M&A-Transaktionen (Schweizer Recht)

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24 25strategie & praxis Due Diligence Computerworld 13/1. Juli 2011 www.computerworld.ch

Geschäftsmodellen ist es zu spät, wenn Stan-dardverträge erst im Hinblick auf eine geplante M&A-Transaktion oder Investorensuche über-arbeitet werden. Denn bei Verträgen ist die Ver-gangenheit meist wichtiger als die Gegenwart.

Die Liste möglicher Fallstricke bei wichtigen Verträgen ist lang. Bei Lieferantenverträgen kann es beispielsweise problematisch sein, wenn grosse Entwicklungskosten angefallen sind, die operative Phase dann jedoch nicht oder nur ungenügend vertraglich abgesichert worden ist (z.B. bei der Beschaffung von IT-Systemen). Überhaupt ist es wichtig, Engpass-situationen bezüglich Produkten und Dienst-leistungen, auf die das Unternehmen ange - wiesen ist, möglichst weitgehend zu vermeiden. Ist dies aufgrund der konkreten Verhältnisse nicht möglich, muss der Vertrag mit dem ent-sprechenden Lieferanten besonders sorgfältig ausgehandelt werden.

KundenverträgeBei Kundenverträgen sind insbesondere die Laufzeiten und Kündigungsbedingungen von Bedeutung. Es versteht sich von selbst, dass je-derzeit kündbare Verträge mit Grosskunden im Rahmen einer M&A-Transaktion weniger wert-voll sind als nur sehr restriktiv kündbare, lang-fristige Verträge mit einem vergleichbarem Volumen. Gewisse Verträge sind zudem gemäss zwingendem Schweizer Recht jederzeit kündbar.

Dazu gehören insbesondere einfache Aufträge. In solchen Fällen steht dem Kunden selbst dann ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu, wenn ver-traglich anderes vorgesehen worden ist. Ent-sprechend sollten langfristige und aus der Sicht des Anbieters (also des Unternehmens, das künftig möglicherweise von einer M&A-Trans-aktion betroffen sein wird) gute Verträge nicht als einfache Aufträge im Sinne des Schweizer Rechts abgefasst werden.

Vorsicht ist auch bei den ausserordentlichen Kündigungsgründen geboten. Teilweise enthal-ten Verträge sogenannte Change-of-Control-Klauseln, die dazu führen können, dass der Kunde einen Vertrag bei einem Verkauf des An-bieters mit sofortiger Wirkung kündigen kann. Andere Verträge sehen vor, dass bei jeder (auch noch so geringen) Vertragsverletzung sofort ge-kündigt werden kann. Wenn immer möglich

Von oliVer staffelbach

Der Ausdruck «Due Diligence» stammt aus dem amerikanischen Rechtskreis und kann mit «gebührender Sorgfalt» übersetzt werden. Im Hinblick auf

M&A-Transaktionen (z.B. Firmenkäufe) ist da-mit in erster Linie ein Verfahren gemeint, mit dem Unternehmen auf verschiedene Faktoren geprüft werden, zum Beispiel hinsichtlich ihrer Produkte, Marktstellung, Marktchancen und Kundenbeziehungen. Von Bedeutung sind dabei insbesondere strategische, finanziel- le, steuerliche, personel-le, technologische und rechtliche Aspekte.

Ziel der Due Diligence ist es, die Stärken und Schwächen des betroffe-nen Unternehmens he-rauszufinden, um so ent-scheiden zu können, ob die Transaktion durchgeführt werden soll. Besondere Bedeutung kommt dabei den «Deal Breakern» zu, also Sachverhalten, welche die Transaktion im kon-kreten Fall verhindern. Eine Due Diligence kann auch grossen Einfluss auf die Festlegung des Unternehmenswerts haben. Sie erfolgt übrigens nicht nur bei M&A-Transaktionen, sondern auch bei Börsengängen und grösseren Investitionen in ein Unternehmen.

Was geprüft WirdOft wird vertreten, es reiche aus, bestehende Risiken aus der Sicht des betroffenen Unterneh-mens zu minimieren. Das trifft nicht zu. Im Hinblick auf eine M&A-Transaktion, Börsen-gänge oder eine Investorensuche ist vor allem wichtig, dass in objektiver Hinsicht keine grös-seren Risiken bestehen. Ob dies der Fall ist, wird

sollte bei guten Kundenverträgen ein derart einfacher Ausstieg vermieden werden.

Weiter können bei Kundenverträgen feh-lende oder schlecht abgefasste Bestimmungen betreffend Haftungsbeschränkungen proble-matisch sein. Die Haftungsrisiken sollten in einem vernünftigen Verhältnis zu den mög-lichen Erträgen aus einem Vertragsverhältnis mit einem Kunden stehen. Gleiches gilt für die Gewährleistungsbestimmungen. Grössere Ab-weichungen von den hier allenfalls bestehen-den Branchenstandards sollten vermieden werden.

geistiges eigentumIn Verträgen über geistiges Eigentum (bei-spielsweise Marken) werden teilweise viel zu weitgehende Gewährleistungen abgegeben. Das kann bedeutsame finanzielle oder sogar existenzielle Folgen für das betroffene Unter-nehmen haben. Wird beispielsweise unbe-dacht garantiert, ein Unternehmen verfüge über weltweiten Markenschutz, so kann dies zu einer Verpflichtung führen, unzählige Mar-ken anzumelden, was wiederum Kosten von Hundert tausenden von Franken zur Folge ha-ben kann.

In der Praxis finden sich erstaunlich oft Ver-träge mit Arbeitnehmern oder Auftragnehmern, die keine oder zumindest keine genügenden Klauseln betreffend der Abtretung von Rechten an geistigem Eigentum enthalten. Das kann zu Rechtsunsicherheiten führen. Wer beispiels-weise einen Auftragnehmer mit der Entwicklung von Software beauftragt, darf nicht in jedem Fall davon ausgehen, dass er durch die Bezahlung der Arbeitsresultate ohne entsprechende ver-tragliche Grundlage die weltweiten und auch in sonstiger Hinsicht uneingeschränkten Rechte daran erhält. Besonders herausfordernd kann es werden, wenn die Rechte für das zu verkaufende Unternehmen einen zentralen Vermögenswert darstellen, deren Übertragung aber nicht sauber geregelt wurde. Ein derartiges Versäumnis kann bereits ein Deal Breaker sein.

«Bei Verträgen ist die Vergangenheit oft wichtiger als die Gegenwart»oliver staffelbach

Folgende Aspekte sollten Sie beachten: Die rechtliche Due Diligence hat Einfluss darauf, ob eine M&A-Transaktion zum Ab-schluss kommt und wie hoch das betrof-fene Unternehmen bewertet wird. Was geprüft wird, ist weitgehend vorhersehbar.

Rechtliche Mängel und Risiken sollten nicht erst unmittelbar im Hinblick auf

Gut zu wissen Due Diligenceeine M&A-Transaktion behoben werden. Oft ist es weniger aufwendig und bedeu-tend kostengünstiger, wenn dies mög-lichst frühzeitig getan wird.

Verträge, insbesondere solche, die für das Unternehmen wichtig sind, sollten vor der Unterzeichnung fachmännisch über-prüft werden.

perfekte Vorbereitung Ob eine M&A-Transaktion zum Abschluss kommt und wie hoch das davon betroffene Unternehmen bewertet wird, hängt unter anderem von der genauen Prüfung der rechtlichen Aspekte, der sogenannten rechtlichen Due Diligence, ab. So bereiten Sie sich darauf vor.

foKus: mergers & acquisitions

BILD

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OLIA

oliver staffelbach ist auf IT-Recht spezialisierter Rechtsanwalt bei Wenger & Vieli in Zürich www.wengervieli.ch

in der Regel von spezialisierten Beratern beur-teilt. Wer künftig sein Unternehmen verkaufen will oder auf Investoren angewiesen ist, sollte also frühzeitig klären lassen, woran sich Wirt-schaftsanwälte stören. Denn hat eine Due Dili-gence einmal begonnen, lassen sich rechtliche Risiken und Mängel teilweise nicht mehr oder nur noch mit viel Aufwand beheben.

Wirtschaftsanwaltskanzleien, die regel-mässig zur Durchführung einer rechtlichen Due Diligence beigezogen werden, untersuchen bei

vergleichbaren M&A-Transaktionen weitgehend dieselben rechtlichen Aspekte. Oft wird mit stan-dardisierten Checklisten gearbeitet. Diese füh-ren typischerweise folgende Prüfungsfelder auf:

Gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten (z.B. Aktienzertifikate/-buch, Statuten und Proto-kolle der Generalversammlung der letzten fünf Jahre) Finanzielle Aspekte (z.B. Kreditverträge und Geschäftsberichte der letzten fünf Jahre)

Steuern und Sozialversicherungen Grundeigentum und Mietverträge Geistiges Eigentum Wichtige Verträge Arbeitnehmer (insbesondere mit Schlüssel-funktionen) und Mitglieder des Verwaltungs-rats

Behördliche Genehmigungen Umweltschutz

Versicherungen Rechtsstreitigkeiten

Einige besonders wichtige Prüfungsfelder wer-den nachfolgend kurz erläutert.

Wichtige verträgeFast ausnahmslos werden im Rahmen einer rechtlichen Due Diligence wichtige bestehende Verträge untersucht. Dazu gehören insbeson-dere die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und andere Standardverträge des betroffenen Unternehmens, bedeutende Lieferanten- und Kundenverträge, Verträge mit unüblichen Kon-ditionen (z.B. bezüglich Garantien oder Zah-lungszielen), Verträge mit nahestehenden Per-sonen oder Gesellschaften (z.B. Verträge mit Tochtergesellschaften oder mit dem Haupt-aktionär) sowie Verträge, die ein gewisses Ver-tragsvolumen überschreiten (oft 20000 oder 50000 Franken) oder eine lange Vertragsdauer (z.B. mehr als ein Jahr) aufweisen.

Ein Wirtschaftsanwalt erkennt sofort, ob Standardverträge professionell erstellt worden sind. Ist dies nicht der Fall, wird er die übrigen Dokumente in der Regel umso genauer prüfen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sowie wei-tere Standardverträge sollten daher unbedingt professionell erstellt oder überarbeitet werden. Das scheint an sich selbstverständlich zu sein, wird in der Praxis aber vor allem aus finanziel-len Gründen teilweise unterlassen. Bei diversen