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M. Kleebauer, M. Zahel und P. Mahajan: Tiefziehbares und faserbasiertes Verpackungsmaterial, mit Barriere- und antibakteriellen Eigen- schaften zur Verlängerung der Haltbarkeit von frischen Lebensmitteln (ActiPoly) PTS-Forschungsbericht 05/2018 Juni 2018 Papiertechnische Stiftung (PTS) Heßstraße 134 D - 80797 München www.ptspaper.de Download-Information: Diese Studie steht auf der Homepage der PTS zum Download bereit: www.ptspaper.de/forschungsdatenbank Ansprechpartner: Dr. Markus Kleebauer Tel. (03529) 551-787 [email protected] Dr. Martin Zahel Tel. (03529) 551-674 [email protected] Papiertechnische Stiftung PTS Institut für Zellstoff und Papier IZP Pirnaer Straße 37 01809 Heidenau Papiertechnische Stiftung PTS Institut für Zellstoff und Papier IZP Pirnaer Straße 37 01809 Heidenau Das Forschungsvorhaben IGF Cornet 142 EGB der AiF- Forschungsvereinigung PTS (Papiertechnische Stiftung) und der kooperierenden AiF-Forschungsvereinigung IVLV (Industrievereini- gung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirt- schaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Unser Dank gilt außerdem den beteiligten Firmen für die Probenbe- reitstellung und für die freundliche Unterstützung bei der Projekt- durchführung.

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Tiefziehbares und faserbasiertes Verpackungsmaterial, mit Barriere- und antibakteriellen Eigen-schaften zur Verlängerung der Haltbarkeit von frischen Lebensmitteln (ActiPoly) PTS-Forschungsbericht 05/2018

Juni 2018

Papiertechnische Stiftung (PTS) Heßstraße 134 D - 80797 München

www.ptspaper.de

Download-Information:

Diese Studie steht auf der Homepage der PTS zum Download bereit: www.ptspaper.de/forschungsdatenbank

Ansprechpartner:

Dr. Markus Kleebauer Tel. (03529) 551-787 [email protected]

Dr. Martin Zahel Tel. (03529) 551-674 [email protected]

Papiertechnische Stiftung PTS Institut für Zellstoff und Papier IZP Pirnaer Straße 37 01809 Heidenau

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Das Forschungsvorhaben IGF Cornet 142 EGB der AiF-Forschungsvereinigung PTS (Papiertechnische Stiftung) und der kooperierenden AiF-Forschungsvereinigung IVLV (Industrievereini-gung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirt-schaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

Unser Dank gilt außerdem den beteiligten Firmen für die Probenbe-reitstellung und für die freundliche Unterstützung bei der Projekt-durchführung.

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Tiefziehbares und faserbasiertes Verpackungsmaterial, mit Barriere- und anti-bakteriellen Eigenschaften zur Verlängerung der Haltbarkeit von frischen Le-bensmitteln

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Inhalt

1 Zusammenfassung 2

2 Abstract 3

3 Wissenschaftlich- technische und wirtschaftliche Problemstellung 5

4 Forschungsziel 6

5 Gesamtvorgehen 6

6 Koordination (Arbeitspaket 1) 8

7 Materialentwicklung – thermoformbares Basispapier (Arbeitspaket 2) 8

7.1 Thermoformbares Basispapier für die weitere Verarbeitung und Funktionalisierung 8

7.2 Modifizierung der funktionellen Gruppen und Auswirkungen auf die physikalisch-chemischen Eigenschaften des Fasermaterials 17

7.3 Auswirkungen der Prozessparameter auf das Verhalten des Faserstoffes bei Thermoformvorgängen 29

8 Barrierebschichtungen für thermoformbare Papiere (Arbeitspaket 3) 33

9 Antimikrobielle Beschichtung (Arbeitspaket 4) 40

10 Deckelfolien und deren Siegeleigenschaften (Arbeitspaket 5) 41

11 Materialbewertung und Weiterentwicklungen (Arbeitspaket 6) 41

12 Optimierung der Materialentwicklung (Arbeitspaket 7) 49

13 Testverpackungen und Demonstration des Verpackungskonzepts (Arbeitspaket 8) 51

13.1 Kostenbetrachtung des entwickelten Verpackungskonzepts 51

13.2 Anwendbarkeit des entwickelten Verpackungskonzepts in der industriellen Praxis 53

13.3 Lagerversuche von Lebensmitteln in manuell hergestellten Testverpackungen 54

Literatur 57

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1 Zusammenfassung

Zielstellung Ziel des Projektes war die Entwicklung von Konzepten für neuartige, faserbasier-te, thermoformbare Verpackungsmaterialien für die Herstellung umweltfreundli-cher Trays zum Verpacken von frischen Lebensmittelprodukten. Weitere Ziele waren die Entwicklung von Barrierebeschichtungen sowie antimikrobielle Be-schichtungen, mit denen die thermoformbare Verpackungsmaterialien ausgestat-tet werden können. Zusätzlich dazu sollte eine biobasierte Deckelfolie mit antimikrobiellen Eigenschaften entwickelt werden, mit der faserbasierte Trays verschlossen werden können. Um diese Ziele zu erreichen, wurde das Projekt in 3 Phasen aufgeteilt: I) Materialentwicklung, II) Materialbeurteilung und III) De-monstration der Funktionsfähigkeit des Konzeptes.

Ergebnisse Zunächst wurden die einzelnen Bestandteile des Konzeptes separate entwickelt und geprüft. Daraus ergaben sich folgende Materialien:

• Über eine zweistufige Reaktion (Glycolspaltung + Reduktion) wurde in der Wand von Cellulosefasern eine Dialkoholcellulose-Matrix erzeugt, die zu thermoplastischen Fasereigenschaften führte. Papierblätter, die daraus her-gestellt wurden, zeigten temperaturabhängige Bruchdehnungen von bis zu 35 % und konnten deshalb für Thermoformprozesse eingesetzt werden. Es wurde eine maximale Formbarkeitsdehnung von 30 % in dreidimensionalen Thermoformprozessen erreicht, die ausreichend für die Herstellung von Trays für Käse- und Wurstverpackungen ist.

• Eine hohe Anzahl von wässerigen Barrieremitteln und –formulierungen wurde hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit als thermoformbare Beschichtungen unter-sucht. Es zeigte sich, dass bereits bei thermisch unterstützten Dehnungen bis zu 20% die Barriereigenschaften der Beschichtungen deutlich einge-schränkt wurden. Durch Zusatz von Weichmachern konnte keine signifikan-ten Verbesserungen erzielt werden, so dass letztlich das Aufsprühen der Be-schichtung nach dem Thermoformprozess die beste Lösung darstellte.

• Für die antimikrobielle Ausrüstung der Tray- und der Deckeloberfläche wurden verschiedene Möglichkeiten untersucht. Die Wirksamkeit superhyd-rophober Oberflächen war niedriger als erwartet. Die besten Resultate wur-den mit herkömmlichen antimikrobiellen Beschichtungen erzielt, die Wirkstof-fe aus PSP-Pflanzenextrakten oder Polylysin und Methylcellulose als Bindemittel enthielten.

• Mittels Extrusion wurden dreilagige PLA-Filme erzeugt, die mit ZnO-Nanopartikeln als antimikrobiellem Wirkstoff ausgestattet waren. Die Filme zeigten gute antimikrobielle Eigenschaften, wiesen allerdings relativ hohe Permeabilitäten hinsichtlich Sauerstoff und Wasserdampf auf.

Parallel zur Materialentwicklung wurden Informationen und Daten zu kommerziel-len Verpackungstrays gesammelt. Die Suche konzentrierte sich auf Verpackun-gen für frisches Fleisch und frischen Fisch, die als „Leitlebensmittel“ ausgewählt wurden. Entsprechend den gesammelten Informationen erfüllt heute ein Tray aus Polypropylen (Sauerstoffdurchlässigkeit OTR = 140-210 cm³/(m²∙d) bei 300-500 µm Dicke) und eine Deckelfolie ebenfalls aus Polypropylen oder aus einem Cellophan/PE-Film (OTR = 11 cm³/(m²∙d)) die Basisanforderungen: Mindesthalt-

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barkeit < 10 Tage unter Kühlung (4°C). Die Wasserdampfdurchlässigkeit der Materialien liegt zwischen 4 und 11 g/(m²∙d).

Abschließend konnte auf Basis der entwickelten Materialien und den Anforde-rungen des Marktes ein Konzept für neue, thermoformbare und umweltfreundli-che Verpackungstrays abgeleitet werden. Es konnte mittels Lagerversuchen gezeigt werden, dass dieses Konzept in weiten Teilen anwendbar ist.

Schluss-folgerungen

Durch die Ergebnisse des Projekts konnte klar demonstriert werden, dass faserbasierte, thermoformbare Verpackungstrays hergestellt und mit den dafür notwendigen Funktionalitäten zum Verpacken von Lebensmitteln versehen werden können. Um das damit einhergehende Konzept für kommerzielle Produk-te anwenden zu können, sind jedoch noch weitere Forschungsarbeiten und Entwicklungsschritte notwendig.

Nutzen und wirtschaftliche Bedeutung des Forschungsthemas für kleine und mittlere Unternehmen (kmU)

Das Konzept für faserbasierte thermoformbare Verpackungen ist in vielen Industriebereichen anwendbar. Basierend auf den Projektergebnissen können Verpackungshersteller und deren Zulieferindustrie ökologisch vorteilhafte Verpa-ckungen für ihre Kunden entwickeln. Lebensmittelhersteller können damit die Haltbarkeit ihrer Produkte steigern und Lebensmittelverluste minimieren. Die Hersteller der Ausgangsmaterialien (synthetische und nachwachsende Polyme-re) können für ihre Produkte neue Anwendungsfelder erschließen. Die gewonne-nen Ergebnisse haben vorwettbewerblichen Charakter und stellen damit eine wichtige Grundlage für die Entwicklung kommerzieller Verpackungsprodukte dar.

2 Abstract

Objective This project aimed to develop a concept for novel fibre-based thermoformable packaging materials for the production of ecofriendly trays for fresh food packag-ing. Further development steps include barrier functionalities and antimicrobial coatings, both intended to preserve the freshness and edibility of the packaging good. Additionally, a bio-based barrier lid film with antimicrobial properties should be developed, which is sealable on the fibre-based tray. To achieve these goals, the project was divided into 3 phases: I) material development, II) material assessment and III) demonstrating the advantages of optimized materials.

Research results Initially all the individual elements of the concept could be developed and tested separately. As result the following materials were available:

• A semihomogeneous two step glycol cleavage-reduction protocol, where a thermoplastic dialcohol cellulose matrix is generated within cellulose fibre walls, led to thermoplastic single fibres. Sheets made thereof showed tem-perature sensitive strain at break values higher than 35 % and could be used for thermoforming. A maximum formability strain of 30 % was achieved for that 3D Forming leading to the opportunity of producing standard trays widely used for cheese and sausages.

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• A high number of barrier agents and formulations were tested for their ap-plicability as thermoformable coatings. It became evident that for thermally induced elongations up to 20 % or more the barrier properties against fat&oil, water, water vapor and oxygen significantly decreased. No real progress could be achieved via the addition of plasticizers so that a spray coating after the thermoforming step of the paper was identified as best option.

• Different approaches to achieve antimicrobial surfaces on top of the barrier coating and on lid films used for closing packaging trays have been investi-gated. The performance of superhydrophobic coatings was lower than that of classical antimicrobial coating formulations composed of a binder (matrix) and an active ingredient. The most effective formulations were generated with Methylcellulose as matrix and PSP (plant extracts) and Polylysine.

• Antibacterial films were produced with a tri-layer structure of PLA (Polylactic Acid) containing zinc oxide particles (ZnO) with further surface treatments to make ZnO particles available at the surface. The films showed good antibac-terial activity and good sealing properties but have rather low barrier proper-ties toward oxygen and water vapor.

In parallel fresh meat and fish were selected as the target food products. Data about commercially available packaging for his type of food were collected. According to this study a combination of a PP tray (OTR = 140-210 cm³.m².d, 300-500µm thickness) and a cellulose/PLA film (11 cm³/m².d) were sufficient to meet the basic requirements: a shelf-life of <10 days under refrigeration). The PP tray and cellulose/PLA film had WVTRs of ≤4 and ≤11 g/m².d.

Finally based on the material developments and the requirements of the market the concept for novel fibre-based, thermoformable and ecofriendly trays were verified with test packages allowing tests on the individual components. It was successfully shown that the concept could be confirmed in most parts.

Conclusion Novel concepts for packaging materials will open new markets for producers of packaging materials and also fresh food. It is expected that the generated solutions will penetrate the market through the “green thinking” upper middle class, probably around 10% of the market in the participating countries (Germa-ny, Belgium and Poland), and then reach the main stream of users.

It was successfully demonstrated within the project that the concept for novel fibre-based, thermoformable and ecofriendly trays works and suitable materials are available. But before the findings of this project could be transferred into commercial products further improvements have to be made.

Economic relevance of this research subject for small and medium enter-prises (SME)

The target groups of this project are firstly packaging producers which can valorise the project results through different routes: developing paper with extra functionality and offering compostable and biobased alternatives to existing crude-oil based packaging solutions. Secondly, food producing companies, which can broaden their market of fresh food products through the biobased and ecofriendly nature of the materials. Thirdly, different developed technologies within this project can be applied in other sectors in order to integrate barrier or antimicrobial coatings on different substrates e.g. processing equipment. The project results will not be immediately suitable for the introduction of new packag-

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ing products to the market. Instead, the project delivers valuable knowledge on a new concept for an eco-friendly packaging material for trays and lid films.

3 Wissenschaftlich- technische und wirtschaftliche Problemstellung

Aktueller Wissensstand

Trays für frische Lebensmittel und die dazugehörende Deckelfolie werden heute nahezu ausnahmslos aus erdölbasierten Rohstoffen hergestellt. Zu den am häufigsten einsetzten Materialien zählen Polypropylen, geschäumtes Polystyrol und Polyethylenterephthalat (PET).

Unter den ökologischen Alternativen werden faserbasierte Trays häufig genannt. Allerdings kann aus Papier bis dato ein etwas tieferes Tray nicht durch einen thermischen Formprozess hergestellt werden, da es keine thermoplastischen Eigenschaften besitzt und daher die Formbarkeit nur in sehr engen Grenzen möglich ist. Die Bruchdehnung von herkömmlichen Verpackungspapieren und –kartons ist auf 5-6 % [1] limitiert. Mit Spezialpapieren, hinter denen ein aufwändi-ger Herstellungsprozess steht, können Dehnungswerte bis zu 15 % [2] erreicht werden. Aber auch diese Dehnungen reichen nur zur Herstellung von Verpa-ckungen mit einer maximalen Tiefe von 15 mm. Ein ähnlicher Thermoformpro-zess wie bei Kunststoffen ist nicht möglich, da Cellulosefasern bei hohen Tempe-raturen nicht erweichen sondern sich stattdessen irreversibel zersetzten. Durch chemische Modifikation der Cellulosefasern können aber thermoplastische Eigenschaften erzeugt werden.

Märkte und Anwendungs-bereiche

Rund 1,95 Millionen Tonnen an frischen Nahrungsmitteln werden gegenwärtig konsumiert, mit einem Durchschnittwert pro Kopf in der Europäischen Union von 300 kg. Der Markt für frische Fleischprodukte vom Rind, Schwein, Hammel und Geflügel ist dabei ein wichtiger Bestandteil und hat einen geschätzten Wert von 271 Milliarden EUR [3]. Die Europäische Union ist weltweit einer der Hauptpro-duzenten mit einem Anteil von 16 % an der Weltproduktion und einem kmU-Anteil von 98% [4]. Im Sektor Biolebensmittel kann eine jährliche Zunahme von 6 % beobachtet werden mit Deutschland als größtem Markt und einem jahrlichen Umsatz von 7.040 Million EUR [5].

Verpackungen für Lebensmittel stellen die größte Produktgruppe unter den Verpackungen mit einem Anteil von ca. 34 % dar 2014 [6]. Europa ist gegenwär-tig der Marktführer bei „grünen Verpackungen“, die definiert sind entweder als rezyklierbar, wieder benutzbar oder biologisch abbaubar mit einer Marktgröße von etwa 42 Milliarden USD und einem prognostiziertem Wachstum von 60 % in 2018 [7].

Das Interesse an längerer Haltbarkeit der verpackten Lebensmittel hat die Zunahme an Verpackungen mit modifizierter Atmosphäre (Modified Atmosphere Packaging, MAP) und kontrollierter Atmosphäre (Controlled Atmosphere Packa-ging, CAP) stark beflügelt. Der Verkauf solcher Produkte erreichte 11 bn USD in 2013 [8]. In ähnlicher Weise wird ein Wachstum von etwa 4 % pro Jahr [9] für Verpackungstrays und -schalen für frische Lebensmittel erwartet.

Im Papiermarkt sind in Europa 185.000 Leute in 640 papiererzeugenden Betrie-

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ben beschäftigt, die einen Gesamtumsatz von 75 Milliarden EUR [10, 11] erwirt-schaften. Unter den Verpackungsmaterialien gehören Papier und Karton zu den sehr häufig benutzten Materialien mit einer jährlichen Menge von 35 Millionen Tonnen. In Deutschland wird ein Umsatz von rund 22 Milliarden Euro erzielt. Die Verpackungsbranche in Deutschland beinhaltet eine hohe Anzahl an kleinen und mittelständischen Unternehmen [12, 13, 14].

4 Forschungsziel

Ziel Ziel des Projektes war die Entwicklung von Konzepten für neuartige, faserbasier-te, thermoformbare Verpackungsmaterialien für die Herstellung umweltfreundli-cher Trays zum Verpacken von frischen Lebensmittelprodukten. Weitere Ziele waren die Entwicklung von Barrierebeschichtungen sowie antimikrobielle Be-schichtungen, mit denen die thermoformbare Verpackungsmaterialien ausgestat-tet werden können. Zusätzlich dazu sollte eine biobasierte Deckelfolie mit antimikrobiellen Eigenschaften entwickelt werden, mit der faserbasierte Trays verschlossen werden können. Um diese Ziele zu erreichen, wurde das Projekt in 3 Phasen aufgeteilt: I) Materialentwicklung, II) Materialbeurteilung und III) De-monstration der Funktionsfähigkeit des Konzeptes.

5 Gesamtvorgehen

Übersicht Das Projekt wurde entsprechend dem folgenden Ablaufschema (siehe Fig. 1) bearbeitet, das in verschiedene Arbeitspakete (AP = WP = Work Package) unterteilt ist.

Fig. 1: Ablaufplan des Projektes

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Projektpartner An diesem Projekt waren folgende Forschungsstellen und Forschungsvereini-gungen beteiligt:

Institution Abkürzung Funktion Land

Papiertechnische Stiftung

PTS Forschungs-vereinigung

Deutschland

Papiertechnisches Institut der PTS

PTS PTI Forschungsstelle Deutschland

Institut für Zellstoff und Papier

PTS IZP Forschungs-vereinigung

Deutschland

Leibniz Institute for Agricultural Engineer-ing

ATB Forschungsstelle Deutschland

Pack4Food VZW Pack4Food Forschungs-vereinigung

Belgien

SIRRIS SIRRIS Forschungsstelle Belgien

CELABOR Association CELABOR Asso

Forschungs-vereinigung

Belgien

CELABOR CELABOR Forschungsstelle Belgien

Materia Nova Associa-tion

MN Asso Forschungs-vereinigung

Belgien

Materia Nova MN Forschungsstelle Belgien

Green Chemistry Cluster

GCC Forschungs-vereinigung

Polen

West Pomeranian University of Technol-ogy

ZUT/CBIMO Forschungsstelle Polen

Sirris- The Collective Centre of the Belgian Technological Industry

SIRRIS Asso Forschungs-vereinigung

Belgien

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6 Koordination (Arbeitspaket 1)

Vorgehensweise Neben dem täglichen Projektmanagement und der Kommunikation mit den Projektpartnern basierte die Projektkoordination auf folgenden Schlüsselelemen-ten:

• Meetings der Forschungsstellen (sogenannte Steering Committee Mee-tings) und

• Telefonkonferenzen

Beide Aktivitäten wurden von der PTS mit Hilfe der anderen Projektpartner vorbereitet und koordiniert.

7 Materialentwicklung – thermoformbares Basispapier (Arbeitspaket 2)

7.1 Thermoformbares Basispapier für die weitere Verarbeitung und Funktionalisierung

Konzept Cellulose und cellulosischer Faserstoff zeigen kein thermoplastisches Verhalten, weshalb die Verwendung dieser Materialien in Thermoforming-Prozessen nicht möglich ist. Wie hinreichend bekannt ist, zeigen einige Cellulosederivate jedoch thermoplastisches Materialverhalten. Um thermoplastische Papiere herstellen zu können, bestand das Ziel deshalb in der selektiven Derivatisierung der oberfläch-lichen Faserbereiche individueller Cellulosefasern zur Aufrechterhaltung der Faserstruktur. Der Prozess beinhaltet dabei folgende drei kritische Teilschritte:

• Faserseparation: Zur Zugänglichkeit der Oberfläche müssen die Fasern sorgfältig vereinzelt werden. Deshalb wurden die Fasern durch wässrige Desintegration vereinzelt und die Reaktionen durchgeführt. Für den Fall, dass die Reaktionen wasserfreie Reaktionsbedingungen benötigten, wurde ein Lösungsmittelaustausch zu unpolaren Lösemitteln vorgenom-men.

• Chemische Modifikation: Einige verschiedene chemische Reaktionen sind bekannt, welche Cellulosederivate wie beispielsweise Ester oder Ether liefern.

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• Papierherstellung: Der resultierende Faserstoff muss zur Papierherstel-lung geeignet sein. Es müssen jedoch begleitende Effekte wie der Rück-gang an Zugfestigkeit oder Klebrigkeiten der Faserstoffe in Kauf genom-men werden.

Graften von Poly-caprolacton

In der Literatur konnte gezeigt werden, dass es möglich ist Polycaprolacton (PCL) an wasserlösliche Polysaccharide wie Stärke oder Dextran durch Verwendung von Caprolacton und Phosphorsäurekatalyse anzubinden. Jedoch wurde die nachfolgend dargestellte Reaktion bisher nicht an Cellulose durchgeführt. Allerdings hat sie gegenüber allen weiteren Veresterungsreaktionen den Vorteil im wässrigen Medium vorgenommen werden zu können. Dies ist besonders im Hinblick auf eine umweltfreundliche Modifizierung von besonderem Interesse.

Im Projektverlauf konnte gemäß voriger Reaktionsgleichung eine Verfahrensvariante erarbeitet werden Graftingreaktionen von PCL an Cellulose vornehmen zu können. Zum Erhalt der Fasermorphologie wurde ein scherfreies Hochkonsistenzherstellungsverfahren (30 wt%) entwickelt.

Charakterisie-rung der her-gestellten PCL-Grafts von Cellulosefasern

Als Cellulosequelle wurde für die Derivatisierungsreaktionen ungemahlener Langfaserzellstoff („Northern Bleached Softwood Kraft Pulp“, NBSK) verwendet. Die Faserstoffplatten wurden in Leitungswasser desintegriert und bei Raumtemperatur getrocknet. Alle verwendeten Chemikalien wurden ohne weitere Aufbereitung eingesetzt.

Zur Charakterisierung der erhaltenen Materialien und zum Verständnis der Material-Eigenschafts-Beziehungen wurden folgende Analysemethoden verwendet:

• Gravimetrische Bestimmung der Gewichtszunahme (Graftinganteil) wurde gemäß nachfolgender Formel berechnet: Gewichtszuwachs = m(Cellulosederivat) / m(Cellulose).

• Titrative Bestimmung der Carboxylgruppen wurde durch Säure-Base-Titration nach erfolgter Verseifung vorgenommen.

• Waterrückhaltevermögen wurde gemäß ISO23714 durchgeführt.

• IR-Spektren wurden mit einem Bruker Tensor 27 im ATR Modus ohne atmospherische Kompensation aufgenommen.

• Raman-Imaging wurde unter Verwendung eines WITec alpha 300M+ Konfokal-Raman-Microskops mit einem 532 nm Laser durchgeführt.

• Faserdimensionsanalysen wurden mit dem optischen Messsystem “Kajaani FiberLab“ der Fa. Metso gemäß TAPPI T271om-02 durchgeführt.

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• Dynamische Differenzkalorimetrie (DSC) wurden mit einem Mettler Toledo DSC 1-System gemessen.

Die Resultate der Messungen werden im folgenden Text zusammenfassend erläutert.

Optimierung der Reaktions-bedingungen:

Temperatur

Um den Einfluss verschiedener Reaktionsparamter auf die resultierenden Faserstoffeigenschaften zu verstehen und abschätzen zu können, wurde eine Parameteroptimierung vorgenommen.

Hierbei wurden als erstes Reaktionen mit 3 Moläquivalenten Caprolacton bezogen auf die Anhydroglukoseeinheit (AGU) und 3 Molprozent Phosphorsäure als Katalysator bei 23 °C, 50 °C und 95 °C für 24 h in einem ungerührten offenen Batchreaktior zur Reaktion gebracht. Hierbei konnte festgestellt werden, dass nur für das letzte Experiment eine erfolgreiche Reaktion zeigte. Es ist davon auszugehen, dass die erhöhte Temperatur von 95 °C zur Verdampfung von Wasser und damit zur Verschiebung des Reaktionsgleichgewichts zu Gunsten der Produkte führt. Daher wurden alle weiteren Reaktionen bei 95 °C durchgeführt.

Optimierung der Reaktions-bedingungen:

Katalysator-beladung

Weiterhin wurde die Abhängigkeit der Reaktion und der Produkteigenschaften von der Katalysatorbeladung untersucht. Hierbei wurden Phosphorsäuremengen bis zu 45 mol%, bezogen auf die AGU, verwendet. Die Reaktionen wurden unter Verwendung von 3 Äquivalenten Caprolacton bei 95 °C für 24 h in einem offenen ungerührten Batchreaktor durchgeführt. Die dabei erhaltenen Resultate sind nachfolgend grafisch dargestellt.

Fig. 2: Grafting-Anteil, Faserlänge und Wandstärke als Funktion der Katalysa-torkonzentration.

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Als Ergebnis konnte festgestellt werden, dass ein maximaler Graftinganteil von 24 % bei Verwendung von 15 mol% Phosphorsäure erreicht wurde (Vgl. Fig. 2). Da höhere Anteile an Säure zur Hydrolyse sowohl der Estergruppen, wie auch der Acetalbindung innerhalb der Cellulose führen, zeigen die gereinigten Faserstoffe der Reaktionen mit mehr Katalysatormenge geringere Grafting-Anteile, wie auch kürzere Faserlängen.

Optimierung der Reaktions-bedingungen:

Reaktanden-menge

Nach der Investigation der optimalen Reaktionstemperatur, wie auch der Katalysatormenge, wurde die Menge an Caprolacton, welches das Monomer zur Bildung des PCL darstellt, hinsichtlich des größten Grafting-Anteils optimiert.

Fig. 3: Grafting-Anteil, Faserlänge und Wandstärke als Funktion der Caprolac-tonkonzentration.

Als Basis dieser Studie wurden Caprolactonemengen bis 9 Äquivalente bezogen auf die AGU verwendet, wobei sich zeigte, dass ein Optimum an Grafting bei 3 Äquivalenten erreicht wurde (Vgl. Fig. 3). Höhere verwendete Mengen an Caprolacton resultieren in größeren Mengen an nicht kovalent gebundenem PCL, dem so genannten Homo-PCL, wodurch die Reaktion an Effizienz verliert.

Optimierung der Reaktions-bedingungen:

Reaktionszeit

Abschließend wurde der Einfluss der Reaktionszeit bis zu 168 h (7 d) in Bezug auf den resultierenden Grafting-Anteil, die verbleibende Faserlänge und das Wasserrückhaltevermögen untersucht.

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Fig. 4: Grafting-Anteil, Wasserrückhaltevermögen (WRV), Faserlänge und Wandstärke als Funktion der Reaktionszeit.

Die Untersuchung dieser Abhängigkeit erfolgte durch Start einer Reaktion und Probename nach entsprechenden Reaktionszeiten. Im Anschluss wurden die Proben gereinigt und analysiert. Hierbei konnte herausgefunden werden, dass mit steigender Reaktionszeit der Grafting-Anteil ansteigt und das WRV zurückgeht, was den steigenden hydrophoben Charakter des Faserstoffs während der Reaktion ausdrückt (Vgl. Fig. 4). Durch diese Untersuchung konnte die Möglichkeit zur effektiven Einflussnahme auf die Produkteigenschaften durch Wahl entscheidender Reaktionsparamter erarbeitet werden.

Zusammen-fassung der Optimierungen

Aufgrund der durchgeführten Optimierungsreaktionen das Grafting von PCL an Cellulose anbetreffend, konnte ein grundlegender Zusammenhang der Beziehung zwischen den gewählten Reaktionsbedingungen mit den resultierenden Produkteigenschaften erfolgreich erarbeitet werden. In diesem Kontext ist es nun möglich durch geeignete Wahl der Reaktionsparameter direkten Einfluss auf die Ausprägung des hydrophoben Charakters (Grafting-Anteil und WRV) und die Faserdimensionen der modifizierten Faserstoffe auszuüben. In letzterem Fall muss jedoch berücksichtigt werden, dass erhöhte Konzentrationen an saurem Katalysator eine Zunahme der Faserkürzung mit sich bringt.

Ein optimiertes Exempel für eine Reaktion lautet wie folgt:

Caprolacton (84,4 g, 741 mmol, 3 eq.) und Phosphorsäure (85 %, 2,2 mL, 37 µmol, 0,15 eq.) wurden in 500 mL Wasser unter Rühren gelöst und

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luftgetrockneter NBSK (40.0 g otro, 247 mmol, 1eq.) in das Becherglas zugegeben. Im Anschluss wurde die Mischung für 2 min per Hand gerührt und für 24 h in einen vorgeheizten Ofen (95 °C) gestellt. Nach Abkühlen auf 25 °C wurde das Rohprodukt für 6 h mit Dichloromethan in einer Soxhlet-Apparatur extrahiert und im Anschluss mit Wasser gewaschen und bei Raumtemperatur getrocknet, um PCL-gegraftete Cellulose zu erhalten (48,7 g, 22 % Gewichts-zuwachs).

Spektrosko-pische Analyse:

IR-Spektroskopie

Anhand der in den IR-Spektren vorzufindenden scharfen Carbonylschwingen im Bereich von ~1700 cm-1 kann die Beweisführung der kovalenten Anbindung von Estergruppen (PCL) an die Cellulose vorgenommen werden (Vgl. Fig. 5). Wei-terhin konnte eine lineare Korrelation zwischen dem Integral der Carbonyl-schwingung und den durch Titration gewonnenen quantitativen Erkenntnissen vorgefunden werden. Durch Erstellung und Validierung einer Kalibriergerade konnten im weiteren Projektverlauf anhand der Messung von IR-Spektren und anschließender Normierung dieser durch Anwendung der Kalibriergeraden die Grafting-Anteile rechnerisch ermittelt werden.

Fig. 5: IR-Spektren einiger gegrafteter Cellulosen im Vergleich (grün: Homo- PCL; rot: unmodifizierte Cellulose; schwarz und orange: PCL-g- Cellulose)

Spektrosko-pische Analyse:

Raman-Spektroskopie

Zur ortsaufgelösten Analyse der modifizierten Faserstoffe im Bereich der Faser-dimensionen wurde Raman-Imaging verwendet (Vgl. Fig. 6).

Anhand der Synergie zwischen Raman Spektroskopie und optischer Mikroskopie von PCL-gegrafteten Cellulosefasern konnte ein Bild der homogenen PCL-Modifikation innerhalb der Einzelfaser vorgefunden werden. Zudem konnte qualitativ herausgefunden werden, dass die durchgeführten Cellulosederivatisie-rungen zu einer homogenen Gesamtfaserstoffmodifikation führen.

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Fig. 6: Raman-Mapping einer modifizierten Faser: Der Grafting-Anteil an PCL ist durch die Farbskala dargestellt, wobei blau geringer und rot höher modifizierte Bereiche repräsentiert.

Laborblatt-bildung

Zur Herstellung von Laborblättern wurde das Verfahren der Laborblattbildung nach Rapid-Köthen nach ISO 5269-2 verwendet. Desintegration der Faserstoffe wurde gemäß ISO 5263 durchgeführt. Zudem wurden die Laborblätter mit einer konstanten flächenbezogenen Masse von 250 g / m2 mit einer Standartabwei-chung von ± 15 g / m2 herstellt. Die Trockung wurde in schrumpfungsbehinderter Verfahrensweise durchgeführt, indem die feuchten Faservliese zwischen silikonisierten Deckblättern und Gauschkartons bei 94 °C unter reduzierten Druck von 50 mbar für 30 min getrocknet wurden. Die veresterten und PCL-gegrafteten Laborblätter wurden weiterführend bei 523 N / cm2 bei 180 °C für 5 min unter Verwendung einer Vogt P300S Laborpresse heißverpresst. Alle hergestellten Blätter wurden vor weiteren Prüfungen bei 23 °C und 50 % rel. Luftfeuchte gelagert.

Dynamische Differenzkalori-metrie (DSC)

Untersuchung der thermischen Eigenschaften der hergestellten Materialien erfolgte mittels DSC. Da das PCL-Homopolymer einen charakteristischen Schmelzpunkt bei ~60 °C zeigt, wurde ein ähnliches Verhalten für die PCL-modifizierten Faserstoffe erwartet. Jedoch zeigen die Resultate der Messungen keine Phasenübergänge erster Ordnung (Schmelzen oder Glasübergang) auch für den Fall von hoch modifizierten Proben (Vgl. Fig. 7). Hierdurch kann in erster Instanz kein Indiz für das Vorhandensein von thermoplastischem Verhalten vorgefunden werden.

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Fig. 7: DSC-Messungen einiger modifizierter Faserstoffproben.

Thermomecha-nische Eigen-schaften

Unter Einbeziehung der Ergebnisse der DSC-Untersuchungen wurden im Hinblick auf die benötigten Materialeigenschaften hinsichtlich einer Verwendung in Thermoforming-Prozessen weitere Analysemethoden verwendet. Hierbei wurde das temperaturabhängige elastische Verhalten mit der Dynamisch-Mechanischen Analyse (DMTA) und das resultierende plastische Materialverhalten durch Heißzugprüfung abgebildet. Die Ergebnisse beider Verfahren sind in den nachfolgenden Abschnitten näher erläutert.

Dynamisch-Mechanische Analyse (DMTA)

In Vorbereitung der DMTA-Messungen wurden durch kraft- und frequenzabhängige Messungen bei 25 °C und 200 °C die notwendigen Methodenparameter ermittelt, um während der temperaturabhängigen Messung eine elastische Materialbeanspruchung gewährleisten zu können. Hierbei ergab sich eine Messmethode mit einer Maximalkraft von 1,5 N, Maximalamplitude von 15 µm und einer Frequenz von 1 Hz in einem Temperaturbereich von 30 bis 250 °C.

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Fig. 8: Gemessene DMTA für einen modifizierten Faserstoff im Vergleich mit ungemahlenem Faserstoff (NBSK) und einer 200 µm PET-Folie.

Durch Messung eines mit 24 % höher modifizierten Musters konnte erarbeitet werden, dass die Materialien kein temperaturinduziertes Erweichungsverhalten innerhalb eines zum Thermoforming geeigneten Temperaturfensters zeigen. Vergleichend hierzu wurde die Messung einer handelsüblichen PET dargestellt, welche einen charakteristischen Glasübergang und die damit beginnende mechanische Erweichung ab ~80 °C zeigt (Vgl. Fig. 8). Aufgrund dieser Tatsache, wie auch dem zu geringen E-Modul der PCL-gegrafteten Cellulose, kann die nicht gegebene Verwendbarkeit der modifizierten Proben in Thermoformingapplikationen belegt werden.

Heißzugprüfung Die Zugfestigkeitseigenschaften der Papierproben wurden gemäß DIN EN ISO 1924-2 ermittelt. Die Verfahrensweise wurde jedoch dahingehend modifiziert, dass der bestehende vertikale Zugprüfer „TIRA test 2805“ der Fa. TIRA GmbH mit einem vertikalen keramischen Heizelement, mit zwei Heizplatten von 45 mm Länge, die Proben entsprechend temperiert werden und sich Messungen in Abhängkeit von der Temperatur durchführen lassen. Die Probe wird dabei mit einer Länge von 50 mm vorbereitet, eingespannt und mit den Heizplatten (Abstand 2 mm) für 30 s vor der Messung temperiert. Alle Mesung im Kontext dieses Forschungsprojektes wurden bei 25 °C, 75 °C, 125 °C und 175 °C und einer relativen Luftfeuchte von 50 %rH durchgeführt.

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Fig. 9: Bruchdehnung (links) und E-Modul (rechts) als Funktion des Grafting-Anteils.

Hierdurch wurde beobachtet, dass die PCL-Ketten, welche kovalent an Einzelfa-sern angebunden sind, zu einem signifikanten Verlust der E-Moduln bereits ab 75 °C führen, da der Schmelzpunkt von PCL-Anteilen bei etwa 60 °C liegt. Interessanterweise haben die auf diese Weise erzielten thermosensitiven Bin-dungen keine positive Auswirkung auf das Dehnungsverhalten, das für alle Proben und bei allen Temperaturen sogar auf unter 1% abgesunken ist.

Zusammen-fassung

Als Zwischenresultat ist festzuhalten, dass anhand der Faserstoffmodifikation durch PCL-Grafting die notwendigen Dehnwerte nicht erreicht wurden, obwohl eine thermische Erweichung für einige Materialien klar aufgezeigt werden konnte. Zusammenfassend können diese Materialien also nicht für “Fixed Blank Thermoforming”-Prozesse verwendet werden.

7.2 Modifizierung der funktionellen Gruppen und Auswirkungen auf die physikalisch-chemischen Eigenschaften des Fasermaterials

Konzept Wie in Kapitel 6.1 beschrieben, führt eine oberflächliche Derivatisierung von Zellstofffasern mit PCL-Grafteinheiten nicht zu Papieren mit den gewünschten thermoplastischen Eigenschaften, d.h. die erhaltenen thermomechanischen Eigenschaften genügen nicht den Anforderungen industrieller Thermoformingprozesse. Daher wurde an dieser Stelle eine alternative Strategie untersucht, thermoverformbare Papiere zu erzeugen. So wurde die ursprünglich genutzte oberflächliche Derivatisierung zu Gunsten einer Modifikation des gesamten Faserquerschnitts abgelöst. Wie durch Larsson und Wagberg [15] gezeigt wurde, kann die Sechsringstruktur der Anhydroglucoseeinheiten der Cellulose durch eine zweiustufige Sequenz im wässrigen Milieu aufgelöst werden. Hierbei öffnen sich auf molekularer Ebene die C2-C3-Bindung der Anhydroglucoseeinheiten nach Malaprade-Oxidation zur Dialdehydcellulose. Die nachfolgende Reduktion der gebildeten Aldehyde führt zur Dialkoholcellulose.

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Motiviert durch diese Beobachtungen wurde durch die PTS untersucht, ob dieses Konzept genutzt werden kann, um thermoverformbare Papiere zu bilden.

Charakterisie-rung von Dialde-hyd- und Dialko-holcellulosen

Zum Zwecke der Charakterisierung der gebildeten Materialien und Aufklärung der durch die chemische Modifikation eingebrachten Veränderungen der Materialeigenschaften wurden folgende Methoden genutzt. Dabei wurden die Analysen sowohl für die Dialdehyd- als auch Dialkoholstufe durchgeführt.

• Die titrative Bestimmung des Carbonylgruppengehalts wurde durch Oxim-Reaktion und Titration des überschüssigen Hydroxylamins vorgenommen.

• Wasserrückhaltevermögen wurden nach ISO23714 bestimmt.

• Raman-Imaging wurde durchgeführt, wie für PCL-Faserstoffe beschrieben.

• Fasermorphologieuntersuchungen wurden durchgeführt, wie für PCL-Faserstoffe beschrieben.

• Die Kristallinität wurde nach der Segal-Methode [16] durch Röntgenbeugung ermittelt.

• Dynamische Differenzkalorimetrie erfolgte wie für PCL-Faserstoffe beschrieben.

Die Ergebnisse der Untersuchungen werden im Folgenden diskutiert.

Optimierung der Malaprade-Oxidation:

NaIO4-Einsatz und Reaktionszeit

In ersten Experimenten wurde gefunden, dass die in der Literatur [15] angege-benen 4,1 Äquivalente NaIO4 im Sinne einer effizienteren Reaktionsführung reduziert werden können. Dafür wurden Ansätze mit 1 Äq.(Fig. 10, Quadrate) und 0,5 Äq. (Dreiecke) für jeweils 48 Stunden durchgeführt und dabei regelmäßig Proben zur Bestimmung des Oxidationsgrades und der Fasermorphologie genommen.

Hierbei wurde beobachtet, dass nach 48 h mit 1 Äq. NaIO4 ein Oxidationsgrad (DO) von 48 % erreicht werden konnte. Demgegenüber steht ein niedrigerer Wert (24 %) für den Einsatz von lediglich 0,5 Äq. Hieraus abgeleitet wurden nachfolgende Experimente stets mit 1 Äq. NaIO4 durchgeführt. Damit sind bereits nach 24 h hohe Oxidationsgrade (31 %) erzielbar.

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Fig. 10: Oxidationsgrad und mittlere Faserlänge als Funktion der Reaktionszeit

Optimierung der Malaprade-Oxidation:

Stoffdichte und Kristallinität

Die folgenden Reaktionen zur Optimierung der Stoffdichte wurden mit 1 Äq. NaIO4 bei 25 °C und einer Reaktionszeit von 24 h durchgeführt. Der Feststoffge-halt wurde zwischen 1,3 und 5,0 % variiert. Die anschließenden Reduktionen wurden mit 0,5 eq. NaBH4 bei 25 °C für 4 h bei einer Stoffdichte von 1,5 % durchgeführt. Die angegebenen Ausbeuten sind als Gesamtausbeute nach beiden Reaktionsschritten zu betrachten (Fig. 11). Der Kristallinitätsindex be-schreibt das Verhältnis von kristallinen zu amorphen Anteilen der Proben. Faserlängen wurden von den reduzierten Varianten gemessen.

Fig. 11: Oxidationsgrad, Kristallinitätsindex, Gesamtausbeute und mittlere Faserlänge als Funktion der Stoffdichte.

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Die durchgeführten Versuche zeigen, dass eine höhere Stoffdichte während der Reaktion einen positiven Einfluss auf den Oxidationsgrad haben. Gleichzeitig werden jedoch Gesamtausbeute und Faserlänge negativ beeinflusst. Im Falle der Probe, die bei 5 % Stoffdichte erhalten wurde, war nach der Reduktion kein wasserunlösliches Fasermaterial mehr vorhanden. Die Gesamtausbeute steht in guter Übereinstimmung zur Kristallinität, welche besonders bei den höher eingedickten Varianten rasch verringert wird. Hierbei ist interessant, dass die isolierten Dialdehydcellulose-Faserstoffe (Zwischenstufe) untereinander keine visuellen Unterschiede zeigen. Dies lässt sich jedoch durch eine interne Quer-vernetzung gut erklären. So wird die zerstörte Faserarchitektur erst dann deut-lich, wenn diese Quervernetzungen im Reduktionsschritt aufgebrochen werden und wasserlösliche Dialkoholcellulose gebildet wird.

Zur Erhaltung einer möglichst hohen Ausbeute wurden nachfolgende Untersu-chungen so bei einer Stoffdichte von 1,3 % durchgeführt.

Optimierung der Reduktion:

NaBH4 Einsatz

Zur Optimierung der Reduktion wurde Dialdehydcellulose-Faserstoff mit einem Oxidationsgrad von 37 % genutzt. Das Material wurde nach Reaktion mit 1 Äq. NaIO4 bei einer Stoffdichte von 1,3 % und Raumtemperatur nach 24 h erhalten. Die Ergebnisse sind in Tab. 1 zusammengefasst.

Tab. 1: Ergebnisse der durchgeführten Reaktionen

Ein-trag

Äq. NaBH4

c NaH2PO4 [mol/l]

Rest-Carbonylgruppen

[%]

Aus-beute [%]

Faserlänge [mm]

1 2.1 0.38 3 66 1.6

2 1.0 0 < 1 64 1.6

3 0.37 0 6 66 1.7

4 0.19 0 9 62 1.6

5 0.19 0.38 26 86 0.4

Nach der Literatur [15] sind 2,1 Äq. NaBH4 sowie der Einsatz eines Phosphatpuf-fers notwendig um eine vollständige Reduktion zu erzielen (Eintrag 1). Im Rah-men der durchgeführten Studien konnte jedoch gezeigt werden, dass das Puffersystem keinen positiven Einfluss auf die Ausbeute hat (Einträge 2, 4 und 5). Weiterhin lässt sich die genutzte Menge an NaBH4 bei gleichzeitigem Verzicht auf ein Puffersystem auf bis zu 1.0 Äq. bei vollständiger Umsetzung reduzieren (Eintrag 2). Nachfolgende Untersuchungen wurden daher unter diesen Konditio-nen durchgeführt.

Zusammen-fassung:

Synthese und optimierte Bedingungen

Im Gegensatz zur Literaturmethode [15] konnten beide Reaktionsstufen (Oxidation und Reduktion) mit drastisch vermindertem Chemikalienbedarf realisiert werden, was einer deutlich effizienteren und umweltfreundlicheren Verfahrensweise entspricht. Es wurde weiterhin gezeigt, dass die Reaktionsausbeute stark mit dem Kristallinitätsindex der Dialdehydcellulose korreliert. Sind hier nur niedrige Werte gemessen, wird während der Reduktion eine beachtliche Menge an Faserstoff in wasserlösliche Dialkoholcellulose

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überführt. Auf diese Weise konnte ein grundlegendes Verständnis der mechanistischen Abläufe erarbeitet werden, in einer Weise, dass sich gewünschte Oxidationsgrade und Fasereigenschaften über die Reaktionsparameter steuern lassen. Wichtige Charakteristika der gebildeten Faserstoffe werden im Folgenden diskutiert.

Faser-morphologie

Modifizierte Dialkoholcellulose-Fasern wurden mittels Lichtmikroskopie untersucht (Fig. 12, rechts) und unmodifizierten Fasern (links) gegenübergestellt. Hierbei können klare Unterschiede beobachtet werden. So zeigt das modifizierte Material zwar noch eine Fasermorphologie, jedoch sind Faserwände partiell aufgelöst oder auch geöffnet, sodass das Faserlumen freiliegt. Dies steht in guter Übereinstimmung zu den gefundenen Ausbeuteverlusten.

Fig. 12: Lichtmikroskopische Aufnahmen von Dialkoholcellulosefasern (rechts) und unmodifizierten Fasern (links).

Entwässerungs-verhalten

Zur Charakterisierung des Entwässerungsverhaltens von Dialkoholcellulosefasern wurden ein dynamisches Filtrationssystem eingesetzt und weiterhin Wasserrückhaltevermögen bestimmt. Die Messungen wurden unmodifiziertem Langfaserstoff gegenübergestellt.

Fig. 13: Entwässerungsverhalten von Dialkoholcellulose-Faserstoff: Filtrations-volumen als Funktion der Filtrationszeit (links) und Wasserrückhalte-vermögen (rechts)

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Dabei konnte herausgefunden werden, dass die Filtrationsraten mit zunehmendem Modifikationsgrad sinken. Dies ist für Prozesse relevant, welche einen Entwässerungsschritt beinhalten: Besonders die Vlieslegung im Papierherstellungsprozess.

Raman-spektro-skopische Analyse

Durch eine optische Raman-Imaging-Mikroskopie konnte nachgewiesen werden, dass die genutzten Reaktionsbedingungen zu stark und gleichmäßig modifizierten Faserstoffen führen. (Fig. 14) Hierfür wurde ein Laborblatt aus Dialkoholcellulose-Faserstoff mit einem Oxidationsgrad von 62 % untersucht. Das Falschfarbenbild zeigt die Intensität einer charakteristischen Raman-Bande bei 1462 cm-1.

Fig. 14: Optische Raman-Mapping-Aufnahme einer Dialkoholcellulose-Probe (DO = 62 %). Der Anteil modifizierter Anhydroglucoseeinheiten ist durch die Falschfarbenskala beschrieben mit: Blau = geringer Anteil; rot = hoher Anteil.

Raster-elektronen-mikroskopie (REM)

Fig. 15 zeigt rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen eines Laborblattes aus Dialkoholcellulose-Faserstoff (DO = 41 %) im Querschnitt (rechts) sowie eine Vergleichsprobe aus unmodifiziertem Faserstoff (links).

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Fig. 15: REM-Aufnahmen von Laborblättern aus Langfaserzellstoff (links) und Dialkoholcellulose-Faserstoff (DO = 41 %; rechts).

Die Aufnahmen des unmodifizierten Blattes zeigen gut die Architektur der einzelnen Fasern. Im Gegensatz hierzu findet sich im modifizierten Blatt ein dichtes, fast homogenes Materialgefüge, in dem die einzelnen Fasergrenzen nur noch schwach erkennbar sind. Diese Verdichtung kann dadurch erklärt werden, dass bei der Trocknung des Materials (94 °C) dessen Glasübergang bereits überschritten ist und die nun erweichten Fasern eine dichte Packung annehmen. Dies steht im Einklang mit der Beoachtung, dass bei Raumtemperatur getrocknete Blätter diese Verdichtung nicht zeigen.

Laborblatt-bildung

Laborblätter nach dem Rapid-Köthen-Verfahren wurden analog zu den Polycaprolacton-modifizierten Materialien gebildet. Allerdings wurden geringfügige Modifikationen im Ablauf vorgenommen. Da sich in Vorversuchen gezeigt hatte, dass die Blätter eine starke Klebrigkeit beim Trockenvorgang aufweisen, wurden Laborblätter zunächst in einer Grammatur von 180 g/m2

gebildet und anschließend zwischen Silikonpapier für 10 min ohne Vakuum im Blatttrockner bei 94 °C getrocknet. Danach wurde für 15 min bei 95 kPa weitergetrocknet. Die erhaltenen Blätter zeigen eine hohe Transparenz und eine glatte Oberfläche (Fig. 16). Ein zusätzlicher Heißpressschritt wurde daher nicht durchgeführt.

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Fig. 16: Rapid-Köthen-Laborblatt aus Dialkoholcellulose-Faserstoff.

Versuche zur Maßstabsver-größerung der Papierher-stellung

Umfassende Studien zur Herstellung von anisotropen Faservliesen wurden unter Nutzung eines semikontinuierlichen Blattbildners durchgeführt. Bei dieser Verfahrensweise wird die Faserstoffsuspension auf einen rotierendes zylindrisches Sieb gesprüht und das erzeugte Nassvlies anschließend durch Pressen und Trocknen entwässert. Diese Methode erlaubt eine Einschätzung der späteren Prozessierbarkeit auf einer kontinuierlich arbeitenden Papiermaschine.

Der modifizierte Faserstoff weist eine gute Eignung für die Vlieslegung auf. Allerdings konnten keine geeigneten Verfahrensweisen für den Press- und Trockenschritt ermittelt werden. Hierfür sind zwei Effekte ursächlich:

1. Eine mechanische Entwässerung erwies sich als äußerst schwierig, da die gelartigen Fasern beim Pressen aneinander vorbeirutschen und sich so vor dem Pressenzylinder aufstauen. Das Faservlies wurde hierbei stets zerstört.

2. Ein lediglich thermisch getrocknetes Faservlies zeigt die bereits beschriebene Klebrigkeit am Trockenfilz.

Es kann abgeleitet werden, dass das vorliegende Material nicht unmittelbar auf einer Papiermaschine verarbeitet werden kann.

Dynamische Differenzkalori-metrie (DSC)

Zur Einschätzung des thermoplastischen Verhaltens der erzeugten Dialkoholcellulose-Papiere wurden Proben hieraus im Vergleich mit unmodifizierten Papieren und PET-Folien mittels DSC vermessen. Weiterhin

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wurde eine Dialkoholcellulose-Probe, die nach einer Literaturvorschrift [15] hergestellt wurde, in die Untersuchung einbezogen.

Die Messungen zeigen für die neuen Dialkoholcellulose-Materialien Glasübergangstemperaturen im Bereich von 70 bis 80 °C, was in guter Übereinstimmung zur Literaturprobe steht. (Fig. 17). Weiterhin kann festgehalten werden, dass der Bereich der gemessenen Glasübergänge vergleichbar zu dem einer kommerziell erhältlichen Thermoformingfolie aus PET ist. Letzteres zeigt bei 126 °C zudem einen Rekristallisationsvorgang.

Fig. 17: Aufgenommene DSC-Graphen der hergestellten Dialkoholcellulose-Proben sowie einer PET-Folie als Vergleichsmuster

Es wurde weiterhin beobachtet, dass eine vollständige Reduktion der Dialdehydcellulose erforderlich ist, um Glasübergänge im genannten Bereich beobachten zu können. Anderenfalls sind diese drastisch zu höheren Temperaturen verschoben wie bei der Probe mit DOOx=36 % und DORed=11 % erkennbar. Das vollständig reduzierte Material der selben Dialdehydcellulose-Probe (DOOx=36 % DORed=1 %) hingegen weist den erwarteten Glasübergang zwischen 70 und 80 °C auf. Es wird zusätzlich erkennbar, dass ein minimaler DO von etwa 30 % vorhanden sein muss, um Glasübergänge mittels DSC nachweisen zu können. Die Kurve eines schwächer modifizierten Faserstoffs (DOOx=21 % DORed=5 %) zeigt keine signifikanten Signale.

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Thermomecha-nische Eigen-schaften

Wie im Falle der PCL-modifizierten Faserstoffe wurden zwei Methoden zur Beurteilung des thermomechanischen Verhaltens genutzt: Das temperaturabhängige elastische Verhalten wurde mittels dynamisch mechanischer Analyse (DMA) bestimmt und das korrespondierende plastische Verhalten durch einen temperaturunterstützten Zugversuch.

DMA Für diese Untersuchung wurden die selben Präparations- und Messbedingungen verwendet wie für die PCL-Faserstoffe beschrieben. Die Dialkolcellulosen wurden einer kommerziell erhältlichen PET-Folie gegenübergestellt.

Fig. 18: Aufgenommene DMA-Kurven der untersuchten Dialkoholcellulose- Faserstoffe.

Fig. 18 zeigt für die Dialkoholcelluloseprobe einen Abfall des Zugmoduls bei der bereits mittels DSC detektierten Glasübergangstemperatur von etwa 70 °C, was eine Erweichung des Materials signalisiert. Die Erweichung der PET-Folie passiert auch in dieser Messung im gleichen Temperaturbereich, was eine Eignung des Dialkoholcellulose-Papiers im Thermoforming generell möglich machen sollte.

Temperatur-unterstützter Zugversuch

Bereits in den DSC-Messungen wurde gefunden, dass unvollständig reduzierte Proben keinen Glasübergang zeigen. Es wurde daher angenommen, dass diese Proben nicht entsprechend erweichen und daher thermoplastisches Verhalten nur in geringerem Ausmaß zeigen. Zur Überprüfung dieser These wurde eine Dialdehydcellulose-Probe mit einem Oxidationsgrad von 37 % unter verschiedenen Bedingungen reduziert, sodass daraus eine vollständig reduzierte Probe (DORed <1 %) und eine nur partiell reduzierte Probe (DORed = 11 %)

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hervorgingen.

Fig. 19: Temperaturabhängige Bruchdehnwerte modifizierter Faserstoffe

Sowohl die Dialdehydcellulose, der unmodifizierte Faserstoff wie auch die beiden reduzierten Proben wurden nun in Papiere überführt und einer temperaturunterstützten Zugprüfung ausgesetzt (Fig. 19).

Es konnte ermittelt werden, dass die vollständig reduzierte Dialkoholcellulose-Probe eine maximale Bruchdehnung bei 125 °C von über 30 % aufweist, was die Dehnbarkeit klassischer Papiere um ein Vielfaches übertrifft. Die Thermoplastizität des Materials wird bestätigt, da die hohen Bruchdehnwerte erst bei Überschreiten des Glasübergangspunktes gefunden werden. Die klassische Papierprobe weist dieses Verhalten nicht auf.

Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, dass eine unvollständige Reduktion der Dialdehydcellulose die Bruchdehnung stark reduziert. Im Falle der nicht reduzierten Dialdehydcellulose sorgt das Ausmaß der internen Quervernetzung für extrem niedrige Bruchdehnwerte, die sogar unter denen der unmodifizierten Referenz liegen.

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Einfluss der flächenbezoge-nen Masse

Zur Untersuchung der Abhängigkeit der Bruchdehnung von der flächenbezogenen Masse wurden Blätter aus einer stark modifizierten Dialkoholcelluloseprobe (DOOx=53 %, DORed= 6 %) mit Grammaturen von 160, 250 und 350 g/m2 gebildet und der temperaturunterstützten Zugprüfung unterzogen (Fig. 20). Hierbei wurde gefunden, dass höhere Grammaturen geringfügig höhere Bruchdehnwerte aufweisen. Dieser Effekt könnte auf eine bessere Lastverteilung während des Umformvorganges zurückgeführt werden.

Fig. 20: Temperaturabhängigkeit der Bruchdehnung bei verschiedenen Flä-chengewichten.

Optische Dehn-feldmessung

Um einen noch genauren Einblick in die zugrundeliegenden Mechanismen der gemessenen Bruchdehnwerte – besonders bei höheren Temperaturen – zu bekommen, wurde ein sehr dünnes Blatt (40 g/m2) aus Dialkoholcellulose-Faserstoff gefertigt und einer optischen Dehnfeldanalyse während der temperaturunterstützten Heißzugprüfung bei 80 °C ausgesetzt. Dabei wurde auf eine charakteristische Faser fokussiert, welche in das Papiergefüge eingebunden ist und eine Vorzugsorientierung in Zugrichtung aufweist. In Fig. 21 wird das Bild vor der Zugbeanspruchung (links) mit einer Aufnahme bei einer globalen Dehnung von 10 % (rechts) verglichen. Dabei fällt auf, dass die charakteristische Faser selbst während dieser Belastung eine longitudinale Dehnung von 10 % erfährt. Dieser hohe Wert übersteigt das mögliche Potential der Einzelfaserdehnung, das lediglich aus einer Faserstreckung, d.h. „Entfaltung“ resultieren würde. Zudem ist in geringem Ausmaße eine Ausdünnung der Faser erkennbar. Dies spricht dafür, dass die Thermoform-barkeit des Papieres auf thermoformbare Einzelfasern zurückzuführen ist.

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Fig. 21: Aufnahmen der optischen Dehnfeldmessung eines Dialkoholcellulose-papiers vor (links) und nach (rechts) einer Zugbeanspruchung bei 80 °C.

Zusammen-fassung

Für die Synthese von Dialkoholcellulose-Faserstoff wurde ein Prozessfenster mit vielversprechenden Reaktionsbedingungen gefunden. Für die Oxidation wurden die Kristallinität und der Oxidationsgrad als wichtige Kontrollparameter ermittelt. Höchstmögliche Dehnwerte werden erreicht, wenn die Reduktion quantitativ abläuft.

Ein thermoplastisches Verhalten der Dialkoholcellulose-Fasern und für eine Thermoform-Verarbeitung vielversprechende Eigenschaften konnten demons-triert werden.

7.3 Auswirkungen der Prozessparameter auf das Verhalten des Faserstoffes bei Thermoformvorgängen

Entwicklung einer Labor-Thermoforming-Vorrichtung

In den oben beschriebenen Zugversuchen wurden die geprüften Materialien einer unixaxialen Zugbeanspruchung unterzogen. In einem Umformprozess müssen diese jedoch auch mehrachsigen Spannungszuständen genügen, welche durch die im Folgenden beschriebenen Thermoformingexperimente abgebildet werden sollen.

Die Thermoforming-Untersuchungen wurden an einem im Projekt beschafften Umformwerkzeug durchgeführt, welches in eine vorhandene ober- sowie unter-seitig beheizbare Vogt Laborpresse eingesetzt wurde (Fig. 22). Die Probeblätter wurden in den äußeren Bereichen zwischen zwei Edelstahlniederhaltern fixiert und über das untere Heizelement der Laborpresse beheizt. Dabei wurde die

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Materialtemperatur an der Probenoberseite über ein kontaktloses Infrarot-Thermometer (Messwellenlänge = 8–14 µm; Emissionsfaktor = 0.9), welches in den Stempel eingelassen ist, gemessen. Nach Erreichen der gewünschten Probentemperatur wurde der Stempel mit einer Vorschubgeschwindigkeit von 0,5 mm/s in das Material bewegt. Die maximale Ziehtiefe wurde bestimmt, indem eine voreingestellte Ziehtiefe in 2 mm-Schritten erhöht wurde, bis es zum Materi-alversagen kam.

Fig. 22: Technische Zeichnung (links) und Foto (rechts) der entwickelten Labor-Thermoforming-Vorrichtung.

Thermoforming von Dialkohol-cellulose-Papieren

Im Folgenden wurden die gebildeten Dialkoholcellulose-Papiere in den Thermo-formingexperimenten eingesetzt und hierfür bei 80 °C umgeformt. Diese Tempe-ratur wurde nach Evaluierung der gemessenen Glasübergänge und der tempera-turunterstützten Zugversuche ausgewählt. Zylindrische Becher wurden mit einer schrittweisen Erhöhung der Ziehtiefe um jeweils 2 mm gefertigt und die maximal mögliche Ziehtiefe so ermittelt. Es konnte beobachtet werden, dass die errechne-ten Umformdehnungen gut mit den einachsigen Bruchdehnwerten aus der temperaturunterstützten Zugprüfung übereinstimmen (Tab. 2 und Fig. 23).

Tab. 2: Bruchdehnung und Thermoforming-Daten verschieden stark modifizier-ter Dialkoholcellulosepapiere

Eintrag Oxida-tionsgrad

Bruch-dehnung (75 °C)

Maximale Ziehtiefe

Resultierende Um-

formdehnung

1 0 % 4 % 2 mm 5 %

2 22 % 9 % 4 mm 10 %

3 44 % 34 % 12 mm 30 %

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Fig. 23: Vergleich der Thermoformingergebnisse von unmodifizierten (links) und modifizierten (rechts) Papieren

Umformmecha-nismus:

Veränderung der Wandstärke

Die mehrachsige Beanspruchung von Kunststofffilmen führt zu einer signifikan-ten Ausdünnung des Materials (Gesetz der Volumenkonstanz). Dieses Verhalten müsste demnach auch für die modifizierten Papiere beobachtet werden können. Um dies nachzuweisen wurden die Wandstärken einer umgeformten Probe an verschiedenen Positionen (konzentrische Messbereiche) mittels THz-Dickenmessung [17] bestimmt (Fig. 24). Hierbei beschreibt Position 1 die initiale Materialstärke, da in diesem Bereich keine Zugbeanspruchung anlag. Es kann beobachtet werden, dass die dort gemessene Materialstärke zur Mitte des Formkörpers hin abnimmt (Positionen 2-4). Eine weitere Ausdünnung ist direkt in der Mitte des Trays zu erkennen (Position 5), was jener Bereich ist, an dem bedingt durch den in den Stempel eingelassenen Temperatursensor kein Kontakt zwischen Material und Stempel bestand und damit eine unbehinderte Dehnung erfolgen konnte. Da dieser Effekt die optische Qualität des Formkörpers negativ beeinflusst, wurde ein weiterer Werkzeugsatz gefertigt. Die Umformung des neuen Papiermaterials zeigt mithin große Ähnlichkeit zur Umformung von thermoplastischen Kunststofffolien.

Fig. 24: Wandstärkenverteilung eines thermogeformten Trays aus Dialkoholcel-lulose-Papier nach THz-Dickenmessung; die Messpositionen sind über den halben Querschnitt des Trays angegeben

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Tray-Herstellung Wie bereits angerissen wurde ein optimiertes Werkzeug für die Herstellung eines Verpackungstrays gefertigt (Fig. 25). Dessen Dimensionen entsprechen Abmes-sungen kommerziell erhältlicher Lebensmittelverpackungen (z.B. für Schnitt-wurst). Mit diesem Werkzeugsatz konnten Trays in sehr hoher Qualität aus Dialkoholcellulose-Papier erzeugt werden (Fig. 26).

Fig. 25: Verbesserter Werkzeugsatz zur Herstellung industrienaher Verpa-ckungstrays

Fig. 26: Faserbasierter Verpackungstray aus Dialkoholcellulose-Papier

Krümmungs-bereich des thermoformbaren Materials

Die REM-Aufnahmen in Fig. 27 zeigen die oberen Biegekanten umgeformter Materialien im Querschnitt. Für herkömmliche Papiere ist bekannt, dass in diesen Bereichen in Falzprozessen oder Umformverfahren mit flexiblen Niederhaltern eine Delaminierung auftritt. Dieses Verhalten wurde jedoch am vorliegenden Dialkoholcellulose-Papier im Thermoforming-Prozess nicht beobachtet (links). Stattdessen bleibt das dichte Materialgefüge auch nach der Umformung erhalten. Im Vergleich dazu zeigt die umgeformte PET-Folie (rechts) ein ähnliches Verhal-ten. Es ist bei dieser Probe die lokale Ausdünnung etwas stärker ausgeprägt, was jedoch nicht charakteristisch für das Material selbst ist.

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Fig. 27: REM-Querschnitte der oberen Biegekanten von Dialkoholcellulose-Papier (DO = 40 %, links) und amorphe PET-Folie (rechts)

Zusammen-fassung von WP2

In diesem Arbeitspaket konnte gezeigt werden, dass eine Polycaprolacton-Modifikation von Zellstofffasern zu Faser-Matrix-Compositmaterialien mit verän-derten thermomechanischen Eigenschaften führt. Dies wurde besonders durch die Bildung eines konsolidierten Materials nach Heißpressung nachgewiesen. Gleichzeitig wiesen diese Materialien jedoch nicht die für eine Eignung in Ther-moformingprozessen nötige hohe Dehnbarkeit bei höheren Temperaturen auf.

Diese konnte jedoch durch eine zweitstufige Sequenz aus Glykolspaltung und Reduktion erzielt werden, in der Zellstofffasern dergestalt modifiziert wurden, dass thermoplastische Einzelfasern resultieren, welche sich zur Blattbildung eignen. Derartige Blätter weisen Bruchdehnwerte über 35 % auf und können in Thermoforming-Prozessen eingesetzt werden. Dabei wurde eine maximale Umformdehnung von 30 % nachgewiesen. Die hohe Bruchdehnung wurde auf eine hohe Dehnbarkeit der Einzelfasern zurückgeführt.

Die hergestellten Materialien können prinzipiell zur Produktion von Lebensmittel-trays (z.B. für Schnittkäse oder Schnittwurst eingesetzt werden und sind frei von weiteren Additiven.

8 Barrierebschichtungen für thermoformbare Papiere (Arbeitspaket 3)

Anforderungs-profil

Nach genauer Analyse des geplanten Thermoformprozesses ergab sich folgen-des Anforderungsprofil:

• Lebensmittelrechtliche Eignung.

• Gute Barriereeigenschaften gegenüber Wasser, Sauerstoff und Öl.

• Unter Hitze und Druck formbar oder alternativ sprühbar.

• Schmelzpunkt oder Erweichungspunkt sollte vergleichsweise hoch sein (> 90⁰C)

• Gute Haftung auf Papier und gute Haftung weiterer Beschichtungen.

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Ausgewählte Barriere-beschichtungen und deren Basiseigen-schaften

Auf Basis des Anforderungsprofils wurden Anfragen und Recherchen durchge-führt. Dazu wurden Literaturdatenbanken, Webseiten und Firmenkontakte genutzt. Nach Voruntersuchungen an verschiedenen Substraten wurden die in Tab. 3 aufgelisteten Produkte für die weiteren Arbeiten verwendet. Die Basisei-genschaften (Feststoffgehalt, Viskosität und pH-Wert) wurden nach Standardver-fahren bestimmt.

Tab. 3: Basiseigenschaften der verwendeten Polymerlösungen und –dispersionen.

Nr. Produkt (Basispolymer) Feststoffge-halt [%]

Viscosiät BF [mPas]

pH

01 Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer (EVOH)

14,7 1090 7,7

02 Wachsdispersion 62,5 1894 7,2

03 Montanwachsdispersion 29,4 < 10 4,8

04 Polyamid-Dispersion 29,5 < 50 7,5

05 HDPE-Dispersion 49,1 182 9,0

06 Stärke 14,2 1840 6,3

07 Stärke 25,6 1940 6,4

08 Acrylat-Dispersion 49,3 76 6,4

09 Acrylat-Dispersion 50,8 174 4,8

10 Natürliches Harz 23,9 < 50 7,0

11 Carnauba-Wachsdispersion

30,3 < 50 3,8

Rohpapier für Untersuchungen

Die Herstellung des thermoformbaren Basispapiers stellte sich als deutlich aufwändiger heraus als ursprünglich geplant. Trotz deutlich ausgeweiteter Herstellung von Laborblättern war es notwendig, für einige Untersuchungen, die nicht direkt den Thermoformprozess (z. B. Applizierbarkeit von Beschichtungen) betrafen, ein Ersatzpapier zu benutzen. Nach Voruntersuchungen wurde ein maschinenglattes Kraftpapier mit einer flächenbezogenen Masse von 120 g/m² als Ersatzpapier ausgewählt (siehe Tab. 4).

Tab. 4: Eigenschaften des Ersatzpapiers

Eigenschaften Einheit Prüfmethode Wert

Dicke µm ISO 534 160

Bruchdehnung % EN ISO 1924-3 MD 2,7 / CD 6,3

Cobb-Wert (Druckseite)

g/m2 ISO 535 25

Bendtsen Rauheit (Druck-

ml/min ISO 8791-4 270

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seite)

Herstellung beschichteter Muster

Zur Herstellung beschichteter Muster wurde ein halbautomatisches Drahtrakelge-rät der Fa. Erichssen verwendet. Das Auftragsgewicht wurde über die Drahtstär-ke des Rakels und die Rakelgeschwindigkeit eingestellt. Es betrug im getrockne-ten Zustand einheitlich (15 ± 1) g/m². Die Trocknung erfolgte im Wärmeschrank 180 s lang bei 105°C. Nach der Trocknung wurden die Muster im Normklima bei 23 ° C and 50% rel. Luftfeuchtigkeit gelagert.

Untersuchungen an den Mustern

Die mit den Produkten von Tab. 3 beschichteten Papiermuster wurden hinsicht-lich folgender Parameter untersucht:

• Siegeleigenschaften zu Feststellung der thermischen Erweichung

• Zersetzungstemperatur

• Schmelztemperatur

• Wasserdampfdurchlässigkeit (WVTR = Water vapor transmission rate)

• Sauerstoffdurchlässigkeit (OTR = Oxygen transmission rate)

• Öl- / Fettbarriere

• Temperaturabhängiger Zugversuch mit beschichtetem thermoformbaren Basispapier

Die Ergebnisse werden im Folgenden diskutiert.

Siegelbarkeit und Erweichungs-verhalten

Für die Versuche wurde ein Laborsiegelgerät der Fa. Brugger Gerätebau einge-setzt (siehe Fig. 28). Der Siegeldruck betrug 3 bar, die Siegelzeit 3 s und die Siegeltemperatur 100 bis 160°C. Die Ergebnisse sind Tab. 5 in zusammenge-stellt. Zwischen planen und gezackten Siegelbacken ergaben sich keine Unter-schiede. Es erfolgte kein Einreißen der Beschichtungen.

Fig. 28: Laborsiegelgerät der Fa. Brugger Gerätebau und für die Versuche benutzte Siegelbacken.

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Tab. 5: Ergebnisse der Siegelversuche bei Temperaturen von 100 bis 160°C (Auftragsmenge: 15 g/m² (trocken) auf Ersatzpapier).

Nr.:....

Produkt 100 110 120 130 140 150 160

01 Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer

– – – – – – o

02 Wachsdispersion – – – – – –² –²

03 Montanwachsdis-persion

– – – – – –² –²

04 Polyamid-Dispersion

– – – – – –² –²

05 HDPE-Dispersion – – – – – –¹ –¹

06 Stärke – – o o + + +

07 Stärke – – – – – – +

08 Acrylat-Dispersion + + + + + + +

09 Acrylat-Dispersion + + + + + + +

10 Natürliches Harz + + + + + + +

11 Carnauba-Wachsdispersion

– – – – – –² –²

Bewertung: – Kein Siegeln; o leichtes Anhaften; + Siegelung;

–¹ kein Siegeln aber Zersetzung; –² kein Siegeln aber Verfärbung

Die Beschichtungen Nr. 01-05, 07 und 11 zeigten kein Anhaften bis zu Tempera-turen von 150°C. Die Beschichtungen Nr. 08-10 siegelten, d. h. erweichten, bereits bei Temperaturen von 100°C.

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Ergebnisse der Thermogravime-trie (TGA) und der Thermo-analyse (Differential Scanning Calorimetry DSC)

Zur Bestimmung des thermischen Zersetzungsverhaltens wurden thermogravi-metrische Messungen eingesetzt. Die Zersetzungstemperaturen wurden aus den Messkurven ermittelt (siehe Tab. 6). Auf Basis der Daten wurde folgendes Ranking erstellt:

No. 02 04 05 11 09 03 08 01 07 10

---------------------------------------------------------------------------›

Zunahme der thermischen Instabilität

Die Beschichtungen Nr. 07 und 10 zeigten die geringste thermische Stabilität.

Zusätzlich dazu wurden Thermoanalysen durchgeführt. Die ermittelten Schmelzpunkte finden sich in Tab. 6.

Tab. 6: Schmelz- und Siegeleigenschaften der ausgewählten Beschichtungen

Nr. Produkt Schmelz- peak DSC [⁰C]

TGA bei

150⁰C

Siegel- versuch

100⁰/140⁰C

01 Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer (EVOH)

Nicht def. stabil – / –

02 Wachsdispersion 97 stabil – / –

03 Montanwachsdisper-sion

68 stabil – / –

04 Polyamid-Dispersion 133 stabil – / –

05 HDPE-Dispersion 105 stabil – / –

06 Stärke Nicht def. stabil – / +

07 Stärke Nicht def. Zersetzung – / –

08 Acrylat-Dispersion 36 stabil + / +

09 Acrylat-Dispersion Nicht def. stabil + / +

10 Natürliches Harz Nicht def. Zersetzung + / +

11 Carnauba-Wachsdispersion

69 stabil – / –

Barrierewirkung Die Barrierewirkung wurde entsprechend den unten genannten Methoden ermittelt:

Wasserdampfdurchlässigkeit (Water vapor transmission rate, WVTR) wurde nach ISO 2528:1995 gemessen (gravimetrische Methode). Die Papiermuster wurden auf Aluminiumschalen gelegt, gasdicht verklebt und in einer Luftfeuchtig-keit von ((85 ± 2) % RH) und einer Temperatur von (23 ± 1)°C gelagert. Die Zunahme der Masse wurde an jedem Muster nach einer Konditionierung von 2

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Tagen ermittelt. Es wurden Dreifachbestimmungen durchgeführt.

Sauerstoffdurchlässigkeit (Oxygen transmission rate, OTR) wurde unterfol-genden Bedingungen durchgeführt: 23°C, O₂ bei (50 ± 3) %, N₂ bei 0 %. Die OTR wurde auf 100 % O₂ und eine Beschichtungsdicke von 100 µm normiert.

Öl- und Fettbarriere wurde mittel Kit-Test und einem Fettdurchschlagtest [18] bestimmt.

Die Ergebnisse für WVTR, OTR und Fett&Öl-Barriere sind in Tab. 7 zusammen-gestellt.

Tab. 7: Barriereeigenschaften der ausgewählten Beschichtungsmaterialien

Nr. Produkt Wasser-dampfdurch-

lässigkeit WVTR [g/m²d]

Sauer-stoffdurch-lässigkeit

OTR [100um / m²d bar]

Öl&Fett-Durchläs-

sigkeit

01 Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer (EVOH)

11 0,181 ++

02 Wachsdispersion 30 2510 –

03 Montanwachsdisper-sion

15 465 –

04 Polyamid-Dispersion 4.4 807 +

05 HDPE-Dispersion 23 281 +

06 Stärke 8,5 128 +

07 Stärke 94 78,6 +

08 Acrylat-Dispersion 0,8 279 ++

09 Acrylat-Dispersion 28 1,27 ++

10 Natürliches Harz 3,3 34,0 –

11 Carnauba-Wachsdispersion

19 307 –

Tempertur-abhängige Zugversuche

Thermoformbares Papier, welches mit Dialcoholcellulose-Fasern hergestellt wurde, wurde mit den Formulierungen von Tab. 3 beschichtet. Die Auftragsmen-ge betrug (20 ± 3) g/m². Streifen von 20 mm Breite und ca. 150 mm Länge wurden dem Mustermaterial entnommen. Die Streifen wurden in eine Zugprüf-maschine mit einer freien Länge von 50 mm und einem Abstand zu den Heiz-elementen von 2 mm eingespannt. Nach dem Heizen der Streifen für 30 s bei einer Temperatur von 75°C erfolgte eine Streckung um 20 %.

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Fig. 29: Testtinte (rechts) und mikroskopische Aufnahme eines geprüften Teststreifens.

Danach wurde die Barrierebeschichtung auf Pinholes mit einer farbigen Testtinte geprüft (siehe Fig. 29). Als Folge einer Verletzung der Barriereschicht wiesen alle Muster mehr oder weniger große Pinholes auf.

Zugabe von Weichermachern und Vernetzer

Weichmacher können den Elastizitätsmodul von einem polymeren Film reduzie-ren und die Plastizität erhöhen. Deshalb wurde versucht durch Zugabe von Weichmachern die Dehnbarkeit der Beschichtungen zu verbessern. Zu diesem Zweck wurden zunächst durch Recherchen in der Literatur, im Internet und bei Firmen geeignete Weichmacher ermittelt. Alle Produkte waren für den Einsatz im Lebensmittelbereich zugelassen.

Die Ergebnisse zeigten, dass zwar die Siegeltemperaturen gesenkt aber gleich-zeitig die Plastizität nicht wesentlich erhöht werden konnte. Nach den Zugversu-chen bei 75°C mit einer Dehnung von 20 % zeigten sich wiederum Verletzungen der Barriereschicht in Form von Pinholes. Aufgrund der mäßigen Resultate wurde diese Option nicht weiter verfolgt.

Zusammen-fassung der bisherigen Ergebnisse

Basierend auf den bisherigen Ergebnissen können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:

Einlagige Struktur (alle Barrierewirkung in einer Lage):

Die bis zu diesem Punkt besten Ergebnisse lieferte Beschichtungsmittel Nr.01 (Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer (EVOH)):

• Niedrige Wasserdampfdurchlässigkeit: 11 g/(m²d) (bei 15 g/m² Auftrags-menge).

• Niedrige Sauerstoffduchlässigkeit: 0,181 m³/(m²d bar) (normalisiert auf 100 µm Dicke).

• Gute Barriere gegenüber Fett und Öl (bei 15 g/m² Auftragsmenge).

Zweilagige Struktur:

• Erste Schicht (Wasser- und Öl&Fett-Barriere): Beschichtungsmittel Nr. 04,

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05 und 06.

• Zweite Schicht (Sauerstoff- und Öl&Fett-Barriere): Beschichtungsmittel Nr. 01 und 07.

Alle Beschichtungen zeigten jedoch Schwächen in den Barriereeigenschaften nach Dehnungen von 20 % unter Hitzeeinwirkung. Entsprechend dem Arbeits-plan des Projektes wurden weitere Untersuchungen der Barrierebeschichtungen in WP6 vorgenommen.

9 Antimikrobielle Beschichtung (Arbeitspaket 4)

Antimikrobielle Beschichtungen

Dieser Teil wurde von Forschungsstellen in Polen und in Belgien bearbeitet. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

• Als Matrix für antimikrobielle Wirkstoffe hat sich Methylcellulose (2 %ige Lösung) als am geeignetsten erwiesen.

• Die antimikrobielle Wirkung ist sehr stark von der Oberfläche abhängig, auf der die Beschichtung aufgetragen wird. Auf den Barrierebeschichtungen wurden vergleichsweise gute Resultate erzielt, z. B. mit 2% Methylcellulose und 5% Polylysin.

• Die Zugabemenge an Wirkstoffen ist wie z.B. im Fall von PSP (Extrakt der Pflanze Carissa Carandas) nach oben hin limitiert, da ansonsten kein fester sondern nur ein weicher schmieriger Beschichtungsfilm gebildet wird.

• Die einsetzbare Menge an Polylysin beträgt 2-5 % in der Matrix. Die Wir-kung wird durch kurzzeitige Temperaturanwendung von bis zu 120°C nicht beeinträchtigt.

• Die Auftragsmenge kann klein sein. 1-2 g/m² sind in der Regel ausreichend.

• Zu Verbesserung der Benetzbarkeit kann ein Tensid zugesetzt werden (z.B. ein Polysorbat). Die antimikrobielle Wirkung wird dadurch nicht beeinträch-tigt.

Substrate Die antimikrobiellen Beschichtungen können auf folgende Substrate aufgetragen werden:

• Auf die Oberfläche von Papier und Karton.

• Auf die Oberfläche der Barrierebeschichtungen. Die Benetzung kann mit Tensiden verbessert werden.

• Auf die Oberfläche von Kunststofffolien (wie z. B. PET, PE)

• Auf die Oberfläche des thermoformbaren Basispapiers hergestellt mit Dialkoholcellulosefasern.

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10 Deckelfolien und deren Siegeleigenschaften (Arbeitspaket 5)

Vorbemerkung Dieser Teil wurde hauptsächlich von Forschungsstellen in Polen und in Belgien bearbeitet. Die Arbeiten der deutschen Forschungsstellen beschränkten sich auf die Herstellung von thermoformbarem Rohpapier, beschichteten Muster für Siegelversuche o.ä. und unterstützenden Arbeiten bei der Mustercharakterisie-rung. Es folgt eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse.

Zusammen-fassung

Filme von 150 bis 200 µm Dicke aus PLA (Polylactid), PBAT (Polybutyladipin-terephthalat) und PBA/PLA-Copolymer wurden mit Hilfe einer Extrusionsanlage unter den für die Granulate notwendigen Verarbeitungstemperaturen hergestellt. Die Folien zeigten brauchbare Siegeleigenschaften sowohl mit sich selbst als auch auf beschichteten Papieren. Die Zumischung antimikrobieller Wirkstoffe insbesondere ZnO-Nanopartikel führte insgesamt zu sehr guten antimikrobiellen Eigenschaften aber auch zu einer deutlichen Verringerung der Barrierewirkung. Für die später vorgesehenen Lagerversuche wurde daher eine kommerzielle zweilagige Folie bestehend aus Polyethylen und Cellophan verwendet. Die antimikrobielle Wirkung der hergestellten Folienmuster konnte durch Einfügen eines Folienstreifens bei den Lagerversuchen nochmals bestätigt werden.

11 Materialbewertung und Weiterentwicklungen (Arbeitspaket 6)

Vergleichende Studie zu Material- und Prozesseigen-schaften

Da im Projekt die Herstellung von Dialkoholcellulosepapieren nur im Labormaß-stab realisierbar war, wurden die geplanten industriellen Umformversuche durch eine umfassende theoretische Vergleichsstudie der Material- und Verarbeitungs-eigenschaften der neu entwickelten Materialien ersetzt. So wurden für Thermo-formingprozesse relevante Parameter der kommerziell eingesetzten Materialien PET, PS und PP recherchiert und unmodifizierten Papieren sowie Dialkoholcellu-lose-Papier gegenübergestellt. Die Ergebnisse sind in Tab. 8 zusammengestellt und werden im Folgenden eingehend diskutiert.

Tab. 8: Vergleich der Materialkennwerte von Papieren aus Langfaserzellstoff und dem neu entwickelten Dialkoholcellulose-Papier mit konventionel-len Umformkunststoffen.

Eigenschaft Einheit Papier

(NBSK)

PS PET PP Dialkoholcellu-

lose-Papier

Dichte g/cm³ 0.5-0.7 1.04-1.09 1.38-1.40 0.90-0.92 1.10-1.20

Wärmekapazität kJ/kg*K 1.62-1.70 1.3 1.1 2 1.92-1.98

Wär-

meleitfähigkeit W/m*K - 0.17 0.24 0.23 Not determined

Glasübergangs-

temperatur °C not

detected

95 70 -20 75-80

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Schmelzpunkt °C not

detected

240 255 160 -

Aufheizdauer s - ca. 45 ca. 45 ca. 45 ca. 45

Empfohlene

Umformtempera-

tur

°C not

detected

150 - 200 130-155 100-140 90-120

E-Modul (25 °C) MPa 1500-2000 2150 2200 1200 4000-5000

E-Modul (Um-

formtemperatur) MPa 1500-2000 <100 <100 <100 300-500

Bruchdehung

(Umformtemper-

atur)

% 2-4 >200 >200 >200 40-60

Wasser-

dampfdurchläs-

sigkeit

g/m²d 665 20 2 <1 147

Diskussion der thermischen und mechanischen Eigenschaften im Hinblick auf industrielle Umformprozesse

In industriellen Thermoformingprozessen wird das Material zunächst über eine Strahlungsheizquelle erwärmt. Thermische Eigenschaften wie Wärmekapazität, Wärmeleitfähigkeit, der geeignete Umformtemperaturbereich und die Auf-heizdauer bestimmen die Gesamtperformance und besonders die erzielbaren Taktzeiten. Daher wurden diese Werte für das Dialkoholcellulose-Papier ermittelt und Literaturwerten der konventionellen Kunststoffe gegenübergestellt. Dabei kann festgestellt werden, dass die Werte beider Materialien in ähnlichen Berei-chen liegen und daher an dieser Stelle kein bedeutender Unterschied im Um-formprozess zu erwarten ist. Eine Übertragung des firmeneigenen KnowHows von konventionellen Kunststoffen auf das neue Material kann rasch erfolgen.

Nach der Erwärmung wird das vorgeheizte Material in die gewünschte Geomet-rie überführt. Nach Überschreiten der Glasübergangstemperatur eines amorphen oder semikristallinen Polymers erfolgt eine Phasenumwandlung hin zu einem hochelastischen Bereich, sodass Bruchkraft und E-Modul deutlich absinken, während die Bruchdehnung drastisch zunimmt. Daher sind die Materialkennwer-te gerade in diesem Temperaturbereich von großer Bedeutung. Im vorliegenden Fall ist besonders der E-Modul mit 300-500 MPa größer als bei den Referenzma-terialien (< 100 MPa), sodass hier von einer höheren nötigen Umformkraft auszugehen ist. Diese kann jedoch in vielen Umformanlagen, die mit Unterdruck und zusätzlichem Überdruck arbeiten, durch eine Erhöhung des Überdrucks aufgebracht werden. Die zweite Beobachtung richtet sich auf die Bruchdehnung. Diese ist im Vergleich zu Standardpapieren (2-4 %) durch die chemische Faser-modifikation drastisch erhöht (40-60 %). Da die Bruchdehnungen der konventio-nellen Kunststoffe noch höher sind (über 200 %), ist davon auszugehen, dass das neue Material nicht in dieselbe Anwendungsbreite wie thermoplastische Kunststoffe zu überführen ist. Nichtsdestotrotz kann mit den erzielbaren Um-formgraden ein riesiger Markt im Bereich der Lebensmittelverpackungen adres-

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siert werden, der zuvor für Papiere nicht zugänglich gewesen ist.

Weiterent-wicklung der Barrierebe-schichtungen

Zur Erzielung besserer Eigenschaften wurden in WP6 23 weitere Barrierebe-schichtungen untersucht (siehe Tab. 9). Alle Formulierungen wurden zunächst hinsichtlich ihrer Grundeigenschaften hin untersucht. Zur Ermittlung der Barriere-eigenschaften wurden beschichtete Muster mit Hilfe des Ersatzpapieres herge-stellt.

Tab. 9: Grundeigenschaften der untersuchten Formulierungen

Nr. Name Feststoffge-halt [%]

Viskosität BF [mPas]

pH

1 Styrol-Butadien 47,8 170 6,5

2 Polyacrylsäureester 52,9 212 6,0

3 Polyacrylsäureester 49,6 254 2,1

4 Polyvinylalkohol 10,6 2812 7,8

5 Polyvinylalkohol 9,9 1080 8,0

6 Polyvinylalkohol 9,4 404 8,0

7 Polyvinylalkohol 9,3 1252 7,6

8 Acryl /Metacrylsäure-Ester

48,2 676 7,6

9 Acryl /Metacrylsäure-Ester

49,2 464 8,0

10 Wachs 25,3 120 5,5

11 Acrylcopolymer 45,9 138 5,5

12 Styrolacrylat 46,3 394 8,2

13 Polyacrylsäureester 52,1 548 5,8

14 Polyacrylsäureester 49,0 148 6,9

15 Wachs 19,4 108 9,4

16 Wachsbasiert 41,0 804 9,0

17 Wachsbasiert 45,3 644 9,1

18 Styrolacrylat 42,0 204 9,0

19 Acrylcopolymer 50,7 242 10,2

20 Polyacrylsäureester 47,2 276 4,7 21 Wachs 33,7 660 8,5

22 Acrylcopolymer 39,5 170 5,6

23 Acrylcopolymer 39,5 152 6,0

Wasser- und Ölabweisung

In ersten Tests wurde die Wasser- und Ölabweisung bei kurzen Kontaktzeiten untersucht. Die Bestimmung der Wasserabweisung erfolgte durch den Cobb-Test mit einer Kontaktzeit von 300 s (= 5 min). Öl- und Fettabweisung wurde mit dem Kit-Test ermittelt, wobei ein Kit-Wert von 12 eine sehr gute Fett- und Ölbar-riere signalisiert. Die Ergebnisse sind in Fig. 30 graphisch dargestellt.

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Fig. 30: Ergebnisse der Cobb- und Kit-Tests für die untersuchten Beschich-tungsmittel (Auftragsmenge jeweils 15 g/ m² auf Ersatzpapier).

Auswahl der besten Formulierungen

Basierend auf den vorhergehenden Untersuchungen wurden die besten 8 Beschichtungsmittel für die weiteren Untersuchungen ausgewählt. Diese 8 verbleibenden Beschichtungsmittel wurden hinsichtlich ihrer Wasserdampfbarrie-re, ihrer Langzeitbeständigkeit gegenüber Wasser und Öl, ihrer Siegeleigen-schaften, ihrer Oberflächenspannungen und ihres Verhaltens bei temperaturbe-dingen Verstreckungen untersucht. Zusätzlich dazu wurden Muster an nicht deutsche Projektpartner zur Bestimmung der Sauerstoffdurchlässigkeit, der thermischen Eigenschaften und der thermischen Verformung geschickt.

Tab. 10: Für die weiteren Untersuchung ausgewählte Beschichtungsmittel

Nr. Produkt Heißsiegel-bar bei

[°C]

Oberflächen-spannung,

fest [mN/m]

Oberflächen-spannung,

flüssig [mN/m]

0 Rohpapier - 17,12 -

08 Acryl / Metacryl-säure-Ester

85 39,44 44,3

09 Acryl / Metacryl-säure-Ester

60-70 39,73 41,5

12 Styrolacrylat 120 40,05 36,9

13 Polyacrylsäure-ester

70 41,05 54,9

17 Wachsbasiert 90 24,22 41,3

18 Styrolacrylat 130 19,99 40,0

19 Acrylcopolymer 60 26,83 33,5

21 Wachs 70 21,18 45,6

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Langzeitver-suche zur Wasser- und Ölbeständigkeit

Die Bestimmung der Langzeitwasserbeständigkeit erfolgte in Anlehnung an den Cobb-Test. Metallringe (ähnlich den Cobb-Ringen) wurden auf den Proben plaziert und mit Klammern fixiert. In die Ringe wurden 100 ml dest. Wasser eingefüllt und 24 h dort belassen. Zur Verhinderung von Verdampfungsverlusten wurden die Ringe mit einer Aluminiumfolie abgedeckt (siehe Fig. 31). Jeweils 4 Proben wurden von jedem Muster auf diese Weise geprüft. Die Ergebnisse (Mittelwerte) sind in Fig. 32 dargestellt.

Fig. 31: Messaufbau zur Bestimmung der Langzeitbeständigkeiten gegenüber Wasser (links) und Öl (rechts).

Die Bestimmung der Langzeitölbeständigkeit wurde in ähnlicher Art und Weise durchgeführt (siehe Fig. 31). Die Einwirkzeit des Öls (Rizinusöl) betrug wiederum 24 h, wobei eine Menge von 50 g in die Zylinder eingefüllt wurde. Neben der Ölaufnahme wurde nach Ablauf der Zeit die Anzahl und Größe von Pinholes ermittelt, die als Öldurchschläge unter dem Mikroskop gut erkennbar waren. Große Pinholes hatten einen Durchmesser von mehr als 1 mm, kleine Pinholes unter 1 mm. Die Ergebnisse sind in Fig. 32 und Tab. 11 veranschaulicht bzw. aufgelistet. Mit den Formulierungen Nr. 08 und 18 wurden die besten Ergebnisse erzielt. Auch die Formulierungen Nr. 09 und 12 zeigten noch vergleichsweise gute Ergebnisse.

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Fig. 32: Aufnahme von Wasser und Rizinusöl während der Langzeitprüfung beschichteter Muster.

Tab. 11: Ergebnisse der mikroskopischen Bewertung der beschichteten Muster aus der Langzeitölbeständigkeit.

Nr. Formulierung Ergebnisse

08 Acryl / Metacrylsäure-Ester Weitgehen frei von Pinholes

09 Acryl / Metacrylsäure-Ester 1 großes + 1 kleines Pinhole

12 Styrolacrylat 1 kleines Pinhole

13 Polyacrylsäure-Ester Weitgehen frei von Pinholes

17 Wachsbasiert 2 große Pinholes

18 Styrolacrylat Weitgehen frei von Pinholes

19 Acrylcopolymer Mehrere kleine Pinholes

21 Wachs 1 großes + 2 kleine Pinholes

Bezüglich der Pinhole-Untersuchung wurden die besten Ergebnisse mit den Formulierungen Nr. 08, 13 und 18 erzielt.

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Wasserdampf-durchlässig-keiten (Water Vapour Trans-mission Rates, WVTR)

Die Ergebnisse der Bestimmungen sind in Fig. 33 graphisch dargestellt. Die Formulierungen Nr. 18, 17 and 21 führten zu den niedrigsten Durchlässigkeiten.

Fig. 33: Wasserdampfdurchlässigkeiten (Water Vapour Transmission Rates, WVTR) der ausgewählten Beschichtungen (Auftragsmenge jeweils 15 g/ m² auf Ersatzpapier).

Sauerstoff- und Kohlendioxid-Durchlässig-keiten

Die Ergebnisse der Bestimmungen sind in Fig. 34 graphisch dargestellt. Die Formulierungen Nr. 18, 13 und 18 zeigten die niedrigsten Permeabilitäten.

Fig. 34: Sauerstoff- und Kohlendioxid-Durchlässigkeiten der ausgewählten Beschichtungen (Auftragsmenge jeweils 15 g/ m² auf Ersatzpapier).

Heißsiegel-fähigkeit

Die Heißsiegeleigenschaften wurden am analog der in WP3 beschriebenen Methode mit einem Laborheißsiegelgerät der Fa. Brugger bestimmt. Die Qualität der Siegelung wurde nach dem Abkühlen der Probestreifen manuell bestimmt. Der Siegelbeginn der einzelnen Beschichtungen als wichtiger Temperaturwert, ab der die Beschichtung erweicht, ist in Tab. 12 aufgelistet.

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Tab. 12: Ergebnisse der Heißsiegelversuche

Formulierung Nr.

Beginn des Siegelns [°C]

08 85

09 60-70

12 120

13 70

17 90

18 130

19 60

21 70

Die Beschichtungen Nr. 12 und 18 weisen einen relativ späten Siegelbeginn auf.

Oberflächen-spannungen

Die Oberflächenspannung der Beschichtungsmittel wurde sowohl in wässeriger Formulierung als auch im trockenen Zustand bestimmt. Die Oberflächenspan-nung des getrockneten Films wurde mit einem FIBRO-DAT Oberflächenspan-nungsmessgerät ermittelt. Dazu wurden die Kontaktwinkel von Wasser und Formamid gemessen. Die Ergebnisse sind in Fig. 35 graphisch dargestellt. Die Oberflächenspannung der flüssigen Formulierungen wurde bei Raumtemperatur mit einem Tensiometer nach der Ringmethode bestimmt. Die Ergebnisse sind ebenfalls in Fig. 35 dargestellt.

Fig. 35: Oberflächenspannung im flüssigen und festen Zustand der ausgewähl-ten Beschichtungsmittel.

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Auswahl der Beschichtungen für die Testver-packungen

Nach Abschluss der Prüfungen wurden die ausgewählten Beschichtungen auf das thermoformbare Rohpapier aus Dialkoholcellulosefasern aufgetragen und temperaturabhängige Zugversuche durchgeführt. Dabei wurden die Proben um 20 % bei einer Temperatur von 75°C gedehnt. Die dann an den gestreckten Mustern durchgeführten Pinhole-Tests mit Hilfe einer Farbstofflösung zeigten, dass in geringem Maße einzelne sehr kleine Pinholes bei allen Mustern vorhan-den waren. Zur Herstellung von Testverpackungen sollten daher die geeignets-ten Formulierungen aus dem geprüften Portfolio mittels Sprühauftrag nach dem Thermoformprozess aufgebracht werden. Dies war im Projektantrag als eine Möglichkeit zum Aufbringen der Barrierebeschichtung vorgesehen.

Nur zwei Beschichtungen erwiesen sich in Bezug auf die Barriere- und Siegelei-genschaften als geeignet, um bei der Herstellung von Testverpackungen für die abschließenden Lagerversuche eingesetzt zu werden. Es handelte sich um:

• Nr. 18 (Styrolacrylat)

• Nr. 08 (Acryl / Metacrylsäure-Ester)

12 Optimierung der Materialentwicklung (Arbeitspaket 7)

Marktan-forderungen (Ergebnis einer Marktstudie)

Das Verpackungskonzept wurde auf Basis einer Marktstudie erstellt, die vorran-ging von den belgischen Projektpartnern durchgeführt worden war. Bei der Marktstudie wurden vor allem Verpackungen für Frischfleischprodukte betrachtet. Das daraufhin erstellte Verpackungskonzept bestand aus einem Tray, welches aus thermoformbaren Papier (faserbasiertes Material) hergestellt werden soll und welches mit einer Barrierebeschichtung gegen O2, H2O und Fett&Öl ausgestattet ist. Es soll mittels einer ökologisch vorteilhaften Deckelfolie verschlossen werden. Tray und Deckelfolie sollen darüber hinaus eine antimikrobielle Funktion aufwei-sen. In der Verpackung sollen die Frischfleischprodukte unter Kühlung (4°C) maximal 10 Tage haltbar sein. Entsprechend der gesammelten Daten erfüllt eine Kombination aus PP-Tray (Sauerstoffdurchlässigkeit OTR = 140-210 cm³/(m²∙d); Dicke 300-500 µm) und eine Deckelfolie aus Cellulose/PLA (OTR = 11 cm³/(m²∙d)) die eben genannten Grundanforderungen. Ergänzend sei hinzugefügt, dass das PP-Tray und die Deckelfolie Wasserdampfdurchlässigkeiten von weniger als 11 g/(m²∙d) haben.

Umsetzung der Marktanforderungen mit den entwickelten Materialien

Wegen der höheren Oberflächenspannung, die eine bessere Haftung der anti-mikrobiellen Beschichtung ermöglichte, wurde Beschichtungsmittel Nr. 08 als Barrierebeschichtung für das faserbasierte Tray ausgewählt. Eine Beschichtung, hergestellt aus 2 % ɛ-Polylysin dispergiert in 2 % Methylcellulose-Lösung, sollte die antimikrobielle, oberste Beschichtungslage bilden.

Die unbeschichteten Trays wiesen eine Wasserdampfdurchlässigkeit von 147 g/(m²∙d∙bar) auf. Mit Hilfe der Barrierebeschichtung konnte die Wasser-dampfdurchlässigkeit auf marktrelevante Werte verbessert werden. Ebenso wurden Sauerstoff-, Öl- und Fettbarrieren ähnlich den in der Marktstudie ermittel-ten Daten erzielt.

Des Weiteren wurde für das Verpackungskonzept eine Deckelfolie aus PLA oder

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einem PLA-Verbund ausgewählt, die mit ZnO2 als antimikrobieller Komponente ausgerüstet ist. Die antimikrobielle Komponente soll bei der Folienherstellung im Extruder zugesetzt werden.

Prüfung der Rezyklierbarkeit

Die Recycling-Eigenschaften des thermoformbaren Papiers wurden nach der PTS Methode RH-021/97 „Kennzeichnung der Rezyklierbarkeit von Packmitteln aus Papier, Karton und Pappe sowie von grafischen Druckerzeugnissen“ ermit-telt. Mit dieser Methode werden die einzelnen Schritte einer industriellen Altpa-pieraufbereitung nachgestellt. Die Kriterien, die zur Bewertung der Rezyklierbar-keit herangezogen werden, sind:

• Zerfaserungsverhalten

• Abtrennbarkeit vorhandener Störstoffe mittels Sortierung

• Potenzial zur Stickybildung (störungsfreie Blattbildung)

• Eigenschaften des wiedergewonnenen Faserstoffes im Hinblick auf opti-sche Inhomogenitäten

Zerfaserungs-verhalten und Abtrennbarkeit vorhandener Störstoffe mittels Sortierung

Das Zerfaserungsverhalten wurde in den in Fig. 36 gezeigten Schritten unter-sucht. Nach dem Zerschneiden des durch einen Thermoformprozess erzeugten Trays in kleine Papierstücke, wurden diese in Wasser suspendiert und mecha-nisch zerfasert.

Fig. 36: Bilder von den Zerfaserungsversuchen von Dialcoholcellulose-Paper.

Die Suspension wurde mit einem Brecht-Holl-Gerät (Lochplatte mit einem Lochdurchmesser von 0,7 mm) fraktioniert. Der Rückstand auf der Lochplatte wurde gravimetrisch ermittelt und betrug 1.9 wt %. Dieser Wert lag weitunterhalb des Grenzwertes von 20 % und zeigte, dass das neue Papier gut in einer Altpa-pieraufbereitungsanlage zerfasert werden kann.

Störungsfreie Blattbildung und optische In-homogenitäten

Die gereinigte Faserstoffsuspension wurde zur Herstellung neuer Laborblätter nach dem Rapid-Köthen-Verfahren verwendet. Dabei wurde zunächst kein Unterschied zur ursprünglichen Blattbildung aus den frischen Fasern festgestellt. Allerding ergab sich ähnlich wie bei frischen Fasern ein Anhaften des erzeugten Laborblattes an den Gautschkarton. Ein Blattklebetest konnte unter diesen Umständen nicht durchgeführt werden. Die mit dem gereinigten Faserstoff

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erzeugten Laborblätter wiesen keine optischen Inhomogenitäten auf.

Abschließende Bewertung der Rezyklierbarkeit

Nach den oben durchgeführten Untersuchungen kann das neue Papier im Hinblick auf die Zerfaserbarkeit und die Blattbildung als „rezyklierbar“ eingestuft werden. Allerdings könnten sich wegen der Klebrigkeit der Fasern während der Trocknung in einer Altpapierstoffaufbereitungsanlage Probleme ergeben, die zu einer Einstufung als „nicht rezyklierbar“ führen.

Herstellung der Testver-packungen für WP8

In den bisherigen Untersuchungen hatte sich das entwickelte thermoformbare Papier als Basis für Verpackungstrays als geeignet erwiesen. Aufgrund der großen Anzahl an benötigten Trays für die Lagerversuche bei 2 Projektpartnern und den Einschränkungen, die sich bei der Herstellung des thermoformbaren Papiers ergeben hatten, wurde als Basistray auf ein handelsübliches Bagasse-Tray zurückgegriffen. Die Maße des Trays waren 125 mm x 75 mm bei einer Tiefe von 43 mm.

Das Tray wurde zunächst mit Beschichtungsmittel Nr. 08 beschichtet. Aufgrund der hohen Rauheit der Tray-Oberfläche musste eine vergleichsweise hohe Auftragsmenge (230 g/m²) verwendet werden. Der Auftrag erfolgte durch Sprü-hen (Sprühanlage), wobei insbesondere im Bereich der Kanten manuell nachge-bessert wurde, um ein besseres Siegeln der Deckelfolie zu ermöglichen.

Die Beschichtung mit Beschichtungsmittel Nr. 08 wurde in einer Trockenkabine mit Umluft getrocknet und dann ebenfalls mittels Sprühen mit der antimikrobiellen Beschichtung bestehend aus 2 % ε-Polylysin und 2% Methylcellulose versehen. Die Auftragsmenge betrug im trockenen Zustand etwa 1 g/m².

Als Deckelfolie wurde eine kommerziell verfügbare Folie (PE/Cellophan-Laminat) verwendet, da die in den Projektarbeiten hergestellten Folien zu dick (150-200 µm) und ihrer Breite zu schmal waren. Insbesondere die Dicke erwies sich beim Siegelvorgang als problematisch. Eine gasdichte Verbindung konnte nicht erzielt werden. Es sei angemerkt, dass sich die im Projekt hergestellten Folien abgesehen von ihren ungünstigen geometrischen Daten für einen Einsatz als Deckelfolie geeignet hätten.

150 Trays wurden für die Lagerversuche mit Lebensmittel hergestellt und an die Partner ZUT (Polen) and ATB (Deutschland) versandt.

13 Testverpackungen und Demonstration des Verpackungskonzepts (Arbeitspaket 8)

13.1 Kostenbetrachtung des entwickelten Verpackungskonzepts

Durchführung der Kostenab-schätzung

Auf Basis der Projektergebnisse wurde eine Kostenabschätzung der entwickelten Verpackungsmaterialien und des Verpackungskonzepts (Tray für frische Le-bensmittel) vorgenommen (siehe Tab. 13).

Die Kosten für die Herstellung der Verpackungen und Verpackungsmaterialien

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sind setzen sich aus den Material- und den Prozesskosten zusammen. Die Prozesskosten sind sehr schwierig abzuschätzen und können nur ermittelt werden, wenn die für die Produktion verwendeten Maschinen genau bekannt sind. Grobe Abschätzungen der Prozesskosten für die Herstellung der verschie-denen Materialien haben gezeigt, dass die Prozesskosten in der Größenordnung von etwa 20 % der Materialkosten liegen dürften.

Bei der Abschätzung der Kosten im Industriemaßstab wurde von einer starken Senkung der Rohstoffkosten bei höheren Margen ausgegangen, die zu einer starken Senkung der Materialkosten führt. Die Dicke und Grammatur der Mate-rialien wurde anhand der Projektergebnisse abgeschätzt. Die Größe der Deckel-folie und des Materials für 1 Tray resultiert aus den geometrischen Daten des zugrunde gelegten Trays und zwar: 280 mm x 229 mm x 51 mm für das Tray und 280 mm x 229 mm für die benötigte Deckelfolie.

Tab. 13: Kostenabschätzung für das Verpackungskonzept im Labor- und Industriemaßstab.

Material Kosten (Labormaßstab) Kosten (Industrie-maßstab)

Modifizierter Zellstoff 100.00 €/kg 5.00 €/kg

Thermoformbares Papier (200 g/m²)

20.00 €/m² 1.00 €/m²

Barrierebeschichtung (20 g/m²)*

0.08 €/m² (4.00 €/kg) 0.04 €/m² (2.00 €/kg)

Antimikrobielle Beschich-tung (2 g/m²)

0.02 €/m² (10.00 €/kg) 0.01 €/m² (5.00 €/kg)

Deckelfolie (80 g/m²)

0.24 €/m² (3.00 €/kg) 0.16 €/m² (2.00 €/kg)

Gesamtmaterialkosten 20.34 €/m² 1.21 €/m²

Gesamt (+ 20% Prozesskosten)

24.41 €/m² 1.45 €/m²

Kosten für 1 Tray (280 mm x 229 mm x 51 mm)

2.26 € 0.13 €

* kalkuliert für die sehr glatte Oberfläche eines kalandrierten Thermoformpapiers.

Vergleich mit bestehenden Verpackungs-lösungen

Durch Vergleich der in Tab. 13 und Tab. 14 gelisteten Kosten wird ersichtlich, dass die ökologische Lösung des hier entwickelten Verpackungskonzepts zu geringfügige Mehrkosten in Höhe von 0.05 € führen kann. Von einer weiteren Annäherung der Kosten mit zunehmenden Stückzahlen kann ausgegangen werden.

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Tab. 14: Kosten für konventionelle Verpackungen und die für die Herstellung benötigten Werkzeuge.

Komponente Material Dimen-sion

Lie-ferant

€/Stück (packa-ge)

Volle Werk-zeug-kosten (€)

Werkzeug-kosten falls Mutterwerk-zeug bereits vorhanden (€)

Conventional 1

Tray CoPP (550µ)

171 × 127 × 35

Eural-Pack

0.074 35000-45000

11000-15000

Film OPA/CPP (15/40)

0.008**

Total 0.082 Conventional 2

Tray APET 171 × 127 × 35

Eural-Pack

0.065 35000-45000

11000-15000

Film Mylar 40 OLAF (40µ)

0.014

Total 0.079 35000-45000

11000-15000

*33,50€ pro 100m², **4060 Stück (entsprechend der Fläche der Deckelfolie (180 × 130) + 5% Verschnitt)

13.2 Anwendbarkeit des entwickelten Verpackungskonzepts in der industriellen Praxis

Umsetzbarkeit mit heutigen Mitteln

Wie bereits angemerkt wurde konnte das erarbeitete Verpackungskonzept in einige Schritten nur relative grob beschrieben werden. Trotz dieser Einschrän-kungen kann das Konzept nach einigen Anpassungsarbeiten industriell umge-setzt werden. Alle benötigten Einzelanlagen sind heute bereits vorhanden und können entsprechend adaptiert werden (siehe Fig. 37):

• Thermoform-Anlage • Spühanlage mit Trocknungseinheit • Füllanlage für das Lebensmittel • Abwickeln, Schneiden und Siegel der Deckelfolie

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Fig. 37: Schematische Darstellung der ablaufenden Einzelschritte in einer

industrielle Form & Fill Anlage.

13.3 Lagerversuche von Lebensmitteln in manuell hergestellten Testverpackungen

Haltbarkeits-studie mit den Testver-packungen

Zunächst wurde eine Serie von faserbasierten Testverpackungen für Lagerver-suche vorbereitet. Rotes Rindfleisch wurde in faserbasierte Testtrays verpackt, die vorher mit der festgelegten Barrierebeschichtung und der antimikrobiellen Beschichtung versehen worden waren. Die Trays wurden mit einer modifizierten Atmosphäre bestehend aus 10 % O2 und 90 % N2 gespült und durch Siegeln mit der Deckelfolie verschlossen. Parallel dazu wurde ein Referenztray aus Polypro-pylen mit einer Polypropylendeckelfolie in analoger Weise vorbereitet.

Im Vorfeld der Lagertests wurde die Dichtheit der Verpackungen eingehend geprüft. Dazu wurden einige Verpackungen mit den erforderlichen Gasen gefüllt, verschlossen und 5 Tage lang bei 4°C gelagert. Fig. 38 zeigt, dass eine weitge-hend stabile Konzentration an Sauerstoff in den Verpackungen erreicht wurde. Anschließend erfolgte das Verpacken und Lagern von frischem roten Rindfleisch unter der modifizierten Atmosphäre.

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Fig. 38: Faserbasierte Testverpackungen gefüllt mit modifizierter Atmosphäre

und ohne Produkt gelagert bei 4°C für 40 h.

Fig. 39 zeigt die durchschnittliche Konzentration an Sauerstoff während der Lagerversuche mit frischem Rindfleisch, das in den Verpackungen über 10 Tage bei 4°C gelagert wurde. Die Sauerstoffkonzentration wurde mit einem Fluores-zenzsensor durch die Deckelfolie hindurch gemessen. In wiederholten Versu-chen wurde festgestellt, dass nun die Sauerstoffkonzentration bei über 70 % stabil war.

Fig. 39: Sauerstoffkonzentration in einer faserbasierten Testverpackung mit

rotem Rindfleisch innerhalb von 5 d bei 4°C im Vergleich zu einer Refe-renzverpackung (PP).

Weitere Untersuchungen zeigten, dass die faserbasierten Testverpackungen mehr Wasser als konventionelle Verpackungen aufnahmen. Die Wasseraufneh-me geschieht dabei vor allem über den Luftraum. Die Ergebnisse in Fig. 40 zeigen, dass die faserbasierten Trays mehr als 1,2 g Wasser in 4 Tagen (bei 85 % RH, 4°C) adsorbieren.

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Fig. 40: Wasserabsorption von verschiedenen faserbasierten Verpackungsma-

terialien nach 4-7 Tagen lagerung bei 4°C.

Die mikrobiologische Belastung zeigte als einer der weitaus kritischen Parameter keine signifikanten Unterschiede zwischen Referenzverpackung und faserbasier-ter Testverpackung (siehe Fig. 41).

Fig. 41: Mikrobielle Belastung von frischem Fleisch in einer faserbasierten

Verpackung sowie einer Referenzverpackung (PP) nach 7 d bei 4°C.

Einen zusätzlichen Qualitätsparameter stellt die Farbe der Fleischoberfläche dar. Es konnten visuell und mittels Farbmessung (siehe Fig. 42) keine signifikanten Unterschiede zwischen dem Fleisch in den verschiedenen Verpackungen festgestellt werden.

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M. Kleebauer, M. Zahel A.: ActiPoly 57(59)

PTS-Forschungsbericht www.ptspaper.de PTS-FB 05/18

Fig. 42: Farbwerte mit Ausschluss von diffusem Licht von rotem Fleisch in einer

faserbasierten Verpackung sowie einer Referenzverpackung (PP) nach 7 d bei 4°C.

Schluss-folgerungen

Aus den Ergebnissen der Lagerversuche können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:

• Als einen der am meisten kritischen Parameter zeigte die mikrobiologische Belastung keine signifikanten Unterschiede zwischen faserbasierter Testver-packung und Referenzverpackung.

• Ebenso konnten keine signifikanten Farbunterschiede des verpackten Flei-sches sowohl bei der visuellen als auch der spektroskopischen Bewertung festgestellt werden.

• Mit dem faserbasierten Anteil haben die Testtrays etwas mehr Wasser von der Umgebungsluft adsorbiert als herkömmliche Kunststofftrays. Dies hatte aber keine kritischen Auswirkungen auf die mechanische Stabilität.

Die untersuchten Trays, hergestellt mit Hilfe neuer ökologischer Materialien, zeigten im Wesentlichen die gleichen Schutz- und Konservierungseigenschaften Eigenschaften wie die Rerenztrays, die vollständig aus fossilen Rohstoffen (Polypropylen) hergestellt wurden.

Literatur

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17 Literaturstelle einfügen (Zahel)

18 DIN 53116 (02/2003) Testing of paper – Determination of grease permeability www.beuth.de