M. Eckert: Übergänge ermöglichen – individuelle Bildungswege begleiten
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28.11.2012 Hier kann eine Fußzeile eingefügt werden 1
Übergänge ermöglichen – individuelle Bildungswege begleiten
Manfred Eckert
Universität Erfurt
Aufbau
• Einleitendes: Was heißt: individuelle Übergänge begleiten?
• Strukturfragen: Wie wird die individuelle Begleitung organisiert?
• Erste theoretische Überlegung: Pädagogisierung / Verschulung/Didaktisierung
• Kooperationen von Institutionen und Akteuren
• Zweite theoretische Überlegung: Probleme der Jugendphase
• Professionalität: auf subjektive Problemlagen etc. eingehen können
• Dritte (gewagte) theoretische Überlegung: Aus „Übergängen“ lebensweltliche und biographische Kontinuität werden lassen
• Vierte und letzte theoretische Überlegung: Übergangskompetenz (?) erwerben
• Übergänge in bildungstheoretischer Hinsicht
„Richtige
Plazierung“
vs.
„Flexibilität“
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Übergänge begleiten heißt (?):
• Potentiale der sich Bewerbenden ermitteln
(Eignungstests/Ausbildungsreifekataloge)
• Anforderungen von Berufen ermitteln
• Potentiale/Eignungen und Anforderungen miteinander vergleichen
• Einmündungen „passgenau“ gestalten
• Modell der Psychotechnik. Tradition der Rekrutierung, besonders für
militärische, auch für industrielle Zwecke.
• Der Mensch als zu vermessendes Objekt, das „passgenau“ einzufügen
und den Anforderungen entsprechend zu verwerten ist.
• … hier wohl eher nicht (!)
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Was heißt: Individuelle Bildungswege begleiten?
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- Individuelle Bildungswege sind wie ein Mosaik: aus vorgegebenen
Steinen, aber nach individuellem Muster gebaut
- Individuelle Bildungswege folgen einem Ablauf in der biographischen
Zeit – das Mosaik lebt und verläuft in der Zeit
Was heißt: Individuelle Bildungswege begleiten? Individuelle Menschen begleiten
Bildungswege sind Ketten von Situationen
Eine Situation in einem individuellen Bildungsweg (in einer Bildungsbiographie) steht in zeitlichen und in sachlichen Verweisungszusammenhängen. Sie hat
• eine Zeitlichkeit:
• eine Vergangenheit (was traue ich mir zu – welche Chancen konnte ich bis jetzt entdecken?) und
• eine Zukunft (was wird sich mir als Chance bieten?).
• beides wird in Situationen konkret – und erlebt.
• eine Sachlichkeit: was kann ich gut / was wird verlangt / was will ich tun?
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Übergangssituationen
• In der Situation hängen Zeitlichkeit und Sachlichkeit miteinander
zusammen und umfassen
das Erlebnis einer erwartbaren persönlichen Entwicklungsdynamik
• „Sachlichkeit“ umfasst
• die Vision eines persönlichen berufsbezogenen Entwicklungsentwurfs (Dynamik in der Zukunft):
• „Was kann ich werden“?
• Was will ich und was werde ich können?
• Das bisherige Erfahrungsfeld (aus der Vergangenheit):
• Was kann ich gut (entwickelt aus: was konnte ich gut)
• Das Erleben des Potentials einer subjektiv erwarteten, möglichen Entwicklungsdynamik
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Strukturfragen: Wie wird die individuelle Begleitung von Übergängen organisiert?
Das Erlebnis einer erwartbaren persönlichen Entwicklungsdynamik
vorbereiten
Lebensweltorientierung und Berufsorientierung in Schulen:
• neue Erfahrungswelten eröffnen (z.B. neue Medien, andere Kulturen
und fremde Sprachen)
• im Hinblick auf Berufseintritt: Exkursionen, Erprobungen in
pädagogischen Werkstätten, Erprobung in Betrieben - Praktika
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Strukturfragen: Wie wird die individuelle Begleitung organisiert?
Das Erlebnis einer erwartbaren persönlichen Entwicklungsdynamik
vorbereiten
• Erprobungen (Praktika) sind gleichzeitig Selbsterprobung und
Weltererprobung oder Welterschließung
(in einer besonderen Rolle!)
• Erprobungswelten erfordern besondere Strukturen:
- Handlungsstrukturen („mitarbeiten können“ - kleine Erfolgserlebnisse)
- Soziale Strukturen („mitarbeiten können“ - Anerkennungserlebnisse)
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Erste theoretische Zwischenüberlegung: Pädagogisierung und Verschulung von Übergängen
• Übergänge pädagogisieren
• sie laufen nicht (wie in der Logik des Alltagslebens ) „von selbst“ ab
• Übergänge „verschulen“ – „Bildungsketten“ organisieren?
• Verschiedene pädagogische Institutionen aneinander koppeln ?
• „Warteschleifen“ und „Maßnahmekarrieren“ erzeugen ?
• Übergänge didaktisch gestalten
• Anforderungen der Arbeitswelt in schulische Angebote übersetzen
• Den Betriebseintritt und den Arbeitsplatz des Praktikanten/des
Novizen/des Lehrlings lernfördernd und erfolgswirksam gestalten
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Übergänge pädagogisieren: die Kooperationen von Institutionen und Akteuren
• Übergänge von Schulen in die Arbeitswelt sind kooperative Prozesse
auf mehreren Ebenen:
• Kooperation: Schulen / Betriebe, Schulen / Berufsinformationszentren,
Schulen / Regionale Akteure
• Subjektbezogene Vernetzung: Neue Sozialwelten erschließen sich
nicht von selbst. Sie erfordern eine Didaktik der Übergänge: der
Vorbereitung, der Durchführung, der Nachbereitung
• Kritische Frage: was können junge Menschen bei der Betrachtung /
beim Erleben neuer Lebens- und Sozialwelten für sich erschließen?
(Beispiele: PVT)
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Zweite theoretische Zwischenüberlegung: Probleme der Jugendphase
• Die Jugendphase
• beginnt früher und endet später
• wird komplexer und stellt neue Anforderungen
• ist sozial stark differenziert (verschiedene Milieus, Kulturen etc.)
• Der stabilisierende Faktor „In-Ausbildung-Sein“ hat seit langem an
integrativer Kraft verloren (wurde lange nicht sichtbar wegen höherer
Selektionshürden beim Eintritt in den Betrieb)
• Die Problemlagen junger Menschen (lebensweltliche und betriebliche)
können sich überlagern und dadurch potenzieren
• Daraus folgt: Sozialpädagogische Betreuung wird dauerhaft auch für
Betriebe sinnvoll sein
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Übergänge pädagogisieren: Professionalität entwickeln Übergänge subjektorientiert gestalten
Übergangsvorbereitung und Übergangssteuerung sind
• geprägt durch ein intensives Selbst- und Welterleben in neuen
sozialen Situationen
• geprägt durch ein hohes Maß an subjektivem Erleben
• Daraus folgt: Professionelles Eingehen auf subjektive Potentiale,
Problemlagen und Lebenswelten
• Neue Anforderungen an das Ausbildungspersonal / Kooperation mit
sozialpädagogischer Betreuung
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Übergänge pädagogisieren: Professionalität in der sozialen Gestaltung von Übergangssituationen
• Übergänge sind ein starkes personales Geschehen
• (Bronfenbrenner: Ökologische Sozialisationsforschung; Mead: symbolischer
Interaktionismus, Schütz: Sinnhafter Aufbau der sozialen Welt).
• Die Gestaltung der Arbeit ist kein sachbezogener, sondern ein
personaler Akt:
• Kompetenz-, Selbstwirksamkeits-, Kontroll- und
Interaktionserfahrungen sind nicht (nur) sachlich, sondern (auch)
personal determiniert
• Daraus folgt: Professionelle Gestaltung der sozialen Prozesse
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Dritte (gewagte) theoretische Zwischenüberlegung: Aus „Übergängen“ lebensweltliche und biographische Kontinuität werden lassen
• „Übergänge“ sind soziale Artefakte. Sie werden von den Institutionen
selbst hergestellt:
Sie sind ein Resultat des „Eigenlebens“ , der Abschottung der jeweiligen
Institution gegenüber anderen Institutionen
• Kooperation ist die wechselseitige Öffnung für Anforderungen und
Spezifika der anderen Institution
• Die Eröffnung vielfältiger Erfahrungswelten (im Sozialisationsprozess)
erleichtert, die Brüche zwischen den verschiedenen Institutionen zu
überwinden. Unterschiedliche Alltagskulturen und Interaktionsformen nicht
als Gegensätze, sondern als (kontinuierliche) Abstufungen erleben
• Synthese verschiedener Interaktions- und Anforderungstypen
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Die Entscheidung für einen beruflichen
Karriere- und Entwicklungsweg ist ein
– pädagogisch zu betreuender –
personaler Akt der Selbststeuerung unter nicht
selbst gesetzten Bedingungen.
Er bedarf der vielfachen Erprobung und der
Offenheit für Revisionen ,.
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Vierte und letzte theoretische Überlegung: Übergangskompetenz (?) erwerben - Bildungsprozesse sind Übergangsprozesse!
Kompetenzgeschwafel ?!?
• Übergänge erfolgreich bewältigen erfordert „Übergangskompetenz“
• Jeder Bildungsübergang sollte (personale, soziale, fachliche)
„Übergangskompetenz“ vermitteln
• Jede pädagogische Förderung von Übergängen muss in
Übergangskompetenz münden
• Übergangskompetenz erfordert die Fähigkeit zur subjektbezogenen
Synthese unterschiedlicher Interaktionsformen und Anforderungstypen
(und deren neue Differenzierung) anhand subjektiver
Entwicklungswünsche und –potentiale:
• Bildungsprozesse sind Übergangsprozesse - und umgekehrt
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Der Rest der vierten und letzten theoretischen Überlegung: bildungstheoretische Anknüpfungspunkte
• Bildung als „subjektbezogene Synthese unterschiedlicher
Interaktionsformen und Anforderungstypen …“
Klassische Bildungstheorie:
Bildung als Entwicklung des Subjekts im Medium fremder Sprachen,
fremder Kulturen, (fremder) Naturwissenschaften und (fremder)
Mathematik
in den Übergängen vom Vertrauten zum Fremden organisieren, damit
daraus Vertrautes werden kann
um die eigene Biographie (sich selbst) und die eigene Welt in ihrer
Vielfalt besser verstehen und gestalten zu können
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oder
• Der wahre Zweck des Menschen – … welchen die ewig
unveränderliche Vernunft ihm vorschreibt – ist die höchste und
proportionirlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen.
• Zu dieser Bildung ist Freiheit die erste und unerläßliche Bedingung.
• Allein außer der Freiheit erfordert die Entwikkelung der menschlichen
Kräfte noch etwas andres, obgleich mit der Freiheit eng verbundenes,
Mannigfaltigkeit der Situationen. Auch der freieste und unabhängigste
Mensch, in einförmige Lagen versetzt, bildet sich minder aus.
• W.v. Humboldt: Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des
Staates zu bestimmen, 1792
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Erfolgreiche Übergangsprozesse sind Bildungsprozesse Bildungsprozesse gelingen durch erfolgreiche Übergangsprozesse
Danke für‘s Zuhören
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