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Materialien zur Vorlesung Biologische Psychologie II Vegetative Funktionssysteme Vegetative Steuerung Botenstoffe Aktivierung Immunsystem (SS) Jörg Berndt 2001

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Materialien zur Vorlesung Biologische Psychologie II

Vegetative Funktionssysteme Vegetative Steuerung

Botenstoffe Aktivierung

Immunsystem

(SS)

Jörg Berndt

2001

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SS 2 Die Vorlesung „Biologische Psychologie“ behandelt das Fach- und Prüfungsgebiet in zwei Semestern im Überblick. Weil ich in beiden Vorlesungen zahlreiche, vorbereitete Folien mit dem Overhead-Projektor oder Beamer projiziere, statt Texte und Abbildungen an die Tafel zu schreiben (oder zu malen), habe ich mich entschlossen, die wichtigsten dieser Folien (bzw. das, was auf ihnen geschrieben oder gezeichnet ist), für die Studierenden zu veröffentlichen, um zu umfangreiche Mitschriften überflüssig zu machen. Natürlich ersetzt diese Sammlung kein Lehrbuch; sie ist nur ein „erweiterter Fahrplan“ durch die Vorlesung.

Die wichtigsten Themenfelder des Sommersemesters sind:

Seiten

Herz-Kreislauf-System 05 - 23 Ernährung 24 - 39 vegetative Nervensystem 40 - 44 Hormonsystem 45 - 60 Stress-Konzepte 61 - 77 Konzept der Aktivierung 78 - 84 Biopsychologie der Emotionen 85 - 100 Immunsystem 101 - 129

Zum Studium geeignet sind u.a. folgende Lehrbücher, auf die auch in den einzelnen Kapiteln verwiesen wird: Birbaumer, N., und R.F. Schmidt: Biologische Psychologie Berlin etc., Springer 4/1999 Pinel, P.J.: Biopsychologie Heidelberg etc., Spectrum Akademischer Verlag, 1997 Schmidt, R.F., G. Thews und F. Lang (Hrsg.): Physiologie des Menschen Berlin etc., Springer 28/2000 Im übrigen erinnere ich an die Literaturliste zu dieser Veranstaltung auf S. 3.

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SS 3 Literaturliste zur Vorlesung „Biologische Psychologie I + II“ Birbaumer, N., und R.F. Schmidt Biologische Psychologie Berlin etc., Springer 4/1999

Immelmann, K., K. R. Scherer, Chr. Vogel und P. Schmook Psychobiologie - Grundlagen des Verhaltens Stuttgart, Fischer Weinheim, Psychologie Verlags Union 1988

Krech, D., R.S. Crutchfield, N. Livson, W.A. Wilson jr. und A. Parducci Grundlagen der Psychologie Weinheim, Beltz/Psychologie Verlags Union 1992!

Nitsch, J.R. (Hrsg.) Stress - Theorien, Untersuchungen, Maßnahmen Bern etc., Huber 1981

Pinel, J.P.J.: Biopsychologie Heidelberg etc., Spectrum 1997

Schandry, R. Psychophysiologie Wien etc., Urban & Schwarzenberg 2/1982 Schmidt, R.F., G. Thews und F. Lang Physiologie des Menschen Berlin etc., Springer 28/2000 Schmidt, R.F. Neuro- und Sinnesphysiologie Berlin, Heidelberg etc., Springer 3/1998 Schmidt, R.F. Physiologie kompakt Berlin etc., Springer 31999 Thews, G., E. Mutschler und G. Vaupel Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie des Menschen Stuttgart, Wiss. Verlagsgesellschaft 1989

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Herz – Kreislauf – System SS 4

BIRBAUMER/SCHMIDT KAP. 10, S. 163-194 SCHMIDT/THEWS/LANG KAP. V, S. 411-564

„Signale“ des HKS

1. Ohne Hilfsmittel zugänglich Arterienpuls Herz-Spitzen-Stoß Perkussionsgeräusch (Herztöne) Hautfarbe Farbe der Bindehaut Hauttemperatur

2. Apparative Hilfsmittel

Zellulärer/flüssiger Anteil am Blutvolumen Blutdruck Reizleitung (EKG) Sauerstoffverbrauch Herzminutenvolumen Lage, Größe, Volumen Durchblutung Belastbarkeit

3. Mikroskopie, chemische Analyse

Zelluläre Zusammensetzung des Blutes Chemische Zusammensetzung des Blutes Sauerstofftransportleistung Säure – Basen – Haushalt Antikörper

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Herz – Kreislauf – System SS 5

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Das HKS als Transportsystem

1. für alle Substanzen, für die der Organismus nur geringe Speicherkapazität besitzt (CO2, O2);

2. für alle Substanzen, für die der Ort der Aufnahme in den Organismus, der Ort der Verarbeitung und der Ort der Ausscheidung nicht übereinstimmen (Nahrungs-bestandteile, Stoffwechselprodukte, Wasser);

3. für Wärme;

4. für Nachrichten, die chemisch codiert sind (z.B. Hormone);

5. für Komponenten des Immunsystems. FÜR ALLE DIESE TRANSPORTGÜTER: TRANSPORTMECHANISMUS AUSSERHALB DES HKS: DIFFUSION TRANSPORTMECHANISMUS INNERHALB DES HKS; KONVEKTION TRANSPORTMEDIUM: BLUT TRANSPORTWEG: BLUTGEFÄSSE ANTRIEB: HERZ

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Herz – Kreislauf – System SS 6

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Transportsystem für Sauerstoff Kohlendioxid Nährstoffe Stoffwechselzwischenprodukte Abbauprodukte Wasser Mineralien Wärme Chemische Information (Botenstoffe, „Hormone“) Molekulare und zelluläre Komponenten des Immunsystems Symptome mangelhafter Transportleistung Sauerstoffmangel, -unterversorgung Übersäuerung, „respiratorische Azidose“ Überwärmung Flüssigkeitsretention, Ödeme Ursachen mangelhafter Transportleistung Verminderter Antrieb (Herz) Vermindertes Blutvolumen Reduzierte Transportkapazität des Blutes für O2: Erythrozyten, Hämoglobin Reduzierte Transportkapazität des Blutes für CO2: Pufferbasen

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Herz – Kreislauf – System SS 7

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Verteilung des Blutes im Blutkreislauf

Frauen: 65 ml/kg Körpergewicht (Fettgewebsanteil höher) Mäner: 77 ml/kg Körpergewicht

Verteilung des Blutvolumens (hypothetischer „Standard-Mann“, 40 J, 75 kg, Blutvolumen 5 l)

Herz (Diastole) 360 ml 7.2 % Lungenkreislauf 8.8 % Arterien 130 ml V enen 110 ml Kapillaren 200 ml Körperkreislauf 84.0 % Arterien 700 ml Kapillaren 300 ml Venen 3200 ml Venen insgesamt: 3400 ml 68.0 %

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Herz – Kreislauf – System SS 8

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Funktionelle Merkmale des HKS in Körperruhe (Erwachsener, Orientierungswerte)

___________________________________________________________________ Herzschlagfrequenz (HF): 77 1/min Herzschlagvolumen (HSV): 65 ml Herzminutenvolumen (HMV): 5000 m/min ___________________________________________________________________ Diastole: Erschlaffungsphase der Herzmuskulatur + Füllungsphase der Herzkammern Systole: Anspannungsphase der Herzmuskulatur + Austreibungsphase der Herzkammern Zyklus 0.78 sec Diastole 0.52 sec Systole 0.26 sec __________________________________________________________________ Blutdruck mm Hg kPa Systole rechte Herzkammer 25 3.3 Lungenarterie 25 3.3 linke Herzkammer 120 16.0 Körperarterien 120 16.0 Diastole rechte Herzkammer 0 0.0 Lungenarterie 10 1.3 linke Herzkammer 0 0.0 Körperarterien 70 9.3 ___________________________________________________________________

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Herz – Kreislauf – System SS 9

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Veränderung struktureller und funktioneller Merkmale des HKS

Herzgröße Herzschlagfrequenz Herzgewicht Herzschlagvolumen Herzvolumen Herzminutenvolumen Dichte des Kapillarnetzes maximale O2 - Aufnahme Blutzusamensetzung Blutdruck Blutvolumen

Faktoren, die Struktur und Funktion des HKS beeinflussen

Konstitution („Veranlagung“, genetische Faktoren) Aktuelle körperliche (physische) Beanspruchung Langfristige körperliche Beanspruchung (Training) Aktuelle psychische Beanspruchung Langfristige psychische Beanspruchung Gesundheitszustand Ernährung

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Leistungsbreite des HKS bei ausdauertrainierten und untrainierten Menschen Herzminutenvolumen (l/min) Austrainierte Ausdauersportler → 40 unter maximaler Belastung Untrainierte Menschen → 20 maximale Belastung unter maximaler Belastung Ruhe Untrainierte: 4 : 1 Untrainierte in Ruhe → 5 Ausdauersportler: 16 : 1 Ausdauertrainierte in Ruhe → 2.5

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Herz – Kreislauf – System SS 11

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Funktionsdaten des HKS in Ruhe und unter (aktueller) körperlicher Belastung (orientierende Werte)

RUHE BELASTUNG DIFFERENZ Funktionsparameter des Herzens: Frequenz (min-1) 77 176 + 130 % Schlagvolumen (ml) 65 86 + 30 % Minutenvolumen (ml/min) 5000 15000 + 200 % Blutstrom („Durchblutung“, ml/min): Gehirn 750 750 +/- 0 % Herz 250 750 + 200 % Muskulatur 750 12000 + 1500 % übrige Organe 3250 1500 - 50 % Durchblutung der Herzkranzgefäße: Ruhe: 80 ml/min/100 g Herzgewicht Belastung: 240 ml/min/100 g Herzgewicht

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Herz – Kreislauf – System SS 12

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Steuerung des HKS

1. Variablen Herzleistung (HSV, HF, HMV) Blutdruck Blutvolumen Regionale Durchblutung

2. Afferenzen arterieller Blutdruck, Pressorezeptoren in der Halsschlagader und im Herzfrequenz: Aortenbogen Blutvolumen: Dehnungsrezeptoren in den großen Hohlvenen und in den Herzvorhöven regionale Durchblutung: Stoffwechselprodukte aus dem regionalen Organstofffwechsel (z.B. Milchsäure, Adenosine) Thermoregulation: Thermorezeptoren (Haut, ZNS) 3. Steuerungsinstrumente: Vegetatives Nervensystem Katecholamine Angiotensin-System lokale Vasokonstriktion und -dilatation

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Herz – Kreislauf – System SS 13

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Steuerung des HKS (Herz)

Sympathicus:

Einstellung des Organismus auf Energiebereitstellung und höhere Leistung („ergotrope“ Wirkung)

Parasympaticus:

Einstellung des Organismus auf Wiederherstellung und Erholung („trophotrope“ Wirkung)

___________________________________________________________________ Sympathicus: steigert die Herzschlagfrequenz beschleunigt die Kontraktion steigert die Kontraktionskraft steigert das Herzminutenvolumen (ähnliche Wirkung: Adrenalin, Noradrenalin, [Coffein]) ___________________________________________________________________ Parasympathicus: senkt die Herzschlagfrequenz hemmt die Erregungsleitung vermindert die Kontraktionskraft senkt das Herzminutenvolumen ___________________________________________________________________

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Herz – Kreislauf – System SS 14

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Steuerung des HKS (Blutgefäße)

___________________________________________________________________ Kleine Arterien, Arteriolen: Sympathicus: verengt (steigert den Blutdruck) erweitert (senkt denBlutdruck) Noradrenalin, Adrenalin in großer Dosis: Vasokonstriktion (Blutdrucksteigerung) Adrenalin in kleiner Dosis: Vasodilatation (Blutdrucksenkung) __________________________________________________________________ Kapillaren: Lokaler Sauerstoffmangel ↓ Stoffwechselprodukte bei Sauerstoffmangel ↓ Kapillareröffnung, Kapillarerweiterung ↓ Steigerung der lokalen Durchblutung ___________________________________________________________________ Venen: Sympathicus verengt große Venen ↓ Steigerung des lokalen Blutvolumens ___________________________________________________________________

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Herz – Kreislauf – System SS 15

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Steuerung des HKS (ZNS)

Spezifische Steuerung: Verlängertes Rückenmark (Medulla oblongata) ↓ verarbeitet Afferenzen von Blutdruck- und Volumenrezeptoren ↓ beeinflußt die Herztätigkeit und die globalen (systematischen) Gefäßfunktionen Aufgabe: Steuerung des Blutdrucks und des zirkulierenden Bluvolumens ___________________________________________________________________ Mitinnervation: Bei der abschließenden Formulierung von motorischen Aktionsprogrammen im Großhirn ↓ „Voreinstellung“ der notwendigen HKS-Aktivierung (Medulla oblongata, Sympathicus, Parasympathicus) ___________________________________________________________________ „Begleit“-Reaktionen psychischer Prozesse: Großhirn, limbisches System, Hypothalamus ↓ ergotrope (seltener: trophotrope) Umstellung des Organismus ___________________________________________________________________

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Herz – Kreislauf – System SS 16

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HKS-Steuerung

Variable: Systemischer arterieller Blutdruck Rezeptor: Blutdruckrezeptoren im Carotis-Sinus Stellglied: Kleinste Arterien, Arteriolen (Engstellung: Blutdruck-Anstieg) (Weitstellung: Blutdruck-Abfall) Mechanismus: Sympathicus, Adrenalin, Noradrenalin Variable: Regionaler arterieller Blutdruck lokale Durchblutung lokale Reaktion von Arteriolen und arteriovenösen Anastomosen auf Stofwechselprodukte, die lokalen Sauerstoffmangel anzeigen (z.B. Milchsäure, Reaktionsprodukte des Energiestoffwechsels) Mechanismus: Weitstellung → Durchblutung ↑ Variable: Blutvolumen Rezeptoren: Dehnungsrezeptoren im Bereich der oberen Hohlvene und des rechten Herzvorhofs Stellglied: Venenwände (Kontraktion verschiebt das Blut in den „aktiven“ Teil des Kreislaufs

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HKS-Steuerung

Variable: Herzleistung (HF, HSV, HMV) Rezeptoren: Druck- und Volumenrezeptoren Stellglied: Herzmuskel Mechanismus: Vegetatives NS, Adrenalin, Noradrenalin Beschleunigung/Verlangsamung der Herzfrequenz Beschleunigung/Verlangsamung der Kontraktionsgeschwindigkeit Verstärkung/Reduzierung der Kontraktionskraft Verteilung des Blutstroms Regionale Schwankungen der Organaktivität erzeugen regional wechselnde Bedarfe an Kreislaufleistung (z.B. durch unterschiedlich hohen Energie- und Sauerstoff-bedarf und durch unterschiedliche Wärmeproduktion. Diese unterschiedlichen Bedarfe werden durch Steigerung oder Senkung der regionalen Durchblutung gedeckt. Zum Ausgleich erfolgen kompensatorische Reaktionen in anderen Durchblutungs-gebieten, ggf. auch systemische Reaktionen.

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Herz – Kreislauf – System SS 18

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HKS-Steuerung Beispiel: Muskelarbeit

Motorisches Programm: Mitinnervation

↓ Handkurbelarbeit mit dem rechten Arm

↓ O2-Mangel in der Muskulatur des rechten Arms

↓ lokale Gerfäßerweiterung

↓ verstärkte Durchblutung des rechten Arms

↓ Blutdruckabfall

↓ Meldung durch Blutdruckrezeptoren

↓ Sympathicus-Aktivierung (Medulla oblongata)

↓ Gefäßverengung in anderen Kreislaufgebieten

↓ Stimulierung der Herztätigkeit

↓ ggf. Venenverengung/Steigerung des zirkulierenden Blutvolumens

↓ Normalisierung des Blutdrucks

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Herz – Kreislauf – System SS 19

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HKS-Steuerung Beispiel: Aufstehen („orthostatische Reaktion“)

„Versacken“ des Blutes nach unten (Beine, Unterbauch)

↓ verminderter Rückstrom zum Herzen

↓ verringerte Füllung des Herzens in der Diastole

↓ verminderte Herzleistung

↓ Blutdruckabfall

↓ Meldung durch Volumenrezeptoren in Venen und Vorhöfen

↓ Meldung durch Blutdruckrezeptoren in Aorta und Carotis

↓ Venen- und Arterienverengung; verstärkter Antrieb für das Herz

↓ Normalisierung von Herzleistung und Blutdruck

Bei manchen Menschen dauern diese Anpassungsschritte zu lange:

Bewußtlosigkeit/Ohnmacht ↓

horizontale Lage ↓

Normalisierung des Blutdrucks

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HKS-Steuerung Beispiel: Wut

Emotionale Informationsverarbeitung im Limbischen System

↓ Hypothalamus: ergotrope Umstellung; Sympathicotonus

↓ Steigerung der Herzfrequenz

↓ Engstellung von Arterien und Arteriolen

↓ „Herzklopfen“; Blutdruckanstieg

↓ Meldung durch Blutdruckrezeptoren

(die Rückmeldung ist bei starker Sympathicus-Aktivierung relativ wirkungslos) ↓

verzögerte und unvollständige Normalisierung des Blutdrucks ↓

ev. verlängerte Bluthochdruck-Phase

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Herz – Kreislauf – System SS 21

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Reaktionen des HKS auf psychische Reize (am Beispiel der Herzfrequenz)

HF ↑ Schmerz Angstreiz hohe psychische Belastung (z.B. Start und Landung bei Piloten) neue und ungewohnte Situationen persönliches Engagement, „Betroffenheit“ mentale Arbeit unter Ausschaltung von Umgebungsreizen HF ↓ Entspannung Orientierungsreaktion Aufmerksamkeit auf sensorische Signale Konzentration auf Umgebungsbedingungen alltägliche/bekannte Reize fehlende Beteiligung/Betroffenheit Fazit: Die HF-Reaktionen sind unspezifisch; unterschiedliche Erlebnisse, Emotionen oder kognitive Prozesse werden psychophysisch ähnlich abgebildet. HF-Reaktionen sind deshalb ohne Kenntnis der Situation (z.B. Verhaltensprotokoll) nicht interpretierbar.

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Herz – Kreislauf – System SS 22

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Pschophysiologie des HKS (Beispiele)

Betrachten von Spielfilmen, Kinder Aus: Rutenfranz u.a., (1960) Szeneninhalt HF-Anstieg ohne Spannung 9.9 +/- 7.3 Furcht 14.2 +/- 7.0 Freude 14.3 +/- 9.9 Schreck 15.2 +/- 9.0 Spannung 16.7 +/- 7.7 Verlassenheit 17.9 +/- 10.0 HF-Veränderungen bei Schülerinnen und Schülern während des Unterrichts (im Vergleich zur Ruhe-HF) Klasse ∆HF (!/min) min max 1 12.11 - 13.40 + 41.90 2 15.57 - 0.73 + 40.80 3 14.63 - 7.50 + 29.50 4 13.98 - 4.14 + 32.03 (Eigene Untersuchungen)

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Herz – Kreislauf – System SS 23

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Psychophysiologie des HKS (Beispiel: Arbeit unter Zeitdruck)

Erwachsene, Kopfrechenaufgaben (Aufgaben im Sichtfenster einer drehenden Trommel) Aufgabentyp: w • x + y - z Bedingung (a): konstante Aufgabengeschwindigkeit Bedingung (b): steigende Aufgabengeschwindigkeit (a) ∆HF ca. +10/min (b) ∆HF wachsend bis +18/min HF bei (b) größer als bei (a), wenn nach langsamem Beginn die Geschwindigkeit von (a) erreicht war. Nach Rutenfranz (1960)

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Ernährung SS 24

BIRBAUMER/SCHMIDT KAP. 12, S. 217-241 PINEL KAP. 19, S. 299-346 SCHMIDT/THEWS/LANG KAP.17, S. 361-327, KAP. 29, S. 641-649, KAP. 37+38, S. 792-848

Ernährung: Fragestellungen

(1) Physiologie (Biologie) der Ernährung; qualitative und quantitative Aspekte Energieumsatz Nahrungsstoffe Ernährung und körperliche Funktionsfähigkeit körperliche Belastung (Fortbewegung, Arbeit, Sport) Wachstum, funktionelle Entwicklung Schwangerschaft Beurteilung des Ernährungszustandes

(2) Psychophysiologie der Ernährung Ernährung und Entwicklung des ZNS Steuerung der Ernährung Ernährungsstörungen psychosomatische Prozesse Ernährungszustand und soziale Resonanz Fettsucht Hunger

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Ernährung SS 25

BIRBAUMER/SCHMIDT KAP. 12, S. 217-241 PINEL KAP. 19, S. 299-346 SCHMIDT/THEWS/LANG KAP.17, S. 361-327, KAP. 29, S. 641-649, KAP. 37+38, S. 792-848

Ernährung: Energieumsatz

Energieumsatz (EU): Der Energieumsatz oder „Gesamtumsatz“ erfasst alle Energiebeträge, die ein Mensch (in der Regel im Laufe eines Tages) „umsetzt“, d.h. aus Nahrungs-Energie in mechanische Arbeit, Wärme, chemische Restenergie und (in geringem Maße) elektrische Energie überführt. Der Energieumsatz setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen: Grundumsatz (GU): Morgens, nach 12stündiger Nahrungskarenz, in körperlicher und psychischer Ruhe, liegend, bei 24-26 °C Umgebungstemperatur. Mit dem GU versucht man dem Enegiebedarf für die Aufrechterhaltung der basalen Körperfunktionen (Herztätigkeit, Atmung, Körüertemperatur usw.) zu erfassen. Ruheumsatz (RU): Energieumsatz in Körperruhe ohne Einhaltung der Grundumsatzbedingungen. Freizeitumsatz (FU): Alltags-Energiebedarf ohne den speziellen Bedarf für Sport, Arbeit usw. Arbeitsumsatz (AU): Zusätzlicher Energiebedarf für Arbeit, Sport etc.; abhängig von der Intensität körperlicher Beanspruchung.

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Ernährung SS 26

BIRBAUMER/SCHMIDT KAP. 12, S. 217-241 PINEL KAP. 19, S. 299-346 SCHMIDT/THEWS/LANG KAP.17, S. 361-327, KAP. 29, S. 641-649, KAP. 37+38, S. 792-848

Ernährung: Energieumsatz (ungefähre Werte)

1. Gesamtenergieumsatz (EU): Gesamt-Energieumsatz = Freizeitumsatz + Arbeitsumsatz 2. Grundumsatz(GU): Der Grundumsatz ist unter sonst vergleichbaren Bedingungen vor allem von der Körpermasse und von der Körperzusammensetzung (Anteil stoffwechselaktiver und relativ inaktiver Gewebe) abhängig. Frauen: 3.8 kJ/kg Körpergewicht/Std Männer: 4.2 kJ/kg Körpergewicht/Std (Bei Frauen ist der Anteil der Muskulatur an der Körpermasse etwas kleiner und der Anteil des Fettgewebes etwas größer.) 3. Ruheumsatz (RU):

RU = GU + 15-20 %

4. Freizeitumsatz (FU):

Frau, 60 kg, ca. 7600 kJ/Tag Mann,70 kg, ca. 9600 kJ/Tag

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Ernährung SS 27

BIRBAUMER/SCHMIDT KAP. 12, S. 217-241 PINEL KAP. 19, S. 299-346 SCHMIDT/THEWS/LANG KAP.17, S. 361-327, KAP. 29, S. 641-649, KAP. 37+38, S. 792-848

Arbeitsumsatz

Mittlere Werte des Arbeitsumsatzes (AU) und des Gesamt-Energieumsatzes (EU) bei unterschiedlicher, körperlicher Beanspruchung

Arbeitsumsatz EU, kJ/Tag EU, kJ/Tag kJ/Tag Frau, 60 kg Mann, 70 kg Grundumsatz 5500 7100 Ruheumsatz 6600 8500 Freizeitumsatz 7600 9600 leichte Arbeit 500- 3000 8100- 10600 10100-12600 mittelschwere Arbeit 3000- 5500 10600-13100 12600-15100 schwere Arbeit 5500- 8000 13100-15600 15100-17600 sehr schwere Arbeit 8000-10500 15600-18100 17600-20100 Spitzensportler, Saisonarbeiter bis 33000 Eine Überschreitung des täglichen Energieumsatzes von 15500 kJ (Frauen) bzw. 20000 kJ (Männer) kann langfristig nicht durch die Ernährung gedeckt werden. Die Grenze wird durch die Kapazität des Magen-Darm-Traktes zur Resorption von Nahrungsstoffen gesetzt. Für Frauen ist deshalb Schwerstarbeit gesetzlich verboten.

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Ernährung SS 28

BIRBAUMER/SCHMIDT KAP. 12, S. 217-241 PINEL KAP. 19, S. 299-346 SCHMIDT/THEWS/LANG KAP.17, S. 361-327, KAP. 29, S. 641-649, KAP. 37+38, S. 792-848

Eiweißbedarf (die Angaben in der Literatur schwanken)

Eiweißbedarf in g/kg Körpergewicht/Tag Kleinkinder 2.0 - 2.4 Schulkinder 1.2 - 2.0 Erwachsene 1.0 Schwangere Frauen 1.2 - 2.0 Stillende Frauen Schwerstarbeiter Spitzensportler z.T. werden wesentlich niedrigere, aber auch höhere Bedarfswerte genannt. Eiweiße, die in ihrer Zusammensetzung dem menschlichen Bedarf besonders nahekommen, haben eine hohe biologische Wertigkeit; sie enthalten essentielle Aminosäuren in besonders günstiger Mischung: Eiweißquelle % Eiweiß biologische Wertigkeit optimale Amisosäuremischung 100 Kuhmilch 3.4 90 Hühnerei 14 82 Rindfleisch mager 20 76 Hartkäse 30 73 Weizen Vollkorn 11 - 12 72* Weizen Auszugsmehl 11 - 12 52* Hülsenfrüchte 20 - 25 48

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Ernährung SS 29

BIRBAUMER/SCHMIDT KAP. 12, S. 217-241 PINEL KAP. 19, S. 299-346 SCHMIDT/THEWS/LANG KAP.17, S. 361-327, KAP. 29, S. 641-649, KAP. 37+38, S. 792-848

Verbrauch tierischer, eiweißhaltiger Lebensmittel seit 1800 in kg/Kopf/Jahr

Nahrungsmittel 1800 1900 1935/38 1965/66 1978 Fleisch 13 30 52.6 66.5 ca. 95 Milch 126 104 Käse 3.5 4.8 Quark 0.9 3.4 Eier (Stck) 133 240 Aus: Glatzel, H.: Ernährung in der technischen Welt. Stuttgart 1970 Und: Wendt, L.: Gesundwerden durch Abbau von Eiweißüberschüssen. St. Georgen, Schnitze-Verlag o.J. Aktuelle Daten zum Nahrungsmittelverbrauch in der BRD veröffentlicht die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGfE) in ihren alle vier Jahre erscheinenden „Ernährungsberichten“.

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Ernährung SS 30

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Wasserbilanz des menschlichen Körpers

Erwachsene/r, 70 kg Säugling, 7 kg ml/Tag ml/kg/Tag ml/Tag ml/kg/Tag Zufuhr Nahrung 800 11.5 620 89 Trinken 950 13.5 Oxidationswasser 250 3.5 80 11 Summe 2000 28.5 700 100 Abgabe Stuhl 100 1.5 30 4 Urin 1000 14.5 500 71 insens. Verlust 900 13.0 170 25 Oxidationswasser: Entsteht im Stoffwechsel durch Verbrennung von H2 zu H2O Insensibler Wasserverlust: Schweiß, Verdunstung, Atemluft

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Ernährung SS 31

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Körperliche Leistungsfähigkeit als Kriterium des Ernährungszustandes

Ernährungszustand: Hautfaltensumme Triceps, subscapular, suprailiacal Körperliche Leistungsfähigkeit: Herz-Kreislauf-System (Fahrrad-Ergometer-Belastung) Atmung (Maximalatmung, „Atemgrenzwert“) Muskulatur (Handgreifkraft, „Dynamometrie“) Ernährungszustand (Beurteilung): < 10. Perzentil: „sehr mager“ 10. - 25. Perzentil: „mager“ 25. - 75. Perzentil: „unauffällig“ 75. - 90. Perzentil: „reichlicher Ernährungszustand“ > 90. Perzentil: „überernährt“ Ernährungszustand und körperliche Leistungsfähigkeit: „mager“ Optimum der Leistungsfähigkeit „sehr mager“ niedrige absolute Leistungsfähigkeit gute relative Leistungsfähigkeit „überernährt“ niedrige relative Leistungsfähigkeit gute absolute Leistungsfähigkeit

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Ernährung SS 32

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Individuelle Fehlsteuerung der Ernährung

Energiegehalt von 1 kg Fettgewebe: ca. 30000 kJ

Überernährung von 200 kJ/Tag = ca. 2 % des Bedarfs

= 7 g Fettgewebe/Tag = 70 g Fettgewebe/10 Tage = 210 g Fettgewebe/Monat = 2500 g Fettgewebe/Jahr = 25000 g Fettgewebe/10 Jahre

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Ernährung SS 33

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Ernährungssteuerung

Externe Faktoren

Nahrungsverfügbarkeit ökonomische Situation

Traditionen Kenntnisse

Selbst-/Fremdbestimmung Anreize

Werbung

objektiver Bedarf (Energieverbrauch) objektiver Bedarf (Entwicklung, Training etc.)

Hunger, Durst kofnitive Steuerung des Verhaltens

Triebsteueurng des Verhaltens

Interne Faktoren

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Ernährung SS 34

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Ausbleibende Nahrungszufuhr

Leerkontraktionen → Mechanorezeptoren des Magens im Magen → kurzfristige Regulation Verfügbarkeit → Glucoserezeptoren von Glucose in Leber und MDTr Nachlassende → Thermorezeptoren Wärmeproduktion im ZNS → langfristige Regulation Absinkende → Liporezeptoren (?) Blutfettsäuren

↓ Hunger

Nahrungsaufnahme ↓

Kaubewegung → präresorptive Sättigung Rezeptoren in Mund, Nase, Rachen Chemorezeptoren im MDTR → resorptive Sättigung Glucose- und Liporezeptoren

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Ernährung SS 35

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Um herauszufinden, was zuerst kommt, eingeschränkte Aktivität oder Überfütterung, beobachteten wir 31 Kinder im Alter von 0-15 Monaten sehr sorgfältig. Wir fanden nicht, daß Überfütterung Inaktivität hervorrief. Wir fanden aber, daß die Gewichts-zunahme der Babies nicht mit der aufgenommenen Nahrungsmenge korrelierte... Das bemerkenswerteste Phänomen war, daß die fetteren Babies ruhige, sanfte Kinder mit mäßiger Nahrungsaufnahme waren; diejenigen Kinder mit der höchsten Nahrungsaufnahme waren im allgemeinen sehr dünne Babies die viel schrieen, sich stark bewegten und einen straffen Körper entwickelten. Einige dieser Kinder nahmen doppelt soviel Nahrung zu sich wie manche dicken Babies, die besonders ruhig erschienen. Wir neigen zu der Schlußfolgerung, daß einige Menschen ruhig, sanft und inaktiv geboren und selbst bei mäßigem Nahrungsverbrauch dick werden, und andere Menschen sind von Anfang an sehr aktiv und werden selbst dann nicht dick, wenn sie sehr viel essen. Aus: Jean Mayer: Obesity during childhood. In: Winick, M. (Ed.): Childhood Obesity. New York, Wiley & Sons 1975, S. 73-80

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Ernährung SS 36

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Halbjahreszensuren Mittelwerte, Grundschule 4. Klasse

Perzentilbereich Deutsch Mathematik Sport Haurtfaltendicke

Mädchen

< 10. 2.50 3.11 1.88 10. - 50. 2.54 2.90 2.08 50. - 90. 2.52 2.79 2.43 > 90. 3.00 3.36 2.50

Jungen

< 10. 3.27 2.82 2.09 10. - 50. 3.00 3.02 2.02 50. - 90. 3.00 2.84 2.18 > 90. 3.27 3.36 2.64

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Ernährung SS 37

BIRBAUMER/SCHMIDT KAP. 12, S. 217-241 PINEL KAP. 19, S. 299-346 SCHMIDT/THEWS/LANG KAP.17, S. 361-327, KAP. 29, S. 641-649, KAP. 37+38, S. 792-848

Begleiterscheinungen des chronischen Hungers

Einengung der Persönlichkeit auf Wachträume und Phantasien; Zurückziehen auf die eigene Person, Gefühlskälte, Stumpfheit, zunehmende Reizbarkeit; Hypochondrie, Depressionen, hysterische Demonstrationen; Konzentrations- und Denkunfähigkeit, Schwerbesinnlichkeit, Gefühl der Gedanken-leere, abnorme Sinneswahrnehmungen, Perseveration, massive Reduktion der kognitiven Leistungsfähigkeit; Stimmungslage beherrscht von Tendenz zur Gleichgültigkeit und Stumpfheit, schrittweise Enthemmung sonst unterdrückter Primitivreaktionen; Erlöschende Linido, Kälteempfindlichkeit, Bewegungsarmut, Kollapsneigung; Gleichgültigkeit gegen Aussehen und Sauberkeit, Apathie, gel. widerspenstig, taktlos, Sprechweise monoton, langsam, sparsame Mimik. Aus: Glatzel, H.: Verhaltensphysiologie der Ernährung, München, Urban&Schwarzenberg

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Ernährung SS 38

BIRBAUMER/SCHMIDT KAP. 12, S. 217-241 PINEL KAP. 19, S. 299-346 SCHMIDT/THEWS/LANG KAP.17, S. 361-327, KAP. 29, S. 641-649, KAP. 37+38, S. 792-848

Nebengefühle bei starkem, andauerndem Hunger

Drücken, Würgen, Schnüren in Oberbauch, Brustkorb, Rachen

Öde- und Leereempfindung im Bauchraum

motorische Unruhe

Schwächegefühl

Flauheit

Schwindel

Ohrensausen, Augenflimmern

Herzklopfen

Schweißausbruch

Zittern

Aus: Glatzel, H.: Verhaltensphysiologie der Ernährung, München, Urban & Schwarzenberg

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Ernährung SS 39

BIRBAUMER/SCHMIDT KAP. 12, S. 217-241 PINEL KAP. 19, S. 299-346 SCHMIDT/THEWS/LANG KAP.17, S. 361-327, KAP. 29, S. 641-649, KAP. 37+38, S. 792-848

Langzeitwirkungen von Hungererlebnissen

Sparsamkeit mit Lebensmitteln

Unfähigkeit, „wegzuwerfen“

unerträglich, Verschleuderung von Lebensmiteln zu beobachten

selbst nach Hungerexperimenten (USA-Untersuchungen mit Studenten:

„Nach wie vor leckten sie Teller ab und ließen Tischsitten außer acht. Trotz unbegrenzter Nahrungsmengen suchten sie, selbst kleinste Abfälle zu vermeiden.“

Theorien über aggressives Verhalten in Zusammenhang mit Hungererlebnissen:

Manche Psychologen sind der Auffassung, daß Hungerlebnisse bei Säuglingen

(durch starre Mahlzeiten-Rhythmen) auf dem Umweg über kontinuierliche Frustration aggressives Verhalten fördern

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Vegetatives Nervensystem SS 40

Birbaumer/Schmidt Kap. 9, S. 147-162 Schmidt/Thews/Lang Kap. 19, S. 340-268

Vegetatives Nervensystem (B/S S. 147 ff; S/T S. 340 ff)

Nervenversorgung für Glatte Muskulatur z.B. Blutgefäße z.B. Urogenitalsystem z.B. Verdauungssystem z.B. Thermoregulationssystem (Mm. arrectores pilorum) z.B. Auge (M. sphincter pupillae) Drüsen z.B. Schweißdrüsen z.B. Verdauungsdrüsen Organfunktionen z.B. Lunge z.B. Herz z.B. Urogenitalorgane z.B. Sexual-/Genitalorgane Die Wirkungen des VNS sind der willkürlichen Kontrolle weitgehend entzogen; deshalb wird dieser Teil des Nervensystems auch als autonomes Nervensystem bezeichnet.

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Vegetatives Nervensystem SS 41

Birbaumer/Schmidt Kap. 9, S. 147-162 Schmidt/Thews/Lang Kap. 19, S. 340-268

Vegetatives Nervensystem

Einteilung

Nach ursprünglich anatomischen, inzwischen auch funktionellen Kriterien werden 3 Teilsysteme des VNS unterschieden: Sympathicus Die efferenten Nervenzellen des Sympathicus liegen im Rückenmark in den thoracalen und lumbalen Abschnitte. Der Sympathicus benutzt Adrenalin und Noradrenalin als Überträgerstoffe seiner Wirkungen auf die „Erfolgsorgane“. Parasympathicus Die efferenten Nervenzellen des Parasympathicus liegen im Hirnstamm und in den sakralen Abschnitten des Rückenmarks. Der Parasympathicus benutzt Acetylcholin als Überträgerstoff seiner Wirkungen. Darmnervensystem Das Darmnervensystem ist ein spezialisiertes Nervensystem des Darmes, das weitgehend unabhängig vom Zentralnervensystem funktioniert.

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Vegetatives Nervensystem SS 42

Birbaumer/Schmidt Kap. 9, S. 147-162 Schmidt/Thews/Lang Kap. 19, S. 340-268

Vegetatives Nervensystem

Funktionen des Parasympathicus

Herz Abnahme der Herzfrequenz Abnahme der Kontraktionskraft Arterien (urogenital) Dilatation Venen (Gehirn) Dilatation Magen-Darm-Trakt longitudinale Muskeln Kontraktion zirkuläre Muskeln Kontraktion Sphincteren Erschlaffung Augen M. Sphincter Pupillae Kontraktion M. ciliaris Kontraktion Bronchialmuskulatur Kontraktion Speicheldrüsen starke seröse Sekretion Tränendrüsen Sekretion Bronchialdrüsen Sekretion Verdauungsdrüsen Sekretion Darmschleimhaut Sekretion Langerhanssche Inseln Sekretion

Einstellung des Organismus auf trophotrope Funktionslage

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Vegetatives Nervensystem SS 43

Birbaumer/Schmidt Kap. 9, S. 147-162 Schmidt/Thews/Lang Kap. 19, S. 340-268

Vegetatives Nervensystem

Funktionen des Sympathicus

Herz Zunahme der Herzfrequenz Zunahme der Kontraktionskraft Arterien Konstriktion Muskelarterien Dilatation/Konstriktion Venen Konstriktion Magen-Darm-Trakt Abnahme der Motilität Sphincteren Kontraktion Milzkapsel Kontraktion Harnblase Erschlaffung Sphincter int. Kontraktion Genitalorgane Vesica seminalis Kontraktion Ductus deferens Kontraktion Uterus Kontraktion Auge M. dilatator Pupillae Kontraktion Bronchialmuskulatur Erschlaffung Haut Mm. arrectores pil. Kontraktion Speicheldrüsen Schwache muköse Sekretion Schweißfrüsen Sekretion Verdauungsdrüsen Abnahme der Sekretion Soffwechsel Glykogenolyse, Lipolyse, Gluconeogenese

Einstellung des Organismus auf ergotrope Funktionslage

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Vegetatives Nervensystem SS 44

Birbaumer/Schmidt Kap. 9, S. 147-162 Schmidt/Thews/Lang Kap. 19, S. 340-268

Vegetatives Nervensystem

Adrenorezeptoren

Sympathicuswirkungen werden durch Rezeptoren in den Zellmembranen der Zielzellen (in den Erfolgsorganen) vermittelt. Nach pharmakologischen Kriterien (z.B. Empfindlichkeit gegenüber adrenalin- und noradrenalinähnlichen Substanzen) werden mehrere Rezeptortypen unterschieden: α1 - Rezeptoren: Adrenalin und Noradrenalin sind etwa gleich wirksam. α2 - Rezeptoren: Adrenalin ist etwas wirksamer als Noradrenalin. β1 - Rezeptoren: Noradrenalin ist etwas wirksamer als Adrenalin. β2 - Rezeptoren: Adrenalin ist etwas wirksamer als Noradrenalin. Die meisten vom Sympathicus beeinflußten Organe verfügen über eine Mischung aus α - und β - Rezeptoren, die zugleich antagonistische Wirkungen vermitteln. Die biologische Bedeutung dieses Systems ist nur in wenigen Fällen klar.

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Botenstoffe SS 45

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Botenstoffe I (B/S S. 64 ff; 85 ff; S/T S. 370 ff)

1. Hormone 2. Überträgerstoffe 3. Neuropeptide Kommunikationsformen: a. endokrin > klassische Hormondrüsen > Hypophyse > Gastrointestinaltrakt b. parakrin > Gastrointestinaltrakt c. Neurosekretion > Hypothalamus (z.B. Releasing-Hormone) > Hypophyse (Vasopressin, Oxytocin) > Nebennierenmark (Adrenalin, Noradrenalin) d. synaptisch >Transmitter > Neuropeptide In Anlehnung an: Voigt, K.H., und H.L. Fehm: Psychoneuroendokrinologie. In. Uexküll, Th.v. u.a. (Hrsg.): Psychosomatische Medizin. München,Urban&Schwarzenberg 4/1990

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Botenstoffe SS 46

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Botenstoffe II

Neuropeptide aus dem Hypothalamus Vasopressin Ocytocin Thyreotropine Releasing Hormone Gonadotropine Releasing Hormone Cortocotropine Releasing Hormone Growth Hormone Releasing Hormone Neuropeptide aus der Hypophyse Pro-opio-melano-cortin - Peptide Adrenocorticotropes Hormon (ACTH) Melanozyten-stimulierendes Hormon (MSH) β - Endorphin Wachstumshormon (STH) Prolaktin Peptide aus dem Gastrointestinaltrakt Insulin Glukagon Sekretin Pankreatisches Polypeptid u.a. In Anlehnung an: Voigt, K.H., und H.L. Fehm: Psychoneuroendokrinologie. In. Uexküll, Th.v. u.a. (Hrsg.): Psychosomatische Medizin. München,Urban&Schwarzenberg 4/1990

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Botenstoffe SS 47

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Botenstoffe III

Peptide unterschiedlicher Herkunft Atriale natriruretisches Peptid Bradykinin Angiotensin II Carnosin, Homocarnosin Schlafpeptide u.a. Hormone aus der Hypophyse Wachstumshormon (STH) POMC-Peptide Prolaktin (PRL) Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) Luteotropes Hormon (LH) Follikel-stimulierendes Hormon (FSH) Hormone aus endokrinen Drüsen Schilddrüsenhormone (T3, T4) Glukokortikoide Mineralokortikoide Androgene, Östrogene, Gestagene Neurotransmitter Acetylcholin Adrenalin, Noradrenalin γ-Aminobuttersäure (GABA) Serotonin, Dopamin(DA) Glycin In Anlehnung an: Voigt, K.H., und H.L. Fehm: Psychoneuroendokrinologie. In. Uexküll, Th.v. u.a. (Hrsg.): Psychosomatische Medizin. München,Urban&Schwarzenberg 4/1990

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Botenstoffe SS 48

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Zwischenhirn (Hypothalamus)

Releasing-Hormone, Release-Inhibiting-Hormone

Hirnanhangdrüse (Hypohyse)

Hormondrüsen-steuernde Hormone (Glandotrope Hormone)

Periphere Hormondrüsen

Effektor-Hormone

Zielorgan („Erfolgsorgan“)

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Botenstoffe SS 49

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

(Chemische) Natur und Wirkungsmechanismus von Hormonen

1. Peptidhormone

eiweißähnlich, aufgebaut aus Aminosäuren können Zellwände nicht passieren verbinden sich mit Rezeptoren an der Zelloberfläche vermitteln ihr Wirkung durch einen „second messenger“ z.B. Hypothalamus-Hormone Hypophysen-Hormone Insulin

2. Steroidhormone

können in Zellen eindringen, gelangen aber nicht in den Zellkern z.B. Hormone der Nebennierenrinde Sexualhormone

3. Thyroxin

dringt in Zellen und in den Zellkern ein verändert unmittelbar die „Programmierung“ der Zelle

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Botenstoffe SS 50

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Freisetzung von Hormonen

1. Vorwiegend kontinuierlich

Beispiel: Schilddrüsen-Hormon

2. Vorwiegend rhythmisch

Beispiel: Cortisol

3. Vorwiegend bedarfsabhängig

Beispiel: Insulin

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Botenstoffe SS 51

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Hormone der Nebennierenrinde (NNR)

Name: „Corticoide“ (Cortex = Rinde) Gluco - Corticoide → KH-Stoffwechsel Mineralo - Corticoide → Mineralhaushalt Androgene Corticoide → männl. Sexualhormone Herkunft: „Stamm-Molekül aller NNR-Hormone ist Cholesterin System: Hypothalamus

↓ Corticotropin Releasing Factor

↓ Hypophyse

↓ Adreno-cortico-tropes Hormon (ACTH)

↓ Nebebnnierenrinde

↓ Gluco-Corticoide

Androgene Corticoide

Mineralo-Corticoide werden nach einem anderen Prinzip gesteuert!

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Botenstoffe SS 52

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Gluco-Corticoide

Wichtigster Vertreter: Cortisol Funktionen: Bereitstellung von Glucose: ggf unter Abbau von Eiweiß Hemmung von Immunreaktionen Beeinflussung zentralnervöser Funktionen Angriffsorte: Muskel, Fettgewebe, Haut, lymphatische Organe: Proteolyse Leber: Gluco-neo-genese Immunsystem: Hemmung des Austritts weißer BK aus dem Gefäßsystem; Hemmung der Phagozytose; Hemmung der Bakteriolyse; Hemmung der Antikörper-Bildung; Unterdrückung entzündlicher Gewebsreaktionen; „Immunsuppression“

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Botenstoffe SS 53

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Adreno-genitales Syndrom

Überproduktion von NNR-Androgenen. Ursache: oft angeboren (rezessiv vererblich) Mechanismus:

Enzymdefekt in der NNR ↓

NNR bildet zuwenig Gluco- und Mineralocorticoide ↓

neg. Rückkopplung zur Hypophyse ↓

Vermehrte Bildung von ACTH ↓

Wachstum der NNR ↓

vermehrte Produktion von Androgenen

Mädchen: Jungen: Virilisierung Pseudopubertas praecox Vermännlichung des ohne Keimdrüsen- äußeren Genitale entwicklung virile Behaarung männl. Körperbau Beide: verfrühtes Längenwachstum, verfrühtes Wachstumsende.

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Botenstoffe SS 54

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Cushing-Syndrom

Ursache: Übermäßige Produktion von Gluco- corticoiden iatrogen (Überdosierung von Cortison) Folgen: KH-Stoffwechsel: diabetogene Stoffwechsellage Hyperglykämie, Ketoazidose Polyurie, Polydipsie Mineral-Stoffw.: Bluthochdruck EW-Stoffwechsel: Muskelschwund Fett-Stoffwechsel: Stammfettsucht, Vollmondgesicht, Hypercholesterinämie, Atherosklerose Blutbildung: zu hohe Zahl roter und weißer Blutkörperchen Bindegewebe: Striae, herabgesetzte Immunreaktion ZNS: Agression, Depression

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Botenstoffe SS 55

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Wechselwirkungen von NNR-Hormonen mit psychischen Prozessen

Vermehrte Cortisol-Ausschüttung in Tierversuchen unter folgenden Bedingungen: Immobilisierung Crowding Kampf Reaktionen der NNR auch ohne physische Beteiligung, z.B. wenn das Tier den skizzierten Situationen nur „zuschaut“. → Vergrößerung der Hypophyse → Zunahme des ACTH → Vergrößerung der NNR → Zunahme der Corticoide im Blut System reagiert (a) auf alltägliche Schwankungen der Umgebungs- bedingungen; (b) auf „Reize“; einige Eigenschaften von Situationen rufen besonders deutliche Reaktionen hervor: Neuartigkeit, Ungewißheit, Unvorhersagbarkeit, Erwartung eines aversiven Reizes, plötzlicher Wechsel bekannte Regeln etc., „Beteiligung“

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Botenstoffe SS 56

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Insuffizienz der Nebennierenrinde (Addisonsche Krankheit)

Hormongruppe Mangelerscheinung Symptome Mineralo- Natrium- und Chlormangel Müdigkeit, Schwäche corticoide Übelkeit, Erbrechen Kaliumüberschuß Muskelkrämpfe, Lähmungen Herzrhythmusstörungen Säureüberschuß Hyperventilation Bewußtseinsstörungen, Koma extrazellulärer Kreislaufstörungen Volumenmangel Kollapsneigung intrazellulärer Kopfschmerzen Volumenmangel Apathie, Verwirrtheit Gluco- Senkung des Hunger, Angst, Übelkeit corticoide Blutzuckerspiegels Schweißausbruch, Kreislauf- störungen, Bewußtlosigkeit, Koma Störung des Eiweiß- Gewichtsverlust und Fettstoffwechsels Störung der Blutbildung Mangel an roten und weißen Blukörperchen verminderte Stimulation verringerte oder fehlende der Magenschleimhaut Salzsäureproduktion vermehrte Ausschüttung Pigmentierung von Haut von MSH1 und Schleimhäuten Störungen des ZNS psychische Störungen MSH = Melanozyten (Pigmentzellen) stimulierendes Hormon Androgene Schwächezustand, Muskelschwund, Impotenz Modifiziert nach Thews, Mutschler, Vaupel S. 558

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Botenstoffe SS 57

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Schilddrüse

Hypothalamus

Thyreotropine Releasing Foctor (TRF)

Hypophyse

Thyreoidea stimulierendes Hormon (TSH)

Schilddrüse

T3, T4

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Botenstoffe SS 58

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Ursachen: Hypoplasie der Schilddrüse Jodmangel Jodverwertungsstörung fehlende TSH-Freisetzung TSH-Rezeptormangel angeboren oder erworben durch Entzündungen Röntgenbestrahlung Radio-Jod-Behandlung Kropfoperationen Symptome: Haut (Schwellung, „Myxödem“) Grundumsatz ↓ Körpertemperatur ↓ verminderte geistige Beweglichkeit rauhe, langsame Sprache Kälteempfindlichkeit gesteigerte Ermüdbarkeit Verstopfung Übergewicht brüchige Haare und Nägel Libido- und Potenzverlust

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Botenstoffe SS 59

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)

Ursachen: (a) „nicht immunogen“ hormonproduzierende „heiße Knoten“ im Schilddrüsen-gewebe entziehen sich der Regulation durch TSH; sie sind „autonom“; (b) „immunogen“ Eine Autoimmunreaktion; Zellen der Immunabwehr bilden ein „thyreoidea-stimulierendes Immunglobulin“, das die Rezeptoren für TSH besetzt und die Hormon-produktion steigert. Symptome: vermehrte Ausschüttung von T3 und T4 Grundumsatz ↑ Körpertemperatur ↑ HMV ↑, HF ↑ Unrast, „Gedankenjagen“ Schlaflosigkeit Schwitzen feinschlägiger Tremor Durchfälle

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Botenstoffe SS 60

Birbaumer/Schmidt Kap. 4 und 5, S. 64-100 Pinel Kap. 11, 347 - 384 Schmidt/Thews/Lang Kap. 20, S. 370-419

Schilddrüsenhormon und Entwicklung

TSH ist ab der 12.-14. Wocher der Embryonal-entwicklung, T4 ab der 11.-12. Woche nachgewiesen. Symptome einer intrauterinen Hypothyreose: lange Schwangerschaftsdauer hohes Geburtsgewicht große hintere Fontanelle Atmungsstörungen Hypothermie Zyanose Hypoaktivität vergrößerte Zunge Fütterungsstörungen Verdauungsstörungen verlängerte NG-Gelbsucht blasse, trockene Haut Symptome nach der Geburt: Veränderung der Gesichtszüge Nasenbasis wird breit und flach verlangsamtes Wachstum mentale Retardation bis zur Debilität verminderte physische Aktivität Jedes Kind, das zum Füttern geweckt werden muß und auffällig wenig schreit, sollte vorsichtshalber auf Hypothyreose untersucht werden Falls eine Substitutionsbehandlung vor dem 6. Lebensmonat einsetzt, erreichen 85 % der Kinder einen IQ von mindesten 85; danach bleiben 85 % der Kinder für immer geistig behindert.

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Stress – Selye SS 61

Literaturempfehlung: Schandry S. 74 ff Nitsch S. 161 ff

Stress-Selye I

Das Syndrom, einfach nur krank zu sein (PatientInnen)

„Kranker“ Gesichtsausdruck

Gewichtsabnahme Antriebslosigkeit

Symptome nach Injektionen von Hypophysenextrakten (Tierversuche, Ratten)

Thymusschrumpfung

Fieber Magengeschwüre

Aktivitätssteigerung der Nebenniere

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Stress – Selye SS 62

Literaturempfehlung: Schandry S. 74 ff Nitsch S. 161 ff

Stress-Selye II

Das „allgemeine Adaptations-Syndrom“ (AAS)

Schock + Gegenschock = „Alarm-Reaktion“ „Widerstandsphase“ „Erschöpfungsphase“

Homoiostase

Homöostase

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Stress – Selye SS 63

Literaturempfehlung: Schandry S. 74 ff Nitsch S. 161 ff

Stress-Selye III

Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse:

Hypothalamus ↓

Corticotropine Releasing Factor (CRF) ↓

Hypophyse ↓

Adrenocorticotropes Hormon (ACTH) ↓

Nebennierenrinde ↓

Cortisol

Die Hypothalamus-Nebennierenmark-Achse:

Hypothalamus ↓

vegetatives Nervensystem (Sympathicus) ↓

Nebennierenmark ↓

Adrenalin

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Stress – Selye SS 64

Literaturempfehlung: Schandry S. 74 ff Nitsch S. 161 ff

Stress-Selye IV

Stress und Homoiostase

Kreislaufversagen: „Konzentrierung des Kreislaufs“ Blutverlust: Mobilisierung von Blutreserven Blutverlust: Blugerinnung Gesteigerter Energiebedarf: Lipolyse, Glykogenolyse, Glusoneogenese Appetitlosigkeit: Einschränkung der Verdauungsarbeit Umschaltung auf kattabolen Stoffwechsel Eingeschränktes Bewußtsein: Aktivierungsschub Einschränkung energiebedürftiger Immunsuppression Immunfunktionen:

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Stress – Selye SS 65

Literaturempfehlung: Schandry S. 74 ff Nitsch S. 161 ff

„Physiologischer“ oder „biologischer“ Stress

(Stress-Selye)

Gewichtsverlust Appetitverlust

Antriebslosigkeit erhöhte Temperatur

reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit „kranker“ Gesichtsausdruck

Schrumpfung der Thymusdrüse

Schrumpfung des lymphatischen Gewebes Vergrößerung der Nebennierenrinde

Blutungen im Magen-Darm-Trakt Verminderung der Eosinophilen

Vermehrte Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin

Vermehrte Ausschüttung von Cortisol

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Stress – Selye SS 66

Literaturempfehlung: Schandry S. 74 ff Nitsch S. 161 ff

„Physiologischer“ oder „biologischer“ Stress

(Stress-Selye)

Das Stress-Modell nach Selye befaßt sich mit körperlichen Reaktionen auf Stressor-Wirkungen, soweit diese Reaktionen unabhängig vom jeweiligen Stressor eintreten und sich in Form des AAS beschreiben lassen. Zumindest in der ursprünglichen Form dieses Modells lösen Stressoren den Reaktionsprozeß durch physikalische, chemische oder biologische Einwirkungen auf den Organismus aus. Hervorstechendes Merkmal des AAS ist die Gleichartigkeit, mit der es bei unterschiedlichen Stressoren eintritt (wobei sich der Begriff „Gleichartigkeit“ allerdings nur auf den unspezifischen Anteil aller Reaktionen bezieht; alle spezifischen Reaktionen sind davon ausgenommen). Physiologische Grundlage des AAS ist ein neurohumoral, d.h. über Nervensystem und Hormonsystem gesteuerter Prozeß, dessen wichtigste Ablaufkette durch das System

Hypothalamus CRF

Hypophyse ACTH

Nebennierenrinde Cortisol

gekennzeichnet ist.

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Stress – Selye SS 67

Literaturempfehlung: Schandry S. 74 ff Nitsch S. 161 ff

„Physiologischer“ oder „biologischer“ Stress

(Stress-Selye)

Homoiostase (Funktionsgleichgewicht) bedeutet z.B. • Körpertemperatur im tolerierbaren Bereich • „zentraler“ Blutdruck ausreíchend • Sauerstoffversorgung bedarfsgerecht • ausreichende CO2-Ausscheidung • osmotischer/onkotischer Druck der Körperflüssigkeiten im tolerierbaren Bereich • Minreal- und Wasserhaushalt im tolerierbaren Bereich • verfügbare Energie bedarfsentsprechend • Bewußtseinszustand und kognitive Leistungsfähigkeit angmessen Gestörte Homoiostase zeigt sich z.B. durch • Fieber, Untertemperatur • Kreislaufzusammenbruch • Sauerstoff-Mangel-Symptome (z.B. Hautfarbe) • respiratorische Azidose • Hyperosmolarität, Ödeme • Exsikkose • Erregbarkeitsstörungen von Herz und ZNS • Hypoglykose • Bewußtseinsstörungen • mangelnde Handlungskontrolle

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Stress – Selye SS 68

Literaturempfehlung: Schandry S. 74 ff Nitsch S. 161 ff

„Physiologischer“ oder „biologischer“ Stress

(Stress-Selye)

1. Stress (Selye) beschreibt eine Reaktionsweise von Organismen; der menschliche Organismus stellt aber nur einen Spezialfall dar; die Fähigkeit zu Stress-Reaktionen findet sich sehr viel häufiger.

2. Für diesen „physiologischen“ oder „biologischen“ Stress ist charakteristisch, daß er weitgehend auf der Konstruktion oder Konstitution des jeweiligen Organismus beruht, deshalb ist auch nicht Variabilität, sondern seine prinzipielle Ähnlichkeit (mit anderen Streßprozessen) sein hervorstechendes Merkmal.

3. Biologische Stress-Prozesse stellen physiologische Reaktionen auf materielle (physikalische, chemische, biologische „Reize“ dar; das biologische Stress-Modell entspricht einem S-O-R-Modell. Interaktionen, Transaktionen und intervenierende Faktoren spielen in dem Modell eine untergeordnete Rolle.

4. Stress-Prozesse sind danach charakterisiert durch die Beteiligung der Hormone Adrenalin und Cortisol (einschließlich ACTH und CRF). Diese Hormone dienen der vermehrten Bereitsstellung von psychischer (kognitiver) und physischer (aus dem Soffwechsel bezogener) Energie. Stress erweist sich deshalb in erster Linie als ein Mechanismus zur Deckung einers erhöhten Energiebedarfs.

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Stress – Selye SS 69

Literaturempfehlung: Schandry S. 74 ff Nitsch S. 161 ff

„Physiologischer“ oder „biologischer“ Stress

(Stress-Selye)

Adrenalin bewirkt • ergotrope Umstellung des Organismus • Erregungssteigerung im ZNS • Beschleunigung der Herztätigkeit • Anstieg des Blutdrucks • Verstärkung der Atmung • Glykogenolyse • Gluconeogenese • Lipolyse Cortisol bewirkt • Gluconeogenese • anti-anabole Wirkung • katabolen EW-Stoffwechsel • Erhöhung des Fettsäurespiegels • Unterstützung der Adrenalin-Wirkungen • Hemmung der Immunabwehr

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Psychologischer Stress SS 70

Nitsch S. 213 ff

Psychologischer Stress (Stress Lazarus)

4 Hauptkategorien von Stress-Reaktionen: 1. Berichte über emotionale Störungen

2. psychomotorische Reaktionen

3. Veränderung der Adäquatheit kognitiver Prozesse

4. physiologische (biochemische und vegetative Prozessse)

Nach:

Lazarus, R.S.: Psychological Stress and the Coping Process. New York etc.,McGraw Hill 1966

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Psychologischer Stress SS 71

Nitsch S. 213 ff

Psychologischer Stress (Stress Lazarus)

Theoretische und empirische Fragestellungen der Stress-Forschung: Die Frage nach den äußeren und inneren Kräften, die Stress-Reaktionen auslösen; die Frage nach der Form, in der diese Reaktionen autreten; die Frage nach den Prozessen, die zwischen Stress-Reiz und Stress- Reaktion eingeschaltet sind.

Es ist ein erheblicher Unterschied, ob bei der Untersuchung des Streß der Schwerpunkt beim Menschen oder bei Tieren liegt. Wenn man sich auf der phylogenetischen Leiter aufwärts bewegt, wir streß-relevantes Verhalten immer weniger von Instinkt-Mechanismen und immer mehr von Lernprozessen abhängig. In der Konsequenz werden die Streß-Reaktionen zwischen den einzelnen Individuen immer differenzierter. Andererseits scheint eine Folge von intensivem Streß zu sein, daß die Variabilität des Verhaltens ab-, die Stereotypie des Verhaltens zunimmt.

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Psychologischer Stress SS 72

Nitsch S. 213 ff

Psychologischer Stress (Stress Lazarus)

Das Konzept der „Bedrohung“: • „Bedrohung“ ist eine intervenierende Schlüsselvariable in Streß-Prozessen.

• „Bedrohung“ hat eine antizipatorische Komponente; das Individuum schließt aus den Merkmalen des Reizes, daß möglicherweise zukünftig ein „Schaden“ (psychologisch: Blockierung eines wichtigen Motivs) eintreten wird.

• „Bedrohung“ beruht auf kognitiven Prozessen (Wahrnehmen, Lernen, Gedächtnis, Urteilen, Denken).

• „Bedrohung“ ist nicht identisch mit „Angst“; Angst ist eine affektive Antwort auf einen Stressor.

• Die Einschätzung der Bedrohung muß nicht notwendig bewußt vorgenommen werden; der Bewußtheitsgrad könnte unterschiedlich sein bezüglich

1. der Details des Reizes, 2. derjenigen Eigenschaften des Individuums, die den Reiz bedrohlich

machen, 3. der Beziehungen zwischen dem Reiz und dem Individuum, 4. der Zufälligkeiten und Zwänge, denen die Beantwortung des Reizes

unterliegt, 5. der emotionalen Reaktionen selbst.

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Psychologischer Stress SS 73

Nitsch S. 213 ff

Psychologischer Stress (Stress Lazarus)

Reizmerkmale, die die Einschätzung der Bedrohung bestimmen: 1. Das Kräftegleichgewicht zwischen dem schädigenden Reiz und den Möglichkeiten

zur Schadensabwehr (falls zuungunsten der Schadensabwehr: Bedrohung höher);

2. die Unmittelbarkeit der Bedrohung durch die antizpierte Schädigung (z.B. räumliche und zeitliche Nähe steigern die Bedrohlichkeit);

3. die Zweideutigkeit von Reizmerkmalen (falls ein Bedrohung ohnehin angenommen wird.

Persönlichkeitsmerkmale, die die Einschätzung der Bedrohung bestimmen:

1. Merkmale der Motivationsstruktur;

2. Überzeugungssysteme, die sich auf das Verhältnis zur Mitwelt beziehen;

3. intellektuelle Ressourcen, Erziehung und Aufklärung.

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Psychologischer Stress SS 74

Nitsch S. 213 ff

Psychologischer Stress (Stress Lazarus)

Situative Merkmale, die die Auswahl des Bewältigungsverhaltens bestimmen. 1. Grad der Bedrohung (wenn der Grad der Bedrohung wächst, wird das

Bewältigungsverhalten primitiver);

2. Lokalisierbarkeit der Schädigungsquelle;

3. Erfolgsaussichten alternativer Aktionen zur Schadensabwehr;

4. situative Zwänge.

Persönlichkeitsmerkmale, die die Auswahl des Bewältigungsverhaltens bestimmen:

1. Motivationsstruktur;

2. Ego-Eigenschaften;

3. defensive Dispositionen;

4. allgemeine Überzeugungen über die Mitwelt und über die eigenen Möglichkeiten.

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Psychologischer Stress SS 75

Nitsch S. 213 ff

Psychologischer Stress (Stress Lazarus)

Mögliche Resultate des ersten Einschätzungsprozesses („primary appraisal“)

neutrale Situation („nicht betroffen“);

Herausforderung („challenge“);

Bedrohung (möglicher, antizpierter Schaden);

Schädigung (bereits eingetretener Schaden).

Klassen von Indikatoren psychologischer Stress-Reaktionen:

Affekte;

psychomotorische Reaktionen;

Veränderung psychischer Teilleistungen;

physiologische Reaktionen.

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Psychologischer Stress SS 76

Nitsch S. 213 ff

Das Experiment von HAMILTON (1916)

HAMILTON konstruierte einen Raum mit 4 Ausgängen, die vom Eingang jeweils gleich weit entfernt waren. Die in den Raum gesetzten Ratten („VT“) mußten heraus-finden, welche Tür jeweils unverschlossen war; es war immer nur eine Tür unver-schlossen und niemals dieselbe Tür zweimal hintereinander (davon abgesehen wurden die Türen nach einer Zufallssequenz geöffnet bzw. geschlossen gehalten). HAMILTON konnte 5 Problemlösungsstrategien (A bis E) voneinander unterscheiden: A: VT beachten die im vorangegangenen Versuch unverschlossene Tür nicht und probieren alle anderen Türe in regelmäßiger Reihenfolge durch;

B: VT versuchen in zufälliger Reihenfolge jede Tür einmal zu öffnen; die im vorangegangenen Versuch geöffnete Tür konnte, aber mußte nicht übergangen werden.

C: VT versuchen in regelmäßiger Reihenfolge, alle Türen zu öffnen;

D: VT probieren alternierend 2 Türen aus und beginnen bei Mißerfolg von vorn;

E: VT versuchen, mehrmals dieselbe Tür zu öffnen, bevor sie zu anderen Türen übergehen.

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Psychologischer Stress SS 77

Nitsch S. 213 ff

Das Experiment von LEVITT (1934)

LEVITT stellte Menschen in einen nach HAMILTONs Muster gebauten Raum und wandte dieselbe „Spielregel“ an (niemals dieselbe Tür zweimal hintereinander unverschlossen). Die beobachteten Lösungsstrategien unterteilte er nach denselben Kategorien wie HAMILTON in seinen Tierversuchen. In einem zweiten Experiment nach denselben Regeln setzte LEVITT seine Versuchspersonen massivem Streß aus: Er versetzte ihnen über ein Rost elektrische Schläge, bespritzte sie mit kaltem Wasser und setzte sie gleichzeitig dem ohrenbetäubenben Lärm einer alten Autohupe aus. Wiederum erfolgte die Beurteilung des Problemlösungsverhaltens nach den Kriterien von HAMILTON.

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Aktivierung SS 78

Birbaumer/Schmidt Kap. 22, S. 512 – 536 Schandry S. 49 ff

Aktivierung

(Schandry S. 49 ff; B/S S. 528 ff)

Für jede physische und psychische Funktion ist bekannt, daß sie

Minimalzustände, Maximalzustände

und jeden „Grad“ zwischen diesen beiden Extremen annehmen kann. Beispiele:

Ruhe-Herzschlagfrequenz 40-70/min maximale Herzschlagfrequenz 170-220/min

Tiefschlaf hellwach

emotional neutral panische Angst

Es gibt keine „Erregung“ eines Menschen (d.h. Fortbewegung aus dem Zustand völliger physischer und psychischer Entspannung), an dem nicht körperliche und psychische Funktionen beteiligt wären.

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Aktivierung SS 79

Birbaumer/Schmidt Kap. 22, S. 512 – 536 Schandry S. 49 ff

Aktivierung

„Aktivierung“ bezeichnet

den Prozeß, der ein Lebewesen aus einem Zustand geringerer in einen Zustand größerer (psychophysischer) Erregung überführt: „phasische“ Komponente; „Arousal“ jemand wird aktiviert (oder desaktiviert) das Ausmaß/den Grad des Erregungszutandes (z.B. im Vergleich zu völliger Entspannung: „tonische“ Komponente; „Activation“ jemand ist - geringer oder stärker - aktiviert.

Grenzfälle (Narkose, Koma) ausgenommen, verändert sich der Aktivierungsgrad eines Lebewesens ständig: Aktivierung ist ein kontinuierlicher, phasisch-tonischer Prozeß.

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Aktivierung SS 80

Birbaumer/Schmidt Kap. 22, S. 512 – 536 Schandry S. 49 ff

Aktivierung

Funktionssysteme, an denen man „Erregungsprozesse“ gut erkennen kann, sind z.B.

das emotionale Befinden die Antriebslage das motorische Verhalten die Sprache das Herz-Kreislauf-System die Muskelspannung die Pupillenweite die Schweißsekretion die Gehirnaktivität

Im Prinzip finden sich Merkmale für Erregung und Entspannung - manchmal weniger augenfällig - in allen Funktionssystemen. Erinnerung: Es gibt keine „Erregung“ eines Menschen - d.h. Entfernung aus dem Zustand völliger physischer und psychischer Entspannung - an der nicht körperliche und psychische Funktionen beteiligt wären.

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Aktivierung SS 81

Birbaumer/Schmidt Kap. 22, S. 512 – 536 Schandry S. 49 ff

Reiz- und Reaktions-Spezifität

Es gibt bei demselben Menschen in verschiedenen Situationen unterschiedliche Aktivierungsmuster: z.B.: Reiz A löst vor allem Herzklopfen aus; Reiz B ruft auch Magenschmerzen hervor; Reiz C verursacht einen Schweißausbruch. → Reiz-Spezifität (stimulus specificity) In derselben Situation kommen bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Aktivierungsmuster vor: z.B.: Mensch A reagiert bevorzugt mit Veränderungen im Herz-Kreislauf-System; Mensch B zeigt Reaktionen im Bereich der Verdauung; Mensch C verändert vor allem Frequenz und Tiefe der Atemzüge → Reaktions-Spezifität (response specificity)

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Aktivierung SS 82

Birbaumer/Schmidt Kap. 22, S. 512 – 536 Schandry S. 49 ff

Das „aufsteigende reticuläre Aktivierungssystem“ (ARAS)

Willkürhandlungen ← Großhirn ↑ vegetative Veränderungen ← Zwischenhirn ↑ elektrische Reize → Substantia reticularis (Hirnstamm) Willkürhandlungen ← Großhirn ↑ vegetative Veränderungen ← Zwischenhirn ↑ Sensorische Signal → Substantia reticularis (Körper, Umwelt) (Hirnstamm) Willkürhandlungen ← Großhirn ↑ vegetative Veränderungen ← Zwischenhirn ↑ motivationale und → Limbisches System emotionale Einflüsse

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Aktivierung SS 83

Birbaumer/Schmidt Kap. 22, S. 512 – 536 Schandry S. 49 ff

Die acht Leitvariablen zur Aktivierungsmessung

(nach Fahrenberg et al., 1979)

1. Anspannung, subjektiv erlebte Veränderung

2. Herzfrequenz, Mittelwert

3. Pulsvolumenamplitude, Mittelwert

4. Spontanfluktuation der Hautleitfähigkeit, Anzahl in 2 min

5. EEG, Mittelwert der relativen Power im Bereich der α-Frequenz

6. Elektromyogramm, mittlere Anspannung des Stirnmuskels

7. Lidschlag, Anzahl pro min

8. Atemform, Anteil der Frequenzanteile in der Atemkurve außerhalb der Atemfrequenz

Nach: Schandry S. 57

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Aktivierung SS 84

Birbaumer/Schmidt Kap. 22, S. 512 – 536 Schandry S. 49 ff

Tafelbilder zum Thema „Aktivierung“

1. Habituation und Dishabituation (Schandry S. 61)

2. Habituationsmodell nach SOKOLOV (Schandry S. 64)

3. Kennlinien physiologischer Maße in Abhängigkeit vom Aktivierungsgrad (Schandry S. 58)

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Emotionen SS 85

Birbaumer/Schmidt Kap. 25 und 26, S. 602 - 674 Pinel Kap. 17, S. 574 - 616 Schmidt/Thews/Lang Kap. 9, S. 167 – 182 Gefühle sind Reaktionsmuster auf positiv verstärkende oder aversive körperinterne oder -externe Reize, die auf drei Reaktionsebenen ablaufen: der motorischen, der physiologischen und der subjektiv-psychologischen Ebene. Emotionen treten in der Regel als Reaktionen auf positiv verstärkende Reize (Freude) oder deren Unterbleiben (Frustration - Wut) oder aber als Reaktion auf bestrafende aversive Reize (Angst) oder deren Unterbleiben (Erleichterung) auf. Neuronale Systeme („Gefühlssysteme“) bestimmen den hedonistischen Wert eines exterozeptiven Reizes zusammen mit den Triebsystemen und teilen diesen den höheren sensorischen und motorischen Regionen mit. Sie bestimmen damit die Auftrittswahrscheinlichkeit aller Reaktionen und die Einprägung von Gedächtnisinhalten. B/S S. 647

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Emotionen SS 86

Birbaumer/Schmidt Kap. 25 und 26, S. 602 - 674 Pinel Kap. 17, S. 574 - 616 Schmidt/Thews/Lang Kap. 9, S. 167 – 182

Die mit primären Emotionen einhergehenden Ausdrucksreaktionen des Gesichts sind angeboren (in dem Sinne, daß sie ab einer bestimmten Hirnreifung ohne instrumentelles oder klassisches Lernen spontan auftreten) und können in vielen menschlichen Kulturen einschließlich sogen. „Primitivkulturen“ sowohl von Fotos als auch Filmen ... identifiziert werden. Jede Kultur entwickelt Darstellungsregeln für die einzelnen Gefühle, die die angeborenen Muskelreaktionen der primären Emotionen überlagern, aber nicht völlig maskieren können. B/S S. 648

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Emotionen SS 87

Birbaumer/Schmidt Kap. 25 und 26, S. 602 - 674 Pinel Kap. 17, S. 574 - 616 Schmidt/Thews/Lang Kap. 9, S. 167 – 182

„Vorpsychologische“ (weltanschauliche, überzeugungsabhängige) Motivations-Konzepte:

1. Fatalismus

Menschliches Handeln und die Ereignisse, die Menschen betreffen, werden von schicksalhaften, unbeeinflußbaren Kräften bestimmt.

2. Rationalismus Menschliches Handeln entspringt immer der Entscheidung des „freien Willens“ (so z.B. die Philosophen der griechischen Antike).

3. Determinismus Tiere sind kaum mehr als „lebende Automaten“, die äußeren und inneren Einflußfaktoren passiv folgen müssen ohne die Freiheit der Entscheidung oder der Auswahl. Und Menschen unterscheiden sich von Tieren nur dadurch, daß ihre „Seele“, die den Tieren fehlt, solche Automatismen beeinflussen kann (Descartes).

4. Hedonismus Es gibt auch Überzeugungen, wonach alles menschliche Handeln ausschließlich aus Wünschen und Bedürfnissen zu erklären sei und die von der von den alten Griechen unterstellte Rationalismus kaum mehr als eine Fassade: Vergnügen, Hunger stillen, Schmerz vermeiden, sexuelle Bedürfnisse befriedigen seien die wirklichen Triebkräfte des Verhaltens.

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Emotionen SS 88

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Drei der vier „vorpsychologischen“ Motivationstheorien finden sich auch in „psychologischen“ Motivationstheorien wieder (Ausnahme: „Fatalismus“). Neu hinzugekommen sind 1. Freuds Vorstellung von unbewußten Motiven (während die von uns zur

Erklärung unseres Verhaltens herangezogenen „bewußten“ Motive oft nur Alibi-Funktion hätten) und

2. die Vorstellung von sozialen Faktoren der Motiv-genese, wonach

Menschen - als Produkte der Gesellschaft - durch deren Normen geprägt und gelenkt werden.

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Emotionen SS 89

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Die Beobachtung physiologischer Mechanismen von Lebewesen zeigt unter anderem, daß Organismen bestrebt sind, ihre verschiedenen „Zustände“ oder „Funktionen“ innerhalb relativ enger Grenzen zu stabilisieren. Stärkere Abweichungen von dem wünschenswerten Gleichgewichtszustand signalisieren einen „Mangel“ und erzeugen ein „Bedürfnis“: Hunger → Nahrung sinkende Temperatur → Wärme u.s.w. Motive wurden auf solche „Bedürfnisse“ zurückgeführt; ihr Ziel war es, Bedürfnisse zu befriedigen und dadurch Spannungen zu reduzieren. Beobachtbare Motive sind aber nicht immer durch einen „Mangel“ erklärbar: → Eßlust bei satten bzw. überernährten Menschen ? → Vitaminmangel ohne adäquates Motiv ? → Spieltrieb bei Kindern ?

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Emotionen SS 90

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Bedürnishierarchie nach Maslow: (a) Biologische Bedürfnisse (Hunger, Durst) (b) Sicherheitsbedürfnis (Schutz, Stabilität) (c) Zugehörigkeits- und Liebesbedürfnis (Zuneigung, Identifizierung) (d) Wertschätzungsbedürfnis (Prestige, Sebstachtung) (e) Bedürfnis nach Selbstverwirklichung Dieses hierarchische Modell repräsentiert nach Maslows Auffassung • eine Hierarchie der Wertigkeit (Rangfolge); • eine Entwicklung der Motivationsstruktur (Reihenfolge). These: Ein Bedürfnis (ein Motiv) kann erst dominant werden, wenn alle

Bedürfnisse höherer Prorität im wesenlichen erfüllt sind. Brecht: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral!

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Emotionen SS 91

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1. Emotionen entstehen z.B., wenn Bedürfnisse nicht erfüllt werden können (Bedürfnisspannung) oder wichtige Motive blockiert sind (Motivblockade), wenn zielgerichtete Handlungspläne auf Widerstände stoßen.

2. Emotionen entstehen aber auch dann, wenn ein Lebewesen sich einem wichtigen Ziel annähert oder es sogar erreicht.

3. Je intensiver die Emotion, desto wichtiger ist das Bedürfnis oder Ziel für den Organismus.

4. Emotionen wirken als Verstärker von Motivationslagen, erzeugen aber auch selbst Handlungsantriebe (Ärger erzeugt Aggression, „Interesse“ erzeugt Neugier).

5. Emotionen sind keine „Reflexe“; die daraus abgeleiteten Verhaltensänderungen erfolgen nicht nach einer „Alles-oderNichts-Regel“, sondern nach (kognitiver) Situations- und Person-Analyse mit flexiblen Reaktionen.

6. Der „emotionale Ausdruck“ (sprachlich, motorisch, vegetativ) eines Lebewesens liefert seinen Artgenossen wichtige verhaltens-steuernde Informationen.

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Emotionen SS 92

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Ein besonders deutlicher Zusammenhang besteht zwischen Emotionen und leistungsmotiviertem Verhalten: Mißerfolg → Furcht; Versagen → Ärger; Gute Leistung → Freude. In solchen Fällen werden die Bedürfnisse oder Wünsche (nach Anerkennung, Prestige, Selbstachtung) mit der Wirklichkeit konfrontiert. Die Emotionen stellen also u.a. einen Vermittlungsmechanismus zwischen interner Motivation und externer Realität dar. Emotionen helfen bei der Anpassung an wechselnde Umweltsituationen durch Aktivierung geeigneter Verhaltensreaktionen. Je nach der Art der entstehenden Emotion - z.b. Furcht oder Ärger - werden Verhaltenstendenzen in Richtung Flucht oder Kampf erzeugt.

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Ein wichtiger Aspekt des Emotionsprozesses ist die Analyse und Bewertung von Situationen, von Ereignissen, des Verhaltens anderer. Davon hängt die Art der entstehenden Emotion (Furcht, Ärger, Freude, Scham, Ekel, Verachtung, Traurigkeit etc.) ab. Die Bewertung erfolgt z.T. unbewußt oder vorbewußt im „limbischen System“, z.T. als bewußter, kognitiver Vorgang auf der Ebene des Großhirns. Bewertungskriterien sind z.B. Neuartigkeit, Unerwartetheit (Überraschung) Angenehmheit/Unangenehmheit (Genuß, Ekel) Erreichen/Verfehlen eines Ziels (Freude, Enttäuschung) Fähigkeit, mit einem Hindernis fertig zu werden (Ärger) Notwendigkeit der Flucht (Furcht) Resignation vor Problemen (Traurigkeit)

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Emotionen SS 94

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Bestandteile (Komponenten, Aspekte, Erscheinungsformen) von Emotionen sind physiologische Reaktionskomponenten, mimischer und gestischer Ausdruck, emotionale Verhaltenstendenzen, subjektives Gefühlserleben. Die Emotionspsychologie hat sich mit diesen verschiedenen Manifestationsebenen (oder „Dimensionen“ von Emotionen in sehr unterschiedlicher Weise auseinandergesetzt. Das gilt für die Vollzähligkeit der verschiedenen Aspekte, für ihre Gewichtung und für Mutmaßungen über ihrem „inneren“ (strukturellen, causalen, zufälligen oder gesetzmäßigen) Zusammenhang.

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Emotionen SS 95

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Psychologische Emotionstheorien

1. William James und Carl G. Lange James und Lange behaupteten unabhängig voneinander, daß die subjektive Gefühlswahrnehmung bei Emotionen die Folge der physiologischen (motorischen, vegetativen u.s.w.) Reaktionen sei, die ein Reiz auslöse. Diese Reaktionen würden erst sekundär vom Organismus „gedeutet“ und produzierten so die unterschiedlichen „Gefühle“. (Wenn ein Bär auftaucht, wenn ich dann zittere und mich fürchte, dann zittere ich nicht, weil ich mich fürchte, sondern ich fürchte mich, weil ich zittere...) 2. Walter B. Cannon Cannon hielt die peripheren physiologischen Reaktionen und die zentral (im ZNS) ausgelösten „Gefühle“ für zwei Manifestationsformen desselben Prozesses, also nicht für in welcher Reihenfolge auch immer aufeinander folgende Ereignisse: Die physiologischen Reaktionen würden durch Aktivierung des Hypothalamus und des vegetativen Nervensystems unter Rückgriff auf das Nebennierenmark (Adrenalin), die „Gefühle“ durch die Verarbeitung der Situation in spezifischen Strukturen des Zentralnervensystems hervorgerufen.

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3. Elizabeth Duffy Frau Duffy befaßte sich zentral Aktivierungsprozessen, die sie anhand physiologischer Zustandsänderungen identifizierte. Sie analysierte die Differenziertheit der dabei gefundenen (qualitativ und quantitativ unterschiedlichen) Aktivierungsmuster, die sie auf die beiden Phänomene der „Reizspezifität“ und der „Reaktionsspezifität“ zurückführte. Unter Vermeidung des Begriffs „Emotion“ erklärte sie unterschiedliche Gefühlszustände vor allem durch unterschiedliche Errgungsintensitäten. Sie nahm an, ein „Gefühl“ entstünde aus einem unspezifischen Erregungszustand in Verbindung mit einem spezifischen Erlebnismuster. 4. Stanley Schachter und Jerome E. Singer Schachter und Singer überprüften Duffy´s Theorie experimentell: Die unspezifische Errgegung erzeugten sie mittels Injektion von Adrenalin, das spezifische Erlebnismuster durch eine fingierte „Szene“, die entweder eine wütende Ärgerreaktion oder eine lustige Freudereaktion vortäuschte. Plazebo-Gabe anstelle von Adrenalin verhinderte das Zustandekommen einer intensiven Emotion ebenso wie die ausschließliche Adrenalingabe (ohne die „Szene“), die allenfalls ein von den Probanden nicht interpretierbares „Als-ob-Gefühl“ entstehen ließ.

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Emotionen SS 97

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5. Silvan Tomkins Tomkins stellt die (biologischen) Funktionen von Emotionen in den Vordergrund und betont ihre Rolle als „Verstärker“ von Motivationen. Er ist der Auffassung, daß es 9 genetisch festgelegte Reaktionsprogramme gibt, die 9 Grundemotionen entsprechen: Interesse/Erregung Vergnügen/Freude Überrashung/Schreck Leid/Kummer Furcht/Entsetzen Scham/Demütigung Verachtung Ekel Ärger/Wut Die verschidenen Emotionen werden vor allem im mimischen Verhalten des Gesichtes umgesetzt; die Rückkopplung der spezifischen Mimik löst wiederum die verschiedenen Gefühlswahrnehmungen aus. Andere Emotionstheorien (Plutchik, Wundt, Lazarus) verstehen Emotionen im weitesten Sinne als „Anpassungsreaktionen“ zwischen Organismus und Umwelt. Wie die zugrundeliegenden, phylogenetisch erworbenen Verhaltensprogramme ausgelöst werden, wird von manchen Theorien vernachlässigt, von anderen (z.B. Duffy, Lazarus) bevorzugt analysiert.

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Emotionen SS 98

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Funktionen von Emotionen

1. Beurteilung der Bedeutung eines Reizes auf der Grundlage kognitiver Prozesse (Großhirn) oder anhand angeborener Identifikationsmechanismen (limbisches System).

2. Regulation organismischer Zustände (z.B. „Notfallfreaktion“; Freisetzung der für eine außergewöhnliche Belastung benötigten, zusätzlichen Energie). Konkret: Anpassung des (hormonellen) Zustandes des Individuums an veränderte Anforderungen.

3. Herstellung der Handlungsbereitschaft; Verhaltensvorbereitung. „Der Emotionsmechanismus stellt für den jeweiligen Fall eine geeignete Verhaltensreaktion bereit, die dann sehr schnell ausgelöst werden kann“.

4. Bereitstellung von Informationen an andere Lebewesen (vornehmlich derselben Art), die über die „emotionale Verfassung“ und das voraussichtliche Verhalten informieren.

5. Vermittlung einer „inneren Wahrnehmung“, eines Gefühlserlebnisses, das eine Überwachungsfunktion hat: Es meldet, daß eine Sondersituation vorliegt, auf die reagiert werden muß, und gibt eine Rückmeldung über den Erfolg des Anpassungsverhaltens.

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Emotionen SS 99

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Die Koppelung von Emtionen an Kognitionen

• Subliminale Reizung kann (auch starke) Emotionen auslösen. • „Bekannte“ Reize werden positiver bewertet als „neue“ Reize, auch wenn sie als

solche nicht erkannt werden. • Geschmacks- und Geruchsaversionen können auch im anesthesierten Zustand

erlernt werden. • Psychopharmaka lösen intensive und differenzierte Gefühle aus; auch unabhängig

von der bestehenden Situation. • Von Sinnesorganen bestehen direkte Verbindungen zu Regionen des ZNS, die

sicher nichts mit Kogitionen, wohl aber mit Emotionen zu tun haben. • Affektive und emotionale Systeme des ZNS sind phylogenetisch vor den

kognitiven entstanden.

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Emotionen SS 100

Birbaumer/Schmidt Kap. 25 und 26, S. 602 - 674 Pinel Kap. 17, S. 574 - 616 Schmidt/Thews/Lang Kap. 9, S. 167 – 182

Vermeidung (Angst und Furcht) Angsttheorie von Gray: „Annäherungssystem“ (BAS; behavioral approach system) „Kampf-Flucht-System“ „Verhaltenshemmsystem“ (BIS; behavioral inhibition system) Annäherung Intracranielle Selbstreizung Trauer - Depression Aggression

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Immunsystem SS 101

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Abwehrfunktionen (B/S S. 45 ff.)

Körperfremde Substanzen oder Lebewesen sind „unschädlich“, solage sie die Funktion des Organismus unbeeinträchtigt lassen. Sie wirken als Schadstoffe oder Erreger, wenn sie in Körperfunktionen in einer Form eingreifen, daß das biologische/chemische/physikalische Gleichgewicht (Homoiostase) unkontrollierbar gestört wird • durch Manipulation des Zellstoffwechsels, indem das Programm der Zellkerne

verändert wird (Viren) • durch direkten Eingriff in den Stoffwechsel (Giftstoffe, Bakteriengifte) • durch Veränderung der Reaktionsweise von Nervenzellen (Synapsengifte) • oder auf andere Weise Unter dem Begriff „Abwehr“ oder „Immunsystem“ werden alle Mechanismen zusammengefaßt, die dazu dienen, solche Fremdstoffe, Bakterien oder Viren unschädlich zu machen.

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Immunsystem SS 102

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Aufgaben des Immunsystems

1. Fremdstoffe/Fremdkörper als solche erkennen und von körpereigenen, im Stoffwechsel benötigten oder harmlos verarbeitbaren (z.B. Nahrungsstoffe) bzw. „parasitär nützlichen“ (z.B. Darmflora) unterscheiden. 2. Nicht harmlose Fremdstoffe/Organismen/veränderte Zellen trotz unterschiedlicher chemischer/biologischer Zusammensetzung unschädlich machen. Alltagserfahrung zeigt, daß dies nicht perfekt funktioniert:

Infektionskrankheiten Vergiftungen

allergische Reaktionen

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Immunsystem SS 103

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Basale Mechanismen der Abwehr

Verhinderung des Eindringens von Fremdstoffen / Fremdorganismen durch Abwehrfunktionen der Haut, der Schleimhäute der Verdauungssekrete (Magensäure) Immunfunktionen von Körperflüssigkeiten: „humoral“ Immunfunktionen von Körperzellen: „zellulär“ gegen viele Stoffe wirksam: „unspezifisch“ gezielt auf bestimmte Stoffe: „spezifisch“

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Immunsystem SS 104

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Unspezifische, zelluläre Abwehr

Weiße Blutkörperchen („Mikrophagen“): neutrophile Granulozyten eosinophile Granulozyten

Monozyten („Makrophagen“)

Lymphozyten („natürliche Killer-Zellen“)

Phagozytose:

Chemotaxis

Adhärenz

Endozytose

Phagolyse

Exozytose

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Immunsystem SS 105

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Unspezifische, humorale Abwehr

Grundlage: „Komplement“-System in Blut und Geweben Herkunft: Leber, Makrophagen Struktur: ca. 20 Glykoproteine wird aktiviert durch: (a) Bakterien, Viren (weniger effizient) (b) Antigen-Antikörper-Komplexe (sehr effizient) Wirkung: Stimulation der zellulären Abwehr Vermittlung der Adhärenz Auflösung von Zellen (Lyse) Auflösung von Antigen-Antikörper-Komplexen äußeres Merkmal der Komplement-Funktion: lokale Gefäßerweiterung (Erwärmung, Rötung) + lokale Flüssigkeitsansammlung (Schwellung) = „Entzündung“

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Immunsystem SS 106

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Weitere Komponenten der unspezifischen, humuralen Abwehr

„Lysozym“ freigesetzt aus phagozytierenden Zellen kann Bakterienwäne aufspalten „Interferone“ aus weißen Blutkörperchen und Lymphzellen hemmen Zellwachstum von normalen und Tumorzellen hemmen/stimulieren Immunreaktionen aktivieren „natürliche Killerzellen“ „Akute-Phase-Proteine“ entstammen der Leber beseitigen Fettsubstanzen aus zerstörten Zellwänden hemmen manche Enzyme Blutgerinnung

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Immunsystem SS 107

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Spezifische zelluläre Abwehr

Lymphozyten (immunologisch „inkompetent“) ↓

Thymus (T-Lymphozyten) ↓

Antigen-Kontakt ↓ ↓ Effektorzellen T-Gedächtniszellen (Antikörper-ähnliche Strukturen an der Zelloberfläche) + Killer-Zellen (zytotoxisch) (Transplantationen, Tumorabwehr) + Helferzellen, Suppressorzellen („Regulatoren“) + Lymphokin-produzierende Zellen

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Immunsystem SS 108

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Spezifische humorale Abwehr

Lymphozyten (immunologisch „inkompetent“) ↓

Knochenmark (B-Lymphozyten) ← Antigen (Erstkontakt) ↓ ↓ Plasmazelle B-Gedächtniszelle ↓ ↓ Antikörper Antigen - Zwetkontakt ↓ zahlreiche Plasmazellen ↓ Antikörper in großen Mengen

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Immunsystem SS 109

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Antigen-Antikörper-Reaktion

Antigene sind körperfremde Substanzen, die an bestimmten Stellen spezifische „Determinanten“ (chemische Merkmale) enthalten. Es sind immer große Moleküle oder kleine Moleküle gekoppelt an große „Trägermoleküle“. Antikörper sind vom Körper gebildete Eiweiße, die an bestimmten Stellen chemische Merkmale enthalten. die genau zu den Detrminanten der Antigene passen („Schlüssel-Schloß-Prinzip“). Bei der Antigen-Antikörper-Reaktion verbinden sich Antigen und Antikörper an den zueinander passenden Stellen und bilden Antigen-Antikörper-Komplexe, die auch Immunkomplexe genannt werden. Mögliche Folgen: Verlust der schädlichen Wirkung des Antigens Komplementbindung Zytolyse (Auflösung von Zelen) Adhärenz (z.B. an Phagen), Phagozytose Immobilisierung T-Helferzellen-Stimulation Fieberauslösung (im Hypothalamus) Leukozytose Stimulation der Produktion von Akute-Phase-Proteinen

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Immunsystem SS 110

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Überempfindlichkeitsreaktionen

Typ I: besonders starke Bildung von AK beim Erstkontakt mit AG AK angeheftet an weiße Blutkörperchen bei Zweitkontakt „anaphylaktische Reaktion“ durch Freisetzung von Histamin Serotonin Bradykinin Heparin etc. Ödeme, Nesselsucht, Asthma, Heuschnupfen, Ekzem (falls diese Reaktionen nicht lokalisiert, sondern generalisiert auftreten, entsteht das lebensbedrohliche Bild eines „anaphylaktischen Schocks“)

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Immunsystem SS 111

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Überempfindlichkeitsreaktionen II

Typ II: Bindung von AK an zellständige Antigene (z.B. Blutgruppen-Unverträglichkeit) Typ III: Ausgelöst durch AG-AK-Bindung mit AK-Überschuß an der Eintrittsstelle des AG z.B. Farmerlunge [Heu], Taubenzüchterlunge [Exkremente] oder: AG-Überschuß verursacht lokale Entzündungen durch „kreisende AG-AK-Komplexe“ (z.B. Glomerulonephritis) Typ IV: Transplantatabstoßung AIDS = Infektion von T-Helfer-Zellen

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Immunsystem SS 112

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Allergie I

„Allergie“ ist eine ungewöhnliche Reaktion auf einen Reiz; „Allergie“ ist eine „immunreaktion auf Abwegen“. Die Fähigkeit zur Erkennung körperfremder Substanzen haben Lymphozyten. Es gibt T- und B-Lmphozyten; sie kommen vor im Blut, im lymphatischen System, in Lunge und Leber. Ein Epitop ist eine charakteristische, nahezu unverwechselbare Anordnung von Atomen in einem körperfremden Molekül. Jede „Linie“ („Klon“) von Lymphozyten ist auf die Erkennung eines Epitops programmiert. . Dazu bilden die Lymphozyten an ihrer Oberflächen „Rezeptoren“ aus, die mit „ihrem“ Epitop reagieren und es an sich binden können.

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Immunsystem SS 113

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Allergie II

T-Lymphozyten arbeiten mit solchen an ihrer Oberfläche lokalisierten „Rezeptoren“. Antigene werden daran gebunden und den „Freßzellen“ (Makrophagen) zur Phagozytose präsentiert. Wenn es zu einer Antigen-Bindung kommt, schütten die T-Lymphozyten Lymphokiene aus, die lokal die Durchblutung steigern und die lokalen Kapillaren durchlässiger für Blutzellen und Flüssigkeit machen. So bilden sich die klassischen Entzündungszeichen (Rötung, Schwellung, Erwärmung) aus. Andere Lymphokiene aktivieren Makrophagen in großen Mengen und sorgen so für die endgültige Beseitigung des Antigens. Wenn die T-Zellen die Gefährlichkeit eines Antigens (z.B. eines Krankheitserregers) richtig einschätzen, ist diese Reaktionsweise angmessen und für den Organismus nützlich. Wenn eine Substanz fälschlich als „gefährlich“ eingestuft wird, wird sie wie eine Krankheit verarbeitet; das Bild einer allergischen Reaktion entsteht.

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Immunsystem SS 114

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Allergie III

Andere Antigene werden nicht an Rezeptoren an der Zelloberfläche, sondern an frei in den Körperflüssigkeiten existierende Antikörper gebunden. Solche Antikörper entstammen den Plasmazellen, das sind Abkömmlinge der B-Lymphozyten. Jeder B-Lymphozyt ist programmiert, Antikörper gegen ein spezifisches Antigen zu produzieren. Wenn ein B-Lymphozyt das zu „seinem“ Antikörper passende Antigen entdeckt hat, wandelt er sich in eine Plasmazelle um, die in kürzester Zeit große Mengen des Antikörpers produzieren kann. Die Umwandlung von B-Lymphozyten in Plasmazellen wird wiederum von spezialisierten T-Zellen gesteuert, von denen die „T-Helfer-Zellen“ eine notwendige Abwehrreaktion fördern, während die „T-Suppressor-Zellen“ eine überflüssige Reaktionsweise zu verhindern suchen.

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Immunsystem SS 115

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Allergie IV

Unter den „Antikörper-Familien“ nimmt das Immunglobulin E (IgE) eine Sonderstellung ein: Normalerweise kommt es nur bei Befall mit parasitären Würmern in erhöhter Konzentration vor. Bei „AllergikerInnen“ ist das Ig E erhöht auch ohne Wurmbefall: Wenn die Steuerung durch die T-Suppressor-Zellen versagt, produzieren B-Zellen vermehrt Antikörper vom Ig E - Typ. Diese sind spezifisch gegen je ein spezielles Antigen („Allergen“) gerichtet. Der Grund hierfür ist unbekannt. Die Ig E - Antikörper programmieren Mastzellen, die in lymphatischen Geweben und in Schleimhäuten von Atemwegen, Nase, Mund und Augen vorkommen. Die Mastzellen entwickeln an ihrer Oberfläche in großer Zahl Rezeptoren, an die sich Ig E - Antikörper binden. Wenn nun das Antigen, gegen das der spezielle Ig E - Antikörper gerichtet ist, ein zweites Mal auftaucht, müsssen nicht erst die passenden Plasmazellen produziert werden; das Antigen kann sich an der Oberfläche der Mastzellen sofort an die entsprechenden Ig E - Antikörper anlagern und eine besinders schnelle „allergische Sofortreaktion“ Auslösen.

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Immunsystem SS 116

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Einflüsse auf das Immunsystem durch Konditionierung

Tierversuche: Ratten Unkonditionierter Reiz (US): „Cyclophosphamid“ → starke Immunsuppression Konditionierter Reit (CS): Saccharin-Zusatz zum Trinkwasser → ohne Einfluß 1. Konditionierungsphase Versuchsgruppe: 1. CS, in kurzem Abstand US Kontrollgruppen: (a) 1. US, 2. in großem Abstand CS (b) 1. CS; 2. in großem Abstand US (c) US ohne CS 2. Immunisierungsphase. Injektion von Schaf-Erythrozyten Versuchsgruppe: 30 min später CS Kontrollgruppe: weder CS noch US Versuchsgruppe: starke Immunsuppression

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Immunsystem SS 117

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Einflüsse des vegetativen Nervensystems auf das immunsystem

Aktivierung des Sympathicus oder

Noradrenalin

verstärken:

Antikörper-Reaktionen verzögerte Überempfindlichkeits-Reaktionen

zelltoxische T-Zellen-Aktivität

vermindern:

Lymphozytenvermehrung NK-Zellen-Aktivität

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Immunsystem SS 118

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Einflüsse des vegetativen Nervensystems auf das immunsystem

Aktivierung des Sympathicus oder

Noradrenalin

verstärken:

Antikörper-Reaktionen verzögerte Überempfindlichkeits-Reaktionen

zelltoxische T-Zellen-Aktivität

vermindern:

Lymphozytenvermehrung NK-Zellen-Aktivität

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Immunsystem SS 119

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Hormonelle Einflüsse auf das Immunsystem

Basale Rhythmen + circadiane Rhythmen

+ Stress - negatibe Rückkopplung

Hypothalamus

CRF

Hypohyse

ACTH, β - Endorphine

Lymphozyten Mastzellen Monozyten

Granulozyten

(i.a. Suppression)

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Immunsystem SS 120

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

Psychogene Einflüsse auf das Immunsystem

1. Generell: eher Suppression 2. Seltener (in angstfreien Situationen der Neuartigkeit): Stimulierung 3. Chronischer Stress: i.a. verminderte Immun-Reaktivität

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Immunsystem SS 121

Birbaumer/Schmidt Kap. 4, S. 45 – 63

„Stress“-Wirkungen auf das Immunsystem

Tierversuche: Ratten Stressoren Wirkung auf Lymphozytenaktivierung Unspezifischer Stress (Crowding) 0 el. Reiz mit Vermeidungsmöglichkeit 0 el, Reiz + gelernte Hilflosigkeit starke Suppression