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Ludwigsburg zeigt Flagge für Zivilcourage 2008 bis 2011 – Resümee Projekt „Courage zeigen“

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Ludwigsburg zeigt Flagge für Zivilcourage

2008 bis 2011 – Resümee Projekt „Courage zeigen“

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Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

jeder und jede unter uns erinnert sich an eine Situation, in der er oder sie mit Gewalt konfrontiert war. Manche wurden selbst zum Opfer von Gewalt, andere wiederum mussten im Alltag beobachten, wie eine andere Person zum Opfer wurde. Gewalt existiert in unterschiedlichen Ausprägungen und Formen und wird sehr subjektiv wahrgenommen. Das, was für eine Person noch als „Spaß“ gilt, stellt für andere vielleicht schon eine Grenzüberschreitung dar. Um eine funktionierende Gemeinschaft zu ermöglichen, ist es daher unerläss-lich, die Mitmenschen und ihre Werte zu respektieren und in Fällen, in denen dies nicht geschieht, als Außenstehender einzugreifen. Couragiertes Handeln ist eines der wichtigsten Leitmotive einer modernen Gesellschaft, denn nur so kann sichergestellt werden, dass alle Menschen in ihrer Würde und Persön-lichkeit geachtet werden. Es gehört zu den demokratischen Grundwerten unseres Landes und wird täglich in den unterschiedlichsten Formen prakti-ziert: Leserbriefe, Mahnwachen oder Unterschriftenaktionen sind nur Beispiele für eine ganze Bandbreite an Methoden, mit denen man sich für eine Verbesserung unserer Gesellschaft einsetzen kann. Ebenso leisten alle Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich betätigen oder Schwächere im Alltag unterstützen, einen wichtigen Beitrag dazu.

Doch insbesondere in Konfliktsituationen ist es notwendig, nicht nur helfen zu wollen, sondern auch helfen zu können. Couragiertes Handeln bedeutet auch, auf sich und seine Gesundheit zu achten, einschätzen zu können, wann Hilfe nötig ist und wie diese Hilfe effektiv erbracht werden kann. Um dies zu unterstützen wurde das Projekt „Courage zeigen“ ins Leben gerufen. Die nachfolgende Dokumentation soll anregen, selbst aktiv zu werden und vermittelt die nötigen Handlungsmöglichkeiten, wie man effektiv und möglichst gefahrlos in Notfällen einschreiten kann. Daneben dient die Projektbeschreibung der Evaluation, sie ist Nachweis für die Sponsoren und Anerkennung für die beteiligten Ehrenamtlichen, schließlich kann sie auch als Beispiel für andere Kommunen verwendet werden.

Ich wünsche Ihnen viele neue Erkenntnisse und noch mehr Mut zum Einschreiten.

Konrad SeigfriedErster Bürgermeister

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort  2

Inhaltsverzeichnis  3

1. Allgemeines zu Zivilcourage  4

2. Projektbeschreibung - Geschichte und Entwicklung  5

Wer war beteiligt? 5

Mit versteckter Kamera unterwegs 5

Die Auftaktveranstaltung 6

3. Die verschiedenen Teilprojekte  11

Projekte für Kinder und Jugendliche 11

Projekte für Bürgerinnen und Bürger 15

4. Welche Wirkungen hat das Projekt erzielt?  19

5. Handlungsmöglichkeiten: „Helfen, aber richtig!“  20

Danksagung   21

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1. Allgemeines zu Zivilcourage

Ereignisse, bei denen Menschen durch gewalttätige Übergriffe zu Schaden kommen, versetzen die Bevölke-rung in einen Zustand der Betroffenheit, Fragen nach dem Warum werden laut. Doch solche Taten gesche-hen nicht nur, weil Menschen zu Tätern werden, sondern auch, weil andere untätig dabei zusehen, denn: „Je häufiger sich Menschen der Gewalt entgegen stellen und sich in Notsituationen für Andere einsetzen, umso weniger Chancen gibt es für gewalttätiges Handeln und umso wirksamer fällt die Hilfe für die Opfer von Gewalt aus“.

Doch sich couragiert zu zeigen erfordert viel Mut und oftmals auch Überwindung. Insbesondere Menschen, welche sich zum ersten Mal in einer solchen Situation befinden, fühlen sich oftmals überfordert und „hand-lungsgelähmt“. Dennoch ist es wichtig einzugreifen, um dem Opfer zu helfen und Schlimmeres zu verhindern. Häufig ist es nur dem couragierten Eingreifen von Umstehenden zu verdanken, dass das Opfer „mit einem blauen Auge davon kommt“ und der Täter gefasst werden kann. Jeder Mensch kann seinen Teil dazu beitra-gen, unsere Gesellschaft sicherer und lebenswerter zu machen. Doch um diesen Beitrag leisten zu können, ist es von enormer Bedeutung, informiert zu sein und sich mit der Thematik schon im Vorfeld auseinander-gesetzt zu haben. Die Bevölkerung muss dahingehend sensibilisiert werden Unrecht wahrzunehmen. Zusätz-lich ist es unabdingbar sie aufzuklären, wie in einem solchen Fall sinnvoll geholfen werden kann, ohne sich selbst zu gefährden. Durch erfolgreiches Einschreiten wird den Tätern vor Augen gehalten, dass ihr Verhalten von der Gesellschaft nicht toleriert wird, denn „ein einzelner mutiger Mensch kann […] beträchtliche Anste-ckungswirkung entfalten und auf diese Weise der Gewalt Einhalt gebieten“1.

1 Pfeiffer, Christian (2003)

Die Erziehung zur Zivilcourage

Um den Prozess der Sensibilisierung noch nachhaltiger zu gestalten, müssen präventive Ansätze ganzheitlich erarbeitet werden.Bereits durch den Erziehungsstil können Eltern ihre Kinder fördern, couragiert und hilfsbereit zu handeln.

� Gewaltfreie Erziehung: Bei Konflikten lieber fair und argumentativ agieren anstatt sie autoritär oder gar mit Gewalt zu lösen.

� Vorbildfunktion: Liebevolle Erziehung fördert die Fähigkeit, Mitleid zu empfinden und danach zu handeln. Eltern sollten hier auch Vorbild sein.

� Moralförderung: Konflikte zwischen den Elternteilen fördern nur dann die Moral der Kinder, wenn die Kinder echte Gleichrangigkeit und faires Argumentieren erleben.

� Kultur der Anerkennung: Couragiertes Verhalten Anderer anerkennen, denn nur so ist es mög-lich, dieses Verhalten in der Gemeinschaft zu verankern.

Quelle: Pfeiffer, Christian: Zur Biographie von Gewalt und Zivilcourage. Erfurt 2003. Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung der Universität Erfurt „Gewalt und Terror“.

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2. Projektbeschreibung - Geschichte und Entwicklung

Um diese Wirkung auch in Ludwigsburg zu verstärken, wurde Ende 2007 der Initiativkreis „Zivilcourage“ ge-gründet, welcher dann das Projekt „Courage zeigen“ ins Leben rief. Ludwigsburger Bürgerinnen und Bürger aller Alters- und Gesellschaftsklassen sollten damit auf das Thema Zivilcourage aufmerksam gemacht werden und lernen im Ernstfall richtig zu reagieren. Weitere Ziele, welche durch die Stärkung der Zivilcourage erreicht werden können, sind in der Erhöhung des subjektiven Sicherheitsempfindens sowie der Verminderung von Straftaten zu finden. Im Gegensatz zur objektiven Sicherheitslage, die durch die Anzahl der begangenen Straf-taten in einem Gebiet messbar ist, hat das subjektive Sicherheitsempfinden wenig Bezug zum tatsächlichen Gefährdungspotential. Es ist möglich, dass Personen sich in einer bestimmten Gegend unwohler fühlen, als in einer anderen, obwohl die verzeichneten Straftaten auf einem ähnlichen Niveau liegen. Die Polizei reagiert darauf, in dem sie in solchen Gebieten verstärkt Kontrollfahrten durchführt, auch eine Verstärkung der Zi-vilcourage kann dazu beitragen diese Ängste wesentlich effizienter abzubauen. Deshalb hat sich der Initia-tivkreis außerdem zur Aufgabe gemacht, neue Kooperationspartnerinnen und -partner zu gewinnen, um ein weitläufiges Netzwerk an Angeboten schaffen und durchführen zu können, was langfristig zu einer stabilen Verankerung des Themas in der Gesellschaft führen soll.

Wer war beteiligt?

Der Initiativkreis „Zivilcourage“ setzte sich zusammen aus

� Stadt Ludwigsburg, Fachbereich Bürgerschaftliches Engagement � Hartwig Burgstaller, Leiter Polizeirevier Ludwigsburg � Reiner Hohloch und Otto Lechner, die beiden geschäftsführenden Rektoren der Ludwigsburger Schulen � sehr engagierten Ehrenamtlichen: Gabriele Moersch (Arge Campus), Hermann Dengel (Weißer Ring e. V.),

Susanne Rebhahn (KulturWelt e. V.) und Wolfgang Wanzenberg (Projekt „Älter werden“)

Zudem wurden für die einzelnen Teilprojekte immer wieder neue Kooperationspartnerinnen und -partner gewonnen.

Für die Koordination des Projektes war Gertraud Selig, Stadt Ludwigsburg, Fachbereich Bürgerschaftliches Engagement, Kommunale Kriminalprävention (kurz KKP), zuständig.

Anfang 2008 wählte der Verein Sicheres Ludwigsburg e. V. „Zivilcourage“ als Jahresthema und stellte seither Fördermittel zur Verfügung.

Mit versteckter Kamera unterwegs

Zudem konnte der Südwestrundfunk (SWR) als Kooperationspartner gewonnen werden. Dieser drehte im Sommer 2008 mit versteckter Kamera in der Ludwigsburger Innenstadt drei Szenen zum Thema Zivil- courage. Hauptaugenmerk lag hierbei auf der Frage, wie sich die Ludwigsburger Bevölkerung beim Beo- bachten schwieriger Konfliktsituationen verhält. In der ersten Szene geht es um das Thema „Beziehungsgewalt“. Ein Mann streitet sehr lautstark mit seiner Frau auf dem Wochenmarkt und schlägt ihr die Einkäufe aus der Hand. Der Streit spitzt sich so weit zu, dass der Mann seiner Frau gegenüber handgreiflich wird. In der zweiten Szene wird eine junge Frau am Bahnhof von einem alkoholisierten jungen Mann sexuell beläs-tigt. Die junge Frau weist ihn lautstark ab. Er wird immer zudringlicher.In der letzten Szene schließlich geht es um den Diebstahl von zwei angeketteten Fahrrädern inmitten einer Fußgängerzone. Der Protagonist macht sich am helllichten Tage mit Werkzeug an einem Fahrrad zu schaf-fen. Er montiert einen Reifen ab, springt auf dem Fahrrad herum, schließlich wendet er sich dem nächsten Fahrrad zu.

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Die Auftaktveranstaltung

Die Szenen wurden bei der Auftaktveranstaltung von „Courage zeigen“ am 17. Juli 2008 im Ratskellergarten vorgeführt. Danach fand eine Podiumsdiskussion statt, in der Experten und Laien ausführlich die Thematik „Courage zeigen“ besprachen.

Erster Bürgermeister Konrad Seigfried führte mit seinem Grußwort in die Veranstaltung ein, welche aus-schnittsweise auch in der Landesschau übertragen wurde. Neben den Szenen des SWR wurden auch die Expertentipps live ausgestrahlt und erreichten so eine große Zahl von Zuschauerinnen und Zuschauern.

Der Initiativkreis „Zivilcourage“ war als Projektträger für die gesamte Organisation verantwortlich und fungierte als kompetenter Ansprechpartner.

Die musikalische Untermalung wurde von der Bläser-Klasse der Elly-Heuss-Knapp Realschule sowie der Justinus-Kerner-Band realisiert.

Zudem beteiligten sich viele Träger sozialer Belange mit Infoständen und/oder Programmpunkten. Ihnen gilt unser Dank für die gelungene Veranstaltung:

� Aktivspielplatz Weststadt e. V. � Amnesty International e. V. � Anwälte für Kinder und Jugendliche � Caritas und Sportvereinigung Ludwigsburg e. V. � CVJM Ludwigsburg e. V. � DRK Kreisverband Ludwigsburg e. V. � Förderverein am Bildungszentrum West e. V. � Frauen für Frauen e. V. � Invitare e. V. � Kinder- und Jugendförderung Ludwigsburg � Kinder- und Jugendhilfe Karlshöhe � Ludwigsburger Schulen, u. a. das Mörikegymnasium � Polizeidirektion Ludwigsburg, Präventionsangebote und Beratung � Psychologische Beratungsstelle des Landkreises Ludwigsburg � Stadtbibliothek Ludwigsburg � Städtisches Büro für Integration und Migration � Technisches Hilfswerk Ludwigsburg (THW)

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Es ist leider nicht möglich, die engagierten Projekte aller Beteiligten näher vorzustellen, die nachfolgenden Ausführungen stellen somit eine exemplarische Auswahl dar:

- Ludwigsburger Schulen, u. a. das Mörikegymnasium. Präsentation von Elementen des Selbstbehauptungs-trainings (STUPS) durch Schüler und Schülerinnen. Anschließend standen die Beteiligten für Gespräche und Beratung zur Verfügung.

- Amnesty International. Die Organisation kämpft gegen Folter, Todesstrafe, politischen Mord, grausame und unmenschliche Behandlung, sowie für den Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt und Unterdrückung. Eine der „Waffen“ von Amnesty International bei ihrem friedlichen Kampf um Menschenleben und die Men-schenrechte sind Briefe, Faxe und E-Mails an die jeweiligen Machthaber von Ländern in denen politische Verfolgung herrscht. Auch dies stellt eine Form von Zivilcourage dar. www.amnesty.de - Anwälte für Kinder und Jugendliche. Seit 2001 bietet das Projekt Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, sich an jedem 1. und 3. Donnerstag im Monat kostenlos, anonym und vertraulich in allen rechtlichen Fragen beraten zu lassen. Ob es sich um die Kündigung eines Handyvertrages handelt oder eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft im Briefkasten lag, die speziell ausgebildeten Anwältinnen und Anwälte gehen individuell auf die Fragen der Kinder und Jugendlichen ein. Trägerin des Projektes ist die Kinder- und Jugendhilfe der Karlshöhe. www.rechtsberatung-jugendliche.de

- Caritas und Sportvereinigung Ludwigsburg. Das Projekt ARGO bietet potenziell gewalttätigen Jugendlichen, sowie schon straffällig gewordenen jugendlichen Gewalttätern die Möglichkeit, ihre Aggressionen durch Kickboxen in den Griff zu bekommen. Kickboxen trainiert die Selbstkontrolle der Jugendlichen in besonders hohem Maße, zumal bei ARGO ohne oder nur mit leichtem Körperkontakt gekämpft wird. Entstanden ist das Projekt im Jahre 2003 und war anfangs auf jugendliche Aussiedler fokussiert. Im Laufe der Zeit entwickelte sich das Projekt dahingehend weiter, dass nun alle gefährdeten Jugendlichen teilnehmen können, deutsche sowie solche mit Migrationshintergrund. http://www.fightstar-international.de/

- CVJM Ludwigsburg. Der Verein arbeitet mit zahlreichen Angeboten daran, die sozialen Kompetenzen von Jugendlichen zu stärken. Hierfür bietet er Sozialkompetenztraining, schulübergreifendes Anti-Aggressivi-tätstraining, Streitschlichtungsseminare sowie Hilfe für Mobbingopfer. Zudem engagiert er sich sehr in der Ausbildung von Jugendlichen zu Gruppenleitern, da Verantwortungsübernahme einen wichtigen Schritt in der Entwicklung junger Menschen darstellt. www.cvjm-ludwigsburg.de

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- Förderverein am Bildungszentrum West. Der Förderverein leistet einen großen Beitrag in der Schulsozialar-beit, indem er Ansprechpersonen für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern der Osterholzschule, der Gottlieb-Daimler-Realschule und des Otto-Hahn-Gymnasium stellt. Zudem engagiert er sich in der Ge-walt- und Suchtprävention und regt die Schülerinnen und Schüler an, den Klassenrat als Form der gelebten Demokratie und als Lernfeld gewaltfreier konstruktiver Konfliktlösungen zu verwirklichen. Er lädt zu Anti-Gewalt-Trainings sowie Selbstbehauptungstrainings ein und führt in allen fünften Klassen das Training „Fies & Fair“ durch. Außerdem ist er in Kooperation mit anderen Institutionen für die Auswahl und Schulung der Geländescouts verantwortlich. Dabei handelt es sich um Schülerinnen und Schüler, die jederzeit auf dem Schulgelände erreichbar sind und bei Streitigkeiten vermitteln. www.fvbzw.de

- Frauen für Frauen e. V. führt seit 30 Jahren Projekte für Frauen und Kinder durch. Die Vereinsarbeit gliedert sich in die zwei Bereiche „Krisenintervention“ und „Beratung“. Dazu gehört ein Frauenhaus sowie eine Inter-ventionsstelle für Frauen und Kinder, die häusliche Gewalt erleben mussten. Zusätzlich wird auch Einzelbera-tung für Frauen und Kinder angeboten, die beispielsweise von sexualisierter Gewalt, Mobbing, Essstörungen oder allgemeinen Lebenskonflikten betroffen sind. Durch Frauen für Frauen e. V. wurde unter anderem auch das Projekt „KiZ – Kinder im Zentrum“ gegründet, in dem Kinder im Alter von 7 bis 12 Jahren ihre Gewalter-fahrungen aufarbeiten können. www.frauenfuerfrauen-lb.de

- Technisches Hilfswerk Ludwigsburg (THW). Das THW ist eine ehrenamtliche Organisation, deren Mitglieder sich für die Gesellschaft einsetzen und bei Krisen weltweit mit technischer Hilfe direkt vor Ort arbeiten. Das THW ist Gründungsmitglied des „Bundesnetzwerkes für bürgerschaftliches Engagement“ und hat bei der Auf-taktveranstaltung mit dem Motto „THW – gemeinsam stark“ für eine Stärkung des sozialen Engagements und der Zivilcourage geworben. Niels Decker, Ehrenamtlicher des THW Ortsverband Ludwigsburg, äußerte sich kritisch in Bezug auf Zivilcourage an Unfallstellen. Er hat den Eindruck, dass viele Bürgerinnen und Bürger oft keine Bereitschaft zeigen anderen zu helfen. Den Notruf verständigen, die Unfallstelle mit Warndreieck absichern und erste Hilfe leisten – dazu sollte sich seiner Meinung nach jeder Mitbürger verpflichtet fühlen. www.thw-ludwigsburg.de

- LoKo – Konfliktlotsen. Dieses Projekt verwirklicht im Stadtteil Eglosheim den Gedanken couragierten Han-delns: Anstatt Spannungen und Konflikte bei Nachbarschaftsstreitigkeiten eskalieren zu lassen, besteht die Möglichkeit einer Konfliktvermittlung. Durch Gespräche wird versucht die Konflikte aufzuarbeiten, was die nachbarschaftliche Wohn- und Lebensqualität erheblich verbessert. Bei (Informations-) Bedarf wenden Sie sich bitte an das Stadtteilbüro Eglosheim, Telefon (0 71 41) 3 34 48.

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3. Die verschiedenen Teilprojekte

Projekte für Kinder und Jugendliche

- Materialboxen

Im Herbst 2008 wurde - vorrangig für pädagogische Fachkräfte - eine Handreichung mit möglichen Projekt-vorschlägen und Unterrichtseinheiten entwickelt. Diese wurde zusammen mit verschiedenen anderen Mate-rialien (Handbücher mit theoretischem Hintergrund, Unterrichtsmaterialien und Projektbeispiele, aber auch DVDs und PC-Spiele) zu sogenannte Materialboxen gepackt und im Dezember 2008 an alle Ludwigsburger Schulen sowie etliche Beratungsstellen verteilt. Insgesamt wurden über 30 dieser Materialboxen ausgegeben, wobei der Wert jeder Box, je nach Schulart, zwischen 40 und 50 Euro liegt. Auch Schulen und Behörden au-ßerhalb Ludwigsburgs haben Interesse an den Boxen gezeigt und diese gekauft. Zudem wurde beim Gesam-telternbeirat Werbung für die Materialboxen und für Projekte mit Kindern und Jugendlichen gemacht.

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- Theaterpädagogische Projekte an den Campusschulen

Seit Februar 2009 wird an den Innenstadtschulen, dem neuen Campus, durch die Unterstützung von Kul-turWelt e. V. ein theaterpädagogisches Projekt durchgeführt. Gefördert wird es durch den Verein Sicheres Ludwigsburg e. V., die Bürgerstiftung Ludwigsburg, die Stadt Ludwigsburg und das Landeskriminalamt. Es hat zum Ziel, Jugendliche im Umgang miteinander zu sensibilisieren.

Mit dem Stück „Ich knall euch ab!“ von Morton Rhue haben Schülerinnen und Schüler die Themen Mobbing, Amok und Zivilcourage thematisiert und bühnenreif gemacht. Die Vorbereitungen des Stückes wurden nach dem Amoklauf in Winnenden unterbrochen und es war einige Zeit lang nicht kar, ob es überhaupt aufgeführt werden würde. Doch das Schauspielerteam entschied sich nach intensiven Gesprächen ganz bewusst für eine Fortsetzung des Projektes. Mit ihrem sehr eindrücklichen Stück wollten die 15- bis 18-jährigen Schauspiele-rinnen und Schauspieler ihren Teil dazu beitragen, Lehrende und Lernende über Problemsituationen früher ins Gespräch zu bringen, um Eskalationen möglichst zu vermeiden.

Nach der sehr erfolgreichen Premiere am 20.11.2009 fand eine Podiumsdiskussion statt. Zudem gab es 14 Schülerveranstaltungen, bei denen Schülerinnen und Schüler im Anschluss die Möglichkeit hatten, Fragen zu stellen und ihre Meinung zu dem Thema zu sagen. Es war sehr interessant und zum Teil auch bestürzend, wie schwer es manchen jungen Menschen fiel, angemessen mit ihrer Betroffenheit umzugehen. So haben bei zwei Aufführungen einzelne Schülerinnen und Schüler extrem gestört, was insbesondere den jugendlichen Schauspielerinnen und Schauspielern gegenüber sehr respektlos war. Hier hätten sich die Verantwortlichen eine bessere Vorbereitung und Begleitung durch die Lehrkräfte gewünscht.

Das zweite Stück „Fucking Amal“, das am 6. Mai 2011 Premiere hatte, erzählt von der Verwirrung beim Erwachsenwerden in einer Kleinstadt, von der Auseinandersetzung mit sich selbst, der Familie und den Freunden und vom Mut zum Anderssein. Auch dieses Stück fand großen Zuspruch sowohl bei erwachsenen Zuschauerinnen und Zuschauern, besonders aber bei den Jugendlichen in den Schülervorstellungen.

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- Jugendmusikfestival „peace-me-up“

Das Jugendmusikfestival der Innenstadtschulen, das immer im Juli auf dem Campus-Gelände stattfindet, stand 2009 erstmals unter dem Mot-to „für mehr Zivilcourage“. Der Verein Sicheres Ludwigsburg e. V. unterstützt auch dieses Festi-val finanziell. Im Jahr 2010 war „für mehr Zivil-courage“ erneut das Motto des Festivals. Auch die Veranstaltung im Jahr 2011 stand unter dem Motto „wir rocken für Zivilcourage“.

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Projekte für Bürgerinnen und Bürger

- Workshops Zivilcourage

Seit Sommer 2009 bietet die Stadt Ludwigsburg dreistündige Workshops und einstündige Informationsveran-staltungen an. Hauptbestandteil der Kurse ist die Vermittlung von Wissen, da dies die Voraussetzung für effektives Einschreiten ist. Es wird erklärt, wie in schwierigen Konfliktsituationen richtig gehandelt wird und was dabei alles beachtet werden muss. Die Referenten Hermann Dengel, Erster Kriminalhaupt- kommissar a. D., und die Theaterpädagogin Susanne Rebhahn von KulturWelt e. V. klären - auch durch aktive Spielszenen auf, wie man helfen kann, ohne sich und andere in Gefahr zu bringen. Dem Workshopab-lauf liegen diese vier Bereiche zu Grunde:

1. Ermittlung der Erfahrungen und Erwartungen des Teilnehmerkreises2. Was ist Zivilcourage? Warum ist Zivilcourage wichtig?3. Unterschiede zwischen Zivilcourage, unterlassener Hilfeleistung und Notwehr4. Wie kann ich als Person Zivilcourage zeigen?

Anhand der SWR-Filmszenen werden Reaktionen diskutiert, Verhaltensempfehlungen erklärt und im Rollen-spiel gefestigt.

Gedacht waren die Kurse für alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sowie für Behörden und Vereine. Die entstehenden Kosten wurden für Ludwigsburger Einrichtungen vom Verein Sicheres Ludwigsburg e. V. getragen. Neben vielen Bürgerinnen und Bürgern konnten u. a. auch Mitarbeitende folgender Einrichtungen geschult werden: Stadtseniorenrat, Initiative Kinderbetreuung durch Seniorinnen und Senioren, Mitarbeitende der Stadt Ludwigsburg, Vertreterinnen und Vertreter der Migrantenfraktion, verschiedene Innenstadtakteure und Notinselpartnerläden. Zudem gab es Anfragen von Einrichtungen außerhalb des Landkreises Ludwigs-burg, wie beispielsweise von der Handwerkskammer Stuttgart und der Volkshochschule Heilbronn, welche die Kurse kostenpflichtig gebucht haben.

Zukünftig werden auch einzelne Workshops für Kinder und Jugendliche angeboten. Eine entsprechende Ausschreibung mit dem Titel „Mut tut gut – mutig sein lernen“ in der Broschüre „Agenda-Diplom 2011/2012“ richtet sich an Mädchen zwischen 10 und 12 Jahren sowie an ganze Schulklassen der 4. Jahrgangsstufe. Mit folgendem Text sollen die Kinder für dieses Thema interessiert werden:

Wozu brauchen wir Mut? � Wenn wir Sachen machen wollen, die andere blöd finden � Wenn wir anders sein wollen als alle anderen � Wenn wir in einem Notfall richtig helfen wollen � Wenn wir selbst in eine komische Situation kommen

Anhand von Szenen aus dem Alltag von Grund- schülerinnen und Grundschülern aus dem Gewaltpräventionsfilm „Abseits“ der polizeilichen Kriminalprävention wird mit den Kindern über Mut und Zivilcourage gesprochen und dies mit kleinen Übungen auch praktisch erfahrbar gemacht.

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- Befragung junger Menschen zum Thema Zivilcourage

Am 10.12.2009 gab es vom KKP-Förderverein Sicheres Ludwigsburg e. V. im Einkaufszentrum WilhelmGalerie einen Info-Stand zum Thema Zivilcourage. Zunächst wurden Jugendliche und junge Erwachse-ne nach ihren Definitionen und Meinungen zum Thema befragt und deren Aussage auf Plakaten und Bildern festgehalten. Im Folgenden wurden die Sprüche ausgewertet, um einige davon für weitere Werbekampagnen in den Stadtbussen nutzen zu können.

Folgende sechs Sprüche wurden ausgewählt und sind seit Sommer 2010 als Werbebänder in Bussen der Ludwigsburger Verkehrslinien zu sehen:

� Zivilcourage - Vertrauen unter Fremden � Zivilcourage - nicht glotzen, sondern helfen � Zivilcourage - Überwindung aber Pflicht � Zivilcourage - der 1. Schritt in eine bessere Welt � Zivilcourage - für andere mutig sein � Zivilcourage - Respekt und Zusammenhalt

Eine Aktion des Initiativkreises Zivilcourage Ludwigsburg

FÜR ANDERE

MUTIG SEIN

ZIVILCOURAGE -

Bildnachweis:

©Altay Kaya-Fotolia.com

SANDRA (22) UND FLO (20)

Werbeband für Busse der Ludwigsburger Verkehrslinien. Die restlichen Motive sind auf den folgenden Seiten zu finden.

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- Junge Menschen im Austausch mit Älteren

Das Verständnis des Begriffs „Zivilcourage“ ist, wie beinahe alles, stetig im Wandel. Junge und ältere Men-schen haben unterschiedliche Vorstellungen und Erfahrungen bzgl. des Begriffs gesammelt.

Die Vorsitzende des Stadtseniorenrats Ludwigsburg hat bei der Ankündigung einer Informationsveranstaltung einmal folgendermaßen formuliert: „Für mich stellt sich „Zivilcourage“ aus heutiger Sicht völlig anders dar als zu meiner Jugendzeit. Zivilcourage zeigte man – wenn man sich traute – in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts als Untertan gegenüber der Obrigkeit, als „Zivilist“ gegenüber Uniformen. Jemandem im tägli-chen Umgang zu Hilfe zu kommen, gehörte zum Anstand und zur Ehre. Das war normal und eigentlich nicht sonderlich gefährlich. Dazu brauchte man keine Zivilcourage.“

Um einen generationenübergreifenden Dialog anzuregen, haben Jugendliche zusammen mit Mitgliedern des Vereins Sicheres Ludwigsburg eine Seniorenbegegnungsstätte besucht und mit den Menschen dort über Zivilcourage gesprochen. Alle Frauen und viele der befragten Männer äußerten eine große Besorgnis dahin-gehend, dass sie sich abends bzw. in der Dunkelheit nicht mehr allein aus dem Haus trauten. Die Ängste, insbesondere vor provozierenden jungen Menschen, hätten zugenommen. Gefahren, wie beispielsweise überfallen zu werden, lauerten überall und die Stadt tue mehr für Kinder und Jugendliche als für die Sicher-heit der Seniorinnen und Senioren. In Bezug auf Zivilcourage waren sich zwar alle einig, dass dies wichtig für die Gesellschaft sei, eingreifen würden sie selbstverständlich bei einem Unfall, ansonsten aber nur, wenn sie sich dadurch nicht selbst in Gefahr bringen würden. Das bedeutet konkret, z. B. in einem Notfall die Polizei zu rufen und dabei zu bleiben, bis alles erledigt sei. Einzelne Aussagen waren aber auch sehr ermutigend und sollen daher an dieser Stelle kurz skizziert werden:

� Gemeinsam ist man stark und man darf niemanden in der Not alleine lassen. � Wer Angst hat, strahlt das auch aus und zieht die Gefahr auf sich mutige Menschen sind nicht so

gefährdet. Die interviewte Frau hatte nie Angst und es ist ihr auch noch nie etwas passiert. � Helfen, wenn jemand in Not ist, fängt schon bei der Erziehung an es muss wieder mehr Respekt

vermittelt werden. � Es ist wichtig, auch mal etwas Positives über Jugendliche zu sagen am Bahnhof finden sich immer

nette junge Menschen, die beim Tragen von schweren Koffern helfen.

Die Interviews wurden per Filmkamera von Max Moersch festgehalten.

Eine Aktion des Initiativkreises Zivilcourage Ludwigsburg

NICHT GLOT

ZEN

SONDERN HE

LFEN

ZIVILCOURAGE -

SINDY (17) UND ROMINA (16)

Bildnachweis:

©Foto Mike 1976-Fotolia.com

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einmischen – Hilfe holen – 110 hinhören – nachfragen – ansprechen öffentlich machen – laut werden

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Sexuelle Grenzverletzungen finden überwie-gend im privaten Umfeld statt. Aber auch in Lokalen und im öffentlichen Raum bedrängen manche Männer - oft Bekannte - Frauen vor unser aller Augen. Nicht selten kommt es danach zu weiteren Übergriffen.

∙ Schauen Sie aufmerksam hin! ∙ Bieten Sie Hilfe an! ∙ Treten Sie entschlossen auf! ∙ Bringen Sie sich nicht selbst in Gefahr!

Klar, Einmischen kann auch mal peinlich oder stressig sein. Aber wir sehen keine Alternative ...Herausgeber: Fachbeirat Silberdistel, www.silberdistel-ludwigsburg.de Mit finanzieller Unterstützung des Vereins Sicheres Ludwigsburg e. V. sowie der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Ludwigsburg. Für die Bilder vielen Dank an Hermann Dengel.

Sehen - Denken - HandelnBierdeckelaktion des Fachbeirats Silberdistelfür Zivilcourage bei sexuellen Grenzverletzungen

Bierdeckelaktion des Fachbeirats Silberdistel e. V.

Sexuelle Grenzverletzungen gegen Frauen und Mädchen in der Öffentlichkeit, beispielsweise in einem Lokal oder in einer S-Bahn, sind leider keine Ausnahme. Manchmal gehen sie weiteren Übergriffen oder gar einer Vergewaltigung voraus. Sexuelle Belästigungen durch Männer oder männliche Jugendliche und abweisende Reaktionen der Frauen bzw. Mädchen werden sogar häufig als gewöhnliches Flirtritual abgetan. Und selbst wenn Dritte übergriffiges Verhalten als „zu weit gehend“ erleben, bleibt die Bereitschaft, sich noch während des Vorfalls zu positionieren und gegebenenfalls einzumischen, in der Regel aus – manchmal auch aus Angst oder Unsicherheit.

Der Fachbeirat des Vereins Silberdistel e. V. gegen sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im Landkreis Lud-wigsburg wollte sich mit einer Bierdeckel-Kampagne dieser Problematik annehmen. Die Aktion startete am 10. August 2011 auf der Ludwigsburger Weinlaube, anschließend wurden die Bierdeckel in vielen Kneipen und Gaststätten ausgelegt.

Mit ansprechend gestalteten Bildern über bekannte Situatio-nen werden Gäste von Lokalitäten in Ludwigsburg darauf auf-merksam gemacht, dass es sich bei diesen Szenen bereits um Grenzverletzungen handeln könnte. Als umlaufender Text so-wie auf der Rückseite der Bierdeckel wird die Aktion erläutert. Ebenso werden ganz konkrete Handlungsempfehlungen zum mutigen, aber möglichst gefahrlosen Einschreiten gegeben.

Die Konzeptidee wurde von einer ähnlichen Aktion des Ver-eins „Schöner Leben“ in Göttingen übernommen.

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∙ Schauen Sie aufmerksam hin! ∙ Bieten Sie Hilfe an! ∙ Treten Sie entschlossen auf! ∙ Bringen Sie sich nicht selbst in Gefahr!

Klar, Einmischen kann auch mal peinlich oder stressig sein. Aber wir sehen keine Alternative ...Herausgeber: Fachbeirat Silberdistel, www.silberdistel-ludwigsburg.de Mit finanzieller Unterstützung des Vereins Sicheres Ludwigsburg e. V. sowie der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Ludwigsburg. Für die Bilder vielen Dank an Hermann Dengel.

Sehen - Denken - HandelnBierdeckelaktion des Fachbeirats Silberdistelfür Zivilcourage bei sexuellen Grenzverletzungen

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Projektresümee

Am 27. Oktober 2011 wird unter anderem mit einer Podiumsdiskussion ein Projektresümee gezogen und damit das Projekt „Courage zeigen“ offiziell beendet, wohl wissend, dass dieses Thema nie abgeschlossen werden darf, jedoch als Zeichen, dass die besonderen Aktionen fürs Erste beendet sind und als Dank an alle Beteiligten.

4. Welche Wirkungen hat das Projekt erzielt?

Je mehr Workshops durchgeführt wurden, desto größer wurde die Nachfrage nach ihnen. Die Workshops wur-den von der Bevölkerung und den Fachstellen gut angenommen und es bestand ein reges Interesse, sich auf diesem Gebiet fortzubilden. Dies zeigt vor allem auch, dass das Thema „Zivilcourage“ immer stärker wahrge-nommen und als wichtig erachtet wird. Auch nach tragischen Vorfällen in der Vergangenheit, die einige Men-schen verunsichert hat, sind offensichtlich viele Menschen der Ansicht, dass es wichtig ist, in Notsituationen zu helfen. Deshalb ist es umso wichtiger, ihnen zu zeigen, wie sie das tun können, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.

Die Rückmeldungen zu den Kursen waren durchweg positiv. Ein Teilnehmer schrieb: „Ihr Workshop war ein richtiges Erlebnis. Ihre Referenten agierten hervorragend. Ich kann jetzt gefährliche Szenen besser übersehen und dann gezielt handeln.“ Der Vorsitzende des Tennisclubs Ludwigsburg bestätigte, dass die Mitglieder nach dem Workshop mit geschärften Sinnen nach Hause gegangen sind und bedankte sich für die Kostenfreiheit. Überdies gab es Nachfragen nach einem Selbstsicherheits-Aufbaukurs mit dem Schwerpunkt Zivilcourage, in dem noch intensiver auf die Praxis eingegangen werden soll.

Die Szenen des SWR haben gezeigt, dass in Ludwigsburg bereits jetzt schon meistens eingegriffen wird, wenn ein Opfer signalisiert, dass es Hilfe braucht. Demgegenüber hat die Reaktion bei einem vermeintlichen Dieb-stahl am helllichten Tag erheblich länger gedauert.

Beobachtungen der Polizei haben ergeben, dass die Bereitschaft zu helfen auch davon abhängt, wie viele andere Menschen sich zum Zeitpunkt des Geschehens am Tatort befinden. Die Verantwortung wird mit dem Gedanken „Irgendein anderer wird schon helfen“ gerne an umstehende Personen abgetreten, was zur Folge haben kann, dass gar nicht geholfen wird. Deshalb waren die Kurse und Workshops wichtig um die Bürgerin-nen und Bürger zu motivieren, selbst die Initiative zu ergreifen und im Zweifelsfall andere Passantinnen und Passanten direkt anzusprechen und diese so zu involvieren. Nur durch die Aufklärung auf breiter Ebene und eine nachhaltige Motivationsarbeit kann langfristig sichergestellt werden, dass Zivilcourage nicht in Vergessen-heit gerät, sondern noch viel mehr zur Selbstverständlichkeit wird.

Dass die Ludwigsburger Aktionen in diesem Sinne „gut angekommen“ sind, zeigen die Auszeichnung der Busaufkleber mit dem Karl-Mommer-Preis des SPD-Kreisverbandes sowie die Aufnahme eines Busaufkleber-motivs als Diskussionsgrundlage zum Thema Zivilcourage in einem Ethik-Schulbuch des bayrischen Schul-buch Verlags. Auch eine Professorin der Ludwigsburger Hochschule für Pädagogik hat bereits angefragt, ob sie eines der Motive in einer Publikation verwenden darf.

Um die Motivation zu erhöhen und gute Beispiele zu präsentieren, planen der Initiativkreis und der Verein Sicheres Ludwigsburg e. V. zukünftig in lockerer Reihe einen Zivilcouragepreis für besonders mutiges Ein-schreiten zu vergeben. Die Schirmherrschaft für diese Ehrung übernimmt der Oberbürgermeister der Stadt Ludwigsburg, Werner Spec.

Falls Sie Fragen und Anregungen zum Projekt haben oder weitere Kampagnen-Informationen benötigen, wenden Sie sich bitte an Gertraud Selig unter der Telefonnummer (0 71 41) 9 10-30 74 oder per E-Mail an [email protected].

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5. Handlungsmöglichkeiten: „Helfen, aber richtig!“

Um im Ernstfall helfen zu können, müssen einige Punkte beachtet werden:

� Ich helfe, ohne mich selbst in Gefahr zu bringen � Ich fordere andere aktiv und direkt zur Mithilfe auf � Ich organisiere Hilfe über Notruf 110 � Ich kümmere mich um die Opfer � Ich beobachte genau und präge mir Tätermerkmale ein � Ich stelle mich als Zeuge/Zeugin zur Verfügung

Jeder Mensch kann im Rahmen seiner Möglichkeiten etwas tun, um eine Straftat zu verhindern. Manchmal hilft schon ein lautes Wort, um den Täter einzuschüchtern. Niemand erwartet, dass Helferinnen und Helfer sich selbst in Gefahr bringen.

Wichtig ist es, auf räumliche Distanz zum Täter zu achten, das Opfer direkt anzusprechen und den Täter nicht weiter zu provozieren. Viele Menschen besitzen Skrupel sich in Privatangelegenheiten anderer einzumischen. Opfer sollten daher darauf achten, den Täter niemals zu duzen, denn damit signalisieren sie Umstehenden, dass es sich um eine Familien- oder Paarstreitigkeit handeln könnte. In solchen Fällen wird erfahrungsgemäß erst dann geholfen, wenn es zu Handgreiflichkeiten kommt. Auch sollten Opfer auf Abstand zum Täter gehen und deutlich zeigen, dass sie Hilfe benötigen. Es hat sich hier als sinnvoll erwiesen, Umstehende gezielt anzusprechen. Passantinnen und Passanten, die gerne helfen möchten, sollten ebenfalls andere in direkter Ansprache zur Mithilfe auffordern. „Gemeinsam stark sein“ lautet das Motto, denn eine starke Gemeinschaft sorgt für ein zivilisiertes Zusammenleben und ein friedliches Miteinander.

Auch wenn das Verbrechen zu schnell geschieht, um eingreifen zu können, ist Zivilcourage wichtig. Täter-merkmale, Auffälligkeiten und die Richtung, in welche der Täter geflüchtet ist, geben der Polizei vielleicht den entscheidenden Hinweis, mit dem er gefasst werden kann. Am besten ist es, alle Dinge, die beobachtet wur-den, zu notieren und der Polizei zu übergeben. Oft sind es die vermeintlichen Nebensächlichkeiten, die sich als entscheidend für eine Verhaftung erweisen. Generell gilt: Je schneller die Polizei verständigt wird, desto besser können die Täter ermittelt werden. Der Notruf ist von jedem Mobiltelefon und jedem Telefonapparat gebührenfrei unter 110 zu erreichen. Wichtig hierbei ist es, das Geschehen in wenigen Worten, aber dennoch umfassend zu schildern („Wer?“, „Was?“ „Wo?“, „Wann?“).

Doch auch wenn die Polizei schon verständigt wurde, können engagierte Helferinnen und Helfer noch etwas tun, indem sie sich um das Opfer kümmern. Oft kann jede Sekunde über Leben und Tod der verletzten Per-son entscheiden und schon die Ausrichtung in die stabile Seitenlage kann für das Opfer lebenswichtig sein. Personen, die nicht aktiv an der Versorgung des Opfers beteiligt sind, sollten die Unfallstelle oder den Tatort meiden, um eintreffenden Rettungskräften sowie der Polizei nicht die Zufahrtswege zu blockieren. Wichtig ist es desweiteren, sich der Polizei als Zeugin oder Zeuge zur Verfügung zu stellen. Viele Täter kommen ohne Strafe davon, weil sich Zeugen nicht bei der Polizei melden. Eine Zeugenaussage ist oft von enormer Bedeu-tung bei der Aufklärung einer Straftat und sollte deshalb für jede Bürgerin und jeden Bürger zur „moralischen Pflicht“ gehören.

Jede und jeder unter uns sollte stets bedenken, dass er oder sie auch zum Opfer werden könnte – und dann ebenso auf die Hilfe Anderer angewiesen sein könnte!

Quelle: Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (Hrsg.): Aktion-tu-was, eine Initiative für mehr Zivilcourage.

www.aktion-tu-was.de

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Eine Aktion des Initiativkreises Zivilcourage Ludwigsburg

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EINE BESSE

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ZIVILCOURAGE -

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ANGELO (18) UND MARIE (15)

Danksagung

Dieses Projekt koordinieren zu dürfen hat mir sehr viel Freude gemacht. Es war schön zu sehen, wie das In-teresse und das Engagement für dieses wichtige, aber eben auch schwierige Thema stetig zunahmen. So war es möglich, viele Menschen zu erreichen und die Diskussion in Gang zu halten.

Allerdings wäre dies alles ohne die fachkundige Beteiligung unserer Kooperationspartnerinnen und Koopera-tionspartner nicht gelungen. Hier möchte ich vor allem die beiden geschäftsführenden Rektoren der Ludwigs-burger Schulen sowie die Polizei und die Ludwigsburger Verkehrslinien nennen. Besonders wertvoll war aber auch die tatkräftige Unterstützung der ehrenamtlichen Mitglieder in der Initiativgruppe. Gabriele Moersch, Hermann Dengel und den Mitgliedern des Vereins KulturWelt e. V. sei daher an dieser Stelle herzlich gedankt. Ein Projekt in dieser Größenordnung zu stemmen, geht nicht ohne die notwendige finanzielle Grundlage. Mein besonderer Dank gilt daher dem Verein Sicheres Ludwigsburg, der den Großteil der Projektkosten übernahm, der Bürgerstiftung, ohne die das Theaterprojekt nicht möglich gewesen wäre sowie dem Verkehrsverbund Stuttgart für die Busaufkleber. Zuletzt ein großes vergelts Gott an meine Praktikantin Sarah Möhr, die diese schöne Dokumentation erstellt hat.

Ich hoffe, dass durch das Projekt „Courage zeigen“ die Menschen in Ludwigsburg sich ein bisschen sicherer fühlen und besser wissen, wie sie sich verhalten können, wenn sie doch einmal in eine schwierige Situation geraten.

Gertraud Selig

Eine Aktion des Initiativkreises Zivilcourage Ludwigsburg

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ZIVILCOURAGE -

LARA (16)

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Eine Aktion des Initiativkreises Zivilcourage Ludwigsburg

ÜBERWINDUN

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ZIVILCOURAGE -

KATJA (19) UND GERF (18)

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Eine Aktion des Initiativkreises Zivilcourage Ludwigsburg

VERTRAUEN

UNTER FREM

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ZIVILCOURAGE -

MARIA (19) UND CHRISTIAN (26)

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