuwachs von 16,3 % auf 1,47 Mrd. USD beim Export.99

Die Bundesstaaten Rio Grande do Sul und Santa Catarina erhielten im Mai 2015 von der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) die Zertifizierung als frei von „Klassischer Schweinepest“. Rio Grande do Sul und Santa Catarina exportieren ca. 70 % des brasilianischen Schweinefleisches. Im Mai 2016 wurden weitere 14 Bundesstaaten als frei von „Klassischer Schweinepest“ bei der OIE anerkannt.

Pferdefleisch

Pferdefleisch wird in Brasilien nicht konsumiert (99 % der Produktion wird exportiert). 2016 wurden 83 % der Produktion in die EU exportiert (2.700 t im Wert von 7,8 Mio. USD).100

Im Rahmen der „Carne fraca“ Untersuchungen der EU-Kommission wurden zahlreiche hygienische Mängel im Rahmen der Produktion von Pferdefleisch festgestellt, die die EU-Kommission mit einem Importverbot von Pferdefleisch aus Brasilien in die EU beantwortete.

98 Associação Brasileira de Proteína Animal (ABPA), http://abpa-br.com.br/setores/avicultura/publicacoes/relatorios-anuais 99 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm 100 Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (MAPA), http://indicadores.agricultura.gov.br/agrostat/index.htm

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Rahmenbedingungen für Handel und Industrie

Der Zugang zum brasilianischen Markt gestaltet sich durch zahlreiche bürokratische Hürden und langwierigen Verfahren vergleichsweise sehr schwierig. Der Marktzugang ist in der Regel nur durch die Kooperation mit lokalen Partnern oder durch die Gründung einer eigenen Niederlassung in Brasilien realisierbar. Hohe Zölle und Steuern sowie die schlechte Verbraucherstimmung in Brasilien verschärfen die Situation.

Die brasilianischen Unternehmen der Ernährungsindustrie haben 2016 einen Umsatz von rd. 614,3 Mrd. Real (+ 9,3 % im Vergleich zu 2015, nicht inflationsbereinigt) erwirtschaftet. Der Umsatz bei Lebensmitteln erreichte über 497,3 Mrd. Real, bei Getränken ca. 117,0 Mrd. Real. Für 2017 wird für den Sektor ein Umsatzwachstum von 0,7 % - 1,5 % geschätzt. Die Anzahl „industrieller“ Unternehmen beträgt rund 32.000; daneben existieren rund 45.000 (auch kleine) Handwerksbetriebe, die ihre Produkte auch direkt verkaufen, wie z. B. Bäckereien.101

Für die Supermärkte schätzte der Branchenverband ABRAS im Februar 2017 ein Umsatzplus von 5 % für die vergangenen 12 Monate. Während 2015 80.000 Läden geschlossen haben, stieg die Zahl der im Internet präsenten Anbieter im gleichen Jahr um 21 %. Zu Beginn des Jahres 2015 waren 14,53 % der Geschäfte sowohl physisch als auch online aktiv, zu Beginn 2016 waren es nur noch 13,46 %. Im Jahr 2016 schlossen 108.700 Geschäfte (davon 34.783 Supermärkte).102

Die Konzentration im brasilianischen Einzelhandel ist weit fortgeschritten. Die zehn größten Akteure decken 73 % des Marktes mit einem Umsatz von 72 Mrd. USD, wobei die drei größten Supermarktketten alleine auf einen Marktanteil von 54 % kommen (Umsatz: 59 Mrd. USD).

Handelshemmnisse Beim Marktzugang geht Brasilien oftmals bis an die WTO-zulässige Grenze der Einfuhrsteuern. Das verursacht extrem hohe Preise für Importgüter in den Supermärkten. Zusätzlich zu den Einfuhrsteuern kommt je nach Produkt noch eine Industriesteuer (IPI) von 30 % hinzu. Die Zollabfertigungskosten sowie die Transportkosten innerhalb Brasiliens sind im internationalen Vergleich ebenfalls außerordentlich hoch. Auch die weit verbreitete Korruption im Land ist ein nicht unerhebliches Hindernis für Unternehmen beim Zugang zum brasilianischen Markt.

Nahrungsmittel und Getränke Absatz und Produktion von Lebensmitteln und Getränken haben sich infolge der gesamtwirtschaftlichen Abschwächung weniger dynamisch entwickelt. Die erhöhte Inflation, verteuerte importierte Vorprodukte, die schwächere Landeswährung, eine hohe Arbeitslosigkeit, geringere Reallöhne sowie eine angestiegene Privatverschuldung haben die Konsumenten vorsichtiger werden lassen.

Laut Angaben des brasilianischen Branchenriesen BRF wuchs die Nachfrage nach verarbeiteten Lebensmitteln in Brasilien bis 2015 jährlich stabil um ungefähr 6 %.103 Wo viele einfachere Haushalte früher meist Reis, Bohnen und Fleisch kauften, erhöhte das gestiegene Einkommen der neuen Mittelklasse spürbar die Nachfrage nach industriell verarbeiteten Lebensmitteln und Fertiggerichten. Die zunehmende Zahl von Singlehaushalten sowie die steigende Zahl berufstätiger Frauen stützten diesen Trend.

Viel Wachstumspotenzial sehen Branchenexperten im Verkauf von Lebensmitteln an Restaurants, Kantinen, Bistros und Kneipen (Food Service). Allerdings sind aktuell auch bei der Außerhausverpflegung deutliche Einbußen feststellbar. 2016 stieg der Umsatz im Bereich des Food Service in Brasilien auf 184 Mrd. Real.104

101 Associação Brasileira das Indústrias da Alimentação (ABIA), http://www.abia.org.br/vsn/tmp_2.aspx?id=182#sthash.5lgbjeKz.dpbs 102 Confederação Nacional do Comércio de Bens, Serviços e Turismo, http://cnc.org.br/central-do-conhecimento/pesquisas/economia/varejo-perde-1087-mil-pontos-de-venda-em-2016 103 BRF, http://revistabrf.com.br/muito-espaco-para-crescer/ 104 Instituto Food Service Brasil (IFB), http://www.institutofoodservicebrasil.org.br/post.php?m=MjU=

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Die Fast-Food-Ketten wollen stärker mittelgroße Städte abseits der Metropolen sowie den Nordosten des Landes erschließen. Laut einer Studie wird der Fast-Food-Markt von derzeit 16,6 Mrd. Euro Umsatz und 406.000 Verkaufslokalen bis 2018 auf 25 Mrd. Euro Umsatz und 480.000 Filialen wachsen, wobei anzumerken ist, dass die Studie vor der aktuellen Wirtschaftskrise erstellt wurde.105

Für die Produzenten von Nudeln und Backwaren machte sich in den vergangenen Jahren das hohe Preisniveau von Weizen bemerkbar. Der Trend ging daher zu Produkten mit höherer Wertschöpfung, um über höhere Endpreise die gestiegenen Rohstoffpreise zu kompensieren. Der Trend bei Kleingebäck geht zu kleineren Produkteinheiten, sogenannte „Porcionados“.106 107

Der Schokoladenabsatz konsolidiert sich in Brasilien zum drittgrößten Absatzmarkt für Schokolade. Der Umsatz von Schokolade und Bonbons stieg nach Angaben des Lebensmittelverbandes Abia 2016 um 6 %.108 Laut Umfragen entwickelte sich der preissensible Markt vor der Krise weg von einfachen Varianten hin zu höherwertigen Produkten, wie Bonbons mit Füllungen und Zuckerersatzstoffen.

Bei Milchprodukten stieg in den vergangenen Jahren mit der zunehmenden Kaufkraft der unteren Mittelschicht auch die Nachfrage nach Joghurt, Streichkäse, Sahne und Petit Suisse-Frischkäse. Besonders deutlich wurde dies im bevölkerungsreichen und tendenziell ärmeren Nordosten, wo die Menschen zusätzlich verfügbares Einkommen stärker spürten.

Der Bundesstaat São Paulo bleibt mit rund 36 % der industriellen Lebensmittelproduktion klar der Schwerpunkt der Branche. Rund 58 % der landesweiten Zuckerproduktion und 48 % der Obst- und Gemüsekonserven kommen aus São Paulo, dazu 31 % der Milchprodukte und 37 % des Kaffees. Mit seinen rund 30 Mio. Einwohnern bleibt die Makrometropole São Paulo (São Paulo mit angrenzenden Ballungsräumen) auch gleichzeitig der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt.

Der brasilianische Biermarkt ist trotz der Entstehung vieler Kleinstbrauereien äußerst konzentriert. Marktführer Ambev hat einen Marktanteil von 65 %, der niederländische Heineken Konzern kommt nach der Übernahme der Kirin Gruppe Anfang 2017 auf 19 % und Petropolis auf 15 %. Insgesamt verfügen diese drei Konzerne damit über 99 % des Marktes. Ambev verkündete im Juni 2017 einen Umsatzrückgang von 3 % für das erste Quartal 2017 verbunden mit einem Gewinneinbruch von 21 %. Mit 62 Litern pro Kopf und Jahr ist Brasilien auf Platz 17 der weltweiten Bierkonsumentenländer. Durch die Krise stellen die Bierproduzenten einen klaren Trend zu billigeren Biermarken fest.

Im April 2014 ist eine Steuererhöhung (IPI) für Kaltgetränke eingeführt worden (Bier, Wasser, Erfrischungsgetränke etc.), was nach Branchenstimmen das endgültige Ende der verbliebenen kleineren Produzenten bedeuten könnte. Den Markt für Erfrischungsgetränke dominieren Coca Cola und Anheuser-Busch InBev mit rund 80 % des Absatzvolumens. Auf der anderen Seite stehen rund 180 kleinere regionale Hersteller, die laut Verband unverhältnismäßig höhere Steuern bezahlen.

105 Studie von Mintel 2013, http://store.mintel.com/fast-food-brazil-august-2013, in http://economia.ig.com.br/empresas/2013-11-18/redes-de-fast-food-vao-faturar-r-75-bilhoes-em-2018.html 106 Associação Brasileira das Indústrias da Alimentação (ABIA), http://www.abia.org.br/vsn/tmp_2.aspx?id=182#sthash.5lgbjeKz.dpbs 107 Serviço Brasileiro de Apoio às Micro e Pequenas Empresas (Sebrae), https://www.sebrae.com.br/sites/PortalSebrae/bis/um-estudo-sobre-panificacao-biscoitos-e-confeitaria,7084ee1e19042510VgnVCM1000004c00210aRCRD 108 Associação Brasileira das Indústrias da Alimentação (ABIA), http://www.abia.org.br/vsn/tmp_2.aspx?id=182#sthash.5lgbjeKz.dpbs

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Zusammenarbeit Kooperationen, Projekte, Messen, Unternehmerreisen, Arbeitsgruppen Seit 2003 ist die Deutsch-Brasilianische Agribusiness-Initiative die gemeinsame, bewährte Kommunikationsplattform für Fragen des bilateralen agrar-politischen, -wirtschaftlichen und kommerziellen Austausches zwischen beiden Ländern. Sie tagt einmal jährlich im Rahmen der Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstage. Das letzte Treffen fand im Oktober 2016 in Weimar statt. 2017 wird der brasilianische Bundesstaat Rio Grande do Sul die Gastgeberrolle übernehmen und vom 12. bis 14. November nach Porto Alegre einladen.109

Ein Beispiel für die gute deutsch-brasilianische Zusammenarbeit ist das Projekt zur Genossenschaftskooperation im Bundesstaat Rio Grande do Sul. Seit über fünf Jahren arbeitet der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V. (DGRV) mit dem Genossenschaftsverband des Bundesstaates in einem aus Mitteln des Bilateralen Kooperationsprogramms des BMEL finanzierten Projekt zusammen. Ziel der Kooperation ist die Stärkung der Arbeit des Verbandes und der landwirtschaftlichen Genossenschaften in Rio Grande do Sul durch die Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie die Verbesserung von Verbands- und Bildungsstrukturen.110 Zwischenzeitlich ist eine trilaterale Kooperation des Projektes mit dem Nachbarland Argentinien vereinbart worden. Mit den brasilianischen Partnern ist die Ausweitung des Projekts auf die Bundesstaaten Espírito Santo, São Paulo und Paraná beschlossen worden.

Im Mai 2014 beteiligte sich das BMEL im Rahmen eines Gemeinschaftsstandes mit deutschen Lebensmittelexporteuren letztmalig an der Lebensmittelfachmesse APAS in São Paulo. Die Messe wird vom Verband der Supermärkte organisiert.111 Die geringe Nachfrage von Seiten der deutschen Ernährungswirtschaft war der Anlass, dieses Engagement von deutscher Seite vorerst zu beenden. Hinsichtlich eines zukünftigen Engagements wird vermutlich viel davon abhängen, ob sich der Zugang zum brasilianischen Markt in Zukunft weniger bürokratisch darstellen wird oder nicht. Im März 2019 ist eine neue Lebensmittelmesse in São Paulo in Planung, die für deutsche Firmen eine Plattform darstellen könnte.

Die größte Landwirtschaftsmesse in Lateinamerika, die Expointer in Porto Alegre/Esteio verzeichnete erneut hohe Besucherzahlen. Die Stimmung bei den Ausstellern, auch bei dem deutschen Gemeinschaftsstand, der von der AHK Porto Alegre organisiert wird, war trotz der schlechten Stimmung im Sektor eher zuversichtlich hinsichtlich der weiteren Entwicklung der brasilianischen Landwirtschaft. Unternehmerreisen zur Markterkundung sind ein wichtiges Instrument für die Bewertung von Marktchancen in Brasilien und fanden jeweils 2014 und 2015 statt.

Auf politischer Ebene ist der Kontakt zwischen Brasilien und Deutschland im Agrarbereich aufgrund der Reisen auf Leitungsebene, durch die regelmäßige Teilnahme der Spitze des brasilianischen Landwirtschaftsministeriums am GFFA und dem Agrarministergipfel (im Januar 2017 auch im Rahmen des G20-Agrarministertreffens) sowie der Teilnahme der Staatssekretäre der Landwirtschaftsministerien an den Sitzungen der Agribusiness-Initiative eng und freundschaftlich. Diese Zusammenarbeit wurde durch die erstmaligen Regierungskonsultationen zwischen Brasilien und Deutschland im August 2015 noch vertieft. Im Mai 2017 wurde diese Kooperation durch einen Besuch des BMEL auf Abteilungsleiterebene in Brasilien fortgeführt.

109 Deutsch-Brasilianische Wirtschaftstage, http://www.eeba2017.com/?locale=de 110 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), http://www.bmel.de/DE/Ministerium/IntZusammenarbeit/_Texte/UNO-Tag-der-Genossenschaften.html 111 Weitere Informationen zur Messe unter http://www.apasshow.com.br/

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Chancen, Risiken und Ausblick Die Größe Brasiliens ist eine Herausforderung für wirtschaftliche Aktivitäten im Land, die eines langen Atems bedürfen. Auch die Komplexität von Verwaltungsvorgängen ist selbst für einheimische Akteure ein nicht zu unterschätzendes Hindernis. Allerdings ist die grundsätzliche Aufgeschlossenheit gegenüber Deutschland und deutschen Produkten in Brasilien weithin spürbar. Die massive wirtschaftliche und politische Krise des Landes lässt aktuell jedoch keine großen Sprünge erwarten.

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Kontakte Deutsche Botschaft Brasilia SES Quadra 807, lote 25 CEP 70415-900 Brasília, DF http://www.brasil.diplo.de/ Tel.: (++55) 51 3442 7000 MAPA – Ministério da Agricultura, Pecuária e Abastecimento (Ministerium für Landwirtschaft, Viehzucht und Versorgung) Esplanada dos Ministérios, Bloco D CEP 70043-900 Brasília, DF http://www.agricultura.gov.br/ Casa Civil (Präsidialamt) Praça dos Três Poderes, Palácio do Planalto, 4ºandar CEP 70150-900, Brasília, DF http://www.casacivil.gov.br/ AHK Porto Alegre AHK Rio de Janeiro AHK São Paulo http://www.brasilien.com.br/ CONAB – Companhia Nacional de Abastecimento (Nationale Versorgungsgesellschaft) SGAS 901 Bloco “A” Lote 69 - Asa Sul CEB 70390-110, Brasília, DF http://www.conab.gov.br/ Embrapa – Empresa Brasileira de Pesquisa Agropecuária (Brasilianische Agrarforschungsgesellschaft) Parque Estação Biológica, W/3 Norte/Final CEP 70770-901, Brasília, DF https://www.embrapa.br/ Abia – Associação Brasileira das Indústrias de Alimentação (Vereinigung der Nahrungsmittelindustrie) Av. Brig. Faria Lima, 1.478, 11º andar CEP: 01451-001, São Paulo, SP http://www.abia.org.br/vst/default.asp Abag – Associação Brasileira do Agronegócio (Agrobusiness Vereinigung) Av. Paulista 1754 - 14 andar - Conj. 147 CEP 01310-920, São Paulo, SP http://www.abag.com.br/ CNA – Confederação da Agricultura e Pecuária do Brasil (Landwirtschafts- und Viehzuchtverband) SGAN Quadra 601, Módulo K CEP 70830-021, Brasília, DF http://www.canaldoprodutor.com.br/

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Impressum Herausgeber Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Abteilung 6 - EU-Politik, Internationale Zusammenarbeit, Fischerei Wilhelmstraße 54 10117 Berlin Gestaltung Umschlag Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Text: Martin Nissen, Deutsche Botschaft in Brasilia Bildnachweis Jonathan Fuchs, Martin Nissen Druck BMEL Weitere Informationen: www.agrarexportfoerderung.de www.bmel.de