MARISTENBRÜDER - Fraters Maristen | West- en … Weg folgt. Man verliert den anderen aus dem Auge...

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2 2013 BULLETIN MARISTENBRÜDER EUROPA-ZENTRAL-WEST

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BULLETIN

MARISTENBRÜDER

EUROPA-ZENTRAL-WEST

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REDAKTIONF. Jacques ScholteF. Victor VermeerschFrau Nellie BeelenFrau Daphne van DongenSophiaweg 4NL 6523 NJ Nijmegenwww.marists.eu

ÜBERSETZERF. Edouard BlondeelF. Joseph De MeyerF. Alois EngelF. Charles GayF. Augustin HendlmeierF. Aloys-Emil KesslerF. John PhillipsF. Albert Thomé

INDEXVorwort 3

Brief F. Brendan Geary 4

Champagnat, würde er unser Brüder sein 6

Marzellin Champagnat:als Katechet in seinen Fußstapfen 7

Marzellin Champagnat ein Maristenpater ? 8

In Verbindung sein:Brüder-Laien / Laien - Brüder 9

Meine Erfahrungen als Maristim Kommunitätsleben 10

Feier der zehnjahrigen Anwesenheitder Brüder in Dessau 11

Konkret handeln 12

Eine Reise mit den Maristen 13

Leben in Hermitagezur Zeit Champagnats 15

Zusammenarbeiten 17

In Memoriam: F. Franziskus Karbe 18

In Memoriam: F. Bernhard Kletzmeier 19

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6. JuniFest des

heiligen Marzellin Champagnat

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Nun sind es schon fast zweiMonate her, seit unsere Pro-vinz das fünfte Provinzka-

pitel abgehalten hat. Eine neueVerwaltungszeit hat inzwischenbegonnen. Und ihr habt die ersteNummer unseres Bulletins in denHänden. Mit ganzem Herzen hatsich die Redaktion des Bulletinsan die Arbeit gemacht und dieÜbersetzer wurden gebeten, un-sere Artikel in die entsprechendeSprache zu übersetzen. Einherzliches Dankeschön dafür!

Wir wünschen euch für die kom-menden Ausgaben bei Lesenebenso viel Freude wie in derVergangenheit und hoffen, dassdas Bulletin unter uns in der Pro-vinz ein Zeichen der Verbunden-heit bleibt.

Das Wort Verbundenheit soll dasSchlüsselwort für diese neueAmtszeit sein. Die Zahl der Mit-glieder in unsere Provinz gehtzurück. Auch die Anzahl derHäuser verringert sich. DasDurchschnittsalter der Brüdernimmt zu. Diese Beispiele sollen

nicht entmutigen. Sie zeigen eineWirklichkeit, die zu unserer Zeitgehört. Damit zeigen wir, dassdie Verbundenheit einen beson-deren Wert darstellt. Dieses Ver-bundensein soll die Kräfte bün-deln und uns lehren, das Unbe-kannte zu schätzen.

Die Verbundenheit steht im Wi-derspruch zur Zersplitterung.Diese reißt Gräben auf und hatzur Folge, dass jeder seinem eige-nen Weg folgt. Man verliert denanderen aus dem Auge und sofühlt man sich nicht mehr ver-bunden. Schließlich wird esschwierig sein, noch irgendeinenZusammenhalt zu finden.

Im Verlauf der letzten dreizehnJahre gab es mehrere Zeichen derVerbundenheit. Denken wir vorallem an den Prozess, unsere Pro-vinz zu einer Einheit zu machen.Da wir uns alle nicht kannten, ha-ben wir Knotenpunkte gesucht,um ein Band zu schaffen, das unszusammenhält. Unsere Lebens-wahl und die Verbindung einesjeden mit der uns von Marzellingegebenen Spiritualität warennatürliche „Bindungen“. Diesezwei Quellen stehen über der ak-tuellen Verschiedenartigkeit inunserer Provinz. Ja, auch unsere

Art, „Marist“ zu sein, ist ebenfallsverschieden. Trotz allem findenwir uns zusammengehörig wasSprache, kulturelle Unterschiedeund Texte, die wir lesen, angeht.Es wird für euch auch das gleichesein, wenn ihr die vor euch lie-gende Ausgabe lest, die Artikelüber Marzellin aus verschiedenenBlickwinkeln beinhalten. Er selbstist unser Zusammenhalt!Während seines Lebens hat Mar-zellin ganz konkret gesucht, Ban-

de zu knüpfen. Die Jugendlichenhatten ihren Lebenssinn und ihreBindung zu Gott verloren. Er sah,was der Verlust des Zusammen-haltes mit sich bringt. Es ist sehrbeweiskräftig mit dem von Todegezeichneten Jugendlichen, deram Ende seines Lebens seinen Be-zug zu Gott nicht kannte. Diezerstörte Verbundenheit erzeugtBrüche.

Das beste Beispiel für Verbunden-heit ist Jahwe selbst. Ein für alleMal sagt er seinem Volk: „Ich binder ich-bin-da“ oder „Ich bin da“.Dieser Name spricht ein Bündnisaus. An uns ist es, seinen Namenzu enthüllen! Wir können unserenZusammenhalt miteinander su-chen, wenn wir das Bündnis le-ben, das ER uns gegeben hat.

Unser Bulletin hofft in Beschei-denheit, unseren Zusammenhaltin den kommenden Jahren dar-zustellen, wenn auch nur mit klei-nen Ansätzen!

Lasst euch durch die Artikel, dieuns verbinden, forttragen!

F. Jacques Scholte

VORWORT

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Liebe Brüderund Freunde der Maristen,

dieses ist mein erster Brief seitdem Provinzkapitel, das vom1. bis 5. April in St. Ottilien

stattfand. Das Kapitel war einesehr positive Erfahrung und wur-de an einem sehr passenden Ortdurchgeführt. In meiner Eröff-nungsrede erwähnte ich einigeGedanken über das, was ich vomKapitel erhoffte:„Während des Kapitels sind wir da-zu eingeladen, weiterhin Brückendes Dialogs und des Zusammentref-fens zu bauen mit uns selbst und mitden Laien, die am Mittwoch einigeZeit mit uns verbringen. Darin be-steht meine wichtigste Hoffnung fürdas Kapitel.“Der Tag, den wir mit den vier Lai-en verbrachten, war der Höhe-punkt des Kapitels für viele derDelegierten. Herr Paul Meany,Schulleiter am Marian College inDublin, und Herr Josef Maier,Schulleiter an der Maristenreal-schule in Cham, sprachen darü-ber, wie sie weiterhin die maristi-sche Vision von der Erziehungund den charakteristischen maris-tischen Geist an ihren Schulenfördern wollen. Frau Anne Lefortteilte ihre Erfahrungen als ein Mit-glied der Fraternität von Malme-dy mit und Herr Armin Mahler,ein Mitglied der Fraternität in St.Ottilien, sprach über die Ge-schichte und die Erfahrungen derMitglieder dieser Gruppe.Die Delegierten des Kapitels erar-beiteten eine Erklärung über diePrioritäten in den Bereichen Mis-sion und Spiritualität. Sie beton-

ten auch, dass wir mehr und mehr mit den Laien zusammenarbeitensollen. Diese Prioritäten geben die Botschaft des XXI. Generalkapitelswieder. Sie erfordern auch ein sorgfältiges Nachdenken darüber, was wirals Provinz tun können, um diese Prioritäten in die Tat umzusetzen.

BESUCH IN DER PROVINZ CRUZ DEL SURAm Sonntag, den 28. April, flog ich von Madrid nach Buenos Aires, umeine Woche in der Provinz Cruz del Sur zu verbringen. Als Teil der Vor-bereitungen der Generalkonferenz, die im September in Hermitage statt-finden wird, wurden alle Provinziale und Distriktoberen gebeten, eineandere Provinz zu besuchen. F. Emili sah das Ziel dieser Besuche wiefolgt: „Mit einem anderen Provinzial oder Distriktoberen gemeinsam zuerfahren, wie Leitung durchgeführt werden kann, welche Herausforde-rungen und welche Themen anstehen, wie man sie zu lösen versucht.“ Eskönnte leicht sein, solche Erfahrungen einfach abzutun. Ich las jedochneulich ein Buch über Führung, in dem solche Erfahrungen ausdrücklichempfohlen werden als Weg, die Horizonte im Bereich der Führung aus-zuweiten.

Diese Reisen haben die Provinziale in Teile des Instituts gebracht, die siebisher nicht gekannt haben. Einfach durch die Konfrontierung der Pro-vinziale mit anderen Wirklichkeiten hat der Generalrat unseren Sinn fürdie Komplexität, die Verschiedenheit, die Schwierigkeiten und Heraus-forderungen, denen das Institut gegenübersteht, vertieft.Die Provinz Cruz del Sur wurde gebildet aus den früheren Provinzen vonCordoba und Lujan in Argentinien und der von Uruguay. Die deutscheProvinz hatte eine lange Verbindung mit Uruguay, und es gibt noch ei-nen Bruder, Max Meier, der Mitglied dieser Provinz ist. (Er lebt zur Zeit inKambodscha als Mitglied der Mission Ad Gentes und befindet sich in dergleichen Kommunität wie F. Bernhard Tremmel.) In der Provinz gibt es135 Brüder, viele stammen aus Spanien und Italien.

BESUCHEIn Buenos Aires besuchte ich das Kolleg Belgrano und das Kolleg Cham-pagnat. Beide sind hervorragende Schulzentren innerhalb der maris-

„Komplexe, wechselseitig von einander abhängige Fragen stehen immer mehrim Zusammenhang mit Strategien. Aber der Druck, der von diesen Fragenausgelöst wird, läuft darauf hinaus, Leitungspersonen in einer ständigenHaltung des „Tuns“ zu bestärken mit keiner oder wenig Zeit für Reflexionund echtem Nachdenken. Wir meinen, dass es heute ein größeres Bedürfnisals je gibt, dass sich Führungspersonen treffen und wirklich „zusammendenken“, was die wahre Bedeutung von Dialog ist. Nur indem solche Gele-genheiten geschaffen werden, kann Hoffnung bestehen, ein gegenseitigesVerständnis und eine koordinierte initiative Aktion zu ermöglichen, die dieWelt so dringend braucht.“

„„Informative Reisen“, die Manager aus ihrer vertrauten Umgebung he-rausführen und an Orte bringen, wohin sie sonst niemals gehen würden, hel-fen dazu, Menschen miteinander zu verbinden und Quellen für das tiefereWissen zu erschließen...“*

* Senge, Peter et al (2005). Presence: Exploring profound change in pe-ople, organizations en society. London: Nicholas Brearley, S. 120 & 170

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tischen Tradition. Man kann mitdrei Jahren in den Kindergartenvom Champagnatkolleg eintretenund es schließlich als qualifizier-ter Lehrer verlassen, so wie esehemals in Arlon möglich war.Beide Schulen waren voller Akti-vität, und zwar vormittags, nach-mittags und abends. Es herrschtdort eine gesunde, positive At-mosphäre, geprägt von begeister-ten Eltern und Mitgliedern desLehrkörpers. Die Provinz betreibt19 Schulen, einschließlich einerSchule für die Eingeborenen imUrwald. Die Brüder vermitteln ih-ren Schülern eine Ausbildung aufhohem Niveau, während sie ih-nen dabei behilflich sind, ihreSprache und Kultur genau zu stu-dieren.Ich besuchte auch zwei sozialeProjekte. Eines davon wurde aufden Spielplätzen des Belgranokol-legs, etwa 30 Minuten vom Zen-trum entfernt, eingerichtet. Es gibtdort ein einfaches Haus für dieKommunität, wo zwei Brüder le-ben und dann ein Gebäude fürden Unterricht mit einer Kapelle.Man erteilt Computerkurse, Gi-tarrenkurse, Schreinerkurse, Ka-techese, Lese- und Schreibkursefür Erwachsene, Kurse für Gar-tenbau, aber auch Training inRugby und Hockey. Einige Elternvon der Belgranoschule bietenihre Mitarbeit auf freiwilliger Ba-sis an. So gibt es auch eine Zahn-arztpraxis, einen Sozialarbeiter,Rat in Rechtsfragen, Psychologen,Sprachtherapeuten, Spezialistenfür Erziehungsfragen. Alle bietenihre Dienste den armen Leuten an.Das andere Sozialprojekt befindetsich in einer Stadt mit armerBevölkerung mit Namen Merlo.Zwei Brüder und ein junger Laieleben dort und unterstützen dieMenschen auf verschiedene Wei-se. Daniel, einer der Brüder, un-terrichtet in einer Schule. Siebetreuen auch Gruppen von Dro-gensüchtigen, erteilen Gitarren-kurse und Katechese, leiten eineFraternität....

In beiden Projekten leben dieBrüder sehr einfach und sind fürdie Leute vor Ort verfügbar. Esgibt noch vier andere soziale Pro-jekte, eines, bei dem Brüder betei-ligt sind, drei andere, die vonLaien geleitet werden.Drei Tage verbrachte ich in Lujan,wo die Brüder 1903 ihre ersteSchule in Argentinien eröffnet ha-ben. Dort bat man mich einenWorkshop über Missbrauch vonKindern und Kinderschutz füreine Gruppe von 55 Direktorenvon Schulen und Werken der Pro-vinz zu halten. Dabei waren diemeisten Laien. Sie verbrachten ei-nen Tag zusammen, um an demDokument der Provinz über Kin-derschutz zu arbeiten und widme-ten einen anderen Tag anderenThemen. Am Samstag, den 4. Mai,erteilte ich einen weiteren Work-shop für etwa 40 Brüder über dasgleiche Thema und am nächstenTag bot ich eine Präsentation zuFragen zum Thema Sex im Inter-net an.Bei meinem Aufenthalt wohnteich in der Residenz Champagnat,wo die älteren Brüder leben. DasHaus erinnerte mich an Genval,wo man sich so gut um die Brüderkümmert. Man bat mich, einePräsentation über die Provinz an-zubieten, und darauf unterhieltich mich mit den Brüdern. Siezeigten großes Interesse für unse-re Provinz, besonders darüber,wie die Brüder auf den Mangel anBerufen reagieren und auf dasAufgeben von Schulen usw.. VieleBrüder sind entmutigt angesichtsder geringen Zahl von jährlichenProfessen und den Mangel an No-vizen. Ich besuchte auch einezweite Kommunität in Pilar, eben-falls ein Heim für ältere Brüder.Ebenso wie von dem Zusammen-treffen mit den Brüdern und Laienwar ich auch beeindruckt, auf wel-che Weise die beiden Häuserständig von Gruppen, besondersvon Jugendgruppen, genutzt wer-den.Am Montag, den 6. Mai, hielt ich

noch einen weiteren Workshopüber Missbrauch und Schutz vonKindern für eine Gruppe von Leh-rern am Kolleg Belgrano. Die Ve-ranstaltung fand in einem großenAuditorium statt und man sagtemir, dass 420 Teilnehmer anwe-send waren. Ich war beeindruckt,dass die Brüder die Gelegenheitnutzten, von meiner Gegenwartzu profitieren und auf diese Weiseein so heikles Thema zu behan-deln.F. Horacio, der Provinzial, sagtemir, dass er sich Sorgen mache,wie man unter den Brüdern an-gesichts der wenigen neuen Beru-fe Hoffnung verbreiten könne. Erleidet auch unter dem Problem,dass man in der Provinz so vieleProjekte habe, für die man die Ve-rantwortung trage. Wir tauschtenauch unsere Sorgen aus in Bezugauf die ständige Weiterbildung,besonders auf dem Gebiet der Spi-ritualität und in Bezug auf die Zu-kunft des Instituts.Als ich Buenos Aires verließ undüber meinen Besuch nachdachte,erkannte ich, dass der wichtigsteAspekt für mich darin bestand,eine echte Erfahrung von einemanderen Teil des Instituts gemachtzu haben. Das Leben in Kommu-nitäten in Schottland, England,Irland, Kamerun und den Verei-nigten Staaten hat meine Perspek-tive vom Maristenleben bishergeprägt. Sie wurde jetzt durchmeine Kenntnis der Lage inArgentinien noch genauer. Ichvermute, dass dies auch für dieanderen Provinziale gilt. In die-sem Sinne war der Besuch einErfolg und ich vermute, dass dieGeneralkonferenz eine nochreichere Erfahrung als Ergebnisdieser Besuche sein wird.

Mit besten Wünschen für einenwarmen und erholsamen Som-mer.

F. Brendan Geary,Provinzial

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Für die Veröffentlichung dieser Nummer des Bulletin hat die Redaktion einige Personen eing-eladen, einen Aspekt der Person Marzellin Champagnat oder ihrer Beziehung zu ihm bzw.den Brüdern zu beleuchten.

?

Seit unserem Eintritt in dieKongregation…und für jene,die in einer Maristenschule auf

einer Schulbank gesessen sind! Ja,von unseren ersten maristischenKontakten an haben wir allegehört, dass man PATER Cham-pagnat sagt.Ehrwürdiger Pater! Seliger Pater!Heiliger Pater Champagnat! Wieund warum geschah es, dass die-ses Wort Pater eigentlich un-trennbar mit Champagnat ver-bunden ist? Muss man eineErklärung oder eine Rechtferti-gung für die Tatsache finden, dassChampagnat „Maristenpater“ waroder ist? Ich hoffe, dass ich michnicht irre, wenn ich bekräftige,dass niemand von uns – noch je-mand in der Vergangenheit – andie Kongregation der Maristen-patres dachte, wenn er die Be-zeichnung oder das Wort „PaterChampagnat“ hörte oder ge-brauchte.F. Jean-Baptiste Furet teilt uns in„Leben (Champagnats)“ in der Tatzwei kleine wunderbare Episodenmit, die uns über diese Fragenaufklären. Im November 1819verlässt Champagnat das Pfarr-haus, um bis zu seinem Tod mitseinen Brüdern zu leben. In dieser

Zeit nun flehten die Brüder Pfarrer Champagnat an, ihnen zu erlauben,ihn Pater Champagnat zu nennen, was er ihnen sehr gerne gewährte.Dieser Hinweis von F. Jean-Baptiste erinnert daran, dass die Brüder bisjetzt wahrscheinlich „Herr Pfarrer“ sagen mussten, wenn sie sich an denGründer wandten. Die Brüder sind sich recht darüber bewusst, dass die-se Anrede nicht mit ihrem Herzensgefühl übereinstimmte, wenn sieMarzellin sehen, wie er sein Leben mit ihnen teilt. Die ZustimmungChampagnats ruft brüderliche Freude auf beiden Seiten hervor.Wenn die Brüder in der kommenden Zeit vom Gründer sprachen, dann

nannten sie ihn „ den guten Vater“. So zeigten sie ihre ungeheure Freude,als F. Stanislas im Jahre 1826 den genesenden Marzellin im Kommu-nitätssaal ankündigte: „Es ist Pater Champagnat, unser guter Vater!“(Leben Champagnats, S. 146)Dieses so starke väterliche Gefühl, das F. Jean-Baptiste so betont hat,wurde ganz intensiv von den Brüdern gelebt. Der Artikel 49 unsererKonstitutionen ist für dieses Thema sehr aufschlussreich: „Die Brüderliebten ihn wie einen Vater!“ Ich verweise auch auf den neuen Ausdruck,den wir von den Laienmaristen im „Versammelt um den gleichen Tisch“haben. Er zeigt eine wirklich brüderliche Bedeutung! Aber wissen wir,was ein Vater für seinen Sohn, für seine Tochter ist? Der Vater hegt im-mer in seinem Herzen ein großes verborgenes Gefühl der Gleichheit, derBrüderlichkeit. Dieses Gefühl geht über die Väterlichkeit hinaus… unddiese „Heimlichkeit“ wird oft verneint oder nicht erkannt.Für uns Brüder kann nach dem II. Vatikanum unsere Beziehung zu unse-rem Gründer problemlos von der Väterlichkeit zur Brüderlichkeit hin ge-hen. Das Priestertum von Marzellin Champagnat war damals der einzigemögliche Weg, um einen Orden für Lehrer und Katecheten zu gründen.Aber sein priesterlicher Charakter hat ihn überhaupt nicht daran gehin-dert, um ganz Bruder unter seinen Brüdern zu sein, wie es uns sein Lebenzeigt. Er war der Erste von uns allen! Es gibt noch mehr als sentimentaleGründe, um zu sagen, dass Champagnat ein BRUDER ist. Die kindlicheLiebe geht noch weiter: wir nennen uns „seine Brüder“ oder „seine klei-nen Brüder“. Warum sollte man also nicht sich trauen zu sagen: „Cham-pagnat, Bruder unter Brüdern“? Nun bin ich bzw. wir sind an derÜberschrift dieses Artikels oder an dieser Ausführung angelangt:„Champagnat…würde er unser Bruder sein?“ Wenn wir seine Brüdersind, wenn wir uns als seine Brüder bezeichnen, so sagt dies, dass er,Champagnat, unser Bruder ist. Wenn wir uns als seine kleinen Brüderbezeichnen… dann ist er, Champagnat, unser großer Bruder.Es geschieht oft, dass befreundete Personen, manchmal sehr einfacheMenschen, auch Kinder, die Bezeichnung Frater Champagnat ge-brauchen. Haben wir schon einmal nachgedacht, dass uns solche Men-schen oder diese Kinder eine wunderbare Wahrheit enthüllen? Einer

CHAMPAGNAT…WÜRDE ER UNSER BRUDER SEIN?

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unserer ersten kleinen Brüder, Syl-vester, ein Kind von 12 Jahren und3 Monaten, ruft uns schalkhaft dasGefühl für diesen Bruder Cham-pagnat zu, wenn er in seinen Erin-nerungen von der zärtlichstenVäterlichkeit des Gründersspricht? F. Sylvester hat in demBuch „Unsere ersten Brüder –Wunderbare Gefährten Marzel-lins“ seinen Platz gefunden. DerBiograph weist, trotz der Komikund des Ernstes der erzähltenErinnerungen, auf die Sensibilitätvon F. Sylvester zu seinem Grün-der hin und unterstreicht diegroße Nähe zwischen beiden. Fürden jungen kleinen F. Sylvesterwar Champagnat sein Bruder wieauch ganz sein Vater!Die Zeit drängt, damit die gelebteWirklichkeit für Bruder Cham-pagnat unser Herz und unserenWillen entflammt. Wir müssen ak-zeptieren, dass dieser Pater füruns ein Frater/Bruder zu seinwünscht, jener, der mit unsspricht, dem wir vertrauen kön-nen, der uns seine Pläne anver-traut, der mit uns um den gleichenTisch sitzt – ohne den Vorsitz zuhaben – und der uns immer mehrMissionen für unsere heutige Weltanvertraut.Wir sind auf dem Weg zum 200-jährigen Bestehen unseres Insti-tuts. In vier Jahren werden wirdieses Fest feiern! Nach 200 JahrenDasein also bieten wir Cham-pagnat und uns selbst die Gna-de an, ihn als BRUDER, ALSUNSER GROSSER BRUDER, ALSBRUDER UNTER BRÜDERN zusehen und zu behandeln.Brüder Champagnats, Kleine Brü-der Champagnats: möge dies er-neut am 2. Januar 2017 sein! GE-WISS, CHAMPAGNAT IST UN-SER WAHRER BRUDER! Dieslässt uns atmen, verschlingt unsnicht, aber lässt uns in Liebe at-men: Ah! Champagnat, dieserBruder da, ja!

F. Edouard Blondeel

Bevor ich Marzellin Champagnat über das geschriebene Wort ken-nen lernte, wurde ich schon von ihm beeinflusst ohne es zu wissen.Ich erlebte ihn und seine Prinzipien durch seine Brüder. Als Schü-

ler spürte ich deren liebevolle Aufmerksamkeit. Durch ihre Art undWeise und durch vielfältige Aktionen versuchten sie uns die BotschaftJesu nahezubringen.

Marzellin lebt und denkt innerhalb der katholischen Tradition, insofernsind seine Erziehungsziele und seine Pädagogik nicht wirklich neu.Was ihn ausmacht sind die Schwerpunkte, die er setzt und die Art, wieer sie verwirklicht. Für mich persönlich sind zwei Säulen der maristi-schen Erziehung sehr wichtig.Familiensinn. Als Marist versuche ich den Schüler zu einem solidari-schen Menschen zu erziehen. In dieser Erziehung ist kein Platz für Eli-tedenken. Natürlich wollen auch wir, dass unsere Schüler ihre Anlagenvoll entfalten. Aber Solidarität geht vor.Auf die Weise Mariens. Als Lehrer muss ich meinen Schülern Grenzensetzen und gerecht sein. Als Marist muss ich gerecht und barmherzigsein. Und in meisten Fällen darf die Barmherzigkeit ruhig überwiegen.

In meiner 25-jährigen Tätigkeit als Lehrer bin ich zur Überzeugung ge-kommen, dass sich in den Institutionen Schule und Kirche besondersviele Bedenkenträger tummeln. Damals wie heute war und ist es nichteinfach die Botschaft eines gekreuzigten Gottmenschen an junge Men-schen weiterzugeben.Marzellin hat viele Widerstände in und außerhalb der Kirche überwun-den. Er war ein Mann der Tat, flexibel und pragmatisch. Er ist mir Vor-bild, wenn es darum geht Dinge und Vorgehensweisen zu ändern, dienicht mehr zeitgemäß sind, mit denen ich die Jugendlichen nicht mehrerreiche.

Marzellin war ein Mann mit einem tiefen Vertrauen auf Gott und denSchutz der Gottesmutter. Maria hält ihre schützende Hand über uns. Diesmag vielleicht, theologisch gesehen, ein sehr naiver Gedanke sein. Aberfür mich ist es ein schönes Bild und ein tröstender Gedanke.

Hans Staudner

MARZELLINCHAMPAGNAT

Als Katechet in seinen Fußstapfen

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ob es nicht besser wäre, diese zweiBrüdergruppen getrennt zu orga-nisieren. Die Frage wurde wäh-rend der Exerzitien, an denenChampagnat auch teilnahm, erör-tert. Er war mit einer solchen Tren-nung gar nicht einverstanden,konnte aber keine Mehrheit er-reichen. Die Brüder selbst waren

wahrscheinlich auch nicht einver-standen, aber niemand fragte sienach ihrer Meinung! Bald danachfühlte Marzellin seine Kräfteschwinden. Nach Rücksprachemit dem Bischof von Lyon organi-sierte Colin eine Wahl unter denBrüdern, um zu entscheiden, werMarzellins Nachfolger sein soll.

Auf seinem Sterbebett bestätigteChampagnat erneut seine Hinga-be und seinen Gehorsam zur „Ge-sellschaft Mariens“ und an seinenGeneralsuperior. In seinem„Geistlichen Testament“, wie er esselbst nennt, lesen wir: „Ich sterbevoll Ehrfurcht und dankbarer Unter-werfung gegen den Hochw. Herrn P.Generalsuperior der Gesellschaft Ma-riens und in vollkommener Einheitmit all ihren Mitgliedern, besondersmit den Brüdern, die Gott meiner Sor-ge anvertraut hat und die meinemHerzen allzeit so teuer waren.“

Es steht außer Zweifel: MarzellinChampagnat hat sich sein ganzesLeben als Maristenpater betrach-tet. Sein Einsatz für die Brüder wardie Lebensaufgabe, die er als Ma-ristenpater bekommen hatte, weilsie in seinen Augen genauso zur„Gesellschaft Mariens“ gehörtenwie die Patres.

P. Jan Snijders

Marzellin Champagnat, Grün-der der Maristenbrüder,und als solcher am 18. April

1999 von Papst Johannes Paul II.heilig gesprochen – war er ein Ma-ristenpater? War er es und ist er essein ganzes Leben geblieben? DieAntwort ist nicht klipp und klar.Gründer von Orden oder Kongre-gationen waren oft Mitglied einesbestehenden Instituts, bevor ihnender bloße Gedanke, etwas Neueszu beginnen, in den Sinn kam. Sieverließen dann ihren Orden, umeine neue Kongregation zugründen. Der heilige Julien Ey-mard war Maristenpater, trat aberaus dem Maristenorden aus, umdie „Kongregation vom Allerhei-ligsten Sakrament“ zu gründen.Eigentlich ist dies der üblicheGang der Dinge. Und Marzellin,hat er es auch so getan oder ist ereine Ausnahme?

Marzellin war Student am GroßenSeminar in Lyon, als eine kleineGruppe von Seminaristen be-schloss, zusammen eine „Gesell-schaft Mariens“ zu errichten mitZweigen für Männer und Frauen,Priester und Laien, so wie es beiden alten Orden Brauch war. Mar-zellin schloss sich dieser Gruppean und einen Tag nach ihrer Pries-terweihe (23. Juli 1816) ver-sprachen sie in einer feierlichenZeremonie vor der Statue „Unse-

rer Lieben Frau von Fourvière“,diesen Plan durchzuführen. AlsMarzellin innerhalb eines Jahreserste Schritte machte, um eineGruppe von Brüdern zu gründen,betrachtete er dies als Teil desgroßen maristischen Projekts. Erhatte die Zustimmung der ganzenGruppe. Als der Priesterzweig

zwanzig Jahre später vom Papstoffiziell genehmigt wurde, wur-den die anderen Zweige zwarerwähnt, von der offiziellen Ge-nehmigung aber ausgeschlossen.Trotzdem nahm Marzellin amGründungstreffen teil und am 24.September 1836 legte er mit denanderen die Gelübde als Maristen-pater ab. Nach der Wahl vonJean-Claude Colin zum ersten Ge-neralsuperior war es Marzellin,der sich auch im Namen der ande-ren Patres an den neuen General-superior wandte.

Inzwischen waren die Maris-tenbrüder zu einer Gemeinschaftvon mehr als hundert Mitgliedernangewachsen. Der Bischof vonLyon hatte sie als diözesane Kon-gregation anerkannt und Marzel-lin zu ihrem Superior ernannt.Trotzdem betrachtete Marzellin P.Colin als seinen eigenen General-superior und auch als den des Bru-derzweiges. Colin nahm an derAuswahl der Brüder, die in dieMissionen gesandt wurden, teil,wie auch an wichtigen Entwick-lungen innerhalb der Kongregati-on.

Allmählich entstand eine verwir-rende Lage, weil sich auch Lai-enbrüder den Maristenpatres undnicht Champagnats Gemeinschaftanschlossen. 1839 fragte man sich,

MARZELLIN CHAMPAGNAT

EIN MARISTENPATER?

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Das fünfte Provinzkapitel, das wir in der Abtei St. Ottilien in Deutschland abgehalten haben, gibt uns keinlanges, schwieriges Dokument. Das Kapitel hat eine Priorität mit vier Punkten festgelegt. Dieses kurzeDokument ist die Frucht von Begegnungen, Gesprächen, Überlegungen und Gebeten während des

fünftägigen Kapitels. Dialog und Begegnung zwischen den Kapitulanten und, mittwochs, mit vier eingelade-nen Laien: Frau Anne Lefort aus Malmedy (Belgien) und die Herren Armin Mahler aus München, Josef Maieraus Cham und Paul Meany aus Dublin (Irland).

Es kam schnell auf, dass für die nächsten drei Jahre unsere Sendung (Mission) eine besondere Akzentuierungerfahren muss. In der Tat ist die Mission ein wesentliches Element unserer Identität und hat ihre Wurzeln inder Quelle unserer Gemeinschaft. Die Mission muss sich unter anderem aus unserer Spiritualität nähren. DasKapitel empfiehlt nachdrücklich, weiterhin in Bildung im Bereich der Spiritualität zu investieren.Diese zwei Elemente, Mission und Bildung, sind für die Lebensfähigkeit unserer Provinz grundlegend. In der(neuen) Konkretisierung unserer Sendung und der beständigen Bildung/Ausbildung unserer Spiritualitätnimmt die Verbindung (Kommunion) zwischen Brüdern und Laien einen maßgeblichen Platz ein. Das Kapitelhat dies durch die Worte Brüder-Laien, Laien-Brüder zusammengefasst.

Ihr stellt vielleicht fest, dass das Wort Partnerschaft nicht benützt wird. Die heutige Zeit und die Situation ver-langen andere Wörter. Das Kapitel mutmaßt, dass das Wort „Kommunion“ ausdrückt, wie sich Brüder undLaien jetzt für ihre Mission anspornen können und ihre Spiritualität beleben können. Eine gegenseitige Hal-tung von Verfügbarkeit für Dialog und für das Hören auf Jugendliche ist eine Grundbedingung.Zwei andere Punkte nehmen diese „Kommunion“ als wichtiges Element auf: in der Verwaltung ganz allge-mein und in der Verwaltung unserer Kommunitäten im Besonderen. Das Kapitel ist sich bewusst, dass dieVerwirklichung dieser letzten Punkte sorgfältige Schritte des Zuhörens und des Dialogs bedarf. Für jeden Be-troffenen ist dies eine Herausforderung, um die ausgetretenen Pfade zu verlassen und um sich auf neue Wegezu begeben.

Was die Zahl der Kapitulanten im Jahre 2016 angeht, hat das Kapitel mit Mut die Lage geprüft, um dann dieheute gültige Formel aufzugeben. Ihr findet in den Kapiteldokumenten das neue Vorgehen.

Die Redaktion des Bulletin drückt die Hoffnung aus, dass die konkrete Verwirklichung der vom Kapitel aus-gesprochenen Prioritäten Wegzeichen sein werden, damit Brüder und Laien in dieser so verschiedenartigenZeit gemeinsam den Weg verfolgen können, den Marzellin mit Vertrauen begonnen hat.

F. Jacques Scholte

IN VERBINDUNG SEINBRÜDER-LAIENLAIEN-BRÜDER

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Wenn wir die Offenheit ha-ben, uns ab und zu Ge-danken zu machen über

den Begriff und das Wesen von„Kommunität“, dann erleben wir

Überraschungen. Gar viel ist ge-schrieben, gesagt, darauf hinge-wiesen worden, wie echte Brü-dergemeinschaft aussehen sollte.Die Botschaft haben wir zwargehört, doch die alltägliche Rea-lität hat uns oft eingeholt.

Dieses Jahr (2013) werden es 65Jahre her sein, da ich meine er-sten Gelübde im damaligen Mut-terhaus St. Genis-Laval abgelegthabe. Meine Berufung verdankeich Gott und seiner rechtenHand, in der Gestalt des guten F.Armand-Leo, dem Mitbegründerder Deutschen Ordensprovinz.Das Wort „St. Gingolph“ ist undbleibt der Grundbegriff meinerBerufung, denn dort lernte ichauf eindrückliche Weise, undzwar zum ersten Mal in meinemLeben, eine sogenannte Kommu-nität kennen. Sie bestand auszehn deutschen Brüdern, welchein der Nazi-Zeit Zuflucht in derSchweiz gefunden hatten. AlsSchüler durfte ich dort hautnaherfahren, was es für diese Brüderbedeutete, ausgestoßen und ver-

achtet zu werden, und dochMenschen voller Freundlichkeitund Brüderlichkeit zu bleiben,trotz ihrer damals hoffnungslo-sen Lage. So wollte auch ich sein!Es waren wahrhaft Brüder, wel-che im Exil brüderlich zusam-menhielten.Bis die Einreisebewilligung nachFrankreich im Jahr 1945 eintraf,verbrachte ich einige Zeit im Ma-rianum in Vaduz, wo ebenfallsdeutsche Brüder ein Gymnasiumführten. Dort angekommen, er-lebte ich eine Enttäuschung: Ein

raues Klima! Der Empfang warkalt, ja herzlos. Da sehnte ichmich nach der Brüderlichkeit inSt. Gingolph. Dort freuten sichdie „Frères“, wie wir sie nannten,über meine Berufung.

Wenn ich dieses Beispiel anführe,so möchte ich damit sagen, wiewichtig die Qualität des Gemein-schaftslebens ist und welcheAuswirkungen und Strahlkraft eshaben kann. Wenn ich heute anjenes Erlebnis denke, dann binich überzeugt, dass es nicht wich-tig ist, über das Wort „Kommu-nität“ eine Definition zu finden,sondern Gemeinschaft ehrlich zuleben.

Nach meinem Studium in Lyondurfte ich zurück nach St. Gin-golph, wo ich inzwischen eineKommunität vorfand, welche ausacht Brüdern aus fünf Nationenund fünf Mentalitäten bestand.Dies war eine Herausforderung,ein Risiko, eine Zumutung, aberes klappte. Vielleicht ist es amehrlichsten, wenn ich sage, dass

es um eine Herzensangelegen-heit ging. Ich lernte damals nachund nach, dass ein solches Ge-meinschaftsleben verlangte, einbruderliebendes Herz zu formenund zu pflegen. Oft aber wurdees ein erbitterter innerer Kampf,manchmal war es zum Verzwei-feln.26 Jahre lang durfte ich meine ju-gendlichen Kräfte in St. Gingolpheinsetzen. 30 Brüder kamen undgingen in jener Zeit. Stets erhieltunsere Kommunität ein neuesGesicht. Wäre es uns nicht ge-

lungen, immer wieder zu ver-suchen, ein echter Bruder zusein, so hätten vielleicht mancheunserer Schüler den Weg zumPriester- oder Ordensberuf nichtfinden können.

Im Jahr 1962 wurde der Distrikt„Suisse Mission“ errichtet, aberer überlebte nur gut 25 Jahre. Eskam dann zur Schließung allerdrei Schulen mit ihren drei Kom-munitäten. Schlag um Schlag trafes uns. Für die übriggebliebenenBrüder wurde schlecht und rechtnach möglichen Apostolatsfor-men gesucht. Der Begriff „Kom-munität“ wurde fragwürdig undführte zu erheblichen Belastun-gen. Der unerfüllte Alltag wurdeunerträglich. Die Sehnsucht nach„Bruder sein“ blieb unerfüllt. Injener Situation dachte ich mitWehmut an die Worte P. Cham-pagnats: „Ich bitte euch, meinegeliebten Brüder, bei all der Zu-neigung und der Anhänglichkeit,die ihr zu mir habt, euch so zuverhalten, dass die Nächstenliebeimmer unter euch herrscht.“ Ja,

MEINE ERFAHRUNGENALS MARIST

IM KOMMUNITÄTSLEBEN

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das ist die Quelle gelebter Kom-munität.

Im Jahr 2000 erhielt ich die Er-laub nis, mit meinem Priester-freund, einem Franziskaner, denMarien-Wallfahrtsort Maria Bild-stein zu betreuen. Später kam einBenediktiner dazu. So bildetenwir also eine interkommunitäre,marianische Gemeinschaft. Kriti-sche Stimmen darüber fehlten je-doch nicht in den Reihen der Ma-risten. Obwohl ich als einzigübriggebliebener Deutschschwei-zer-Maristenbruder Freude andieser apostolischen Arbeit inmeiner Heimat hatte, fehlte mirdie spezifisch maristische Kom-munität.

Gesundheitliche und altersbe-dingte Umstände zwangen mich,im Jahr 2010 mit 80 Jahren insKloster Furth umzuziehen. Ganzehrlich gesagt, es war ein Schock,denn innerlich sträubte ich mich,meinen Lebensabend in einemKloster verbringen zu müssen.Nach einer Art Einsiedlerlebenwagte ich zaghaft, mich in einKommunitätsleben einzubinden.

Und ich entdeckte, dass die Vorteile gewisse Nachteile überflügelten.Schließlich hatte ich mir die 25 alternden Mitbrüder nicht selbst ausge-sucht. Sie und ich waren alle da als Antwort auf einen göttlichen Ruf.Dieser Ruf veranlasste mich erneut, eine kommunitäre Lebenshingabezu wagen.

Zum Schluss eine Überlegung:Es ist leicht, auf Punkte hinzuweisen, die das Kommunitätsleben wenigeinladend machen; aber es ist viel schwieriger anzuerkennen, dass esdas Berufensein durch Gott ist, das unser Gemeinschaftsleben in einenAugenblick der Gnade verwandelt.

F. Aloys-Emil Kessler

FEIER DER ZEHNJAHRIGEN ANWESENHEIT

DER BRÜDER IN DESSAU

Am 2. Februar, Tag des Geweihten Lebens, hatten wir nach einigen Monaten Verspätung die Freude, unserezehnjährige Anwesenheit in Dessau zu feiern. Der Tag begann mit der Eucharistiefeier zu Ehren des heili-gen Marzellin. Durch den Kirchenchor, unterstützt von der Orgel St. Peter und Paul der Pfarrei, wurde

diese wunderschön gestaltet. Die Predigt unseres Pastors, die Würdigung der Verdienste und die Dankesredenerinnerten jeden von uns an schöne Momente der letzten zehn Jahre.

Im September 2002 haben wir unser neues Zuhause entdeckt und haben uns auf Apostolatsfelder gewagt, diefür uns gänzlich unbekannt waren.

Unsere Kommunität setzte sich aus fünf Brüdern zusammen, die aus verschiedenen Ländern der Provinz ka-men: von Deutschland die FF. Herbert Kühner und Michael Schmalzl, aus England F. Wilfrid Harrison und ausBelgien die FF. Maurice Godenir und Roger Davids. Im Jahre 2007 ist F. Roger Davids nach Belgien zurückge-kehrt, um an der Universität zu studieren und hat dann ein neues Apostolat in Luxemburg begonnen. F.

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Michael hat 2010 die Verantwortung für das Internat inMindelheim übernommen und wurde durch F. AugustinHendlmeier ersetzt.

Gemäß dem ersten Provinzkapitel im Jahre 2000 wollteman ein starkes Zeichen für Umstrukturierung und Ein-heit der Provinz geben. Unser Apostolat sollte sich aufWunsch des Bischofs der Diözese auf verschiedene Be-reiche erstrecken: Pfarrei, Gefängnisse, Krankenhäuserund andere weniger favorisierte Gebiete. Das Feld unse-res Apostolats in Dessau wird von verschiedenen Begeg-nungen geprägt. Wir ernten darauf eine Blütenlese vonsich begegnenden Blicken, von sich beschenkendemLächeln und von gebenden und empfangenden be-stärkenden Worten.

Unsere so verschiedene Herkunft erstaunt! Mehr als ein-mal fragen Menschen: „Aber in welcher Sprache ver-ständigt ihr euch?“ Wir haben eine gemeinsame Sprache,nämlich jene des Evangeliums und der Liebe.

Ja, zehn Jahre, das bedeutet auch Aufbau einer Kommu-nität. „Versammelt um den gleichen Tisch“, wie 2009unser Generalsuperior F. Sean Sammon schrieb. EinTisch aus Mindelheim und einige Stühle von Arlon wa-ren unsere ersten Möbel vor zehn Jahren und sind es im-mer noch! Der Tisch, um den wir diskutierten, reflek-tierten und unser Leben und unsere Arbeit miteinanderbesprechen!

Nach der Dankmesse gab es eine kleine Power Pointüber unsere Kongregation. Und „um den gleichen Tischversammelt“, in einer brüderlichen Atmosphäre, habenwir das Fest weitergefeiert. Mit unserem Provinzial undF. Alois als Übersetzer, mit dem Propst Nachtwei, denMaristenpatres von Dessau-Süd und anderen Freundenaus Dessau konnten wir unsere Eindrücke aus der Ver-gangenheit besprechen wie auch unsere Zukunft, dievon Hoffnung geprägt ist.

F. Maurice Godenir

Marzellin Champagnat hat sich zum Ziel ge-setzt, den jungen Menschen auf dem Landin Frankreich die Schulbildung zu er-

möglichen. Er wollte so eine Lücke in der Gesell-schaft ausfüllen. Die Maristenbrüder erfüllen die-se Mission heute noch immer. Die Projekte, die siedurchführen, beseitigen eine Mangelerscheinung

in unserer Gesellschaft. So erblickte z. B. das Hausder Stille das Licht der Welt angesichts derSchwierigkeit für viele, die Stille zu leben. Durchmeine Tätigkeiten im Haus der Stille habe ich dieErfahrung gemacht, dass das WIE meiner Betäti-gung wichtiger ist als die durchgeführten konkre-ten AKTE. Dazu ein Beispiel: Das Essen rechtzei-tig fertig zu haben ist eine Sache, sie in Ruhe undmit Aufmerksamkeit vorzubereiten, zu servierenund einzunehmen ist eine andere Sache. Dies istwichtig für die Atmosphäre im Haus und für diepersönliche Erfahrung der Gäste (und von mirselbst) während des Aufenthalts im Haus.

Das was du tust, aber besonders wie du die Dingein Angriff nimmst, ist eng mit deiner Einstellungzum Leben verknüpft. Im Laufe der Zeit habe ichimmer mehr die Haltung der Maristen respek-tiert, eine aufmerksame Haltung, die als zentraleWerte Zärtlichkeit, Einfachheit, Solidarität undRespekt gegenüber dem Leben und der mensch-lichen Würde beinhaltet. Diese steht in tiefem Ge-gensatz zu unserer Gesellschaft heute, die vomIndividualismus dominiert wird und von wirt-schaftlichem Gewinn, der Effizienz und intellek-tuellem Wissen. Diese gesellschaftsbezogenenWerte werden uns schon mit der Muttermilcheingeflößt. Sie setzen sich fest in unserem Unter-

KONKRETHANDELN

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bewusstsein. Seitdem ich Westerhelling besuche und eine andere Art zu leben erfahre, stelle ich fest, wie sehrsie in meinen Gedanken und in meiner Art zu handeln eine Rolle spielen. Ich finde dies auch bei den Gästen desHauses der Stille.

Es ist einfach, angesichts unserer Gesellschaft eine kritische Haltung einzunehmen und andere Werte zu pro-pagieren. Ich tue das, wie viele andere auch. Ich glaube, dass es eine wachsende Bewegung von Menschen gibt,die auf eine bewusstere Art leben und mit der Welt umgehen wollen. Man beobachtet eine größere Aufmerk-samkeit für eine dauerhafte und gesellschaftlich verantwortliche Haltung und für die Spiritualität. Vielewünschen eine Änderung und dass der zügellose Rhythmus und der Egoismus an Kraft verlieren. Aber, eineSache wollen ist leichter als konkret handeln. Und das Durchführen einer Aktion ist nochmals eine andereSache. Um in der Welt Änderungen herbeizuführen, die von Dauer sind, ist eine innere Änderung nötig. Umdie Welt zu verändern, musst du bei dir selbst beginnen, heißt die wohl bekannte Lebensweisheit. Das ge-schieht nicht automatisch und ist nicht das Ergebnis irgendeines Tricks, den man aus einem Buch mitRatschlägen bezieht. Es verlangt eine aufmerksame Lebenshaltung. Und man kommt nicht von heute auf mor-gen dazu, sondern es ist eine Frucht einer beständigen Anstrengung und eines dauernden Anrufs.

Es ist dabei wichtig, über lebendige Quellen der Inspiration zu verfügen und über Lehrer, die eher eine Hal-tung der Aufmerksamkeit zeigen als nur Kenntnisse vermitteln, Menschen, die die zu erlangenden Werte auchso leben, dass sie uns zeigen, dass so ein Leben wirklich möglich ist. Dass es keine bloßen Theorien sind. Beiden Maristen in Nimwegen und bei Menschen, die ihnen nahe stehen, finde ich Beispiele dafür.

Die Werte, die ein aufmerksames Leben mit sich bringt, sind nicht typisch für die Maristen. Man kann sie sicherauch bei anderen Orden finden oder anderen spirituellen Gruppen oder Individuen. Aber für mich und für vie-le andere Jugendliche bieten die Maristen durch ihre Projekte eine einfache Weise, mit einer solchen Lebenshal-tung in Kontakt zu kommen. Das ist wichtig. Noch mehr: Wir haben dies sehr nötig.

Thomas Volman

In der letzten Zeit habe ich vielepositive Erlebnisse in meinemLeben gehabt und die Maris-

tenbrüder haben daran einengroßen Anteil. Gerne teile ichmeine Erfahrungen mit euch. Ichmöchte aber zuvor kurz erläu-tern, wie es zu dem Kontakt mitden Brüdern gekommen ist. Dazumuss ich in die Vergangenheitzurückeilen. Meine Jugend warsicher nicht ganz harmonisch ver-laufen, aber trotz vieler Problemeund dem chaotischen, manchmalsogar rauen Weg, habe ich dochunseren Schöpfer als den kennen

gelernt, der die Liebe ist und der für uns nichts anderes als Liebe seinkann und sein will, aber besonders für diejenigen, die nicht verstehenund nicht zu hoffen wagen. Von dieser Erfahrung getroffen, aus Not-wendigkeit und Zwang, und vom Wunsch erfüllt, diese in unserer zer-brochenen Welt mitzuteilen, habe ich mich als Pilger auf eine Reisebegeben in der Hoffnung, den Plan Gottes für mich in dieser Welt zuentdecken. Und welche Reise!

Nach einer kurzen Periode der Suche habe ich als junger Mann von 18Jahren den radikalen Entschluss gefasst auf der Universität von LöwenTheologie zu studieren. Ich bin dankbar für diese Zeit, denn ich konntemit Selbstvertrauen viele Dinge suchen, hinterfragen und entdecken,ohne aber den Auslöseknopf zu finden für den Platz, wo ich hingehöre.Für einen jungen Gläubigen ist es nicht leicht in unserer zumindest imWesten zu tiefst säkularisierten Welt seinen spirituellen Weg zu fin-den. So sagt Sören Kierkegaard: „In dieser Welt Christ zu sein ist soschwierig wie Seilspringen mit dem Hals im Eisen.“ Aber trotz allemhabe ich wie Abraham, dessen Namen ich trage, und wie Pater Cham-pagnat weiterhin am Glauben festgehalten, wenn auch manchmaldurch Unvermögen durch Versuch und Irrtum.

EINE REISEMIT DEN MARISTEN

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Nach dem Bachelorabschlussund einigen Reisen, auch nachder Erfahrung des Verliebt Seins,spürte ich den Augenblick ge-kommen, mich zu etwas zu ver-pflichten. So als hätte Gott mireingeflüstert: „Bram, ich habe dirviel Platz eingeräumt, um meineSchöpfung zu entdecken, wählejetzt mich und nehme meine Ge-schenke an. Vertraue mir und ichbin für dich da und werde wei-terhin für dich da sein.“ Das Ge-rüst ist aufgebaut, jetzt könnendie Arbeiten beginnen: einen ge-lebten Glauben aufbauen, dervon einem Sinn für die Realitätgeprägt ist.

Bei der Suche und durch Infor-mationen über Ordensgemein-schaften bin ich schließlich aufdie Maristenbrüder gestoßen.Dies war eine mir unbekannteWelt, die mich aber ergriff wienie etwas zuvor und die in mei-nen Augen große Bedeutung er-langte, nachdem ich F. Brendaneine einfache Email geschickthabe. Schnell haben meine Sucheund mein Interesse konkrete Ge-stalt angenommen und mit gro-ßer Freude und einem breitenLachen kann ich ankündigen,dass ich mich ab August 2013engagieren werde, und zwar alsLaienmarist in Phnom Penh, derHauptstadt von Kambodscha.Dort werde ich in einer Kommu-nität von drei Brüdern leben, be-ten und arbeiten. Diese dreiBrüder repräsentieren die dreiKontinente Afrika, Lateinameri-ka und Europa. Ohne Zweifelwird dies ein besonderes Jahrsein mit vielen Entdeckungenund es wird mich an meine Gren-zen bringen.

Um mich am besten auf diesesneue entgültige Engagement vor-bereiten zu können, habe ich F.Brendan gebeten, dass ichwünsche mich in die Spiritualitätder Brüder zu vertiefen. Soforterhielt ich ein Flugbillet nach

Lyon, wo man mich dann in Her-mitage erwartete und wo ichmich einer Gruppe von Lehrernan Maristenschulen in Schottlandund Irland anschloss.

Zwei Erfahrungen haben michbesonders berührt und ich kannsie aus Platzmangel nur kurz be-schreiben. Die erste prägendeErfahrung war der unglaublicheund warme Empfang in Hermita-ge. F. Xavier, ein Spanier, hatmich am Flugplatz erwartet, ummich dann nach Hermitage zubringen. Trotz meiner geringenKenntnisse des Französischenund seiner geringen Kenntnissedes Englischen haben wir viel mi-teinander gesprochen. Am Hausangekommen wurde ich von derganzen internationalen Kommu-nität, bestehend aus Brüdern undLaien, aufs wärmste empfangen:ein ganz eigenartiges Gefühl,dass ich mich sofort zu Hauseund willkommen fühlte, so wiewenn ich nach einer längerenAbwesenheit zurückkehrte. Diesscheint mir das große Verdienstder Kommunität von Hermitagezu sein: Man reicht jedem dieHand, der die Geschichte vonChampagnat und seiner Brüderkennen lernen will und es gibtein tiefes Empfinden für Gemein-schaft, in der alle willkommensind. Noch mehr, ich wurde so-fort in die Gruppe von Lehrernaus Schottland und Irland inte-griert trotz meiner Befürchtun-gen. Überall wo ich bisher Brüderund Laienmaristen traf (inklusivedie lieben Brüder von Kessel-Loso nahe von meiner Heimat), warich vom „Familiengeist“ umge-ben. Was mich auch tief ergreift:die offene Großzügigkeit, man isteinfach ganz willkommen.

Und die zweite besondere Erfah-rung: auf den Spuren der erstenBrüder und ihres Führers PaterChampagnat schreiten zu könnenund dies auf spontane und offeneWeise. Zwei Geschichten haben

mich besonders berührt. Die ersteist die von dem jungen Men-schen, der im Sterben lag und Je-sus nicht kannte. Ein traurigesEreignis, das Pater Champagnatso sehr erschüttert hat, dass ersich entschloss, seine Brüderge-meinschaft zu gründen. „Wirbrauchen Brüder!“ Es hat michsehr berührt, dass das wirklicheZusammentreffen mit einemKind in Not Pater Champagnatden Impuls gab, sein Leben undseine Energie mit Brüdern zu tei-len. Die zweite Geschichte ist dievom „Memorare im Schnee“.Unsere zwei Führer (die zweigroßartigen FF. John und P.J.) ha-ben es so eingerichtet, dass wirden gleichen Weg im Schweigengingen. Da es schneite, war dasErlebnis noch intensiver. Es warein besondere Erfahrung der Be-sinnung, die uns zeigte, dass wiralle zu Glaube, Hoffnung, Liebegerufen sind. Unsere gute Mutterwird uns niemals verlassen.Welch inspirierende und anzie-hende Geschichte!

Über die Geschichte der Maris-tenbrüder habe ich schon viel ge-lesen, über ihre Spiritualität undihren Gründer. Es ist aber etwasganz anderes, wenn man seineFüße in seine Fußspuren setzenkann. Vor meinem Besuch habeich mich durch ihr Leben sehrangesprochen gefühlt , ihr „Da-sein“ in der Kirche und in derGesellschaft. Nach diesem Auf-enthalt wird die Geschichte die-ser Brüder, die sie dazu inspiriert,diesen Platz in der Kirche und inder Gesellschaft einzunehmen,auch die meinige werden. Es istso wichtig im Leben, dass man ei-nen Traum hat, dass man an dieZukunft glauben kann. Die Brü-der laden mich dazu ein.

Bram De Backer

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Das in Band 2 der „Originesdes Frères Maristes“veröffentlichte Register der

Einschreibungen (Registre desInscriptions)1 bietet auf den erstenBlick ein mehr oder weniger ge-ordnetes Verzeichnis von unregel-mäßigen Eintragungen von Daten,persönlichen Angaben und vor al-lem von dem Modus der Finanzie-rung der Gebühren für die No-vizen, die in der Zeit von 1825 bis1848 in das Noviziat in Hermitageeingetreten sind. Die Namen derKandidaten werden genannt undnach einem bestimmten Schemabestimmte Daten dazu vermerkt,wie Eltern, Herkunft und Alterund oft auch der Bildungstand inBezug auf die Kenntnisse im Le-sen und Schreiben oder sonstigebesondere Fähigkeiten. Aber nichtimmer werden diese Standartda-ten verzeichnet. Der erste Ein-druck ist durchaus verwirrend, dadie vielen am Rand erscheinendenSummen den Eindruck eines Ab-rechnungsbuches vermitteln. Alssolches war es ja auch gedacht. So-mit wird eine statistische Auswer-tung immer mit Problemen be-haftet sein. Das hindert aber nicht,bestimmte Grundtendenzen undTatsachen zu ermitteln und einigecharakteristische Aussagen überdie dortigen Zustände und die da-mit zusammenhängenden Proble-me zu treffen. Solche Grundaus-sagen betreffen besonders das Al-ter der Novizen, ihren Bildung-stand und die äußerst diverse Zu-

sammensetzung der Noviziatsinsassen, verbunden mit den Problemen,die deshalb sicher vorhanden waren, aber nirgends in den maristischen

Quellen zu dieser Zeit explizit genannt werden.Hier kann nur ein sehr kurzer Überblick geboten werden und in Formvon Einblicken in bestimmte zeitlich fixierte Situationen und Zuständeeine Grundlage für mögliche, aber nicht ganz beweisbare Schlussfolge-rungen für das Leben in Hermitage und den besonderen Führungs- undVerwaltungsstil Champagnats und seiner Nachfolger geschaffen wer-den.Als erstes ist festzuhalten, welch große Bedeutung der Festlegung der fi-nanziellen Grundlagen im Leben der neu aufstrebenden Kongregationbeigemessen wurde. Hier zeigt sich Champagnat als der realistischdenkende Verwaltungsmann, der nichts dem Zufall überließ und ver-suchte, seine Gemeinschaft auf eine feste wirtschaftliche Basis zu stellen.Seine Aktivitäten auf diesem Gebiet können auch in seinem Briefen, indenen es häufig um finanzielle Probleme geht, ermittelt werden.2

Um als Novize angenommen zu werden, musste eine Gebühr von 400Francs bezahlt werden. Die meisten Kandidaten konnten diese Summenicht aufbringen, weshalb jeweils ein Finanzierungsplan ausgearbeitetwurde, entsprechend den Möglichkeiten des jeweiligen Kandidaten.Alle später erhaltenen Beiträge wurden dann im Verzeichnis für den be-treffenden Bruder nachgetragen.Interessant dabei ist besonders die Tatsache, dass man versuchte, sich fi-nanziell abzusichern, da man aus Erfahrung wusste, dass eine Reihe derAnwärter für das Noviziat nicht durchhielten oder auch als nicht geeig-net entlassen werden mussten. So findet sich etwa öfters der Hinweis:„Er hat nichts gegeben, aber er verpflichtet sich, das Haus zu entschädigen,wenn er es verlassen sollte.“ („Il n’a rien donné, mais il s’oblige à dédommager lamaison, s’il venait à la quitter.“). Dies geschah also dann, wenn sie nichtsbezahlen konnten.3

Die wichtigste Information, die dieses Register bietet, sind die Altersan-gaben der Novizen. Einige Beispiele sollen zeigen, dass in diesem Be-reich überhaupt kein bestimmtes Prinzip zu erkennen ist und man Kan-didaten aufnahm, wie sie eben kamen, ob alt oder jung, ob mit Grund-kenntnissen versehen oder nicht, ja es schien, ob das Alter überhaupt kei-ne Rolle gespielt hätte. Kinder waren ebenso unter den Kandidaten wieauch echte Spätberufene älter als 40 oder sogar in den 60gern.Dass diese äußerst diffuse Zusammensetzung viele Probleme mit sichbringen musste, kann man zu Recht vermuten, auch wenn nirgends da-von die Rede ist.Wie konnte man 13-, 14- oder 15-jährige Novizen Seite an Seite mit 25-oder 28-jährigen oder noch schlimmer, mit solchen über 30 Jahre alten indas Ordensleben, also in erster Linie in das Leben in einer religiösen Ge-

LEBENIN HERMITAGEzur Zeit Champagnats

Das Register der Aufnahme in das Noviziat als Indikator der Situation im Noviziat

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meinschaft einführen ohne Pro-bleme der Anpassung? WelcheAltersstufe erhielt den Vorrangbei den praktischen und spirituel-len Unterweisungen? Wie konn-ten so verschiedene Alters- undErfahrungsgruppen miteinanderharmonieren? Viele Probleme wa-ren nicht einfach durch Demut,Frömmigkeit und Regeltreue zubeheben.Das Beispiel von 1840, dem To-desjahr Champagnats, soll dieserTatbestand etwas konkret veran-schaulichen. In diesem Jahr wer-den 55 Kandidaten für das Novi-ziat registriert. Bei 14 von ihnenfehlt die Altersangabe. Es gab 37Aufnahmetermine, also alles warim Fluss. Die Zahl der „Kinder“,also solche von 13 bis 15, betrug13, 16 weitere waren Jünglingezwischen 15 und 19. Diese lebtenSeite an Seite mit 18 Novizen, diezwischen 20 und 29 Jahre alt wa-ren und mit zwei über 30. In denJahren 1825-1827 waren sogar 30Novizen 16 Jahre und jünger, 10waren erst 15 Jahre alt, 3 über 30.Wichtig sind auch die Angabenüber den Bildungsstand der Be-werber. Dabei zählte nur dieFähigkeit des Lesens und Schrei-bens. Die große Mehrheit wurdemit der Bemerkung: „Er weiß einwenig zu lesen und ein wenig zuschreiben“ („Sachant un peu lire etécrire“) beurteilt. Man kann sichdenken, dass dies nur eine mildeUmschreibung eines äußerst ge-ringen Bildungsniveaus ist. ImJahre 1840 fielen z. B. 31 von 55 indiese Kategorie, von 7 heißt es,dass sie lesen und schreibenkonnten. Es gab auch solche, de-ren Kenntnisse gleich Null waren.Über diese wird kurz und bündiggeurteilt: „Er weiß nichts.“ („Nesachant rien.“)4 Dies geschah zehn-mal während der Zeit der geführ-ten Register.Man kann sich denken, welchegewaltige Herausforderung aufChampagnat und seine Mitarbei-ter in der Ausbildung und Lei-tung zukam, um aus diesen sehr

wenig gebildeten jungen und älteren Leuten Lehrer zu formen, die nichtnur selbst die Grundkenntnisse besitzen mussten, sondern auch metho-disch fähig sein mussten, um Kinder darin zu unterweisen und auch einLeben in Gemeinschaft zu führen.Einige besonders interessante Bemerkungen, die bestimmte Detailserwähnen, mögen das hier kurz skizzierte Bild noch etwas lebendiger er-scheinen lassen.So wird am 1. Januar 1839 ein Rekord gemeldet, als ein 9-jähriger ins No-viziat aufgenommen wird. 1838 hatte man auch schon einen 12-jährigenaufgenommen.Den Altersrekord hält F. Spiridion, der mit 60 Jahren eintrat5. Dieser wargelernter Schuster und konnte diesen Beruf weiterhin ausüben. Das warkein Einzelfall, dass ein Kandidat mit einem festen Beruf eintrat, auch an-dere wurden als ausgebildete Tischler und Weber aufgenommen undfanden sicher eine gute Anstellung im wirtschaftlichen Gefüge von Her-mitage.Zum Abschluss noch eine Rarität besonderer Art. Am 2. Januar 1834 ka-men zwei Brüder aus derselben Familie ins Noviziat, der eine 14 (F. Mar-cel), der andere 12 Jahre alt (F. Agathon)6.Diese wenigen Bemerkungen zu den Registern mögen unser konkretesBild vom Leben in Hermitage vielleicht ein wenig klarer gestalten undunser Verständnis von der Leistung Marzellins ein wenig mehr vertiefen.

F. Augustin Hendlmeier

1 Origines des Frères Maristes, Recueils des écrits de St. Marcellin Champag-nat, présentés par Frère Paul Sester FMS. Volume 2, Affirmation de L’Identitéd’une Famille Religieuse, Rom 2011, S. 3-24Paul Sester, „Amenés par Marie, Présentation du « Registre des Entrés »“.In: Cahiers Maristes, 20 juin 2004, S. 9-94 (Analyse des Registers)2 Siehe: „Marzellin und das Geld“. In: Augustin Hendlmeier, MarzellinChampagnat, Heiliger und Ordensgründer, Dargestellt aus seinen Briefen,Mindelheim 2005, S. 34-383 Ein Beispiel dazu: Origines 2, S. 76 (Registrierung von F. Didace)4 Beispiel: Origines 2, S. 1005 Origines 2, S. 466 Origines 2, S. 62

Anmerkung :Da der Aufsatz auf das Format eines Artikels im Bulletin beschränkt wer-den musste, konnte eine genauere Auswertung der Quelle hier nicht er-folgen. Es gäbe noch weitere Aspekte, besonders auch in Hinblick auf dieJahre nach 1840.

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In der Woche nach dem Pro-vinzkapitel nahm ich zusam-men mit mehr als dreißig

Leuten an einem Ereignis gleicherArt in Südengland teil. Es war diejährliche Provinzversammlungder Karmeliter von der strengenOberservanz (O.Carm.) vonGroßbritannien. Im vergangenenJahr wurde ich eingeladen, einMitglied der Ausbildungskom-mission der Karmeliter zu wer-den. Diese Kommission, besteh-end aus drei Patres, zwei Frauenund mir, hat die Aufgabe, denMitgliedern des Ordens dabei zuhelfen, alle Aspekte ihres Ausbil-dungsprogramms zu überdenkenund sie macht Vorschläge für denProvinzialrat über den Fortschrittvon Kandidaten und Mitgliedern,die sich in der Phase der Ausbil-dung befinden. Als Mitglied die-ser Kommission wurde ich dazueingeladen, bei den wochenlan-gen Diskussionen über das Lebenund den Dienst der Karmeliter inGroßbritannien mitzuwirken. DieProvinzversammlung war dies-mal eine besondere, da das Gene-ralkapitel des Ordens im Sep-tember dieses Jahres stattfindenwird und das Provinzkapitel derProvinz Großbritannien im Maiim nächsten Jahr. Die Aufgabeder Versammlung besteht darin,für beide Kapitel Vorschläge undEmpfehlungen auszuarbeiten.Eine Reihe von verschiedenenGruppierungen der Karmeliter

waren bei der Versammlung anwesend. Zusammen mit der Ausbil-dungskommission waren dies zwei Frauen von Leaven, einem Säkula-rinstitut, das mit den Karmelitern affiliiert ist, Führungspersonen imDritten Orden der Karmeliter und Leute, die karmelitischen Spiritua-litätsgruppen angehören. Andere waren als berufsmäßige Berater derKarmeliter in verschiedenen Bereichen anwesend.

Die Versammlung war im Priorat von Aylesford in Kent, einem größe-ren Zentrum für Tagungen und Wallfahrtsort. Die Karmeliter kamen1242 nach Aylesford, nachdem sie in diesem Jahr das Heilige Land

verlassen hatten und den Kreuzrittern gefolgt waren. Das Priorat giltals die älteste Niederlassung außerhalb des Heiligen Landes. Nach derAnkunft in England wechselten die Karmeliter ihre Struktur von einerGruppe von Eremiten zu einem richtigen Orden. 1540 wurden sie alsFolge der Reformation von dort vertrieben und kehrten erst wieder1949 zurück. Somit ist Aylesford ein Ort von enormer historischer undemotionaler Bedeutung für den ganzen Orden. Man nimmt auch an,dass es dort war, wo Unsere Liebe Frau dem ersten Generalprior desOrdens, Simon Stock, erschienen ist, um ihm das Skapulier zu über-reichen, das man heute als Teil der Kleidung der Patres und Nonnenträgt und das die Mitglieder des Dritten Ordens in einer abgeändertenForm tragen.So wie wir stellen auch die Mitglieder des Ordens in Großbritannienernsthafte Überlegungen über ihre Beziehungen zu den Laien an. Daich weder ein Karmeliter bin noch ein Laienmitarbeiter im strengenSinn, fand ich mich in einer irgendwie eigenartigen Position. Aber ge-rade meine Situation als Außenseiter scheint geschätzt worden zu sein,da ich so objektiver sein konnte. Ich fühlte es als ein Privileg, eingela-den worden zu sein und an den intensiven Diskussionen teilnehmenzu können. Ich war verblüfft über die Ähnlichkeit der diskutiertenThemen während dieser Woche mit den Diskussionen, die in unseremProvinzkapitel stattfanden, besonders über all die Fragen, die die Be-ziehungen zu den Laien betreffen.

ZUSAMMENARBEITEN

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Rudolf Karbe wurde am 4. Februar 1926 in Klettental, Kreis Glogau in Schlesien alsältestes Kind einer Landwirtsfamilie geboren; er hatte noch sieben weitereGeschwister. Die dramatischen politischen Ereignisse warfen bereits früh ihre

Schatten voraus: 1941 wurde Rudi in den Arbeitsdienst eingezogen und ab 1942 warer an der Nordseeküste Matrose und begleitete in Beibooten deutsche U-Boote biszum offenen Meer. Im Frühjahr 1945 war die Familie mit Pferden und Planwagen aufder Flucht und ließ sich im Erzgebirge nieder. Schließlich kam sie 1948 nach Reckling-hausen, wo Mutter Ella bei den Maristen Arbeit fand und Rudi die Brüder kennen

lernte. In Furth trat er in die Ordensgemeinschaft ein, erhielt den Namen Franziskus und legte am 26.12.1950die erste Ordensprofess und schließlich am 29.08.1956 die ewige Profess ab. In dieser Zeit waren in Furth etwa40 Brüder, die handwerkliche Berufe ausübten, so dass Furth wirtschaftlich nahezu autonom war. Franziskuslernte nach dem Wunsch seiner Obern das Metzgerhandwerk und so legte er 1956 die Metzgermeisterprüfungerfolgreich ab. Von 1962 bis 1968 war Franziskus als Koch für die Brüder und etwa 170 Internatsschüler inCham tätig. In seinen kurzen Freizeiten spielte er gerne Trompete (er war bereits in Furth in der Brüder-Blaska-pelle ein engagiertes Mitglied). Ab 1968 war Franziskus in Recklinghausen Koch und er half bei der Produktionvon Arquebuse und Hermite. Schließlich übernahm er die Verantwortung für die Destillation. In dieser Zeitwurde Franziskus in der Stadt sehr bekannt, weil er für viele Menschen, vor allem die Bergleute ein beliebterGesprächspartner war. Ihm waren die „Brüder von der Straße“ ein besonderes Anliegen. Sie bekamen von ihmoft eine warme Mahlzeit und immer ein gutes Wort mit auf den Weg. Kaum eine Fahrradwallfahrt im Rahmender Stadtwallfahrten fand ohne ihn statt. Franziskus nahm regen Anteil am christlichen Leben in der Stadt.Manches Pfarr- oder KAB-Fest hat er mit Eimern von Reibeplätzchenteig versorgt. Die Pflege der „Anna-Ma-ria-Hoffnung-Kapelle“ neben der Schule lag in seiner Hand. Zu seinem 80. Geburtstag schenkten ihm seineFreunde einen Flug nach Pamplona und von dort aus ging er mit Pilgern über 200 km den Weg nach Santiagode Compostela. Dieses Erlebnis hat ihn sehr geprägt und dankbaren Herzens erinnerte sich Franziskus immerwieder an diese Pilgerreise. Franziskus ist bei alldem still und bescheiden geblieben. Er war ein Mann im Hin-tergrund, ein echter Marist. Viele Menschen haben ihm viel zu verdanken. Er hatte für alle ein Ohr!Als Franziskus 2010 nach Furth kam, war er ein totkranker Mann. Aber seine Gesundheit stabilisierte sich,doch war er körperlich und geistig erschöpft und seine Spannkraft wurde immer schwächer. Franziskus starbfriedlich und gottergeben am 31. Mai 2013.

F. Winfried Schreieck

F. Franziskus Karbe04.02.192631.05.2013

Ein Hauptpunkt der Diskussionbei der Versammlung war dieZukunft des Priorats von Ayles-ford. Wegen des Schwunds derAnzahl von zur Verfügung ste-henden Ordensleuten wird es fürsie, ebenso wie für die Maristen-brüder schwierig, die bestehen-den Betätigungsfelder in der Pro-vinz aufrechtzuerhalten. Diesund die finanziellen ProblemeAylesford betreffend wird alssehr belastend empfunden. Manrechnet damit, dass beim kom-menden Generalkapitel an denganzen Orden eine Bitte gerichtetwird, einen Teil der Verantwor-

tung für das Priorat zu übernehmen, indem man dort eventuell eine in-ternationale Kommunität einrichtet. In einer der Diskussionsgruppenerklärte ich, wie die Maristenbrüder eine Lösung in Hermitage durchdie Einrichtung einer internationalen Kommunität von Brüdern undLaien gefunden haben. Die Tatsache, dass Hermitage von Gruppen ausso fernen Ländern wie Brasilien und Australien besucht wird, machteauf die anderen Mitglieder meiner Gruppe einen großen Eindruck.Wie dies oft der Fall ist, wurde viel außerhalb der formalen Sitzungenbei Tisch und während der Pausen diskutiert. Ich war sehr beeindrucktvon den Laien, die den Geist der Karmeliter in sich aufgenommen ha-ben und die Spiritualität der Karmeliter in ihrem alltäglichen Lebenumsetzen. Ihr Eifer, neue Wege zu finden, um die alt ehrwürdige Spiri-tualität an andere weiterzugeben, bedeutet, dass sie mehr als nur„Assoziierte“ der Patres sind; sie sind wirkliche „Mitarbeiter“.

F. Colin Chalmers

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Page 19: MARISTENBRÜDER - Fraters Maristen | West- en … Weg folgt. Man verliert den anderen aus dem Auge und so fühlt man sich nicht mehr ver-bunden. Schließlich wird es schwierig sein,

BULLETIN - NUMMER 2 - 2013 19

Nach über zehnjähriger (!) Krankheit starb am Montag, den 15. April 2013 F. Bernhard (Konrad) Kletzmeierkurz vor Vollendung seines 77. Lebensjahres. Geboren in der Gemeinde Geisenhausen bei Landshut, trater 1947 in das Juvenat in Furth ein. Mit 18 Jahren legte er die Erstprofess, 1962 die Ewige Profess ab.

Nach dem Abitur in Mindelheim studierte Bernhard an der Universität in München Englisch und Französischund absolvierte 1962 das Staatsexamen, das ihn berechtigte, an Gymnasien die beiden Fremdsprachen zu un-terrichten. Bernhard war ein exzellenter Simultandolmetscher und auch als Übersetzer ein gefragter Mitbruderdes Maristenklosters Furth, das gleichzeitig u.a. Provinzialat und Noviziat der deutschen Maristen war. Bern-hard war vor allem Sprachenlehrer in den verschiedenen deutschen Maristenschulen, aber auch Latein- undReligionslehrer. Außerdem war er einige Jahre Erzieher im Internat Furth und Novizenmeister und schließlichmehrere Jahre Provinzsekretär.

Trotz seiner großen Verbundenheit mit seiner niederbayerischen Heimat, war Bernhard ein weltoffenerMensch: er verbrachte mehrere Studienaufenthalte in Frankreich, England, Schottland und Irland. 1975 leiteteer im Rahmen des Heiligen Jahres zwei ordensinterne Fortbildungskurse in Rom und von 1990 bis 1993 war erLeiter des Apostelstifts in Köln, eines Studieninstituts, das von den Ordensobern der Brüderorden in Deutsch-land gegründet wurde und der Weiterbildung der Mitglieder der diente. Schließlich war Bernhard auch füretwa ein Jahr als Missionar in Kenia tätig.

F. Bernhard hegte mit vielen Menschen ein freundschaftliches Verhältnis. So nahm er regelmäßig an derAGOM, der Arbeitsgemeinschaft der Ordensmänner in der Diözese Regensburg teil, deren Sekretär er mehrereJahre war. Er pflegte regelmäßigen Kontakt zu vielen ehemaligen Schülern, vor allem jenen, die einer Ordens-gemeinschaft angehören bzw. als Priester tätig waren. Für den Wallfahrtsfrauenverein Landshut organisierteer jährlich eine Wallfahrt nach Furth und unterstützte so unseren Maristenmissions-Verein. Eine besondereFreundschaft verband ihn mit den Ordensleuten, die sich der Gemeinschaft der Fokolare verbunden fühlenund versuchen, deren Spiritualität im Alltag als Ordenschristen umzusetzen.

Kurz vor seinem Tod erhielt Bernhard von Freunden eine „Osterbotschaft“, die der bekannte Priester, Religi-onspädagoge und Autor Elmar Gruber kurz vor seinem Heimgang 2011 schrieb. Darin heißt es u.a.:Ihr sollt nicht trostlos sein über den Tod oder über mein Sterben… Das kurze „Stirb – Werde“, das mir zugedacht war, istso erfüllt von Glück, Leben, Liebe, dass ich euch allen nur dafür danken kann. Durch euch durfte ich erfahren, was das ist,„das Leben, das den Tod nicht kennt“! … Wofür ich leben konnte, dafür kann ich auch sterben. „Ob wir leben oder sterben,wir sind des Herrn“!

Diese Worte können auch für unseren lieben Verstorbenen gelten!

F. Winfried Schreieck

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F. Bernhard Kletzmeier24.04.193615.04.2013