Maxwells Elektrodynamik bewegter Körper · Maxwells Elektrodynamik bewegter Körper Dr.-Ing....

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Maxwells Elektrodynamik bewegter Körper Dr.-Ing. Wolfgang Lange 14. Dezember 2014 1 Einleitung James Clerk Maxwell hat mit seinen elektromagnetischen Gleichungen die Physik des 19. Jahr- hunderts revolutioniert. Viele Wissenschaftler haben sich danach der Elektrodynamik angenommen und mit ihren Sichtweisen das Gebiet abgerundet. Leider sind Maxwells ausgezeichneten Lehrbücher weitestgehend in Vergessenheit geraten, konnten aber Dank der hervorragenden Internetbibliotheken einem breiten Publikum zur Verfügung gestellt werden. Es sind auch preiswerte Reprints verfügbar. Bei der Lektüre und Bearbeitung der Kapitel aus Maxwells “Treatise ...” [7] hatte ich mich zunächst auf die deutsche weitestgehend unbekannte Übersetzung von B. Weinstein [8, 9] bezogen. Erst spät viel mir in den Originalen auf, dass Maxwell offensichtlich keine partiellen Differentialquotienten be- nutzte. Diese wurden bereits bei der Übersetzung von Weinstein eingearbeitet. Auch wurde besonders im Artikel [600] der Text relativ frei übersetzt. Maxwell hatte fast alle Gleichungen in den einzelnen Artikelgruppen durchnumeriert. Weinsten vergab dagegen andere Nummern. Die der Problematik entsprechenden Artikel habe ich deshalb unter Beachtung der Originalgleichungen kommentiert, um die Maxwellsche Theorie besser zu verstehen. Eine Neuübersetzung habe ich mir erspart, da die Gleichungen meistens für sich sprechen. Der Abschnitt 600. beweist, dass Maxwell selbst allen seinen Nachfolgern die ersten Betrachtungen zur Elektrodynamik bewegter Körper vorgelegt hat. Es ist besonders im Vergleich mit H. Hertz [3] und H. A. Lorentz [4, 5, 6] interessant, die Erfindung der Ortszeit aus der vollständigen Ableitung von vierparametrigen Vektorgrößen über die partiellen Ableitungen nachvollziehen zu können. Auch ist der Unterschied zwischen den Hamiltonschen Quaternionen [2] und der Vektoralgebra nicht allzu groß. Der Artikel ist als Einstimmung auf die Suche nach der Lorentz-Transformation, die zur speziellen Relativitätstheorie [1] führte, gedacht. 2 Abschnitt [598] Das Faradaysche Induktionsgesetz lautet bei Maxwell E = - dp dt . 1

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Page 1: Maxwells Elektrodynamik bewegter Körper · Maxwells Elektrodynamik bewegter Körper Dr.-Ing. Wolfgang Lange 14. Dezember 2014 1 Einleitung James Clerk Maxwell hat mit seinen elektromagnetischen

Maxwells Elektrodynamik bewegter Körper

Dr.-Ing. Wolfgang Lange

14. Dezember 2014

1 Einleitung

James Clerk Maxwell hat mit seinen elektromagnetischen Gleichungen die Physik des 19. Jahr-hunderts revolutioniert. Viele Wissenschaftler haben sich danach der Elektrodynamik angenommenund mit ihren Sichtweisen das Gebiet abgerundet. Leider sind Maxwells ausgezeichneten Lehrbücherweitestgehend in Vergessenheit geraten, konnten aber Dank der hervorragenden Internetbibliothekeneinem breiten Publikum zur Verfügung gestellt werden. Es sind auch preiswerte Reprints verfügbar.

Bei der Lektüre und Bearbeitung der Kapitel aus Maxwells “Treatise ...” [7] hatte ich mich zunächstauf die deutsche weitestgehend unbekannte Übersetzung von B. Weinstein [8, 9] bezogen. Erst spätviel mir in den Originalen auf, dass Maxwell offensichtlich keine partiellen Differentialquotienten be-nutzte. Diese wurden bereits bei der Übersetzung von Weinstein eingearbeitet. Auch wurde besondersim Artikel [600] der Text relativ frei übersetzt. Maxwell hatte fast alle Gleichungen in den einzelnenArtikelgruppen durchnumeriert. Weinsten vergab dagegen andere Nummern. Die der Problematikentsprechenden Artikel habe ich deshalb unter Beachtung der Originalgleichungen kommentiert, umdie Maxwellsche Theorie besser zu verstehen. Eine Neuübersetzung habe ich mir erspart, da dieGleichungen meistens für sich sprechen.

Der Abschnitt 600. beweist, dass Maxwell selbst allen seinen Nachfolgern die ersten Betrachtungenzur Elektrodynamik bewegter Körper vorgelegt hat. Es ist besonders im Vergleich mit H. Hertz [3] undH. A. Lorentz [4, 5, 6] interessant, die Erfindung der Ortszeit aus der vollständigen Ableitung vonvierparametrigen Vektorgrößen über die partiellen Ableitungen nachvollziehen zu können. Auch ist derUnterschied zwischen den Hamiltonschen Quaternionen [2] und der Vektoralgebra nicht allzu groß.Der Artikel ist als Einstimmung auf die Suche nach der Lorentz-Transformation, die zur speziellenRelativitätstheorie [1] führte, gedacht.

2 Abschnitt [598]

Das Faradaysche Induktionsgesetz lautet bei Maxwell

E = −dpdt.

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Unter Anwendung des Satzes von Stokes�

A

rot A · dσ =

(A)

A · ds

ist der magnetische Fluss p = Φ verknüpft mit der magnetischen Induktion B und dem VektorpotentialA

p = Φ =

A

B·dσ=�

A

rot A · dσ =

(A)

A · ds

und bildet das Umlaufintegral entlang einer geschlossenen Schleife. Die Komponenten von A sind

F,G,H. Das skalare Produkt enthält den Richtungskosinus für jede Komponente, und daher sinddx

dsusw. die Kosinus der Winkel zwischen den Komponenten und dem Liniendifferential ds.

Wir haben also nach dem Induktionsgesetz

E = −dΦ

dt= − d

dt

A

B · dσ = − d

dt

(A)

A · ds,

A · ds =(F G H

)

dx

dsds

dy

dsds

dz

dsds

= Fdx

dsds+G

dy

dsds+H

dz

dsds,

E = −�

(A)

d

dt

(Fdx

ds+G

dy

ds+H

dz

ds

)ds,

E = −�

(A)

d

dt

(Fdx

ds

)ds−

(A)

d

dt

(Gdy

ds

)ds−

(A)

d

dt

(Hdz

ds

)ds

2

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mit der Anwendung der Produktregel der Differentiation

d

dt

(Fdx

ds

)=dF

dt

dx

ds+ F

d2x

dsdt

F,G,H sind Funktionen der Art F (x (t) , y (t) , z (t) , t) mit der vollständigen Ableitung

dF (x (t) , y (t) , z (t) , t)

dt=dF

dt=∂F

∂t+∂F

∂x

dx

dt+∂F

∂y

dy

dt+∂F

∂z

dz

dt.

Die vier Summanden der rechten Seite findet man für jede Komponente des Vektorpotentials unter-

einander wieder. Dann kommt die sechste Zeile mit Fd2x

dsdtusw. hinzu.

Wir sehen, dass Maxwell keinen Unterschied in der Schreibweise den partiellen Ableitungen ver-wendet hat, was beim Studium seiner Lehrbücher ziemlich hinderlich ist. Einen gewissen Ausgleichschaffte bereits B. Weinstein, der Übersetzer der deutschen Ausgabe [8, 9] von 1883. Wir haben alsodie Gleichungen in die neue Form zu bringen

(2∗)

E = −� (

∂F

∂t

dx

ds+∂G

∂t

dy

ds+∂H

∂t

dz

ds

)ds

−� (

∂F

∂x

dx

ds+∂G

∂x

dy

ds+∂H

∂x

dz

ds

)dx

dtds

−� (

∂F

∂y

dx

ds+∂G

∂y

dy

ds+∂H

∂y

dz

ds

)dy

dtds

−� (

∂F

∂z

dx

ds+∂G

∂z

dy

ds+∂H

∂z

dz

ds

)dz

dtds

−� (

Fd2x

dsdt+G

d2y

dsdt+H

d2z

dsdt

)ds,

worindx

dt= vx,

dy

dt= vy,

dz

dt= vz

in einem ruhenden Koordinatensystem sind.

Die Gleichungen (A) lauten

a =∂H

∂y− ∂G

∂z,

b =∂F

∂z− ∂H

∂x,

c =∂G

∂x− ∂F

∂y,

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was nichts Anderes ist alsB = rot A.

Es werden in der zweiten Zeile von (2∗)

∂G

∂x=∂F

∂y+ c,

∂H

∂x=∂F

∂z− b

ersetzt, und analog in der dritten und vierten Zeile. Es wird demnach das zweite Integral

−� (

∂F

∂x

dx

ds+∂G

∂x

dy

ds+∂H

∂x

dz

ds

)dx

dtds =

−� (

∂F

∂x

dx

ds+∂F

∂y

dy

ds+ c

dy

ds+∂F

∂z

dz

ds− bdz

ds

)dx

dtds.

Darin ist∂F

∂x

dx

ds+∂F

∂y

dy

ds+∂F

∂z

dz

ds=dF (x (s) , y (s) , z (s))

ds=dF

ds,

also werden in dem zweiten Integral die partiellen Ableitungen von F,G,H durch die vollständigeAbleitung von F ersetzt. Die Integrale zwei bis vier ergeben somit

−� (

cdy

ds− bdz

ds+dF

ds

)dx

dtds.

−� (−cdx

ds+ a

dz

ds+dG

ds

)dy

dtds,

−� (

bdx

ds− ady

ds+dH

ds

)dz

dtds.

Das zweite und vierte Integral enthält die Summe

−� (

dF

ds

dx

dt+ F

d2x

dsdt

)ds = −

�d

ds

(Fdx

dt

)ds = F

dx

dt

∣∣∣∣s→0

0

= 0,

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in der gegenüber der Ausgangsform die Differentiation nach der Zeit mit derjenigen nach dem Ort ver-tauscht ist. Damit verbleiben das erste Integral und aus dem zweiten bis vierten Integral die Elementemit den Faktoren a, b, c

E = −� (

∂F

∂t

dx

ds+∂G

∂t

dy

ds+∂H

∂t

dz

ds

)ds

−� [(

cdy

ds− bdz

ds

)dx

dt+

(−cdx

ds+ a

dz

ds

)dy

dt+

(bdx

ds− ady

ds

)dz

dt

]ds

oder

(4∗)

E =� (

+cvy − bvz −∂F

∂t

)dx

dsds

+� (

−cvx + avz −∂G

∂t

)dy

dsds

+� (

bvx − avy − ∂H

∂t

)dz

dsds.

Hier definiert Maxwell das Integral der Feldstärkekomponenten mit den Richtungskosinus und fügt derFeldstärke noch die statischenen Komponenten infolge des elektrischen Potentials E = −grad Ψ hinzu.Neben der Einführung des Vektorpotentials in (A) ist (B) die zweite wichtige Grundgleichung.

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Der Buchstabe T bedeutet der Betrag des Quaternionenausdrucks, der sich in der üblichen Vektor-rechnung mit dem skalaren Produkt unmittelbar ergibt.

Die Zusammenfassung der drei Integranden ist mit den Erweiterungen i · i = j · j = k · k = 1

E =

� ∣∣∣∣∣∣i j kvx vy vza b c

∣∣∣∣∣∣−(i∂F

∂t+ j

∂G

∂t+ k

∂H

∂t

) · (idx+ jdy + kdz) ,

(6∗) E =

� (v×B− ∂A

∂t

)· ds =

�E · ds.

Das negative Integral

E = −dΦ

dt= − d

dt

A

B · dσ = − d

dt

(A)

A · ds = −�

(A)

dA

dt· ds

mit der vollständigen Ableitung des Vektorpotentials wurde zu einem positiven Integral mit der angege-benen Differenz des Vektorproduktes und der partiellen Ableitung. Es gibt eine Komponente der lokaleÄnderung des Vektorpotentials und eine Komponente v×B. Das ist der Maxwellschen Schreibweisenicht anzusehen.

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die Integranden in (6∗) sind

E = v×B− ∂A

∂t

oderE− v×B = −∂A

∂t

und die Rotationsbildung führt mit (A) zu der allgemeinen Gleichung

rot (E− v×B) = −∂rot A∂t

= −∂B∂t

.

Hier sei auf den ersten Band verwiesen, wo Maxwell den Begriff Rotation mit dem Zweifel derAnerkennung definiert hat.

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3 Abschnitt [599]

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Das Induktionsgesetz wurde von Maxwell elegant ohne die Vektoranalysis abgeleitet. Fügt man nochden Gradienten des Potentialfeldes hinzu, erhält man aus dem Integranden die elektrische Feldstärkein einem mit der Geschwindigkeit v bewegten Leiter

(10∗) E = v×B− ∂A

∂t−∇Ψ.

Der erste Term ist der von Faraday gefundene Bewegungsanteil. Insbesonders ist es wichtig, dassMaxwell die Bewegungen von Leitern in einem Feld berücksichtigt hat.

4 Abschnitt [600]

Es gibt ein festes Koordinatensystem x, y, z und ein bewegliches x′, y′, z′.Der Punkt hat dann die beidenäquivalenten Raum-Zeit-Koordinaten x, y, z, t und x′, y′, z′, t.

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Es seien u, v, w die Komponenten der Geschwindigkeit des Ursprungs des beweglichen System undω1, ω2, ω3 die seiner Winkelgeschwindigkeit bezogen auf die festen Achsen, und wählen wir die festenAchsen in dem gegebenen Augenblick in Übereinstimmung mit den bewegten Achse, dann werdensich in den beiden Achsensystemen nur die nach der Zeit differenzierten Größen unterscheiden. Wennδx

δteine Geschwindigkeitskomponente eines Punktes beschreibt, der sich fest mit dem beweglichen

Koordinatensystem bewegt, und wenndx

dtund

dx′

dtdie Geschwindigkeiten eines bewegten Punktes

sind, der dieselbe momentane Position bezogen zu den festen und bewegten Achsen hat, dann ist

(1)dx

dt=δx

δt+dx′

dt= vx = px + v′x

mit ähnlichen Gleichungen für die anderen Achsen.

Der feste Punkt im beweglichen (gestrichenen System) bewegt sich in den kartesischen Komponentenmit

δr

δt= iu+ jv + kw +

∣∣∣∣∣∣i j kω1 ω2 ω3

x y z

∣∣∣∣∣∣ = G +−→ω × r.

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Dazu kommt die augenblickliche Geschwindigkeit im bewegten System

dr′

dt= i

dx′

dt+ j

dy′

dt+ k

dz′

dt

und ergibt die momentane Geschwindigkeit im ruhenden System

dr

dt= i

dx

dt+ j

dy

dt+ k

dz

dt,

dr

dt=δr

δt+dr′

dt= G +−→ω × r +

dr′

dt,

dx

dt=

δx

δt+

dx′

dt= u − ω3y + ω2z, +

dx′

dt,

dy

dt=

δy

δt+

dy′

dt= v + ω3x − ω1z, +

dy′

dt,

dz

dt=

δz

δt+

dz′

dt= w − ω2x + ω1y. +

dz′

dt.

F,G,H sind die Komponenten des Vektorpotentials A, worauf eine abgewandelte Form der vollständi-gen Ableitung angewendet wird. Für alle drei Komponenten ist in der Vektoranalysis die vollständige

Ableitung für die Geschwindigkeit p =δr

δt

dA

dt=∂A

∂t+ (p∇)A =

(δr

δt

∂r

)A +

∂A

∂t.

Wir ersetzen zunächst die partiellen Differentiationen

dF ′

dt=∂F

∂x

δx

δt+∂F

∂y

δy

δt+∂F

∂z

δz

δt+Gω3 −Hω2 +

∂F

∂t.

Warum sind hier die Vorzeichen vor ω2 und ω3 gegenüber (2) vertauscht? Weinstein hat diese Vorzei-chen in die Übersetzung übernommen, Lorentz verzichtete auf die Rotation des bewegten, gestichenenSystems.

(3) bedeutet ein vollsändiges Differential

dF ′ =∂F

∂x

δx

δtdt+

∂F

∂y

δy

δtdt+

∂F

∂z

δz

δtdt+Gω3dt−Hω2dt+

∂F

∂tdt

und wegen δt = dt

dF ′ =∂F

∂xδx+

∂F

∂yδy +

∂F

∂zδz +Gω3dt−Hω2dt+

∂F

∂tdt.

Nach (2) ist danachδx = udt+ ω2zdt− ω3ydt.

Wenn man das berücksichtigt, und wenn kein Druckfehler bei den Vorzeichen vorliegt, entfällt offen-sichtlich der Rotationsanteil in der x-Komponente. Andererseits sind δy und δz mit ihren Rotations-anteilen enthalten. Das Problem ist nicht so einfach zu lösen, denn es wird von H. A. Lorentz [5]und in späteren Abhandlungen vermieden.

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Eine Behandlung von Translation und Rotation in kartesischen Koordinatensystemen findet man beiSchmutzer [10] S. 258 für einen beliebigen Feldvektor b

db

dt=

(db

dt

)Σ′

+ ω × b,

v = r0 + ω × r +

(dr

dt

)Σ′

= v(F ) +

(dr

dt

)Σ′.

Darin übernimmt v die Geschwindigkeit eines Punktes in einem ruhenden System Σ, r0 die Geschwin-digkeit von Σ′ bezogen auf Σ, ω × r die Geschwindigkeit des Objektes infolge der Rotation von Σ′,v(F ) = r0 + ω × r die Führungsgeschwindigkeit. Das entspricht unserer Formel

dr

dt=δr

δt+dr′

dt= (G +−→ω × r) +

dr′

dt.

Die partielle Differentiation von (2) nach x liefert bei konstanten u, v, w und ω

∂x

δx

δt=

∂x(u− ω3y + ω2z) = 0,

∂x

δy

δt=

∂x(v + ω3x− ω1z) = ω3,

∂x

δz

δt=

∂x(w − ω2x+ ω1y) = −ω2.

Mit der Grundgleichung (A)

a =∂H

∂y− ∂G

∂z,

b =∂F

∂z− ∂H

∂x,

c =∂G

∂x− ∂F

∂y,

B = rot A

verwendet Maxwell die Definitionsgleichungen des Vektorpotentials als Grundlage der magnetischenInduktion und beseitigt damit die Winkelgeschwindigkeiten.

AusdF ′

dt=∂F

∂x

δx

δt+∂F

∂y

δy

δt+∂F

∂z

δz

δt+Gω3 −Hω2 +

∂F

∂t

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entstehtdF ′

dt=∂F

∂x

δx

δt+

(∂G

∂x− c)δy

δt+

(∂H

∂x+ b

)δz

δt+Gω3 −Hω2 +

∂F

∂t.

Darin istbδz

δt− cδy

δt

die erste Komponente von

B× δr

δt.

Mittels Ergänzung und Substitution wird

dF ′

dt=∂F

∂x

δx

δt+ F

∂x

δx

δt+∂G

∂x

δy

δt+G

∂x

δy

δt+∂H

∂x

δz

δt+H

∂x

δz

δt+ b

δz

δt− cδy

δt+∂F

∂t.

Kann es sein, dass Maxwell die Vorzeichen wegen der folgenden Integration geschönt hat? Es lassensich jeweils zwei Summanden zusammenfassen

dF ′

dt=

∂x

(Fδx

δt

)+

∂x

(Gδy

δt

)+

∂x

(Hδz

δt

)+ b

δz

δt− cδy

δt+∂F

∂t,

dF ′

dt=

∂x

(Fδx

δt+G

δy

δt+H

δz

δt

)+ b

δz

δt− cδy

δt+∂F

∂t,

Aus dem Vektorpotential

∂x

(Fδx

δt+G

δy

δt+H

δz

δt

)=

∂x

(A · δr

δt

)=

∂x(A · p)

wird die erste Komponente der Feldstärke −∇Ψ′ und

dF ′

dt= −∇xΨ′ − cδy

δt+ b

δz

δt+∂F

∂t

unddA′

dt= −∇Ψ′ + B× δr

δt+∂A

∂t= −∇Ψ′ − δr

δt×B +

∂A

∂t,

∂A

∂t− dA′

dt=δA

δt= p×B +∇Ψ′.

Es muss offensichtlich∂A

∂t− ∂A′

∂t=δA

δt= p×B +∇Ψ′

heißen.

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(8) war

(10∗) E = v×B− ∂A

∂t−∇Ψ.

Wir setzen nunv =

δr

δt+ v′ = p + v′

und∂A

∂tein

E = v×B−(∂A′

∂t+ p×B +∇Ψ′

)−∇Ψ,

E = (v− p)×B− dA′

dt−∇

(Ψ + Ψ′) ,

E = v′ ×B− ∂A′

∂t−∇

(Ψ + Ψ′) .

Die induzierte Feldstärke und Induktion bleibt konstant, während sich das Vektorpotential und daselektrostatische Potential verändern. Wegen der Geschwindigkeitskomponente bleibt aber die Konti-nuitätsgleichung

∂A

∂t+∇Ψ

nicht invariant.

5 Abschnitt [601]

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6 Abschnitt [602]

(2) ist die Verknüpfung von Magnetfluss und Leitungsstrom über die Induktivität

p = Φ = Li,

und (3) die elektrische Energie des Vektorpotentials betogen auf das Element dx1.

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(4) ist die geleistete Arbeit bei einer räumlichen Verrückung des betreffenden Leitungsstückes um dieVariationslänge δx in ähnlicher Weise bezüglich der Zeit im Abschnitt [598].

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Der Quaternionenausdruck entspricht vollkommen der Vektoralgebra, worin V dρB der Vektoranteilder Verschiebung dρ und der Induktion B ist, also das Vektorprodukt V oder V. nach Hamilton derbeiden Größen

−→dρ×B.

7 Abschnitt [603]

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(C) ist eine Determinante

(C) F = iX + jY + kZ =

∣∣∣∣∣∣i j ku v wa b c

∣∣∣∣∣∣ = C×B

Die elektromotorische Kraft f = j × B wure zu Ehren von Hendrik Antoon Lorentz mit demBegriff Lorentz-Kraft belegt, obwohl sie auf Faraday oder andere Wissenschaftler zurückgeht

(11∗) F = V.CB ≡ C×B.

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Literatur

[1] Einstein, A.: Zur Elektrodynamik bewegter Körper. In: Annalen der Physik 17 (1905), S. 891–921

[2] Hamilton, W.: Elemente der Quaternionen. Johann Ambrosius Barth, 1882

[3] Hertz, H.: Ueber die Grundgleichungen der Electrodynamik für bewegte Körper. In: Annalender Physik und Chemie 41 (1890), Nr. H. 11, S. 369–399

[4] Lorentz, H.A.: La théorie électromagnétique de Maxwell et son application aux corps mouvmants.E. J. BRILL, 1892

[5] Lorentz, H.A.: Versuch einer Theorie der electrischen und optischen Erscheinungen in bewegtenKörpern. E. J. BRILL, 1895(2005)

[6] Lorentz, H.A.: Weiterbildung der Maxwellschen Theorie. Elektronentheorie.. In: Encyclopädieder mathematischen Wissenschaften V.2 (1904), S. 145–288

[7] Maxwell, J. C.: A treatise on electricity and magnetism. Bd. I, II. Clarendon Press, 1873

[8] Maxwell, J. C.: Lehrbuch der Elektrizität und des Magnetismus I. Bd. 1. Julius Springer, 1883

[9] Maxwell, J. C.: Lehrbuch der Elektrizität und des Magnetismus II. Bd. 2. Julius Springer, 1883.– 624 S.

[10] Schmutzer, Ernst: Grundlagen der Theoretischen Physik. Bd. I u. II. WILEY-VCH, 2005

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