Maintenance by Objectives - Zielorientierte IH …...- die Festlegung der Instandhaltungsstrategien...

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Zielorientierte Instandhaltung Maintenance by Objectives (MbO) Aufsatz zum Thema: - Wirtschaftliche, transparente und werterhaltende Fahrweginstandhaltung - Definition, Vereinbarung und Überwachung von Instandhaltungszielen zwischen Besteller und Ersteller - Methoden und Instrumente für erfolgreiche: - Prozessoptimierung - Instandhaltungsplanung und -steuerung - Zustandsbeurteilung und -bewertung - Asset Lifecycle Management

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Zielorientierte Instandhaltung

Maintenance by Objectives (MbO)

Aufsatz zum Thema:

- Wirtschaftliche, transparente und werterhaltende Fahrweginstandhaltung

- Definition, Vereinbarung und Überwachung von Instandhaltungszielen zwischen Besteller und Ersteller

- Methoden und Instrumente für erfolgreiche: - Prozessoptimierung - Instandhaltungsplanung und -steuerung - Zustandsbeurteilung und -bewertung - Asset Lifecycle Management

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Zielorientierte Instandhaltung Fahrweg Schiene (Maintenance by Objectives)1) „Zielorientierte Instandhaltung Fahrweg Schiene“ besteht aus 3 Kapiteln: 1. Instandhaltungsziele formulieren und vereinbaren. (Verkehr + Technik, Heft Mai 2006) 2. Anlagenqualität überwachen. (Verkehr + Technik, Heft Juni 2006) 3. Instandhaltung planen und steuern. (Verkehr + Technik, Heft Juli 2006)

Kapitel 1 Instandhaltungsziele formulieren und vereinbaren 1. Hintergrund und Einleitung Das Maß der Instandhaltung beeinflusst wesentlich die wirtschaftliche Nutzung der Schieneninfrastruktur. Die größte Herausforderung für Infrastrukturbetreiber ist es demnach, die Leistungsfähigkeit der Anlagen trotz kleinstem Budget zu maximieren. Der wachsende wirtschaftliche Druck wird die Zukunft der Instandhaltung des Fahrwegs Schiene immer stärker beeinflussen. Gleichzeitig vergrößert die Trennung von Netz und Betrieb die Distanz zwischen Anlageneigentümer und Instandhalter. Der Anlageneigentümer bzw. Betreiber (Besteller) benötigt strategische Instrumente für eine erfolgreiche Delegation (i.S.v. Beauftragung) von Instandhaltungsverantwortung. Für den Instandhalter (Ersteller) wiederum sind eindeutige und verlässliche Zielvorgaben die Basis für erfolgreiches Arbeiten. Ein modernes Anlagenmanagement verfügt über dieses Potential wenn es gelingt, Ziele zu delegieren und nicht nur Aufgaben. Allgemein ist Sparen angesagt, aber sparen um jeden Preis? Unterlassene Instandhaltung zeigt sicherheitstechnisch zunächst kaum Folgen – eine Häufung von Ausfällen tritt zeitverzögert auf. Aber wie alle über lange Zeiträume genutzte Anlagen verzeiht auch die Gleisanlage Instandhaltungsunterlassungen nicht: Die Lebensdauer der Anlage wird rapide verkürzt – die Lebenszykluskosten (LCC) steigen überproportional. Fehlen Daten über die Zustandsentwicklung, bleibt dieser kausale Zusammenhang verborgen. Verbesserungen beim EDV-Einsatz, der Fahrwegdiagnose und der Inspektionsmethoden eröffnen neue Wege in der Instandhaltung. Der dazu notwendige Aufwand für die Datenerfassung und -verwaltung hat sich durch Datenbanksysteme wesentlich reduziert und ist beherrschbar geworden. So sind in vielen Fällen praktikablere und wirtschaftlichere Lösungen realisierbar [1]. Das Management fordert technisch und ökonomisch fundierte Planungen für eine optimierte Ressourcenallokation. Viele Instandhalter sehen sich deshalb mit steigenden Ansprüchen an die Transparenz und Nachvollziehbarkeit ihrer Instandhaltungsplanung und -steuerung konfrontiert. Der Informationsbedarf steigt – parallel dazu die zur Verfügung stehenden Datenmengen. Entscheidende Vorteile erzielt, wer mit geringem Aufwand aus Daten bedarfsgerechte Informationen für das Instandhaltungsmanagement bereitstellt; bedarfsgerecht im Hinblick auf Umfang und Qualität, also hinsichtlich der unmittelbaren Verwendbarkeit für die Planung und Steuerung der Instandhaltung. Dieser aus 3 Kapiteln bestehende Beitrag soll Anlagenverantwortlichen neue Möglichkeiten zur Realisierung einer optimierten Instandhaltungsstrategie aufzeigen - wobei ein durchgängiges, praktikables Konzept vorgestellt wird: Das 1. Kapitel behandelt schwerpunktmäßig die Grundlagen der Zielformulierung und -vereinbarung. Im 2. Kapitel steht die Zielverfolgung im Vordergrund. Dabei wird die Qualitätsüberwachung im Rahmen zustandsabhängiger Instandhaltung von Gleisen und Gleiskonstruktionen vorgestellt. Das 3. Kapitel widmet sich der Planung und Steuerung der Infrastrukturinstandhaltung.

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Schlüsselparameter der Anlagenstrategie

1. Kapazität

3. Qualität

(Zustand)

2. Substanz

(Nutzungsdauer)

Investition/Desinvestition

(Kapazitätserweiterung/-abbau,

Verkehre, Belastung)

+/- Instandhaltung (operativ)+/- Erneuerung

Eine alte Infrastruktur erfordert mehr Instandhaltung.

Schlechte Qualität fördert den Verschleißfortschritt.

Eine höhere Verkehrsbelastung verursacht mehr Verschleiß.

2. Instandhaltungsmanagement und die Rolle von Eigentümer und Instandhalter (Besteller-Ersteller) Instandhaltungsmanagement definiert sich als Gesamtheit aller Maßnahmen zur Gestaltung, Lenkung und Entwicklung der Instandhaltung [2]. Das Instandhaltungsmanagement ist eingebettet in die übergeordnete Unternehmensstrategie (Anlagenstrategie), die vom Eigentümer bestimmt wird. Dieser muss den Bedarf heute und in Zukunft mit den finanziellen Möglichkeiten abgleichen. Dabei stehen folgende Fragen im Vordergrund:

- Wozu wird die Schieneninfrastruktur heute und in Zukunft benötigt? - Welche Bedeutung hat die Anlage im Reproduktionsprozess heute und in Zukunft? - Soll die Anlage (höchstens) so bleiben wie sie ist, muss sie erweitert werden oder höheren

Belastungen standhalten? - Wer haftet bei Verletzungen gegen Verkehrssicherheitspflichten? - Muss die Verfügbarkeit der Anlage erhöht werden? usw.

Zu den wichtigsten Aufgaben des Instandhaltungsmanagements zählen: - die Ableitung der Instandhaltungsziele aus der Anlagenstrategie, - die Festlegung der Instandhaltungsstrategien und - die Weiterentwicklung der Instandhaltungsorganisation [3].

Durch die Definition der Instandhaltungsziele wird die Anlagenstrategie für den Instandhalter konkretisiert. Der Instandhalter ist gefordert, durch einen optimalen Mix aus verschiedenen Instandhaltungsstrategien - reaktive, präventive oder zustandsorientierte - die gesteckten Instandhaltungsziele zu erreichen.

Bild 1: Die Schlüsselparameter der Anlagenstrategie und deren wichtigste Zusammenhänge bilden das „magische Dreieck“.

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3. Zielfindung Zielorientierte Instandhaltung dient der Klarheit und Sicherstellung zielgerichteter Aktivitäten – im Sinne der Anlagenstrategie des Eigentümers und der rechtlichen Sicherheit des Anlagenverantwortlichen. Die Erfüllung der Zielvereinbarung kennzeichnet die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit des Betreibens der Anlage (im Kontext zur Anlagenstrategie). Die Zielfindung stellt den ersten Schritt der Zielerreichung dar, dem die Zielvereinbarung und die Zielkontrolle folgen. Für die Instandhaltung besteht die Zieldefinition zwingend aus zwei Aspekten, den quantitativen und den qualitativen Zielen:

- Sicherheit (qualitativ) - Zustand und Verfügbarkeit (qualitativ) - Wirtschaftlichkeit (quantitativ)

Die sichere und ordnungsgemäße Betriebsführung ist oberste Verpflichtung von Verkehrsunternehmen, der sich alle Vereinbarungen unterordnen müssen. Das Ziel der Instandhaltung ist es dabei, Fahrzeuge (und Anlagen) - in einem vereinbarten Zustand, - mit einer vereinbarten Verfügbarkeit und - bei geringstmöglichem wirtschaftlichen Aufwand zur Verfügung zu stellen [1]. Nach deutschem Recht ist der Betriebsleiter (BOStrab, EBO, BOA) für die Sicherheit der Anlagen verantwortlich. Ihm obliegt es, adäquate Führungsmittel einzusetzen, mit denen die Anlagensicherheit gewährleistet und nachgewiesen werden kann [. Ein solches Instrument ist die Zustandsdokumentation, die folgenden Kriterien entsprechen sollte: - zuverlässige, reproduzierbare Ergebnisse durch eindeutiges Prozedere, - aussagefähig, übersichtlich und klar verständlich, - Transparenz stiftend, ohne Spezialkenntnisse oder weitere Hilfsmittel interpretierbar, - detaillierte Einzelergebnisse, verdichtetes Gesamtergebnis, - Rückverfolgbarkeit der Zustandsentwicklung der Anlage. Eine aussagefähige und aktuelle Anlagendokumentation dient dem Nachweis der Pflicht zur Wahrung der Sicherheit. In der Praxis steht meist ein quantitatives Instandhaltungsziel deutlich im Vordergrund – das Budgetziel. Sofern neben Sicherheitszielen qualitative Ziele überhaupt formuliert werden, betreffen diese in der Regel die Verfügbarkeit. Die Anlagenverfügbarkeit wird dabei als Quotient der verfügbaren Zeit zur Basiszeit ermittelt und erfasst. Ohne eine differenzierte Bewertung der betrieblichen Bedeutung hat die Kennziffer Anlagenverfügbarkeit jedoch nur einen eingeschränkten Informationswert. So würde beispielsweise der ganzjährige Ausfall von 4 strategischen Weichen (von 200) zwar eine rechnerische Verfügbarkeit aller Weichen von 98 % ergeben – der Betrieb der Gleisanlage wäre jedoch ganzjährig zum Erliegen gekommen. Auch Verspätungsminuten, als absoluter Wert oder als in Relation zur Verkehrsleistung gesetzte Kennzahl, lassen nur eingeschränkt auf Verursacher oder Ursache schließen. Mit Kennzahlen dieser Art kann die Verfügbarkeit abgegrenzter Systemelemente beschrieben werden - die Verfügbarkeit komplexer Infrastrukturen lässt sich damit jedoch nicht abbilden. Der qualitative Zielaspekt erfordert deshalb andere Bewertungsmaßstäbe. Als praktikabler Qualitätsmaßstab bietet sich der technische Abnutzungsvorrat, nach DIN 31 051 als „Vorrat der möglichen Funktionserfüllungen unter festgelegten Bedingungen, der einer Betrachtungseinheit aufgrund Herstellung, Instandsetzung oder Verbesserung innewohnt" [2] an.

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Bild 2 zeigt den typischen Entwicklungsverlauf des Abnutzungsvorrats – ohne Intervention - mit dem Maßstab Kennziffer Abnutzungsvorrat (KAV)

Zur Messung des Abnutzungsvorrats von Gleisen und Weichen wurde eine empirische Methode entwickelt, die sog. Kennziffer Abnutzungsvorrat (KAV) 2). Diese bewertet den aktuellen qualitativen Zustand einzelner Anlagenobjekte im Hinblick auf ihren restlichen Funktionsvorrat bzw. Substanzwert in einer Kennziffer. Über die Längenproportion lassen sich die Einzelergebnisse bis hin zu einer Kennziffer für die Gesamtheit aller Gleisanlagen verdichten [4]. Kurz und prägnant – in einer einzigen Zahl. 4. Zielvereinbarung Zielvereinbarungen sind verbindliche Absprachen zwischen zwei Ebenen für einen festgelegten Zeitraum über die zu erbringenden Leistungen, deren Qualität und Menge, das hierzu erforderliche Budget bzw. die zur Verfügung stehenden Ressourcen sowie über Art und Inhalt des Informationsaustausches [5]. Führen mit Zielen ist die effektivste Methode zur Steuerung und Unterstützung der im Instandhaltungsprozess Beteiligten. Ziele unterscheiden sich von Maßnahmen durch drei Eigenschaften. Sie müssen konkret messbar, erreichbar und überprüfbar sein. Die Zielvereinbarung für die Instandhaltung, abgeleitet aus der Anlagenstrategie des Eigentümers, ist ein wichtiger Maßstab für die Bewertung der Instandhaltungsleistung. Vereinbarter Zustand und Verfügbarkeit bedeuten, dass Qualität und Zuverlässigkeit der Anlagen zwischen Nutzer und Instandhalter abgestimmt und festgelegt werden – wobei die Zielvereinbarungen immer oberhalb der Sicherheitsgrenze liegen müssen. Diese Zieldefinition kann in Form eines funktionalen Lastenheftes oder individueller Instandhaltungsrichtlinien, die für Rad und Schiene gelten sollten, erfolgen. Die Vereinbarungen betreffen in der Regel die Grenzen der Verkehrs- und

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Betriebssicherheit, die Qualitätsgrenzen von Rad und Schiene und deren Bewertungsgrundsätze sowie Termine bzw. Fristen zur Reinigung, Pflege, Wartung und Mängelbeseitigung. Die Zielvereinbarungen bestimmen insofern auch den Aufwand der Instandhaltung und begründen die Wahl der Instandhaltungsstrategie. Die Instandhaltungsstrategie (reaktiv, präventiv oder zustandsorientiert), also die Methode der Zielerreichung, wird vom Instandhalter festgelegt. Der Strategiemix ist Teil des dispositiven Freiraums des Instandhalters. Fristen und Umfänge der Inspektions-, Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten sollten möglichst dynamisch gehandhabt und regelmäßig auf Änderungsbedarf hin überprüft werden, damit eine optimale Nutzung der Abnutzungsvorräte ermöglicht wird. Bild 3 zeigt ein Auswahlschema zur Bestimmung der richtigen Instandhaltungsstrategie an einem Fahrzeugbeispiel. Dieses lässt sich auch für Anlagen der Infrastruktur verwenden.

Bild 3: Auswahlkriterien zur Art der Instandhaltung (Quelle: VDV Schrift 170)

Insbesondere im ÖPNV wird sich jede Instandhaltungsstrategie für den Fahrweg Schiene aber auch daran messen lassen müssen, inwieweit sie zu einer Optimierung des Gesamtsystems beiträgt. Von daher sollte eine gemeinsame, aufeinander abgestimmte Instandhaltungsstrategie für Rad & Schiene höchste Priorität genießen. Dazu zählen insbesondere Vorgaben zur Rad/Schiene Paarung, z.B. Nominalmaße, Betriebstoleranzen, Materialpaarung, Profilgebung etc. [6] Dies kann bei Güterverkehrsanlagen nur in geringfügigem Umfang verlangt werden bzw. gelingen, da hier im wesentlichen Fremdfahrzeuge fahren, die lediglich den Sicherheitsanforderungen genügen müssen. Darüber hinaus ist die Festlegung einer einheitlichen Begriffswelt sinnvoll – insbesondere um eine eindeutige und verständliche Sprachregelung für alle beteiligten Fachbereiche und -disziplinen zu schaffen.

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5. Klassifizierung und Standardisierung Die eindeutige Klärung der Begrifflichkeit gehört an den Anfang eines jeden Veränderungsprozesses. Die Standardisierung von Informationen in Form kodierter Zustandsbeschreibung (Mangelcode) und der Therapie (Instandsetzungscode) ist für das Verständnis untereinander sehr hilfreich - bei der Verwendung von Datenbanksystemen sogar unumgänglich. Als Kernelemente der Zielvereinbarung sind Regeln zur Beschreibung, Klassifizierung und Behandlung festgestellter Mängel und deren Beseitigung (Störung und Reaktion [SR]) von großem Vorteil für alle Beteiligten. Sie bedeuten verbesserte Entscheidungs- und Handlungssicherheit, eine Vereinheitlichung des Sprachgebrauchs und haben darüber hinaus eine sicherheitswahrende Bedeutung. In der Praxis empfiehlt sich die Wahl einer mehrstufigen Klassifizierungsstrategie: - Anlagenklassen: Priorisierung von Anlagenobjekten nach Belastung und Bedeutung,

- Fehlerklassen: Priorisierung von quantitativen (Messergebnisse) und qualitativen Mängeln (definierte Verschleißzustände) nach Sicherheitsrelevanz und Einfluss auf den Verschleißfortschritt.

5.1 Anlagenklassen Die Klassifizierung der Infrastruktur nach ihrer Bedeutung für den Bahnbetrieb erleichtert eine Fokussierung auf das Wesentliche. Wichtige und stark genutzte Anlagenobjekte sind intensiver und gründlicher instand zu halten als weniger wichtige und genutzte. Weitere Kriterien sind Ausfallkosten im Störfall oder beim Totalausfall von Anlagen. Können diese Anlagen ersatzweise umfahren werden – gibt es alternative Fahrbeziehungen, die in einem solchen Fall genutzt werden können? Die ABC-Analyse hat sich als praktikable Methode zur Identifizierung von Anlagenklassen bewährt. Sie stellt die praktische Anwendung der Pareto-Verteilung 3) im Rahmen betriebswirtschaftlicher Analysen dar. Demnach unterliegen Anlagen der Klasse A einer hohen Belastung und Bedeutung – Anlagen der Klasse C der geringsten. Die Anlagenklasse dient als Indikator für die durchschnittliche wirtschaftliche Nutzungsdauer von Anlagenobjekten und kann zur Einschätzung des theoretischen Ersatzzeitpunkts im Rahmen der Langfristplanung verwendet werden. Anlagenklassifizierung ermöglicht: - Das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen, - Rationalisierungsschwerpunkte zu setzen, - Unwirtschaftliche Anstrengungen zu vermeiden, und somit in der Summe, sowohl die Sicherheit als auch die Wirtschaftlichkeit der Instandhaltung zu steigern. 5.2 Fehlerklassen - quantitativ Inspektionen sollen Informationen für die Planung und Steuerung der Instandsetzung bereitstellen. Abweichungen vom technischen Sollzustand werden als Mängel festgestellt. Mangel meint dabei immer die negative Abweichung von einem vereinbarten Soll, während Schaden eine negative Veränderung aufgrund eines Mangels ist. Zur Einschätzung ihrer Wirkung auf die sichere Funktion der Anlage und somit zur Priorisierung ihrer Beseitigung hat sich die Einteilung in 4 Fehlerklassen in der Praxis bestens bewährt. Damit die Ergebnisse von Messungen (quantitative Prüfungen) interpretierbar werden, sind verlässliche und plausible Kriterien in Form von Betriebstoleranzen erforderlich. Mehrstufige Toleranzen, z.B. SR0, SR100, SRlim, SRG 4) erlauben differenzierte „Befund-Maßnahme-Frist“ Vorgaben - gegenüber dem K.O.-Kriterium der einstufigen Toleranz. Bei Verletzung einer Toleranzgrenze soll innerhalb einer zwischen Nutzer und Instandhalter vereinbarten Reaktionszeit gehandelt werden [7]. Die Ermittlung und Verifizierung dieser Kriterien erfolgt im ÖPNV-Bereich z.B. in Form spurführungstechnischer Untersuchungen unter Einbeziehung aller relevanten Fahrzeug- und Fahrwegparameter. Die Ganzheitlichkeit kann beispielsweise durch gemeinsame Maßhandbücher für die Instandhaltung von Fahrzeug & Fahrweg sichergestellt werden.

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Bild 4: Schematischer Verlauf der Verschleißentwicklung mit abgestuften Toleranzen (SR) zur Bewertung von Messergebnissen.

Die Toleranzgrenzen in Bild 4 berücksichtigen den typischen Verlauf eines Anlagenlebens. Nach der Inbetriebsetzung (1) findet in der Einfahrphase ein erster Verschleiß und die erste Kaltverfestigung statt. Der Abnutzungsvorrat des Anlagenobjekts nimmt im weiteren Verlauf - im grünen Bereich – zunächst nur wenig ab. Das System befindet sich in einem stabilen Zustand, der meist nur kleinere Maßnahmen erfordert. Ab dem Wendepunkt der Kurve (2) steigt der Verschleiß progressiv an. Korrektive Maßnahmen werden erforderlich. Die Toleranzgrenze SR100 wird auch als wirtschaftliche Toleranz bezeichnet, weil ausschließlich wirtschaftliche Aspekte und der Substanzerhalt im Vordergrund stehen. Bis zur Erreichung der Toleranzgrenze SRlim (3) ist die Verfügbarkeit (Funktion) noch nicht eingeschränkt. Ab SRlim setzt sich die Verschleißentwicklung exponentiell fort – was eine Reduzierung der dynamischen Belastung sowie erhöhte Aufmerksamkeit erfordert. Dies wird in der Regel durch eine Reduzierung der Geschwindigkeit (0,7 x Vmax) und kürzere Inspektionsfristen sichergestellt. Mit Erreichen der Toleranzschwelle SRG (4) ist die Sicherheit der Anlage beeinträchtig – die Sicherheitsstrecke zu einem möglichen Funktionsausfall ist zwar noch vorhanden – aber nicht definierbar. Spätestens mit Erreichen der Toleranz SRG ist die Anlage sofort instand zu setzen oder außer Betrieb zu nehmen. 5.3 Fehlerklassen qualitativ Zur Interpretation und Bewertung der Sichtprüfungsergebnisse im Hinblick auf ihren Einfluss auf die Sicherheit, hat sich ebenfalls die Verwendung von 4 Fehlerklassen – analog zum SR-Schema –bewährt. Auch die qualitativen Fehlerklassen lassen sich mit vereinbarten Maßnahmen und Reaktionszeiten unterlegen. Die Einstufung der Fehler in definierte Fehlerklassen erfolgt in der Regel empirisch. Die Klassifizierung kann aber auch analytisch, z.B. durch eine Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA), unterstützt werden. Auf der Basis eines Mangelkatalogs (Fehlerklassenkatalog) werden dazu die in Frage kommenden Mängel gelistet, mit Bedingungen verfeinert und nach ihrer Sicherheitsrelevanz bewertet. Die Einteilung nach Fehlerarten erleichtert weitere statistische Auswertungen. Detaillierte Mangelbeschreibungen und Fotos verdeutlichen Fehlerklassengrenzen und erleichtern die eindeutige Klassierung.

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Fehlerklassifizierung ermöglicht: - Konzentration auf das Wesentliche, - Standardisierung und Objektivierung der Prüfungen, - Eindeutige Zielvereinbarung zur Anlagenqualität, - Klare Vereinbarung der Abhängigkeit Befund-Maßnahmen-Fristen, - Eindeutige Detektion und Beschreibung von Mängeln, - Wirkungsvolle Zielkontrolle, - Statistische Bewertung.

Bild 5: Fehlerklassen – Maßstab für die Sicherheitsrelevanz festgestellter Mängel

Die so entstandene Fehlerklassenliste wird mit Standard-Instandsetzungsmaßnahmen untersetzt, d.h. jedem Mangelcode werden ein oder mehrere geeignete Instandsetzungsverfahren und -wege in kodierter Form zugeordnet, die Instandsetzungscodes. Die Systematik der Sichtprüfung am Beispiel einer Weichenprüfung:

- Prüfpunkt (Anlage Weichenzungenspitze an der Backenschiene) - Lage (linke Zunge) - Mangelcode (klafft) - Bedingung (5-6 mm) - Quantität (1 Stck) - Fehlerklasse (FK 1) - Instandsetzungscode (Zunge durch Verschlussbearbeitung zur Anlage bringen) - Betriebsgefahr (ja)

Durch Erweiterung der Fehlerklassenliste um das Abnutzungsäquivalent (AÄ), das die Auswirkungen der jeweiligen Mängel auf den Abnutzungsvorrat der Anlage widerspiegelt, wird die Basis für die Ermittlung des Rest-Abnutzungsvorrats (Kennziffer Abnutzungsvorrat KAV) geschaffen.

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6. Zusammenfassung von Kapitel 1 Neben der sicheren und ordnungsgemäßen Betriebsführung sind Vereinbarungen zur Anlagenqualität und zur Wirtschaftlichkeit die Ziele der Infrastrukturinstandhaltung. Instandhaltungsziele transportieren die Anlagenstrategie des Eigentümers in das operative Instandhaltungsmanagement. Wirtschaftliche Instandhaltung setzt neben Kostenzielen Qualitätsvereinbarungen zum Anlagenzustand und deren regelmäßige Verifizierung voraus. Sie wird dadurch zum zielorientierten Anlagenmanagement. Zielfindung, Zielvereinbarung und Zielkontrolle erfordern Messbarkeit, Erreichbarkeit und Überprüfbarkeit der Ziele und somit eine neue Qualität der Zustandsbewertung und Dokumentation. Die Klassifizierung von Anlagen und eine standardisierte Fehlerdiagnose erleichtern Instandsetzungsentscheidungen und machen sie nachvollziehbar und transparent. Sie bedeuten zusätzliche Sicherheit bei der Planung und Steuerung der Instandhaltung. Standardisierte Vorgaben und eine neue Bewertungsmethode sorgen für die notwendige Transparenz und Nachvollziehbarkeit: Mit Hilfe der Kennziffer Abnutzungsvorrat (KAV) - als übergreifendes Qualitätsmerkmal - kann der Erfolg der Instandhaltung und die qualitative Entwicklung des Anlagenzustands reproduzierbar gemessen und plausibel dargestellt werden. Sowohl für jedes einzelne Anlagenobjekt als auch für die Gesamtanlage. Im Mehrperiodenvergleich lassen sich aus der Kennziffer Abnutzungsvorrat wertvolle Erkenntnisse hinsichtlich Höhe und Verwendung der eingesetzten Mittel und der Anlagenentwicklung gewinnen.

Bild 6: Kennziffer Abnutzungsvorrat als Steuerungs- und Kontrollinstrument der Infrastrukturinstandhaltung

Nach Anlagen- und Fehlerklassen differenzierte Qualitätsgrenzen ermöglichen darüber hinaus eine ganz gezielte zustands- und belastungsabhängige Instandhaltung. Der Optimierung des Gesamtsystems muss sich die Optimierung von Subsystemen unterordnen – deshalb ist die Einbeziehung der Fahrzeugseite in die Findung, Vereinbarung und Kontrolle von Instandhaltungszielen unumgänglich.

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Kapitel 2 Anlagenqualität überwachen. Die Infrastrukturinstandhaltung verfolgt das Ziel, eine zwischen Anlageneigentümer und Instandhalter vereinbarte Anlagenqualität und -verfügbarkeit mit geringsten Kosten zu realisieren – also eine Instandhaltung mit konkreten Zielvorgaben. Nach der in Kapitel 1 beschriebenen Zieldefinition und -vereinbarung ist die Zielkontrolle ein unverzichtbarer Bestandteil. Da Ziele messbar, erreichbar und überprüfbar sein müssen, muss die Qualität der Erfassung, Beurteilung, Bewertung und Dokumentation des Anlagenzustands daran angepasst werden. 1. Zielkontrolle Zur Vereinbarung von Anlagenqualität gehört neben der eigentlichen Zieldefinition der regelmäßige Abgleich zwischen Soll- und Ist-Zustand. Dazu sind periodische Zustandserfassungen und Beurteilungen der Ergebnisse notwendig. Für den Fahrweg Schiene werden zur Wahrung der gesetzlichen Nachweispflicht regelmäßig quantitative (messen) und qualitative (visuelle) Prüfungen durchgeführt. Dabei wird der aktuelle Betriebszustand festgestellt und dokumentiert. Neben der einfachsten Variante, dem reinen Sicherheits-Check, bietet eine quantitative und qualitative Inspektion die Möglichkeit, Verschleißzustände zu dokumentieren und entsprechende Maßnahmen rechtzeitig einzuleiten. Damit besteht die Chance, sich anbahnende Schäden aufgrund von Warnsignalen frühzeitig zu erkennen und noch vor ihrem Anwachsen kostengünstig zu beseitigen. Die Inspektion dient somit zur systematischen Ermittlung des Instandsetzungsbedarfs und ist Auslöser - quasi Dreh- und Angelpunkt - der zustandsabhängigen Instandhaltung. Für eine klar verständliche Bewertung und Dokumentation von Inspektionsergebnissen empfiehlt sich die Verwendung von Fehlerklassen zur Priorisierung festgestellter Abweichungen vom Sollzustand (siehe Kapitel 1). Mit dieser Standardisierung lassen sich zudem die subjektiven Einflüsse so weit reduzieren, dass man von einer reproduzierbaren Zustandsbeschreibung ausgehen kann. Zur Steuerung der Instandhaltung benötigt der Instandhalter in der Regel nicht immer eine umfassende Beschreibung des Ist-Zustandes der einzelnen Anlagen, sondern in notwendigem Umfang und mit hinreichender Genauigkeit, quasi eine zielorientierte Auswahl von Zustandsdaten. Diese Auswahl entsteht durch Inspektionen und Schwachstellenanalysen (i.S.v. Erkennung), eventuell unterstützt durch eine Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA). Mit Hilfe der FMEA Methode können mögliche Probleme, deren Risiken und Folgen vor ihrer Entstehung systematisch und vollständig erfasst werden [1]. Für Punktobjekte, wie Weichen und Kreuzungen, empfiehlt sich generell eine Positivprüfung (vollständige Abarbeitung einer Checkliste), da die Funktion wichtiger Komponenten überprüft werden muss und Weichen eine im Vergleich zum Gleis höhere Fehlermöglichkeit pro Leistungslänge aufweisen. Für Linienobjekte wie Gleise hat sich die Beschränkung auf die Erfassung von Mängeln als Abweichungen vom Sollzustand bewährt. 2. Eigen- oder Fremdleistung Die Inspektion ist die zentrale Informationsquelle jeder zustandsabhängigen Instandhaltung. Nicht erfasste Mängel finden im weiteren Planungs- und Steuerungsprozess keine Berücksichtigung. Sind diese sicherheitsrelevant, drohen Störungen und ausfallbedingte Sicherheitsrisiken - auf jeden Fall eine Verringerung der wirtschaftlichen Lebensdauer von Anlagenobjekten. Von daher bestehen besondere Anforderungen an eine sorgfältige Ausführung von Inspektionsleistungen. Die Frage, wer die Zustandserfassung und -beurteilung durchführt, berührt sowohl die Qualität als auch Haftungsfragen.

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Haftungsfragen stellen sich bei jeder Form von Delegation – egal, ob die Instandhaltung unternehmensintern oder von Dritten geleistet wird. Zur Vermeidung von Organisationsverschulden ist auf die Einhaltung der Sorgfaltspflichten hinzuweisen: Normgerechte Auswahl, Unterweisung und Überwachung (normgerecht im Sinne technischer Regelwerke). Bei der Vergabe an einen Unternehmer muss sich im Gegensatz zur Selbstdurchführung, der Vergebende klar darüber sein, dass er auf die Auswahl der durchführenden Personen und die Auswahl der angewandten Technik im Rahmen der VOB Einfluss hat. Er kann und sollte die technische Ausrüstung des Unternehmens, die Datenbehandlung und die Ausbildung der Personen, die Prüfungen ausführen, vorschreiben. Die Grenzen zur groben Fahrlässigkeit tastet ein Sicherheitsverantwortlicher an, der ein Prüfunternehmen auswählt oder billigend in Kauf nimmt, dessen Messmethoden (Geräte, Datenverarbeitung etc.) oder Personal für die Aufgabe ungeeignet ist, so dass sicherheitsrelevante Fehler in Größenordnungen nicht festgestellt werden [8]. Dieser Umstand besteht gleichermaßen, wenn bei Inspektion in Eigenleistung Verfahren oder Gerätetechnik z.B. aus Kostengründen angewendet werden, die nicht dem Stand der Technik entsprechen oder für die Aufgabe ungeeignet sind. [9] Die für eine korrekte und vollständige Zustandserfassung, -beurteilung und -bewertung erforderlichen Mindestqualifikationen sollten genauso, wie die Qualitätskriterien für die Messtechnik und die Verarbeitung der Messdaten, schriftlich fixiert und die ordnungsgemäße Einhaltung regelmäßig verifiziert werden: Auswahl: - Qualifikation des eingesetzten Personals (Ausbildung, Sachkunde, Erfahrung, regelmäßige Auffrischung des Wissens), - Zulassung und Einsatzbereich der verwendeten Messtechnik (funktionierende Kalibrierung und Messgeräteüberwachung), - Datenbehandlung hinsichtlich Sicherheit, Reproduzierbarkeit und Manipulierbarkeit primärer Messdaten, - Zuverlässigkeit der Dokumentation und der Datenverarbeitung. Unterweisung: - Unfallverhütung, Einweisung in die örtlichen Gegebenheiten. Überwachung: - Anwendung der Qualitätskriterien während der Prüfung, - Plausibilität von Prüfungsergebnissen (Stichproben), - Vollständigkeit der Daten und Vermeidung von Datenredundanz. 3. Zustandsbeurteilung - Diagnose Die Zustandserfassung von Lage, Geometrie und Schienenprofil von Gleisen ist kontinuierlich und präzise möglich. Für Weichen existieren sogar stationäre und automatisierte Überwachungseinrichtungen. Die Zustandserfassung erfolgt aber weiterhin und maßgeblich durch menschliche Beobachtung bei regelmäßigen Begehungen und Befahrungen [10]. Messgrößen sind wichtig zum geometrischen Nachweis der Anlagensicherheit, zur Erkennung möglicher Problemstellen und zur Bestätigung augenscheinlich festgestellter Mängel. Aus den reinen Messergebnissen lässt sich aber weder eine kurzfristige noch eine langfristige Instandhaltungsplanung ableiten. Zur richtigen Beurteilung und Bewertung des Oberbaus werden deshalb wirkungsvolle Diagnoseinstrumente benötigt. Neben der Interpretation der Prüfbefunde durch den Fachmann ist deren Verdichtung und Verifizierung unerlässlich – ansonsten vernebeln Unmengen an Daten den Blick und führen zu falschen Schlüssen. Wie lassen sich die Datenmassen bändigen und daraus brauchbare Informationen ableiten, die sich zur Planung, Budgetierung, Steuerung und Disposition der Instandhaltung und vor allem als belastbarer Sicherheitsnachweis nutzen lassen? Belastbar im Sinne von quantitativer (geometrische) und qualitativer (funktionale) Sicherheit. Funktionale Sicherheit ist gem. DIN EN 61508 (VDE 0803) die Sicherheit vor Gefährdung, die aus der (fehlerhaften) Funktion einer Einrichtung resultiert.

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Für die Bewertung von Messergebnissen, die Sicherheitsbeurteilung und die Ableitung von Instandsetzungsbedarf ist eine direkte Sichtprüfung und die Kompetenz erfahrener Fachleute erforderlich. Die augenscheinliche Beurteilung des materiellen und geometrischen Zustands erfordert neben Diagnosekompetenz vor allem Erfahrungswissen - das geschulte Auge. Genau wie beim Fiebermessen: Die Messung an sich gibt noch keinen Hinweis auf die Art der Krankheit – erst die fachmännische Diagnose des Arztes bringt Klarheit und ermöglicht eine ursachengerechte und wirkungsvolle Therapie. Der wesentliche Nachteil der menschlichen Zustandsbeurteilung ist die fehlende Objektivität. Der subjektive Eindruck hat eine miserable Wiederholgenauigkeit und ist mehr oder weniger stark von persönlicher Erfahrung, Tagesform, Stimmungslage, Wetter usw. abhängig. In der Praxis wird die Sichtprüfung in der Hauptsache mit vorbereiteten Checklisten in Papierform durchgeführt und anschließend von Hand in Tabellenkalkulationsprogramme, wie Microsoft Excel® 7), eingegeben. Abgesehen von der literarischen Freiheit birgt jeder Medienwechsel zusätzlichen Aufwand für die Datenerfassung und die Gefahr von Übertragungsfehlern und Mehrfacheingaben in sich. Unter Anwendung der in Kapitel 1 beschriebenen Klassifizierungsmethode für Mängel wird aus der Einschätzung des Fachmanns eine objektive Zustandsbeurteilung. Die Regeln entstammen dem Fehlerklassenkatalog, der die Zielvereinbarungen der beteiligten Fachabteilungen widerspiegelt. Dazu müssen die Fehlerklasseninformationen während des Erfassungsprozesses zur Verfügung stehen.

Bild 7: Zur strukturierten Erfassung von Stammdaten und Zustandsdaten mit MR.pro® sind robuste Mini-Notebooks geeignet.

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4. Stand der Messtechnik für Weichen Das digitale Zeitalter der Weichenmessung begann vor 15 Jahren mit der Einführung des 1. MessReg Systems 5). Bis dahin dominierte die Weichenkarteikarte – ein DIN A 4 großer, bedruckter Karton, die Anlagendokumentation der Betreiber. Die elektronische Erfassung und Speicherung der Weichenquermaße, das sind in der Hauptsache Spur-, Rillen- und Leitweiten, gehören seitdem zum Stand der Technik. Sie sollen vor allem Datensicherheit gewährleisten (keine Zahlendreher, Übertragungsfehler usw.) und neben der Auswertung einen besseren Mehrperiodenvergleich ermöglichen. Die Wiederholgenauigkeit der digitalen Messung ist mit + - 0,5 mm relativ hoch. Neben elektronischen Messgeräten (Hardware), bei denen die Ergebnisse von Messsensoren ermittelt und online gespeichert werden, kamen auch reine Softwarelösungen auf den Markt, die allerdings manuelle Eingaben von zuvor analog ermittelten und abgelesenen Messergebnissen in Tabellen erfordern. Die Betriebssoftware dieser Systeme hat entscheidende Nachteile, sie konzentriert sich nahezu ausschließlich auf die messtechnische Erfassung (quantitativ) und die Verwaltung der Messdaten. Insbesondere die visuelle Prüfung und Einschätzung werden allenfalls nebensächlich behandelt und gestalten sich entsprechend umständlich und zeitaufwändig. Daher ist die Ergänzung durch datenbankgestützte auf den Einsatzfall spezialisierte Erfassungs- und Diagnosesysteme sinnvoll. Neben der rechnergestützten Erfassung und Speicherung der Messergebnisse ist eine zielgerichtete Analyse der Daten und deren zuverlässige Dokumentation zwingend notwendig. Die Weichenmessung wird darüber hinaus durch die Fülle unterschiedlicher Bauformen erschwert, die bei der Zuordnung der Prüfgrundlagen (Sollmaße und Toleranzen) häufig zu gravierenden Fehlern führt. Für die gängige Weichengeometrie EW S 49-190-1:9 existieren beispielsweise mehr als 20 verschiedene Bauformen und damit ebenso viele Basis-Prüfkarten mit unterschiedlichen Sollmaß- und Toleranzvorgaben. Die Chancen, ohne den Original-Lageplan der Weiche die richtige Prüfkarte zuzuordnen, stehen demnach höchstens 1:20. Im Ergebnis führen falsche Prüfvorgaben zu einer falschen Zustandseinschätzung von Weichen und Kreuzungen und in der Praxis zu sinnlosen, meist teuren Instandsetzungen und in der Folge zu deutlich negativ verändertem Verschleißverhalten der geometrisch „umgestalteten“ Anlagen. Die Verifizierung von Prüfunterlagen sollte deshalb qualifizierten Weichentechnikern, Fachpersonal aus Weichenkonstruktion oder -produktion, vorbehalten sein. In diesem Zusammenhang zeigen sich die Vorteile einer Anlagenstandardisierung, die leider viel zu häufig kurzfristigen Beschaffungsvorteilen geopfert wird. 5. Zustandserfassung und -beurteilung von Weichen und Kreuzungen (Punktobjekte) Moderne Verfahren und ausgereifte Datenbanksysteme wie MR.pro®Weiche 6) unterstützen die Instandhaltung wirkungsvoll bei der Realisierung wirtschaftlicher und transparenter Lösungen. Ideal ist eine datenbankgestützte Erfassung auf digitalen Endgeräten unmittelbar während der Sichtprüfung oder Begehung. Robuste Outdoor-Notebooks mit Touchscreen und Tastatur, wie das Panasonic Toughbook CF 18, sind hierzu gut geeignet. Durch Verwendung eines 5-Punkt Tragesystems wird die Arbeit trotz des zusätzlichen Gewichts des Notebooks (2,1 kg) kaum beeinflusst. Das schnelle Auffinden des zu prüfenden Anlagenobjekts ist obligatorisch – ein digitaler Gleislage- oder Netzplan, die genaue Beschreibung des Anlagenobjekts und ein „Passfoto“ der Anlage sind bei der Auswahl hilfreich.

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Bild 8: Zur Identifikation einzelner Anlagenobjekte können digitale Lagepläne in MR.pro® eingebunden werden.

Sämtliche Stammdaten des Anlagenobjekts werden zwecks Verifizierung oder Ergänzung angezeigt. Die Feldinhalte können frei definiert werden und ermöglichen die Erfassung von Zusatzinformationen je nach Bedarf.

Bild 9: Die Stammdatenerfassung und -verwaltung einer Weiche EW 60-500-1:12 mit der Software MR.pro®Weiche.

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Die Zustandsaufnahme ist ergonomisch so gestaltet, dass sie schnell und mühelos von statten geht - schließlich hält sich der Prüfer häufig in Gefahrenbereichen auf. Vordefinierte und kodierte Verschleißzustände (Mangelcode) und deren Instandsetzungsempfehlung (Instandsetzungscode) reduzieren den Eingabeaufwand enorm, da der Prüfer seine Auswahl direkt aus der Dropdown-Liste am Touchscreen Computerbildschirm vornimmt. Der direkte Bezug zum Prüfobjekt (Kontext) grenzt dabei die Auswahl des richtigen Inhalts so weit ein, so dass kein Suchen notwendig ist. Für die Zustandserfassung ist somit nur ein minimaler Zeitaufwand erforderlich. Eine durchdachte Dialogführung sorgt dafür, dass nichts übersehen wird, während die integrierte Plausibilitätsprüfung eventuellen Fehlbedienungen vorbeugt. Die Bewertung und Klassifizierung festgestellter Mängel ist bereits im Vorfeld in Abstimmung mit dem Bahnbetrieb erfolgt und 1:1 mit dem Mangelcode von MR.pro® verknüpft. Der Prüfer übernimmt die Fehlerklasse automatisch bei der Erfassung der Mängel. Damit kommt die Sichtprüfung einer objektiven Einschätzung sehr nahe. Im Zweifelsfall hilft ein Blick in den bebilderten Mangelkatalog bei der richtigen Auswahl. Eigene Digitalfotos können zur Verdeutlichung wichtiger Mängel jedem Anlagenobjekt und Mangel direkt zugeordnet werden. Trotz der Struktur- und Inhaltsvorgaben ist Flexibilität bei der Eingabe erforderlich – freier Text ist jederzeit möglich, um nicht zusätzlich mit Papier hantieren zu müssen. Die Aktualität des zugrunde liegenden Mängelkatalogs wird durch Fortschreibung sichergestellt, indem die während der Zustandserfassung händisch eingepflegten Mängel nach ihrer Sicherheitsrelevanz und hinsichtlich ihres Abnutzungsäquivalents bewertet und offline in die Datenbank eingepflegt werden. Und weil das Ergebnis der letzten Prüfung eine wichtige Information darstellt, ist dieses hinterlegt - zur Verwechslung kommt es nicht, weil das alte Ergebnis farbcodiert ist. Die Sichtprüfungen sind immer vollständig, da die Eingabemaske erst dann verlassen werden kann, wenn alle Pflichtfelder ausgefüllt sind. Nach der vollständigen Zustandserfassung lässt sich der aktuelle Abnutzungsvorrat des Anlagenobjekts als Kennziffer Abnutzungsvorrat KAV2) ermitteln.

Bild 10: Die Zustandserfassung mit MR.pro®Weiche. Kodierte und klassifizierte Mangelbilder und Instandsetzungshinweise erleichtern die Aufnahme und objektivieren die augenscheinliche Zustandsbeurteilung.

Die mühelose Übertragung und Integration in den vorhandenen Datenbestand schließlich stellt sicher, dass nichts liegen bleibt und die Daten zeitnah zur Weiterverarbeitung zur Verfügung stehen.

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Unabhängig davon, in welches Informations- oder Planungssystem die Zustandsdaten übertragen werden, ist als Ausgabe eine Standard-Anlagendokumentation in Form von Excel Arbeitsmappen implementiert. Hierbei werden für alle Anlagenobjekte einzelne Arbeitsmappen, bestehend aus 1 Arbeitsblatt für die Messergebnisse sowie n Arbeitsblättern für die Dokumentation jeder einzelnen Prüfung, angelegt. Bereits bestehende Arbeitsmappen schreibt MR.pro®Weiche automatisch fort, indem die aktuellen Daten eingespielt und angehängt werden. Programmunabhängige Auswertungen lassen sich durch eine standardmäßige Excel-Exportfunktion problemlos generieren.

Bild 11: Die MR.pro® Weichendokumentation von Sichtprüfung und Messergebnissen mit Anlagen- und Fehlerklassen sowie Therapievorschlägen.

Neben der Fortschreibung dieser „Lebensakten“ wurde eine Reihe weiterer Funktionen realisiert, z.B. der Sammelausdruck aller Messergebnisse und Anlagendokumentationen oder die so genannte Sammelauswertung. Darunter ist eine Zusammenfassung der Inspektionsergebnisse aller Weichen in 2 Tabellen, quantitative und qualitative Prüfergebnisse, zu verstehen. Die Sammelauswertung bietet einen guten Überblick über den aktuellen Anlagenzustand und den Instandsetzungsbedarf. Mit den Excel Standardfunktionen (Autofilter und Sortierung) lässt sich daraus schnell und bequem eine Priorisierung des Instandsetzungsbedarfs und eine Fehlerstatistik erstellen.

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Bild 12: Die Sammelauswertung der Weicheninspektion mit MR.pro® stellt die Prüfbefunde und Therapievorschläge aller inspizierten Weichen und Kreuzungen zur komfortablen Auswertung in Excel zur Verfügung.

Inspektionsfristen verwaltet das System übersichtlich und hilft bei der Ausführungsplanung. Statistische Auswertungen erleichtern den Überblick und die Trendanalyse. Entwicklungstendenzen lassen sich in Mehrperiodenvergleichen sauber analysieren und darstellen.

Bild 13: Die Häufigkeitsverteilung von 2 Jahresmessungen aller Weichen aus dem Jahr 2004 und 2005 am Messpunkt s3z (Spurweite im Zwischenschienenbereich Zweiggleis) mit Sollwert und SRLim Toleranz. Aus dem Vergleich beider Kurven lässt sich erkennen, dass eine Tendenz zur Spurerweiterung (1437 -> 1439 mm) bei der Gesamtheit aller Weichen besteht.

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Die erfassten, verdichteten und bewerteten Mängel gehen 1:1 als konkretisierter Handlungsbedarf in den Planungsprozess der Instandhaltung ein. Die Instandhaltungsplanung kann händisch unter Verwendung von Tabellenkalkulationsprogrammen oder mittels gesonderter Planungs- und Steuerungssoftware erfolgen. Unabhängig davon gestaltet sich die Instandsetzungsentscheidung eindeutig und jederzeit nachvollziehbar da sie aus der Kombination von Anlagen- und Fehlerklassen eine eindeutige Priorisierung der Instandsetzungsmaßnahmen unter Beachtung der zwischen Anlageneigner und Instandhalter vereinbarten Instandsetzungszeiträume ermöglicht. Neben den priorisierten Mängeln können Informationen zum Anlagenalter und dem aktuellen Abnutzungsvorrat (KAV) in den Entscheidungsprozess einfließen, insbesondere zur Beantwortung der Frage „Einzelfehlerbeseitigung oder Grundinstandsetzung?“. Neben Zustandsinformationen kann MR.pro® auch Stammdaten bereitstellen, um sie an andere Datenbanksysteme, z.B. Geographische Informationssysteme (GIS) zu übergeben. 6. Stand der Gleismesstechnik Bei der geometrischen Gleislage wird zwischen äußerer und innerer Geometrie der Gleislage unterschieden. Die äußere Geometrie beschreibt die Gleislage in Referenz zu geodätisch vermessenen Festpunkten. Die innere Geometrie beschreibt die Form des Gleiskörpers [11]. Die innere Geometrie wird mit Messfahrzeugen kontinuierlich gemessen. Die Beschreibung der Messgerätevielfalt würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, deshalb wird nur auf einige wesentliche Unterschiede der Messsysteme eingegangen: - analoge (grafische) und digitale (numerische), - Kleingeräte (unbelastet) und Messfahrzeuge (belastet). Analoge Systeme werden meist in Form von Mehrkanalschreibern (MKS) für die Steuerung und Dokumentation durchgeführter Großmaschinenleistungen, z.B. von Stopfmaschinen, eingesetzt. Bei der Gleisinspektion hat sich die digitale kontinuierliche Messung durchgesetzt. Handling, Weiterverarbeitung und Archivierung der elektronischen Messdaten erschließen dem Anwender ein sehr viel größeres Spektrum für die Auswertung der Messdaten. Ohne visuelle Unterstützung lassen sich Linienobjekte jedoch nur schwer einschätzen, deshalb kommt einer übersichtlichen grafischen Aufbereitung der Ergebnisse eine große Bedeutung zu. Die Darstellung der Zusammenhänge zwischen mehreren Messgrößen, z.B. Spurweite, Überhöhung und Richtung ist zur Interpretation der Messergebnisse genauso wichtig wie die Kenntnis der Lage von Gleiskonstruktionen und Bauwerken sowie Informationen zur Bauform (Gleisspezifikation). Diesen Anforderungen wird eine gestaffelte Darstellung mehrerer Messparameter über der Messstrecke gerecht. Werden die Messergebnisse mehrerer Jahre in einem Diagramm überlagert, lassen sich Zustandsentwicklungen gut ablesen. Auch mehrstufige Toleranzen (SR100, SRlim, SRG) sowie radiusabhängig differenzierte Sollmaß- und Toleranzvorgaben, z.B. Spurerweiterung im Bogen, sollten grafisch dargestellt werden und numerisch auswertbar sein. Allerdings verursacht die kontinuierliche elektronische Gleismessung erhebliche Datenmengen. Im Schnitt fallen pro km Gleis 1 Megabyte an primären Messdaten an. Je nach Art und Umfang der Visualisierung und der Überlagerung mehrjähriger Messperiodenvergleiche entstehen daraus leicht Datenvolumen von 10 Mbyte/km. Entscheidende Vorteile erzielt, wer mit geringem Bearbeitungsaufwand aus Daten bedarfsgerechte Informationen für das Instandhaltungsmanagement bereitstellt. Deshalb sollten Ergebnisse von Gleismessungen so aufbereitet werden, dass sie aussagefähig, übersichtlich und klar verständlich eine korrekte Einschätzung des Zustands unterstützen. Die Anforderungen an eine Dokumentation lauten: - Transparenz stiftend, ohne Spezialkenntnisse oder weitere Hilfsmittel interpretierbar, - detaillierte Einzelergebnisse und verdichtetes Gesamtergebnis, - Rückverfolgbarkeit der Zustandsentwicklung der Anlage. Neben den bewährten berührend messenden digitalen Geräten setzen sich allmählich auch berührungslos messende Systeme durch, die höhere Messgeschwindigkeiten erlauben. Leider lassen diese schnellen Messsysteme, mit denen großräumig Strecken abgefahren werden, keine korrespondierende Sichtprüfung sowie keine Stammdatenerfassung von Bauform und technischer Anlagenspezifikation zu. Die dazu ersatzweise angebotenen Videoaufnahmen können als indirekte Sichtprüfung eine direkte Beurteilung durch den Fachmann jedoch bei weitem nicht ersetzen.

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Automatische Bildauswertesysteme können zwar erkennen, ob z.B. Schienenbefestigungselemente vollständig sind, aber nicht, ob sie lose sind. Neben großen Messfahrzeugen gibt es kleine Geräte, deren Mobilität einen wirtschaftlichen Einsatz schon auf kurzen Strecken sicherstellt. Mit diesen Geräten werden Gleislänge, Längshöhe, Überhöhung, Pfeilhöhe und die Spurweite berührend gemessen und elektronisch gespeichert. Die Kompaktheit dieser Kleingeräte findet ihre Grenzen in der Sehnenlänge; für genaue Messungen ist eine Sehnenlänge von mindestens 2.500 mm erforderlich. Geometriemessungen unter dynamischer Belastung (Verkehrslast) werden ebenfalls angeboten und verheißen einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn im Hinblick auf eine Feststellung der tatsächlichen Wirkung der vollen Verkehrslast der Fahrzeuge auf den Oberbau. Genau diese Auswirkung lässt sich jedoch nicht messen, da eine Geometriemessung direkt am Lasteinleitungspunkt (unter dem rollenden Rad) technisch nicht möglich ist. So tritt beispielsweise die größte Spuraufweitung nur unmittelbar in dem Schwellenfeld auf, in dem sich das belastete Rad befindet. Um die Qualität der Messung nicht durch Fahrzeugschwingungen zu beeinträchtigen und Beschädigungen an den Sensoren zu vermeiden, sind diese möglichst weit außerhalb der Radaufstandszone angebracht. Damit ist der Lasteintrag am Messpunkt nicht eindeutig definiert. Bei portablen, an Linienfahrzeugen angebrachten Messsystemen, ist die Allgemeingültigkeit der Messergebnisse eingeschränkt, da die eingesetzten Fahrzeugbauarten hinsichtlich ihrer Eigenschaften sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Gleislage haben können. So führt ein vom Fahrverhalten her ungünstiges Fahrzeug zu anderen Messergebnissen als ein gutmütiges Fahrzeug. Grundsätzlich jedoch besteht das Problem, dass alle gültigen und den Sicherheits- und Zulassungsprüfungen zugrunde liegenden geometrischen Grenzwerte und Toleranzen auf einer unbelasteten Messung basieren. Es besteht somit ein Konflikt im Messsystem. Weiterhin ist die Reproduzierbarkeit einer belasteten Messung mittels Handmessverfahren mit vertretbaren Mitteln nicht möglich - zumal sich die Ursache von Ergebnisdifferenzen nicht eindeutig bestimmen lässt. Eine unbelastete Messung ist reproduzierbar und gibt einen neutralen Gleiszustand wieder. Über die Anwendbarkeit der ballastierten Messmethode zur Gewinnung von instandhaltungsrelevanten Daten muss also noch weiter diskutiert werden. Der Fachmann jedenfalls erkennt Veränderungen, die unter Last auftreten, im Rahmen der direkten Sichtprüfung anhand von Bewegungsspuren, z.B. Materialabrieb, hellen Rostpartikeln, Luftspaltbildung usw. sehr gut. Diese gehen als ergänzende Information, z.B. Spurweite 1450 mm + 10 mm Aufweitung unter Last, in die Prüfergebnisse mit ein. Im Endeffekt ist das Wissen, an welchen Stellen im Gleis unerwünschte Bewegung stattfindet, für die Instandhaltung wesentlich interessanter als ein relatives Messergebnis, denn lose Befestigungselemente spielen im Zerstörungsprozess des Oberbaus eine ganz erhebliche Rolle. Berührungslose Messungen sind aus Sicht der Instandhaltungsplanung interessant, um Schienenquerprofile kontinuierlich aufzuzeichnen. Außer der Messung von Rillenweite und Rillentiefe der Schienenprofile bringt eine bloße Darstellung des Ist-Profils ohne Vergleichsmöglichkeit mit dem Soll- oder Neuprofil allerdings keinen Erkenntnisgewinn und die Sichtung von mehreren Tausend Einzelbildern ist für den Auswertenden kaum beherrschbar. Das kontinuierliche Einscannen der Schienenquerprofile mittels Lichtschnittverfahren eröffnet dem Anwender neben der reinen Ist-Aufnahme die Möglichkeit, aus Daten Informationen zu generieren. Dazu muss das Erfassungssystem allerdings so verfeinert sein, dass sowohl eine reproduzierbare Schienenprofilerkennung als auch ein Vergleich mit Neuprofilen möglich ist. Hier kommt es entscheidend darauf an, eindeutige, d.h. vom (normalen) Verschleißverhalten unbeeinflusste Kontursegmente der unterschiedlichen Schienenprofile für die zweifelsfreie Erkennung zu definieren. Im nächsten Schritt lässt sich aus dem Vergleich von Verschleiß- und Neuprofil der Verschleiß an Höhe und Seite(n) messen.

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Bild 13: Verschleißzonen und ihre Bezeichnung bei Rillenschienenprofilen

Bei dem Gleismesssystem EMAuni 9) wird die Schienenprofilkontur mit 4 Laserscannern in einer Datenrate von 2 Aufnahmen pro m Schiene gescannt und direkt vermessen.

Bild 15: Gleisgeometriemessgerät EMA uni mit Motoreinheit im Einsatz

Das Ergebnis sind Koordinaten, aus denen die Einzelprofile grafisch dargestellt werden. Die Schienenform wird während der Messung erkannt und mit dem Neuprofil in der Nachbearbeitung verglichen. Aus dem Vergleich werden die Differenzen zwischen Ist- und Neuprofil errechnet und visualisiert. Folgende Möglichkeiten bietet dieses moderne Schienenscannersystem neben der Messung von Rillenweite und Rillentiefe: - Schienenprofilerkennung und Zuordnung des Sollprofils, - Vergleich zwischen Ist- und Sollprofil (Verschleiß- und Neuprofil),

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- Quantifizierung von Seiten- und Höhenverschleiß, - Visualisierung von Seiten- und Höhenverschleiß in Ergänzung zur Gleisgeometrie, - Mehrperiodenvergleich durch überlagerte Verschleißmessergebnisse, - Klassifizierung typischer Schienenverschleißbilder und Beurteilung deren Konturstabilität, - Überwachung der Schienenkopfgeometrie, z.B. Kopfeckradius bei Profilumstellungen, - Input für spurführungstechnische Untersuchungen oder Verifizierungen.

Bild 16: Ergebnis des Schienenprofilvergleichs zwischen Ist- und Neuprofil. Neben dem quantifizierten Höhen- und Seitenverschleiß wurde die Verschleißkontur einem Standardverschleißbild (K bzw. J) zugeordnet.

Der quantifizierte Schienenkopfverschleiß wird entweder als „Schienenkopfhöhe“ oder als „Verschleiß“ für die linke und rechte Schiene, in Ergänzung zu den übrigen Geometriedaten des Gleises visualisiert. Bei Rillenschienen werden neben der Schienenkopfhöhe der Schienenseitenverschleiß an Fahrkante Δs1 und Leitkante Δs2 sowie eventuelle Rillenbodenanfahrungen grafisch dargestellt.

Bild 17: Die Schienenprofilkontur wird mit 4 Laserscannern (2 Stck pro Schiene) gescannt. Das Ergebnis sind Koordinaten, aus denen die Einzelprofile grafisch dargestellt werden. Die Schienenform wird während der Messung erkannt und mit dem Neuprofil in der Nachbearbeitung verglichen. Aus dem Vergleich werden die Differenzen zwischen Ist- und Neuprofil errechnet und visualisiert.

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Bild 18: Ergebnisse der Gleisgeometriemessung (Spurweite, Radius, Überhöhung, Hoch-Tiefpunkte, Verwindung) mit Schienenverschleißdiagrammen (Seitenverschleiß Fahrkante, Seitenverschleiß Leitkante/Rillenkopf, Rillentiefe mit Rillenbodenanfahrung) des EMAuni.

Aus der Gegenüberstellung von Neu- und Istprofil lassen sich wiederum Kennzahlen generieren, die den aktuellen Verschleißzustand der Schiene als wesentliches Element des Gleises klassifizieren (Fehlerklassen). Weiterhin bietet es sich an, die gemessenen Verschleißbilder schematisch in Standard-Verschleißprofilklassen (A-P) einzuordnen. Damit erhält das Instandhaltungsmanagement wertvolle Informationen zur Entwicklung der Schienenverschleißkontur und kann Tendenzen rechtzeitig erkennen. Werden auf einzelnen Streckenabschnitten unterschiedliche oder sich verändernde Standard-Verschleißprofilklassen festgestellt, kann dies Auslöser für weitere Analysen, z.B. der Rad/Schiene-Paarung (Kontur-, Materialpaarung, Sparprofilierung etc.) sein. Die Fehler- und Verschleißklassifizierung ermöglicht auch hier plausible und nachvollziehbare Entscheidungsgrundlagen hinsichtlich der Wahl des wirtschaftlichsten Instandsetzungsverfahrens: - Schleifen, oder - Schweißen, oder - Schienenauswechslung. [12] 7. Zustandserfassung und -beurteilung von Gleisen (Streckenobjekte) Die Zustandserfassung linear ausgedehnter Streckenobjekte unterscheidet sich prinzipiell von der Aufnahme von Punktobjekten. Zur Vorbereitung der ersten Gleismessung ist eine Inventarisierung und Messstreckenorganisation erforderlich. Diese verfolgt neben einer praktikablen Einteilung und eindeutigen Benennung das Ziel, den Fahrbetrieb so wenig wie möglich zu stören und einen möglichst wiederholungsarmen Umlauf im Gleisnetz sicherzustellen. Die Inventarisierung von Gleisnetzen setzt die Einteilung in einzelne Segmente voraus. Ist keine örtlich markierte Kilometrierung vorhanden, müssen Start- und Endpunkte der Gleissegmente an definierten, fixen Gleiselementen orientiert werden. Als Start- und Endpunkt von Gleisabschnitten ist der Weichenanfang ideal - er ist klar definiert und unterliegt nur selten einer örtlichen Verlagerung. Weiterhin sollte die Messrichtung der Fahrtrichtung der Regelfahrzeuge entsprechen.

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Die Wahl der Detaillierungstiefe hängt dabei maßgeblich von der Prüfmethode und der dabei verwendeten Messtechnik ab. Sie beeinflusst unmittelbar auch den Organisationsaufwand bei der Einteilung in Streckenabschnitte. Um überschaubare Größenordnungen zu erreichen, sollten Gleisabschnitte möglichst nicht länger als 1.500 m und nicht kürzer als 50 m sein. Damit sich alle Elemente der Infrastruktur hinsichtlich ihrer Lage beschreiben und ausrichten lassen, bietet sich die Gleisachse als eindeutiger Bezugspunkt auch für alle übrigen Objekte an. Dem Gleismeter lassen sich sämtliche baulichen Einrichtungen zuordnen wie Weichen, Kreuzungen, Masten, Haltestellen oder Überwege etc. Auf die genaue Benennung sämtlicher Anlagenobjekte, seien es nun Weichen-Nummern, Haltestellenbezeichnungen oder Mast-Nummern, sollte ebenfalls geachtet werden. Speziell für die besonderen Belange der Stammdatenerfassung und Sichtprüfung ausgedehnter Streckenobjekte wurde das Softwaremodul MR.pro®Gleis 6) entwickelt.

Bild 19: Neben allgemeinen Stammdaten lassen sich die Bauform (Spezifikation) und weitere Infrastrukturelemente wie enthaltene Bauwerke mit MR.pro®Gleis metergenau komfortabel erfassen und verwalten.

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Neben den Bauwerken und der Spezifikation der Anlagenobjekte werden sämtliche Mängel dem jeweiligen Gleismeter zugeordnet. Dabei stellt das gleichzeitige Auftreten unterschiedlicher Mängelkombinationen hohe Anforderungen an den Überblick des Prüfers. Zudem macht die größere Ausdehnung der Gleise deren Bewertung unübersichtlich. Die Erfassungsmaske ist deshalb so gestaltet, dass jede Art punktueller und linear ausgedehnter Mängel übersichtlich erfasst und ausgewertet werden kann. Zur Sicherstellung der vollständigen Angaben (Start- und Endpunkt) ausgedehnter Mängel ist beispielsweise eine Erinnerungsfunktion integriert, die den Prüfer auf offene Linienmängel hinweist.

Bild 20: Die strukturierte Zustandserfassung von Gleis G24 mit MR.pro®Gleis erlaubt konkrete Mängelbeschreibungen von Lage, Beginn und Ende, Umfang, Fehlerklasse, Sicherheitsgefährdung und Instandsetzungshinweis.

Prinzipiell hat sich bei der Zustandserfassung und -beurteilung ein Mix aus Haupt- und Nebenprüfungen bewährt:

- Die Hauptprüfung liefert ein umfassendes Zustandsbild der Anlage, deren Ergebnisse in die Instandhaltungsplanung und -steuerung einfließen. Die Hauptprüfung der Gleisanlagen besteht aus einer kontinuierlichen Messung der Gleisgeometrie mit korrespondierender Sichtprüfung (Spurweite, Überhöhung, Bogenradius, Verwindung, Rillentiefe, Rillenweite, Gradiente, Messstrecke) und der Erfassung oder Verifizierung der Stammdaten.

- Nebenprüfungen sind visuelle Sicherheitsüberprüfungen, meist in Form von Begehungen durch den oder die Anlagenverantwortlichen.

Die Hauptprüfung dient der umfassenden Aufnahme von Zustandsdaten und im Wiederholungsfall dem Stammdatenabgleich. Die Nebenprüfung verfolgt den Zweck der unterjährigen Überprüfung der Sicherheit, das heißt, hier steht nicht die Informationsgewinnung für die Instandhaltungsplanung im Vordergrund, sondern die Störungssuche und deren schnellstmögliche und wirtschaftliche Beseitigung. Deshalb kann die Genauigkeit der Positionsangaben bei Nebenprüfungen eigentlich auf das schnelle Wiederfinden der betreffenden Stelle durch das Entstörungsteam sowie die buchhalterische Zuordnung von Störung, Entstörung und der entstandenen Kosten beschränkt werden.

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Die Sichtprüfung im Zusammenhang mit der kontinuierlichen Gleisgeometriemessung (Hauptprüfung) hat dabei den Vorteil, die genaue Stationierung des Messgeräts als Basisinformation zur exakten Zuordnung von Bauwerken, Spezifikationen und Mängeln verwenden zu können. Dies ist bei der Begehung nicht der Fall – deshalb benötigt der Inspekteur bei der von der Gleismessung unabhängigen Prüfung andere Orientierungs- und Stationierungshilfen. Das kann messtechnisch entweder mittels Messrad oder Global Positioning System (GPS) erfolgen. Beides hat Nachteile, wenn es die Überprüfung des Sicherheitszustands oder die Identifikation der Örtlichkeit behindert und verlangsamt. Innerstädtisch sind kleine tragbare GPS-Empfänger heutiger Technik nur bedingt einsetzbar, enge Häuserschluchten oder überragender Bewuchs führen zu einem Abbruch der Satellitenverbindung. In Tunnelanlagen gibt es ebenfalls Schwierigkeiten. Wartezeiten und schwankende Messgenauigkeit sind die Folgen. Dank des technischen Fortschritts werden diese Probleme in Zukunft zu lösen sein. Aber bis es soweit ist, sollte eine sicher funktionierende Methode zur Positionsbestimmung verwendet werden. An dieser Stelle ist die Frage nach der hinreichenden Genauigkeit von Ortsangaben zu stellen (Pareto 3). Diese orientiert sich zweckmäßigerweise an der bei allen Prozessbeteiligten verfügbaren niedrigsten Genauigkeit. Verwendet die Hauptprüfung hochgenaue Koordinaten – so kann ein Entstörteam, das nicht über GPS Technik verfügt, ohne zusätzliche Informationen mit diesen Angaben nichts anfangen. Bei der Identifikation der Örtlichkeit muss deshalb auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geachtet werden. Die Positionsermittlung bei der Sichtprüfung kann aber durch Verwendung einer GPS-Kamera 8), einer Digitalkamera mit GPS-Antenne, die georeferenzierte Fotos macht, aktiv unterstützt werden . In der Praxis reicht häufig schon die Verwendung digitaler Gleis- und Netzlagepläne für die Lokalisierung der Anlagenobjekte bei Nebenprüfungen aus. Wenn diese Zeichnungen neben den Gleiselementen und deren Bezeichnung weitere bauliche Anlagen enthalten, wird die Orientierung zusätzlich erleichtert. Dazu zählen Brückenbauwerke, Haltestellen, Masten, Überführungen etc. Ergänzende Informationen zum Straßennetz haben sich ebenfalls bei der Positionsbestimmung bewährt. Auch MR.pro®Gleis arbeitet mit digitalen Netzplänen (siehe Bild 8). Nach der Anwahl des Bezirks lässt sich die eigene Position schnell finden und der zu erfassende Sachverhalt dem Anlagenobjekt eindeutig zuordnen. Durch Abschätzen der Entfernung vom Start- oder Endpunkt bzw. zu eindeutig stationierten Bauwerken, ist in der Regel eine hinreichend genaue Eingrenzung der betreffenden Stelle möglich. 8. Zusammenfassung von Kapitel 2 Instandhaltung mit Zielen erfordert neben der eigentlichen Zustandsvereinbarung die regelmäßige Überwachung der Anlagenqualität. Dies leisten Inspektionen, die den aktuellen Sicherheits-, Verschleiß- und Qualitätszustand der Anlagenobjekte erfassen, beurteilen und bewerten. Darüber hinaus wird der konkrete Instandsetzungsbedarf für die Planung und Steuerung der Instandhaltung abgeleitet und die Erreichung der zwischen Anlageneigentümer und Instandhalter vereinbarten Ziele dokumentiert. Damit nicht die Kosten der Diagnose, Interpretation und Datenhaltung den Aufwand und den tatsächlichen Nutzen der Zustandserfassung bei weitem übersteigen, ist eine im Vorfeld durchgeführte Kosten-Nutzen-Analyse unumgänglich. Hierbei ist zu klären, welche Daten in welcher Menge, Regelmäßigkeit und Präzision erforderlich und notwendig sind. Was nutzen massenhaft erhobene hochgenaue Messdaten, die nicht sinnvoll bearbeitet und ausgewertet werden können und zu keinerlei Erkenntnisgewinn beitragen? Intelligent ausgewertet stellen Zustandsinformationen die Basis für belastbare und reproduzierbare Instandhaltungsentscheidungen der Instandhaltung dar. Man kann heute Vieles messen – aber eine Substitution von Fachkenntnis durch Messtechnik ist nicht möglich. Unter Anwendung moderner Klassifizierungsmethoden (Fehlerklassen) wird die direkte Sichtprüfung der Fachleute zu einer objektiven Zustandsbeurteilung aufgewertet. Darüber hinaus lässt sich der aktuelle Funktions- und Substanzwert einzelner Anlagenobjekte als Kennziffer Abnutzungsvorrat (KAV) quantifizieren und auf einen Anlagen-Gesamtwert verdichten.

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Moderne, datenbankgestützte Zustandserfassungs- und -bewertungssysteme, wie MR.pro®, unterstützen die Instandhaltung wirkungsvoll bei der Realisierung wirtschaftlicher und transparenter Lösungen. MR.pro®Weiche stellt eine erprobte und praxisgerechte Softwarelösung für die Zustandserfassung und -beurteilung von Weichen dar. Damit werden digitale Weichenmessergebnisse ausgewertet, verdichtet und ansprechend dokumentiert. Über die messtechnischen Aufgaben hinaus umfasst der Leistungsumfang ein standardisiertes Sichtprüfungsmodul und eine automatisierte Dokumentation. MR.pro®Gleis unterstützt die visuelle Zustandserfassung und -beurteilung von Gleisen in gleicher Weise. Auf digitalen Endgeräten eingesetzt, erzielt der Anwender eine neue Dimension in Punkto Effizienz, Plausibilität und Vollständigkeit von Prüfungen. Vordefinierte und kodierte Mangelbeschreibungen, Instandsetzungsempfehlungen und Fehlerklassifizierungen machen die Sichtprüfung objektiv und nachvollziehbar – auch wenn ein unterschiedlicher Personenkreis mit dieser Aufgabe betraut ist. Die verdichteten und bewerteten Inspektionsergebnisse fließen als Instandsetzungsbedarf unmittelbar in den weiteren Instandhaltungsprozess, die Planung, Budgetierung und Realisierung ein. Aus den mit MR.pro® gewonnenen Inspektionsergebnissen lassen sich Instandsetzungsprioritäten direkt ableiten und Arbeitsaufträge generieren. Weitere Besichtigungen vor Ort sind bei Weicheninspektionen nicht notwendig, da ein Großteil der Arbeitsvorbereitung im Zuge der Inspektion direkt vor Ort erfolgt. Die mit MR.pro® erstellte Anlagendokumentation überzeugt Anwender, Entscheider und Aufsichtsbehörden gleichermaßen. Sie sichert die Rückverfolgbarkeit des Anlagenzustands und bedeutet Handlungssicherheit und gute Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen: - zuverlässige, reproduzierbare Ergebnisse durch eindeutiges Prozedere, - aussagefähig, übersichtlich und klar verständlich, - Transparenz stiftend, ohne Spezialkenntnisse oder weitere Hilfsmittel interpretierbar, - detaillierte Einzelergebnisse, verdichtetes Gesamtergebnis, - Rückverfolgbarkeit der Zustandsentwicklung der Anlage. Durch Schnittstellen zu datenbankbasierten Instandhaltungs- Planungs- und Steuerungssystemen (IPS) sowie Geoinformationssystemen (GIS) stehen sowohl die erfassten und bewerteten Zustandsdaten als auch die Stammdaten für den gesamten Instandhaltungsprozess zur Verfügung – und zwar durchgängig, von der Erfassung bis zur Auswertung ohne einen Wechsel des Mediums. Die Vorteile auf einen Blick:

Reduzierung des Inspektionsaufwands und Minimierung von Betriebsbeeinträchtigungen,

Komfortable und schnelle Zustandserfassung und -beurteilung vor Ort,

Reduzierung des Aufwands für die Auswertung der Inspektionsergebnisse,

Objektivierung und Qualifizierung der Zustandsbewertung,

Datenbereitstellung für dezentrale und zentrale Zugriffe sowie Langzeitanalysen,

Kenndatenbildung für strategische Entscheidungen,

Standardisierte, EDV-gestützte Maßnahmenvorschläge,

Unterstützung der Entscheidungsprozesse und Bildung von Prioritäten,

Gesicherte Dokumentation der Betriebs- und Funktionsfähigkeit der Anlage.

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Bild 21: Der aktuelle Zustand der Weiche Nr. 121-2 in der Baum-Strukturdarstellung von MR.pro®Weiche.

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Kapitel 3 Instandhaltung planen und steuern. Die Infrastrukturinstandhaltung verfolgt das Ziel, eine zwischen Anlageneigentümer und Instandhalter vereinbarte Anlagenqualität und -verfügbarkeit mit geringsten Kosten zu realisieren – also eine Instandhaltung mit konkreten Zielvorgaben. Nach der in Kapitel 1 beschriebenen Zieldefinition und -vereinbarung ist die in Kapitel 2 beschriebene Zielkontrolle ein unverzichtbarer Bestandteil. Kapitel 3 stellt Optimierungsmöglichkeiten des Instandhaltungsmanagements für eine wirtschaftliche Planung und Steuerung der Infrastrukturinstandhaltung vor. 1. Operatives Instandhaltungsmanagement Das operative Instandhaltungsmanagement beschäftigt sich mit der Umsetzung der durch die Ziele der Instandhaltung gesetzten Vorgaben. Dazu gilt es, durch Planung, Steuerung, Durchführung und Kontrolle der notwendigen Maßnahmen und Ressourcen zur wirtschaftlichen Erfüllung dieser Aufgabe beizutragen.

Bild 22: Zeigt einen Überblick der Geschäftsprozesse, Aufgaben und Tätigkeiten des operativen Instandhaltungsmanagements.

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Die Bestimmung der Restnutzungsdauer ist von erheblicher Bedeutung für die Rekonstruktions- und Instandhaltungsstrategie des Anlagenbetreibers. Die Nutzungsdauer der Anlagenobjekte sollte deshalb auch den Betrachtungshorizont der Planung bestimmen. Die wirtschaftliche Lebenserwartung von Gleisanlagen wiederum ist im wesentlichen von Belastung, Bauform, Anfangsqualität und Instandhaltbarkeit abhängig. Während Gleisanlagen des offenen Oberbaus (Vignolschienen) im Durchschnitt 20-25 Jahre genutzt werden, werden eingedeckte (Rillenschienen) Anlagen im Schnitt erst nach 30-35 Jahren erneuert. Dies hängt mit dem größeren Erneuerungsaufwand für eingedeckte Rillenschienenanlagen zusammen; ein offener Querschwellenoberbau lässt sich besser umbauen. Die langfristige Instandhaltungsplanung für Gleisanlagen sollte deshalb einen Zeitraum von mind. 20 Jahren abdecken. Als Nutzungsdauer wird im Steuerrecht und in der Betriebswirtschaftslehre der Zeitraum bezeichnet, über den ein Wirtschaftsgut betrieblich genutzt werden kann. Es wird unterschieden zwischen:

- geschätzter Nutzungsdauer; hierunter versteht man die geplante Dauer der Nutzung eines Anlagegutes in einem Betrieb. Diese ist die Basis für die reguläre Abschreibung des Wirtschaftsgutes. Steuerlich ausschlaggebend sind so genannten AfA-Tabellen, in denen die Finanzverwaltung die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verbindlich festlegt.

- tatsächlicher Nutzungsdauer, die erst nach Beendigung des Nutzungsvorgangs definitiv feststehen kann.

- technischer Nutzungsdauer (engl.: physical life), die den Zeitraum von der Inbetriebnahme bis zum technisch notwendigen Abbruch der Nutzung beschreibt – und eine Instandsetzung technisch unmöglich ist (technischer Totalschaden).

- wirtschaftlicher Nutzungsdauer (engl.: economic life), Zeitraum von der Inbetriebnahme bis zum ökonomischen Abbruch der Nutzung, weil der Ersatz durch eine neue Einheit kostengünstiger als der Weiterbetrieb ist (wirtschaftlicher Totalschaden).

Die Einschätzung der Nutzungsdauer ist in der Praxis oft von bilanz- und steuerrechtlichen Aspekten geprägt. Eine möglichst zuverlässige Ermittlung der Restnutzungsdauer ist für den Planungsprozess aber wichtig. Dies kann durch sachverständige Einschätzung oder statistische Auswertung des Alterungsprozesses erfolgen – wobei hierbei Informationen zur Zustandsentwicklung von ausschlaggebender Bedeutung sind. Sowohl die Altersstruktur als auch das Durchschnittsalter der Anlagenobjekte können als Indikator für die Bewertung von Investitionen angewandt werden.

Altersstruktur Weichenanlagen Anlagenklasse: B

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60

Anlagenalter in Jahren

An

za

hl O

bje

kte

wirtschaftliche

Nutzungsdauer

Durch-

schnittsalter

Bild 23: Altersverteilung von Weichen der Anlagenklasse B. Die Grafik zeigt die Überalterung durch Vergleich des aktuellen Durchschnittsalters (35 Jahre) mit der mittleren wirtschaftlichen Nutzungsdauer (25 Jahre).

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Da die wirtschaftliche Nutzungsdauer der Gleisinfrastruktur mit der Verkehrsbelastung der Anlagen korreliert, ist eine Berücksichtigung der Belastung zur näherungsweisen Ermittlung der tatsächlichen Nutzungsdauer sinnvoll [13]. Die oben beschriebene Anlagenklassifizierung (ABC-Analyse) orientiert sich primär an der Verkehrsbelastung, sie eignet sich deshalb als Differenzierungskriterium. Nachfolgend ein Beispiel für die angenommene mittlere wirtschaftliche Nutzungsdauer für Gleisanlagen unter Berücksichtigung von Belastungseinflüssen. Bauform: offener Oberbau mit Vignolschienenprofil:

Anlagen- Anteil geschätzte wirtsch. Beispiel: angenommener klasse % Nutzungsdauer Gleise Baujahr Ersatzzeitpunkt A 20 15 Jahre 2000 2015 B 65 25 Jahre 1995 2020 C 15 50 Jahre 1976 2026 Der dargestellte Mix entspricht einer durchschnittlichen Lebenserwartung aller Anlagenklassen von 30 Jahren. Diese Größenordnung wird zumeist auch in der betrieblichen Abschreibungspraxis angewandt - die aktuelle AfA Tabelle gibt eine betrieblichgewöhnliche Nutzungsdauer von 33 Jahren für Gleisanlagen, Weichen und Signalanlagen vor [14]. Wechselnde Nutzungsarten und Intensitäten erhöhen die Unsicherheit bei der Festlegung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer. Eine Verfeinerung dieser Annahmen durch Berücksichtigung weiterer Einflussfaktoren, wie Bauform, Einbauqualität, Fahrgeschwindigkeit, Topographie, Untergrundverhältnisse etc. ist dann sinnvoll, wenn diese erfahrungsgemäß zu deutlichen Abweichungen von der belastungsabhängigen Nutzungsdauervorhersage führen.

Bild 24: Die belastungsabhängige ABC-Analyse kann zur Ermittlung des durchschnittlichen Erneuerungsbedarfs pro Jahr verwendet werden.

2. Instandhaltungsplanung Unter dem Oberbegriff Instandhaltungsplanung werden sämtliche Aktivitäten zusammengefasst, die zur Vorbereitung der Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen notwendig sind. Sie wirkt sowohl auf die konkret an bestimmten Instandhaltungsobjekten anzuwendenden Instandhaltungsstrategien (korrektiv, präventiv, inspektiv) als auch auf die Dimensionierung der Instandhaltungsorganisation [3]. Wirtschaftliche Instandhaltung ist ohne eine gute Informationsbasis nicht möglich, zu den Aufgaben der Instandhaltungsplanung zählen deshalb:

- Erarbeitung und Bereitstellung von Instandhaltungsstammdaten - Festlegung von Instandhaltungsstrategien - Planung der Instandhaltungsleistungen - Planung der Instandhaltungskosten (Aufstellung Instandhaltungskostenbudget) - Planung der notwendigen Termine und Kapazitäten

Wirtschaftliche Nutzungsdauer und Erneuerungsbedarf pro Jahr

WE gesamt: 150

Anlagen- WE Anteil geschätzte Ø wirtsch.

klasse % Nutzungsdauer p.a. WE

A 30 20% 15 Jahre 1/15 2

B 96 64% 25 Jahre 1/25 3,84

C 24 16% 50 Jahre 1/50 0,48

Summe 150 100% 6,32

WE = Weicheneinheit

Erneuerungsbedarf

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Zur Identifizierung der Objekte werden Anlagenstammdaten (Anlageninventar) benötigt, wobei sich eine detaillierte Anlagenhistorie mit transparenter Zustandsentwicklung durch Erkenntnisgewinne bei Schwachstellenanalysen sehr schnell amortisiert. Typischerweise lassen sich Anlagenstammdaten kategorisieren in technische Daten, wirtschaftliche Daten und spezielle Instandhaltungsdaten. Neben den technischen Stammdaten, die geometrische Parameter (Radius, Steigung etc.), Bauform und Spezifikation beschreiben und insbesondere für die Ersatzteilversorgung wichtig sind, gehören Einbaudatum, Gewährleistungszeitraum, Beschaffungswert, angenommene und konkretisierte Restnutzungsdauer sowie die Kostenverantwortung zu den wirtschaftlichen Daten. Instandhaltungsdaten enthalten in der Regel Informationen über die Belastungs- und Anlagenklasse, Angaben zu Instandhaltungsschwerpunkten bis hin zur Festlegung der Zuständigkeit. Bei der Festlegung einer anlagenbezogenen Instandhaltungsstrategie ergibt sich in der Regel ein Mix aus präventiver (fristabhängiger), korrektiver (Havarieeinsatz) und zustandsorientierter Instandhaltung. Für Weichen beispielsweise ist es in der Regel sinnvoll, Revisionen von Stellvorrichtungen (demontieren, reinigen, schmieren, montieren) oder einen Präventivtausch von kleinformatigen Verschleißteilen, nach festen Intervallen zu gestalten. Die Beseitigung von Einzelfehlern hingegen erfolgt nach konkretem Inspektionsbefund. Präventivmaßnahmen sollten jedoch im Hinblick auf Art, Umfang und Intervall regelmäßig verifiziert werden, da sich Betriebsverhältnisse (Verkehrsbelastung, Geschwindigkeit etc.) ändern und Ursachen für präventive Maßnahmen wegfallen können. Die Planung von Instandhaltungskapazitäten, Personal und Betriebsmittel, erfordert Flexibilität in Abhängigkeit vom Anteil ungeplanter Instandhaltung: je höher der Anteil ungeplanter Instandhaltung desto flexibler muss das Instandhaltungsmanagement sein. Um flexibel auf sich verändernde Bedarfsanforderungen reagieren zu können, sollten die als kurz- bis mittelfristig anzusehenden Personalkosten möglichst variabel gestaltet werden. Auch hier stellt sich die Frage nach der wirtschaftlich sinnvollen Fertigungstiefe: Verfügt das Unternehmen über entsprechendes Know-how empfiehlt sich eine Dimensionierung des eigenen Personals im Bereich der Grundlast und die Abdeckung von Bedarfsspitzen durch Zukauf von Kapazitäten unter Beibehaltung der eigenen Führung. Die make-or-buy Frage zieht sich durch den gesamten Instandhaltungsprozess, wobei neben den bereits diskutierten Haftungsfragen auch eine Gewährleistung für Eigenleistungen ins Kalkül zu ziehen ist. Nach ihrem Betrachtungshorizont unterscheidet man in Kurz-, Mittel- und Langfristplanung. Im folgenden wird nur zwischen Kurz- und Langfristplanung unterschieden, wobei als Planungshorizont für die Kurzfristplanung 5 Jahre und für die Langfristplanung > 5 bis 20 Jahre angenommen werden. 2.1 Minimierung der Lebenszykluskosten (LCC) In den Jahren 2003-2005 wurden mehrere Infra-Cost Studien zum Thema Infrastrukturinstandhaltung im In- und Ausland durchgeführt. Alle kommen im Kern zu gleichen Erkenntnissen, wonach eine nachhaltige Minimierung der Lebenszykluskosten (life cycle costs) erreicht wird durch:

• Hohe und gleichmäßige Anfangsqualität, • Rechtzeitiger Ersatz alter und kostenintensiver Anlagen, • Bedarfsorientierte, effiziente Instandhaltung zur Verlängerung der Lebensdauer, • Einsatz instandhaltungsarmer und instandhaltungsfreundlicher Anlagenobjekte, entsprechend den betrieblichen Erfordernissen optimiert, • Standardisierung.

Die Rangfolge der Wirksamkeit und Effektivität von LCC-Minimierungsmaßnahmen stellt sich dementsprechend wie folgt dar:

1. Prozessoptimierung, Verbesserung der Instandhaltungs- und Arbeitsprozesse (Planung, Steuerung und Ausführung), 2. Wahl der optimalen Instandhaltungsstrategie zur Verlängerung der Lebensdauer, 3. Bauteiloptimierung, Verwendung instandhaltungsarmer und -freundlicher Komponenten, 4. Einflussnahme auf das rollende Material.

Bei der Prozessoptimierung nimmt die Einführung auftragsbezogener Instandhaltung unter Verwendung einer datenbankunterstützten Arbeitsvorbereitung einen hohen Stellenwert ein. Der rechtzeitige Ersatz kostenintensiver Anlagen, die bedarfsgerechte Instandhaltung und die Transparenz bei der Wahl der richtigen Objektkonfiguration sind in besonderem Maße von der Qualität der bereitgestellten Informationen abhängig.

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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Jahre

IH Budget

T€

t

Feinplanung

Kriterium: ZustandGrobplanung Kriterium: Alter und Belastung

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Jahre

IH Budget

T€

t

Feinplanung

Kriterium: ZustandGrobplanung Kriterium: Alter und Belastung

2.2 Grobplanung Obwohl die Langfristplanung (t6 bis t20) nur mit Annahmen arbeitet, ist sie als Frühindikator, im Sinne des Pareto-Prinzips 3), hinreichend genau. Sie dient der Früherkennung von Bedarfsschwankungen des Instandhaltungsbudgets - quasi als Überblick aus der Vogelperspektive auf kommende, sich anbahnende Instandhaltungsaufwendungen. Somit soll ein Nivellieren der Bedarfsschwankungen durch zeitliche Verschiebung - Vorziehen oder Rückverlagern - möglich werden um vor allem eines zu vermeiden: Überraschungen!

Bild 25: Die Methodik der Lang- und Kurzfristplanung der Instandhaltung eines Gleisnetzes. Die Grobplanung kommt folgendermaßen zustande: Erstellungsjahr der einzelnen Anlagenobjekte + angenommene Lebenserwartung (wirtschaftliche Nutzungsdauer in Abhängigkeit von der Anlagenklasse) = voraussichtlicher Erneuerungszeitpunkt

Bild 26: Durch zeitliche Vor- und Zurückverlagerung wurde der angenommene langfristige Instandsetzungsbedarf verstetigt. Davon weitgehend unabhängig gibt die Feinplanung das Ergebnis der Bedarfsermittlung aus der aktuellen Inspektion einschließlich Fixkostenblock für Präventivmaßnahmen wieder.

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IH Budget

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Feinplanung

Kriterium: ZustandGrobplanung Kriterium: Alter und Belastung

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IH Budget

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Feinplanung

Kriterium: ZustandGrobplanung Kriterium: Alter und Belastung

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Vereinbarte Zeiträume zur Mängelbeseitigung [Monate]

A B C A B C

1 Betriebsgefahr 1 2 3 1 2 3

2

schnellstmöglich zu beseitigende

Mängel zur Vermeidung von Betriebs-

gefahren und/oder wirtschaftlichen

Schäden

12 18 24 6 9 12

3zu beseitigende Mängel zur

Verlängerung der Lebensdauer24 36 48 12 18 24

4kein Handlungsbedarf, jedoch

fortlaufende Beobachtung der Mängel

Gleis WeicheFehler-

klasseAuswirkung Anlagenklasse Anlagenklasse

2.3 Feinplanung Die Verfeinerung der Grobplanung findet im Rahmen der Kurzfristplanung statt, die in der Regel einen Zeithorizont von 5 Jahren (t0 bis t5) umfasst. Diese orientiert sich am Zustand der Anlagen, indem sie neben den Präventivmaßnahmen die bewerteten und priorisierten Ergebnisse der Inspektionen als Instandsetzungsbedarf konkretisiert. Neben der Strukturierung der Maßnahmen und Festlegung der Folge der Abarbeitung (Reihung) gehört die Planung des Ressourcenbedarfs und der Termine und Controlling-Meilensteine zu den Aufgaben der Feinplanung. Gerade Feinplanung und Arbeitsvorbereitung bergen in der Regel ein hohes Prozessoptimierungspotential. Eingangsgrößen der Kurzfristplanung sind die aufgezeichneten Mängel – mittels Fehlerklassifizierung nach ihrer Sicherheitsrelevanz und Dringlichkeit priorisiert. In Kombination mit der Bedeutung der Anlagenobjekte (Anlagenklasse) ergibt sich eine Entscheidungsmatrix anhand derer der Instandhalter den Ausführungszeitraum aufgrund der vereinbarten Reaktionszeiten periodengerecht disponieren und die Reihenfolge der Instandsetzungsmaßnahmen eindeutig und nachvollziehbar bestimmen kann. Die im Vorfeld zwischen Anlageneigentümer bzw. Verkehrsdienstleister und Instandhalter getroffenen Qualitätsvereinbarungen (siehe dazu Kapitel 1 und 2) vereinfachen die Kommunikation und Entscheidungsfindung und machen darüber hinaus Einzelfalldiskussionen überflüssig. Der Mangel mit der wichtigsten Fehlerklasse (FK 1) bestimmt den vorgesehenen kürzesten Ausführungszeitraum, wobei der Instandhalter die Beseitigung weiterer Mängel oder die Ausführung von Wartungsarbeiten zur Vervollständigung am gleichen Ort berücksichtigen und entsprechend disponieren sollte. Um mehrmalige Anfahrten des Objekts zu vermeiden, kann die Beseitigung von Mängeln auch dann sinnvoll sein, wenn sie von untergeordneter Bedeutung (Fehlerklasse 3) sind.

Bild 27: Instandhaltungsarbeiten sollen prioritätsgesteuert abgewickelt werden. Diese Beispiel zeigt eine Fristenvereinbarung zur Beseitigung priorisierter Mängel (FK 1 bis 4) in Abhängigkeit ihres Auftretens in Objekten unterschiedlicher Anlagenklassen (A, B oder C).

Die kostenmäßige Bewertung der Instandsetzungsmaßnahmen erfolgt idealerweise zu Beginn der Kurzfristplanung, um den finanziellen Aufwand der Maßnahmen abschätzen zu können. Der damit in Zusammenhang stehende Arbeitsaufwand ist für größere Anlagen jedoch nur mit Hilfe von datenbankgestützten Informationssystemen mit automatischer Verknüpfung zwischen Instandsetzungscodes und normalisierten Kostenansätzen praktikabel. Ansonsten findet eine manuelle Kostenermittlung meist nach Zusammenstellung und zeitlicher Festlegung des Instandsetzungsprogramms im Rahmen der Aufstellung des Instandhaltungskostenbudgets statt. Die Aufstellung eines Instandhaltungsbudgets dient als kostenorientierte Begrenzung der für die einzelnen Instandhaltungsobjekte im Rahmen der Instandhaltungsplanung festgelegten Instandhaltungsleistungen. Das grundsätzliche Problem, dass Instandhaltungskosten aufgrund der vielen Einflussfaktoren sowohl in ihrer Höhe als auch nach ihrem Entstehungszeitpunkt über den Anlagenlebenszyklus erheblichen Schwankungen unterliegen führt dazu, dass dem Genauigkeitsgrad der Kostenprognosen enge Grenzen gesetzt werden. Bei der Bestimmung von Budgets werden noch immer häufig pragmatische Methoden angewandt, da eine am konkreten Bedarf ausgerichtete Kostenplanung aufgrund des damit verbundenen Zeit- und Informationsbedarfs aufwändiger ist.

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Bild 28: Verfahren zur Aufstellung von Instandhaltungskostenbudgets (Quelle: [3])

Um die Höhe des Instandhaltungskostenbudgets nicht weitgehend von der individuellen Verhandlungsstärke der im Abstimmungsprozess beteiligten Parteien abhängig zu machen, ist eine solide, die Budgetforderungen der Instandhaltung rechtfertigende, nachprüfbare Kalkulationsgrundlage erforderlich. Der Sparzwang - bedingt durch die angespannte Kassenlage - vergrößert aber auch zunehmend Begehrlichkeiten, durch unterlassene Instandhaltung, vermeintlich Kosten einzusparen. Instandhaltungskostenbudgets sollten deshalb folgenden Anforderungen gerecht werden:

- am konkreten Instandhaltungsbedarf ausgerichtet, - plausibilisiert und technisch untersetzt, - bedarfsgerecht und substanzerhaltend.

Bei Anwendung der vorgestellten Klassifizierungsverfahren ist das Aufstellen eines Instandhaltungskostenbudgets, das den heutigen Anforderungen gerecht wird, mit vertretbarem Aufwand möglich. Dabei wird auf Basis der verdichteten und bewerteten Inspektionsergebnisse eine 5-Jahresplanung erstellt.

Instandhaltungsbudgetierung(Maintenance Cost Budgeting)

Orientierung an:

Vergangenen Perioden

Vergleichbaren Objekten

Anlagenwert

Anlagenwert & -alter

Anlagennutzung

-Anschaffungswert (x %)

-Proportion AnlWert u. IH

-Betriebszeit, Inanspruchnahme

-Produktionsvolumen

Pragmatische Budgetbestimmung

Diese Methoden sind zwar praktikabel

allerdings werden hierbei die konkret für

die Anlagenobjekte einzuplanenden

Instandhaltungsumfänge (Volumina) nicht

berücksichtigt.

Anlagenzustand -InstandhaltungsbedarfIn der Praxis erweist sich eine am

konkreten Instandhaltungsbedarf

ausgerichtete Kostenplanung

aufgrund des damit verbundenen

hohen Zeit- und Datenbedarfs häufig

als extrem aufwendig.

-Fortschreibung Vorjahres-

wert +/- x %

-Anschaffungswert

-Vergleichbarkeit??

-Anschaffungswert

-Nutzungsjahre

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Bild 29: Beispiel für die Methodik der Feinplanung (5-Jahresplanung) der Gleisinstandhaltung nach Inspektionsbefund mit MR.pro®: Verdichtete Befunde wurden aufgrund ihrer Anlagen- und Schadensklasse priorisiert, begründet und konkret terminiert. Kostenschätzung und Fortschrittskontrolle vervollständigen die Übersicht.

3. Instandhaltungssteuerung und -durchführung Aufgabe der Instandhaltungssteuerung ist es, sämtliche Maßnahmen, die für geplante Instandhaltungsaktivitäten sowie für ungeplante Instandhaltungsmaßnahmen notwendig sind, zu veranlassen und durchzuführen [3]. Zur Instandhaltungssteuerung zählen folgende Aufgaben:

- Auftragsveranlassung, o Terminierung o Disposition der Instandhaltungskapazitäten

- Auftragsdurchführung und -überwachung, o Fortschrittserfassung o Terminüberwachung o Kapazitätsüberwachung o Qualitätsüberwachung

- Auftragsrückmeldung und -dokumentation o Aufwandserfassung o Informationsbereitstellung für Verbesserungsprozesse o Aktualisierung der Anlagendokumentation

- Risikoanalyse und -steuerung Die Auftragsveranlassung stellt den Mittelpunkt der Instandhaltungssteuerung dar. Weil die Auftragserstellung mit Aufwand verbunden ist, erscheint es wenig sinnvoll, für sämtliche Instandhaltungsaktivitäten Einzelaufträge zu erteilen und zu verwalten. Für wiederkehrende

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Maßnahmen, insbesondere im Bereich der Wartung und Inspektion, stellen Daueraufträge, beispielsweise in Form von Rahmenverträgen, die bessere Lösung dar. Voraussetzung für eine wirkungsvolle Steuerung der Instandhaltung ist eine genügend breite Datenbasis. Das Steuerungssystem muss mit vertretbarem Aufwand zeitnah am Bedarf arbeiten. Um Verzögerungen bei der Bearbeitung zu vermeiden, sollte von daher die Zahl der Stamm- und Bewegungsdaten auf ein notwendiges Mindestmaß reduziert sein. Häufig vorkommende Standardarbeitspläne können beispielsweise durch Verwendung von Komplexpositionen, eine Kombination mehrerer Einzelpositionen, zu sinnvollen Einheiten verbunden werden um den Eingabe- und Pflegeaufwand möglichst gering zu halten. Die Dokumentation der Instandhaltungsarbeiten erfolgt idealerweise zeitnah nach DIN ISO 9000 in strukturierten Protokollen und Berichten. Die Strukturierung sollte dabei auf eine gute Auswertbarkeit ausgelegt sein um aussagefähige Fehlerstatistiken und Trendanalysen zu ermöglichen. Häufig wird ein hoher Dokumentationsaufwand bemängelt, der mit der Auftragsrückmeldung verbunden ist. Deshalb ist es ratsam, den mit der Aufgabe verbundenen Aufwand so weit wie möglich zu beschränken und Doppelerfassungen zu vermeiden. Auch hier empfiehlt sich der Einsatz von DV-Unterstützung, wobei eine durchgängige Verwendung von Softwaretools wie MR.pro® 6) in besonderem Maße effizienzsteigernd wirkt. Darüber hinaus ist eine arbeitsteilige Datenpflege anzustreben, bei der Servicepartner gezielt DV-technisch integriert werden und beispielsweise Rückmeldungen und Zustandsaktualisierungen nach durchgeführten Instandsetzungen kontrolliert selbst einpflegen. 3.1 Instandhaltungscontrolling Das technische Instandhaltungscontrolling hat die Aufgabe, das Instandhaltungsmanagement in seinen Entscheidungen zu unterstützen, insbesondere bei Steuerung und Koordination der Instandhaltungsmaßnahmen. Hierzu ist eine möglichst umfassende Kosten- und Leistungstransparenz herzustellen:

- Erfassung und Verrechnung der Instandhaltungskosten und -leistungen, o Verursachungsgerechte Kostenerfassung und -verteilung o Erarbeitung eines kosten- und leistungsbezogenen Anlagenberichtswesens o Soll-Ist-Vergleich der Kosten o Kontrolle der Kosten über die Lebensdauer (Life Cycle Cost Management)

- Gewährleistungsverfolgung, - Entwicklung von Instandhaltungskennzahlen und -kennzahlensystemen, - Übertragung von Schlussfolgerungen aus dem Instandhaltungscontrolling in den gesamten

Instandhaltungsprozess im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP). Der heterogene Aufbau und die lange Nutzungsdauer der Anlagen stellt hohe Anforderungen an die Gewährleistungsverfolgung und die Qualität der Dokumentation. Die Ergebnisse und Erkenntnisse des technischen Controllings sind wertvoll für die kontinuierliche Prozessverbesserung der Instandhaltung deshalb sollten sie als „Feed back“ auch tatsächlich nutzbar gemacht werden. 3.2 Ganzheitlicher Lösungsansatz: Instandhaltungshandbuch für Rad & Schiene Das Zusammenwirken von Rad und Schiene reagiert äußerst sensibel auf einseitige Änderungen. Die Wechselwirkungen zwischen Fahrzeug und Fahrweg bedeuten in der Praxis, dass gepflegte Fahrzeuge die Gleisanlagen weniger beanspruchen und umgekehrt gepflegte Gleisanlagen mit gutem Oberbauzustand ungünstige Wechselwirkungen mit erhöhter Beanspruchung von Fahrzeugen und Gleisanlagen vermindern. Dies betrifft in besonderer Weise den Verschleiß. Hier ist eine günstig aufeinander abgestimmte Rad/Schiene-Profilpaarung die Voraussetzung dafür, unnötigen Verschleiß zu vermeiden. Verantwortungsbewusstes Instandhaltungsmanagement orientiert sich an Zielen, die dem Gesamtsystem dienen und die Nutzungsvorräte der Komponenten und Baugruppen kontrolliert ausschöpfen können. Die Instandhaltung von Rad & Schiene möglichst eng miteinander zu verzahnen um eine bedarfsgerechte Instandhaltung dauerhaft gewährleisten zu können ist eigentlich keine Frage – aber wie kann sie realisiert werden? Praktisch eignen sich dazu individuell auf den Verkehrsbetrieb angepasste Instandhaltungsrichtlinien in denen die Qualitätsanforderungen sowohl der Fahrweg- als auch der Fahrzeuginstandhaltung festgelegt sind. Neben einem gemeinsamen Maßhandbuch, das Sollmaße und Toleranzen für Rad & Schiene enthält, gehören die zwischen Anlagennutzer und Instandhalter vereinbarten Ziele, Vorgaben

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und Standards, wie Nomenklatur, Bewertung, Klassifizierung, Objektbeschreibung und Dokumentation zu den wesentlichen Inhalten dieses Instandhaltungshandbuches. In der Folge wird dadurch eine deutlich bessere und vor allem abgestimmte Ausnutzung des Abnutzungsvorrats von Fahrzeugen und Gleisanlagen erzielt. Enger und kontinuierlicher Kontakt zwischen Nutzer und Instandhalter der Infrastruktur ist für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit unerlässlich. Der Informationsfluss sollte dabei so gestaltet sein, dass dem Eigentümer/Besitzer jederzeit aktuelle Zustandsinformationen sowie Einblicke in den Stand der Leistungserfüllung zur Verfügung stehen – und das, ohne zusätzliche Arbeitsbelastung für den Instandhalter. Oft wird unterschätzt, wie hoch der Aufwand für das Zusammentragen von Informationen für Reports ist, wenn die erforderlichen Daten in unterschiedlichen Systemen und Formaten vorgehalten werden. Die wesentlichen Inhalte eines Instandhaltungshandbuches sind:

- Terminologie, - Beschreibung der Anlagenobjekte und der Instandhaltungsziele, - Definition von Vorgaben und Standards, - Anforderungen an den Eigentümer/Nutzer und dessen Pflichten, - Anforderungen an den Instandhalter und dessen Pflichten, - Grundlagen der Anlagendokumentation und des Reportwesens, - Maßhandbuch Rad & Schiene, - Kriterien der Prioritätenbildung, Zustandsbeurteilung und -bewertung, - Prüfpläne, -umfänge und -intervalle für Inspektion und Wartung, Monitoring, - Fehlerstatistiken und Trendanalysen, - Erscheinungsbild und Kundenwirkung.

4. EDV Unterstützung in der Instandhaltung Im Bereich der Schieneninfrastruktur haben Geschäftsprozesse eine besonders hohe Datenrelevanz. Bei der Planung, dem Bau und insbesondere am Betreiben der Infrastruktur wirkt eine Vielzahl an Beteiligten mit, die ständig auf zuverlässige, aktuelle Daten angewiesen sind. Dies erfordert ein qualifiziertes Datenmanagement, definierte Standards für den Datenaustausch sowie ein klares Zeitmanagement auch auf Daten- und Prozessebene zwischen den Beteiligten [15]. Wurde einer strukturierten Datenspeicherung in der Vergangenheit keine hohe Bedeutung beigemessen, legen Mitarbeiter die Daten nach eigenen Bedürfnissen an und ab. Diese Informationen liegen heute zumeist verstreut und redundant vor, widersprechen sich oftmals oder sind überholt. Zusätzlich geht nicht dokumentiertes Fachwissen mit dem Weggang von Mitarbeitern verloren. Nach modernen Anforderungen sind Informationen nicht bei einem oder wenigen Mitarbeitern konzentriert zu bündeln, sondern für Auswertungen, Analysen und Berichte transparent und jedem Berechtigten organisationsübergreifend zur Verfügung zu stellen. Für das Instandhaltungsmanagement kommen deshalb auch nur datenbankbasierte Softwaresysteme in Frage. 5. Datenbankgestützte Informationssysteme - Kaufmännisch Hierunter fallen die so genannten ERP-Systeme. Enterprise-Resource-Planning (ERP) bezeichnet die unternehmerische Aufgabe, vorhandene Ressourcen (Kapital, Betriebsmittel und Personal) möglichst effizient für den betrieblichen Ablauf einzuplanen. Der ERP-Prozess wird in Unternehmen häufig durch komplexe ERP-Softwaresysteme unterstützt die möglichst alle Geschäftsprozesse abbilden. Raumbezogene Daten werden nicht unterstützt – ERP-Systeme kennen keine Örtlichkeit. Typische Funktionsbereiche einer ERP-Software sind:

- Materialwirtschaft (Beschaffung, Lagerhaltung, Disposition, Bewertung), - Finanz- und Rechnungswesen, - Vor- und Nachkalkulation, - Controlling, - Personalwirtschaft,

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- Forschung und Entwicklung, - Verkauf und Marketing, - Stammdatenverwaltung.

Die bekanntesten ERP-Produkte stammen von SAP, Oracle, PeopleSoft, Sage und Microsoft. 6. Datenbankgestützte Informationssysteme - Technisch 6.1 Geographische Informationssysteme (GIS) sind Systeme, mit denen raumbezogene Daten digital erfasst und redigiert, gespeichert und reorganisiert, modelliert und analysiert sowie alphanumerisch und graphisch präsentiert werden [16]. Ein GIS vereint eine Datenbank und die zur Bearbeitung und Darstellung dieser Daten nützlichen Methoden (Kurzdefinition nach Fédération Internationale des Géomètres). Das grundlegende GIS-Datenmodell verwaltet raumbezogene Objekte als Vektordaten in Form von Punkten, Linien und Flächen oder als Rasterdaten in Form von Pixeln. Es unterscheidet sich nicht wesentlich von herkömmlichen Datenstrukturen (wie in einfachen Grafik/CAD-Programmen). GIS-Programme nutzen Datenbanksysteme für die Verwaltung von Attributdaten sowie besondere Programmroutinen die das Zusammenspiel zwischen der Datenbank und den Grafikobjekten organisieren. Zu allen graphischen Infrastruktur-Objekten existiert ein Merkmal ‚Wo’, das durchgängig mit anderen Sachattributen (Was, Wann, Wie ..) verknüpft werden kann. Zu den Herstellern von GIS Systeme zählen u.a. Autodesk, Intergraph, ESRI, Mapinfo und Smallworld. 6.2 Instandhaltungs- Planungs- und Steuerungssysteme (IPS) sind Anlagenmanagementsysteme, mit denen sich die gesamte Instandhaltung auftrags- und objektbezogen organisieren, planen und steuern lässt. Seit Anfang der neunziger Jahre können IPS-Systeme als die umfassendsten Softwaresysteme für den Instandhaltungsbereich angesehen werden. Diese decken nicht nur die Aufgaben ab, die im engeren Sinne zur Planung und Steuerung der Instandhaltungsaufträge durchzuführen sind, sondern enthalten darüber hinaus Module zur Unterstützung der Instandhaltung im Rahmen des Instandhaltungscontrollings sowie der Schwachstellenanalyse [3]. Neben einem Dokumentenmanagement stellen IPS-Systeme die Verwaltung und Auswertung von Zustandsdaten über die Zeit, eine aktive Gewährleistungsverfolgung und die DV-technischen Grundlagen zur Durchführung gezielter Schwachstellenanalysen als Basis für die Verfolgung des gesamten Anlagenlebens zur Verfügung. IPS sind eng an die Geschäftsprozesse des technischen Anlagenmanagements angelehnt und somit in der Lage, den Erfolgsfaktor Nr. 1 umzusetzen, die Prozessoptimierung. Werden IPS- und ERP-Systeme miteinander vernetzt, wird damit, aufgrund der durchgängigen Begleitung des gesamten Instandhaltungsprozesses, die Basis geschaffen, die Lebenszykluskosten objektorientiert ohne großen Buchungsaufwand zu ermitteln. Vom Auslöser der Instandhaltung (Zustand, Frist, Ausfall) über die Beauftragung und Ausführung bis hin zur Fertigmeldung lassen sich sämtliche Informationen integriert darstellen. Durch die Einbindung von Eigentümer/Nutzer und Instandhalter ermöglichen IPS-Systeme eine praktikable Gegenseitigkeitskontrolle ohne zusätzlichen Reportingaufwand. IPS-Systeme für Bahninfrastrukturanlagen werden u.a. angeboten von: Datastream, MRO Software, PC-Soft und Schreck-Mieves. 7. Systementscheidung Welches ist das geeignete Softwaresystem für die Infrastrukturinstandhaltung? Auf eine wirksame prozessunterstützende Funktion kommt es an. Bedenkt man das hohe Einsparpotential das InfraCost Studien bei der Prozessverbesserung sehen, wird deutlich, dass geeignete Systeme vor allem daran zu messen sein werden, inwieweit sie zur Verbesserung der Instandhaltungsprozesse beitragen. Zur Qualitätsverbesserung der Abläufe und Schnittstellen und besseren Planbarkeit der Kapazitäten und Module ist vor allem eines wichtig, Transparenz. Doch Transparenz hat ihren Preis, insbesondere wenn sie über Abteilungsgrenzen hinweg benötigt wird dominieren datentechnische Insellösungen mit mehr oder weniger lückenhaftem Datenbestand. Transparenz erfordert aber die zeitnahe Bereitstellung lückenloser, gesicherter und widerspruchsfreier Daten die praxisgerecht strukturiert sind und damit qualifiziert ausgewertet werden können. IPS-Systeme sind als integrale Bestandteile des gesamten

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Instandhaltungsprozesses ausgelegt und damit eine wesentliche Grundlage für wirtschaftliche Prozessabläufe. Die speziellen Anforderungen der Infrastrukturinstandhaltung sollten die entscheidenden Kriterien bei der Auswahl des technischen Planungs- und Steuerungssystems sein. Bei den abzubildenden Anlagen handelt es sich um linear, räumlich ausgedehnte Objekte, die sich wiederum durch einen heterogenen Aufbau auszeichnen. Bezogen auf den langen Lebenszyklus dieser Anlagen sind diese Bauformen dazu noch einem steten Wandel unterworfen. Von entscheidender Bedeutung für die Realisierung einer zustandsorientierten Instandhaltung ist jedoch die informationstechnische Integration von Zustandsdaten in das Instandhaltungs- Planungs- und Steuerungssystem. Aktuelle Zustands- und Betriebsdaten stellen das mit Abstand größte Datenvolumen dar, deshalb muss der Informationsfluss zu vorgelagerten Zustandserfassungs- und -bewertungssystemen automatisiert und sicher funktionieren. Eine solche Verbindung existiert beispielsweise zwischen der IPS-Branchenlösung für Bahnanlagen vips®/r 10) und dem Zustandserfassungs- und -bewertungssystem MR.pro®. vips®/r verfügt zudem über eine parametergesteuerte grafische Abbildung und Visualisierung von Stamm- und Zustandsdaten.

Bild 30: Die grafische Darstellung der klassifizierten Mängel unterstützt die Instandsetzungsentscheidung linear ausgedehnter Anlagenobjekte.

Inwieweit sich GIS-Systeme als Integrationsplattform für einen unternehmensweiten Datenzugriff eignen, sozusagen als Informationsportal, hängt im wesentlichen von den individuellen Voraussetzungen des Unternehmens ab. Auf jeden Fall ist eine Verzahnung der Anwendungen zur Sicherstellung der integrierten Geschäftsprozesse unumgänglich – etwa in Form einer engen Kopplung der Systeme. Aufbau und Strukturierung der Daten haben einen entscheidenden Einfluss auf Qualität und Aussagekraft von Information und Ergebnis (Output). Auch der spätere Pflegeaufwand der Stammdaten lässt sich durch eine geschickte Grundstruktur, die parametrisierte Änderungen zulässt, eingrenzen. Orientierung zum Aufbau einer vereinheitlichten Struktur kann das Datenmodell des Infrastruktur-Daten-Management bieten 11).

Gleis Nr.

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8. Anlagenmanagement Optimierte Instandhaltungsorganisationen zur Sicherung einer hohen Anlagenverfügbarkeit gehören zum primären Aufgabenumfang des Instandhaltungsmanagements. Darüber hinaus umfasst das Anlagenmanagement die unternehmerische, gestaltende Aufgabe einer Leistungssteigerung der Anlagen bei gleichzeitiger Minimierung der Lebenszykluskosten. Bedingt durch die wachsende Vielfalt und den schnellen technologischen Wandel der Infrastruktur werden zunehmend die Hersteller in die Anlageninstandhaltung integriert. Planbare Instandhaltung und Erneuerung werden dabei entweder den Herstellern komplett übertragen oder von diesen arbeitsteilig mit dem Instandhalter durchgeführt. Der Vorteil liegt in der Verringerung der erforderlichen personellen Bandbreite für den Instandhalter, da keine eigenen Spezialisten für alle unterschiedlichen Systeme vorgehalten werden müssen. Neben der Risikoteilung werden insbesondere Verbesserungen bei der Schwachstellenerkennung und -beseitigung erzielt, wobei die Kompetenz des Betreibers erhalten bleibt bzw. noch erweitert wird. Der „Anlagenmanager auf Zeit“12), ein erfahrener Instandhalter, unterstützt den Instandhaltungsverantwortlichen bei allen notwendigen Tätigkeiten im Tagesgeschäft; und zwar genau an den Stellen, wo er benötigt wird, als ein (1) Ansprechpartner für das gesamte Thema Infrastrukturinstandhaltung. Der Leistungsumfang richtet sich nach dem individuellen Bedarf und variiert von Einzelaufgaben, wie Kostenschätzung, Bauüberwachung oder Abnahmen bis hin zu ganzheitlichem Anlagenmanagement bei voller Budgetverantwortung. Häufig übernimmt der Anlagenmanager auf Zeit auch weitere koordinierende Funktionen als „Instandhaltungsleitstelle“. Aus der Querschnittserfahrung der Tätigkeit für viele unterschiedliche Infrastrukturbetreiber verfügen Anlagenmanager auf Zeit über ein hohes Maß an Erfahrungswissen, von dem alle Betreiber profitieren. So gibt beispielsweise der Vergleich empirisch ermittelter Normkosten für angemessene Oberbauinstandhaltung Aufschluss über Höhe und Verwendung von Instandhaltungsmitteln. Zum Aufgabengebiet des Anlagenmanagers auf Zeit gehören:

• Dokumentation über die Lebensdauer der Anlagenobjekte (Lebensakte) • Herstellen von Kostentransparenz und Kostenbewertung (Normkosten Instandhaltung) • Vorbereitung von Entscheidungen und Auftragsabwicklung, • Budgetüberwachung und Instandhaltungscontrolling • Schaffung einer Datenbasis zur Anlagenentwicklung zum Einsatz LCC-optimierter

Spezifikationen • Gewährleistungsverfolgung • Überwachung des Anlagenzustands (Monitoring)

9. Ausblick und weitere Entwicklung Instandhaltungsobjekte durchlaufen in ihrem „Leben“ verschiedene Stadien im Prozess der wirtschaftlichen Wertminderung, die sie in definierte Entwicklungsstufen eingruppierbar machen. Prinzipiell kann die regelmäßige Inspektion und Überprüfung des Bauzustands von Gleisinfrastrukturobjekten dahingehend ausgewertet werden, dass daraus zuverlässige Schätzungen der Restnutzungsdauer abgeleitet werden können. Die momentan verwendeten Bewertungssysteme sind darauf ausgerichtet, eine Priorisierung von Schadensbehebungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auf der Grundlage des aktuell festgestellten Zustands vorzunehmen. Sie ermöglichen jedoch (noch) keine Aussage über die Wertminderung (monetär) oder die Restnutzungsdauer der Anlagenobjekte. Dies soll in Zukunft durch die Weiterentwicklung der Berechnung des aktuellen Abnutzungsvorrats von Anlagenobjekten (Kennziffer Abnutzungsvorrat KAV 2)) möglich werden:

- die aktuelle Entwicklungsstufe der Anlagenobjekte bestimmen, - eine Restnutzungsdauer reproduzierbar ermitteln, - eine monetäre Wertermittlung der Anlagen durchführen.

Weiterhin ist die Einbeziehung und Übertragung der beschriebenen Klassifizierungs-, Bewertungs- und Verdichtungsmethodik auf weitere Gewerke wie Stromversorgung, Leit- und Sicherungs- bzw. Signaltechnik, Ingenieurbau etc. vorgesehen.

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10. Zusammenfassung von Kapitel 3 Instandhaltungsplanung, -steuerung und Ausführung sind dann erfolgreich, wenn sie die zwischen Eigentümer/Nutzer und Instandhalter getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich der definierten Anlagenqualität und Verfügbarkeit zu geringstmöglichen Kosten erfüllen. Dazu muss die Instandhaltung angemessen und bedarfsgerecht erfolgen, also beanspruchungsgerecht, konzentriert auf das Wesentliche und unwirtschaftliche Maßnahmen vermeidend. Wie lässt sich eine wirtschaftliche Instandhaltung realisieren? Eine elementare Voraussetzung dazu sind schlanke und effiziente Arbeitsprozesse in Planung, Steuerung und Durchführung der Anlageninstandhaltung. Prozessqualität zeichnet sich durch eine schnelle zu zuverlässige Auftragsbearbeitung, kurze Bearbeitungszeiten, hohe Transparenz und Flexibilität aus. Durch die Orientierung an lebensdauerverlängernden Maßnahmen, die Verwendung instandhaltungsarmer und -freundlicher Komponenten und die Einflussnahme auf das rollende Material sichert der weitblickende Instandhalter die getroffenen Vereinbarungen auch für die Zukunft. Zum Weitblick gehört aber auch ein Planungshorizont, der die lange Nutzungsdauer der Anlagenobjekte berücksichtigt. Die Grobplanung (t6 bis t20) arbeitet mit einer angenommenen Nutzungsdauer pro Anlagenobjekt, die durch Berücksichtigung von lebensdauerbeeinflussenden Parametern, z.B. Verkehrsbelastung, Nutzungsart, Bauform etc. verfeinert werden kann. Zur Feinplanung lassen sich die Infrastrukturobjekte unter Anwendung einer technisch-wirtschaftlichen Klassifizierung in eine zustandsorientierte 5-Jahresplanung überführen. In Kombination entsteht eine hinreichend genaue Langfristplanung und eine genaue Kurzfristplanung, die einerseits Überraschungen vermeidet und andererseits die konkrete Basis für eine wirtschaftliche Instandhaltungsplanung darstellt:

Qualifizierung von Entscheidungen und Planung,

Verminderung von Handlungsfehlern/ -mängeln,

Transparenz des gesamten Instandhaltungsgeschehens,

Erfüllung der Anforderungen des Qualitätsmanagements,

prozessgerechte Planung und Abrechnung,

Abwehr von Haftungsrisiken. Instandhaltungsprozesse im Bereich der Schieneninfrastruktur haben hohe Ansprüche an die Qualität und Verfügbarkeit von Informationen. Eine verbesserte Datenqualität lässt sich nachhaltig nur mit einer passenden DV-Unterstützung erreichen. Die allgemein für die Infrastrukturinstandhaltung einsetzbaren Informationssysteme sind vielfältig – für die besonderen Anforderungen der Bahninfrastruktur kommen jedoch nur spezialisierte Branchenlösungen in Frage. So bringen Instandhaltungs- Planungs- und Steuerungssysteme (IPS) nur dann entscheidende Vorteile, wenn das mit Abstand größte Datenvolumen, die veränderlichen Zustandsinformationen, automatisiert und ohne händischen Pflegeaufwand ins System überführt werden können. Nach diesen praxisnahen Erfordernissen ist der Informationsfluss zwischen vips®/r und dem vorgelagerten Zustandserfassungs- und -bewertungssystem MR.pro® ausgelegt. Vorausschauendes Anlagenmanagement orientiert sich an Zielen, die dem Gesamtsystem dienen um die Nutzungsvorräte der Komponenten und Baugruppen kontrolliert ausschöpfen zu können. Neue Dienstleistungsangebote, wie der „Anlagenmanager auf Zeit“, unterstützen Infrastrukturbetreiber nachhaltig bei ihren verantwortungsvollen Instandhaltungsaufgaben - der wirtschaftlichen Instandhaltung.

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__________________________________________ 1) „Maintenance by Objectives“ – abgeleitet von „Management by Objectives“ (deutsch: Führen durch Zielvereinbarung) ist eine Methode aus der Betriebswirtschaftslehre zur Führung von Mitarbeitern eines Unternehmens, die 1955 von Peter F. Drucker entwickelt wurde. Maintenance by Objectives MbO ist das Synonym für eine Instandhaltung mit Zielen, wobei Ziele die konkretisierten Zustandsvereinbarungen zwischen Eigentümer (Besteller) und Instandhalter (Ersteller) darstellen. 2) Kennziffer Abnutzungsvorrat KAV ist ein von Schreck-Mieves GmbH entwickeltes Verfahren zur Bewertung- und Verdichtung des Anlagenzustands. 3) Die Pareto-Verteilung, benannt nach dem ital. Ökonom und Ing. Vilfredo Frederico Pareto, beschreibt, dass eine kleine Anzahl von hoch bewerteten Elementen in einer Menge sehr viel zum Gesamtwert der Menge beitragen, wohingegen der überwiegende Teil der Elemente nur sehr wenig zum Gesamtwert beiträgt. Daraus leitet sich das Pareto-Prinzip, auch 80:20- Regel oder 80/20-Verteilung ab: 80% des Erfolgs erreicht man mit 20% der Mittel,bzw. 20% der strategisch richtig eingesetzten Zeit bringt 80% der Ergebnisse. 4) Die SR Begriffe wurden von der DB AG entwickelt – sie entstammen der aktuellen DB Richtlinie Ril 821. 5) MessReg ist eine Marke der Vogel & Plötscher GmbH. 6) MR.pro® ist eine eingetragene Marke der Schreck-Mieves GmbH. Neben der Zustandserfassung für Weichen mit MR.pro®Weiche wurde MR.pro®Gleis für die digitale Erfassung von Stammdaten und Zustandsdaten der Gleise aus der täglichen Praxis der Weichen- und Gleisinspektion heraus entwickelt. 7) Microsoft Excel® ist eine eingetragene Marke der Microsoft Corp. 8) GPS Kamera und die Software GPS PhotoMapper sind eingetragene Warenzeichen der alta4 Geoinformatik AG. 9) EMAuni ist ein handliches, kontinuierlich messendes Gleisgeometriemessgerät der Vogel & Plötscher GmbH, das von Schreck-Mieves mit Schienenscannertechnik ergänzt wurde. 10)vips®/r, ein IPS-System für Eisenbahnnetze ist eine eingetragene Marke der PC-Soft GmbH. 11) Das Forschungsprojekt Infrastruktur-Daten-Management für Verkehrsunternehmen hat ein Datenmodell für die Infrastruktur

(IDM) entwickelt, das die systemneutrale Abbildung der Infrastruktur erlaubt. Es beschreibt eine qualifizierte Grundstruktur, eindeutige Definitionen und Objektbeschreibungen sowie einen Schnittstellenstandard. IDM ist ein Projekt der Träger: VDV, ÜGG, BMVBS

12)Anlagenmanager auf Zeit ist ein von Schreck-Mieves GmbH als Hersteller von Infrastrukturanlagen entwickeltes Dienstleistungskonzept zur aktiven Unterstützung von Infrastrukturbetreibern.

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Literatur:

[1] Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) Schrift 170 10/00: Instandhaltung von Schienenfahrzeugen nach BOStrab. [2] DIN EN 13306 (DIN 31 051): Begriffe der Instandhaltung. [3] Alcalde Rasch, A.: Erfolgspotential Instandhaltung. Erich Schmidt Verlag 2000. [4] Haaß, M.; Marx, A., Rolle, K.: Kennziffer Abnutzungsvorrat (KAV) – Empirisches Verfahren zur

Zustandsbewertung von Anlagen der Bahninfrastruktur. Nicht veröffentlicht. [5] Praxisempfehlungen zu Zielvereinbarungen des BMI, Januar 2001. [6] Lehna, H.; Lutz, V.: Optimierung der Spurführung von Schienenfahrzeugen. Nicht veröffentlicht. [7] Brackmann, H.;Lutz, V.: Mehrstufige Betriebstoleranzen als Ergebnis spurführungstechnischer Untersuchung. Nicht veröffentlicht. [8] Kühlwetter, H.-J.: Der Betriebsleiter. Eisenbahningenieur 11/99, S. 80-83; § 4 EBV und Kommentierung durch Kühlwetter bei Kunz, Eisenbahnrecht, Abt. A 4.3, S 27-35 [9] Urteil des Bundesgerichtshofes BGH in NJW 73, 1602; Der Betrieb 78, 1830 [10] Ostermann, N.; Ossberger, M.: Strategieelemente der urbanen Fahrweginstandhaltung. ZEV Glasers Annalen 129 (2005) S. 496-505. [11] Roesch, M.: Moderne Gleismessfahrzeuge für den Nachweis der qualitätsgerechten Bauausführung. Eisenbahn Ingenieur (55) 9/2004, S. 48. [12] Rainer, M.; Marx, A.: Laserbasierte Schienenprofilerkennung und Verschleißquantifizierung.

Nicht veröffentlicht. [13] Beer, M.; Scholtz-Knobloch, O.; Sikora, D.: Infrastrukturmanagement – Fit für den Wettbewerb.

Verkehr + Technik, Heft 10.2006 [14] Bundesministerium der Finanzen: AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter,

15.12.2000 [15] Bickelhaupt, R.; Stüwe, H.: Infrastruktur-Daten-Management – unverzichtbar für

Verkehrsunternehmen? Der Nahverkehr 12.2005 [16] Bill, R.: Grundlagen der Geoinformationssysteme. Heidelberg 1994, ISBN 3-87907-265-5.

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Autor:

Andreas Marx 44 Jahre (2006), Studium der Betriebs- und Volkswirtschaft (Trier und Hagen) Tätigkeit in verschiedenen Industriebranchen mit Schwerpunkt Materialwirtschaft und Instandhaltung, seit 1994 bei Schreck-Mieves GmbH für den Geschäftsbereich Instandhaltung & Management (IH&M) verantwortlich. IH&M entwickelt Konzepte und praxisnahe Komponenten für Anlagenmanager zur Gesamtoptimierung der Instandhaltung von Rad und Schiene, z.B. Erfassungs- und Diagnosesysteme, Bewertungsverfahren zur Messung von Anlagenqualität, spurführungstechnische Untersuchungen sowie die Qualifizierung von Fach- und Führungskräften des schienengebundenen Güter-, Nah- und Fernverkehrs.

Kontakt: RS Gleisbau GmbH Services Schiene In den Kreuzfeldern 2 D-54340 Longuich / Trier Fon +49 (6502) 9941-63 Fax +49 (6502) 9941-68 Mobil +49 (160) 5829 558 Mail [email protected] Web www.sersa.de www.bahnwege-seminare.de