MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am...

28
MAHLER Symphonie Nr. 6 »Tragische« BYCHKOV, Dirigent Mittwoch 30_09_2015 20 Uhr Donnerstag 01_10_2015 20 Uhr Freitag 02_10_2015 20 Uhr

Transcript of MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am...

Page 1: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

MAHLERSymphonie Nr. 6 »Tragische«

BYCHKOV, Dirigent

Mittwoch30_09_2015 20 UhrDonnerstag01_10_2015 20 UhrFreitag02_10_2015 20 Uhr

Page 2: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

Alle, die München lieben, werden sich für diese Schmuck-Idee begeistern:Der München Stadtring und die dazu passenden Anhänger, gefertigt ausSilber 925/– mit zauberhaft en typi-schen Münchner Motiven in vielenFarben aus hochwertiger Hightech Ceramic.

Von uns für

München!

TRAURINGHAUS · SCHMUCK · JUWELEN · UHREN · MEISTERWERKSTÄTTENJ. B . F R I D R I C H G M B H & CO. KG · S E N D L I N G E R ST R ASS E 1 5 · 8 033 1 M Ü N C H E N

T E L E FO N 0 89 26 0 8 0 3 8 · W W W. F R I D R I C H . D E

Jeder Ring € 129,–Jeder Anhänger € 89,–Ledercollier € 25,–

WEITER HÖREN

Page 3: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

118. Spielzeit seit der Gründung 1893

VALERY GERGIEV, ChefdirigentPAUL MÜLLER, Intendant

GUSTAV MAHLERSymphonie Nr. 6

»Tragische«

1. Allegro energico, ma non troppo: Heftig, aber markig2. Scherzo: Wuchtig3. Andante moderato

4. Finale: Allegro moderato

Endfassung des Notentextes in der Edition von Reinhold Kubik (2010)Abfolge der vier Sätze in der Fassung der Essener Uraufführung (1906)

SEMYON BYCHKOVDirigent

Page 4: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

2

Gustav Mahler im Jahr der Essener Uraufführung seiner 6. Symphonie (1906)

Gustav Mahler: 6. Symphonie

»Symphonie der dunklen Rätsel«

STEPHAN KOHLER

Page 5: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

3

Gustav Mahler: 6. Symphonie

»Symphonie der dunklen Rätsel«

STEPHAN KOHLER

GUSTAV MAHLER(1860–1911)

Symphonie Nr. 6»Tragische«

1. Allegro energico, ma non troppo: Heftig, aber markig

2. Scherzo: Wuchtig3. Andante moderato4. Finale: Allegro moderato

Endfassung des Notentextes in der Edition von Reinhold Kubik (2010)

Abfolge der vier Sätze in der Fassung der Essener Uraufführung (1906)

LEBENSDATEN DES KOMPONISTEN

Geboren am 7. Juli 1860 (nach unbestätigten Vermutungen schon am 1. Juli) als zweites von zwölf Kindern im Dorf Kalischt an der böhmisch-mährischen Grenze (heute: Kaliste in Tschechien); gestorben am 18. Mai 1911 in Wien.

ENTSTEHUNG

Die Arbeit an seiner 6. Symphonie begann Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am selben Ort zwei weitere, darunter das Finale, folgten. Am 9. September 1904 meldete Mahler seinem Freund Arnold Berliner die Vollendung des Kompositionsentwurfs, des-sen Instrumentation und Reinschrift er am 1. Mai 1905 in Wien abschloss.

FASSUNGEN

Die zahlreich überlieferten Fassungen divergieren u. a. in der Reihenfolge der

Page 6: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

4

Mittelsätze und in der Anzahl der berühm-ten Hammerschläge des Finales, die von den ursprünglich geplanten fünf (Manuskript) auf drei (Uraufführung) und zuletzt auf zwei reduziert wurden. Im Manuskript folgt zwar das Scherzo als 3. Satz auf das An-dante, das hier an zweiter Stelle der Satz-folge steht; bei der Uraufführung und den ersten Aufführungen, die sich an sie an-schlossen, drehte Mahler diese Reihenfolge jedoch um: 2. Scherzo – 3. Andante. Nach Drucklegung der zweiten, revidierten Parti-tur kehrte Mahler, wie eine spätere Durata- Liste der Satzfolge und Einträge in Willem Mengelbergs Exemplar der Partitur vermu-ten lassen, zur ersten Anordnung der vier Sätze zurück.

URAUFFÜHRUNG

Am 27. Mai 1906 in Essen im Rahmen des 42. Tonkünstler-Festes des »Allgemeinen Deutschen Musikvereins« (Orchester des Essener Tonkünstler-Festes unter Leitung von Gustav Mahler).

»FÜHLEN, DENKEN, ATMEN, LEIDEN«

Je mehr sich Mahlers Schaffens- und Lebens-kurve ihrem Ende näherte, desto hektischer folgten euphorische Momente der Selbst-verwirklichung und depressive Abschnitte der Fassungslosigkeit aufeinander. Mahler stand beständig unter schöpferischem Überdruck – auch und gerade in den langen Monaten, in denen ihn seine Verpflichtun-gen als Operndirektor kaum zur Besinnung kommen ließen und an die Niederschrift eines neuen Werks nicht zu denken war. Dass darüber hinaus auch keine Zeit mehr blieb, über die in den Sommermonaten meist »in furchtbarer Eile« skizzierten Kompositionen verbal Rechenschaft abzu-legen, hat zur Folge, dass von der 6. Sym-phonie an kaum noch substantielle Äuße-rungen zum eigenen Schaffen vorliegen. Besonders bedauerlich ist der durch die überstürzte Heirat mit Alma Maria Schind-ler bedingte Abbruch von Mahlers innigem Vertrauensverhältnis mit Natalie Bauer- Lechner, die noch bis einschließlich der 5. Symphonie über jede erreichbare Äuße-rung Mahlers akribisch Buch geführt hatte.

Umso wichtiger sind die wenigen, wenn auch meist ephemeren Bemerkungen des Komponisten, die im Falle der »Sechsten« um das Wort »Rätsel« kreisen. 1904 heißt es in einem Brief, die »Sechste« würde »Rätsel aufgeben, an die sich nur eine Ge-neration heranwagen darf, die meine ersten fünf in sich aufgenommen und verdaut hat«. Noch 1906 wiederholt Mahler das Bild vom Enigmatischen der Symphonie, wenn er die »dunklen Rätsel« anspricht, die sie dem Hörer zu lösen aufgebe: »Sie scheint wieder eine harte Nuss zu sein, welche von den schwachen Zähnchen unserer Kritik nicht geknackt werden kann...!« Dabei ist das

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 7: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

5

Emil Orlik: Gustav Mahler im Profil (1903)

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 8: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

6

Äußerliche von Mahlers »Sechster«, ver-gleicht man sie mit ihren zumindest formal komplizierteren Vorgängerinnen, alles an - dere als »rätselhaft«: Sie kehrt zur klas- sischen Viersätzigkeit zurück, bietet klar aufgebaute Rahmensätze, die der Sonaten-hauptsatzform verpflichtet und Binnen-sätze – wie das Scherzo und Andante – , die nicht weniger traditionsverhaftet sind.

Ist also das »Rätselhafte« auf einer ande-ren Ebene zu suchen als auf der vorder-gründig »formalen« ? Es ist kein Zufall, dass Mahler in einer seiner zahlreichen Ab-sagen an die Programmmusik, die gerade zur Entstehungszeit der »Sechsten« – man denke an Strauss’ Tondichtungen »Ein Heldenleben« und »Sinfonia domestica« – Hochkonjunktur hatte, auf seine 6. Sym-phonie zu sprechen kam: »Wenn man musi-zieren will, darf man nicht malen, dichten, beschreiben wollen. Aber was man musi-ziert, ist doch nur der ganze (also fühlende, denkende, atmende, leidende etc.) Mensch. Es wäre ja auch weiter nichts gegen ein >Programm< einzuwenden (wenn es auch nicht gerade die höchste Staffel der Leiter ist) – aber all das kommt mir vor, wie wenn einer, der ein Kind gemacht hat, sich nach-träglich erst den Kopf zerbricht, ob es auch wirklich ein Kind ist, und ob es mit richtigen Intentionen gezeugt etc. – Er hat eben ge-liebt und – gekonnt. Basta ! Und wenn einer nicht liebt und nicht kann, dann kommt eben kein Kind ! Auch basta ! Und wie einer ist und kann – so wird das Kind ! Noch ein-mal basta ! Meine VI. ist fertig. Ich glaube, ich habe gekonnt ! Tausend basta !«

TRAGIK CONTRA IDYLLE

Niemand wird abstreiten wollen, dass auch die fast zeitgleich zu Mahlers »Sechster« entstandene »Sinfonia domestica« eine

»gekonnte« Komposition ist: Strauss hat ähnlich wie Mahler die Nähe zur traditionel-len Viersätzigkeit gesucht, darüber hinaus mit luzider Klangtransparenz und melo-dischem Erfindungsreichtum das Tor zur spielerischen, allerdings manchmal etwas selbstgenügsamen »Heiterkeit« des sog. »Neoklassizismus« aufgestoßen. Nichts davon bei Mahler, der schon früh – wie Bruno Walter überlieferte – nicht nur den Unter-titel »Tragische« für seine Symphonie er-fand, sondern ihn auch bei Aufführungen bewusst mit ins Programm nahm. Dass »Tragik« kein »Programm« in Analogie zur Strauss’schen Programmmusik darstellt, wird umso deutlicher, als es in der »Sinfonia domestica« bekanntlich um détaillierte und minutiös nachgezeichnete Ereignisse im Hause Strauss geht, von der Geburt »Bubis« über den wohlweislich rationierten eheli-chen Beischlaf bis hin zur Streit- und Zank-orgie des Finales, die sich wiederum in Nichts auflöst.

Mahlers »Sechste« ist nun nicht einfach nur die »tragische« Kehrseite dieser nich-tigen Idylle, denn »Tragik« bedeutet ja ganz allgemein, also überindividuell, den unausweichlichen, schicksalhaften Unter - gang des Menschen gegenüber der Allmacht seiner Kontrahenten, als da sind: Natur, Gesellschaft, Mitmensch. Geschildert wer-den in Mahlers »Sechster« also keine kon-kretisierbaren Vorgänge, sondern vielmehr Einsichten in die prinzipielle Tragik mensch-licher Existenz. Sie ist die einzige Sym-phonie Mahlers, die weder titanisch noch sieges bewusst, weder verklärend noch hoffnungsvoll endet. Die ursprünglich kon-zipierten vier Hammerschläge des Finales, die Mahler später auf drei, dann auf zwei reduzierte, sollten nach Paul Bekker »die Andeutung des Eingreifens von etwas Aus-serweltlichem« vermitteln, »von etwas

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 9: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

7

Der Beginn der 6. Symphonie in Mahlers Autograph (1903)

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 10: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

8

Übermächtigem, Schicksalhaftem, etwas, gegen dessen niederschmetternde, überna-türliche Wirkung der Mensch nicht mehr ankämpfen kann«.

Tonsymbole wie die berühmten Tamtam- und Hammerschläge des Finales entfernen Mahlers »Sechste« vom Deskriptivismus der Programmmusik ebenso wie vom aske - tischen Ideal der »absoluten Musik«, der sie dennoch näher steht als der Strauss’ schen, an Carl Spitzweg erinnernden Détail-malerei. Theodor W. Adorno hat diese Grat-wanderung hellsichtig beschrieben: »Die Objektivität seiner Lieder und Symphonien, die ihn so radikal von aller Kunst unter-scheidet, die in der Privatperson häuslich und zufrieden sich einrichtet, ist als Gleich-nis der Unerreichbarkeit des versöhnten Ganzen negativ. Seine Symphonien und Mär-sche sind keine des disziplinierenden We-sens, das triumphal alles Einzelne und alle Einzelnen sich unterjocht, sondern sie sam-meln sie ein in einem Zug der Befreiten, der inmitten von Unfreiheit anders nicht zu tönen vermag denn als Geisterzug...«

ANTIZIPATION KOMMENDER KATASTROPHEN

Als Mahler im Sommer 1903 die Arbeit an seiner »Sechsten« aufnahm, befand sich seine biographische Situation in nichts we-niger eingebettet als in einen »Geister-zug«. Im Gegenteil: Er genoss die familiäre Idylle, die sich ihm an der Seite seiner Frau Alma und seines Töchterchens Maria Anna auftat. »Er spielte viel mit dem Kind, das er herumschleppte, in den Arm nahm, um mit ihm zu tanzen und zu singen. So jung war er damals und unbeschwert...!« Auch der nächste, ebenfalls in Maiernigg am Wörther See verbrachte Sommer 1904, in dem die Kompositionsskizze der »Sechsten«

vollendet wurde, »war schön, konfliktlos, glücklich«. Alma, die am 15. Juli von ihrer zweiten Tochter Anna Justina entbunden wurde, musste es umso befremdlicher fin-den, dass Mahler neben der Fertigstellung des katastrophischen Finalsatzes seiner »Sechsten« die bisher vorliegenden zwei »Kindertotenlieder« um drei weitere ver-mehrte: »Ich konnte es nicht verstehen, dass man den Tod von Kindern besingen kann, wenn man sie eine halbe Stunde vor-her, heiter und gesund, geherzt und ge-küsst hat. Ich habe damals sofort gesagt: >Um Gottes willen, du malst den Teufel an die Wand !<« Alma sollte Recht behalten: Drei Jahre später, am 5. Juli 1907, starb Mahlers Tochter Maria Anna, deren Tod in den »Kindertotenliedern« auf gespensti-sche Weise vorweggenommen scheint.

Den Tod seiner erstgeborenen Tochter in-terpretierte das Ehepaar Mahler später als ersten der Hammerschläge im Finale der 6. Symphonie; im zweiten und dritten wollte man die ebenfalls ins Jahr 1907 fallende Diagnose einer tödlichen Herzkrankheit Mahlers und die heftige Direktionskrise an der Wiener Hofoper erkennen, die schließ-lich zu Mahlers verfrühtem Abgang von seiner geliebten Wirkungsstätte führte. Der biographischen Bezüglichkeiten nannte Alma Mahler noch mehrere: »Nachdem er den 1. Satz entworfen hatte, war Mahler aus dem Walde herunter gekommen und hatte gesagt: >Ich habe versucht, dich in einem Thema festzuhalten – ob es mir ge-lungen ist, weiß ich nicht. Du musst dir’s schon gefallen lassen !< Es ist das große, schwungvolle Thema des 1. Satzes der 6. Symphonie. Im 3. Satz schildert er das arhythmische Spielen der beiden kleinen Kinder, die torkelnd durch den Sand laufen. Schauerlich – diese Kinderstimmen werden immer tragischer, und zum Schluss wim-

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 11: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

9

Mahlers Villa in Maiernigg am Wörther See, die er von 1901 bis 1907 bewohnte

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 12: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

10

mert ein verlöschendes Stimmchen. Im letz-ten Satz beschreibt er sich und seinen Un-tergang, oder, wie er später sagte, den seines Helden: >Der Held, der drei Schick-salsschläge bekommt, von denen ihn der dritte fällt wie einen Baum...<«

Man könnte nun diese Äußerungen für eine der vielen nachträglichen Stilisierungen Alma Mahlers halten. Doch nicht nur Alma, auch Gustav Mahler war nach dem Zeugnis seines Biographen Richard Specht »voll-kommener Determinist«, d. h. er war davon überzeugt, »dass der Schaffende in den Stunden der Inspiration auf eine höhere, vorwegnehmende Stufe seiner Existenz ge-hoben werde, und das Erlebnis, das der Alltag später bringen würde, im Produzieren schon antizipiere«. Auch später noch beton-te Mahler immer wieder, dass er mit seiner »Sechsten« sein Leben quasi »anticipando musiziert« habe, und hielt sie für sein – laut Alma – »allerpersönlichstes Werk und ein prophetisches obendrein«. Nach der Gene-ralprobe zur Uraufführung im Mai 1906 in Essen soll Richard Strauss ohne Anzuklop-fen in Mahlers Künstlergarderobe einge-drungen und ganz entsetzt gewesen sein, Mahler »schluchzend, händeringend, seiner nicht mächtig« vorgefunden zu haben; kein Werk, so Alma, sei ihm beim Dirigieren so nah gegangen: »Die Wahrheit dieses schreck - lichsten letzten Anticipando- Satzes wollte er nicht ahnen lassen...!«

INDIVIDUALISTISCHES ODER KOLLEKTIVES UNTERGANGS-

SYNDROM ?

Gegen die vom Ehepaar Mahler und eines Teils der Mahler-Geschichtsschreibung ver-breitete Losung, die 6. Symphonie sei nichts anderes als die Vorausahnung des persön-lichen, »tragischen« Lebensschicksals des

Komponisten, haben zur rechten Zeit die-jenigen Einspruch erhoben, die Musik nicht primär als Widerspiegelung der jeweiligen biographischen Situation ihres Autors an-sehen wollen. Auch lässt sich vernünftiger-weise kaum annehmen, dass man den drei Jahre später eintretenden Tod einer Tochter kompositorisch vorausahnen kann, erst recht nicht berufliche Krisen oder Herzattacken; eher ist wahrscheinlich, dass Mahler die all-gemeine Untergangsstimmung des nekro-philen K. und K. Imperiums und darüber hinaus großer Teile Europas in Töne gefasst hat. So gesehen ordnet sich der Fatalitäts-sog der 6. Symphonie in eine alle Künste des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahr-hunderts umfassende Tendenz ein, tief sit-zende kollektive Ängste in individualisti-sche »Tragik« umzumünzen. Schon im No - vember 1898 hatte sich Mahler als Wieder-geburt des antiken Coriolan bezeichnet, und nach der Wiener Erstaufführung sei -ner »Sechsten« fühlte er sich von Arthur Schnitzler am besten verstanden, den das »Grauenvolle, gleichsam Entmenschlichte und Entseelte« ihres Finales zutiefst er-schüttert hatte.

Dass Mahler eine – sei es persönlich erlebte, sei es kollektiv empfundene – Umwertung aller Werte zum Movens seiner Musik mach-te, wird heute kaum noch bestritten. Dis-kutiert wird nur der Bewusstseinsgrad seines Procedere, d. h. die Frage, inwieweit Mahler sich selbst darüber im Klaren war, dass er an einem entscheidenden Wende-punkt der Geschichte stand, der natur-gemäß auch die Sprache der Musik revolu-tionierte. Der von Mahler mitvollzogene Wandel des musikalischen Vokabulars der Jahrhundertwende hingegen lässt keinen Zweifel aufkommen, dass er ganz bewusst zur Aufgabe der Tonalität tendierte. Klang und Formarchitektur signalisieren Mahlers

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 13: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

11

Gustav Mahler mit Tochter Maria am Ufer des Wörther Sees (1904)

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 14: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

12

hellsichtiges Krisenbewusstsein beim Ein-tritt in ein Zeitalter der äußersten mora-lischen und physischen Gefährdung, das nach wie vor das unsere ist. »Sein Klang«, so Arnold Schönberg, »entsteht nie durch ornamentale Zutaten, durch Beiwerk, das nur als Schmuck aufgesetzt wird. Wo es ächzt und stöhnt, da ächzen und stöhnen die Themen und Harmonien; wo es aber kracht, da stoßen Baukolosse hart aneinan-der: die Architektur kracht, die architekto-nischen Spannungs- und Druckverhältnisse revoltieren«.

Sogar bei zeitgenössischen Trivialautoren wie beim »Überbrettl«-Kabarettisten Ernst von Wolzogen zittert noch eine Ahnung des-sen nach, was Mahler beim Komponieren bewegte: »Wüste, wilde Gegensätze ! Er-schreckend und bedenklich ! Eine grelle Buntheit der Erscheinungen wie bei den modernen Plakaten. Aber diese Plakate reizen und locken zu einem Genuss des Daseins, der auch dem Ärmsten erreichbar ist, sofern er nur nicht arm an Geist ist. Das Welttheater ist zum Variété geworden, eine D-Vorstellung ohne Pause, gratis für jeden offenen Kopf und für alle sehenden Augen. Und in dieser Variété-Vorstellung des mo - dernen Lebens genießen wir blutige Stier-kämpfe, in denen abgehetzte Gäule auf ih-ren eigenen Eingeweiden herumtrampeln, halsbrecherische Akrobatenstücke, wo die gruselige Erwartung eines Genickbruches den Reiz fliegender schöner Menschen-leiber erhöht, und daneben niedliche Sou - brettenliedchen, bierfröhliche Jodler, Far-ben- und Formenräusche von schönen Frau-engliedern, umraschelt vom Frou-Frou der Spitzen- und Seidenplissées und umwogt von wunderbaren elektrischen Licht effek-ten.«

SPRENGKÖPFE UNTER DEM DECK-MANTEL DER KLASSIZITÄT

Das Katastrophische der 6. Symphonie tritt möglicherweise umso deutlicher hervor, als über weite Teile des Werks eine geradezu »klassische« Ordnung herrscht. Selbst die manisch wiederkehrenden Marschrhythmen lassen sich – wie bei Beethoven – als Sym-bole der Tatkraft und des Elans deuten; ihre Vortragsbezeichnungen sprechen eine be-redte Sprache: »Markig«, »schwungvoll«, »sehr energisch«, »wie wütend dreinfah-rend«, »alles mit roher Kraft«, »feurig«. Sie scheinen dem bei Mahler so häufig vorkom-menden Typus des »Marschlieds« entnom-men, der in »Revelge« (nach einem Text aus »Des Knaben Wunderhorn«) vielleicht am prägnantesten verwirklicht ist. Der Satz-charakter des unaufhaltsamen Fortschrei-tens, des triebhaften, wie von unsichtbarer Hand gesteuerten Marschierens in den Ab-grund, beherrscht in der »Sechsten« die Sätze 1, 2 und 4, in denen der im Kopfsatz der 3. Symphonie vorgebildete »Marsch in Reih’ und Glied« sukzessive derart überhöht und intensiviert wird, dass die beklemmen-de Todesvision zum zuletzt alles nieder-schmetternden, exzessiven Klang ereignis wird. Mit Ausnahme des intermezzohaften 3. Satzes, der wie eine instrumentale Trans-position des vierten der »Kinder totenlieder« wirkt, breitet sich die rhythmische Sub-stanz der wie eingepeitschten Marschmoti-vik über das ganze Werk aus, dringt in alle Fugen zwischen Formbildung und Tonsatz und steuert die kompositorischen Vorgänge wie ein über jede Note wachendes, drohen-des Damokles- Schwert.

Direkt unter der Oberfläche der 4-sätzigen »Klassizität« agieren somit stets konflikt-bereite Kräfte, die zunächst auf Über-schneidung mit den traditionellen Form-

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 15: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

13

Gustav Mahler mit wie so oft gequältem Gesichtsausdruck auf dem Weg in sein Wiener Direktionsbüro (1904)

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 16: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

14

prinzipien, im weiteren Verlauf aber auf deren Auflösung hin angelegt sind. An der sich dramatisch zuspitzenden Auseinan-dersetzung ist außer dem alles niedertram-pelnden Marschrhythmus vor allem eine signifikante Dur-Moll-Akkordfolge beteiligt, die meist zusammen mit dem 6-tönigen punktierten Rhythmusmotiv auftritt, sich aber auch oft verselbstständigt: Ein im Forte dröhnender Bläserklang, der als Dur-Akkord ansetzt, wechselt unvermittelt ins Piano und blendet dabei die große Dur-Terz in die kleine Moll-Terz aus. Der Effekt ist düsterer Defätismus, der bei Rücknahme strahlender Siegesgebärden zugunsten leidgeprüfter Klagegesten auch als philoso-phische »Rückung« von positiver zu nega-tiver Weltsicht verstanden werden kann. Beide Phänomene, der Marschrhythmus und die Dur-Moll-Akkordfolge, bilden eine Art gemeinsames Motto, das die einzelnen Sätze der Symphonie zu einer nicht nur stimmungsmäßigen, sondern auch thema-tischen Substanzgemeinschaft zusammen-schließt. Paul Bekker maß ihm die Bedeutung eines »unabänderlichen Schicksals spruchs« bei, der mit dem zum bloßen umgangs-sprachlichen Klischee verkümmerten Wort »tragisch« nur unzureichend beschrieben sei.

Marschrhythmus und harmonischer Dur-Moll-Schub sind aber nicht die einzigen Ausdruckscharaktere, die Mahlers »Sechs-ter« zu satzübergreifender, semantischer Geschlossenheit verhelfen: Choral-Zitate, Klänge aus »weiter Ferne« oder Relikte hymnischer Musik bilden weitere Bindeglie-der. Der gezielte Einsatz ungewöhnlicher Instrumente hingegen verdeutlicht jeweils spezifische Wirkungsabsichten. So verwen-det Mahler das Tamtam in den Sätzen 1, 2 und 4 als traditionelles Klangsymbol des Entsetzens und des Todes. Kuhglocken, die

im 1., 3. und 4. Satz ertönen, wollte der Komponist keinesfalls als »pastorales« Element verstanden wissen, sondern als Klangzitat »weltferner Einsamkeit«. Be-sonders in den beiden Ecksätzen charakte-risiere das Herdengeläute, so Mahler, »ein ganz aus weitester Ferne erklingendes, verhallendes Erdengeräusch, als ob man auf höchstem Gipfel im Angesicht der Ewig-keit stehe«. Aus solchermaßen akustisch hervorgehobenen »metaphysischen« Ent-grenzungsprozessen holt das seit Camille Saint-Saëns’ Tondichtung »Danse macabre« als Chiffre für tanzende Totengerippe zu-ständige Xylophon den Hörer wieder auf den Boden der Diesseitigkeit zurück. Es erklingt im Kopfsatz und vor allem im Scherzo, wäh-rend alle übrigen aus dem Rahmen fallenden Schlagwerk-Instrumente wie Glocke, Rute, Holzklapper und Hammer dem schon durch seine orchestrale Besetzung ungewöhnli-chen Finale vorbehalten sind.

FINALITÄT DES AUSWEGLOSEN

In diesem Finale kulminieren alle in den ers-ten drei Sätzen unerfüllt gebliebenen Er-wartungen. Die vom Kopfsatz über die Mittelsätze bis zum Beginn des letzten Satzes ansteigende emotionale Kurve lässt die Spannung des Zuhörers, was denn an »Rätselhaftem« noch kommen möge, wo-rauf alles bisher Erklungene zustrebe oder gar hinziele, stufenweise zunehmen und sich bedenklich einer Klimax nähern. Doch die Klimax, die sich mit dem Finale in der Tat einstellt, gleicht weder einem Raus-schmeißer oder Kehraus, noch einer Jubel-orgie oder Apotheose der Konfliktlosigkeit. Im Gegenteil: Die vorher vernommenen katastrophischen Exzesse und Konflikt-ballungen werden nur noch verschärft und negativen Höhepunkten zugeführt. Nichts von den pathetisch-hymnischen Schlüssen,

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 17: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

15

Zeitgenössische Satire auf die ungewöhnlichen Schlaginstrumente der 6. Symphonie (1907)

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 18: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

16

die Mahler für seine 1. bis 3., 5., 7. und 8. Symphonie vorsah; in der »Sechsten« wen-det sich das Finale gegen jede Art »positi-ver« Lösung und nimmt Schritt für Schritt dessen zurück, was die ersten drei Sätze an Erwartungshaltung gegenüber einem erlösenden oder gar verklärenden Schluss aufgebaut hatten. Weder die heitere noch die triumphale Variante eines möglichen Finales kommen zum Zug, der symphoni-schen »Spaßkultur« wird unwiderruflich eine Absage erteilt.

Dass hier eine Grenze erreicht ist, die mit der Grenze des Darstellbaren, mit der Grenze der Kunstfähigkeit von Musik zusammen-fällt, ist auch an der mit über 800 Takten schon quantitativ jedes Maß sprengenden Länge von Mahlers Finale ablesbar. Vergli-chen mit dem Kopfsatz der Symphonie wirkt es wie seine ins Überdimensionale gestei-gerte, aber abgrundtief pessimistische Wiederaufnahme und gleichzeitige Negation. Wieder liefern sich Sonatensatzform und Variationsform ein spannungsreiches Duell, sekundiert von den fast schon leitmotivisch gehandhabten Marschrhythmen und Dur-Moll-Schüben. Wieder vermischt Mahler alles mit allem, feiert ein Fest düsterster Reminiszenzen. Doch eines ist neu: das Finale beginnt wie aus dem Nichts, als sei es die Ausgeburt des Chaos. Chaotische Elemente sind es, die sich nach und nach stabilisieren, um gegen Ende des Satzes,

von Hammerschlag zu Hammerschlag, er-neut zusehends destabilisiert und letzt-endlich zertrümmert zu werden. Das the - matische Material wird in Mahlers Verarbei-tungsmaschinerie förmlich aufgebraucht, ja aufgerieben, um wieder Bestandteil des Chaos zu werden, dem es anfangs ent-sprang. Ein Finale aus dem »Nichts«, ins »Nichts« wieder verschwindend.

Damit stellt sich Mahler schroff gegen die klassische, von Beethoven geprägte »auf-klärerische« Tendenz, derzufolge Mühsal und Leid zuletzt von Heilgewissheit über-wölbt werden, aber auch gegen das Prinzip »Hoffnung«, das die gedemütigte Mensch-heit erwartungsvoll ins Jenseits blicken lässt. Erst mit dem ausladenden Finale ent-hüllt sich seine bis dahin bewusst in der Schwebe gehaltene Absicht: Statt einer wohlfeilen Lösung »per aspera ad astra«, statt Volkstümelei, Triumphgebärde oder Zuflucht zum Gebet hat Mahler ein Mene-tekel von alttestamentarischer Gewalt ge-wählt, die Prophezeiung wo nicht des eigenen Endes, so doch des Endes aller Menschen in Schrecken und Vernichtung. Diese Botschaft der Ausweglosigkeit ver-leiht der »Sechsten« eine singuläre Stel-lung, nicht nur in Mahlers eigenem Schaffen, sondern auch angesichts der Zivilisations-geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, die zu wenig Hoffnung Anlass gibt.

Gustav Mahler: 6. Symphonie

Page 19: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

17

In seiner Heimatstadt St. Petersburg be-suchte Semyon Bychkov das staatliche Musikkonservatorium, wo er in die Dirigier-klasse Ilya Musins aufgenommen wurde; 1975 emigrierte er in die USA. Dort war er von 1980 bis 1985 Musikdirektor des Grand Rapids Symphony Orchestra und von 1985 bis 1989 des Buffalo Philharmonic Orchestra. Anschließend übersiedelte Semyon Bychkov nach Europa, wo er Chefdirigent des renom-mierten Orchestre de Paris wurde, das er bis 1998 leitete; daneben übernahm er die Position eines ersten Gastdirigenten bei den St. Petersburger Philharmonikern

DIRIGENT

(1990–1994) sowie beim Orchester des Maggio Musicale Fiorentino (1993–2000).

1998 wurde Semyon Bychkov Chefdirigent der Sächsischen Staatsoper Dresden, wo er bis 2003 Neuinszenierungen von Wagners »Rheingold« und »Walküre«, Strauss’ »Rosenkavalier« und Schostakowitschs »Lady Macbeth von Mzensk« dirigierte. Zu Bychkovs Repertoire zählen darüber hinaus zahlreiche weitere Opern von Verdi, Wagner, Strauss, Mussorgskij und Schostako-witsch; im Rahmen der Salzburger Fest-spiele dirigierte er 2004 Strauss’ »Rosenkavalier« mit den Wiener Philharmo-nikern.

Zuletzt war Semyon Bychkov Chefdirigent des WDR-Sinfonieorchesters Köln (1997-2010), mit dem er zahlreiche Tourneen durch Nord- und Südamerika, Russland, Japan und Europa unternommen hat. Regel-mäßig leitet Semyon Bychkov die großen Orchester der USA; in Europa gastierte er u. a. bei den Berliner und Wiener Philhar-monikern, beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und beim Orchester der Mailänder Scala.

Semyon Bychkov

Die Künstler

Page 20: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am
Page 21: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

19

Selbstverständnis

Verwechslungausgeschlossen

DIE DNS DER MÜNCHNER PHILHARMONIKER

HEUTE SCHON HUNGRIG

AUF MORGEN

Wir sind offen für Neu-es. Die Lebendigkeit und Frische in der Pflege des symphonischen Repertoi-res ist unser ständiger Anspruch. Denn wer als Orchester wachsen will, muss aufgeschlossen sein gegenüber neuen Formen musikalischer Praxis und Veranstaltungsformaten abseits gelernter Wege. Neues entdecken und die Begeisterung fürs Alte immer wieder zu entfa-chen – das ist unser Auf-trag. Überall in der Stadt. Und das sieht man.

AUS ZUHÖRENWIRD ERLEBEN

Wir wollen, dass jedes Konzert zu einem einzig-artigen Erlebnis wird – für Sie und für uns. Einzigar-tigkeit beinhaltet immer auch Ecken und Kanten. Und die sind menschlich. Erst dadurch, dass jeder Musiker seine eigene Per-sönlichkeit in das Orches-ter einbringt, entstehen Emotionen und letztlich ein Klang, der unver-wechselbar ist. Wir sind stolz auf diesen eigenen Charakter. Und das fühlt man.

BEWAHRUNG DES FEUERS STATT ANBETUNG DER

ASCHE

Wir stehen zu dem, was wir sind; zu unserem Repertoire und zu unse-rem Klang. Manche sagen, er ist einzigartig. Fest steht: er ist in über hun-dert Jahren gereift. Die legendären Uraufführun-gen Gustav Mahlers, eine lange Bruckner-Tradition, große Dirigentenpersön-lichkeiten wie Sergiu Ce libidache – die Begeis-terung für dieses histori-sche Erbe steckt in jedem einzelnen unserer Kon-zerte. Und das hört man.

Page 22: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

20

Jeder einzelne Ton in einem Stück erzeugt Schallwellen

Alle Töne zusammen ergeben ein komplettes Stück (in unserem Beispiel Gustav Mahlers 8. Symphonie)

Alles bleibt neuDIE MÜNCHNER PHILHARMONIKER IM NEUEN GEWAND

Klangbilder

Sicher haben Sie sich auch schon gefragt, was die Form auf dem Cover unseres Pro-grammheftes bedeutet. Die Antwort: Al-les. Was sich zunächst etwas merkwürdig anhört, lässt sich ganz einfach erklären. Auf der Suche nach einem moderneren Er-scheinungsbild stößt man irgendwann im-mer auf einen entscheidenden Punkt: Was unterscheidet uns eindeutig von anderen Orchestern? Was ist das Besondere an den

Münchner Philharmonikern? Die Antwort ist eigentlich ganz simpel: unser Klang. Was also wäre naheliegender als unser Logo einfach selbst zu spielen?

Doch wie wird aus Klang ein Bild? Um das zu erklären, braucht es etwas Physik, einen Computer und eine einfache aber effektive Idee.

Page 23: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

21

Analog zu unseren Grundwerten »Tradition, Emotion & Neugier« teilen wir das Stück in drei Teile

Die stark vereinfachte Form des Stückes ergibt die neue Logo-Form der Münchner Philharmoniker

Klangbilder

Töne sind Schallwellen. Spielt man mit einem Instrument einen Ton, so wird die Luft um das Instrument in Schwingung ver-setzt. Diese wellenförmige Druckänderung gelangt bis an unser Trommelfell, was dann auch wieder in Schwingungen versetzt wird. So können wir den Ton »hören«.

hohem Wiedererkennungswert. Vereinfa-chen wir das ganze ein wenig – allerdings ohne den ursprünglichen Kern zu verlieren.

Teilen wir also unser Gebilde – analog zu Tradition, Emotion, Neugier – in drei Teile. (Abb. 3)

»TRADITION, EMOTION & NEUGIER – AUCH IM LOGO«

Anschließend »füllt« man diese 3 Teile komplett aus und erhält so eine extrem reduzierte Version der ursprünglichen Wellenform – die neue Logo-Form der Münchner Philharmoniker. (Abb. 4)

Will man diese Schwingungen sichtbar ma-chen, geht es nicht ohne Technik: ein Oszil-loskop übersetzt die Schwingungen in ein Bild mit Wellenlinien. Wir nehmen dazu ein-fach einen Computer. Programme ermög-lichen dann eine bildliche Darstellung eines ganzen Musikstücks. (Abb. 1 & 2)

Leider eignet sich diese komplexe und zackige Form nicht wirklich als Logo mit

Page 24: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

22

Gustav MahlerSymphonie Nr. 8

Sergei Prokofiew»Romeo & Julia«

Ludwig van BeethovenSymphonie Nr. 9

Maurice Ravel»La Valse«

Anton BrucknerSymphonie Nr. 4

Gustav MahlerSymphonie Nr. 2

Bleibt eigentlich nur noch eine Frage zu klären: Welches Stück der Münchner Phil-harmoniker eignet sich am besten für das Logo? Was wird gespielt? Auch hier war die Antwort schnell gefunden: ebenfalls alles.

Die Vielfältigkeit im Repertoire des Orches-ters ermöglicht ein variables Logo. Und obwohl sich die Form je nach gespieltem Stück immer neu gestaltet, bleibt das Logo dennoch vor allem eins: einzigartig!

Klangbilder

Page 25: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

23

Impressum

IMPRESSUM

Herausgeber:Direktion der MünchnerPhilharmonikerPaul Müller, IntendantKellerstraße 481667 München

Lektorat: Stephan Kohler

Corporate Design:HEYE GmbHMünchen

Graphik: dm druckmedien gmbhMünchen

Druck: Color Offset GmbHGeretsrieder Str. 1081379 München

TEXTNACHWEISE

Stephan Kohler stellte seinen Text den Münchner Philharmonikern zum Ab-druck in diesem Programm-heft zur Verfügung; er ver- fasste auch die lexikali-schen Werkangaben und Kurzkommentare zu Mah-lers 6. Symphonie. Künst-lerbiographie (Bychkov): Nach Agenturvorlagen. Al-le Rechte bei den Auto-rinnen und Autoren; jeder Nachdruck ist seitens der Urheber genehmigungs- und kostenpflichtig.

BILDNACHWEISE

Sämtliche Abbildungen zu Gustav Mahler und seiner 6. Symphonie: Gilbert Kap-lan (Hrsg.), Das Mahler Album, New York / Wien 1995; Hermann Danuser, Gustav Mahler und seine Zeit, Laaber 1996; Kurt Blaukopf (mit Beiträgen von Zoltán Román), Mahler – Sein Leben, sein Werk und seine Welt in zeitgenössischen Bildern und Texten, Wien 1976; Sammlung Stephan Koh-ler, München. Künstler-photographie (Bychkov): Sheila Rock.

TITELGESTALTUNG

»1904 heißt es in einem Brief von Gustav Mahler, die ›Sechste‹ würde ›Rät-sel aufgeben, an die sich nur eine Generation he-ranwagen darf, die meine ersten fünf in sich auf-genommen und verdaut hat‹. Und genau so rät-selhaft ist auch die bildliche Darstellung des Stückes. Was genau ver-birgt sich hinter der weißen Wand? Vor wel-ches Rätsel stellt der Künstler den Zuschauer? Und wie ist eigentlich sein Name? Es wird wohl alles ein Rätsel bleiben. Tragisch, oder?« (Der Verfasser des Titelmoti-

ves zur 6. Symphonie von Gustav Mahler möchte anonym bleiben.)«

Page 26: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

24

Sonntag11_10_2015 15 UhrMontag 12_10_2015 10 Uhr

»RISTORANTE ALLEGRO«Das philharmonische Musical

LUDWIG WICKIDirigentMARGIT SARHOLZ UND WERNER MEIERBuch, Musik, RealisationRUTH-CLAIRE LEDERLERegisseurinRAINER BARTESCHArrangeur und Co-KomponistCHRISTOF WESSLINGBühnenbildnerSIGRID WENTERKostümbildnerinBJÖRN B. BUGIELChoreograph

HANSI ANZENBERGERJANA NAGYCAROLINE HETÉNYICONSTANZE LINDNERBENJAMIN SCHOBELCHARLOTTE I. THOMPSONANNA VEITALEXANDER WIPPRECHTSchauspielerinnen und Schauspieler

Samstag 17_10_2015 19 Uhr g4 Montag 19_10_2015 20 Uhr f

RICHARD WAGNEROuvertüre zu »Rienzi« »Wesendonck-Lieder« für Sopran und OrchesterPJOTR ILJITSCH TSCHAIKOWSKIJSymphonie Nr. 4 f-Moll op. 36

ANDRIS POGADirigentPETRA LANGSopran

Freitag30_10_2015 20 Uhr cSamstag31_10_2015 19 Uhr dSonntag01_11_2015 11 Uhr mDonnerstag29_10_2015 10 UhrÖffentliche Generalprobe

LUDWIG VAN BEETHOVENOuvertüre zu »Die Geschöpfe des Prometheus« op. 43PJOTR ILJITSCH TSCHAIKOWSKIJKonzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35ANTONÍN DVOŘÁKSymphonie Nr. 8 G-Dur op. 88

MANFRED HONECKDirigentMAXIM VENGEROVVioline

Vorschau

Page 27: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

WEITER HÖREN

3 TAGEMUSIK

FÜR ALLE

DAS ORCHESTER DER STADT

DAS FESTIVAL DER MÜNCHNER PHILHARMONIKER—GASTEIG

Freitag13_11_2015

ERÖFFNUNGSKONZERT VALERY GERGIEV

Samstag14_11_2015

12 STUNDEN MUSIK EINTRITT FREI

Sonntag15_11_2015

PROKOFJEW–MARATHON VALERY GERGIEV

MPHIL.DE

In freundschaftlicherZusammenarbeit mit

Freunde und Förderer

Page 28: MAHLER - Die Münchner Philharmoniker · 2015. 9. 28. · Mahler im Sommer 1903 in Maiernigg am Wörther See (Kärnten); es entstanden zu-nächst zwei Sätze, denen ab Juni 1904 am

DAS ORCHESTER DER STADT

’15’16