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Kurzfristigen Erleichterungen durch "afypische" Substanzen steht die Gefahr langfristig ver-stärkter psychotischer Symptome gegenüber. Die ersten neuen Neuroleptika wurden wegentödlicher vegetativer Zwischenfille bereits vom Markt genommen. Nichtsdestotrotz machtman 'Atypische" den Betroffenen schmackhaft. Doch wer hilft ihnen beim Absetzen?

Von Peter Lehmann

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i$ $m moderne Neuroleptika (zumi,löBeispiel Abilify, Risperdal, Ser-

dolect, Seroquel, Solian, Zyprexa) an-

zupre isen, verpönt man je tz t her -

kömmliche Neuroleptika: Zahnausfall

würden sie herbeifuhren, chronische

Muskelstörungen, verminderte Lebens-

qualität sowie Berentung und Pflege-

kosten. 'ü/egen der Verordnung "arypi

scher" Neuroleptika seien noch keine

Fälle von Arztregress, d.h. Schaden-

ersatzklagen gegen Arzte bekannt ge-

worden, so Beate Lakotta im Dezem-

ber 2002 im Spiegel (Lakotta 2002).

Nur teilweise groteske Gewichtszunah-

me. Herzrhythmusstörungen sowie

Knochenmarks- und Blutbi ldstörun-

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gen könnten als Nebenwirkungen auF

treten, seien aber mit regelmässigen

Laborkontrollen zu begrenzen. Beate

Lakotta ist Preisträgerin des "Lilly

Schizophrenia Reintegration Awards",

gestiftet vom Pharmahersteller Lilly

Pharma Holding GmbH. Li l ly ist der

Hersteller des weit verbreiteten Zy-

prexa.

Wirkungsweise und Auswirkungen

Den modernen Neuroleptika werden

diejenigen Präparate zugeordnet, die

in ihrer Wirkung dem in den 60erJah-

ren des vorigen Jahrhunderts einge-

führten Protofyps Clozapin (im Han-del auch als Elcrit und Leponex) ent-sprechen. Der Wirkung liegt offenbardie Blockade spezieller Dopaminre-zeptoren-Subtypen zugrunde, so dassseltener Dyskinesien (Muskel- undBewegungsstörungen) auftreten undviele Betroffene von einer besserenVerträglichkeit ausgehen. Wie der Psy-chiater Hans-Joachim Haase aller-dings erklärte, verhält sich Clozapinlediglich "ähnlich wie andere Neuro-leptika, denen man eine zunehmendhohe Dosis eines Antiparkinsonmit-tels hinzugibt" (Haase 1988, S. 143).

I99l,34Jahre nach Leponex, wur-de als nächstes clozapinartiges Neu-roleptikum Remoxiprid (Roxiam) als"Rose ohne Dornen". d.h. als Medika-ment ohne Nebenwirkungen ange-kündigt. Drei Jahre später wurde eswieder vom Markt genommen: wegeneiner Reihe lebensgefihrlicher Fällevon aplastischer Anämie, d.h. Blutar-mut mit Verminderung der roten undweissen Blutkörperchen, beruhendauf einem Defekt im blutbildendenSystem (vgl. Lehmann 1996b, S. 133).Sertindol (Serdolect) galt lange als ne-benwirkungsarm, im November 1998fand sich im Internet in medizini-schen Datenbanken sogar der Begriff"nebenwirkungsfrei". Am 2. Dezem-ber 1998 meldete die A'rzte Zeitung:"Wrtrieb uon Serdolect@ gestoppt - An-lass sind schuere kardiale (das Herz betrd

fendQ Nebenuirkungen und Todesfälle. "

Auch Risperidon (Risperdal) solldie Lebensqualität erhöhen. In derMedical Tribune vom 26. Mai 2000lobte der Hamburger Psychiater Die-

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ter Naber Risperidon als "gut verträgli-ches Medikament" (Naber 2000). Justam gleichen 26. Mai 2000 wurden inPhiladelphia der Psychiatriebetroffe-nen Elizabeth Liss 6,7 MiliionenUS-Dollar Schmerzensgeld zugespro-chen, zahlbar vom behandelnden Psy-chiater. Frau Liss war nach vierzehn-monatiger Risperdalverabreichung antardiver Dystonie erkrankt. Dabeihandelt es sich um eine Unterformder tardiven (während der Behand-lung, beim Absetzen oder danach auf-tretenden chronischen) Dyskinesie,die sich in Form von Krämpfen derGesichts- und Nackenmuskulatur äus-sert (vgl. Breggin 2000).

Risiken und Schöden

Moderne clozapinartige Neuroleptikastehen generell unter Verdacht, vege-tative und Organschäden wie erwaNeuroleptische Maligne Syndromeund Leberstörungen zu produzieren.Agranulozytosen (abruptes Absterbender weissen Blutkörperchen mit le-

bensbedrohlichen Folgen) wurdenebenso publik wie die unübersehbareund rasche Zunahme des Körperge-wichts mit seiner für Herz und Kreis-lauf immensen Gefahren. Clozapinar-tige Neuroleptika erhöhen auch dieBlutkonzentration des Hormons Pro-laktin; mit dieser psychopharmakaty-p ischen Störung e inher geht e in 9,5-mal höheres Brustkrebsvorkommen,das Gynäkologen laut einer im Ameri-can Journal of Pslchiatry veröffentlich-ten Studie bei Psychiatriepatientinnenfanden (Halbreich / Shen / Panaro1996; vgl. Lehmann 1996b, S. 52).

Depressionen und Suizidalitätsind weitere Risiken, über die Psychia-ter eher reden, wenn sie unter ihres-gleichen sind, obwohl sie laut inter-nen Berichten bei zwei Drittel derBetroffenen behandlungsbedingt auf-treten. Suizidale Auswirkungen habenauch Neuroleptika wie Leponex, wasder Bericht der Österreicherin UrsulaFröhlich in "Schöne neue Psvchiatrie"belegt:

"d4ein Leben, das einst so leicht undschön gezaesen ist, so abuechslungsreich

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und interessant, lebensaert und aollgela-den mit Aktiaitäten, ist zur Hölle geuor-den. Seit Beginn der Leponex-Einnahmebabe icb keine Lust mehr auf Sex, keineLust an der Bewegung und keine Freufuam Leben. (...) Jeden Thg nehme ich miraor, am nächsten Titg mit einem gesundenLeben zu begtnnen, die Medikamente ueg-zuschmeissen, aiele Vitamine und Fruchtsäfte zu trinfun und mit einer täglichenFitnessroutine zu beginnen. Durch dieNeuroleptika enßtebt ein Gefiihl, ak ob esmir gelingen würde, am nächsten Tag miteinem ganz andtren, einem neuen Lebenzu beginnen. Wnn ich dann aber in derFräh aufztache, bin ich wie zerschlagenund komme aor 9 Uhr nie aus dem Bett,meine Depressionen sind so arg, dass ich je-

den Thg an Selbstmord dtnke." (zit.n. Leh-mann 1995a,5.70f)

Generell ist davon auszugehen,dass mit fortdauernder Zuiassung dermodernen, clozapinartigen Neurolep-tika die Liste der bekannt gewordenenRisiken und Schäden länger wird.Hierzu bedarfes a l lerd ings e iner aus-reichenden Zahl von Betroffenen. die-se Substanzen zu schlucken.

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Tordive Psychosen

Tardive Psychosen gelten als besonde-res Risiko clozapinartiger Neurolepti-ka. Urban Ungerstedt und TomasLjungberg, Mitarbeiter der Histologi-schen Abteilung des Karolinska Insti-tuts in Stockholm, stellten fest, dassClozapin bei Versuchsratten beson-ders stark auf die limbischen Dopa-mlnrezeptoren wirkt und zu ihrerÜberempfindlichkeit führt. Resultatkönne ".... somit die Potenzierung aonp slt cho tis ch em Verh alten n ach ch roni s ch emClozapin sein! Diese Ergebnisse uerfen au-gen!ällg ernste Fragen aufhinsichtlich der

Literatur ,. Breggin, P. : http://www.breggin.com./

5_Tmillion.html (2000)..Ha1se, HJ.: "Neuroleptika: Fakten

und Erlebnlrrs?, in: O.K. tinde(Hg.): "Pharmakopsychiatrie imWandel d,er Zeit", Kiingenmünster1988, S. 137 - 154

. Halbreich, U. / Shen,J. / Panaro, V.:"Are chronic psychiatric patients atincreased risk for developing breastcancer?", in: American Journal ofPsychiatry Vol. 153 (1996), S. 559 -560

. iahti, P.: Vorwort zu: Peter Leh-mann: "Psychopharmaka absetzen",2. Auflage, Berlin 2002, S. 9 - ll

. Lehmann, P.: "Schöne neue psy-

chiatrie", Band 1: 'Wie Chemie undStrom auf Geist und psyche wir-ken", Berlin 1996a

. Lehmann, P.: "Schöne neue psy.

chiatrie", Ban d 2: lMiePsychophar-maka den Körper verändern", Bgrlin1996b

. Lehmann, P. (Hg.): "Psychopharma-ka absetzen - Erfolgreiches Abset-

"en von Neuroleptika, Antidepressi,va, Lithium, Carbamazepin undTranquilizern", 2. Au{lagq Berlin2002

. N4ber, D.: "Schizophrene in Deutsch-land - Per Rezeptblock ausge-grenzt?", in: Medical Tribune, 35.

Jg. (2000), Nr.2l. Ungerstedt, U. / Liungberg, T.:

"Befravioral patterns related to do-pamine neurotransmission", in: Ad-vances in Biochemical Psychophar-macology, YoL.16 (1977),5. 193 - 199

Snategiefür den Versuch, neue, zuirksameantipslchotische Medikamente zu fnden.lVird ein Medikament, das 'spezfische'

Rezeptoren blockiert, eine 'spezfische' Re-

zeptorensupersensibilitat und somit,spe-zfische' Nebenuirkungen zterursachen, dasheisst die Krankheit selbst potenzieren?"(Ungerstedt / Ljungberg 1977, S. 199)

In Schweden, wo man Clozapinintensiv einsetzte, wurden denn auchbei einer ganzen Reihe von Betroffe-nen nach dem Absetzen des moder-nen Neuroleptikums psychotischeSymptome in einer Stärke festgestellt,die vorher nicht vorhanden war. Auchbei 1988 publizierten Forschungen inden USA wurde auf die Verschlechte-rung des psychischen Zustands nachdem Absetzen von Clozapin hinge-wiesen, was auf eine behandlungsbe-dingte erhöhte Sensibilität der Neu-rotransmitter zurückgefilhrt wurde.Supersensibilitätspsychosen enden oftin - nicht einmal mehr mit Neuroleo-tika unterdrückbaren - chronischenPsychosen organischer Natur (vgl.Lehmann 1996a, S. i00).

Hil fen beim Absetzen?

Dass weniger schädlichen oder risiko-behafteten Medikamenten und psy-

chopharmaka der Vorzug gegenüberriskanteren zu geben ist, ist eine Bin-senweisheit. Wenn jedoch Berichteüber Möglichkeiten des Absetzenspsychiatrischer Psychopharmaka ig-noriert werden (Lehmann 2002),wenn Risiken neuer Substanzen über-gangen oder bagatellisiert werden, solassen sich mit solchen Strategien viel-leicht einfache Gemüter übertölpeln.Körperliche und psychische Schädendurch moderne, ciozapinartige Neu-roleptika können lebensbedrohlicheAusmasse annehmen. Besonders be-achtenswert sind das "atypisch" hoheRisiko einer tardiven Psychose undder sich daraus ergebende Teufelskreisaus Entzugspsychose, steigender Do-sierung und gesundheitlichem Nieder-8ang.

Wie in allen Bereichen des Lebenslassen sich auch im Problemfeld mo-derner clozapinartiger Neuroleptikakurzfristige Erfolge erkaufen. Doch

bevor man sich entschliesst, den eige-nen Körper mit diesen Substanzen zubelasten, sollte man an den mittel-und langfristigen Preis denken, dendieser Körper zu zahlen hat. Man hatnur diesen einen. Und man sollte sichüberlegen, wo die Hilfen sein werden,die man später benötigt, um den Kör-per wieder frei von synthetischer Che-mie zu bekommen. Schon beim Ab-setzen herkömmlicher Neuroleptikabeklagen sich Betroffene und An-gehörige weltweit über das völligeFehlen jeglicher institutioneller Ab-setzhilfen. Die Psychologin pirkko

Lahti, Präsidentin der World Federati-on for Mental Health (Dachverbandnichtstaatlicher psychosozialer Hilß-vereinigungen, dem auch Pro MenteSana angehört), klagte jüngst:

"\Yehhe Bedingungen können zu ei-nem schnellen Rtickfall nach dem Absetzenfihren? Hörten wir nicht schon aon pV-ch oph armakabe dingten A b se tzpro b lemen,aon Rezeptorenoeränderungen, Supersen-sitiaittits- und Absetzpsjtchosen? Wbr kannRückJiille zton zterdeckten Entzugsproble-men unterscheiden ? W?lche Bedingungenttnterstützen ein erfolgreiches Absetzen -erfolgrebh in den Sinn, dass die Patientln-nen danach nicht sofort uiedzr im Behand-lungszimmer des Arztes sitzen, sondernfrei und gesund leben, so uie uir ans dasalle aünscben? Lassen utir unsere patient-Innen nicht allein mit ihren Sorgen undProblemen, wenn sie sich - aus uelchemGrund auch immer - selbst enßcheiden,ihre Psychopharmaka absetzen zu uollen?IVb können sie Untersttitzang, Wrständnisund positizte Vorbilder fnden, uenn siesich enttäuscht aon ans ahzuenden (unduir uns von ihnen)?" (Labti 2002, S. 10)Wo? -

'Wer moderne, clozapinartige

Neuroleptika (wie auch herkömmli-che) empfiehlt, sollte zuerst einmaldiese Frage beantworten.

Copltrtght by Peter Lehmann 2003

Peter Lehmann ist Di,p lomp ridagoge, B uch au-tor, Wrleger und Mit-glied im Vorstand desE urop äi s ch en Ne tzzu erksPs2chiatriebetrffiner.

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