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Magnetismus 29. Juni 2007 A. Michels Technische Physik, Universit¨ at des Saarlandes, Saarbr¨ ucken E-mail: [email protected] Ziel dieses Versuches ist es, mit den grundlegenden Gr¨ oßen und Begriffen des Magnetismus vertraut zu werden und die verschiedenen Erscheinungsformen magnetischer Materie wie z.B. Dia-, Para-, Superpara- und Ferromagnetismus experimentell zu untersuchen. Die Messme- thode, die in diesem Versuch zur Anwendung kommt ist die Magnetometrie, die neben der Neutronenstreuung wohl zu der am h¨ aufigsten verwendeten Untersuchungsmethode innerhalb des Magnetismus z¨ ahlt. Die zu bearbeitenden Versuche werden an einem Vibrating Sample Magnetometer“ und einem Extraktionsmagnetometer durchgef¨ uhrt, deren Messprinzipien Sie vor Beginn des eigentlichen Versuchs mit dem Betreuer diskutieren werden. Bei der Auswahl der Versuche war die Grundidee, dass sowohl gewisse Standardmessungen (Hystereseschleife, Curie-Weiss-Gesetz) repr¨ asentiert sind, aber auch eher neuere Messprozeduren wie z.B. das Field-Cooling“ und das Zero-Field-Cooling“ vorgestellt werden. Die vorliegende Versuchs- anleitung behandelt die zur Durchf¨ uhrung der Versuche notwendigen Grundlagen und soll Sie in die Lage versetzen, die Aufgaben (mit Hilfestellung durch den Betreuer) weitgehend selbst¨ andig zu bearbeiten. Am Ende der Anleitung finden Sie eine Auswahl von deutsch- und englischsprachigen Lehrb¨ uchern, deren Lekt¨ ure empfehlenswert ist. 1 Grundgr¨ oßen und Einheiten 1.1 Das magnetische Moment Gem¨ aß der Maxwell’schen Theorie des Elektromagnetismus werden Magnetfelder und magne- tische Momente von elektrischen Str¨ omen, seien es makroskopische Str¨ ome in Leiterschleifen oder atomare Kreisstr¨ ome“, erzeugt. Die zentrale Gr¨ oße innerhalb des Magnetismus stellt das magnetische Moment μ dar. Ein Strom I , der in einer geschlossenen Leiterschleife fließt, produziert ein (vektorielles) magnetisches Moment μ = Z I n dA , (1) 1

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Magnetismus

29. Juni 2007

A. MichelsTechnische Physik, Universitat des Saarlandes, Saarbrucken

E-mail: [email protected]

Ziel dieses Versuches ist es, mit den grundlegenden Großen und Begriffen des Magnetismusvertraut zu werden und die verschiedenen Erscheinungsformen magnetischer Materie wie z.B.Dia-, Para-, Superpara- und Ferromagnetismus experimentell zu untersuchen. Die Messme-thode, die in diesem Versuch zur Anwendung kommt ist die Magnetometrie, die neben derNeutronenstreuung wohl zu der am haufigsten verwendeten Untersuchungsmethode innerhalbdes Magnetismus zahlt. Die zu bearbeitenden Versuche werden an einem ”Vibrating SampleMagnetometer“ und einem Extraktionsmagnetometer durchgefuhrt, deren Messprinzipien Sievor Beginn des eigentlichen Versuchs mit dem Betreuer diskutieren werden. Bei der Auswahlder Versuche war die Grundidee, dass sowohl gewisse Standardmessungen (Hystereseschleife,Curie-Weiss-Gesetz) reprasentiert sind, aber auch eher neuere Messprozeduren wie z.B. das

”Field-Cooling“ und das ”Zero-Field-Cooling“ vorgestellt werden. Die vorliegende Versuchs-anleitung behandelt die zur Durchfuhrung der Versuche notwendigen Grundlagen und sollSie in die Lage versetzen, die Aufgaben (mit Hilfestellung durch den Betreuer) weitgehendselbstandig zu bearbeiten. Am Ende der Anleitung finden Sie eine Auswahl von deutsch- undenglischsprachigen Lehrbuchern, deren Lekture empfehlenswert ist.

1 Grundgroßen und Einheiten

1.1 Das magnetische Moment

Gemaß der Maxwell’schen Theorie des Elektromagnetismus werden Magnetfelder und magne-tische Momente von elektrischen Stromen, seien es makroskopische Strome in Leiterschleifenoder ”atomare Kreisstrome“, erzeugt. Die zentrale Große innerhalb des Magnetismus stelltdas magnetische Moment µ dar. Ein Strom I, der in einer geschlossenen Leiterschleife fließt,produziert ein (vektorielles) magnetisches Moment

µ =∫

I n dA , (1)

1

n

I

A

Abbildung 1: Eine vom Strom I durchflossene Leiterschleife besitzt ein magnetisches Moment µ,welches entweder parallel oder antiparallel zur Richtung der Flachennormalen n der Leiterschleifeorientiert ist (zur Richtung, siehe nachster Abschnitt) und dessen Betrag proportional zu I und zurFlache A der Leiterschleife ist.

wobei n den Einheitsvektor in Richtung der Flachennormalen der Leiterschleifenebene dar-stellt (siehe Abbildung 1). Aus Gleichung (1) ist ersichtlich, dass das magnetische Momentdie Einheit Am2 besitzt.

Um die Große magnetischer Momente verschiedener Materialien miteinander vergleichenzu konnen, ist es sinnvoll verschiedene ”Referenzmomente“ einzufuhren. Hierzu die folgende,auf dem Bohr’schen Atommodell beruhende quasiklassische Betrachtung: Wir betrachten eingeladenes Teilchen (Ladung q, Masse m), das einen kreisrunden Orbit mit Radius r um einenals raumfest angenommenen Bezugspunkt durchlauft. Dieses Partikel stellt einen KreisstromI = q v

2π r dar, wobei v den Betrag der Bahngeschwindigkeit v des Teilchen bezeichnet. Mit derGeschwindikeit v des Teilchens ist der Bahndrehimpuls L = m r × v verknupft, sodass sichschließlich fur das resultierende magnetische Moment folgender Ausdruck ergibt:

µ =q

2mL , (2)

d.h. der mechanische Bahndrehimpuls einer Ladung auf einer Kreisbahn ist unmittelbar miteinem magnetischen Bahnmoment verbunden, wobei die Richtung von µ durch die Richtungvon L und durch das Vorzeichen der Ladung gegeben ist (vgl. Abbildung 1). Betrachtet manein mit dem Drehimpuls |L| = um den Atomkern kreisendes Elektron (Ladung −e, Masseme), so ist der Betrag des damit verbundenen magnetischen Moments gegeben durch

µB =e

2me

∼= 9.274× 10−24 Am2 oder J T−1 , (3)

wobei dem Planck’schen Wirkungsquantum h dividiert durch 2π entspricht. Die Große µB

wird als das Bohr’sche Magneton bezeichnet und ist gleich dem magnetischen Moment einesmit L = rotierenden freien Elektrons. Das Bohr’sche Magneton µB dient als Bezugsgroßezum Vergleich atomarer magnetischer Momente. Zum Vergleich von Kernmomenten wird dasKernmagneton µK = e

2 mpherangezogen, welches jedoch aufgrund der großeren Protonenmas-

se mp um einen Faktor 1836 kleiner ist als µB und im Folgenden keine Rolle spielt.

2

Atomare magnetische Momente µa konnen mit obiger klassischer Betrachtungsweise nichtvollstandig verstanden werden, sondern mussen mit den Methoden der Quantenmechanik be-handelt werden. Wie z.B. der Stern-Gerlach Versuch oder der Zeeman-Effekt zeigen, habenatomare magnetische Momente (zusatzlich zum Bahndrehimpuls L) ihren Ursprung im Spin-drehimpuls S der Elektronen nicht abgeschlossener Elektronenschalen. Die Große des gemit-telten atomaren magnetischen Moments µa ist gegeben durch1

µa = g µB J , (4)

wobei g den Lande Faktor bezeichnet, und J ist die aus Spin- und Bahnmomenten zusam-mengesetze dimensionslose (in Einheiten von angegebene) Gesamtspinquantenzahl, die sichgemaß den Hundt’schen Regeln der Atomphysik aus der Spindrehimpulsquantenzahl S undder Bahndrehimpulsquantenzahl L zusammensetzt . Sind fur ein bestimmtes Atom S und L

(und damit auch J) bekannt, so laßt sich der Lande Faktor wie folgt berechnen:

g = 1 +J(J + 1) + S(S + 1)− L(L + 1)

2J(J + 1). (5)

Fur ein reines Spinmoment (L = 0 und J = S) ist somit g = 2 und fur ein reines Bahnmoment(S = 0 und J = L) erhalt man g = 1. Fur von Null verschiedene Werte von S und L nimmtg Werte zwischen 1 und 2 an.

Die Meßgroße in den Praktikumsversuchen ist nicht direkt der Betrag eines individuel-len atomaren magnetischen Moments µa, sondern vielmehr die Summe N µa einer großenAnzahl N ∼= 1023 von Momenten. Hieraus ist unmittelbar ersichtlich, dass das totale ma-gnetische Moment m = N µa einer Probe im Sinne der Thermodynamik den Charakter ei-ner extensiven Zustandsgroße hat: Verdoppelt man das Volumen einer Probe, so verdoppeltman die Anzahl der einzelnen atomaren magnetischen Momente und damit auch das totalemagnetische Moment. Wie oben bereits erwahnt, hat das magnetische Moment im hier ver-wendeten SI-Einheitensystem die Einheit Am2. Haufig jedoch werden magnetische Momenteim cgs-Einheitensystem in sogenannten ”electromagnetic units“ (emu) angegeben. Fur dieUmrechnung von emu nach Am2 gilt: 1 emu , 10−3 Am2.

1.2 Die Felder B, H und M

Die drei Grundfelder des Magnetismus sind die magnetische Induktion oder Flußdichte B, diemagnetische Feldstarke H sowie die Magnetisierung M. Im SI-System ist die Einheit von Bdas Tesla (T), H und M werden in Am−1 angegeben. Zwischen diesen Vektorfeldern bestehtdie folgende Beziehung:

B = µ0 (H + M) , (6)1Die hier mitgeteilten atomphysikalischen Grundlagen konnen z.B. in den Kapiteln 4-6 des Buches

”Atom-

physik“ von T. Mayer-Kuckuk (Teubner, Stuttgart, 1997) nachgelesen werden.

3

wobei µ0 = 4π × 10−7 TmA−1 die Permeabilitat des Vakuums bezeichnet. Gleichung (6)besitzt Gultigkeit in allen Punkten des Raumes. Insbesondere gilt in solchen Raumpunkten,in denen sich keine magnetisierte Materie befindet, M ≡ 0, und Gleichung (6) reduziert sichdort auf

B = µ0 H . (7)

Mit anderen Worten, bei Abwesenheit magnetisierter Materie handelt es sich bei B und Hlediglich um skalierte Versionen des gleichen Vektorfeldes. Daruberhinaus wird darauf hinge-wiesen, dass die magnetische Feldstarke H in obigen Gleichungen keinesfalls nur das außere, aneine Probe angelegte Magnetfeld darstellt, d.h. das Feld, welches etwa von einer stromdurch-flossenen Spule erzeugt wird. Vielmehr stellt H (und auch B) die Summe aus dem außerenMagnetfeld und dem von der Magnetisierung der Probe herruhrenden Magnetfeld dar, wel-ches auch als magnetostatisches Streufeld bezeichnet wird. Das magnetostatische Streufeldist eine komplizierte Große, die ihre Ursache in der Dipol-Dipol-Wechselwirkung hat und nurunter bestimmten vereinfachenden Annahmen berechnet werden kann (siehe Kapitel 3.1).

Fur die meisten Materialien (Diamagnete und Paramagnete bei nicht zu tiefen Tempe-raturen) gilt ein linearer Zusammenhang zwischen der magnetischen Feldstarke H und derdurch sie induzierten Magnetisierung M, d.h. es gilt

M = χH , (8)

wobei die dimensionslose Proportionalitatskonstante χ als die magnetische Suszeptibilitat be-zeichnet wird.2 Es sei angemerkt, dass fur ferromagnetische Materialien (siehe Kapitel 3.1)obiger linearer Zusammenhang zwischen M und H im allgemeinen nicht gultig ist. Ferroma-gnete zeigen eine Hysterese (siehe Abbildung 6), sodass M keine eindeutige Funktion von Hmehr ist. Ferromagnetisches Verhalten ist jedoch eher die Ausnahme, sodass Gleichung (8)fur viele Stoffe Gultigkeit besitzt. Setzt man Gleichung (8) in Gleichung (6) ein, so folgt

B = µ0 (1 + χ)H = µ0 µr H , (9)

womit die ebenfalls dimensionslose magnetische Permeabilitat µr = 1 + χ eingefuhrt wird.Die Suszeptibilitat χ (bzw. µr) beschreibt die Reaktion der Magnetisierung auf ein angelegtesMagnetfeld und eignet sich zur Klassifizierung der verschiedenen Erscheinungsformen magne-tischer Materialien: Diamagnetische Substanzen zeigen eine negative Suszeptibilitat, derennumerischer Wert fur die meisten Festkorper von der Großenordnung −10−5 ist, wahrendParamagnete sich durch ein positives χ von der Großenordnung +10−3 auszeichnen. Fur Fer-romagnete (fur die Gleichung (8) nicht gilt) wird dennoch haufig eine effektive Suszeptibilitatχeff = ∆M

∆H fur einen bestimmten Wertebereich des angelegten Feldes definiert, deren Wertmagnetfeldabhangig ist und im allgemeinen sehr viel großer als eins ist.

2Im allgemeinen Fall ist χ eine tensorielle Große. Diese Eigenschaft spielt jedoch im vorliegenden

Praktikumsversuch keine Rolle, sodass χ als ein Skalar angesehen werden kann.

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Der Zusammenhang zwischen der Messgroße—dem totalen magnetischen Moment m einerProbe—und dem Betrag M der Magnetisierung M ist durch m =

∫M dV gegeben, wobei sich

die Integration uber das Volumen V der magnetischen Probe erstreckt. Mit anderen Worten,M kann als die Dichte magnetischer Momente aufgefasst werden (magnetisches Moment proVolumeneinheit) und hat dementsprechend die Einheit Am−1 bzw. T. Fur ein homogen-magnetisches Material mit bekannter Masse und Dichte laßt sich M somit aus experimentellenDaten fur das magnetische Moment (in emu oder Am2) berechnen.

2 Dia und Paramagnetismus

2.1 Vorbemerkungen

Konzeptionell unterteilt man den Diamagnetismus ebenso wie den Paramagnetismus in einenAnteil, der jeweils von den an ein Gitteratom quasigebundenen Elektronen herruhrt (Lange-vin’scher Diamagnetismus bzw. Langevin’scher Paramagnetismus), und in einen Beitrag, derseine Ursache in den quasifreien Leitungselektronen hat (Landau’scher Diamagnetismus bzw.Pauli’scher Paramagnetismus). Der erste Beitrag tritt bei Isolatoren auf, wahrend der zweiteBeitrag zusatzlich zum ersten Beitrag bei Metallen in Erscheinung tritt. Wahrend der Lan-gevin’sche Diamagnetismus eine Eigenschaft ist, die allen Materialien zu eigen ist, tritt derLangevin’sche Paramagnetismus nur bei solchen Materialien auf, bei denen der totale Spin-drehimpuls J = L+S der Atome oder Ionen nicht verschwindet. Die mit dem Langevin’schenParamagnetismus assoziierte magnetische Suszeptibilitat ist von der Großenordnung +10−3

und damit viel großer als die Suszeptibilitat des Langevin’schen Diamagnetismus, welche vonder Großenordnung −10−5 ist (siehe unten). Haben also die Atome oder Ionen eines Materi-als ein nichtverschwindendes magnetisches Moment (J 6= 0), so dominiert der Langevin’scheParamagnetismus das magnetische Verhalten (siehe auch nachster Abschnitt), sofern naturlichkeine anderen, starkeren Wechselwirkungen wie z.B Ferro-, Ferri- oder Antiferromagnetismusvorliegen.

In den folgenden beiden Abschnitten werden der Langevin’sche Dia- und Paramagnetismusbehandelt. Auf die Herleitung des dia- und paramagnetischen Response des freien Elektro-nengases eines Metalls wird an dieser Stelle verzichtet. Von Relevanz ist jedoch das folgendewichtige Ergebnis: Die diamagnetische Suszeptibilitat der Leitungselektronen eines Metalls(Landau’scher Diamagnetismus) ist vom Betrag her ungefahr ein Drittel mal so groß wie dieparamagnetische Suszeptibilitat der Leitungselektronen (Pauli’scher Paramagnetismus), so-dass die Leitungselektronen in vielen Metallen insgesamt einen paramagnetischen Beitrag zurGesamtsuszeptibilitat beitragen, der von der Großenordnung +10−5 ist. Fur ein Metall dessenGitteratome einen verschwindenden Gesamtspin besitzen (J = 0) entscheidet deshalb die re-lative Große zwischen der diamagnetischen Suszeptibilitat der Gitteratome (χ ∼= −10−5) undder insgesamt paramagnetischen Suszeptibilitat der Leitungselektronen (χ ∼= +10−5) ob das

5

Metall dia- oder paramagnetisch erscheint. Typische metallische Diamagnete sind die Edel-metalle Kupfer, Silber und Gold, nichtmetallische Diamagnete sind z.B. Kochsalz, Wasserund die Edelgase. Beispiele fur typische Paramagnete sind Sauerstoff, freie Natriumatome,Mangan oder die Salze der Seltenen Erden.

2.2 Langevin’scher Diamagnetismus

Der Diamagnetismus von Isolatoren ist ein elektromagnetisches Induktionsphanomen undkann wiederum im Rahmen des Bohr’schen Atommodells verstanden werden: Die Frequenz ω0

mit der sich ein Elektron in einem kreisrunden Orbit um den Atomkern mit der OrdnungszahlZ und der Ladung +Z e bewegt, ergibt sich aufgrund der Gleichgewichtsbedingung zwischender Zentrifugalkraft me ω2

0 r und der Coulomb-Anziehung zwischen Elektron und Kern, Z e2

4π ε0 r2 ,zu

ω0 =

√Z e2

4π ε0 me r3. (10)

Beim Einschalten eines außeren Magnetfeldes B senkrecht zur Leiterschleifenebene wirkt aufdas umlaufende Elektron zusatzlich die radial gerichtete Lorentzkraft e ω r B und die neueKreisfrequenz ω ergibt sich aus der Gleichgewichtsbedingung

me ω2 r =Z e2

4π ε0 r2+ e ω r B (11)

als Losung der quadratischen Gleichung

ω2 − 2ω ωL − ω20 = 0 , (12)

wobei durchωL =

e B

2me(13)

die Larmorfrequenz definiert wird [ωL(B = 1 T) = 8.8 × 1010 s−1]. Die Losung von Glei-chung (12) ergibt sich dann unter Beachtung von ωL ¿ ω0

∼= 1017 s−1 zu

ω ∼= ω0 + ωL . (14)

Das Anschalten des Magnetfeldes bewirkt also eine Frequenzverschiebung ω0 −→ ω ∼= ω0+ωL,und damit einhergehend, einen zusatzlichen Kreisstrom I = − e ωL

2π , der wiederum gemaßGleichung (1) mit einem magnetischen Moment

µ = −e2 r2 B

4me(15)

assoziiert ist. Eine genauere Rechnung liefert fur einen Isolator (mit N Atomen pro Volumen-einheit V ) die diamagnetische Susptibilitat

χ =µ0 M

B=

N

V

µ0 µ

B= −N

V

µ0 e2 Z

6me〈a2〉 , (16)

6

Abbildung 2: Magnetisches Moment m als Funktion des angelegten Magnetfeldes B fur einen dia-magnetischen Plastikstrohhalm.

wobei 〈a2〉 den mittleren quadratischen Atom- oder Ionenradius bezeichnet. Ein außeres Mag-netfeld induziert also in einem diamagnetischen Material atomare Kreisstrome, die wiederumein magnetisches Feld—die Magnetisierung—produzieren, welches dem ”erregenden“ auße-ren Feld entgegengerichtet ist. Das Minuszeichen in Gleichung (16) ist eine direkte Ma-nifestation der Lenz’schen Regel der Elektrodynamik. Mit N

V∼= 1029 m−3 (fur Metalle),

µ0 = 4π × 10−7 TmA−1, e = 1.602 × 10−19 As, me = 9.109 × 10−31 kg und dem Bohr’schenRadius 5.292× 10−11 m fur 〈a〉 erhalt man eine weitgehend von der Temperatur unabhangigeSuszeptibilitat χ ∼= −10−6 Z. Abbildung 2 zeigt, in qualitativem Einklang mit Gleichung (16),das diamagnetische Signal eines Plastikstrohhalms, welcher beispielsweise als Probenhalter ineinigen unserer Messungen verwendet wird.

2.3 Langevin’scher Paramagnetismus

Aus den beiden letzten Abschnitten geht hervor, dass der Langevin’sche Paramagnetismusimmer dann das magnetische Verhalten eines Stoffes bestimmt, wenn die Gitteratome oderIonen des Festkorpers einen resultierenden Gesamtspin J 6= 0 aufweisen und keine starke-ren magnetischen Wechselwirkungen prasent sind. Fur ein Ensemble von nicht untereinanderwechselwirkenden magnetischen Momenten µa (Spins) resultiert aus der Wechselwirkungs-energie −µa ·B zwischen µa und einem außeren Magnetfeld B der Langevin’sche Paramagne-tismus. Ohne außeres Magnetfeld sind die Richtungen der einzelnen (wechselwirkungsfreien)Spins statistisch verteilt, und der Betrag M der Gesamtmagnetisierung der Probe ist im Mit-tel gleich Null. Bei Anlegen eines Feldes wirkt das Drehmoment µa×B auf die Spins und dieMomente beginnen sich entlang B auszurichten. Die Magnetisierung der Probe steigt mit an-steigendem Feld an, solange bis schließlich alle magnetischen Momente entlang B zeigen und

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M seinen maximalen Wert—die Sattigungsmagnetisierung Ms—annimmt. Die thermischeEnergie kB T wirkt diesem Ausrichtungsprozess entgegen, der Magnetisierungsprozeß einesParamagneten wird letztlich durch den konkurrierenden Wettbewerb zwischen magnetischerFeldenergie −µa ·B und kB T bestimmt.

Um das magnetische Moment und damit die Magnetisierung einer paramagnetischen Pro-be mit N Atomen oder Ionen pro Volumeneinheit V berechnen zu konnen, muss man aufdas quantenmechanische Ergebnis zuruckgreifen, dass in Gegenwart eines homogenen exter-nen Magnetfeldes B = 0, 0, B der Betrag der Projektion des gemittelten magnetischenMoments µa aus Gleichung (4) (welches in Richtung von −J zeigt) auf die Richtung der Mag-netfeldachse, µz

a = g µB m, die observable Große darstellt. Die magnetische Quantenzahl m

nimmt dabei die (2J +1)-Werte zwischen −J und +J an. Bei einer gegebenen Temperatur T

und Feld B hangt dann der Erwartungswert M der Magnetisierung in Feldrichtung mit demErwartungswert 〈µz

a〉 von µa wie folgt zusammen:

M =N

V〈µz

a〉 , (17)

wobei 〈µza〉 gemaß den Gesetzen der statistischen Mechanik durch die Boltzmannverteilung

〈µza〉 =

m=+J∑

m=−J

g µB m exp(− E

kB T

)

m=+J∑

m=−J

exp(− E

kB T

) (18)

gegeben ist. Unter Berucksichtigung von E = −µza Bz = −g µB mB und x = g µB B

kB T laßt sichGleichung (18) durch die Zustandssumme

Z =m=+J∑

m=−J

exp (mx) (19)

ausdrucken, und es folgt:

〈µza〉

g µB=

m=+J∑

m=−J

m exp (mx)

m=+J∑

m=−J

exp (m x)

=1Z

∂Z

∂x. (20)

Gleichung (19) fur die Zustandssumme laßt sich weiter umformen zu

Z = exp (−J x)2J∑

m=0

exp (mx) , (21)

und mit Hilfe der endlichen geometrischen Reihe erhalt man

Z = exp (−J x)1− exp ([2J + 1]x)

1− exp (x)=

sinh(

2J + 12 x

)

sinh(

x2

) . (22)

8

Abbildung 3: Die Magnetisierungskurve eines paramagnetischen Materials folgt einer Brillouinfunk-tion BJ(y), die hier fur verschiedene Werte der Spinquantenzahl J aufgetragen ist (y = J g µB B

kB T ).

Einsetzen von Gleichung (22) in Gleichung (20) und Substitution von x durch y = J x liefertschließlich fur die Magnetisierung M eines Paramagneten folgenden Ausdruck:

M(y) = Ms BJ(y) , (23)

wobei mitMs =

N

Vg µB J =

N

Vµa , (24)

die Sattigungsmagnetisierung bei T = 0 definiert wird und

BJ(y) =2J + 1

2Jcoth

(2J + 1

2Jy

)− 1

2Jcoth

(12J

y

)(25)

die Brillouinfunktion bezeichnet.Die Brillouinfunktion BJ(y) ist in Abbildung 3 fur verschiedene Werte der Quantenzahl

J aufgetragen. Insbesondere erhalt man fur J = 12 ,

B1/2(y) = tanh(y) . (26)

Wie man sich leicht uberzeugen kann, sind typische Werte des Parameters y bei Raumtem-peratur und fur im Labor erhaltliche Feldstarken von der Großenordnung 10−3, sodass dieNaherung coth(y) ≈ 1

y + y3 fur y ¿ 1 uber einen weiten Temperaturbereich Gultigkeit besitzt

(vgl. Abbildung 3). Im Rahmen dieser Naherung laßt sich die Magnetisierung schreiben als

M =N

V

µ2eff

3 kB TB , (27)

wobei mitµeff = g µB

√J(J + 1) (28)

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das effektive magnetische Moment bezeichnet wird. Man beachte, dass der Wert des effektivenmagnetischen Moments µeff , der aus der Anfangssteigung der M(B)-Kurve bestimmt wird,nur im klassischen Limes J → ∞ mit dem Wert des atomaren magnetischen Moments µa,der sich aus der experimentellen Sattigungsmagnetisierung Ms gemaß Gleichung (24) ergibt,ubereinstimmt. Fur die paramagnetische Anfangssuszeptibilitat χ(T ), die folgendermaßendefiniert ist,

χ(T ) = limB−→0

µ0 ∂M

∂B, (29)

erhalt man mit Gleichung (27) das wohlbekannte Curie-Gesetz,

χ(T ) =N

V

µ0 µ2eff

3 kB T=

C

T, (30)

wobei

C =N

V

µ0 µ2eff

3 kB, (31)

die Curie-Konstante darstellt. Aus der Messung der Temperaturabhangigkeit von χ laßt sichdeshalb µeff bestimmen. Der Wert der Suszeptibilitat eines Langevin’schen Paramagnetenist fur einen Festkorper bei Raumtemperatur von der Großenordnung +10−3 und damit (imallgemeinen) deutlich großer als der paramagnetische Beitrag der Leitungselektronen (Pau-li’scher Paramagnetismus), dessen Große, χ ∼= µ0 µ2

B g(EF ), durch den Wert der Zustands-dichte g(EF ) an der Fermienergie EF bestimmt wird und der fur die meisten Metalle von derGroßenordnung +10−5 ist (siehe z.B. Blundell).

3 Ferromagnetismus

3.1 Phanomenologie

Im Gegensatz zu paramagnetischen Materialien, bei denen die einzelnen atomaren mag-netischen Momenten nur mit einem außeren Magnetfeld jedoch nicht miteinander wechsel-wirken, gibt es in Ferromagneten eine langreichweitige Wechselwirkung zwischen den ein-zelnen Spins, die zu der experimentellen Beobachtung fuhrt, dass Ferromagnete, selbst beiFehlen eines außeren Magnetfeldes, eine von Null verschiedene spontane Magnetisierung Ms

aufweisen. Die Große Ms wird in der Literatur oft auch als Sattigungsmagnetisierung be-zeichnet. Der Wert der spontanen Magnetisierung ist eine Funktion der Kristalltemperatur(siehe Kapitel 3.2) und nimmt als Folge des steigenden Einflusses thermischer Fluktuationenmit ansteigender Temperatur ab. Abbildung 4 zeigt den experimentellen Verlauf der Tem-peraturabhangigkeit von Ms fur Europiumoxid (EuO). Unterhalb der sogenannten Curie-Temperatur TC , die in EuO bei ungefahr 77 K liegt, existiert eine von Null verschiedenespontane Magnetisierung, die bei Annaherung an TC kontinuierlich kleiner wird und, wieman erahnen kann, schließlich bei T = TC verschwindet. Die kritische Temperatur TC trenntdie ferromagnetische Phase vom paramagnetischen Zustand. In Tabelle 1 sind die Ubergang-

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Abbildung 4: Temperaturabhangigkeit der spontanen Magnetisierung von Europiumoxid (EuO) [ausB. T. Matthias, R. M. Bozorth and J. H. Van Vleck, Phys. Rev. Lett. 7, 160 (1961)].

TC [K] µa [µB] µ0 Ms(0) [T]

Co 1360 1.72 1.80

Ni 627 0.616 0.66

Fe 1044 2.22 2.19

Gd 293 7.55 2.47

Tb 221 9.34 3.40

Tabelle 1: Curietemperaturen TC , atomare magnetische Momente µa und absolute Sattigungsma-gnetisierungen Ms(0) einiger Ferromagnete.

stemperaturen, die atomaren magnetischen Momente und die absoluten Sattigungsmagneti-sierungen am Temperaturnullpunkt einiger wichtiger Ferromagnete aufgelistet.

Ein weiteres fundamentales Charakteristikum ferromagnetischer Materialien, welches eben-falls direkt experimentell zuganglich ist, ist die Existenz einer ferromagnetischen Domanen-struktur, wie sie in Abbildung 5 fur einen Eisen-Einkristall dargestellt ist. Bei Temperaturenunterhalb der Curietemperatur ist der ferromagnetische Kristall in Bereiche (Domanen) mitjeweils homogener Magnetisierung M unterteilt, deren Große unter anderem von der Große desKristalls abhangt, typischerweise jedoch im Bereich von einigen hundert µm liegt. Nach demfranzosischen Physiker Pierre Weiss werden ferromagnetische Domanen auch als Weiss’scheBezirke bezeichnet. Die Starke der sich spontan ohne außeres Magnetfeld einstellenden Ma-gnetisierung innerhalb eines solchen Weiss’schen Bezirks ist gleich der oben eingefuhrten spon-tanen Magnetisierung Ms. Geht man von einer Domane zu einer benachbarten Domane uber,so andert sich zwar die Richtung des Magnetisierungvektors M der einzelnen Domanen (vgl.

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Abbildung 5: Ferromagnetische Domanenstruktur eines Fe-Einkristalls [aus A. Huber und R. Schafer,Magnetic Domains (Springer, Berlin, 1998)].

Abbildung 6: Hysteresekurve eines Ferromagneten zur Veranschaulichung der Begriffe spontane Mag-netisierung Ms, Remanenz Mr und Koerzitivfeldstarke Hc.

Abbildung 5), der Betrag von M bleibt jedoch konstant gleich Ms. Die Ubergangsbereichezwischen Domanen bezeichnet man als Domanenwande, deren raumliche Ausdehnung, dieDomanenwanddicke, fur die bekannten Ferromagnete Co, Fe und Ni zwischen 25 nm und120 nm liegt. Die gebrauchlichsten Techniken zur Abbildung der Domanenstruktur sind dieBitter-Technik, die Kerr-Mikroskopie, die Lorentz-Mikroskopie, die magnetische Kraftmikros-kopie sowie die Rasterelektronenmikroskopie.

Abbildung 6 zeigt den Response der Magnetisierung M auf ein von außen angelegtes Mag-netfeld H fur ein ferromagnetisches Material. Im Gegensatz zu Dia- und Paramagneten (vgl.Abbildungen 2 und 3) ist der Verlauf von M(H) fur einen Ferromagneten keine eindeutigeFunktion mehr. Nur bei hohen angelegten Feldern, im Bereich der Sattigung, ist der Verlaufreversibel. Bei kleinen und mittleren Feldern hingegen treten Hystereseeffekte in Erscheinung,d.h. erhoht man ausgehend von einem bestimmten Punkt (M?, H?) auf der Kurve das Mag-

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netfeld (H? −→ H? + ∆H), so kommt das System im allgemeinen nicht mehr zum gleichenAusgangspunkt (M?,H?) zuruck, wenn der Wert des Feldes wieder auf den AusgangswertH? erniedrigt wird. Dieses Nichtgleichgewichtsphanomen, das auch in anderen Bereichen derPhysik beobachtet wird (z.B. bei der Polarisation von Ferroelektrika), bezeichnet man alsHysterese, die Kurve M(H) als Hysteresekurve oder einfach als Magnetisierungskurve.

Die charakteristischen Kenngroßen einer Hystereseschleife sind die spontane oder Satti-gungsmagnetisierung Ms, die remanente Magnetisierung oder Remanenz Mr und die Koerzi-tivfeldstarke Hc (siehe Abbildung 6). In Einklang mit ihrer Definition als der im Feld H = 0bei der Temperatur T im thermodynamischen Gleichgewicht bestehende Wert der Magneti-sierung innerhalb einer Domane wird die spontane Magnetisierung Ms(T ) bestimmt, indemdie gemessenen Werte von M(T, H) bei den hochsten Magnetfeldern zu H = 0 extrapoliertwerden. Die Art und Weise wie diese Extrapolation zu H = 0 durchgefuhrt wird hangt mitden Eigenschaften der untersuchten Probe zusammen und ist unter Umstanden nicht trivial.Wenn z.B. ”storende“, immer prasente und durch ein Feld nicht absattigbare paramagneti-sche Beitrage bei hohen Feldern zum tragen kommen, d.h. wenn eine Erhohung des Feldeszu einem weiteren Anstieg von M gemaß M(H) = χH fuhrt [vgl. Gleichung (27)], so musszur Bestimmung von Ms eine Korrektur (z.B. eine lineare Extrapolation zu H = 0) bezuglichdieses Beitrags durchgefuhrt werden. Wenn solche Beitrage vernachlassigbar sind, dann istM(H) im Sattigungsbereich eine horizontale Gerade, und der Wert von Ms laßt sich relativeinfach bestimmen. Die Remanenz Mr beschreibt den Wert von M , der sich einstellt, wenndas außere Feld abgeschaltet wird. Es gilt: Mr ≤ Ms. Die Koerzitivfeldstarke Hc entsprichtdem Wert des Feldes, welches notwendig ist, um die Magnetisierung aus dem remanentenZustand auf den Wert Null zu reduzieren. Materialien mit einer geringen Koerzitivfeldstarkewerden als weichmagnetisch und Materialien mit einem großem Hc (heutzutage mehrere Tesla)werden als hartmagnetisch bezeichnet. Die Unterschiede in den Hc-Werten zwischen Weich-und Hartmagneten konnen mehrere Großenordnungen betragen. Weitere Charakteristika vonHystereseschleifen wie z.B. das anfangliche Durchlaufen der sogenannten Neukurve oder dieZuordnung von bestimmten Magnetisierungsprozessen innerhalb der Probe (Domanenwand-bewegung, Rotationsprozesse) zu bestimmten Bereichen der Hysteresekurve konnen mit demBetreuer wahrend der Versuchsdurchfuhrung diskutiert werden.

In der Literatur werden Hystereseschleifen (wie in Abbildung 6) meistens als M(H)-Kurven dargestellt, eher selten findet man eine Darstellung in der die magnetische InduktionB als Funktion des angelegten Feldes H aufgetragen ist. Wie man sich leicht uberlegen kann,fuhren diese beiden Arten der Auftragung, abgesehen von einer geanderten Terminologie, zuunterschiedlichen Werten fur die oben eingefuhrten Kenngroßen. Insbesondere zeigt die ma-gnetische Induktion B(H) = µ0 [H + M(H)], im Gegensatz zu M(H), kein Anzeichen einesSattigungsverhaltens bei hohen Feldern. B(H) ist eine streng monoton steigende Funktionvon H, wahrend M(H) bei hohen Feldern (abgesehen von einem moglichen paramagneti-schen Beitrag) konstant ist. Fur weichmagnetische Materialien, bei denen ein kleines Feld H

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eine relativ hohe Magnetisierung M À H induziert, ist der Unterschied zwischen einer B(H)-und einer M(H)-Auftragung jedoch relativ klein, sodass fur kleine Felder B(H) ≈ µ0 M(H)gilt.

3.2 Theorie

Eines der altesten Modelle zur Beschreibung der Temperaturabhangigkeit der spontanen Mag-netisierung ist die auf Pierre Weiss zuruckgehende Weiss’sche Molekularfeldtheorie, die auchals Mean-Field-Theorie bezeichnet wird. Um den experimentellen Befund des Auftretens einerspontanen Magnetisierung in ferromagnetischen Materialien zu erklaren, hat Weiss im Jahre1907 die Existenz des Molekularfeldes oder Austauschfeldes BM postuliert. Im Rahmen derMean-Field-Theorie stellt das Molekularfeld ein internes und fur alle Atome gleiches effek-tives Magnetfeld dar, welches fur die Ausrichtung von im Gitter benachbarter magnetischerMomente verantwortlich ist. Eine tieferliegende quantenmechanische Rechfertigung fur dieEinfuhrung dieses Austauschfeldes folgte spater im Jahre 1928 durch Werner Heisenberg.

Im Rahmen des Heisenberg’schen Modells liegt die Ursache fur die Ausbildung einer spon-tanen Magnetisierung bei H = 0 in der quantenmechanischen Austauschwechselwirkung zwi-schen den einzelnen magnetischen Momenten. Die Austauschwechselwirkung ist elektrosta-tischer Natur und fur die Austauschenergie Ei,j zweier benachbarter Gitteratome (i, j) mitjeweiligen Spinvektoren Si und Sj gilt,

Ei,j = −Ji,j Si · Sj . (32)

Die Große Ji,j wird Austauschintegral oder Austauschkonstante genannt und der Wert vonJi,j , der im allgemeinen experimentell bestimmt wird, hangt vom Uberlapp der elektroni-schen Wellenfunktionen benachbarter Gitteratome ab, d.h. Ji,j parametrisiert die Starke derWechselwirkung benachbarter Spins. Weitere Details sind an dieser Stelle nicht relevant undkonnen z.B. in Kapitel 3 des Buches von Aharoni nachgelesen werden. Von Interesse ist je-doch, dass obige Austauschenergie Ei,j fur Ji,j > 0 die Parallelstellung von benachbartenSpins favorisiert wahrend fur Ji,j < 0 die Antiparallelstellung energetisch gunstiger ist. Ferro-magnete, bei denen alle Spins parallel sind, haben deshalb eine positive Austauschkonstante,und Antiferromagnete, bei denen benachbarte Spins antiparallel zueinander orientiert sind,besitzen eine negative Austauschkonstante. Wie wir im Folgenden sehen werden, ist die Starkeder Austauschwechselwirkung (auf Langenskalen von der Großenordnung der Einheitszelle)außerordentlich stark, und der Ausrichtungseffekt zwischen benachbarten Spins, der sich ex-perimentell durch die Ausbildung der spontanen Magnetisierung manifestiert, kann nicht etwadurch die Dipolwechselwirkung zwischen benachbarten Gitteratomen erkart werden. Das Feld,welches ein magnetisches Moment µB am Ort eines Nachbaratoms im Abstand a = einige Aerzeugt, ist von der Großenordnung µ0 µB

a3∼= 0.1T, und ist daher um Großenordnungen kleiner

als das Austauschfeld (siehe unten).

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Im Rest dieses Kapitels werden wir die Weiss’sche Molekularfeldtheorie darlegen, die trotzihrer stark vereinfachenden Annahmen viele Phanomene auch quantitativ erklaren kann. Diezentrale Annahme im Weiss’schen Modell ist, dass das Molekularfeld BM proportional zurMagnetisierung M des Materials ist,

BM = λµ0 M , (33)

wobei die temperaturunabhangige Proportionalitatskonstante λ als die Molekularfeldkonstan-te bezeichnet wird und ein Maß fur die Starke der Wechselwirkung darstellt. Fur Ferromagneteist λ > 0, und fur Antiferromagnete ist λ < 0. In Abwesenheit eines außeren Magnetfeldeswirkt auf jedes atomare magnetische Moment das Molekularfeld BM, es kommt zur Ausrich-tung benachbarter Spins, und eine spontane Magnetisierung resultiert. In Gegenwart einesaußeren Magnetfeldes B, ergibt sich das totale effektive Magnetfeld Beff , welches ein einzel-nes Gitteratom ”spurt“ durch lineare Superposition, d.h.

Beff = B + BM = B + λµ0 M . (34)

Da der zur Herleitung der Magnetisierung eines Weiss’schen Ferromagneten zugrundeliegendeMechanismus ahnlich dem eines Paramagneten ist—Ausrichtung von magnetischen Momentenim Feld Beff entgegen thermischen Fluktuationen—kann der mathematische Formalismusaus Kapitel 2.3 leicht modifiziert ubernommen werden. Man muss lediglich das von außenangelegte Feld B durch das neue effektive Feld Beff ersetzen. Fur die spontane MagnetisierungMs eines Weiss’schen Ferromagneten folgt dann [vgl. Gleichung (23)]:

Ms(y) = Ms(0)BJ(y) , (35)

wobei Ms(0) = NV µa den absoluten Sattigungswert bei T = 0 bezeichnet [vgl. Gleichung (24)]

und der Parameter y durch

y =µa (B + λµ0 Ms)

kB T⇒ Ms =

kB T

µa µ0 λy − B

µ0 λ, (36)

gegeben ist, d.h. das Argument y der Brillouinfunktion hangt uber das Austauschfeld von derMagnetisierung ab. Gleichungen (35) und (36) stellen somit ein implizites Gleichungssystemfur die spontane Magnetisierung dar, welches numerisch oder graphisch gelost werden kann.

Fur die graphische Losung zeichnet man Ms(y) gemaß Gleichung (35) und Ms(y) gemaßGleichung (36) in das gleiche Schaubild ein. In Abbildung 7 ist dies fur den Fall B = 0 auf-getragen. In dieser Situation ist die Funktion Ms(y) gemaß Gleichung (36) eine Ursprungs-gerade, deren Steigung von der Temperatur abhangt. Die Schnittpunkte dieser Geraden mitder Funktion Ms(0) BJ(y) geben Auskunft uber die Losungen von obigem Gleichungssystem.Ist die Steigung der Ursprungsgeraden bei y = 0 identisch mit der Steigung der FunktionMs(0)BJ(y) an diesem Punkt, so stellt der Schnittpunkt bei y = 0 und Ms = 0 auch die

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Abbildung 7: Die Funktion Ms(y) gemaß den Gleichungen (35) und (36) bei B = 0.

einzige Losung des Gleichungssystems dar. Unter Verwendung der Naherung fur die Bril-louinfunktion, BJ(y) ∼= J+1

3 J y fur y ¿ 1, laßt sich diese Aussage durch

kB T

µ0 µa λ= Ms(0)

J + 13 J

(37)

ausdrucken. Gleichung (37) definiert die ferromagnetische Curie-Temperatur TC als die Tem-peratur, die spontan magnetisierte Zustande (Ms 6= 0 bei B = 0) von Zustanden ohne spon-tane Magnetisierung (Ms = 0 bei B = 0) trennt. Mit Hilfe der Gleichungen (4), (28) und (31)laßt sich TC durch das effektive Moment µeff und durch die Curie-Konsante C ausdrucken,

TC =N

V

µ0 µ2eff

3 kBλ = C λ . (38)

Fur Temperaturen T < TC (und B = 0) ist die Steigung der Ursprungsgeraden, Glei-chung (36), bei y = 0 kleiner als die dortige Steigung der Funktion Ms(0)BJ(y), und esexistieren zwei stabile, nicht verschwindende Losungen bei ±Ms und eine instabile Losungbei Ms = 0. Mit anderen Worten, fur T < TC existiert eine spontane Magnetisierung, derenWert fur gegebene Quantenzahl J mit sinkender Temperatur ansteigt. Fur T > TC existierthingegen keine spontane Magnetisierung, es ist Ms = 0 bei y = 0 die einzige simultane Losungdes Gleichungssystems (vgl. Abbildung 7).

Die mittels Gleichung (38) eingefuhrte Curie-Temperatur ist aufgrund ihrer Proportio-nalitat zu λ ein Maß fur die Starke der Austauschwechselwirkung eines Materials. Typischeexperimentelle Werte fur die Curie-Konstante C liegen bei wenigen Kelvin, sodass die Moleku-larfeldkonstante λ von der Großenordnung 102 ist (vgl. Tabelle 1). Zusammen mit typischenWerten fur die spontane Magnetisierung µ0 Ms

∼= 1T, nimmt dann das Austauschfeld BA

enorm große Werte zwischen 102−103 T an. Obwohl BA formal wie ein Magnetfeld behandelt

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Abbildung 8: (a) Reduzierte spontane Magnetisierung Ms(y)Ms(0) als Funktion der reduzierten Tempe-

ratur TTC

fur verschiedene Werte der Quantenzahl J und fur B = 0. (b) Temperaturabhangigkeit derspontanen Magnetisierung bei verschiedenen angelegten Magnetfeldern (J = 1 jeweils). Fur B 6= 0existiert eine von Null verschiedene spontane Magnetisierung bei allen Temperaturen, wohingegen imNullfeld Ms = 0 fur T ≥ TC .

wird, stellt es jedoch kein Magnetfeld im Maxwell’schen Sinn dar und taucht demzufolge auchnicht in den Maxwell’schen Gleichungen auf. Das Austauschfeld ist ein fiktives Feld, das vonWeiss auf phenomenologische Weise eingefuhrt wurde, um die experimentellen Befunde derspontanen Magnetisierung und der hohen Ubergangstemperaturen erklaren zu konnen. Wiezuvor bereits ausgefuhrt ist die Dipol-Dipol-Wechselwirkung zwischen benachbarten Gitte-ratomen von der Großenordnung 0.1 T und damit nicht in der Lage die experimentellen Er-scheinungen quantitativ zu erklaren.

Mit Hilfe des Ausdrucks fur TC , Gleichung (38), laßt sich die reduzierte spontane Mag-netisierung Ms(y)

Ms(0) als Funktion der reduzierten Temperatur TTC

ausdrucken. Die numerischeLosung fur die reduzierte Magnetisierung als Funktion der reduzierten Temperatur ist in Ab-bildung 8a fur verschiedene Werte der Quantenzahl J und fur B = 0 zu sehen. Abbildung 8alaßt alle zuvor diskutierten Eigenschaften der Funktion BJ(y) erkennen. Fur T < TC existierteine spontane Magnetisierung, die bei Annaherung an TC kontinuierlich gegen Null geht undschließich fur T ≥ TC verschwindet. Die spontane Magnetisierung, die den Ordnungspara-meter beim Phasenubergang vom para- in den ferromagnetischen Zustand darstellt, zeigtkeine Diskontinuitat am kritischen Punkt. Vielmehr ist es die Suszeptibilitat χ ∝ ∂Ms

∂B , dieam Phasenubergangspunkt eine Divergenz aufweist (siehe Abbildung 9 und Teilversuch 2).

17

Abbildung 9: Temperaturabhangigkeit der Suszeptibilitat χ von Terbium. Bei der paramagnetischenCurie-Temperatur TC ≈ 230T weist χ(T ) eine Divergenz auf.

Da sich im Rahmen der statistischen Mechanik die Magnetisierung aus der ersten Ableitungder Freien Energie nach dem Feld und die Suszeptibilitat demnach als die zweite Ableitungder Freien Energie nach dem Feld ergibt, laßt sich fur einen Weiss’schen Ferromagneten derUbergang vom para- in den ferromagnetischen Zustand als einen Phasenubergang zweiterArt klassifizieren. Obwohl die Molekularfeldtheorie nicht in der Lage ist experimentell beob-achtete Hystereseerscheinungen zu erklaren (wie z.B. die in Abbildung 6), gibt sie dennochdie Temperaturabhangigkeit der spontanen Magnetisierung bei hohen Temperaturen fur vieleMaterialien gut wieder. Bei tiefen Temperaturen (T ¿ TC) verwendet man zur Beschreibungvon Ms(T ) das Bloch’sche T 3/2-Gesetz (ohne Herleitung),

Ms(T ) = Ms(T = 0)

[1−K

(T

TC

)3/2]

, (39)

wobei K eine Materialkonstante ist. Hintergrund fur dieses Verhalten ist die Anregung vonSpinwellen (Magnonen), die hier nicht weiter besprochen werden.

Der Effekt eines angelegten Magnetfeldes auf den Verlauf von Ms(T ) besteht darin, denPhasenubergang zu unterdrucken. Wie man sich anhand von Gleichung (36) leicht verdeutli-chen kann, erhalt man fur B 6= 0 keine Ursprungsgerade in Abbildung 7, sondern eine Gerade,die die y-Achse bei µa B

kB T > 0 schneidet. Konsequenterweise erhalt man dann eine nichtver-schwindende spontane Magnetisierung Ms 6= 0 bei allen Temperaturen, d.h. im Rahmen derMolekularfeldtheorie existiert kein Phasenubergang fur B 6= 0 (siehe Abbildung 8b).

Bei einer Erhohung der Kristalltemperatur gewinnen thermische Fluktuationen zuneh-mend an Bedeutung, die Austauschwechselwirkung zwischen den Spins wird aufgehoben unddie langreichweitige ferro- oder antiferromagnetische Ordnung verschwindet. Fur Temperatu-

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ren T > TC verhalten sich Ferromagnete wie regulare Paramagnete. Im Nullfeld sind dann dieOrientierungen der einzelnen Spins statistisch verteilt und die Magnetisierung ist im Mittelgleich Null. Fur kleine angelegte Magnetfelder besteht ein linearer Zusammenhang zwischendem Feld und der induzierten Magnetisierung [vgl. Gleichung (27)]. Vermittels Gleichung (33)ist die durch ein angelegtes Feld verursachte Magnetisierung wiederum verantwortlich fur dieExistenz eines (wenn auch relativ schwachen) Molekularfeldes. Ein ”kleines“ angelegtes Feldvon 1T induziert bei einem paramagnetischen Material mit einer typischen Suszeptibilitatvon der Großenordnung +10−3 eine Magnetisierung von 10−3 T, sodass mit einem charakteri-stischen Wert der Molekularfeldkonstanten λ ∼= 100 das Molekularfeld im paramagnetischenBereich einen Wert von etwa 0.1 T annimmt und damit um mehrere Großenordnungen klei-ner ist als das Molekularfeld im ferromagnetischen Zustand. Fur die Anfangssuszeptibilitat χ

eines Weiss’schen Ferromagneten im paramagnetischen Temperaturbereich erhalt man unterZuhilfenahme von BJ(y) ∼= J+1

3 J y fur y ¿ 1 und unter Beachtung der Gleichungen (35), (36)und (38) das Curie-Weiss-Gesetz,

χ(T ) =C

T − TC. (40)

Das Curie-Weiss-Gesetz besitzt Gultigkeit im paramagnetischen Temperaturbereich und be-schreibt das Verhalten der Anfangssuszeptibilitat fur T À TC . Wie man in Abbildung 9erkennen kann weist χ(T ) bei Annaherung an TC von oben eine Diskontinuitat auf. Anhandeiner Messung der Temperaturabhangigkeit der Anfangssuszeptibilitat im paramagnetischenBereich und durch eine Auftragung χ−1(T ) laßt sich die paramagnetische Ubergangstempe-ratur TC (siehe unten) aus dem Achsenabschnitt und die Curie-Konstante C (und damit daseffektive magnetische Moment µeff) aus der Steigung bestimmen [vgl. Gleichung (31)].

Die Bestimmung der Ubergangstemperatur TC eines Ferromagneten kann also zum einendurch die Messung der Temperaturabhangigkeit der spontanen Magnetisierung Ms(T ) imNullfeld und durch anschließende Extrapolation zu Ms = 0 erfolgen, zum anderen kann TC

aus einer Messung der Suszeptibilitat χ(T ) gemaß Gleichung (40) oberhalb von TC im para-magnetischen Bereich erfolgen. Je nachdem welches Verfahren Anwendung findet wird in derLiteratur zwischen der ferromagnetischen Curie-Temperatur und der paramagnetischen Curie-Temperatur unterschieden. Obwohl innerhalb der Weiss’schen Theorie beide Verfahren denselben Wert liefern sollten, zeigen Experimente, dass die paramagnetische Curie-Temperaturim allgemeinen großer ist als die ferromagnetische Curie-Temperatur (siehe Abbildung 9 undTeilversuch 2).

Der Vollstandigkeit halber sei erwahnt, dass Gleichung (40) einen Sonderfall des verallge-meinerten Curie-Weiss-Gesetzes

χ(T ) =C

T + θ(41)

darstellt, welches sowohl fur Ferromagnete oberhalb der Curie-Temperatur TC als auch furAntiferromagnete oberhalb der Neel-Temperatur TN Gultigkeit besitzt. Der Parameter θ in

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Gleichung (41) ist dabei proportional zum Austauschintegral Ji,j zwischen benachbarten Ato-men. Fur Ferromagnete ist Ji,j > 0 definiert, und es laßt sich zeigen, dass dann θ < 0 ist,fur Antiferromagnete ist Ji,j < 0 und θ > 0. Insbesondere gilt innerhalb der Molekular-feldnaherung θ = −TC fur einen einfachen Ferromagneten und θ = TN fur einen einfachenAntiferromagneten.

3.3 Methodik

Im Experiment hat man es nie mit unendlich ausgedehnten, idealisierten Modellsystemenzu tun. Reale Proben haben immer eine endliche Große, und daraus resultierende Rand-effekte, die in Theorien oft vernachlassigt werden, konnen Einfluss auf das Ergebnis einermagnetischen Messung haben. Aufgrund der endlichen Ausdehnung einer Probe macht dieMagnetisierung an der Oberflache des Materials einen Sprung, der mit einem das angelegteFeld H schwachenden sogenannten Entmagnetisierungsfeld Hd verbunden ist (siehe unten).Das Entmagnetisierungsfeld Hd, auch magnetostatisches Streufeld genannt, ist eine Funk-tion der Probenform. Da es generell wunschenswert ist, dass eine bestimmte magnetischeMessmethode (z.B. eine Magnetometermessung) nur die intrinsische Eigenschaft des Materi-als widerspiegelt und nicht etwa von der gewahlten Form der Probe abhangt, muss bei denmeisten magnetischen Messungen eine Korrektur bezuglich Hd vorgenommen werden. Umverschiedene Messungen an der gleichen Substanz mit Proben unterschiedlicher Form mit-einander vergleichen zu konnen, wird deshalb in der Praxis eine Entmagnetisierungskorrekurvorgenommen. Eine solche Korrektur hat das Ziel, den Effekt der Probenform zu eliminierenund zu den intrinsischen Eigenschaften der Probe zu gelangen. Man tragt dann (fur eine ho-mogen magnetisierte Probe) den Betrag M der Magnetisierung nicht mehr als Funktion desBetrags des angelegten Magnetfeldes H auf, sondern als Funktion des Betrags des internenFeldes Hi. Der Zusammenhang zwischen H und Hi ist durch

Hi = H + Hd = H−Nd M (42)

gegeben, wobei Nd den Entmagnetisierungstensor bezeichnet, dessen Eintrage von der Proben-form abhangen. Liegt bei einer homogen magnetisierten Probe die Magnetisierung M entlangeiner der Hauptachsen der Probe, so ist 0 ≤ Nd ≤ 1 eine skalare Große, deren numerischerWert fur die meisten geometrischen Formen tabelliert ist. Fur die Summe der Entmagnetisie-rungsfaktoren entlang der drei Hauptachsen einer Probe gilt

∑i=3i=1 N i

d = 1. Aus Gleichung (42)ist unmittelbar ersichtlich, dass das Feld Hi im Inneren der Probe nicht identisch ist mit demvon außen angelegten Magnetfeld H.

Die physikalische Ursache des Entmagnetisierungsfeldes ist die magnetische Dipol-Dipol-Wechselwirkung. Das magnetostatische Streufeld Hd entspricht dem Magnetfeld, welchesdurch die Existenz der einzelnen magnetischen Momente selbst erzeugt wird. Bei einer ho-mogen magnetisierten Probe zeigen alle magnetischen Momente entlang einer Richtung, z.B.entlang der Richtung des außeren Magnetfeldes. An der Oberflache dieser Probe tritt jedoch

20

+ ++

−− −

H H

+ +

− −

M

+ ++

−− −

+ +

− −

Hd

Abbildung 10: Eine magnetische Probe, die durch ein homogenes angelegtes Magnetfeld H (entlangeiner der Hauptachsen der Probe) homogen magnetisiert ist, produziert ein EntmagnetisierungsfeldHd, welches dem außeren Feld (und damit auch der Magnetisierung M des Materials) entgegengerichtetist. Nur fur ein allgemeines Ellipsoid ist das Entmagnetisierungsfeld homogen, d.h. Hd und das interneFeld Hi haben in jedem Punkt im Innern der Probe den gleichen Betrag, und es gilt: Hi = H + Hd.

eine Diskontinuitat der Magnetisierung auf, da die magnetischen Momente, die sich in unmit-telbarer Umgebung der Probenoberflache befinden ”ungepaart“ sind. Man sagt dann, dassan der Oberflache (fiktive) magnetische Oberflachenladungen existieren, die dann Quelle desmagnetostatischen Streufeldes sind (vgl. Abbildung 10). Nur fur ein allgemeines Ellipsoid(Spezialfall: Kugel) ist eine exakte Berechnung des Entmagnetisierungsfaktors moglich, fur al-le anderen geometrischen Formen wie z.B. Zylinder oder Quader konnen die Werte fur Nd nurnaherungsweise bestimmt werden. Ebenso sei noch erwahnt, dass die Angabe des Entmagne-tisierungsfeldes durch Hd = −Nd M streng nur fur eine homogen magnetisierte Probe gultigist. Existieren inhomogene Magnetisierungsverteilungen innerhalb der Probe, d.h. hangt dieMagnetisierung explizit vom Ort ab, M = M(x), so treten in der Regel zusatzlich zu denOberflachenladungen noch Volumenladungen, sogenannte Volumendivergenzen auf. Fur einedetaillierte Ausfuhrung uber magnetostatische Grundlagen wird auf Kapitel 6 des Buches vonAharoni verwiesen.

4 Superparamagnetismus

Wie wir in Kapitel 3.2 gesehen haben, sind bei einem Ferromagneten die einzelnen atomarenmagnetischen Momente uber die quantenmechanische Austauschwechselwirkung miteinandergekoppelt, d.h. es besteht im Gegensatz zum Paramagneten eine direkte oder auch indirekteKopplung zwischen den einzelnen Spins, die aus Grunden der Energieminimierung die Paral-lelstellung von benachbarten magnetischen Momenten im Gitter favorisiert. Da die Austausch-wechselwirkung das magnetische Verhalten eines Systems auf einer Langenskala von wenigenNanometern dominiert, sind in ferromagnetischen Partikeln mit einem typischen Durchmes-

21

ser von einigen 10 nm alle Spins parallel zueinander, und man spricht dann von einem so-genannten Eindomanenteilchen. Das Herabskalieren der Dimension eines Ferromagneten inden Nanometerbereich fuhrt also dazu, dass die komplizierte Mehrdomanenstruktur (sieheAbbildung 5) zugunsten einer Eindomanenstruktur verschwindet. Sind die Eindomanenteil-chen genugend klein, sodass ihre magnetische Energie vergleichbar ist mit der thermischenEnergie kB T , so kann eine spontane, thermische aktivierte Umkehr der Magnetisierung desTeilchens erfolgen. Dieses Phanomen bezeichnet man als superparamagnetische Relaxation,und eine Probe bestehend aus vielen solchen wechselwirkungsfreien Eindomanenteilchen nenntman einen Superparamagneten. Der Name Superparamagnet ruhrt daher, das der Magnetisie-rungsprozeß eines Superparamagneten, ahnlich dem eines Paramagneten, durch den Wettbe-werb zwischen magnetischer und thermischer Energie bestimmt wird (siehe Kapitel 2.3). DerUnterschied zum Paramagneten besteht darin, dass das magnetische Gesamtmoment einessuperparamagnetischen Teilchens (Superspin) aufgrund seiner Große von etwa 10 nm typi-scherweise 103−104 µB betragt. Ein Superparamagnet bei dem die Matrix in die die Teilcheneingebettet sind flussig ist, bezeichnet man als ein Ferrofluid.

4.1 Thermisch aktivierte superparamagnetische Relaxation

Superparamagnete oder allgemeiner magnetische Nanopartikel sind Gegenstand betracht-licher Forschungen, sowohl aus grundlagen- als auch aus technologieorientierter Sicht. Als einhochst aktuelles Beispiel sei die Untersuchung der Eignung von magnetischen Nanopartikelnzur Konstruktion des sogenannten Quantencomputers genannt. Ein wesentlicher Punkt, dervielen technologisch motivierten Fragestellungen zugrunde liegt, ist dabei die Untersuchungder Relaxationsdynamik eines superparamagnetischen Teilchens. Mochte man z.B. ein mag-netisches Nanopartikel zur Datenspeicherung einsetzen und soll die Situation in der der Spindes Partikels in eine bestimmte Richtung zeigt als ”Spin-up-Zustand“ gekennzeichnet wer-den, so mochte man naturlich vermeiden, dass eine spontane und ungewollte (etwa thermischaktivierte) Umkehr des Magnetisierungsvektors in den ”Spin-down-Zustand“ stattfindet. DasVerstandnis und die Kontrolle des Magnetisierungsumkehrprozesses in Nanopartikeln ist des-halb von hohem Interesse. Teilversuch 4 beschaftigt sich mit der Messung der Temperatu-rabhangigkeit der Magnetisierung einer superparamagnetischen Probe fur zwei unterschied-liche Versuchsdurchfuhrungen. Da zum Verstandnis dieses Experiments ein Verstandnis derRelaxationsdynamik von superparamagnetischen Partikeln notwendig ist, wird in diesem Ab-schnitt kurz auf diese Thematik eingegangen.

Im Rahmen der Neel-Brown-Theorie ist die Relaxationszeit τ eines superparamagnetischenTeilchens durch

τ = τ0 exp(

U

kB T

), (43)

gegeben, wobei τ0∼= 10−9 s eine charakteristische mikroskopische Relaxationszeit ist, und U

beschreibt die Energiebarriere, die der Magnetisierungsvektor zur Umkehr seiner Richtung

22

Abbildung 11: Doppelmuldenpotential, Gleichung (44) fur H = 0, zur Veranschaulichung des Pro-zesses der thermisch aktivierten superparamagnetischen Relaxation.

uberwinden muss.3 Anschaulich kann man sich den Prozess der thermisch aktivierten super-paramagnetischen Relaxation anhand des in Abbildung 11 gezeigten Doppelmuldenpotentialsvorstellen. Innerhalb des Teilchens existieren bestimmte Vorzugsrichtungen, sogenannte leich-te Richtungen, fur die die magnetische Energie minimiert ist. Mit anderen Worten, das Teil-chen ist nicht vollstandig isotrop, bestimmte Richtungen im Kristallgitter sind gegenuberanderen ausgezeichnet. Demzufolge muss der Ausdruck fur die magnetische Energie einessuperparamagnetischen Eindomanenteilchens durch einen Energieterm erweitert werden, dereben diese Anisotropie berucksichtigt. Mogliche Ursachen fur die Existenz dieser Anisotro-pie(n) konnen mit dem Betreuer wahrend des Versuches diskutiert werden. In Gegenwart einesangelegten Magnetfeldes H kann man die totale magnetische Energie U eines Eindomanen-teilchens mit Volumen V durch

U = K V sin2 β + µ0 V H ·M (44)

ausdrucken. Die Große β bezeichnet hierbei den Winkel zwischen dem MagnetisierungsvektorM des Partikels und der leichten Kristallrichtung, und K ist eine temperaturabhangigeMaterialkonstante (mit der Einheit Jm−3), die die Starke der leichten Richtung beschreibt.Im Nullfeld ist die Energiebarriere gleich K V und die beiden leichten Richtungen sind durchβ = 0 und durch β = π festgelegt, d.h. der Grundzustand des Systems ist zweifach entartet(siehe Abbildung 11).

Mochte man die Relaxationsdynamik eines superparamagnetischen Teilchens experimen-tell mit Hilfe eines Magnetometers erfassen, so ist das Verhaltnis der Relaxationszeit τ desTeilchens zur charakteristischen Zeitskala t? ∼= 10 s, die ein Magnetometer zur Messung des

3Gleichung (43) beschreibt die thermisch aktivierte Relaxation des magnetischen Moments in Gegenwart

einer Anisotropieenergiebarriere. Diese Form der Relaxation wird als Neel’sche Relaxation bezeichnet. Zusatz-

lich zu diesem Mechanismus gibt es in Ferrofluiden noch die sogenannte Brown’sche Relaxation, welche die

Rotations-Diffusionsbewegung des Teilchens in der viskosen Flussigkeit beschreibt.

23

magnetischen Moments benotigt, entscheidend.4 Nimmt der Exponent UkB T in Gleichung (43)

so große Werte an (z.B. bei tiefen Temperaturen), sodass τ À t? gilt, so beobachtet man mitdem Magnetometer eine stabile, zeitunabhangige Magnetisierung. Der MagnetisierungsvektorM des Partikels ist dann entlang einer der beiden leichten Richtungen eingerastet, und in-nerhalb der Meßzeit t? beobachtet man keine Variation von M. Man sagt dann das Teilchenist geblockt. Umgekehrt, fur U ¿ kB T (z.B. bei hohen Temperaturen) kann die Situationτ ¿ t? realisiert werden, und man beobachtet schnelle Fluktuationen (typischerweise 109 proSekunde) von M zwischen den beiden leichten Richtungen. Dies ist die Situation, die man alsthermisch aktivierte superparamagnetische Relaxation bezeichnet. Wird andererseits durchgeeignete Wahl der Temperatur die Situation eingestellt bei der τ ∼= t? ist, so beobachtet maneine explizit zeitabhangige, relaxierende Magnetisierung M(t). Die Temperatur, die das sta-bile vom superparamagnetischen Regime trennt, bezeichnet man als die BlockingtemperaturTB, die Sie in Teilversuch 4 fur eine superparamagnetische Probe bestimmen werden.

4.2 Magnetisierung und Suszeptibilitat eines Superparamagneten

Aufgrund der Analogie zwischen dem Para- und dem Superparamagnetismus kann der ma-thematische Formalismus, der zur Herleitung des Langevin’schen Paramagnetismus gefuhrthat, nahezu unverandert auf den Superparamagnetismus angewandt werden. Der Unterschiedbesteht darin, dass nun die Komponente des magnetischen Moments in Feldrichtung nichtmehr gequantelt ist [m = −J, ...,+J , vgl. Gleichung (17)], sondern vielmehr durch den Er-wartungswert der kontinuierlichen Funktion Ms cosϑ gegeben ist, wobei ϑ den Winkel zwi-schen dem Magnetisierungsvektor M und dem angelegten Feld B bezeichnet. In Analogie zuGleichung (18) folgt fur den Erwartungswert der Funktion cosϑ,

M

Ms= 〈cosϑ〉 =

∫ 4π

0cosϑ exp

(µB cosϑ

kB T

)dΩ

∫ 4π

0exp

(µB cosϑ

kB T

)dΩ

, (45)

wobei µ das Gesamtmoment eines Superspins darstellt und die Integration sich uber die Ein-heitskugel mit Raumwinkelelement dΩ erstreckt. Gleichung (45) hat als Losung die sogenannteLangevinfunktion L(y),

M

Ms= 〈cosϑ〉 = L(y) = coth(y)− 1

y, (46)

die in Abbildung 3 eingetragen ist und die sich konsistenterweise aus der Brillouinfunktion,Gleichung (25), im Grenzfall J → ∞ ergibt, d.h. B∞(y) = L(y). y ergibt sich fur einen

4Idealerweise werden in experimentellen Untersuchungen an magnetischen Nanopartikeln mehrere Meß-

methoden mit jeweils unterschiedlichen charakteristischen Beobachtungszeitskalen t? kombiniert. Weit ver-

breitete Untersuchungsmethoden, die in Kombination ein Zeitintervall von etwa 104 − 10−12 s abdecken,

sind AC- und DC-Magnetometrie (t? ∼= 104 − 10−5 s), Muonenspinrelaxation (t? ∼= 10−5 − 10−7 s),

Mossbauerspektroskopie (t? ∼= 10−8 − 10−10 s) und inelastische Neutronenstreuung (t? ∼= 10−7 − 10−12 s).

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Superparamagneten zu y = µ BkB T . Fur y ¿ 1 gilt wiederum: L(y) ∼= y

3 und fur die (An-fangs)Suszeptibilitat χ eines Superparamagneten erhalt man das bekannte Curie-Gesetz,

χ(T ) =N

V

µ0 µ2

3 kB T, (47)

wobei N die Anzahl der Partikel mit magnetischem Moment µ im Volumen V bezeichnet.Als Konsequenz der Kopplung einer großen Anzahl von Spins zu einem Superspin ist das

Verhaltnis µ BkB T fur einen Superparamagneten sehr viel großer als fur einen Paramagneten.

Dementsprechend lassen sich Superparamagnete schon mit relativ kleinen Magnetfeldern vonder Großenordnung von 1 T sattigen (siehe Versuch 4), wohingegen Paramagnete nur bei sehrtiefen Temperaturen gesattigt werden konnen. Bei Raumtemperatur konnen Paramagneteim allgemeinen nicht mit ublichen, im Labor erhaltlichen Magnetfeldern gesattigt werden.Um z.B. bei der in Teilversuch 1 zu untersuchenden Gadolinium-Gallium-Garnet-Probe einenZustand B7/2(y) = 0.99 einzustellen (g = 2, J = 7

2 , µa = 7 µB), ist bei Raumtemperatur einFeld von ungefahr 744T von Noten.

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Messmethoden

In diesem Praktikumsversuch werden Sie die magnetischen Eigenschaften verschiedener Pro-ben untersuchen und analysieren. Zur Charakterisierung der magnetischen Eigenschaften ste-hen zwei Messapparaturen zur Verfugung:

1. Ein vibrating sample magnetometer VSM der Firma Lake Shore.

Die Funktionsweise des VSM beruht darauf, dass die zu untersuchende Probe in ei-nem homogenen, statischen Magnetfeld in Schwingung gebracht wird und die darausresultierende zeitliche Anderung der magnetischen Flussdichte eine Spannung in denDetektionsspulen induziert. Unter geeigneten Bedingungen ist die induzierte Spannungproportional zum magnetischen Moment der Probe und kann nach Kalibrierung miteiner Eichprobe quantifiziert werden.

2. Extraktionsmagnetometer PPMS der Firma Quantum Design

Im Unterschied zum VSM wird bei dem QD Magnetometer die Probe nicht in eineperiodische Schwingung versetzt, sondern mehrmals hintereinander aus dem Magnetfeldherausgezogen. Der Vorteil des PPMS ist die Moglichkeit, das magnetische Moment alsFunktion der Temperatur zu untersuchen.

Aufgaben

1. Messen Sie mit Hilfe des VSM-Magnetometers die Raumtemperaturmagnetisierungskur-ven von paramagnetischem Gadolinium-Gallium-Granat (GGG, Gd3Ga5O12). Bestimmen Siezunachst den Massenanteil von Gadolinium (Gd) an der Gesamtmasse der GGG-Probe, undberechnen Sie anschließend aus den experimentellen Werten fur das magnetische Moment (inemu) die Große µ0 M (in Tesla). Stellen Sie µ0 M(µ0 H) graphisch dar. Zeichnen Sie in dasgleiche Schaubild die Funktion µ0 Ms B7/2, wobei Sie die Sattigungsmagnetisierung Ms(T = 0)aus den angegebenen Werten fur das atomare magnetische Moment µa und fur die atomareDichte bestimmen (g = 2). Masse der GGG-Probe: 0.3087 g; Molgewicht Gd: 157.25 g mol−1;Molgewicht Ga: 69.72 g mol−1; Molgewicht O: 15.999 g mol−1; Dichte GGG: 7.08 g cm−3; ato-mares magnetisches Moment Gd: µa = 7 µB; T = 295K.

2. Messen Sie mit Hilfe des Extraktionsmagnetometers die Suszeptibilitat χ von polykristal-linem Terbium (Tb) im Temperaturbereich 200 K ≤ T ≤ 280K. Bestimmen Sie das effektivemagnetische Moment µeff und die paramagnetische Curie-Temperatur TC von Tb aus einemCurie-Weiss-Plot, d.h. aus einer Auftragung χ−1(T ). Masse der Tb-Probe: 0.0232 g; DichteTb: 8.253 g cm−3; atomare Dichte Tb: 3.13× 1028 m−3.

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3. Messen Sie mit Hilfe des VSM-Magnetometers die Magnetisierung M einer polykristalli-nen Cobalt-Probe als Funktion des angelegten Magnetfeldes H fur die beiden Situationen indenen die Probe mit ihrer Langsachse parallel bzw. senkrecht zu H orientiert ist. Stellen Siedie beiden Kurven µ0 M(µ0 H) graphisch dar. Fuhren Sie eine Entmagnetisierungskorrektur(Scherung) durch, d.h. tragen Sie fur beide Geometrien die Magnetisierung als Funktion desinternen Feldes Hi = H−NdM auf, wobei Nd den von der Probenform abhangigen Entmagne-tisierungsfaktor bezeichnet und M den Wert der Magnetisierung bei dem jeweiligen H-Wertdarstellt. Variieren Sie Nd solange, bis die beiden Magnetisierungskurven moglichst uberein-stimmen (Beachte

∑3i=1 N i

d = 1). Masse der Co-Probe: 0.00946 g; Dichte Co: 8.804 g cm−3.Uberlegen Sie sich, wie sich die Werte der spontanen Magnetisierung, der Remanenz und derKoerzitivfeldstarke unter einer solchen Entmagnetisierungskorrektur verhalten.

4. Messen Sie mit Hilfe des VSM-Magnetometers die Raumtemperaturmagnetisierungskurvenzweier superparamagnetischer NiAg-Proben. Es handelt sich bei beiden Proben um dassel-be Ausgangsmaterial aus nanokristallinem 1% Ni-Ag, das einer Warmebehandlung uber 6Stunden bei 200C bzw. 320C unterzogen wurden. Passen Sie die Daten der beiden Pro-ben durch eine Langevinfunktion an, und bestimmen Sie so das totale magnetische Momentpro Ni-Partikel und schatzen Sie die Gesamtzahl der Ni-Partikel in der Probe ab. SchatzenSie aus dem magnetischen Moment und der Sattigungsmagnetisierung die mittlere Große derNi-Partikel ab. Welche Auswirkung hatte die Warmebehandlung bei unterschiedlichen Tempe-raturen ? Erganzend erhalten Sie weitere Messdaten zu beiden Proben. Bei diesen Messungenwurden die Proben nach Abkuhlen auf 5K schrittweise wieder in Anwesenheit eines auße-ren Feldes bis auf 300 K erwarmt und dabei das magnetische Moment m(T ) gemessen. DasAbkuhlen der Proben vor der eigentlichen Messung erfolgte (i) im Nullfeld [Zero-Field-Cooled-Field-Warming-Messung (ZFC-FW)], bzw. (ii) in Gegenwart eines angelegten Magnetfeldesvon 10mT) [Field-Cooled-Field-Warming-Messung (FC-FW)]. Welchen Einfluss hat die un-terschiedliche Vorbehandlung wahrend des Abkuhlens auf die Magnetisierung der Proben.Bestimmen Sie die sogenannte Blockingtemperatur TB und verknupfen Sie diese Daten mitden Ergebnissen der Raumtemperaturmagnetisierungskurven. Magnetokristalline Anisotro-pieenergie Ni: 5000 J/m3; atomares magnetisches Moment Ni: µa = 0.606µB.

Ausgewahlte Literatur

1. E. Kneller, Ferromagnetismus (Springer, Berlin, 1962).2. J. D. Jackson, Klassische Elektrodynamik, 2. Auflage (de Gruyter, Berlin, 1983).3. K. Kopitzki, Einfuhrung in die Festkorperphysik, 3. Auflage (Teubner, Stuttgart, 1993).4. Ch. Kittel, Einfuhrung in die Festkorperphysik, 12. Auflage (Oldenbourg, Munchen, 1999);Ch. Kittel, Physical Theory of Ferromagnetic Domains, Rev. Mod. Phys. 21, 541 (1949).

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5. H. Ibach und H. Luth, Festkorperphysik, 6. Auflage (Springer, Berlin, 2002).6. W. F. Brown Jr., Magnetostatic Principles in Ferromagnetism (North-Holland PublishingCompany, Amsterdam, 1962).7. B. D. Cullity, Introduction to Magnetic Materials (Addison-Wesley Publishing Company,London, 1972).8. S. Chikazumi, Physics of Ferromagnetism, 2nd edition (Clarendon Press, Oxford, 1997).9. A. Aharoni, Introduction to the Theory of Ferromagnetism, 2nd edition (Oxford UniversityPress, Oxford, 2000).10. S. Blundell, Magnetism in Condensed Matter (Oxford University Press, Oxford, 2001).

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