MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung...

43
873 I N H A L T 5324 A. Staatskanzlei B. Ministerium für Inneres und Sport 874 Bek. 24. 4. 2019, Landesausschuss „Rettungsdienst“ nach § 13 NRettDG; Ärztliche Leitung Rettungsdienst . . . . . . . . . . . . . 875 RdErl. 22. 5. 2019, Öffentlich bestellte Vermessungsinge- nieurinnen und Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure 21160 C. Finanzministerium D. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung 875 Erl. 7. 5. 2019, Fördergrundsätze über die Gewährung von Zuwendungen zur Entwicklung von Gemeindepsychiatri- schen Zentren (GPZ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21069 E. Ministerium für Wissenschaft und Kultur F. Kultusministerium G. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung H. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 876 RdErl. 23. 10. 2018, Tierschutz; Tierschutzleitlinie für die Mastrinderhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78530 I. Justizministerium K. Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz L. Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser 910 Bek. 23. 5. 2019, Änderung der Satzung der „Gundlach Stif- tung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr 910 Bek. 21. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 UVPG; Änderungen der 380-kV-Leitung Wilhelmshaven—Conne- forde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz 910 Bek. 23. 5. 2019, Festsetzung der Abmessungen des Haupt- deiches an der Weser im Verbandsgebiet des I. Oldenburgi- schen Deichbandes, Landkreis Wesermarsch . . . . . . . . . . . . 912 Bek. 5. 6. 2019, Vorläufige Sicherung des Überschwem- mungsgebietes der Nette im Landkreis Hildesheim und im Landkreis Goslar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig 913 Bek. 6. 5. 2019, Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG; Öffentliche Bekanntmachung (Electrocycling GmbH, Goslar) 913 Bek. 21. 5. 2019, Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG; Öffentliche Bekanntmachung (BS|Energy Braunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 914 Bek. 27. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 UVPG (BS|Energy Braunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG) . . . . . . . . . . . . . Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Cuxhaven 915 Bek. 22. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 UVPG (Bremer Energie GbR, Beverstedt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 924 Bek. 22. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 UVPG (Agrarenergie Drochtersen GmbH & Co. KG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 924 Bek. 24. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 UVPG (Ostekraft GmbH & Co. KG, Sandbostel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hannover 924 Bek. 5. 6. 2019, Anzeigeverfahren gemäß § 23 a BImSchG; Öffentliche Bekanntmachung (BASF Polyurethanes GmbH, Lemförde) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg 924 Bek. 24. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 UVPG (Becker Energie GmbH & Co. KG, Rosengarten) . . . . . . . . . . . . . . . . . 925 Stellenausschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69. (74.) Jahrgang Hannover, den 5. 6. 2019 Nummer 22

Transcript of MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung...

Page 1: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

873

I N H A L T

5324

A. Staatskanzlei

B. Ministerium für Inneres und Sport

874Bek. 24. 4. 2019, Landesausschuss „Rettungsdienst“ nach § 13NRettDG; Ärztliche Leitung Rettungsdienst . . . . . . . . . . . . .

875RdErl. 22. 5. 2019, Öffentlich bestellte Vermessungsinge-nieurinnen und Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure21160

C. Finanzministerium

D. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

875

Erl. 7. 5. 2019, Fördergrundsätze über die Gewährung vonZuwendungen zur Entwicklung von Gemeindepsychiatri-schen Zentren (GPZ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21069

E. Ministerium für Wissenschaft und Kultur

F. Kultusministerium

G. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehrund Digitalisierung

H. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaftund Verbraucherschutz

876RdErl. 23. 10. 2018, Tierschutz; Tierschutzleitlinie für dieMastrinderhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .78530

I. Justizministerium

K. Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz

L. Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheitenund Regionale Entwicklung

Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser

910Bek. 23. 5. 2019, Änderung der Satzung der „Gundlach Stif-tung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr

910

Bek. 21. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 UVPG;Änderungen der 380-kV-Leitung Wilhelmshaven—Conne-forde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz

910

Bek. 23. 5. 2019, Festsetzung der Abmessungen des Haupt-deiches an der Weser im Verbandsgebiet des I. Oldenburgi-schen Deichbandes, Landkreis Wesermarsch . . . . . . . . . . . .

912

Bek. 5. 6. 2019, Vorläufige Sicherung des Überschwem-mungsgebietes der Nette im Landkreis Hildesheim und imLandkreis Goslar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig

913Bek. 6. 5. 2019, Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG;Öffentliche Bekanntmachung (Electrocycling GmbH, Goslar)

913

Bek. 21. 5. 2019, Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG;Öffentliche Bekanntmachung (BS|Energy BraunschweigerVersorgungs-AG & Co. KG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

914Bek. 27. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 UVPG (BS|EnergyBraunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG) . . . . . . . . . . . . .

Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Cuxhaven

915Bek. 22. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 UVPG (BremerEnergie GbR, Beverstedt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

924Bek. 22. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 UVPG (AgrarenergieDrochtersen GmbH & Co. KG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

924Bek. 24. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 UVPG (OstekraftGmbH & Co. KG, Sandbostel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hannover

924

Bek. 5. 6. 2019, Anzeigeverfahren gemäß § 23 a BImSchG;Öffentliche Bekanntmachung (BASF Polyurethanes GmbH,Lemförde) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Lüneburg

924Bek. 24. 5. 2019, Feststellung gemäß § 5 UVPG (BeckerEnergie GmbH & Co. KG, Rosengarten) . . . . . . . . . . . . . . . . .

925Stellenausschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69. (74.) Jahrgang Hannover, den 5. 6. 2019 Nummer 22

Page 2: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

874

B. Ministerium für Inneres und Sport

Landesausschuss „Rettungsdienst“ nach § 13 NRettDG;Ärztliche Leitung Rettungsdienst

Bek. d. MI v. 24. 4. 2019 — 35.22-41576-10-13/0 —

Bezug: Bek. v. 12. 1. 2009 (Nds. MBl. S. 73)

Gemäß § 8 der Geschäftsordnung des Landesausschusses„Rettungsdienst“ werden die vom Landesausschuss beschlos-senen Empfehlungen zur „Ärztlichen Leitung Rettungsdienst“in Niedersachsen bekannt gemacht (Anlage).

Die Empfehlungen treten am 24. 4. 2019 in Kraft. Die Bezugs-bekanntmachung tritt mit Ablauf des 23. 4. 2019 außer Kraft.

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 874

Anlage

Die Ärztliche Leitung Rettungsdienst (ÄLRD) in Niedersachsen

Vorbemerkung

Im Jahr 2007 wurde der Ärztliche Leiter/die Ärztliche Leite-rin Rettungsdienst (Ärztliche Leitung Rettungsdienst)1) in denLeitungsstrukturen des Rettungsdienstes gesetzlich festgeschrie-ben. Inzwischen ist die ÄLRD als eine wichtige Säule zur Siche-rung der notfallmedizinischen Versorgungsqualität in Nieder-sachsen etabliert und hat sich bewährt. Es sind neue Aufga-ben für die ÄLRD hinzugekommen, sodass eine Anpassung derEmpfehlungen des LARD notwendig geworden ist.

Durch das Notfallsanitätergesetz vom 22. 5. 2013 wurde dieAusbildung zu Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern ge-setzlich geregelt und damit ein neues Berufsbild im Rettungs-dienst eingeführt. Sie haben u. a. die Aufgabe, unter der Ver-antwortung der ÄLRD invasive und heilkundliche Maßnah-men bei der Patientenversorgung durchzuführen. Das erfor-dert regelmäßige Überprüfungen der in der Ausbildung er-worbenen und durch regelmäßige Fortbildung zu erhaltendennotfallmedizinischen Kompetenzen.

Auch in der Leitstelle machen notfallmedizinische Inhaltebei der Umsetzung einer strukturierten und standardisiertenNotrufabfrage die medizinisch verantwortliche Beteiligungder ÄLRD notwendig.

Die sachgerechte Erfüllung der bestehenden und neuen Auf-gaben ist daher nur mit einem angemessenen Stellenumfangzu realisieren, welche effektiver und wirtschaftlicher durch dieZusammenarbeit mehrerer kommunaler Träger umzusetzen ist.

1. Qualifikation

In Anlehnung an die Empfehlung der Bundesärztekammersoll die fachliche Qualifikation der ärztlichen Leiterinnen undLeiter Rettungsdienst umfassen:— eine abgeschlossene Weiterbildung in einem Gebiet mit Be-

zug zur Notfall- und Intensivmedizin,— die Zusatzbezeichnung „Notfallmedizin“ oder eine von der

zuständigen Ärztekammer als vergleichbar anerkannteQualifikation,

— die Qualifikation als „Leitender Notarzt“ entsprechend derEmpfehlung der Bundesärztekammer,

— eine langjährige und anhaltende Tätigkeit in der Notfall-medizin und Patientenversorgung,

— umfassende Kenntnisse der Infrastruktur des Rettungs-dienstes und des Gesundheitswesens,

— Teilnahme an einer speziellen Fortbildung zum „ÄrztlichenLeiter Rettungsdienst“ entsprechend der Empfehlung derBundesärztekammer; diese soll grundsätzlich innerhalbvon spätestens sechs Monaten nach Dienstantritt beimTräger des Rettungsdienstes (Träger) erfolgen,

— Kenntnisse in der Systemanalyse, Konzeptentwicklungund Problemlösung im Rettungsdienst,

— kontinuierliche, tätigkeitsbezogene Fortbildung.

1) In dieser novellierten Empfehlung werden die bisherigen Bezeich-nungen „Ärztliche Leiterin und Ärztlicher Leiter Rettungsdienst“,soweit möglich, durch die Institutionsbezeichnung „Ärztliche Lei-tung Rettungsdienst“ ersetzt, um neben der Verwendung eines ge-schlechtsneutralen Begriffes zudem bei einem höheren Stellen-umfang auch die Möglichkeit einer flexiblen Stellenausgestaltung(z. B. Vertretungsregelung) zu beinhalten.

2. Aufgaben

Die ÄLRD leitet in medizinischen Angelegenheiten den Ret-tungsdienst incl. der Rettungsleitstelle sowie das medizini-sche Qualitätsmanagement. Die ÄLRD ist für die Aus- undFortbildung des nichtärztlichen Personals des Rettungsdiens-tes in ihrem Zuständigkeitsbereich verantwortlich. Sie legt diehierzu erforderlichen Grundsätze fest und wirkt daran mit,dass im Rettungsdienst die notwendigen Strukturen gesichertwerden und die Prozessabläufe konstant sach-, zeit- und be-darfsgerecht sowie wirtschaftlich erfolgen. Deshalb nimmt dieÄLRD folgende Aufgaben wahr:

2.1 Einsatzplanung und -bewältigung

Festlegung— der medizinischen Behandlungsrichtlinien2) für das nicht-

ärztliche Personal im Rettungsdienst,— der Richtlinien zur Anwendung der von der ÄLRD zu ver-

antwortenden heilkundlichen Maßnahmen nach § 4 (2)2. c) NotSanG durch die Notfallsanitäter (NotSan),

— verantwortliche Umsetzung der zweijährlichen Überprü-fung der dazu notwendigen Kompetenzen (die Überprü-fung kann in sachgerechtem Umfang an fachkundige Per-sonen delegiert werden),

— der medizinisch-organisatorischen Versorgungsrichtlinienfür arztbesetzte Rettungsmittel,

— der medizinischen Ausrüstung und Ausstattung im Rettungs-dienst nach dem Stand der Technik im Rahmen des Wirt-schaftlichkeitsgebotes gemäß § 12 SGB V,

— der Strategien für die Bearbeitung medizinischer Hilfeer-suchen durch die Rettungsleitstelle (z. B. Notarztindika-tionskatalog, strukturierte und standardisierte Notrufabfrage).

Mitwirkung— bei rettungsdienstlichen Bedarfsanalysen und der Bedarfs-

planung,— bei der Koordination der Aktivitäten der Leistungserbrin-

ger im Rettungsdienst,— bei der Erstellung von neuen Konzepten zur Weiterent-

wicklung des Rettungsdienstes, zur Bearbeitung von Hilfe-ersuchen durch die Rettungsleitstelle sowie zur Zusam-menarbeit mit anderen Leistungserbringern und Fachdiens-ten (z. B. Kliniken, Praxen, Gesundheitsbehörden, Pflege-notdiensten, PSNV) sowie anderen Rettungsdienstträgern,

— bei der Konzeption der Fahrzeugstrategie in der Rettungs-leitstelle,

— bei medizinisch-taktischen Konzepten für die Bewältigungbesonderer Schadenslagen.

2.2 Qualitätssicherung

Festlegung— der Methodenauswahl für die Erfassung und Analyse der

medizinischen Daten,— der medizinischen Bewertung der Datenanalyse und des

Berichtswesens.

Mitwirkung— bei der Auswahl von Dokumentationsinstrumenten der re-

gelmäßig zu erfassenden und auszuwertenden relevantenrettungsdienstlichen Daten gemäß den Empfehlungen desLandesausschusses Rettungsdienst,

— bei der Planentwicklung für notwendige Korrekturmaß-nahmen,

— bei der Identifikation der zu untersuchenden Systemkom-ponenten,

— bei der Beurteilung der Wirksamkeit durchgeführter Kor-rekturmaßnahmen,

— in fachspezifischen Gremien,— bei Projekten zur Evaluierung der Struktur-, Prozess- und

Ergebnisqualität.

2) In Form von Standard Operating Procedures (SOP), Algorithmender ÄLRD in Anlehnung an die NUN-Algorithmen.

Page 3: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

875

2.3 Aus-/Fortbildung

Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- undFortbildungsinhalte für das nichtärztliche Personal im Ret-tungsdienst in Anlehnung an die vom LARD veröffentlichtenRahmenalgorithmen Niedersachsen („NUN-Algorithmen“) undfür die notfallmedizinische Fortbildung des Personals der Ret-tungsleitstelle, der Notärzte sowie der Leitenden Notärzte; dieUmsetzung der Fortbildung kann in sachgerechtem Umfangan fachkundige Personen delegiert werden.

2.4 Hygiene

Festlegung der medizinischen Gesichtspunkte bei der Er-stellung von Hygieneplänen und Mitwirkung bei der Umset-zung der „Schutz- und Hygienemaßnahmen im Rettungsdienst“entsprechend der Empfehlung des LARD in Zusammenarbeitmit dem niedersächsischen Landesgesundheitsamt; dabeisind die Hygienebeauftragten der Leistungserbringer einzube-ziehen.

3. Dienstaufsicht und fachliche Rahmenbedingungen

— Die ÄLRD wird für den Träger des Rettungsdienstes tätigund von diesem bestellt. Voraussetzung für eine Bestel-lung ist, dass bei Bestehen eines weiteren Arbeits- oderDienstverhältnisses der ärztlichen Leiterinnen und LeiterWeisungsfreiheit und Neutralität bei der Tätigkeit derÄLRD gewährleistet sind.

— Die Dienstaufsicht über die ÄLRD obliegt dem Träger.

— Zur effektiven Durchführung der Aufgaben der ÄLRD sindeine längerfristige, kontinuierliche Tätigkeit für den Trä-ger des Rettungsdienstes sachgerecht und eine Ausstat-tung mit den notwendigen Befugnissen erforderlich.

— Fachlich hat sich die ÄLRD an den aktuellen notfallmedi-zinischen Leitlinien und Empfehlungen zu orientieren. ImÜbrigen unterliegt sie der Ärztlichen Berufsordnung.

4. Finanzierung

Die Dienststellung und das Tätigkeitsprofil der ärztlichenLeiterinnen und Leiter Rettungsdienst entsprechen dem Lei-tender Oberärztinnen und Oberärzte. Die Finanzierung wirdin der Kostenrichtlinie geregelt.

Die aktuellen Empfehlungen zur Ärztlichen Leitung Ret-tungsdienst können auf der Internetseite des MI unter folgen-dem Link abgerufen werden:https://www.mi.niedersachsen.de/download/128534/.

Öffentlich bestellte Vermessungsingenieurinnenund Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure

RdErl. d. MI v. 22. 5. 2019— 15-23031/4 —

— VORIS 21160 —

Bezug: RdErl. v. 30. 3. 2015 (Nds. MBl. S. 355), zuletzt geändert durchRdErl. v. 18. 3. 2019 (Nds. MBl. S. 618)— VORIS 21160 —

Das Verzeichnis der ÖbVI im Land Niedersachsen (Anlagedes Bezugserlasses) wird mit Wirkung vom 6. 6. 2019 wiefolgt geändert:

Die lfd. Nummer 229 erhält folgende Fassung:

Andas Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Nieder-sachsendie Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und Öffentlichbestellten Vermessungsingenieuredie anderen behördlichen Vermessungsstellen

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 875

D. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

Fördergrundsätzeüber die Gewährung von Zuwendungen

zur Entwicklung von Gemeindepsychiatrischen Zentren(GPZ)

Erl. d. MS v. 7. 5. 2019 — 41580/20.8.5 —

— VORIS 21069 —

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Fördergrundsätzeund der VV/VV-Gk zu § 44 LHO Zuwendungen für die Ent-wicklung von Gemeindepsychiatrischen Zentren (GPZ).

1.2 Ziel der Förderung ist die Implementierung eines Be-handlungsangebots für Menschen insbesondere mit schwererpsychischer Erkrankung (SMI) durch multiprofessionelle,mobil aufsuchende Teams. Es besteht ein erhebliches Landes-interesse, die Behandlungs- und Teilhabeangebote für dieseGruppe von Menschen zu verbessern. Als Definition für Men-schen mit SMI gilt die, die in der S3-Leitlinie PsychosozialeTherapien bei schweren psychischen Erkrankungen von 2019(https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/038-020.html) genanntist: Menschen mit einer psychiatrischen Diagnose, welcheüber längere Zeit, d. h. über mindestens zwei Jahre Krank-heitssymptome aufweisen, die mit erheblichen Auswirkun-gen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens und das sozialeFunktionsniveau einhergehen sowie häufig mit einer intensi-ven Inanspruchnahme des Behandlungs- und psychosozialenHilfesystems verbunden sind. Das Angebot soll nach Auslau-fen der Förderung durch die Regelfinanzierung der Sozialge-setzbücher weiter bestehen.

1.3 Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zu-wendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungs-behörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens und derzur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung

Gefördert wird die bedarfsgerechte Vernetzung der ver-schiedenen Leistungserbringerinnen und Leistungserbringerin einer definierten Region:

2.1 Sach- und Personalkosten für die Netzwerkkoordinationin den GPZ,

2.2 Qualifizierung und Fortbildung der Netzwerkkoordinato-rinnen und -koordinatoren sowie der Mitglieder der mul-tiprofessionellen Teams,

2.3 Maßnahmen zur Dokumentation und Evaluation derNetzwerkprozesse,

2.4 Maßnahmen zur unterstützenden Öffentlichkeitsarbeit.

3. Zuwendungsempfänger

Zuwendungsempfänger (Erstempfänger) sind die örtli-chen Träger der Sozialpsychiatrischen Verbünde gemäß § 8NPsychKG. Sie können die Zuwendungen im Rahmen derVV-Gk Nr. 12 zu § 44 LHO an einen Letztempfänger weiterlei-ten. Letztempfänger sind andere öffentliche, freie oder privateTräger, die Hilfen für psychisch kranke Menschen anbieten.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Neben den allgemeinen Zuwendungsvoraussetzungen derVV und VV-Gk zu § 44 LHO sind die Voraussetzungen für dieGewährung einer Zuwendung

4.1 die Vorlage eines Konzepts mit Angaben zu dem bisheri-gen Ausbau im Bereich der multiprofessionellen, mobilaufsuchenden Behandlung und dem jeweiligen Entwick-lungsinteresse der Kommune, Netzwerkpartnern, zeitli-chen Abläufen und geplanten Maßnahmen,

4.2 Angaben zur Beteiligung von Betroffenen und Angehöri-gen bei der Entwicklung von GPZ,

Lfd. Nr. Name, Vorname, Zusätze Amtssitz

„229 Gerecke, Jörg (verstorben),Abwicklung durch ÖbVI Frank Markus

Vechta“.

Page 4: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

876

4.3 die Beteiligung von ausgebildeten Peers (EX-IN — Expe-rienced Involvement — Expertinnen und Experten ausErfahrung) als Teil der geplanten multiprofessionell auf-suchenden Teams,

4.4 die Aufnahme der Arbeit durch ein multiprofessionelles,mobil aufsuchendes Team spätestens sechs Monate nachBeginn des Bewilligungszeitraumes.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendungen

5.1 Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss inForm einer Anteilfinanzierung zur Projektförderung gewährt.

5.2 Gefördert werden maximal drei Projekte, davon mindes-tens ein Projekt im städtischen und eines im ländlichenRaum. Liegen mehr als drei Anträge vor, wird eine Auswahlanhand einer Bewertung durch die Bewilligungsbehörde auf-grund der Beschreibung der Funktionen des Basismodels vonSteinhart und Wienberg vorgenommen.

5.3 Die Höhe der Zuwendung je gefördertes Projekt beträgt80 % der zuwendungsfähigen Ausgaben, höchstens jedoch100 000 EUR pro Bewilligungsjahr. Der Eigenanteil des Zu-wendungsempfängers kann durch erworbene Sachmittel er-bracht werden. Die Entwicklung von GPZ ist ein zentralerBestandteil der Entwicklung der Psychiatrie in der Koalitions-vereinbarung 2017 und daher auch der hohe Landesanteil ander Förderung von erheblichem Landesinteresse.

5.4 Die Bewilligung der Mittel erfolgt maximal für den Zeit-raum von drei Kalenderjahren.

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Der Zuwendungsempfänger beteiligt sich vierteljährlich aneiner vom Psychiatriereferat des MS koordinierten Projektbe-gleitgruppe zur Evaluation und Weiterentwicklung des Kon-zepts der GPZ.

7. Anweisungen zum Verfahren

7.1 Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung derZuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Ver-wendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwen-dungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zu-wendung gelten die VV/VV-Gk zu § 44 LHO, auch der Letzt-empfänger, soweit nicht in diesen Fördergrundsätzen Abwei-chungen zugelassen worden sind.

7.2 Bewilligungsbehörde ist das LS.

7.3 Die Erstempfänger haben formlose Förderanträge mit ei-ner ausführlichen Darstellung des Konzepts bei der Bewilli-gungsbehörde einzureichen.

7.4 Sofern Zuwendungsmittel an Dritte nach Nummer 3weitergeleitet werden, stellt der Erstempfänger den Antrag aufFörderung auf der Grundlage der Anträge der Letztempfänger.Die Erstempfänger bestätigen das Vorliegen der Fördervoraus-setzungen.

7.5 Die Erstempfänger übersenden der Bewilligungsbehör-de innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des jeweiligenHaushaltsjahres einen Zwischennachweis über die zweckent-sprechende Inanspruchnahme und Verwendung der Mittel.Die Vorlage des Gesamtverwendungsnachweises erfolgt inner-halb von sechs Monaten nach Abschluss der Maßnahme. ImÜbrigen richtet sich der Nachweis der Verwendung nach denANBest-Gk.

8. Schlussbestimmungen

Dieser Erl. tritt mit Wirkung vom 1. 5. 2019 in Kraft und mitAblauf des 30. 6. 2021 außer Kraft.

An dasNiedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 875

H. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Tierschutz;Tierschutzleitlinie für die Mastrinderhaltung

RdErl. d. ML v. 23. 10. 2018— 2018-204.1-42500-184/173 —

— VORIS 78530 —

Die „Tierschutzleitlinie für die Mastrinderhaltung“ vom 8. 11.2017 (Anlage) ist zukünftig bei der tierschutzfachlichen Beur-teilung sowohl von Neu- und Umbauten als auch von beste-henden Rinderhaltungen i. S. des § 2 des Tierschutzgesetzeszugrunde zu legen.

Dieser RdErl. tritt am 23. 10. 2018 in Kraft und mit Ablaufdes 31. 12. 2023 außer Kraft.

Andie Landkreise, kreisfreien Städte, Region Hannoverden Zweckverband Veterinäramt JadeWeserNachrichtlich:Andas Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebens-mittelsicherheitdie Landwirtschaftskammer Niedersachsendie Tierärztekammer Niedersachsenden Niedersächsischen Landkreistag e. V.

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 876

Page 5: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

877

Anlage

Tierschutzleitlinie

für die Mastrinderhaltung

Page 6: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

878

Tierschutzleitliniefür die Mastrinderhaltung

(Stand: 8. 11. 2017)

I n h a l t s v e r z e i c h n i s

1. Einleitung/Anwendungsbereich

2. Tierhaltersachkunde

3. Tierkontrolle

4. Gesundheitsvorsorge

5. Allgemeines zum Tierverhalten5.1 Sozialverhalten5.2 Klima-/Temperaturansprüche5.3 Fressverhalten5.4 Wasseraufnahmeverhalten5.5 Ausscheidungsverhalten5.6 Bewegungsverhalten5.7 Ruheverhalten5.8 Komfortverhalten5.9 Fortpflanzungsverhalten (Aufsprungverhalten, Geschlechts-

reife)

6. Allgemeine Anforderungen an Haltungssysteme6.1 Verkehrsflächengestaltung6.2 Liegeflächenbeschaffenheit

7. Beschreibung der einzelnen Haltungssysteme mit speziellenAnforderungen

7.1 Laufstallhaltung7.1.1 Laufstallhaltung ohne Einstreu7.1.2 Laufstallhaltung mit Einstreu7.1.2.1 Tretmiststall7.1.2.2 Tiefstreustall7.1.3 Liegeboxenlaufstall7.2 Anbindehaltung

8. Besondere Einrichtungen8.1 Krankenbucht8.2 Abkalbebuchten für Mutterkühe8.3 Fixationsmöglichkeiten 8.4 Verlade-/Treibvorrichtungen8.5 Vorrichtungen zur Fellpflege8.6 Laufhof/befestigter Auslauf8.7 Aufsprungschutz

9. Futterversorgung

10. Wasserversorgung

11. Stallklima

12. Eingriffe12.1 Enthornung 12.2 Kürzen des bindegewebigen Schwanzendes12.3 Kastration12.4 Einsatz von Nasenringen sowie weitere Manipulationen im

Maul-Nasenbereich12.5 Kennzeichnung

13. Umgang mit kranken und verletzten Tieren/Töten von Tierenim landwirtschaftlichen Betrieb

14. Transport

15. Konzepte für Notfallsituationen

16. Weiterführende Literatur

Anhänge1. Sachkundeanforderungen an die Tierhalterin oder den Tierhalter2. Tierschutzindikatoren — Empfehlungen für die betriebliche

Eigenkontrolle gemäß § 11 Abs. 8 TierSchG3. Beispielskizzen für die Gestaltung von Buchten4. Orientierungswerte für unterschiedliche Laufstallsysteme für

Mutterkühe5. Empfohlene Partikellänge in der Gesamtration6. Orientierungswerte Tränkwasserbedarf7. Orientierungswerte Tränkwasserqualität8. Wasserversorgung Beispielskizzen für Tränkeanordnungen in

Buchten9. RdErl. des ML vom 15. 12. 2016 zur Enthornung von Kälbern

10. Mindestraumangebot für Rinder gemäß der Verordnung (EG)Nr. 1/2005 des Rates

11. Übergangsfristen für Altbauten12. Teilnehmer Unter-AG Mastrinder

1. Einleitung/AnwendungsbereichDiese Leitlinie führt aus, welche Mindestanforderungen an

die Stallhaltung von Mastrindern (ab dem siebten Lebensmo-nat) einschließlich Mutterkühen zur Erfüllung des § 2 desTierschutzgesetzes — im Folgenden: TierSchG — zu stellensind. Jede oder jeder, die oder der ein Tier hält, betreut oderzu betreuen hat, ist verpflichtet, das Tier seiner Art und sei-nen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, zupflegen und verhaltensgerecht unterzubringen. Im TierSchGsowie in der TierSchNutztV sind jedoch lediglich allgemeineAnforderungen aufgeführt. Nur die Haltung von Kälbern (bissechster Lebensmonat) wird durch die TierSchNutztV konkretgeregelt. Da spezialgesetzliche Regelungen für ältere Mastrin-der in Deutschland fehlen, kann nur auf internationale Vorga-ben zurückgegriffen werden. Diese Leitlinie hilft auch, dieEuroparatsempfehlungen zur Rinderhaltung von 1988 zukonkretisieren und die europaweiten Vorgaben auf die nieder-sächsischen Verhältnisse und Bedingungen zu übertragen.

Die Leitlinie soll Behörden und Tierhalterinnen und Tier-haltern bei der tierschutzfachlichen Beurteilung sowohl vonNeu- und grundlegenden Umbauten als auch von bestehen-den Mastrinderhaltungen Hilfestellung geben. Dabei ist zu be-rücksichtigen, dass es eine Vielzahl von unterschiedlichenHaltungssystemen gibt und differenzierte Anforderungen ent-sprechend dem jeweiligen Alter und Gewicht der Tiere zustellen sind. Es werden insbesondere die Bereiche angespro-chen, die erfahrungsgemäß Anlass zu Diskussionen geben.Dabei sind für Neu- und grundlegende Umbauten Mindestan-forderungen festgelegt. Für Altbauten werden in einigenPunkten differenzierte Übergangszeiten genannt. Werden dieMindestanforderungen in bestehenden Altbauten nach Ab-lauf dieser Übergangszeiten nicht erfüllt, kann ggf. eine Ein-zelfallbeurteilung durch die zuständige Veterinärbehördevorgenommen werden. Grundsätzlich sollten bei der Beurtei-lung von Mastrinderhaltungen neben den baulichen undtechnischen Einrichtungen der Gesundheitszustand und dasVerhalten der Tiere sowie das Management des Betriebes be-rücksichtigt werden.

In der Leitlinie genannte Maßangaben beziehen sich aufTiere der gängigen Mastrassen und Kreuzungstiere, für beson-dere Rassen müssen die Werte entsprechend angepasst wer-den. Tierschutzfachliche Anforderungen an die Weidehaltungsind den „Niedersächsischen Empfehlungen für die saisonaleund ganzjährige Weidehaltung von Rindern“(http://www.laves.niedersachsen.de/service/publikationen/broschueren-und-informationsmaterial-des-tierschutzdienstes-73842.html) zu entnehmen.

2. Tierhaltersachkunde Grundsätzlich muss jede Rinderhalterin oder jeder Rinder-

halter über die für eine angemessene Ernährung, Pflege undverhaltensgerechte Unterbringung ihrer oder seiner Tiere er-forderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen (§ 2 Nr. 3TierSchG). Sie oder er muss Verhaltensänderungen sowie diegesundheitliche Verfassung der Rinder erkennen und derenBedeutung verstehen. Sie oder er ist verpflichtet, die notwen-digen Maßnahmen zu ergreifen, um eingetretene Störungenunverzüglich zu beseitigen. Sollten Betreuerinnen/Mitarbeite-rinnen oder Betreuer/Mitarbeiter eingesetzt werden, müssendiese über die Sachkunde entsprechend ihrer Tätigkeit undVerantwortlichkeit verfügen (siehe A n h a n g 1).

Für die Betreuung der Tiere muss eine ausreichende Anzahlsachkundiger Personen zur Verfügung stehen, deren Kennt-nisse sich auf die gehaltenen Rassen und das angewandte Hal-tungssystem beziehen (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 TierSchNutztV). Siemüssen mit allen notwendigen Tätigkeiten wie Handhabungder Tiere, Fütterung und Behandlungsverfahren sowie Pflege-maßnahmen vertraut und in der Lage sein, Veränderungenbzw. Abweichungen vom normalen Verhalten der Tiere eben-so wie erste Krankheitsanzeichen als solche zu erkennen. Rin-derhalterinnen und Rinderhalter müssen über Kenntnisse —wie in Anhang 1 aufgeführt — verfügen. Sollte die für die Be-treuung der Tiere verantwortliche Person ausfallen, müssenBetreuerinnen/Mitarbeitterinnen oder Betreuer/Mitarbeitereingesetzt werden, die über die Sachkunde entsprechend ih-rer Tätigkeit und Verantwortlichkeit verfügen. In Notfällenkönnen z. B. Betriebshelferinnen und Betriebshelfer einge-setzt werden (Ansprechpartner: u. a. Landvolkverbände). DerUmgang mit Mastbullen birgt ein nicht zu unterschätzendesGefahrenpotenzial und erfordert ein besonders umsichtigesArbeiten. Auch gegenüber Betreuungspersonen können Bullenaggressives Verhalten zeigen. Beim „Handling“ wie Umstallenoder Verladen sollte der Mensch sich deshalb dieser Gefahrimmer bewusst sein.

Page 7: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

879

Grundsätzlich sollte ein Sachkundenachweis für die Rinder-halterin oder den Rinderhalter gefordert werden. Sie oder erwird in der Regel durch eine entsprechende Ausbildung, z. B.einen landwirtschaftlichen Berufsabschluss, erbracht. Durchlangjährige Erfahrung in der Tierhaltung und Teilnahme anFort- und Weiterbildungsveranstaltungen, z. B. der Landwirt-schaftkammern und anerkannter fachbezogener Ausbildungs-stätten, kann die Sachkunde für das Halten von Rindern eben-falls nachgewiesen werden. Im Zweifelsfall kann die zustän-dige Veterinärbehörde im Rahmen eines Gesprächs prüfen, obdie für die Tätigkeit verantwortliche Person über die erforder-lichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt.

3. TierkontrolleEs muss sichergestellt sein, dass eine für die Ernährung und

Pflege verantwortliche Person das Befinden der Rinder beiStallhaltung mindestens zweimal täglich durch direkte Inau-genscheinnahme überprüft. Die Betreuungsperson muss aus-reichend Zeit für die direkte Inaugenscheinnahme der Tiereim täglichen Arbeitsablauf einplanen. Zur Erkennung vonAuffälligkeiten und Veränderungen am Tier muss eine Be-leuchtung vorhanden sein, die jederzeit eine ausreichendeHelligkeit gewährleistet.

Die „gründliche Überprüfung“ umfasst die Beurteilung desGesamteindrucks der Herde bzw. Gruppe. Eine Einzeltierun-tersuchung wird erforderlich, wenn die allgemeine Überprü-fung dies notwendig erscheinen lässt. In allen Situationen, indenen ein erhöhtes Risiko für das Wohlbefinden der Tiere be-steht, sind Häufigkeit und Intensität der Kontrollen zu stei-gern, z. B. Neueinstallungen, Umgruppierungen oder nachBehandlungen oder Eingriffen an den Tieren.

Bei der Überprüfung sollte insbesondere geachtet werden auf:Körperkondition (Abmagerung), Verhalten (Absonderung vonder Herde, andauerndes Liegen), Haut/Haarkleid (Verletzun-gen, Parasitenbefall, Scheuerstellen, struppiges, mattes Haar-kleid), Schleimhäute im Bereich Auge und Maul (porzellan-weiß oder gelblich), Augen (tiefliegend: Hinweis auf Flüssig-keitsverlust), Ohren, Schwanz, Kotabsatz (kotverschmutzterAfterbereich, Durchfall), Gliedmaßen, Bewegung (Lahmhei-ten, Klauen-/Gelenksveränderungen, Verletzungen), Atmung(verstärkte, beschleunigte Atembewegung, Husten) sowie Fut-ter- und Wasseraufnahme (verminderte Futteraufnahme, keinWiederkäuen, Speichelfluss, Wickelkauen). Eine Einzeltier-untersuchung, ggf. mit Messung der Körpertemperatur, ist beiden Rindern durchzuführen, bei denen die Inaugenschein-nahme entsprechende Besonderheiten ergeben hat. Falls dieTiere keinen gesunden Eindruck machen oder offenkundigAnzeichen nachteiliger Verhaltensänderungen aufweisen, mussdie für sie verantwortliche Person unverzüglich Schritte zurErmittlung der Ursache unternehmen und geeignete Abhilfe-maßnahmen treffen. Soweit notwendig, ist eine Behandlungeinzuleiten, ggf. mit Absonderung in einer Krankenbucht mittrockener und weicher Einstreu oder Unterlage (siehe Num-mer 8.1 — Krankenbucht). Wenn sich die eingeleiteten Sofort-maßnahmen als wirkungslos erweisen, insbesondere beiFieber und/oder Schmerzen, muss umgehend eine Tierärztinoder ein Tierarzt hinzugezogen oder — bei Bedarf — andererfachlicher Rat eingeholt werden.

Soweit Tiere noch in Anbindehaltung stehen, ist der kor-rekte Sitz von Anbindevorrichtungen regelmäßig — mindes-tens einmal wöchentlich — zu überprüfen. Hierbei ist ins-besondere auf Druck- und Scheuerstellen zu achten; ggf. mussunverzüglich eine Anpassung erfolgen (siehe Nummer 7.2 —Anbindehaltung).

Technische Einrichtungen zur Beleuchtung und Lüftungsowie zur Futter- und Wasserversorgung sind mindestens ein-mal täglich zu überprüfen. Soweit vorhanden sind Alarman-lagen und Notstromaggregate regelmäßig entsprechend derHerstellerangaben auf ihre Funktionsfähigkeit zu kontrollie-ren. Mängel müssen unverzüglich abgestellt werden. Auchbei Ausfall technischer Einrichtungen muss die Versorgungder Tiere jederzeit sichergestellt sein.

Unabhängig von den täglich durchzuführenden Routine-kontrollen von Tieren und Versorgungseinrichtungen ist dieTierhalterin oder der Tierhalter verpflichtet, betriebliche Eigen-kontrollen gemäß § 11 Abs. 8 TierSchG durchzuführen. Dazumuss sie oder er geeignete tierbezogene Merkmale (Tierschutz-indikatoren) erheben und bewerten. Eine Empfehlung zurUmsetzung dieser Anforderung findet sich in A n h a n g 2.

4. Gesundheitsvorsorge Jede oder jeder, die oder der ein Tier hält, betreut oder zu

betreuen hat, ist u. a. verpflichtet, das Tier angemessen zupflegen (§ 2 Nr. 1 TierSchG). Dazu zählen neben der Heilbe-handlung im Krankheitsfall auch die Gesundheitsvorsorgeeinschließlich der Bekämpfung von Endo- (Innen-) und Ekto-parasiten (Außenparasiten) sowie Hautpilzen und erforderli-chenfalls die Impfung der Tiere.

Die im Bestand gehaltenen Tiere sollten nach Altersgrup-pen und Nutzungsrichtungen getrennt sein. In gemischten Be-trieben sollten Zucht- und Mastrinder in verschiedenenStällen, oder in unterschiedlichen Stallabteilungen, getrenntgehalten werden. Der Tierverkehr innerhalb des Betriebessollte so organisiert werden, dass Tierkontakte und Verschlep-pungen von Ausscheidungen der Tiere in andere Tiergruppenweitestgehend vermieden werden. Jungtiere sind hierbei inbesonderem Maß zu schützen.

Belastungssituationen und Stressfaktoren, die zu einer Er-krankung führen, müssen von der Tierhalterin oder dem Tier-halter als solche erkannt und möglichst umgehend beseitigtwerden. Als unspezifische Anzeichen einer Erkrankung gel-ten z. B. Teilnahmslosigkeit, Bewegungsunlust oder klammerGang, Stehen mit gesenktem Kopf, Verringerung der Futter-aufnahme, fehlende Wiederkautätigkeit, stumpfes Haarkleid.

Es müssen separate Möglichkeiten zur Aufstallung krankerTiere vorhanden sein (siehe Nummer 8.1 — Krankenbucht;vgl. Niedersächsischer Leitfaden Biosicherheit in Rinderhal-tungen, 2015 [https://www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/1/nav/2043/article/24172.html]). Je nach Betriebsma-nagement (z. B. Zukauf) sollten zur Gesundheitsvorsorge Sepa-rationsmöglichkeiten (Quarantäne) vorhanden sein. Für Behand-lungsmaßnahmen werden Fixationsmöglichkeiten, wie z. B.Fressgitter, Zwangsstand, Treibeeinrichtung, Waage o. Ä. emp-fohlen. Bei allen Maßnahmen ist der ruhige Umgang mit demTier unerlässlich.

Es ist sinnvoll, die Haltungsbedingungen in Aufzucht undMast aufeinander abzustimmen bzw. Informationen über dieHaltungsform des Herkunftsbetriebes einzuholen, denn geradeJungtiere und z. B. durch Transport gestresste Tiere weiseneine erhöhte Erkrankungsanfälligkeit auf (häufiges Problem:Atemwegserkrankungen). Im Außenklima gehaltene Rinderbilden insbesondere in der kalten Jahreszeit ein dichteres Fellaus. Bei Umstallung in einen deutlich wärmeren Maststallschwitzen diese Tiere sehr stark und erkranken leicht. Lässt sichein solcher Wechsel nicht vermeiden, sollte vorher zumindestder Rücken der Tiere geschoren werden. Auch der Wechselvon einem Warmstall in einen Außenklimastall kann zu Ge-sundheitsstörungen führen. Zur Anpassung wird das vorherigeHerunterfahren der Temperatur im Warmstall oder die Nut-zung eines Eingliederungsstalles mit Einstreu oder Gummi-auflage im Liegebereich empfohlen.

Jede Rinderhalterin oder jeder Rinderhalter muss die Hal-tungseinrichtung sauber halten und Ausscheidungen so oftwie nötig entfernen. Haltungseinrichtungen müssen nach ih-rer Bauweise, den verwendeten Materialien und ihrem Zu-stand so beschaffen sein, dass eine Verletzung oder sonstigeGefährdung der Gesundheit der Tiere so sicher ausgeschlos-

Jede Rinderhalterin oder jeder Rinderhalter mussüber die für eine angemessene Ernährung, Pflege undverhaltensgerechte Unterbringung seiner Tiere erforder-lichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Für dieFütterung und Pflege der Tiere müssen ausreichendviele sachkundige Personen zur Verfügung stehen. Sollten Betreuerinnen/Mitarbeiterinnen oder Betreuer/Mitarbeiter eingesetzt werden, müssen diese über die Sachkundeentsprechend ihrer Tätigkeit und Verantwortlichkeitverfügen.

Das Befinden der Rinder muss bei Stallhaltung min-destens zweimal täglich durch direkte Inaugenschein-nahme, die Funktionsfähigkeit der technischen Ein-richtungen mindestens einmal täglich überprüft werden.Soweit notwendig ist eine Behandlung kranker Tiereeinzuleiten und eine Absonderung in geeignete Haltungs-einrichtungen mit trockener und weicher Einstreu oder Unterlage vorzunehmen. Sind die Sofortmaßnahmenwirkungslos, ist umgehend eine Tierärztin oder einTierarzt hinzuzuziehen.

Zur Pflege der Tiere gehört neben der Heilbehand-lung im Krankheitsfall auch die Gesundheitsvorsorge. Krankenbuchten müssen und Separationsmöglichkeiten sollten vorhanden sein. Eine Fixationsvorrichtung wird empfohlen.

Page 8: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

880

sen wird, wie dies nach dem Stand der Technik möglich ist(§ 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV). Die Einschleppung vonKrankheiten durch unkontrollierten Tierverkehr, betriebs-fremde Personen, tierische Schädlinge, gemeinschaftlich ge-nutzte Maschinen und Geräte sind durch entsprechendeHygienemaßnahmen zu vermeiden. Für betriebsfremde Perso-nen (Tierärztin, Tierarzt, Viehhändlerin, Viehhändler etc.)wird beispielsweise die Bereitstellung betriebseigener Stiefelund Schutzkleidung dringend empfohlen (vgl. Niedersächsi-scher Leitfaden Biosicherheit in Rinderhaltungen, 2015).

Aus diesem Grund sollte ein wirkungsvolles Gesamtkon-zept vorhanden sein, welches die Gefahren des Auftretensund der Verbreitung von Krankheiten reduziert. Dieses solltein Zusammenarbeit mit der betreuenden Tierärztin oder dembetreuenden Tierarzt und ggf. fachkundigen Beraterinnenund Beratern erstellt werden. Es sollte Gesundheits- und Hal-tungsmaßnahmen darlegen, die den gesamten jährlichen Pro-duktionszyklus abdecken und geeignete tierbezogene Merkmale(Tierschutzindikatoren gemäß § 11 Abs. 8 TierSchG; sieheAnhang 2) erheben und bewerten. Das Konzept sollte jährlichvon der Tierhalterin oder dem Tierhalter überprüft und erfor-derlichenfalls aktualisiert werden. Darüber hinaus sollte es fürdie Kontrolle durch die zuständigen Veterinärbehörden ver-fügbar sein.

Stallungen, Einrichtungen und Gerätschaften, mit denenRinder in Berührung kommen, sind erforderlichenfalls zu reini-gen und zu desinfizieren (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 10 TierSchNutztV).Die Reinigung sollte nass durchgeführt werden. Dazu mussder Stall/das Stallabteil bzw. zumindest die Bucht komplettgeräumt sein. Nach grober Säuberung müssen Stallboden undverschmutzte Wandbereiche für mehrere Stunden mit Wassereingeweicht werden. Die anschließende Reinigung mit demHochdruckreiniger sollte mit Warmwasser von ca. 40 °C erfol-gen. Auch die Nachreinigung des Stallbodens sollte mit war-mem Wasser durchgeführt werden.

Da die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln in der Regelbei 20 °C geprüft wird, sollte der Stall zur Desinfektion voll-ständig abgetrocknet sein und ggf. aufgeheizt werden. Nur un-ter diesen Voraussetzungen können Desinfektionsmittel ihrevolle Wirksamkeit entfalten. Sind diese Vorgaben nicht zu er-füllen, wie z. B. in Außenklimaställen, müssen höhere Kon-zentrationen und längere Einwirkzeiten eingeplant werden.

Zur Desinfektion sollten nur Mittel verwendet werden, dievon der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG)geprüft und in einer entsprechenden Liste veröffentlicht sind.In der Desinfektionsmittelliste werden neben den chemischenWirkstoffen die Einsatzkonzentration und Einwirkzeit für je-des Desinfektionsmittel angegeben.

Kranken- und Quarantäneställe unterliegen einem besonde-ren Hygienemanagement (siehe Nummer 8.1 — Krankenbucht).

Solange die Haltungseinrichtung belegt ist, sind Oberflä-chen und Einrichtungsgegenstände soweit wie möglich sauberzu halten. Die Tierbesitzerin oder der Tierbesitzer hat sicher-zustellen, dass eine ordnungsgemäße Schadnagerbekämpfungnach Risikobewertung durchgeführt wird.

Parasiten- und Hautpilzbefall (z. B. Trichophytie) könnendas Wohlbefinden der Tiere erheblich beeinträchtigen und zuschwerwiegenden Erkrankungen führen. Ektoparasiten (z. B.Milben, Läuse oder Haarlinge) und Hautpilz können aufgrunddes ständigen Juckreizes zu dauernder Unruhe im Stall füh-ren, gekennzeichnet durch Scheuern, Schwanzschlagen, ver-mehrtes Aufstehen und Niederlegen. Futteraufnahme undMastleistung sinken, die Gefahr von Schwanzverletzungennimmt zu. Der Befall mit Endoparasiten (insbesondere Magen-Darm-Würmer, Lungenwürmer, Leberegel) beeinträchtigt dieTiere nicht nur durch die lokale Schadwirkung im Zielorgan,sondern führt zusätzlich zu einer allgemeinen Schwächungund damit indirekt auch zu erheblichen Leistungseinbußen.

Zu den Pflichten der Tierhalterin oder des Tierhalters bzw.der Tierbetreuerin oder des Tierbetreuers gehören deshalbnicht nur die gezielte Behandlung (sichtbar) erkrankter Tiere,sondern auch entsprechende Vorbeugemaßnahmen. Dies be-inhaltet die Anwendung eines in Absprache mit der betreuen-den Tierärztin oder dem betreuenden Tierarzt erstellten sys-

tematischen Behandlungskonzepts unter Berücksichtigungder jeweiligen Haltungsform, des Bestandsstatus und regionalerBesonderheiten. Neben der Behandlung der Tiere gehörenauch begleitende Maßnahmen im Umfeld, beispielsweise Unter-brechung der Infektionsketten durch gezieltes Entmisten nachEntwurmung, Trennung verschiedener Altersgruppen, Flie-genbekämpfung, allgemeine Hygiene- und ggf. Desinfektions-maßnahmen, Quarantäne und ggf. Weidemanagement, dazu.

Bei Problemen, wie z. B. Entzündungen der Schwanzspitzenoder Anzeichen von Verhaltensstörungen, wie gegenseitigesBesaugen, Urin saufen oder Zungenspielen, ist kompetenteBeratung anzufordern, um eine betriebsspezifische Schwach-stellenanalyse durchzuführen. Vorhandene Mängel sind zubeseitigen, ggf. müssen die Besatzdichte reduziert, Umweltreizegeschaffen, Bodenqualität, Rohfaserversorgung, Stallklima und/oder Hygiene verbessert sowie eine wirksame Schadnager-und Fliegenbekämpfung durchgeführt werden (siehe u. a. Num-mer 8.6 — Laufhof/befestigter Auslauf, Nummer 11 — Stall-klima, Nummer 12.2 — Kürzen des bindegewebigen Schwanz-endes).

Der routinemäßige bzw. systematische Einsatz von Medika-menten, der schlechte Hygienebedingungen oder Manage-mentfehler kompensieren oder auch Anzeichen von Schmer-zen und Leiden verschleiern soll, ist unzulässig. Erfahrungs-gemäß ist der Antibiotikaeinsatz in der eigentlichen Mastrin-derhaltung nach Beendigung der Einstallphase eher gering.

Grundsätzlich sind vorsorgliche Impfungen einer späterenBehandlung vorzuziehen. In Absprache mit der bestandsbe-treuenden Tierärztin oder dem bestandsbetreuenden Tierarztsollte geprüft werden, welche Impfungen (z. B. Grippeschutz-impfungen) sinnvoll und erforderlich sind, und ein entspre-chendes Impfprogramm erstellt werden. Tierseuchenrecht-liche Vorgaben sind dabei zu beachten. Aus diesem Grundsollten Tiere aus möglichst wenigen, „bekannten“ Herkunfts-betrieben direkt zugekauft werden. In den Rindermastbetrie-ben mit Kälberzukauf ist dies in der Regel nicht möglich,deswegen sollte in diesen Betrieben ein konsequentes Einstall-management durchgeführt werden (z. B. „Quarantänestall“ imRein-Raus Verfahren, Stall gründlich reinigen, konsequenteGesundheitsvorsorge etc.).

Über die Anwendung von apotheken- bzw. verschreibungs-pflichtigen Tierarzneimitteln sind unverzüglich Aufzeich-nungen zu führen (Dokumentation des Arzneimitteleinsat-zes). Hier sind das Datum der Anwendung, die Anzahl, Artund Identität der behandelten Tiere, ggf. mit Standort derTiere, die Wartezeit in Tagen, der Name des Arzneimittels, dieBelegnummer des tierärztlichen Abgabebeleges, die verab-reichte Menge und der Name der Anwenderin oder des An-wenders aufzuführen. Die zugehörigen tierärztlichen Nach-weise (Abgabebelege) müssen vorhanden sein. Die Dokumen-tation kann auch über Kombibelege geführt werden. DieNachweise sind mindestens fünf Jahre vom Zeitpunkt ihrerErstellung an im Bestand aufzubewahren. Betriebe, die inner-halb eines halben Jahres mindestens 20 Masttiere unter 8 Mo-naten bzw. 20 Masttiere, die älter als 8 Monate sind, imBestand haben, müssen alle Antibiotikagaben der entspre-chenden Gruppe an die HIT-Datenbank melden. Bei Über-schreitung der Kennzahl 2 im Rahmen der Therapiehäufigkeitist die Tierhalterin oder der Tierhalter verpflichtet, fristge-recht einen Maßnahmenplan zu erstellen. Dieses kann in Zu-sammenarbeit mit der bestandsbetreuenden Tierärztin oderdem bestandsbetreuenden Tierarzt erfolgen.

Verschreibungspflichtige Medikamente dürfen ausschließ-lich über die Tierärztin oder den Tierarzt oder mit tierärztli-chem Rezept in der Apotheke bezogen werden. Diese Medi-kamente sind nur nach tierärztlichen Behandlungsanweisun-gen anzuwenden. Apothekenpflichtige Arzneimittel könnenüber die Tierärztin oder den Tierarzt oder direkt über die Apo-theke bezogen werden. Tierarzneimittel sind sauber in einemBehälter, Raum oder Schrank sicher und getrennt sowohl vonLebens- und Futtermitteln als auch von Reinigungs- undSchädlingsbekämpfungsmitteln zu lagern. Verpackung bzw.Behälter müssen eindeutig gekennzeichnet sein. EingesetzteInstrumente, z. B. Spritzen müssen sauber und unbeschädigtsein. Einwegmaterial wird empfohlen. Behandelte Tiere müs-sen für die gesamte Dauer der Wartezeit eindeutig identifizier-

Zur Gesundheitsvorsorge sollte ein wirkungsvollesGesamtkonzept vorhanden sein, welches die Gefahrendes Auftretens und der Verbreitung von Krankheitenreduziert. Stallungen, Einrichtungen und Gerätschaften, mit denen Rinder in Berührung kommen, sind erforder-lichenfalls zu reinigen und zu desinfizieren.

Parasiten- und/oder Hautpilzbefall können das Wohl-befinden der Tiere erheblich beeinträchtigen. Die Tier-halterin oder der Tierhalter muss erkrankte Tiere gezielt behandeln und erforderlichenfalls Vorbeugemaßnahmen treffen.

Page 9: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

881

bar sein. Insbesondere der Einsatz von Präparaten mit langerWartezeit und mehrfache Folgebehandlungen erfordern einWartezeitmanagement, das jedes Risiko einer Nicht-Einhal-tung von Wartezeiten ausschließt.

5. Allgemeines zum Tierverhalten

5.1 SozialverhaltenVon Natur aus sind Rinder sozial und leben in Herden un-

terschiedlicher Größe mit klaren Hierarchiestrukturen.Auch unter heutigen Haltungsbedingungen bilden sich in-

nerhalb einer Rinderherde noch langanhaltende Beziehungenzwischen den Tieren aus. In der Regel sind es Zweierbezie-hungen, die häufig auf Verwandtschaftsverhältnissen beruhen(z. B. Mutter-Nachkommen-Beziehungen). Eine strikte lineareRangordnung gibt es jedoch nicht. Einmal festgelegte Zweier-beziehungen bleiben bei den weiblichen Tieren in der Regellänger bestehen, während männliche Tiere, vor allem puber-tierende Jungbullen im Rahmen von Auseinandersetzungenhäufiger versuchen, ihre Position zu verbessern. Innerhalb ei-ner Herde können sich auch Untergruppen bilden. Bis zu ei-ner Gruppe von ungefähr 80 Tieren sind Rinder offensichtlichin der Lage, Gruppenmitglieder individuell zu kennen. Ab einerGruppengröße von etwa 130 Tieren nimmt der soziale Stressdeutlich zu; bei ganz großen Herden kann er sich auch wiederverringern (sog. „Großstadteffekt“).

Für die Rangposition eines Tieres innerhalb der Gruppe sindphysische (Gewicht, Größe, Behornung), psychische (Tempe-rament, Aggressivität, Kampferfahrung) und zeitlich bedingteEigenschaften (Alter, Dauer der Herdenzugehörigkeit) von Be-deutung. Die Mittelstarken laufen voran, dominante Tiere fol-gen, während Schwache als letzte gehen. Die Kommunikationerfolgt hauptsächlich visuell, durch Tasten und Riechen sowiedurch Laute. Werden Tiere, die sich nicht kennen, neu zu-sammengestellt, werden zunächst die Einzelbeziehungen ge-klärt, womit automatisch Stress verbunden ist.

Die Tiere sollten frühzeitig in Gruppen aufgezogen werden,damit sie die Möglichkeit haben, ein ungestörtes Sozialverhal-ten zu entwickeln bzw. zu erlernen (Gruppentauglichkeit).Häufiges Umgruppieren schafft Unruhe, verbunden mitStresssituationen — nicht nur für die „Neulinge“ — und solltedeshalb soweit wie möglich vermieden werden. Allerdingslassen sich Umgruppierungen aufgrund des Managements(Fütterung nach Altersgruppen) oder betriebsbedingter Struk-turen nicht immer vermeiden. Die Belastung für die Tiere re-duziert sich, wenn vorher Sicht- und Geruchskontakt bestan-den haben.

Um auch Auseinandersetzungen innerhalb einer gefestigtenHerde zu minimieren, müssen die entscheidenden Ressour-cen wie Futter, Wasser und Liegeplatz für alle Tiere ausrei-chend zur Verfügung stehen, damit auch rangniedere Tiereihren Bedarf decken können und es nicht zu Konkurrenzver-halten kommt.

Rinder sind Distanztiere; steht ihnen genügend Platz zurVerfügung, halten die Tiere bei der Fortbewegung und beimFressen, aber auch im Liegen — je nach Alter und individuel-len Zu- oder Abneigungen — im Freiland in der Regel einenAbstand von 0,5 m bis 5 m ein. Bei horntragenden Tieren istdieser sog. Individualabstand noch größer als bei hornlosen.Im Hinterkörperbereich wird eine Unterschreitung der Dis-tanz eher geduldet als im Kopfbereich. Rinder legen sich nurselten in unmittelbaren Körperkontakt zu anderen Herden-mitgliedern nieder. Ist das Platzangebot eingeschränkt, trei-ben ranghöhere Tiere notfalls rangniedere auf, um sich selbstniederzulegen. Untersuchungen zeigen, dass in Laufställenbestimmte Bereiche (z. B. Fressplatz, Tränke, Liegefläche) vonranghohen Tieren blockiert werden können und damit sozialeAuseinandersetzungen vorprogrammiert sind. Ein ausreichen-des Platzangebot und „Ausweichmöglichkeiten“ sind deshalbbei der Gruppenhaltung unverzichtbar.

Rinder sind vorwiegend tagaktive Tiere. Im natürlichenHerdenverband gliedert sich der Tagesablauf in Fress- undRuhephasen, wobei häufig alle Rinder das gleiche Verhaltenzeigen. Deshalb müssen alle Tiere einer Gruppe gleichzeitigruhen können und sollten freien Zugang zu Futter haben.

5.2 Klima-/TemperaturansprücheRinder sind hinsichtlich der Temperaturansprüche sehr to-

lerant; dabei vertragen sie grundsätzlich tiefe Temperaturendeutlich besser (Kompensation der Wärmeverluste z. B. durcheine erhöhte Futteraufnahme) als große Hitze (u. a. hitzebe-dingte Verringerung der Futteraufnahme). Der thermoneu-trale Bereich der europäischen Rinder liegt etwa zwischen2 °C bis 21 °C (Hoy, 2009). Je nach Stoffwechselaktivität, Alter,Körperkondition und Gesundheitszustand der Tiere könnenTemperaturen bis ca. -15 °C schadlos vertragen werden, vor-ausgesetzt, das Rind hat ausreichend Zeit, sich an die tiefenTemperaturen anzupassen, und die Haltungsbedingungensind hierauf abgestimmt. Insbesondere muss ihnen dann je-derzeit eine möglichst trockene Liegefläche zur Verfügung ste-hen, die wärmegedämmt sein sollte. Auf die Kombination vonZugluft und Nässe reagieren Rinder empfindlich. Je längerund ergiebiger die Niederschläge und je höher die Luftge-schwindigkeit, desto geringer die Toleranz gegenüber tiefenTemperaturen.

Natürliche Klimareize wie Sonne, Regen und Wind trainie-ren die Anpassungsfähigkeit und wirken sich positiv auf dasImmunsystem aus. Sog. Außenklimaställe, bei denen die Stall-wände teilweise oder fast vollständig geöffnet sind und dieLuft mehr oder weniger frei zirkulieren kann, sind deshalbgrundsätzlich nicht nur für die Endmast, sondern für alle Al-tersstufen gut geeignet. Kritisch sind dagegen hohe Stallin-nentemperaturen in Verbindung mit hoher Luftfeuchte undhohen Ammoniakgehalten, wie sie in schlecht belüftetenMassivställen durchaus zu beobachten sind.

5.3 FressverhaltenRinder grasen in langsamer Vorwärtsbewegung. Durch das

Vorstellen einer Vordergliedmaße gelangen sie mit dem Flotz-maul etwa 15 cm tiefer in Richtung Bodenoberfläche als beigeschlossen stehenden Vorderbeinen. Kann diese Schrittstel-lung von den Tieren bei Stallhaltung bautechnisch bedingtnicht eingenommen werden, muss Futter erhöht angebotenwerden.

Wiederkäuer sind aufgrund ihrer Vormagenbiologie aufeine kontinuierliche Nahrungsaufnahme angewiesen. Fress-und Wiederkauphasen werden deshalb über den Tag gleich-mäßig verteilt und teilweise auch während der Nacht einge-schoben. Je nach Futterart und Qualität sowie individuellenTiereigenschaften beträgt die Fressdauer bei Weidegang imMittel zwischen acht und zehn Stunden täglich. Bei Stallhal-tung ist sie infolge der höheren Energiedichte des Futters undseiner besseren Erreichbarkeit häufig erheblich kürzer. UmTieren, die in einer Gruppe gehalten werden, entsprechendihrem arteigenen Verhalten eine weitgehend gleichzeitige Fut-teraufnahme zu ermöglichen, müssen genügend Fressplätzevorhanden sein. Andernfalls werden rangniedere Tiere immerwieder vertrieben und können nicht ungestört Futter aufneh-men, dies führt zu Stress und beeinflusst die Mastleistung ne-gativ.

Eine ausreichende Struktur des Futters ist wichtig, um Wie-derkauen und eine entsprechende Speichelproduktion anzu-regen (siehe Nummer 9 — Futterversorgung). Das Wieder-kauen findet überwiegend im Liegen statt und nimmt täglichca. acht bis zehn Stunden in Anspruch.

5.4 WasseraufnahmeverhaltenRinder sind Saugtrinker, die Wasser bevorzugt von einer

freien Wasseroberfläche aufnehmen. Dazu wird der Kopf ineinem Winkel von etwa 60° zur Wasseroberfläche geneigt unddas Flotzmaul wenige Zentimeter eingetaucht. Durch rhyth-misches Zurück- und Herabziehen der Zunge wird das Wasserin die Maulhöhle eingesogen. Eine ausreichende Verfügbar-keit des Wassers muss gesichert sein. Abgesehen von zahlreichenStoffwechselfunktionen spielt Wasser auch eine entscheiden-de Rolle bei der Aufrechterhaltung der Körpertemperatur, dabei hohen Außentemperaturen durch Verdunstung über-schüssige Wärme abgegeben wird. Mit steigender Umge-bungstemperatur nimmt der Wasserbedarf erheblich zu (sieheA n h a n g 6). Deshalb müssen Rinder jederzeit Wasser in aus-reichender Menge und Qualität aufnehmen können (sieheNummer 10 — Wasserversorgung).

5.5 AusscheidungsverhaltenRinder bevorzugen keinen bestimmten Platz zum Absetzen

von Harn und Kot, sodass sie unter natürlichen Gegebenhei-ten auch ihren Liegeplatz verschmutzen (diffuse Elimination).Weibliche Tiere krümmen beim Absetzen von Harn und Kotim Stehen physiologischer Weise den Rücken auf, männlichenur beim Kotabsatz. Die Ausscheidung kann aber auch im

Routinemäßiger bzw. systematischer Einsatz vonMedikamenten, der schlechte Hygienebedingungen oder Managementfehler kompensieren oder auch Anzeichen von Schmerzen und Leiden verschleiern soll, ist unzu-lässig. Grundsätzlich sind vorsorgliche Impfungen einer späteren Behandlung vorzuziehen.

Page 10: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

882

Liegen erfolgen, was bei wiederholtem Auftreten zu einer ver-mehrten Beobachtung der entsprechenden Tiere führen sollte.Im Mittel kotet das erwachsene Rind täglich ungefähr 10 bis15 mal und setzt etwa 7 bis 10 mal am Tag Harn ab. Je nachFütterung und Leistung kann insbesondere der Kotabsatzdeutlich häufiger erfolgen, bei Mangelernährung dagegen sel-tener. Stress führt zu einer deutlichen Erhöhung der Absatz-häufigkeit.

5.6 BewegungsverhaltenSofern es der Nahrungserwerb oder die Suche nach einem

geeigneten Ruheplatz erfordern, legen Rinder unter natürli-chen Verhältnissen täglich viele Kilometer zurück. Auf glattenoder rutschigen Böden können sie ihr natürliches Bewegungs-verhalten nicht entfalten und schränken die Bewegungsaktivi-tät deutlich ein. Dies gilt in gleicher Weise für zu hartenUntergrund. Ebenso senkt ein zu geringes Platzangebot dieBewegungsaktivität und führt außerdem zu einem Unter-schreiten der Individualdistanz. Bewegung ist aber für die Ge-sunderhaltung und das Wohlbefinden der Tiere erforderlich.

5.7 RuheverhaltenRinder ruhen bevorzugt im Liegen. Je nach Alter und Um-

gebungsbedingungen liegen erwachsene Rinder ungefähr dieHälfte des Tages, Jungtiere und vor allem Kälber noch deut-lich länger. Während der Liegephasen findet der Großteil derWiederkauaktivität statt. Eine gute Akzeptanz der Liegeflächeist deshalb für Wohlbefinden und Leistung von entscheiden-der Bedeutung.

Die häufigste Ruheposition ist die Bauchseitenlage. Die Glied-maßen sind dabei unter dem Körper versammelt; z. T. werdeneinzelne Gliedmaßen mehr oder weniger ausgestreckt. DerKopf wird meist aufrecht getragen, gelegentlich wird er an dieseitliche Brustwand angelehnt (auch bei kranken Tieren zubeobachten). Seitenlage ist bei älteren Rindern seltener zu be-obachten, wird aber vorübergehend eingenommen. Allerdingsbeeinflusst diese Liegeposition die Pansentätigkeit und denRuktus (Abgabe der Pansengase). Kälber dagegen ruhen häufi-ger in Seitenlage.

Bevor Rinder abliegen, prüfen sie den Boden. Sie bevorzu-gen eine weichelastisch verformbare, wärmegedämmte undtrittsichere Unterlage. Liegeflächen sollten daher weichelas-tisch und verformbar, möglichst trocken und rutschfest sein;die Tiere müssen in der Lage sein, sich sauber halten zu kön-nen. Ist der Boden zu hart, verringern sich Liegeperioden und-zeiten. Außerdem kann es an den Vorderfußwurzelgelenken,aber auch an den Seitenflächen der Sprunggelenke zur me-chanischen Überbeanspruchung der Haut kommen. Die Fol-gen sind Haut-, Schleimbeutel- und Sehnenscheidenentzün-dungen, u. U. mit Gelenksbeteiligung. Solche Technopathienweisen auf ungeeignete Haltungsbedingungen hin. Beim Lie-gen auf schlecht isolierten Flächen ist der Tierkörper insbe-sondere von Jungtieren einer erhöhten Wärmeableitung aus-gesetzt. Dies kann ebenfalls zu verkürzten Liegezeiten und er-höhtem Energiebedarf in der kalten Jahreszeit führen. Auchzu weiche oder nasse Liegeflächen werden von Rindern ge-mieden, weiterhin führen rutschige Böden zu einer Reduzie-rung der Aufsteh- und Abliegevorgänge.

Beim Hinlegen knickt das Rind zuerst mit den Vorderbei-nen im Vorderfußwurzelgelenk ein und verharrt einen Mo-ment auf dem Gelenk. Die Hinterbeine treten dann etwasnach vorn unter den Körperschwerpunkt und zur Seite. DasHinterbein, auf dessen Schenkelfläche das Tier später liegt,wird daraufhin entlastet und unter den Bauch schräg nachvorn auf die andere Köperseite geschoben. An einem be-stimmten Punkt verliert das Tier das Gleichgewicht und fälltauf diese Hintergliedmaße. Da hier erhebliche Massenkräftewirken und diese Ablegebewegung nicht beliebig steuer- undverzögerbar ist, darf sich das Rind dabei nicht an Stallein-richtungsgegenständen, z. B. Buchten- oder Liegeboxenab-trennungen, verletzen können. Außerdem muss der Unter-grund rutschfest sein, damit das Abliegen kontrolliert erfolgenkann.

Zum Aufstehen werden zunächst die Vorderbeine angewin-kelt und unter den Körper geschoben. Dann erhebt sich dasTier auf die angewinkelten Vorderbeine, sodass der Körper-schwerpunkt nach hinten verlagert wird. Durch eine weitaus-ladende Schwungbewegung mit dem Kopf (Kopfschwung),wird der Schwerpunkt wieder nach vorn verschoben, sodassdie Hinterhand jetzt in der Lage ist, den Rumpf anzuheben.Zuletzt werden die Vorderbeine aufgestellt. Reicht der Raumfür den Kopfschwung nicht aus, kommt es zu erheblichenSchwierigkeiten beim Aufstehen. Ein zu geringeres Platzange-bot kann teilweise durch die Nutzung des seitlichen Raumes

kompensiert werden. Ist auch diese Möglichkeit nicht gege-ben, lernen einige Rinder wie Pferde mit den Vorderbeinenzuerst aufzustehen. Diese Verhaltensweise ist ein eindeutigerHinweis auf gravierende Mängel in der Aufstallung und kannzu schweren Schäden am Bewegungsapparat führen.

5.8 KomfortverhaltenVerhaltensweisen zur Körperpflege dienen dem Wohlbefin-

den und haben soziale Bedeutung. Fellpflege kann mit Zunge,Hörnern und Klauen ausgeführt werden. Unter extensivenHaltungsbedingungen scheuern sich Rinder auch an Bäumen,Sträuchern und Pfosten.

Durch Belecken wird die Durchblutung der Haut angeregt,das Haarwachstum positiv beeinflusst und der Fellwechselunterstützt. Schmutz wird entfernt und das Wohlbefinden derTiere gesteigert. Zum Erreichen entfernter Körperteile wirdder Kopf weit nach hinten geschwungen; für diese raumgrei-fende Bewegung muss ausreichend Platz vorhanden und derBoden rutschfest sein, damit das Rind die erforderliche Stand-festigkeit hat.

Ein kotverschmutztes Fell leistet Parasitenbefall Vorschubund kann zu Hauterkrankungen führen. Dadurch werden Ge-sundheit und Wohlbefinden der Tiere erheblich beeinträch-tigt. Übermäßiger Kotbehang ist nicht zu akzeptieren unddeutet auf mangelhafte Haltungsbedingungen hin (bei Mast-rindern kann es durch anhaftende Kotklumpen sogar zum Ab-sterben des Schwanzes kommen).

Auch Streckbewegungen zur Lockerung der Muskulaturund Anregung des Kreislaufes gehören zum Komfortverhal-ten.

5.9 Fortpflanzungsverhalten (Aufsprungverhalten, Geschlechts-reife)

In natürlich gewachsenen Rinderherden treten Rangord-nungskämpfe vermehrt auf, wenn Kälber zwischen dem sechs-ten und dem elften Lebensmonat geschlechtsreif werden.Durch individuelle Auseinandersetzungen wird die jeweiligeDominanzbeziehung geklärt, dazu zeigen die Tiere bestimmteVerhaltensweisen. Wenn die Rangbeziehungen geklärt sind,finden körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Tiereneher selten statt. In stabilen Gruppen reichen subtile Drohge-bärden, wie z. B. leichte Seitwärtsbewegungen des Kopfesaus, um Ausweichreaktionen unter Vermeidung von Blick-kontakt auszulösen. Bei einer Neugruppierung von Rindernwerden die Rangverhältnisse normalerweise innerhalb von 24bis 72 Stunden geklärt.

Weibliche Rinder akzeptieren die einmal eingenommenePosition meist dauerhaft, während Bullen — insbesondere inder Pubertät — häufiger versuchen, ihre Position zu verbes-sern. In domestizierten Mutterkuhherden beginnt die eigen-ständige Eingliederung der Jungtiere in die Sozialstruktur derHerde im Alter von vier bis sechs Monaten. Bei mutterloserAufzucht bilden sich stabile Rangordnungen mit etwa neunMonaten. Im Alter von ca. zwei Jahren verlassen männlicheTiere unter natürlichen Bedingungen die Herde und bildenentweder Kleingruppen von bis zu drei Tieren oder leben alsEinzelgänger (meist ältere Bullen).

Kopfauflegen auf die Hinterhand, Aufsprungversuch undAufsprung gehören zum Sexualverhalten von Rindern. BeiBullen nimmt das Aufspringen mit zunehmendem Gewichtab. Ein vermindertes Platzangebot und eine verminderte Fress-platzanzahl erhöhen die Tendenz zum Aufspringen (Domi-nanzverhalten gegenüber bzw. Verdrängung von rangniederenTieren). Ebenso kann aber auch bei einem erhöhten Platzan-gebot und trittsicheren Böden ein vermehrtes Aufspringen be-obachtet werden.

Um unerwünschte Deckakte an weiblichen Masttieren zuverhindern und das Aggressions-/Erregungsverhalten nichtunnötig zu steigern, muss spätestens ab der Geschlechtsreifeeine getrenntgeschlechtliche Aufstallung der Tiere erfolgen.

6. Allgemeine Anforderungen an Haltungssysteme

Rinder sind Herdentiere und verbringen unter natürlichenVerhältnissen die längste Zeit ihres Lebens in Gruppen. Hal-tungseinrichtungen müssen deshalb grundsätzlich so angelegtsein, dass die Tiere auch in menschlicher Obhut in Gruppen(= mindestens zwei Tiere) gehalten werden. Davon abwei-chend müssen Rinder, die gegenüber Herdenmitgliedernnachhaltig Unverträglichkeit zeigen oder gegen die sich sol-ches Verhalten richtet, abgesondert werden; erforderlichen-falls sind auch kranke Tiere zu separieren. Geeignete Räum-lichkeiten müssen zur Verfügung stehen. Einzeln gehalteneRinder sollten Sichtkontakt zu anderen Rindern haben.

Page 11: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

883

Haltungseinrichtungen müssen nach Bauweise, Material,technischer Ausstattung und Zustand so beschaffen sein, dassvon ihnen keine vermeidbaren Gefahren für die Gesundheitausgehen und den Tieren eine Deckung ihres Bedarfs möglichist. Insbesondere dürfen sie keine Verletzungsgefahren bein-halten. Durchgänge und Türöffnungen sollten so breit sein,dass sich die Tiere ungehindert bewegen können. Unsachge-mäß verlegte Betonspaltenböden mit ungleichem Niveau so-wie ausgebrochenen Kanten können zu Verletzungen imBereich der Gliedmaßen führen und stellen einen Risikofaktoru. a. für das Auftreten von Schwanzspitzenverletzungen beiMastbullen dar. Auch Trenngitter müssen so beschaffen undangebracht sein, dass von ihnen keine Verletzungsgefahr fürdie Tiere ausgeht (z. B. Stecken bleiben oder Einklemmen vonKopf oder Gliedmaßen).

Planung, Konstruktion und Wartung von Gebäuden undEinrichtungen für Rinder müssen so erfolgen, dass sie einemühelose gründliche Überprüfung aller Tiere gestatten.

Unabhängig von der Art der jeweiligen Haltungseinrich-tung müssen die Tiere sich ungehindert hinlegen, liegen undaufstehen und eine natürliche Körperhaltung einnehmen kön-nen. Die Böden müssen rutschfest und trittsicher sein. Rinderdürfen nicht mehr als unvermeidbar mit Harn und Kot in Be-rührung kommen.

Bei Auswahl und Einbau von technischen Einrichtungenmuss darauf geachtet werden, dass unnötige Lärmeinwirkungauf die Tiere vermieden wird. Lüftungsanlagen, Fütterungs-einrichtungen und sonstige technische Einrichtungen müssenso beschaffen sein, dass bei ihrem Betrieb so wenig Lärm wiemöglich entsteht. Der Lärmpegel sollte dauerhaft 85 dBAnicht überschreiten. Plötzlicher Lärm ist zu vermeiden.

In der Mastrinderhaltung in Niedersachsen ist die ganzjäh-rige Stallhaltung üblich. Eine Ausnahme stellt die Haltungvon Mutterkühen dar, die in der Regel saisonalen Weideganghaben. Bei Stallhaltung unterscheidet man zwischen Anbinde-und verschiedenen Formen der Laufstallhaltung, wobei dieLaufstallhaltung auf Betonvollspalten die zurzeit gebräuch-lichste Haltungsform darstellt.

6.1 VerkehrsflächengestaltungVerkehrsflächen verbinden die verschiedenen Funktionsbe-

reiche. Um die Verschmutzung möglichst gering zu haltenund die Entmistung zu erleichtern, wird deshalb häufig einperforierter Boden verlegt. Dieser muss so beschaffen sein,dass er keine Verletzungsgefahr für die Tiere birgt. Bautechni-sche Anforderungen an Spaltenböden sind in der DIN 18908— Fußböden für Stallanlagen, DIN 1045 — Beton- und Stahl-betonbau und auf europäischer Ebene in EN 12737 — Spal-tenböden aus Beton für die Tierhaltung festgeschrieben.

Aus tierschutzfachlicher Sicht muss ein Kompromiss zwi-schen Verletzungsrisiko und Sauberkeit gefunden werden;Balkenauftrittsbreiten für Masttiere sollten 8 cm bis 13 cmmessen, Spaltenweiten dürfen maximal 3,5 cm bei einer Ferti-gungstoleranz von 3 mm für einzelne Spalten betragen. Beigrößeren Spaltenweiten können aufgrund der erhöhten me-chanischen Belastung (Quetschungen an Kronsaum und Leder-haut im Sohlenbereich, Zerrung von Bändern, Verstauchun-gen der Klauengelenke) gehäuft Klauenerkrankungen auftre-ten. Bei Spaltenweiten unter 3,0 cm ist allerdings das Durch-treten des Kotes nicht mehr ausreichend gewährleistet.

Betonspaltenelemente sind vor der ersten Einstallung zuentgraten. Spaltenelemente müssen plan verlegt sein und dür-fen nicht zu viel Spiel haben. Mit zunehmender Nutzungs-dauer kann die Oberfläche von Betonspaltenboden rutschigwerden, ggf. ist ein Aufrauen oder Austausch erforderlich.

Sind Verkehrsflächen planbefestigt, wird in der Regel Betonoder Gussasphalt verwendet. Für Laufflächen aus Gussasphaltist bezüglich bautechnischer Anforderungen die DIN 18354maßgebend; er darf außerdem keinen scharfkantigen Zuschlagenthalten.

Der Boden muss in sich eben, rutschfest und trittsicher seinsowie sauber gehalten werden. Letzteres kann mit dem Trak-tor oder mittels Flach- bzw. Faltschieber (automatisch odermanuell gesteuert) geschehen. Stationäre Entmistungsanla-

gen, die in regelmäßigen Abständen automatisch arbeiten,sind zu bevorzugen. Die Höhe des Schiebers sollte maximal25 cm und die Vorschubgeschwindigkeit 4 l/min bis 5 m/minbetragen, sodass die Rinder lernen, darüber hinweg zusteigen,ohne sich zu verletzen. Der Schieber ist in der Eingewöh-nungsphase nur unter Aufsicht in Betrieb zu nehmen, damitZwischenfälle sofort bemerkt werden und entsprechend rea-giert werden kann. Ein Sicherheitssystem (Überlastungsschal-tung) muss gewährleisten, dass sich das Gerät bei erhöhtemSchiebewiderstand automatisch abschaltet. Es sollte mit ei-nem Alarmsystem kombiniert sein. Außerdem darf der Schie-ber keine scharfen Kanten oder Ecken haben, an denen sichdie Tiere verletzen können. Die Schieberkante sollte eine ge-ringere Härte als die Lauffläche aufweisen, damit der Abriebam Schieber und nicht auf der Lauffläche entsteht.

In Außenklimaställen sollte das Abschieben der Ausschei-dungen bei tiefen Temperaturen in kürzeren Abständendurchgeführt werden, um die Gefahr des Durchfrierens zu re-duzieren. Sind die Ausscheidungen dennoch durchgefroren,sind sie mit Einsetzen des Tauwetters unverzüglich zu entfer-nen, weil ansonsten erhöhte Rutsch- und Verletzungsgefahrfür die Tiere besteht.

Auch planbefestigte Böden können im Laufe der Zeit glatterwerden. Sie bergen dann ein erhebliches Verletzungsrisikound schränken die Tiere in ihrem Bewegungsverhalten deut-lich ein. Ein nachträgliches Aufrauen ist dann erforderlich.Auch Unebenheiten in der Bodenoberfläche sind zu vermei-den, weil sich Pfützen bilden und die Tiere hier leicht ausrut-schen und stürzen können.

6.2 LiegeflächenbeschaffenheitDie Liegefläche muss so dimensioniert sein, dass alle Tiere

gleichzeitig ungehindert ruhen können. Sie muss rutschfestund trittsicher sein und den Tieren ein verhaltensgerechtesAbliegen und Aufstehen ermöglichen. In Neu- und soweit alsmöglich auch bei Umbauten muss die Liegefläche auch wei-chelastisch, verformbar und wärmeisolierend sein.

Da der Boden in der Regel aus Beton bzw. Gussasphalt be-steht, muss die Liegefläche dazu entweder eingestreut odermit einer Auflage (z. B. Gummimatte) versehen werden. DennBeton(spalten-)böden ohne Auflage oder Haltungssysteme mitzu geringer Einstreumenge im Liegebereich können zu Haut-verletzungen, Gelenkproblemen und verkürzten Liegezeitenmit reduzierter Mastleistung führen.

Zudem muss die Liegefläche möglichst sauber und trockengehalten werden (vgl. Nummer 7.1.1 — Laufstallhaltung ohneEinstreu).

Die in der Mastrinderhaltung verwendete Einstreu mussgute Absorptionseigenschaften haben und gesundheitlich un-bedenklich sein. Meist werden organische Materialien (z. B.Stroh) verwendet. Stroh ist aufgrund seiner hohen Wasserbin-dungskapazität besonders gut geeignet.

Statt mit Einstreu kann der Liegebereich auch mit Auflagenversehen werden. Gummiauflagen mit passgenauem Schlitz-anteil werden von den Rindern gut angenommen. Die Wär-meableitung ist reduziert, Liegekomfort und Standsicherheitsind erhöht und Gelenke und Klauen werden geschont. Fürdie Funktionstüchtigkeit ist eine angepasste Fütterung sowieeine gute Durchlüftung und Klimaführung wichtig, um einezu hohe Feuchtigkeit in diesem Bereich zu vermeiden. Bei un-perforierten Gummimatten in Anbindehaltungen oder Liege-boxenlaufställen kann es, bedingt durch Feuchtigkeit, zum„Radiergummieffekt“ am Tier kommen. Durch Gefälle in derLiegefläche, entsprechende Komfortmatten oder eine geringeEinstreumenge kann hier entgegengewirkt werden.

Inzwischen sind elastische Bodenbeläge von neutralenPrüfstellen geprüft worden; die Ergebnisse sollten bei der Aus-wahl des Belages für den Liegebereich berücksichtigt werden.

Gemäß § 7 TierSchNutztV wird für Kälber in den erstenzwei Lebenswochen in Ställen eine eingestreute Liegeflächegefordert. Dies kann in der Mutterkuhhaltung z. B. durch ei-nen sog. Kälberschlupf gewährleistet werden.

Haltungseinrichtungen müssen nach Bauweise, Material, technischer Ausstattung und Zustand so beschaffen sein, dass von ihnen — entsprechend dem Stand der Technik — keine vermeidbaren Gefahren für die Gesundheit ausgehen und den Tieren eine Deckungihres Bedarfs möglich ist. Rinder dürfen nicht mehr alsunvermeidbar mit Harn und Kot in Berührung kommen.

Neubauten:Böden im Bereich von Verkehrsflächen müssen sobeschaffen sein, dass von ihnen keine Verletzungsgefahr für die Tiere ausgeht. Sie müssen in sich eben, rutschfest und trittsicher sein sowie sauber gehalten werden. Bei Spaltenböden für Masttiere sollten die Balkenauftritts-breiten 8 cm bis 13 cm, die Spaltenweiten maximal 3,5 cm betragen.

Page 12: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

884

7. Beschreibung der einzelnen Haltungssysteme mit speziellen An-forderungen

7.1 LaufstallhaltungMastrinder sollten in einer Umgebung mit Umweltreizen

gehalten werden, die ihnen zudem ausreichend Möglichkeitzur Bewegung und sozialen Interaktionen bietet. Diese Anfor-derungen lassen sich in einer Laufstallhaltung gut umsetzen.Voraussetzung ist jedoch eine tiergerechte Konzeption desStalles und ein sorgfältiges Management. Auch rangniedereTiere müssen ihren Bedarf (z. B. Futter-/Wasseraufnahme, un-gestörtes Ruhen) decken können und sollten die Möglichkeitzum Ausweichen haben. Unzureichende Haltungsbedingun-gen machen sich immer zuerst bei den rangniederen Tierenbemerkbar (Indikatorfunktion!). Aus diesem Grund sollten siebesonders genau beobachtet werden.

Je nach Bodenbeschaffenheit und Gliederung der Funktions-bereiche unterscheidet man Vollspaltenställe, Tretmist- undTiefstreuställe sowie Liegeboxenlaufställe.

In einer Mastgruppe sollten Alter und Gewicht der Tieremöglichst homogen sein. Um Rangkämpfe auf ein Minimumzu reduzieren, sollten die Gruppen so frühzeitig wie möglichzusammengestellt und Umgruppierungen von Einzeltierenvermieden werden. Mastrinder werden häufig in Gruppen von6 bis 15 Tieren gehalten. Auch bei der Haltung in größerenGruppen muss eine effektive Tierkontrolle gewährleistet sein.

Der Platzbedarf der Mastrinder steigt mit zunehmendemGewicht. Insofern kann das Umstallen der Mastgruppe zurAnpassung des Platzangebotes erforderlich sein. Durch häufi-ges Umstallen kann es zu einer kurzzeitigen Unruhe im Stallkommen. Allerdings können Tiere, die ruhiges „Handling“ ge-wöhnt sind, einen Lerneffekt zeigen, der beispielsweise amMastende eine stressfreiere Verladung ermöglicht.

Die gemeinsame Haltung von behornten und unbehorntenTieren in einer Gruppe sollte möglichst vermieden werden(vgl. auch Nummer 12 — Eingriffe). Keinesfalls sollte ein ein-zelnes unbehorntes Rind in eine Gruppe behornter Tiere ein-gestellt werden. Um das Verletzungsrisiko von Mensch undTier zu reduzieren, ist die Haltung unbehornter Rinder zu be-vorzugen. Daher sollte die Zucht auf genetisch bedingte Horn-losigkeit forciert werden.

Nähere Ausführungen zu besonderen Einrichtungen sowiezur Futter- und Wasserversorgung einschließlich ihrer bauli-chen Gestaltung finden sich in den Nummern 8, 9 bzw. 10.

7.1.1 Laufstallhaltung ohne EinstreuBisher ist die Einflächenbucht mit Betonvollspalten das

gängigste Haltungssystem für männliche Mastrinder. Wissen-schaftliche Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass Ein-flächenbuchten mit Betonvollspalten atypische Abliege- undAufstehvorgänge sowie Abweichungen im Liegeverhalten be-günstigen. Außerdem kann ein solcher Boden vermehrt zuSchäden insbesondere im Bereich der Vorderfußwurzelgelenkeund der Schwanzspitzen führen.

Deshalb muss Mastrindern in Neubauten oder bei Umbau-ten von Gebäuden oder Gebäudeteilen, die bisher nicht für dieRinderhaltung genutzt wurden, eine weichelastische und ver-formbare Liegefläche zur Verfügung stehen (vgl. auch Num-mer 6.2 — Liegeflächenbeschaffenheit), auf der alle Tiereeiner Bucht gleichzeitig ungestört ruhen können. Dies kanndurch den Einsatz von Gummiauflagen erreicht werden. Da-bei sollten Gummimatten von einer anerkannten, unabhängi-gen Einrichtung geprüft sein (Verformbarkeit: im Neuzustandca. 3 mm Mindesteindringtiefe!). Ein solcher Liegebereich

wird von Mastrindern bevorzugt angenommen. Die Wärme-ableitung ist reduziert, Liegekomfort und Trittsicherheit sinderhöht und die Gelenke werden geschont. Um Feuchtigkeit indiesem Bereich zu reduzieren, ist neben einer guten Durchlüf-tung und Klimaführung auch eine angepasste Fütterung vonentscheidender Bedeutung (vgl. auch Nummer 9 — Futterver-sorgung).

Eine Perforation der Gummiauflage — angepasst an die Un-terkonstruktion/die Betonspalten — ist im Liegebereich nurzulässig, wenn liegende Rinder nicht unmittelbar mit der Un-terkonstruktion/den Betonspalten in Berührung kommen. DieSchlitzweite der Gummiauflage darf maximal 3,5 cm, die derUnterkonstruktion/der Betonspalten sollte maximal 4,0 cmbetragen. Die Auftrittsbreite der einzelnen Balken sollte 8 cmbis maximal 13 cm messen.

Eine Vollspaltenbodenbucht kann als Ein- oder Zweiflächen-bucht gestaltet werden, d. h. der Boden ist vollständig oderteilweise mit einer weichelastisch und verformbaren Auflageversehen.

Da in Einflächenbuchten keine räumliche Trennung vonRuhe- und Aktivitätsbereichs besteht, ist der gesamte Bodenin diesem Haltungssystem weichelastisch und verformbar ge-staltet (z. B. mit Gummiauflage, Abbildung 1).

Abbildung 1: Beispiel einer Bucht, die vollständig mit einer Gummi-matte ausgelegt ist. Die Gummimatte erhöht den Liegekomfort für dieTiere (Foto: Tierschutzdienst).

Aus tierschutzfachlicher Sicht ist die Zweiflächenbucht miteiner Trennung der Funktionsbereiche allerdings zu bevorzu-gen. Bei diesem Haltungssystem ist nur die Liegefläche mit ei-ner Gummiauflage versehen, der Aktivitätsbereich am Futter-tisch kann beispielsweise mit Betonspalten ausgestattet sein(Abbildung 2). Im Vergleich zur Einflächenbucht mit vollstän-diger Gummiauflage ist hier der Klauenabrieb eher gegeben.Für den Aktivitätsbereich werden in der Milchkuhhaltungmittlerweile auch abrasive Gummiauflagen geprüfter und an-erkannter Qualität angeboten. Erfahrungen in der Haltungmännlicher Mastrinder stehen noch aus.

Abbildung 2: Rinder ruhen gleichzeitig und bevorzugen eine weich-elastische, verformbare und trockene Liegefläche. Hier stehen jedemEndmastbullen 2,36 m² Liegefläche auf der Gummimatte zur Verfü-gung (Foto: ITTN, TiHo).

Neubauten:Die Liegefläche muss eingestreut oder mit einer Auflage versehen sein. Sie muss weichelastisch und verformbarsowie rutschfest und trittsicher sein und den Tieren ein verhaltensgerechtes Abliegen und Aufstehen ermöglichen. Zudem muss die Liegefläche möglichst sauber und trocken gehalten werden. Gummiauflagen mit passgenauem Schlitzanteil werden von den Tieren gut angenommen.Die Wärmeableitung ist reduziert, Liegekomfort und Standsicherheit sind erhöht und Gelenke und Klauenwerden geschont.

Laufställe müssen so konzipiert sein, dass alle — auch rangniedere — Tiere die Möglichkeit haben, ihren Bedarf zu decken und Schaden (wie z. B. Verhaltensanomalien und Verletzungen) zu vermeiden. In einer Mastgruppe sollten Alter und Gewicht der Tiere möglichst homogen sein.

Page 13: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

885

Folgende Mindestflächen sind in Abhängigkeit vom Ge-wicht der Tiere in Ein- und Zweiflächenbuchten einzuhalten(Tabelle 1):

Tabelle 1: Mindestflächenbedarf in Neubauten von Ein- undZweiflächenvollspaltenbuchten mit Gummiauflage in Abhän-gigkeit vom Gewicht der Tiere:

1) Die Liegefläche muss mindestens mit einer Gummiauflage ausge-stattet sein.

Ab einem Lebendgewicht von durchschnittlich 650 kg ist esmöglich, verkaufsfähige Tiere zum Schlachten abzusortieren.Dadurch kann der geforderte Mindestplatzbedarf in der End-mast in jedem Fall eingehalten werden.

Für Mastrinder, die deutlich höhere Endmastgewichte er-reichen (ab 800 kg Lebendgewicht) muss ein Gesamtplatzan-gebot von mindestens 4,0 m²/Tier eingehalten werden.

Bei der Haltung in Zweiflächenbuchten ist zu gewährleis-ten, dass am Futtertisch fressende Tiere mit den Klauen derHintergliedmaßen nicht genau auf der Kante der Gummiauf-lage stehen (mögliche Beeinträchtigung der Klauengesundheitund der Mattenbefestigung). Um diese Situation zu vermeiden,besteht z. B. auch die Möglichkeit, Betonspalten mit passge-nauer Absenkung der Gummiauflage einzusetzen.

Beispielskizzen für die Gestaltung von Buchten finden sichin A n h a n g 3.

Bei geringeren Buchtentiefen, die in vielen Altbauten anzu-treffen sind, ist daher im Fall der Nachrüstung eher eine kom-plette Auslegung der Bucht mit Gummiauflage zu empfehlen.

Um das Platzangebot zu erhöhen und die Haltung durchUmwelt- und Klimareize zu bereichern, kann bei Neu-, Um-und Altbauten z. B. ein befestigter Auslauf/Laufhof an die je-weilige Bucht angegliedert werden (siehe Nummer 8.6 —Laufhof/befestigter Auslauf).

In Neubauten oder bei Umbauten von Gebäuden oder Ge-bäudeteilen, die bisher nicht für die Rinderhaltung genutztwurden, sollte auf bauliche Einrichtungen, die das Aufsprin-gen der Tiere verhindern, verzichtet werden. BegünstigendeFaktoren für ein vermehrtes Aufspringen, wie z. B. mangelndeSättigung, strukturarmes Futter, Nähe zu weiblichen Artge-nossen sollten zunächst abgestellt werden. Sollte ein Aufsprung-schutz doch für erforderlich gehalten werden, muss sicherge-stellt sein, dass die Mastrinder auch in der Endmast in natürli-cher Körperhaltung aufrecht stehen können und mindestens50 cm Freiraum über dem Widerrist der Tiere vorhanden ist.Solche Einrichtungen dürfen nur über einem Teilbereich derBucht angebracht sein (in der Regel reichen ein bis zwei Quer-stangen). Von ihnen darf keine erhöhte Verletzungsgefahrausgehen und sie dürfen nicht unter Strom gesetzt werden.

In Altbauten können bereits vorhandene bauliche Einrich-tungen dieser Art weiterhin toleriert werden, wenn von ihnenkeine erhöhte Verletzungsgefahr ausgeht und sie nicht unterStrom gesetzt werden. Spätestens zwei Jahre nach Veröffentli-chung dieser Leitlinie sind die o. a. Mindestanforderungenzum Aufsprungschutz auch für Altbauten vollständig zu er-füllen.

Nähere Ausführungen zur Futter- und Wasserversorgungeinschließlich ihrer baulichen Gestaltung siehe Nummern 9bzw. 10.

Altbauten:Die für Neubauten festgelegten Mindestanforderungen für dasPlatzangebot sind spätestestens zwölf Jahre nach Veröffent-lichung dieser Leitlinie auch in Altbauten einzuhalten. Umeine weitere Nutzung vorhandener Buchten zu ermöglichen,kann dabei allerdings eine differenziertere gewichtsabhängigeAbstufung der Mastgruppen vorgenommen werden (siehe Ta-belle 2).

Tabelle 2: Mindestflächenbedarf in Altbauten in Abhängigkeitvom Gewicht der Tiere:

2) Bei Nachrüstung mit Gummiauflage nach abgelaufener Übergangs-frist.

Bestehende Genehmigungen in Altbauten haben grundsätz-lich Bestandsschutz. Dabei ist ein Platzangebot von wenigerals 2,7 m² Gesamtfläche pro Endmastbullen (mehr/gleich durch-schnittlich 650 kg) unabhängig von bestehenden Genehmi-gungen nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen tier-schutzfachlich jedoch nicht mehr vertretbar. Die Gesamtflä-che pro Endmastbulle von 2,7 m² muss spätestens zwei Jahrenach Veröffentlichung dieser Leitlinie angepasst werden.

Sofern an den Tieren Schäden auftreten, die durch ein zugeringes Platzangebot bedingt sind, sind die in Tabelle 2 ge-nannten Belegdichten unverzüglich, spätestens aber mit derEinstallung neuer Tiere in die Bucht einzuhalten.

In vorhandenen Mastrinderhaltungen muss beim ggf. erfor-derlichen Spaltenbodentausch zumindest die Liegefläche derTiere weichelastisch und verformbar gestaltet werden. Dabeiist zu berücksichtigen, dass alle Tiere einer Bucht gleichzeitigungehindert auf dieser Liegefläche ruhen können müssen.

Spätestens zwölf Jahre nach Erscheinen dieser Leitliniemüssen auch in Altbauten Liegeflächen weichelastisch undverformbar, z. B. mit Gummiauflage, gestaltet sein und dieMindestgröße der Liegefläche eingehalten werden. Sofern schonvor Veröffentlichung der Leitlinie Liegeflächen mit Gummi-auflage versehen wurden, verlängert sich die Übergangsfristfür die in der Tabelle 2 angegebenen Mindestmaße für die Lie-gefläche auf 15 Jahre.

In begründeten Einzelfällen können von dieser Anforderungfür bestehende Haltungseinrichtungen von Rindern, in denender Spaltenbodentausch aus Gründen der Bautechnik und derBauart oder aus baurechtlichen Gründen nicht so erfolgenkann, dass eine Nachrüstung mit weichelastischen und verform-baren Liegeflächen möglich ist, Ausnahmen zugelassen werden.

Sofern an den Tieren Schäden auftreten, die durch denSpaltenboden bedingt sind, sind entsprechende Liegeflächenunverzüglich, spätestens aber mit der Einstallung neuer Tierein die Bucht, einzurichten.

Hinweis:Mutterkühe und „ehemalige“ Milchkühe, die zur Schlachtunggemästet werden sollen, dürfen nicht in Buchten mit Voll-spaltenboden gehalten werden, da eine erhöhte Gefahr vonZitzenverletzungen besteht (vgl. Milchkuhleitlinie[http://www.laves.niedersachsen.de/service/publikationen/broschueren-und-informationsmaterial-des-tierschutzdienstes-73842.html]).

Vormast Mittelmast Endmast

durschnittliches Lebendgewicht (kg)

250 bis 449 450 bis 649 mehr/gleich 650

Gesamtfläche/Tier (m²)

2,5 3,0 3,5

davon Liege-fläche/Tier (m²)1)

1,5 2,0 2,5

In Neubauten oder bei Umbauten von Gebäuden oder Gebäudeteilen, die bisher nicht für die Rinderhaltunggenutzt wurden, muss Mastrindern in der Endmast (mehr als 650 kg Lebendgewicht) ein Gesamtplatzangebot von mindestens 3,5 m² zur Verfügung stehen (siehe Tabelle 1). Davon müssen mindestens 2,5 m² als weichelastische und verformbare Liegefläche ausgestaltet sein, sodass darauf alle Tiere einer Bucht gleichzeitig ungestört ruhen können (z. B. Gummiauflagen geprüfter, anerkannter Qualität).Da in Einflächenbuchten keine Trennung von Ruhe- und Aktivitätsbereich besteht, ist die gesamte Bodenfläche bei-

spielsweise mit einer entsprechenden Gummiauflageausgestattet. Aus tierschutzfachlicher Sicht ist die Zwei-flächenbucht mit unterschiedlicher Bodengestaltung im Liege- und Aktivitätsbereich allerdings zu bevorzugen.

Die Gummiauflage im Liegebereich darf perforiert sein, wenn liegende Rinder nicht unmittelbar mit der Unter-konstruktion/den Betonspalten in Berührung kommen.Die Schlitzweite der Gummiauflage darf maximal 3,5 cm betragen; die Auftrittsbreite der einzelnen Balken sollte8 cm bis maximal 13 cm messen.

Vormast Mittelmast Endmast

durchschnitt-liches Lebend-gewicht (kg)

250 bis 349

350 bis 449

450 bis 549

550 bis 649

mehr/gleich 650

Gesamtfläche/Tier (m²)

2,2 2,5 2,75 3,0 3,5

davon Liege-fläche/Tier (m²)2)

1,5 2,0 2,5

Page 14: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

886

7.1.2 Laufstallhaltung mit Einstreu In Tretmist- und Tiefstreuställen steht den Tieren eine wei-

che, verformbare und wärmegedämmte Liegefläche zur Verfü-gung, Trittverletzungen — insbesondere der Schwanzspitze— treten seltener auf.

Die Mistmatratze muss allerdings gut gepflegt sein bzw. dasTretmistsystem muss funktionieren; der Liegebereich mussmöglichst sauber und trocken gehalten werden, hier darf sichin Trittsiegeln auf keinen Fall Flüssigkeit sammeln. Wird anEinstreu gespart und die Mistmatratze nass, sinken die Tiereim Morast ein; das Klauenhorn weicht auf, wodurch die Ent-stehung von Klauenerkrankungen begünstigt wird. Im Liegensind die Mastrinder einer vermehrten Ammoniakbelastungausgesetzt, was zur Reizung des Atmungsapparates führenkann. Die Tiere verschmutzen stärker, dadurch können Haut-probleme entstehen.

Weil der natürliche Klauenabrieb in den Einflächenvarian-ten kaum gegeben ist, ist in dieser Haltungsform verstärkt aufStallklauenbildung zu achten; erforderlichenfalls ist insbeson-dere bei Mutterkühen eine fachgerechte Korrektur der Klauendurchzuführen.

Aufgrund der systembedingt erhöhten Schadgasfreisetzungin unmittelbarer Nähe der Tiernase stellen diese Ställe beson-dere Ansprüche an die Lüftung. In geschlossenen, wärmege-dämmten Gebäuden oder Gebäudeteilen ist ein tiergerechtesStallklima bei Tretmist- und Tiefstreuställen z. B. durch eineZwangslüftung zu gewährleisten (siehe Nummer 11 — Stall-klima). Aufgrund der besonderen Isolier- und Wärmeeigen-schaften der Strohmatratze eignet sich dieses Haltungssystemdaher vor allem für Außenklimaställe. Insbesondere für Neu-bauten stellen gut konzipierte Tretmistsysteme in Offenfront-bauweise aus tierschutzfachlicher Sicht eine empfehlenswerteVariante dar.

Auch in allen Laufstallhaltungen mit Einstreu müssen diePlatzanforderungen bezüglich der Gesamtfläche pro Tier so-wie des trockenen Liegebereichs entsprechend den Tabellen 1und 2 eingehalten werden. Wird mehr Platz angeboten, redu-ziert sich erfahrungsgemäß der Strohbedarf. AutomatischeEinstreusysteme ermöglichen häufigeres Einstreuen. Weiter-führende Literatur findet sich z. B. in Brade u. Flachowsky(2007), Baubriefe Landwirtschaft Nr. 46 (2007), ALB BayernTretmistställe (2010) und LAZBW (2015) (vgl. Nummer 16 —Weiterführende Literatur).

7.1.2.1 TretmiststallIn den vergangenen Jahren haben sich verschiedene Varian-

ten des Tretmist-Verfahrens in der Praxis etabliert, die sichvor allem in der Anordnung von Liegefläche und Mistgangwie auch im Einstreu- und Entmistungsverfahren unterschei-den. Tretmistställe können als Ein- oder Zweiflächenställekonzipiert sein, wobei die Liegefläche im Allgemeinen ein Ge-fälle hat (Abbildung 3). Der Mist wird infolge der Tierbewe-gung durch die Strohmatratze zum unteren Ende der Liege-fläche getreten (Gletscherprinzip). Dort kann er abgeschobenwerden. Eingestreut wird immer im höchsten Bereich. DieVerwendung von Kurzstroh verbessert die Fließfähigkeit derMistmatratze. Für das Funktionieren des Gletscherprinzips isteine Mindestbelegdichte erforderlich. Je leichter die Tiere(Mindestgewicht 250 kg) und je geringer die Belegdichte,umso größer muss normalerweise die Neigung der Grundflä-che sein. Sie sollte zwischen 2 % und 6 % betragen. Ist der un-tere Teil der eingestreuten Fläche stark vernässt, ist dieserBereich zum Ruhen der Tiere ungeeignet.

Abbildung 3: Beispiel eines Zwei-Flächen-Tretmiststalles (Foto: Tier-schutzdienst).

Der Strohbedarf ist abhängig von Belegdichte, Einstreufre-quenz, Strohart, -qualität und -zerkleinerung. Er liegt im Allge-meinen bei 2,5 kg bis 6 kg pro Großvieheinheit und Tag, kannaber bei entsprechender Fütterung auch deutlich höher sein.

Tretmistställe stellen aufgrund der kostengünstigen Bauweiseeine Alternative zu den deutlich teureren Ställen mit Vollspal-tenboden und Güllekeller dar. Dieser Vorteil relativiert sichu. U. bei Berücksichtigung der Kosten für die Strohbergungund die Lagerung von Dung und Einstreu sowie der Verfüg-barkeit und der Kosten bei Zukauf von Stroh. Zudem ist derArbeitsbedarf für das Einstreuen und Entmisten einzurechnen.

Bezüglich der Anforderungen an die Gestaltung des Aktivi-tätsbereiches und der Fütterungs- und Tränkeeinrichtungensind die Vorgaben der entsprechenden Nummern analog an-zuwenden (siehe Nummern 6.1 — Verkehrsflächengestaltung,9 und 10 — Futter- und Wasserversorgung).

Einflächentretmiststall:Der Einflächentretmiststall ist dadurch gekennzeichnet, dasssich der Mistgang außerhalb der Bucht befindet. Liegt der Fut-terplatz am oberen Ende, können die Tiere hangaufwärts fres-sen, was sie physiologischer Weise bevorzugen (umgekehrterTretmiststall). Nachteilig ist bei diesem in der Praxis seltenervorkommenden System allerdings, dass der Fressbereich vonden Tieren auch als Liegebereich genutzt werden muss. Inso-fern ist das ungestörte Ruhen der Rinder erschwert. Befindetsich der Fressbereich am unteren Ende, muss der Futterkrip-penboden mindestens 35 cm höher gelegt werden, damit derMist unter der Futterkrippe durchgetreten werden kann undkeine hygienischen Probleme auftreten (Abbildung 4). In je-dem Fall muss der Mist bei diesem System mindestens einmalpro Tag abgeschoben werden.

Abbildung 4: Beispiel für einen Einflächentretmiststall. Der Mist wirdunter der Krippe durchgetreten. In diesem Fall sind die Buchten hö-hergelegt, sodass der Mist kaum mit der Krippe in Kontakt kommt. DieVorlagerung des Nackenrohres erleichtert den Tieren die Futterauf-nahme (Foto: Tierschutzdienst).

Zweiflächentretmiststall:Im Zweiflächentretmiststall schließt sich an die Mistmatratze/den eingestreuten Bereich normalerweise ein planbefestigter(Mist-)Gang innerhalb der Bucht an (Abbildung 3). Dieser kannsich sowohl am Futtertisch als auch im hinteren Bereich derBucht befinden. Dazwischen ist üblicherweise eine Abrisskantevon 15 cm bis 20 cm Höhe vorhanden. Der herunter getreteneMist kann durch einen fest installierten Faltschieber/Schub-stange oder mobile Technik aus dem Stallbereich entferntwerden. Vorteil von Faltschieber bzw. Schubstange ist, dassder Laufgang mehrmals pro Tag entmistet werden kann, ohnedie Mastrinder im Einstreubereich abgattern zu müssen. Wirdder planbefestigte Bereich eingestreut, kann er — sofern er dieAnforderungen an eine Liegefläche erfüllt — als solche mit ge-nutzt werden. Beim Einsatz mobiler Technik sollte dieser Be-reich mindestens einmal wöchentlich, bei Bedarf auch häufi-ger, abgeschoben werden.

Mutterkühe:Der Mindestplatzbedarf für Mutterkühe einschließlich Kalbliegt bei 6,5 m² pro Tier, wovon eine Fläche von 4,5 m² proTier eingestreut sein muss. Für behornte Mutterkühe ist dasPlatzangebot entsprechend zu erhöhen. Außerdem sollte fürKälber ein separater Bereich (Kälberschlupf) von 1,2 m² bis2,0 m²/Tier angeboten werden (siehe Anhang 4). Der Zugangzum Kälberschlupf sollte 40 cm bis 55 cm breit und 80 cm bis120 cm hoch sein.

Page 15: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

887

7.1.2.2 TiefstreustallIn Tiefstreuställen ist die Stallgrundfläche eben und gegen-

über dem Futtertisch abgesenkt. Die Haltung auf Tiefstreukann in Einflächen- oder Zweiflächenbuchten erfolgen. DiesesHaltungssystem wird häufig auch für die Mutterkuhhaltungeinschließlich der dazugehörigen Färsenaufzucht genutzt.

Einflächentiefstreustall:Wird die gesamte Buchtengrundfläche eingestreut, spricht manvon einem Einflächentiefstreustall. Das Stroh bildet zusammenmit den Ausscheidungen der Tiere eine ständig wachsendeMistmatratze. Abhängig von der Belegdichte und dem Alterbzw. der Größe der Tiere wird üblicherweise ein Stapelraumvon ca. 80 cm veranschlagt. Wenn die Matratze nach ca. dreibis sechs Monaten das „Umgebungsniveau“ erreicht hat (tägli-ches Wachstum zwischen 0,5 cm und 0,8 cm), wird sie voll-ständig entfernt. Werden ausreichende Mengen Stroh einge-setzt, bleibt die Matratze relativ trocken und bietet eine weiche,verformbare und bequeme Unterlage zum Liegen. Der Stroh-bedarf beträgt je nach Belegdichte zwischen 4 kg und 10 kgStroh pro Großvieheinheit und Tag. Obgleich Kurzstroh einhöheres Wasseraufnahmevermögen besitzt, wird Langstrohbevorzugt, da es die Tragfähigkeit der Mistmatratze verbessert.Insbesondere bei zu geringem Stroheinsatz und hoher Besatz-dichte kann es auch in Tiefstreuställen zu verstärkter Ver-schmutzung der Tiere kommen.

In der Praxis werden Tiefstreuställe in der Rindermast vor-rangig für die erste Mastphase genutzt. Für die Endmast ist derEinflächentiefstreustall nicht zu empfehlen, da die Sauberkeitder Tiere nur durch den Einsatz großer Strohmengen gewähr-leistet werden kann.

Futter- und Tränkeeinrichtungen müssen für die Tiere je-derzeit uneingeschränkt zugänglich sein; dies wird in derRegel durch Höhenverstellbarkeit des Nackenrohres bzw. derTränke sichergestellt. Es können auch fest installierte Tränkenin unterschiedlichen Höhen angeboten werden (vgl. Num-mern 9 bzw. 10 — Futter- und Wasserversorgung).

Zweiflächentiefstreustall:Der Strohverbrauch halbiert sich in etwa, wenn der Stall ge-teilt und nur die Liegefläche eingestreut wird (Zweiflächen-tiefstreustall). Der Aktivitätsbereich am Futtertisch ist ent-weder planbefestigt oder mit Spaltenboden ausgestattet. Zwei-flächenbuchten dieser Bauart bieten trotz geringeren Stroh-verbrauchs einen hohen Komfort für die Tiere (Trennung derFunktionsbereiche, ungestörtes Liegen, Klauenabrieb gewähr-leistet, Abbildung 5). Die Höhendifferenz zwischen Aktivitäts-und Liegebereich wird im Allgemeinen über Stufen ausgegli-chen. Diese können die gesamte Breite der Bucht einnehmenoder in Form einzelner „Treppenauf- bzw. Abgänge“ gestaltetsein (Abbildung 5). Damit der Zugang nicht von einem Einzel-tier blockiert werden kann, sind im letztgenannten Fall min-

destens zwei „Treppen“ empfehlenswert. Diese sollten sobreit sein, dass zwei Tiere problemlos aneinander vorbeige-hen können. Die Stufenhöhe sollte nicht mehr als 30 cm bis40 cm und die Stufentiefe zwischen 45 cm bis 60 cm betragen.Bei einzelnen „Treppenauf- bzw. Abgängen“ und einem gro-ßen Höhenunterschied bei Einstallung bzw. nach dem Mistensollte der übrige Aktivitätsbereich durch ein Geländer gegen-über der Liegefläche abgesichert sein.

Bei einzelnen „Treppenauf- bzw. Abgängen“ muss der Akti-vitätsbereich mindestens so tief sein, dass hinter einem amFuttertisch stehenden Rind ein weiteres Tier entlang gehenkann. Ist der Aktivitätsbereich planbefestigt, müssen die Aus-scheidungen bei Bedarf entfernt werden (nicht in den Ein-streubereich abschieben!).

Mutterkühe:Der empfohlene Platzbedarf für Mutterkühe einschließlich Kalbim Zweiflächentiefstreustall liegt bei 8,0 m² pro Tier, wovoneine Fläche von 6,0 m² pro Tier eingestreut sein sollte. Für be-hornte Mutterkühe ist das Platzangebot entsprechend zu erhö-hen. Außerdem sollte für Kälber ein separater Bereich (Käl-berschlupf) von 1,2 m² bis 2,0 m²/Tier angeboten werden (sie-he Anhang 4). Der Zugang zum Kälberschlupf sollte 40 cm bis55 cm breit und 85 cm bis 120 cm hoch sein.

Für die Mutterkuhnachzucht sowie die Färsenmast gebendie Tabellen 1 und 2 entsprechende Mindestflächen an.

7.1.3 LiegeboxenlaufstallLiegeboxenlaufställe stellen eine tiergerechte Alternative

für die Haltung von Mastrindern dar. Sie finden insbesonderebereits in der Mutterkuhhaltung oder in für die Rindermastumgenutzten Milchkuhställen Anwendung.

Liegeboxenlaufställe bestehen aus mehreren Funktionsbe-reichen:— Liegebereich,— Verkehrs- bzw. Bewegungsflächen,— Fressbereich.

Liegebereich:Der Liegebereich besteht aus einzelnen Liegeboxen, die wand-ständig bzw. gegenständig angeordnet sind. Die Boxen wer-den durch seitliche Führungselemente (z. B. Trennbügel) von-einander abgegrenzt.

Für jedes Tier muss mindestens eine Liegebox vorhandensein, damit alle Tiere gleichzeitig ungestört ruhen können(Abbildung 6). Dabei werden männliche Mastrinder üblicher-weise in kleineren Gruppen gehalten als Milchkühe; insofernempfiehlt es sich, entsprechende Liegeboxenlaufställe in Alt-gebäuden zu unterteilen.

Abbildung 5: Im Zweiflächentiefstreustall ermöglicht die Trennung zwischen Aktivitäts- und Ruhebereich den Tieren auf der eingestreuten Liegeflä-che ein artgerechtes Ruhen (links). Ein Trenngitter sichert die Liegefläche gegen den Aktivitätsbereich ab, den die Tiere über Stufen (rechts) errei-chen können (Foto: Tierschutzdienst).

Gut konzipierte Tretmistsysteme in Offenfrontbauweise stellen aus tierschutzfachlicher Sicht für Neubauten eine empfehlenswerte Variante dar. Die Mistmatratze muss gut gepflegt sein bzw. das Tretmistsystem muss funktionieren. Der Liegebereich muss möglichst sauber und trockengehalten werden, hier darf sich in Trittsiegeln in keinem Fall Flüssigkeit sammeln.

Zweiflächentiefstreuställe bieten einen hohen Komfort für die Tiere (Trennung der Funktionsbereiche, unge-störtes Liegen, Klauenabrieb gewährleistet). Tiefstreuställe eignen sich vorrangig für die erste Mastphase. Für dieEndmast sind insbesondere Einflächentiefstreuställe nicht zu empfehlen, da die Sauberkeit der Tiere nur durch den Einsatz großer Strohmengen gewährleistet werden kann.

Page 16: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

888

Abbildung 6: Liegeboxenlaufställe eignen sich auch für die Haltungvon Mastbullen; sie bieten den Tieren getrennte Funktionsbereiche(Foto: Tierschutzdienst).

Die Liegebox muss so bemessen sein, dass ein artgemäßesAufstehen und Abliegen gewährleistet ist (z. B. Gestaltungvon Trennbügel, Nackenrohr, Bugschwelle, Tabelle 3). Dabeimuss sie so lang sein, dass das Tier in der Box liegen bzw. mitallen Füßen gleichzeitig in physiologischer Haltung darin ste-hen kann. Ist die Liegebox zu breit, können sich die Tiere beieinem Umdrehversuch verkeilen oder festlegen und schwereVerletzungen zuziehen. Außerdem kann dieses Verhalten zuVerletzungen bei den Nachbartieren führen. Auch Querliegenoder vollständiges Umdrehen sollte verhindert werden, damitdie Liegefläche nicht unnötig mit Kot verschmutzt wird. DieLiegeflächengröße muss der jeweiligen Altersgruppe (Mastrin-der) bzw. dem Herdendurchschnitt (Mutterkühe) angepasst sein.Die Liegeboxenabmessungen werden dabei auch von rasse-spezifischen Merkmalen mitbestimmt.

Tabelle 3: Orientierungswerte für Liegeboxenlaufställe:

(modifiziert nach Gygax et al. 2004)

Seitliche Trennrahmen müssen so gestaltet sein, dass sie dieeinzelnen Liegeboxen ausreichend gegeneinander abgrenzen,den Tieren aber gleichzeitig genügend Freiraum lassen, umdie Beine in Seitenlage durchstrecken zu können. Im hinterenBereich sollten sie freitragend sein, um das Tier beim Liegenund Aufstehen so wenig wie möglich einzuschränken und dasVerletzungsrisiko für vorstehende Knochenpunkte (Fersen-,Sitzbein- und Hüfthöcker) zu minimieren. Der Freiraum überdem Boden sollte in der Endmast vorne ca. 35 cm bis 40 cmund hinten ca. 60 cm betragen. Die seitlichen und vorderenFührungselemente der Box müssen dem Tier so viel Freiraumlassen, dass es beim Aufstehen den Kopfschwung problemlosausführen kann. Dafür müssen im Anschluss an die Liegeflä-che bei wandständigen Boxen in der Endmast mindestens80 cm Freiraum eingeplant werden. Senkrecht verlaufendeStützen müssen so angeordnet sein, dass sie den für den Kopf-schwung erforderlichen Freiraum nicht einschränken. Waage-recht verlaufende Kopfrohre sind in der Endmast mindestens80 cm über der Bodenfläche anzubringen. Das Nackenrohrsollte etwa 175 cm vor der hinteren Boxenkante und mindes-tens 115 cm über der Liegefläche positioniert werden. Flexible

Konstruktionen wie z. B. Seile oder Gurte sind gegenüber star-ren zu bevorzugen. Um zu verhindern, dass die Tiere im Lie-gen zu weit in die Box „hineinrobben“, werden am Kopfendeder Box Bugschwellen eingesetzt. In der Regel wird eine10 cm bis 20 cm hohe Bugbegrenzung angebracht. Diese sollteabgerundet sein.

In der Liegebox muss der Boden eingestreut oder mit einerAuflage versehen sein, um ausreichenden Tierkomfort zu ge-währleisten und Verletzungen zu vermeiden. Für Mastbullenwerden Hochboxen mit Gummiauflage anerkannter und ge-prüfter Qualität empfohlen. Um das Ablaufen des Harns beimännlichen Tieren zu gewährleisten, sollte ein Gefälle von4 % bis 5 % vorhanden sein. Die Liegefläche befindet sich beiHochboxen etwa 15 cm bis 20 cm über dem Laufgang und istnach hinten üblicherweise nicht begrenzt. Tiefboxen mitStrohmatratze oder Sand sind für männliche Mastrinder aushygienischen Gründen problematisch. Untersuchungen undmittlerweile auch Praxiserfahrungen zeigen, dass bei gutemManagement und optimal gestalteten Boxen die Sauberkeitvon Liegeflächen und Tieren gewährleistet werden kann.

Verkehrsflächen und Durchgänge müssen angemessen di-mensioniert sein (Abbildung 7). Die Breite von Laufgängenmuss für Tiere in der Endmast und für Mutterkühe mindes-tens 2,50 m betragen, insbesondere für horntragende Tierewerden 3,00 m empfohlen. Lauf-Fressgänge müssen mindes-tens 3,50 breit sein, empfohlen werden 4,00 m. Liegeboxen-ställe mit Spaltenboden im Laufbereich sind für Mutterkühemit kleinen Kälbern nur bedingt geeignet. Bei der Umnutzungsolcher Ställe ist zu beachten, dass die Spaltenweite bei Käl-bern bis sechs Monaten nur 2,5 cm bei einer Auftrittsbreitevon mindestens 8 cm betragen darf. In Neubauten sollte derLaufbereich daher für diese Nutzungsart planbefestigt ausge-staltet sein. Es ist zu beachten, dass Kälber auch zu einer Ver-schmutzung der Liegefläche beitragen. Diese muss dann ent-sprechend gepflegt werden.

Tränken, Putzgeräte oder Lecksteine sollten nur dort ange-bracht werden, wo sie den Tierverkehr nicht behindern. Sack-gassen sollten vermieden werden, weil sie keine Ausweich-möglichkeiten für rangniedere Tiere bieten. Bei den Laufflä-chen ist aufgrund des Bewegungsbedürfnisses von jungenBullen (Aufreiten) auf eine rutschsichere Bodengestaltung zuachten, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.

Werden diese Mindestabmessungen in bestehenden Altbau-ten bzw. umgenutzten Milchkuhställen nicht erfüllt, ist eineEinzelfallbeurteilung durch die zuständige Veterinärbehördeerforderlich. Solche Liegeboxenlaufställe können für Mast-tiere weiter genutzt werden, wenn keine haltungsbedingtenSchäden oder Verhaltensabweichungen an den Tieren festzu-stellen sind.

Abbildung 7: Durch Anbau eines Auslaufes und einer Liegeboxenreihean eine übliche Buchtenhaltung lässt sich der Tierkomfort durch zu-sätzliche Bewegungsfläche und Klimareize steigern (Foto: Tierschutz-dienst).

Lebendmasse (kg) mehr als 200

mehr als 300

mehr als 400

mehr als 500

mehr als 650

Länge derLiegefläche (cm) 140 150 185 185 185

Boxenlänge (cm) bei wand-ständigen Boxen 190 210 240 260 265

Boxenbreite (cm) 80 90 100 110 120

Nackenrohr (cm)— Distanz

zum hinterenBoxenende (cm) 130 140 165 175 175

— Höhe überder Liege-fläche (cm) 90 95 100 105 115

Liegeboxenlaufställe stellen eine tiergerechte Alter-native für die Haltung von Mastrindern dar. Für jedes Tier muss mindestens eine Liegebox vorhanden sein, damit alle Tiere gleichzeitig ungestört ruhen können. Die Dimen-sionen der Liegeboxen müssen artgemäßes Aufstehen undAbliegen ermöglichen. Dabei muss die Liegebox so lang sein, dass das Tier in der Box liegen bzw. mit allen Füßen gleichzeitig in physiologischer Haltung darin stehen kann.

Page 17: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

889

7.2 Anbindehaltung Eine dauerhafte Anbindehaltung schränkt die wesentlichen

arteigenen Verhaltensweisen (insbesondere das Bewegungs-,Sozial- und Komfortverhalten) der Rinder erheblich ein. Da-her ist ein solches Haltungssystem für Neubauten nicht mehrzulässig.

Unabhängig von einem noch festzulegenden bundesein-heitlichen Ausstiegsdatum sollten vorhandene Anbindehal-tungen nach Möglichkeit in Laufstallhaltungen umgebautwerden. Wo dies nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwandzu realisieren ist, kann die Anbindehaltung für Masttiere biszum endgültigen Verbot dieser Haltungsform weiterhin beste-hen bleiben, sofern— arttypisches Verhalten, insbesondere bezüglich Abliegen,

Aufstehen und Ruhen der Rinder gewährleistet ist,— haltungsbedingte Schäden/Technopathien (z. B. an Klauen,

Gelenken, Schleimbeuteln, Integument) nicht festzustellensind und

— die im Folgenden aufgeführten Vorgaben erfüllt werden. Als Ausgleich für das Bewegungsdefizit muss zumindest

weiblichen Tieren (Mutterkühe, weibliche Masttiere) entwe-der saisonaler Weidegang während der Vegetationsperiode(im Allgemeinen Mai bis Oktober) oder ganzjährig täglichmindestens zwei Stunden Zugang zu einem Laufhof/ Auslaufoder einer Weide (vgl. Nummer 8.6 — Laufhof/befestigterAuslauf) gewährt werden. Ausnahmen können für extremeWitterungsbedingungen vorübergehend kurzzeitig zugelassenwerden.

Männliche Tiere dürfen maximal sechs Monate ihrer Lebens-zeit angebunden werden. Sie sollten als Jungtiere soweit wiemöglich Weidegang haben.

Infolge fehlender Bewegungsmöglichkeit ist der Klauen-abrieb bei Anbindehaltung oft unzureichend, sodass es beimangelhafter oder fehlender Klauenpflege häufig zur Bildungsog. „Stallklauen“ kommt. Die daraus resultierenden unphy-siologischen Belastungsverhältnisse können zu schwerwie-genden Klauen- und Gelenkerkrankungen führen. Eine regel-mäßige Kontrolle auf Stallklauenbildung muss daher minde-stens vierteljährlich erfolgen. Erforderlichenfalls ist eine fach-gerechte Korrektur der Klauen durchzuführen. Letzteres giltinsbesondere für Mutterkühe.

Anbindevorrichtungen wie Ketten, Halsrahmen oder Rie-men müssen verstellbar, d. h. der Größe des jeweiligen Tie-res individuell anzupassen und im Notfall schnell und ein-fach zu öffnen sein (z. B. wenn ein Tier festliegt). Der ein-wandfreie Sitz der Vorrichtungen muss bei allen Rindern inAnbindehaltung regelmäßig (mindestens einmal wöchentlich)kontrolliert werden, um Verletzungen bis hin zum Einwach-sen und daraus resultierende erhebliche Schmerzen, Leidenund Schäden sicher zu vermeiden. Bei Masttieren bestehtinsbesondere durch das schnelle Wachstum ein erhöhtesRisiko.

Anbinderahmen müssen über ein Gelenk verfügen; starreHalsrahmen sind nicht mehr zulässig, weil sie die Tiere in ihrerBewegungsmöglichkeit unverhältnismäßig stark einschränkenund ein erhöhtes Verletzungsrisiko bergen.

Die Anbindevorrichtung muss dem Tier in Längsrichtunggenügend Bewegungsfreiheit für ein artgemäßes Aufstehenund Abliegen sowie das Zurücktreten zum Koten und Harnenbieten (Abbildung 8).

Abbildung 8: Schematische Darstellung eines Mastbullen in Anbinde-haltung.

Um den Kopfschwung ungehindert ausführen zu können,muss mindestens 80 cm Freiraum vorhanden sein; das giltauch für wandständige Plätze. Senkrecht verlaufende Stützenmüssen so angeordnet sein, dass sie den für den Kopfschwungerforderlichen Freiraum nicht einschränken. Eventuell vor-handene, waagerecht verlaufende Kopfrohre müssen mindes-tens 80 cm über der Standfläche liegen.

Ein zu geringer Freiraum kann zu einer Verlängerung desAufstehvorgangs verbunden mit einer erhöhten Belastung derKarpalgelenke führen. In Extremfällen stehen Rinder bei zugeringem Platzangebot atypisch, d. h. pferdeartig auf.

Die Krippe, insbesondere die tierseitige Krippenwand, solltedas Rind beim Aufstehen, Ruhen und Abliegen nicht behin-dern. Eine flexible Krippenbegrenzung ist vorteilhaft.

Über dem Widerrist müssen mindestens 20 cm Freiraum zuStalleinrichtungen vorhanden sein, damit stehende Tiere einephysiologische Körperhaltung einnehmen und den Kopf auf-recht tragen können. Zudem sollte seitliches Belecken möglichsein. Statisch nicht erforderliche einschränkende Stalleinrich-tungen oberhalb der Rückenlinie der Tiere sind zu entfernen.

Wenn die einzelnen Standplätze durch Trennbügel zum Nach-barstand hin abgegrenzt sind, dürfen diese maximal 70 cmnach hinten in den Stand hineinreichen. Unter Umständenkann es sinnvoll sein, jede zweite Seitenbegrenzung zu entfer-nen, weil sie zwar einerseits das Schrägstellen der Tiere (und da-mit das Blockieren des Nachbarplatzes) verhindern, anderer-seits jedoch den ohnehin geringen Bewegungsspielraum zusätz-lich einschränken. Insgesamt darf das Rind in Anbindehal-tung in seinem Verhalten nicht vom Nachbartier abhängig sein.

Der Einsatz eines Kuhtrainers ist verboten. Eine Fixationdes Schwanzes ist nicht zulässig.

Da in der Anbindehaltung Stand- und Liegefläche identischsind, muss der Boden hier mindestens mit einer Gummiauf-lage ausgestattet sein, die mit geringen Einstreumengen (z. B.Strohmehl) versehen wird. Die Standlänge muss so bemessensein, dass die Tiere bei physiologischer Körperhaltung auchmit den Hinterbeinen auf der Gummiauflage stehen können.Folgende Mindestabmessungen sollten eingehalten werden(Tabelle 4):

Tabelle 4: Mindestabmessungen für die Stand- bzw. Liegeflächein Anbindehaltungen in Abhängigkeit vom Gewicht der Tiere:

Sofern ein Stall über Gitterroste verfügt, muss die Auftritts-breite mindestens 2 cm betragen; der Zwischenraum darf ma-ximal 3,5 cm messen. Sowohl die Kotgrabenkante als auchder Gitterost bergen eine hohe Verletzungsgefahr für Klauen,Sprunggelenke und bei Mutterkühen auch für das Euter. Beimännlichen Tieren sollte die Standfläche ein Gefälle aufwei-sen, damit Harn abfließen kann.

Jedes Tier muss jederzeit Zugang zu mindestens einer funk-tionierenden Selbsttränke haben (siehe Nummer 10 — Wasser-versorgung).

Auch im Anbindestall müssen die Anforderungen an dasStallklima sowie die Beleuchtung (siehe Nummer 11 — Stall-klima) erfüllt sein. Eine gesonderte Unterbringungsmöglich-keit für kranke/verletzte Tiere, d. h. eine Krankenbucht (sieheNummer 8.1 — Krankenbucht) muss in jedem Fall vorhandensein.

© J. Musall

Kopfraum

mindestens 80 cm

Liegefläche

mindestens 165 cm

Seitenabtrennung

maximal 70 cm

mindestens 20 cm

über Widerrist

Nach Möglichkeit: flexible

Krippenbegrenzung.

Für Neubauten ist die Anbindehaltung nicht mehrzulässig. Vorhandene Anbindehaltungen sollten nach Möglichkeit in Laufstallhaltungen umgebaut werden. Wenn dies nicht möglich ist, muss zumindest weiblichen Tieren entweder saisonaler Weidegang während derVegetationsperiode (im Allgemeinen Mai bis Oktober)oder ganzjährig täglich mindestens zwei Stunden Zugang zu einem Laufhof/Auslauf oder einer Weide gewährtwerden.

Männliche Tiere dürfen maximal sechs Monate ihrerLebenszeit angebunden werden. Sie sollten als Jungtiere soweit wie möglich Weidegang haben.

Lebendgewicht (kg) mehr/gleich 300

mehr als 300 bis

400

mehr als 400 bis

650

mehr als 650

Standplatzbreite (cm)

80 90 100 110

Standplatzlänge (cm)

130 145 155 165

Page 18: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

890

8. Besondere Einrichtungen

8.1 KrankenbuchtDie Absonderung schwer erkrankter oder verletzter Mast-

rinder ist notwendig, weil diese Tiere von den Artgenossenhäufig stark drangsaliert werden. Soweit erforderlich, sind un-verzüglich Maßnahmen für die Behandlung zu ergreifen; ggf.muss eine Tierärztin oder ein Tierarzt hinzugezogen werden.Bei aussichtsloser Prognose ist das Tier tierschutzgerecht zutöten.

Unabhängig von der Aufstallungsform ist daher eine geeig-nete Unterbringungsmöglichkeit mit trockener und weicherEinstreu oder Unterlage erforderlich, in der kranke oder ver-letzte Tiere vorübergehend abgesondert werden können. So-fern seuchenhygienische Gründe nicht entgegenstehen, solltesich die Krankenbucht in Sicht- und/oder zumindest Hörweitevon Artgenossen befinden (Abbildung 9). Bei Neubauten istfür je 100 Tiere eine Krankenbucht vorzuhalten. Sie muss aus-reichend groß (mindestens 12 m²) und jederzeit verfügbarsein. Bei Gruppenbuchten müssen für jedes weitere Tier min-destens 4 m² zusätzliche Fläche zur Verfügung stehen. Da er-krankte oder verletzte Tiere häufig bewegungseingeschränktsind, empfiehlt sich ein möglichst ebenerdiger Zugang zurKrankenbucht. Die Futter- und Wasserversorgung ist so sicher-zustellen, dass die Ressourcen auch für beeinträchtigte Tiereerreichbar sind.

Die Reinigung und ggf. Desinfektion der Bucht muss pro-blemlos möglich sein.

Abbildung 9: Separierter Mastbulle in einer Krankenbucht in unmittel-barer Nähe der Artgenossen (Foto: Tierschutzdienst).

8.2 Abkalbebuchten für MutterküheFür Abkalbungen von Mutterkühen im Liegeboxenlaufstall

oder in Anbindehaltungen muss auch bei Altbauten — unab-hängig von der Krankenbucht — für jeweils 30 Mutterküheeine Abkalbebucht bzw. eine entsprechend große eingestreuteSammelbucht vorhanden sein. Die Box muss so groß sein (ca.12 m² bei Einzelbuchten, bei Gruppenbuchten mindestens

8 m² pro Mutterkuh), dass sich die Mutterkuh darin ungehin-dert bewegen sowie drehen kann und auch für geburtshilf-liche Maßnahmen ausreichend Platz vorhanden ist.

Auch für die Laufstallhaltung mit Einstreu wird eine separateAbkalbebucht empfohlen, in der erforderlichenfalls Geburts-hilfe geleistet werden kann.

8.3 FixationsmöglichkeitenFür die Untersuchung oder Behandlung von Mastrindern

oder Mutterkühen muss eine geeignete Fixationsmöglichkeit(z. B. Zwangsstand, Fressgitter mit Fangeinrichtung, Treibe-wagen oder Klauenpflegestand) vorhanden sein, die leicht zuerreichen ist. Die Tiere sollten dabei schonend fixiert und imNotfall schnell wieder freigelassen werden können.

8.4 Verlade-/TreibvorrichtungenBei Neubauten sollten zum Umstallen oder Verladen von

Mastrindern Treibgänge vorhanden sein (Abbildungen 10 und11). Diese baulichen Einrichtungen ermöglichen ein kontrol-liertes und ruhiges Treiben der Mastrinder. Gleichzeitig redu-zieren sie das Unfallrisiko für Mensch und Tier. Der Bodensollte in sich eben, rutschfest und trittsicher sowie leicht zureinigen und zu desinfizieren sein. Die Treibgänge sollten sogestaltet sein, dass die Tiere sich nicht umdrehen können(Breite ca. 80 cm).

Abbildung 10: Beispiel eines in die Bucht integrierten Treibgangs, derdurch Runterschwenken des oberen Gitters (siehe Pfeil) an der Futter-tischseite entsteht (Foto: Tierschutzdienst).

Zusätzlich kann der Treibgang für die Tierkontrolle ge-nutzt und mit einer Waage sowie einer automatischen Tier-erkennung verbunden werden. Rampen erleichtern den Ver-ladevorgang; sie müssen mit einem Seitenschutz versehensein, der geschlossen gestaltet sein sollte, um ein Entweichenoder Abrutschen der Tiere zu verhindern. Sinnvoll ist eineAuflagekante für die Klappe des Transportfahrzeugs.

Abbildung 11: Umschwenkbare Gitter erleichtern den Umgang mitden Tieren beim Einstallen, Umbuchten oder insbesondere beim Aus-stallen (Foto: LWK).

Die Stand- bzw. Liegefläche in der Anbindehaltung muss mindestens mit einer Gummiauflage ausgestattet sein, auf der die Tiere in physiologischer Körperhaltung auch mit den Hinterbeinen stehen können.

Jedes Tier muss jederzeit Zugang zu mindestens einer funktionierenden Selbsttränke haben.

Eine Krankenbucht ist notwendig.

Bei Neubauten ist für jeweils 100 Tiere eine aus-reichend große (mindestens 12 m²) und jederzeit verfüg-bare Krankenbucht mit weicher und trockener Einstreu oder Unterlage vorzuhalten. Bei Gruppenbuchten müssen jedem Tier mindestens 4 m² Fläche zur Verfügung stehen. Die Futter- und Wasserversorgung ist so sicherzustellen, dass die Ressourcen auch für bewegungseingeschränkte Tiere erreichbar sind.

Page 19: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

891

Sind keine Treibgänge vorhanden, können mobile Treib-schilder am Frontlader oder schwenkbare Gatter genutzt wer-den. Treibschilder eignen sich auch für Reparaturarbeiten inder belegten Mastbucht.

Beim Umstallen oder Verladen müssen Mastrinder scho-nend behandelt werden. Gemäß § 3 Nr. 11 TierSchG sind„elektrische Viehtreiber“ grundsätzlich verboten. Ausnahmensind nur im Rahmen der Verladung und auf dem Schlachthofunter bestimmten Bedingungen zulässig (siehe Nummer 14 —Transport).

8.5 Vorrichtungen zur FellpflegeAuch für Mastrinder können in Laufstallhaltungen bei-

spielsweise einfache, vertikal an der Wand angebrachte Bürs-ten für die Fellpflege genutzt werden (siehe Abbildung 12).Dabei ist zu beachten, dass es nicht zu einer erhöhten Verlet-zungsgefahr für die Tiere kommt. Für Mutterkühe haben sichanalog zur Milchkuhhaltung automatische Putzgeräte mit ro-tierenden Bürsten bewährt.

Abbildung 12: An der Wand befestigte Bürste zur Fellpflege in einerMastbullenbucht (Foto: Tierschutzdienst).

8.6 Laufhof/befestigter AuslaufLaufhöfe/Ausläufe sind eingezäunte, befestigte Flächen un-

ter freiem Himmel, ggf. mit Teilüberdachung zur Reduktiondes Regenwasseranfalls (Abbildung 13). Sie bieten Rindernzusätzlichen Raum zur Bewegung und Ausübung ihres Sozi-alverhaltens. Die natürlichen Klimareize, insbesondere dieSonneneinstrahlung, wirken sich positiv auf Gesundheit undWohlbefinden aus. Sofern sie nicht in das Stallbaukonzept in-tegriert sind, sollten Laufhöfe nach Süden ausgerichtet sein.

Abbildung 13: Die Tiere haben jederzeit Zugang zu dem an die Buchtangegliederten Auslauf (Öffnung mit Lamellenvorhang), der den Tie-ren zusätzlich Bewegung und Klimareize bietet (Foto: Tierschutz-dienst).

Durch das Angebot von Tränken, Raufutter und Kratzbürs-ten wird die Attraktivität des Laufhofes/Auslaufes erhöht. Da-für muss das Platzangebot allerdings entsprechend vergrößertwerden.

Der Boden des Laufhofes/Auslaufes sollte unabhängig vonder Witterung möglichst trittsicher, rutschfest und sauber sein.Damit Regenwasser und flüssige Ausscheidungen abfließen,

wird der üblicherweise planbefestigte Laufhofboden mit ei-nem leichten Gefälle (ca. 2 % bis 3 %) versehen. Aus umwelt-schutzrechtlichen Gründen ist das Auffangen kontaminierterFlüssigkeiten zu gewährleisten (vgl. AwSV). Feste Ausschei-dungen müssen regelmäßig entfernt werden. Die Entmistungerfolgt üblicherweise mit Schlepper und Schiebeschild.

Die Einzäunung muss stabil und ausbruchsicher sein, ohneeine Verletzungsgefahr für die Tiere darzustellen. Stachel-draht darf nicht verwendet werden.

In der Anbindehaltung (siehe Nummer 7.2 — Anbindehal-tung) muss zumindest weiblichen Tieren (Mutterkühe, weib-liche Masttiere) als Ausgleich für das Bewegungsdefizit entwe-der saisonaler Weidegang während der Vegetationsperiode (imAllgemeinen Mai bis Oktober) oder ganzjährig täglich mindes-tens zwei Stunden Zugang zu einer Weide oder zu einemLaufhof/Auslauf entsprechend der Milchkuhleitlinie gewährtwerden. Ausnahmen können nur für extreme Witterungsbe-dingungen vorübergehend kurzzeitig zugelassen werden.

Sollten Mutterkühe ganzjährig in Laufstallhaltung gehaltenwerden, muss bei unzureichenden Klimareizen und/odermangelndem Platzangebot zumindest ein Laufhof vergleich-bar der Milchkuhleitlinie zur Verfügung stehen. Für behornteTiere sind in Bezug auf die Abmessungen dabei entsprechendhöhere Werte zu veranschlagen.

Um auch für männliche Masttiere einerseits das Platzange-bot zu erhöhen und andererseits die Haltung durch Umwelt-und Klimareize zu bereichern, kann bei Neu- und Umbautenan die jeweilige Bucht z. B. ein Auslauf angefügt werden. DieTiere können dabei jederzeit frei wählen, in welchem Bereichsie sich aufhalten möchten. Zur Vermeidung von Zugluft imStallgebäude sollte der Durchgang zum Auslauf durch einenLamellenvorhang abgehängt werden (Abbildung 14). DieTrennung der Ausläufe durch mobile Trenngitter ermöglichtbei der Ausstallung die Nutzung der Ausläufe als Treibgang.

Abbildung 14: Ein Lamellenvorhang (rechts) trennt die Bucht vom direktangegliederten Auslauf. Die Tiere können jederzeit frei wählen, ob siesich im Stall oder draußen aufhalten möchten (Foto: K. Reiter).

8.7 Aufsprungschutz In Neubauten oder bei Umbauten von Gebäuden oder Ge-

bäudeteilen, die bisher nicht für die Rinderhaltung genutztwurden, sollte auf bauliche Einrichtungen, die das Aufsprin-gen der Tiere verhindern, verzichtet werden. BegünstigendeFaktoren für ein vermehrtes Aufspringen, wie z. B. mangelndeSättigung, strukturarmes Futter, Nähe zu weiblichen Art-genossen sollten zunächst abgestellt werden. Sollte ein Auf-sprungschutz doch für erforderlich gehalten werden, muss si-chergestellt sein, dass die Mastrinder auch in der Endmast innatürlicher Körperhaltung aufrecht stehen können und min-destens 50 cm Freiraum über dem Widerrist der Tiere vorhan-den ist. Solche Einrichtungen dürfen nur über einemTeilbereich der Bucht angebracht sein (in der Regel reichenein bis zwei Querstangen). Von ihnen darf keine erhöhte Ver-letzungsgefahr ausgehen und sie dürfen nicht unter Strom ge-setzt werden.

In Altbauten können bereits vorhandene bauliche Einrich-tungen dieser Art weiterhin toleriert werden, wenn von ihnenkeine erhöhte Verletzungsgefahr ausgeht und sie nicht unterStrom gesetzt werden. Spätestens zwei Jahre nach Veröffentli-chung dieser Leitlinie sind die o. a. Mindestanforderungen zumAufsprungschutz auch für Altbauten vollständig zu erfüllen.

Page 20: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

892

9. Futterversorgung Fütterungseinrichtungen müssen so beschaffen und ange-

ordnet sein, dass jedem Tier Zugang zu Futter in ausreichen-der Menge und Qualität gewährt wird und dass Verunreini-gungen des Futters sowie Auseinandersetzungen zwischenden Tieren auf ein Mindestmaß begrenzt werden.

Alle Tiere müssen täglich entsprechend ihrem Bedarf mitwiederkäuergerechtem Futter versorgt werden. Dabei mussneben einem ausreichenden Gehalt an strukturierter Rohfaserauch eine ausreichende Mineralstoff-, Spurenelement- undVitaminversorgung sichergestellt sein. Abrupte Futterumstel-lungen sind zu vermeiden.

Fressbereich:Fütterungseinrichtungen müssen so konzipiert sein, dass dieTiere beim Fressen eine bequeme Haltung einnehmen kön-nen; von ihnen darf keine Verletzungsgefahr für die Rinderausgehen (z. B. dürfen keine Technopathien auftreten).

Grundfutter wird gewöhnlich auf einem ein- oder beidseitigzu nutzenden Futtertisch angeboten. Je nach Technik der Fut-tervorlage sollte der Tisch so breit sein, dass das Futter beimVorlegen nicht nachteilig beeinflusst wird (z. B. durch Fahrenüber das Futter). Grundfutter sollte mindestens einmal täg-lich „neu“ angeboten werden, dabei ist zu beachten, dass esnicht zu Erwärmungen des Futters kommt. Um ein „Blank-fressen“ des Futtertroges zu vermeiden (Azidosegefahr!) soll-ten die Futterreste eine Stunde vor der Fütterung ca. 1 %betragen.

Wird das Futter mehrmals über den Tag (z. B. automatisiert)angeschoben, wird den Tieren die Futteraufnahme erleichtert(Abbildung 15). Gleichzeitig können Futterreste reduziert wer-den.

Bei in der Mastrinderhaltung üblicherweise genutzter TMR-Fütterung (Total Mixed Ration) werden Grundfutter undKraftfutter zu einer abgestimmten Ration vermischt und zu-sammen verfüttert. Eine Selektion zwischen verschiedenenKomponenten ist kaum möglich. Es ist sinnvoll, Gruppen zubilden, die entsprechend ihrer Mastphase unterschiedlich zu-sammengesetzte Rationen erhalten.

Werden Grund- und Kraftfutter separat angeboten, ist ausernährungsphysiologischer Sicht darauf zu achten, dassKraftfutter in kleinen Portionen über den Tag verteilt ange-boten wird. Dies kann auch über automatische Fütterungs-systeme erfolgen. Die Azidosegefahr im Pansen reduziertsich; dies führt zu einer besseren Futteraufnahme und -ver-wertung.

Im Laufstall stehen Rinder bei ad-libitum-Fütterung ca. vierStunden pro Tag am Futtertisch, um zu fressen. Die Gestal-tung des Fressplatzes ist deshalb von entscheidender Bedeu-tung für die Gesundheit der Tiere und die insgesamt aufge-nommene Futtermenge.

Abbildung 15: Futteranschiebe-Roboter schieben die Ration nach ein-malig festgelegten Routen mit jeder weiteren Fahrt näher zu den Tie-ren (Foto: Tierschutzdienst).

Da die Rinder am Futtertisch in der Regel nur mit geschlos-senen Vorderbeinen und nicht in Schrittstellung stehen kön-nen, sollte seine Oberfläche ca. 15 cm bis 20 cm höher sein alsdie Standfläche der Tiere. Bei Neubauten sollte die Krippen-kante maximal 50 cm über dem Standflächenniveau liegen,ansonsten besteht die Gefahr, dass der Schluckvorgang insbe-sondere bei kleineren Tieren durch Aufsetzen des Kehlkopfesbeeinträchtigt wird. Erfolgt die Ein- und Ausstallung über denFuttertisch, sollte eine fest installierte Krippenkante so niedrigwie möglich sein. Alternativ können hier z. B. auch heraus-nehmbare Bohlen eingesetzt werden.

Futtertische, die im Freien (Offenstall) angebracht sind,sollten überdacht bzw. mit einem großzügigen Dachüberstandversehen sein, damit das vorgelegte Futter gegen Witterungs-einflüsse geschützt ist.

Die Futtertischoberfläche muss möglichst glatt sein, umeine ungestörte Futteraufnahme sowie eine gründliche Reini-gung des Futtertisches zu ermöglichen. Die regelmäßige Säu-berung des Futtertisches ist unerlässlich.

Als Abgrenzung zum Futtertisch werden in der Mastrinder-haltung häufig ein bis zwei stabile Metallrohre ohne Fress-platzeinteilung genutzt. Dabei sollten die Rohre höhenver-stellbar sein und der Größe der Tiere im Verlauf der Mast re-gelmäßig angepasst werden. Zudem sollte das untere Rohr so-weit Richtung Futtertisch vorgelagert sein, dass die Tiere inphysiologischer Körperhaltung fressen können (siehe Abbil-dungen 16 und 17).

Abildung 16: Ein vorgelagertes Nackenrohr (links) verhindert Druck auf den Nacken während des Fressens (rechts) und optimiert somit die Haltung.Ein leichtes Berühren der Fressgitter beim Fressen ist zu tolerieren.

mindestens 15 bis

20cm

Standfläche Futtertisch

unteres

Metallrohr

vorgelagert

ca. 50 cm mindesten

20cm

ca. 50 cmm

Druck auf den

Nacken

mindestens 15 bis

20cm

Standfläche Futtertisch

mindesten

20cm

ca. 50 cm

Page 21: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

893

Abbildung 17: Beispiele für ein in Richtung Futtertisch vorgelagertes Nackenrohr (Foto links: Tierschutzdienst, Foto rechts: LWK).

Alternativ können Fressgitter mit oder ohne Fangeinrichtungeingesetzt werden. Fressgitter ermöglichen den Tieren ein un-gestörteres Fressen, denn das Verdrängen durch andere Her-denmitglieder wird reduziert. Außerdem tragen sie zur Vermin-derung von Futterverlusten bei. In Wahlversuchen bevorzu-gen Rinder jedoch das „freie Fressen“ am Futtertisch. Da dasBuggelenk über die Klauenspitze nach vorn hinausragt, soll-ten Fressgitter ca. 10 % bis 15 % zum Futtertisch hin geneigtsein. Die Höhe solcher Gitter sollten in der Endmastphase1,20 m bis 1,30 m nicht unterschreiten und die Gitterabständemüssen so weit sein, dass insbesondere auch Endmasttieremit ihrem Kopf noch problemlos zum Futtertisch gelangenkönnen. In Fressgittern mit Fangeinrichtung können die Tiereschonend fixiert werden (z. B. für eine tierärztliche Behand-lung). Für behornte Tiere eignen sich Fressgitter, die oben offensind, wie z. B. Palisadenfressgitter. Die Palisadenhöhe solltedabei das 0,8-fache der Widerristhöhe nicht überschreiten.

Grundsätzlich muss für jedes Tier mindestens ein Fressplatzvorhanden sein. Bei rationierter Fütterung ist daher ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1 : 1 erforderlich. Von diesem Grund-satz kann nur abgewichen werden, wenn Grundfutter ad libi-tum, d. h. zur freien Aufnahme, gefüttert wird und alleGrundfutterkomponenten jederzeit uneingeschränkt zur Ver-fügung stehen (z. B. TMR-Fütterung). Nachschieben bzw. er-neute Futtervorlage müssen dabei so regelmäßig erfolgen, dassGrundfutter ständig vorliegt. Unter diesen Bedingungen kanndas Tier-Fressplatz-Verhältnis auf bis zu 2 : 1 erweitert wer-den. Dies gilt insbesondere für Buchten ab einer Tiefe von5,00 m, die eine Strukturierung in Fress- und Liegebereichaufweisen (siehe Anhang 3) Darüber hinaus sind ggf. Einzel-fallentscheidungen zu treffen.

Für Neubauten ist in der Endmast eine Fressplatzbreite vonmindestens 75 cm erforderlich. Für Altbauten gelten alsRichtwert in diesem Gewichtsabschnitt mindestens 70 cm, so-fern die Tiere beim Fressen ein ungestörtes Verhalten zeigen(siehe Tabelle 5). Sind die Tiere behornt, sollte die Fressplatz-breite entsprechend größer sein.

Tabelle 5: Fressplatzbreiten für Mastrinder in der Gruppen-haltung:

Bei automatischen Fütterungssystemen ist Vorsorge für denFall einer Betriebsstörung zu treffen. Für Haltungseinrichtun-gen, in denen bei Stromausfall eine ausreichende Versorgungder Tiere mit Futter nicht sichergestellt werden kann, mussein Notstromaggregat bereitstehen. Notstromaggregate undAlarmanlagen sind in technisch erforderlichen Abständen aufihre Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Sämtliche automati-schen oder sonstigen mechanischen Einrichtungen, von denenGesundheit und Wohlbefinden der Tiere abhängen, müssenmindestens einmal am Tag überprüft werden.

Fütterung:

Masttiere sollten jederzeit Zugang zu Grundfutter haben, dadies nicht nur wiederkäuergerecht ist, sondern den Tierenauch als Beschäftigungsmaterial dient. In der Endmast wirdje nach Rinderrasse und -typ eine Trockensubstanzaufnahmevon ca. 10 kg pro Tier und Tag veranschlagt. Der Rohfaser-anteil in der Gesamt-Trockenmasse darf in der Endmast 15 %nicht unterschreiten, wobei 2/3 davon „strukturiert“ seinsollten (siehe A n h a n g 5). Ein hoher Anteil an strukturier-ter Rohfaser bewirkt ein intensives Wiederkauen und damiteine ausreichende Speichelbildung. Speichel enthält Puffer-substanzen, welche die im Pansen gebildeten flüchtigenFettsäuren „abpuffern“ und ein Übersäuern (Pansenazidose)verhindern. Häufiges Anschieben erhöht die Futteraufnah-me und vermindert das Risiko einer Pansenazidose zusätz-lich.

durchscnittliches Lebendgewicht 250 bis 449 kg

450 bis 649 kg

mehr/gleich 650 kg

Mindestwerte für Neubauten 55 cm 65 cm 75 cm

Richtwerte für Altbauten 50 cm 60 cm 70 cm

Grundsätzlich muss für jedes Tier mindestens einFressplatz vorhanden sein. Bei rationierter Fütterung ist ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1 : 1 erforderlich. Von diesem Grundsatz kann nur abgewichen werden, wenn Grundfutter ad libitum, d. h. zur freien Aufnahme, gefüttert wird und alle Grundfutterkomponenten jederzeit uneingeschränkt zur Verfügung stehen (z. B. TMR-Fütte-rung). Nachschieben bzw. erneute Futtervorlage müssen dabei so regelmäßig erfolgen, dass Grundfutter ständig vorliegt. Unter diesen Bedingungen kann das Tier- Fress-platz-Verhältnis auf bis zu 2 : 1 erweitert werden. Diesgilt insbesondere für Buchten ab einer Tiefe von 5,00 m(siehe Anhang 3).

Die Oberfläche des Futtertisches sollte ca. 15 cm bis20 cm höher liegen als die Standfläche der Tiere.Für Neubauten ist in der Endmast eine Fressplatz-breite von mindestens 75 cm erforderlich.

Page 22: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

894

Ein höherer Rohfaseranteil in der Ration kann das Risikofür das Auftreten von Schwanzspitzenentzündungen und ag-gressiven Verhaltensweisen reduzieren. Dies kann z. B. durchZulagen von ca. 200 g bis 400 g Heu oder Stroh pro Tier/Tagerreicht werden. Je energetisch hochwertiger die Futterrationgestaltet ist (z. B. sehr gute Maissilagequalität), umso wichti-ger ist eine ausreichende Strukturzulage.

Eine ausgewogene Fütterung ist eine Voraussetzung für ge-sunde und saubere Tiere. Die Zusammensetzung der Futterra-tion beeinflusst die Kotkonsistenz. Erfahrungsgemäß ist insbe-sondere bei der Verwendung von Gummiauflagen im Liegebe-reich ein Grassilageanteil von weniger als 25 % in der Trocken-substanz ratsam, um eine ausreichende Sauberkeit der Mast-rinder zu erhalten.

10. Wasserversorgung

Haltungssysteme müssen mit Tränkeeinrichtungen ausge-stattet sein, die so beschaffen und angeordnet sind, dass jedemRind jederzeit Wasser in ausreichender Qualität zur freienAufnahme (ad libitum) zur Verfügung steht. In Außenklima-ställen sind frostsichere Tränken erforderlich, um diese An-forderungen auch im Winter zu erfüllen. Verunreinigungendes Wassers sind zu vermeiden. Alle Tiere müssen ihrem Be-darf entsprechend uneingeschränkt Wasser verhaltensgerechtaufnehmen (siehe Nummer 5.4 — Wasseraufnahmeverhalten)und ihre ernährungsphysiologischen Bedürfnisse decken kön-nen (Tabelle 6). Dabei müssen die Tränkeeinrichtungen so be-schaffen und angeordnet sein, dass Auseinandersetzungenzwischen den Tieren auf ein Mindestmaß begrenzt werden.

Tabelle 6: Grunddaten zur Wasserversorgung in der Endmastvon Rindern:

3) Der erreichte Wasserdurchfluss ist abhängig von den Leitungsquer-schnitten, dem Druck und der Anzahl der an der Leitung hängenderTränken.

Die aufgenommene Wassermenge hängt direkt vom Trocken-substanzgehalt des Futters (4 l bis 5 l Wasser pro aufgenom-menes Kilogramm Trockensubstanz), der Umgebungstempe-ratur und der Mast- bzw. bei Mutterkühen auch der Milch-leistung ab. Wassernachlauf und Wasservorrat von Selbstträn-ken sind an das Wasseraufnahmevermögen und die Trink-geschwindigkeit des Rindes anzupassen. Dabei sind u. a. dasAlter und die Größe der Tiere zu berücksichtigen (vgl. An-hang 6 Tabellen 1 bis 3). In jedem Fall muss der Wasserdurch-fluss ausreichend sein. Zur Ermittlung der Durchflussleis-tung besteht eine Möglichkeit darin, dass man nach dem„Volllaufenlassen“ der Tränke für eine Minute lang dasVentil betätigt und das überlaufende Wasser auffängt (gemes-sene Wassermenge = Durchflussleistung in l/min). Um denTränkwasserverbrauch als wichtigen Indikator u. a. für dieGesundheit und das Wohlbefinden der Tiere jederzeit kontrol-lieren zu können, empfiehlt sich der Einbau einer Wasseruhr.

Wasserqualität:Tränkwasser muss hygienisch einwandfrei, d. h. sauber (klar),farblos, geruch- und geschmacklos sowie keimarm sein (sieheAn h a n g 7). Nach Möglichkeit sollte es Trinkwasserqualitäthaben. Zur Funktionssicherung der Tränke im Winter ist eineTemperierung des Wassers vorteilhaft (optimal wären 15 °C).

Wird keine öffentliche Wasserversorgung genutzt, muss diegesundheitliche Unbedenklichkeit des Tränkewassers durcheine Analyse vorab überprüft und regelmäßig bestätigt wer-den. Für die toxikologische Bewertung von Tränkwasser gibtes derzeit keine rechtsverbindlichen Grenzwerte. Als Orien-tierung wird auf Anhang III der Verordnung (EG) 183/2005des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. 1. 2005

mit Vorschriften für die Futtermittelhygiene (ABl. EU Nr. L 35S. 1; 2008 Nr. L 50 S. 71); zuletzt geändert durch Verordnung(EU) 2015/1905 der Kommission vom 22. 10. 2015 (ABl. EUNr. L 278 S. 5), sowie den Orientierungsrahmen zur futtermit-telrechtlichen Beurteilung der hygienischen Qualität vonTränkwasser des Bundesministeriums für Ernährung undLandwirtschaft verwiesen (siehe Anhang 7).

Tränkesysteme:Zur Wasserversorgung von Rindern werden üblicherweiseSelbsttränken eingesetzt (Abbildung 18). Je nach Funktions-prinzip unterscheidet man Ventil- und Schwimmertränken.Rinder sind „Saugtrinker“, die bevorzugt von einer freienWasseroberfläche saufen. In der Mastrinderhaltung ermögli-chen Schalentränken am ehesten ein natürliches Saufverhal-ten. Sie können jedoch durch Einkoten verschmutzen.

Abbildung 18: Schalentränken können in der Buchtentrennwand an-gebracht werden und sind somit von Tieren beider Buchten zu bedie-nen. Zusätzlich sind sie vor Beschädigung durch die Tiere geschützt(Foto: Tierschutzdienst).

Die vielfach verwendeten Zapfen- bzw. Beißtränken bietenVorteile hinsichtlich der Hygiene und des Reinigungs- undKontrollaufwandes (Abbildung 19). Sie haben jedoch häufighöhere Wasserverluste zur Folge. Für ältere Masttiere entspre-chen sie nicht dem artgerechten Verhalten. Bei ihrem alleini-gen Einsatz können eine reduzierte Wasseraufnahme undVerhaltensanomalien wie Urintrinken auftreten. Insofern sindsie für Neubauten als alleinige Tränke nicht zulässig.

Abbildung 19: Sofern auch Zapfentränken eingesetzt werden, müssendiese zur Bucht ausgerichtet sein, um einen problemlosen Zugang zugewährleisten. Die Tiere müssen so vor der Zapfentränke stehen kön-nen, dass sie den Zapfen in „bequemer“ Körperhaltung mit dem Maulbedienen können (Foto: Tierschutzdienst).

Pro Bucht müssen Mastrinder in Neubauten Zugang zumindestens zwei Tränken haben. Um eine artgemäße Wasser-aufnahme zu ermöglichen, muss mindestens die Hälfte der er-

Wassermenge (vgl. Anhang 6Tabellen 1 bis 3) 40 bis 70 l/Tier und Tag

Wasseraufnahmevermögen 18 bis 25 l/min

Empfohlene Durchflussleistung bei Schalentränken

in Neubauten3)8 bis 12 l/min

Empfohlene Durchflussleistung bei Zapfentränken3) mehr als 3 l/min

frei verfügbare Wasserfläche bei Schalentränken in Neubauten

mindestens 350 cm2

(ca. 21 cm/Durchschnitt)

Wassereintauchtiefe 3 bis 5 cm

Wasser muss Rindern jederzeit in ausreichenderQualität uneingeschränkt zur freien Aufnahme zur Ver-fügung stehen. Tränkwasser muss hygienisch einwandfrei, d. h. sauber (klar), farblos, geruch- und geschmacklossowie keimarm sein.

Page 23: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

895

forderlichen Tränken pro Bucht als Schalen- oder Trogtränkeausgeführt sein.

Pro Bucht müssen Mastrinder in Neubauten Zugang zumindestens zwei Tränken haben. Um eine artgemäße Wasser-aufnahme zu ermöglichen, muss mindestens die Hälfte der er-forderlichen Tränken pro Bucht als Schalen- oder Trogtränkeausgeführt sein. Bei Einzeltiertränken darf das Tier-Tränke-Verhältnis von 8 : 1 nicht überschritten werden. Bei einer Be-legung mit maximal 16 Tieren pro Bucht ist es demnach aus-reichend, wenn die beiden Tränken in der Buchtenab-trennung angebracht sind und von den Tieren der Nachbar-buchten mit höchstens gleicher Belegdichte mitgenutzt wer-den (siehe A n h a n g 8).

Die Tränken müssen in einem solchen Abstand zueinanderangebracht sein, dass sie nicht gleichzeitig von einem rangho-hen Tier blockiert werden können. Dabei ist es empfehlens-wert, die Tränken in der Buchtenabtrennung so anzubringen,dass sie vom Futtertisch aus auf Funktionsfähigkeit geprüftund erforderlichenfalls gereinigt werden können. Um die Lie-geflächen möglichst trocken zu halten und ruhende Tierenicht zu stören, sollten die Tränken nicht im Liegebereich an-gebracht werden. In Zweiflächen-Tretmistställen werden dieTränken häufig in der Buchtenabtrennung am Übergang vomeingestreuten Liegebereich zum planbefestigten Mistgang an-gebracht; somit können die Tränken nach Abgittern gefahrlosüberprüft und ggf. gereinigt werden (siehe Abbildung 20).

Unabhängig von der Position müssen Tränkeeinrichtungentäglich auf Funktionsfähigkeit und Sauberkeit kontrolliert so-wie bei Bedarf gereinigt werden. Bei Minustemperaturen istdie Kontrollfrequenz ggf. zu erhöhen. Insbesondere bei Au-ßenklimaställen muss durch die Art der Tränke und eine ent-sprechende Isolierung der Leitungen oder Verlegung in frost-freier Tiefe sichergestellt werden, dass eine ausreichendeWasserversorgung auch bei Minusgraden jederzeit gewährleis-tet ist. Gegebenenfalls ist ein Zirkulationssystem oder eineHeizvorrichtung einzubauen.

Für Haltungseinrichtungen, in denen bei Stromausfall eineausreichende Versorgung der Tiere mit Wasser nicht sicher-gestellt werden kann, muss ein Notstromaggregat bereitste-hen. Notstromaggregate und Alarmanlagen sind in technischerforderlichen Abständen auf ihre Funktionsfähigkeit zu über-prüfen.

Um Verschmutzungen der Tränken durch Harn und Kot zuverhindern, haben sich horizontal bewegliche Gummilappenoder Schutzglocken, die über dem Becken angebracht sind so-wie Abweisbügel, bewährt. Letztere stellen zudem eine Siche-rung gegen Beschädigung durch die Tiere dar. Dies kann auchdurch ein Rohr oder eine Platte, die unter dem Becken ange-bracht ist, erreicht werden.

Rinder müssen in artgemäßer Körperhaltung saufen kön-nen. Dazu muss die Höhe der Tränkeeinrichtung dem Alterbzw. der Größe der Tiere angepasst sein (Abbildung 21). Scha-lentränken dürfen dafür nicht zu hoch, Zapfentränken dürfenweder zu hoch noch zu niedrig angebracht werden. Dies kanndurch das Angebot mehrerer Tränken in unterschiedlichenHöhen, durch entsprechendes Umstallen der Tiere oder durchhöhenverstellbare Zapfen erreicht werden. In Einstreuställenist zusätzlich die wachsende Mistmatratze zu berücksichti-gen. Bei Masttieren sollte die Höhe des Wasserspiegels nachder Vormast ca. 60 cm bis 80 cm über der Standfläche liegen.

In Altbauten kann, sofern an den Tieren keine haltungsbe-dingten Schäden auftreten, ein weiteres Tier-Tränke-Verhält-nis als 8 : 1 toleriert werden. Da Zapfentränken als alleinigeTränken nicht zu empfehlen sind, sollten Altbauten spätes-tens fünf Jahre nach Veröffentlichung dieser Leitlinie mitmindestens einer Schalentränke pro Bucht nachgerüstet wer-den. In noch vorhandenen Anbindehaltungen muss jedes Tierjederzeit Zugang zu mindestens einer funktionierenden Selbst-tränke in Schalenform haben (siehe Nummer 7.2 — Anbinde-haltung). (Schweine-)Beißnippel sind für Rinder in keinemFall geeignet und insofern auch in Altbauten als Tränkeein-richtung nicht zu akzeptieren. Sie sind spätestens vor Einstal-lung neuer Tiere in die Bucht zu ersetzen.

Für die Laufstallhaltung von Mutterkühen sind flache Trog-tränken empfehlenswert, die mittels einer Kippvorrichtungoder über einen zentralen Ablauf leicht zu entleeren und zureinigen sind (Achtung: Wasser darf nicht in die Einstreu ab-laufen oder im Winter zu einer Eisbahn gefrieren!). Hier kön-nen mehrere Tiere gleichzeitig saufen. Ein Wasserstand von10 cm ist ausreichend; entscheidend ist ein Nachfluss von ca.40 l/min; bei tieferen Trogtränken, die eine größere Wasser-menge fassen, reichen auch 25 l/min Trogtränken müssen soangebracht werden, dass die Tiere ungehindert Wasser auf-nehmen können und beim Saufen kein Druck auf den Kehl-kopf ausgeübt wird. Werden in der Mutterkuhhaltung aus-schließlich Einzeltiertränken (z. B. Schalentränken) genutzt,sollte das Tier-Tränke-Verhältnis von 8 : 1 im Stall nicht über-schritten werden. Zapfentränken sind für Mutterkühe nichtgeeignet.

Abbildung 20: Beispiel einer beheizbaren Schalentränke, die in der Buchtentrennwand angebracht ist (Foto: Tierschutzdienst).

Tränkeinrichtungen müssen täglich auf Funktionsfähig-keit und Sauberkeit kontrolliert sowie bei Bedarf gereinigt werden. Pro Bucht müssen Mastrinder in NeubautenZugang zu mindestens zwei Tränken haben. Um eineartgemäße Wasseraufnahme zu ermöglichen, muss min-destens die Hälfte der erforderlichen Tränken pro Bucht als Schalen- oder Trogtränke ausgeführt sein. Bei Einzel-tiertränken darf das Tier-Tränke-Verhältnis von 8 : 1 nicht überschritten werden (siehe Anhang 8).

Page 24: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

896

Abbildung 21: Die Beckengröße einer Schalentränke sollte der Größe der Tiere angepasst sein (Foto: Tierschutzdienst)

11. Stallklima Das Stallklima ist durch verschiedene Faktoren gekenn-

zeichnet:— Lufttemperatur,— Luftfeuchte,— Schadgase/Fremdgase,— Staub- und Keimgehalt,— Luftgeschwindigkeit, Luftvolumen, Luftwechselrate,— Licht.

Diese Stallklimafaktoren müssen in einem Bereich gehaltenwerden, der die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tierenicht nachteilig beeinflusst.

Lufttemperatur und Luftfeuchte:Ein für Masttiere „günstiger“ Temperaturbereich liegt zwi-schen 2 °C und 21 °C. Je trockener die Luft, umso höher sinddie Temperaturen, die noch toleriert werden. Steigen dieTemperaturen im Stall über 25 °C, wird die Abgabe über-schüssiger Stoffwechselwärme erschwert. Der hierdurch be-dingte Hitzestress lässt die Tiere weniger fressen und dieMastleistung sinken. Bei ganzjähriger Stallhaltung können zu-sätzliche Maßnahmen wie der Einsatz von Ventilatoren, eineDämmung der Dachflächen oder das Angebot von Laufhöfenden Hitzestress mindern.

Hingegen ist ein gesundes Rind, das entsprechend gefüttertwird und an winterliche Temperaturen ausreichend adaptiertist, in der Lage, seinen Wärmehaushalt bis -15 °C problemlosaufrechtzuerhalten. Dabei ist kein bedeutsamer Rückgang inder Mastleistung zu verzeichnen. Die Stallinnentemperaturkann deshalb selbst im Winter den Außentemperaturen ent-sprechen. Auch bei Mastrindern wirkt sich allerdings dieWärmeleitfähigkeit der Liegefläche direkt auf das Liegeverhal-ten der Tiere aus. Insbesondere Mutterkühe verkürzen beischlechter Isolierung der Liegefläche ihre Ruhe- bzw. Liege-zeiten, um eine erhöhte Wärmeableitung über das Euter zuverhindern.

In Ställen, in denen die Lüftung von einer elektrisch betrie-benen Anlage abhängig ist, müssen ein Notstromaggregat odereine Ersatzvorrichtung und eine Alarmanlage zur Meldung ei-nes solchen Ausfalls vorhanden sein. Bei nicht ortsfesten Not-stromgeneratoren wird eine automatische Notöffnung — z. B.von Fenstern — empfohlen. Notstromaggregate und Alarman-lagen sind in technisch erforderlichen Abständen auf ihreFunktionsfähigkeit zu überprüfen. Der betriebsbedingte Ge-räuschpegel sollte so gering wie möglich gehalten werden.

Die Luftfeuchte wird entscheidend durch die Wasserabgabeder Tiere über die Atemluft mitbestimmt. Durch eine erhöhteAtemfrequenz kann die Wasserabgabe im Sommer deutlichansteigen. Durch hohe Luftfeuchtigkeit wird die isolierendeWirkung des Fells vermindert, sodass vermehrt Körperwärmeabgegeben wird. In Verbindung mit Zugluft kann sich diesnachteilig auf die Gesundheit der Tiere auswirken. Die Kom-bination von hoher Luftfeuchte mit hohen Schadgas- undStaubkonzentrationen begünstigt das Auftreten von Atem-wegserkrankungen. Zu geringe Luftfeuchte (weniger als 40 %)bewirkt das Austrocknen der Schleimhäute und reduziert ihreFilterwirkung, sodass Stäube und Keime vermehrt in dieBronchien gelangen. Ein Hinweis auf zu geringe Luftfeuchte

kann Reizhusten sein. Die Luftfeuchte sollte zwischen 60 %bis 80 % betragen, wobei der Unterschied zwischen Stallin-nen- und Außenluft möglichst gering sein sollte.

Schadgase/Fremdgase:Im Mastrinderstall spielen in erster Linie Ammoniak (NH3),Schwefelwasserstoff (H2S) und Kohlendioxyd (CO2) eine Rolle.Ihre Konzentration hängt neben dem Aufstallungs- und Ent-mistungssystem vom Tierbesatz sowie der Luftaustauschrateund Stalltemperatur ab. Bei höheren Temperaturen nehmendie mikrobiologischen Umsetzungsprozesse in Mist und Güllezu, infolge dessen kommt es zu einer höheren Belastung mitSchadgasen. Einrichtungen zur Lagerung und Aufbereitungder Gülle inner- oder außerhalb des Stalles müssen so geplantund betrieben werden, dass keine gesundheitsschädlichenSchadgaskonzentrationen auf die Tiere einwirken können. InHaltungssystemen mit Einstreu kann die Ammoniakkonzen-tration im Tierbereich durch ausreichenden Stroheinsatz ge-senkt werden. Auch das regelmäßige Abschieben von Lauf-gängen reduziert die Emissionen.

Ammoniak (NH3) hat eine schleimhautreizende Wirkung,die insbesondere im Atmungsapparat mikrobiellen Infektio-nen Vorschub leistet. Gehäuftes Auftreten von Atemwegser-krankungen kann ein Indikator für länger anhaltend erhöhteAmmoniakwerte sein. Bereits ab 10 ppm können bei TierenSchleimhautreizungen sowie eine Schwächung der Immun-abwehr auftreten. Daher soll im Aufenthaltsbereich der Tiereder Ammoniakgehalt der Luft 10 ppm nicht überschreiten; inkeinem Fall dürfen 20 ppm dauerhaft überschritten werden(beim Menschen beginnen bei dieser Konzentration die Au-gen zu tränen). Ammoniakmessungen sollten im Mastrinder-stall auf Nasenhöhe liegender Tiere durchgeführt werden.Beim Homogenisieren der Gülle und Entmisten von Strohstäl-len sind Türen, Tore und Fenster weit zu öffnen, um Schad-gase möglichst schnell aus dem Stall zu entfernen.

Der Kohlendioxidgehalt (CO2) ist einfach zu messen. Weiler direkt mit Tierzahl und Lüftungsintensität korreliert, wirdKohlendioxid als Indikatorgas für die Effektivität der Stalllüf-tung benutzt. Für Rinder soll ein Wert von 3 000 ppm nichtüberschritten werden.

Schwefelwasserstoff (H2S) entsteht in relevanten Mengennur beim Aufrühren von Gülle und kann bei Konzentrationenmehr als 250 ppm zu lebensbedrohlichen Vergiftungen beiMensch und Tier führen (siehe Unfallverhütungsvorschriftender Berufsgenossenschaften). Unter üblichen Haltungsbedin-gungen liegt sein Anteil in der Stallluft in unschädlichen Be-reichen.

Negative Folgen hoher Schad-/Fremdgaskonzentrationen:— Gesundheit und Wohlbefinden der Tiere werden nachhal-

tig beeinträchtigt,— die Leistung der Tiere nimmt ab,— die Gesundheit der Tierhalterin oder des Tierhalters wird

nachhaltig gefährdet,— die Bausubstanz wird geschädigt.

Ziel muss daher eine trockene, helle und zugfreie Haltungs-umgebung mit viel frischer Luft sein. Natürliche Klimareizewie Sonne, Regen und Wind trainieren die Anpassungsfähig-keit und wirken sich positiv auf das Immunsystem aus. Für

Page 25: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

897

Mastrinder empfiehlt sich daher die Haltung in Außenklima-ställen. Bei diesem Haltungssystem sind die Stallwände teil-weise oder fast vollständig geöffnet und die Luft kann mehroder weniger frei zirkulieren. Sie sind grundsätzlich nicht nurfür die Endmast, sondern für alle Altersstufen gut geeignet.Den Tieren muss dabei eine trockene und windgeschützte Lie-gefläche zur Verfügung stehen.

Folgende Richtwerte für die Luftqualität sollten in der Mast-rinderhaltung eingehalten werden (Tabelle 7):

Tabelle 7: Richtwerte für die Luftqualität:

Staub- und Keimgehalt:Hohe Staubgehalte sind vor allem wegen des allergischenPotenzials gefährlich. Außerdem können Staubpartikel einemechanische Schädigung von Haut und Schleimhaut verur-sachen und damit eine Wegbereiterfunktion für andere Er-krankungen haben. Je kleiner die Staubpartikel, umso größerdie potenzielle Schadwirkung, weil ihre Lungengängigkeit zu-nimmt. Technische Stalleinrichtungen können durch hoheStaubbelastungen in ihrer Wirkung erheblich beeinträchtigtwerden (z. B. zugestaubte Windbrechnetze, Ventilatoren, Lüf-tungsschlitze).

Der Stallstaub ist auch Träger von Mikroorganismen undToxinen. Im Vergleich mit anderen Tierarten spielt die Staub-und Keimbelastung in der Mastrinderhaltung jedoch nur eineuntergeordnete Rolle. Das Ausmaß der Staubbelastung wirddabei vorrangig durch das jeweilige Haltungsverfahren sowiedie Betriebshygiene bestimmt. Verfahren mit Einstreu verur-sachen in der Regel eine höhere Staubbelastung als einstreuloseVarianten. Die Verwendung von qualitativ einwandfreiemStroh als Einstreumaterial ist aus tierschutzfachlicher Sichtdaher positiv zu bewerten. In der Tierhaltung darf kein ver-schimmeltes Einstreumaterial verwendet werden, die Einstreumuss entweder regelmäßig gewechselt oder es muss nachge-streut werden.

Insbesondere in Verbindung mit hohem Keimdruck könnenschlechte Stallklimabedingungen zu einer allgemeinen Schwä-chung der Abwehrkräfte und unspezifischen Krankheitssymp-tomen führen. Nach derzeitigem Kenntnisstand können aberkeine Angaben zur Grenze der „gesundheitlichen Unbedenk-lichkeit“ gemacht werden.

Luftgeschwindigkeit, Luftvolumen und Luftwechselrate:Eine Mindestluftrate ist unabhängig von der Aufrechterhal-tung der Stalltemperatur erforderlich, um Kohlendioxid undWasserdampf in ausreichendem Maße nach außen zu trans-portieren und Frischluft zuzuführen.

Bei der Bewertung der Luftgeschwindigkeit sind die verschie-denen Stallformen zu berücksichtigen. Das Lüftungssystemsollte in zwangsbelüfteten Ställen so ausgelegt sein, dass imTierbereich eine Luftgeschwindigkeit von 0,2 m/sec — imSommer 0,6 m/sec — dauerhaft nicht überschritten wird. InOffenställen bzw. frei gelüfteten Ställen ist die Steuerung derLuftgeschwindigkeit schwieriger. Durch die Gebäudeform, dieTopografie, die Lage zur Windrichtung aber auch den Einsatzvon Windnetzen, Space Boards, Jalousien oder Schutz für denLiegebereich kann die Lüftung optimiert werden. In Neubau-ten mit konventioneller Trauf-First-Lüftung sollte die Trau-fenhöhe 3,00 m bis 4,00 m betragen. Die Luftzufuhr erfolgt da-bei über die geöffnete Traufe oder Spaceboards bzw. Jalousien.Die Seitenwände sollten bis zu einer Höhe von ca. 2,00 m ge-schlossenen sein, um den Tieren einen windgeschütztenRückzugsbereich zu bieten. Windschutznetze werden beiTrauflüftung wegen der schnellen Verschmutzung bei Neu-bauten nicht mehr empfohlen.

Zugluft im Aufenthaltsbereich der Tiere muss in allen Hal-tungssystemen vermieden werden. Je punktueller und stärkerder Zugluftstrahl, umso unangenehmer bzw. schädlicher ister für das Tier, insbesondere, wenn es nicht ausweichen kann(z. B. Anbindehaltung). Außerdem hängt die tolerierbare Luft-strömung auch von der Art des Haltungssystems ab (z. B. Au-ßenklimastall oder wärmegedämmter Stall, Feuchtigkeit der

Liegefläche). In Außenklimaställen werden bei hohen Außen-temperaturen auch deutlich höhere Luftgeschwindigkeitengegenüber zwangsbelüfteten Ställen zum Abtransport über-schüssiger Körperwärme von Mastrindern noch gut vertragen.Bei großen Luftvolumina im Stall entsteht auch bei hohenLuftwechselraten nur selten ein „Zugluftgefühl“.

Licht:

Licht ermöglicht nicht nur die visuelle Orientierung der Tiereim Raum, sondern ist für viele biologische Funktionen (z. B.Tagesrhythmik, Fortpflanzungsgeschehen, Stoffwechselakti-vität, Synthese von Vitamin D) essentiell. Natürliches Licht istdabei nicht vollständig durch Kunstlicht zu ersetzen. Insofernist bei Stallhaltung von Rindern für das Wohlbefinden derTiere ein ausreichender Tageslichteinfall erforderlich. DerHell-Dunkel-Wechsel und Schwankungen in der Helligkeit er-höhen außerdem das Reizangebot für die Tiere. Für Neubau-ten ist daher eine Lichteinfallsfläche von mindestens 5 % derBuchtengrundfläche erforderlich. Dabei sollte der Lichteinfallnicht durch benachbarte Gebäude oder Bewuchs einge-schränkt werden.

Bei Altbauten können die Lichtverhältnisse bei ungedämm-ten Dächern z. B. durch den Einbau von Lichtbändern oder-platten im Dach verbessert werden (bei gedämmten Dächernbesteht die Gefahr der Kondenswasserbildung an den Licht-platten). Eine andere Möglichkeit ist der Einbau von hellen,weitmaschigen Gitternetzen in Giebel- oder Seitenwänden.Dunkle Gitternetze und Spaceboards lassen häufig nicht ge-nug Licht in den Stall einfallen.

Rinder sind vorwiegend tagaktiv und besitzen einen Tag-Nacht-Rhythmus. Daher muss die Beleuchtungsstärke im Ak-tivitätsbereich der Rinder bei Stallhaltung tagsüber minde-stens 80 Lux (Ein-Ebenen-Messung im Kopfbereich der Tierein Richtung Lichtquelle mit Luxmeter gemäß DIN 5032 derKlasse L, A oder B, flacher Messkopf, Empfehlung FLI 2016)betragen, d. h. jedes Tier muss die Möglichkeit haben, sichtäglich dieser Beleuchtungsstärke auszusetzen. Sofern der Ta-geslichteinfall hierfür nicht ausreicht, muss Kunstlicht zuge-schaltet werden. Diese Vorgabe gilt für Neubauten und Alt-bauten gleichermaßen. Rinder können Farben sehen. Dabeibevorzugen sie Licht mit geringer Farbtemperatur, welchesbeispielsweise durch LED-Lampen mit blauem Spektrum ab-geben wird.

Im Ruhe- bzw. Rückzugsbereich ist eine geringere Lichtin-tensität als 80 Lux ausreichend.

Die Beleuchtungsdauer sollte sich am natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus orientieren (Hellphase mindestens acht Stundentäglich). Unabhängig davon ist das Vorhandensein einer aus-reichenden künstlichen Beleuchtung erforderlich, um jeder-zeit eine Überprüfung der Tiere zu ermöglichen. Während derDunkelphase empfiehlt sich das Einschalten einer Orientie-rungsbeleuchtung.

Die Anpassung an unterschiedliche Lichtverhältnisse istbei Rindern vier- bis fünfmal langsamer als beim Menschen,deshalb sollten Treibgänge einschließlich Transportfahrzeugemöglichst gleichmäßig ausgeleuchtet sein. Ansonsten mussden Tieren ausreichend Zeit für eine Gewöhnung gegebenwerden.

12. Eingriffe

Gemäß § 6 TierSchG ist es grundsätzlich verboten, Körper-teile von Wirbeltieren zu entfernen oder zu zerstören (sog.Amputationsverbot), es sei denn, ein solcher Eingriff ist im Ein-zelfall medizinisch erforderlich (sog. tierärztliche Indikation).Zusätzlich werden im TierSchG bestimmte Ausnahmen vomAmputationsverbot (z. B. Kastration, Enthornen) abschließendgeregelt.

relative Luftfeuchte 60 % bis 80 %

Ammoniakkonzentration weniger/gleich 10 ppm(nur kurzfristig über 20 ppm)

Kohlendioxidkonzentration weniger/gleich 3 000 ppm

Schwefelwasserstoff-konzentration

weniger/gleich 5 ppm

Zugluft im Aufenthaltsbereich der Tiere muss in allen Haltungssystemen vermieden werden. Unabhängig vom Haltungssystem muss den Tieren eine trockene und wind-geschützte Liegefläche zur Verfügung stehen.

Für Neubauten ist eine Lichteinfallsfläche vonmindestens 5 % der Buchtengrundfläche zu fordern. BeiStallhaltung muss die Beleuchtungsstärke im Aktivitäts-bereich der Rinder tagsüber mindestens 80 Lux betragen. Sofern der Tageslichteinfall hierfür nicht ausreicht,muss Kunstlicht zugeschaltet werden. Die Beleuchtungs-dauer sollte sich am natürlichen Tag-Nacht-Rhythmusorientieren (Hellphase mindestens acht Stunden täglich).

Page 26: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

898

Eingriffe, die mit Schmerzen verbunden sind, dürfen anWirbeltieren grundsätzlich nur unter Betäubung vorgenom-men werden. Die Betäubung bei Rindern muss eine Tierärztinoder ein Tierarzt durchführen. Ausnahmen von diesem Be-täubungsgebot werden im TierSchG ebenfalls abschließendgeregelt. Ist demnach eine Betäubung im Einzelfall nicht erfor-derlich, müssen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, umSchmerzen und Leiden der Tiere zu vermindern. Dazu zählt,dass— die durchführende Person über die erforderlichen Kennt-

nisse und Fähigkeiten verfügt,— der Eingriff optimal vorbereitet wird,— das Tier sediert und sorgfältig fixiert ist,— ggf. geeignetes Hilfspersonal zur Verfügung steht,— die Instrumente geeignet, funktionstüchtig und hygienisch

einwandfrei sind,— der Eingriff so zügig wie möglich durchgeführt wird,— das Tier Schmerzmittel erhält,— eine entsprechende Nachversorgung und Beobachtung des

Tieres sichergestellt sind.Die Anpassung der Tiere an das Haltungssystem durch Am-

putationen ist grundsätzlich abzulehnen.

12.1 EnthornungDas Entfernen bzw. Zerstören der Hornanlage darf bei Käl-

bern bis zu einem Alter von sechs Wochen ohne Betäubungerfolgen, sofern es für die vorgesehene Nutzung des Tieres zuseinem Schutz oder zum Schutz anderer Tiere unerlässlichist. Wird die Hornanlage mittels Brennen zerstört, dürfen nurspeziell für diesen Eingriff konzipierte thermische Enthor-nungsgeräte verwendet werden. Ätzstifte oder -pasten sindarzneimittelrechtlich nicht zugelassen. Ihre Verwendung istdarüber hinaus aufgrund der Verletzungsgefahr, insbesondereder Augen, tierschutzwidrig.

Sowohl das chirurgische Entfernen der Hornanlage als auchdas Brennverfahren stellen operative Maßnahmen dar, die fürdas betroffene Tier mit Schmerzen verbunden sind und beimunbetäubten Kalb erfahrungsgemäß erhebliche Abwehrreak-tionen auslösen. Aus tierschutzfachlicher Sicht sollte deshalbauch bei Kälbern unter sechs Wochen eine Betäubung erfol-gen.

In jedem Fall sind eine Sedation sowie eine Schmerzmittel-gabe erforderlich (siehe A n h a n g 9). Es ist die schonendsteMethode zum Zerstören der Hornanlage anzuwenden („Ring-brennen“).

Bei Rindern über sechs Wochen ist das Entfernen des Hor-nes nur aufgrund einer tierärztlichen Indikation zulässig (z. B.Hornzapfenbruch, abnormes Hornwachstum mit der Gefahrdes Einwachsens der Hornspitze). Für einen solchen Eingriffist eine Betäubung zwingend erforderlich, die nur von einerTierärztin oder einem Tierarzt durchgeführt werden darf.

Ein geringfügiges Abschleifen der Hornspitzen im kompak-ten, nicht pneumatisierten Bereich wird nicht als Teilamputa-tion eingestuft. Eine solche Teilkürzung darf nicht durchAbkneifen erfolgen, da es hierbei zu Quetschungen des an-grenzenden Gewebes kommt. Außerdem ist zu beachten, dasses große individuelle Unterschiede im Ausmaß des schmerz-empfindlichen Bereiches gibt. Wie lang die kompakte, nichtschmerzhafte Hornspitze ist, ist von außen nicht zu erkennen.

12.2 Kürzen des bindegewebigen SchwanzendesIn einigen Mastbetrieben tritt insbesondere bei Spaltenbo-

denhaltung gehäuft das Problem der Schwanzspitzennekroseauf. Ursächlich werden kleine Verletzungen an der Schwanz-spitze, über die Bakterien eindringen, verantwortlich gemacht.Hierdurch entstehen schmerzhafte, ggf. aufsteigende Entzün-dungen, die einen tödlichen Verlauf nehmen können. Risiko-faktoren sind z. B. eine zu hohe Besatzdichte, die unzureichen-de Strukturierung des Futters (Pansenübersäuerung), ein un-günstiges Stallklima (zu hohe Lufttemperatur und Luftfeuchte),feuchte Liegeflächen, Mängel am Spaltenboden oder der Stall-einrichtung sowie ein Räude- oder intensiver Fliegenbefall.

Das Kürzen des Schwanzes fällt unter das grundsätzlicheAmputationsverbot und ist damit nur im Einzelfall aufgrundeiner tierärztlichen Indikation (z. B. schwerwiegende Verlet-zung) zulässig.

Abweichend hiervon kann die zuständige Veterinärbehördedas Kürzen des bindegewebigen Endstückes des Schwanzesvon unter drei Monaten alten männlichen Kälbern mittelselastischer Ringe auf Antrag befristet erlauben, wenn glaub-haft dargelegt wird, dass der Eingriff im Einzelfall für die vor-gesehene Nutzung zum Schutz der Tiere unerlässlich ist. VorErteilung der Ausnahmegenehmigung muss geprüft werden,ob die Erkrankungsrate durch Verbesserungen der Haltungs-bedingungen gesenkt werden kann. Dazu muss die Antragstel-lerin oder der Antragsteller schriftlich bestätigen, dass Schwanz-spitzenentzündungen im (künftigen) Mastbetrieb voraussicht-lich auftreten werden und welche der folgenden Maßnahmendort mindestens ergriffen worden sind, um mögliche Ursachenabzustellen:— Verringerung der Besatzdichte (falls diese bisher noch hö-

her lag, als in dieser Leitlinie in Neubauten gefordert),— Verbesserung des Stallklimas,— Optimierung des Raufutteranteils in der Fütterung,— Ausbesserung bzw. Ersatz schadhafter Teile des Spalten-

bodens,— Einsatz von Gummimatten im Liegebereich bei Haltung

ohne Einstreu,— Bekämpfung von Schadnagern sowie Fliegen und Räude-

milben,— Beseitigung sonstiger Mängel.

Dem Antrag ist eine Bestätigung der bestandsbetreuendenTierärztin oder des bestandsbetreuenden Tierarztes des (künf-tigen) Mastbetriebes über die Richtigkeit der Angaben beizu-fügen.

Eine Ausnahmegenehmigung zum prophylaktischen Kürzendes bindegewebigen Schwanzendes darf erst erteilt werden,wenn trotz nachhaltiger Maßnahmen zur Verbesserung derHaltungsbedingungen die Erkrankungsrate nicht wirksam ge-senkt werden konnte. Das Kürzen des bindegewebigen Schwanz-endes darf nur von einer Person, die die dazu notwendigenKenntnisse und Fähigkeiten besitzt, durchgeführt werden. Da-bei ist zu beachten, dass dies nur mittels elastischer Ringe er-folgen darf und diese ausschließlich auf dem bindegewebigenEndstück und nicht im Bereich der Wirbel aufgesetzt werden.Eine „hohe“ Amputation zwischen oder sogar auf den Wirbel-körpern ist strikt verboten. Für weibliche Rinder ist ein pro-phylaktisches Kürzen des Schwanzes generell nicht zulässig.

12.3 KastrationDie betäubungslose Kastration von männlichen Rindern ist

gemäß den §§ 5 und 6 TierSchG grundsätzlich verboten, es seidenn, die Tiere sind jünger als vier Wochen und weisen keinevon der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichen-den Befunde auf.

Dabei sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Schmer-zen und Leiden der Tiere zu vermindern, d. h. eine Sedationund Schmerzmittelgabe ist erforderlich. Aus tierschutzfachli-cher Sicht sollte zusätzlich eine Lokalanästhesie durch eineTierärztin oder einen Tierarzt erfolgen.

Bei Bullen, die älter als vier Wochen sind, darf der Eingriffnur von einer Tierärztin oder einem Tierarzt unter Lokalanäs-thesie durchgeführt werden, wenn im Einzelfall eine tierärzt-liche Indikation vorliegt. Des Weiteren darf die Tierärztinoder der Tierarzt diesen Eingriff vornehmen, um eine unkon-

Das Entfernen oder Zerstören von Körperteilen ist grundsätzlich verboten (sog. Amputationsverbot). Ein-griffe, die mit Schmerzen verbunden sind, dürfen bis auf Ausnahmen, die im TierSchG abschließend geregelt sind, nur unter Betäubung vorgenommen werden. Die Betäu-bung ist von einer Tierärztin oder einem Tierarzt durch-zuführen.

Zwar dürfen Kälber im Alter von bis zu sechs Wochen rein rechtlich auch ohne Betäubung enthornt werden;aus tierschutzfachlicher Sicht sollte allerdings auch bei diesen Kälbern eine Betäubung erfolgen. In jedem Fallsind eine Sedation sowie eine Schmerzmittelgabe erforder-lich. Es ist die schonendste Methode zum Zerstören der Hornanlage anzuwenden („Ringbrennen“). Rinder über sechs Wochen dürfen nur aufgrund einer tierärztlichenIndikation und unter Betäubung enthornt werden. Dabei ist die Betäubung von einer Tierärztin oder einem Tierarzt durchzuführen.

Das prophylaktische Kürzen des bindegewebigen Schwanzendes ist nur im Einzelfall durch sachkundige Personen mittels elastischer Ringe nach Erteilung einerveterinärbehördlichen Ausnahmegenehmigung zulässig.

Page 27: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

899

trollierte Fortpflanzung zu verhindern oder eine weitere Nut-zung bzw. Haltung des Tieres zu ermöglichen (z. B. Weide-haltung von männlichen Masttieren).

Es ist in jedem Fall verboten, beim Kastrieren elastischeRinge zu verwenden. Ebenso ist das sog. Muchsen verboten.Hierbei wird ein künstlicher Kryptorchismus (Binnenhoden)erzeugt, indem die Hoden Richtung Bauchwand hochgescho-ben werden und der leere Hodensack mit einem Gummiringabgebunden wird.

12.4 Einsatz von Nasenringen sowie weitere Manipulationenim Maul-Nasenbereich

Gemäß § 6 TierSchG ist es grundsätzlich verboten, Körper-teile von Wirbeltieren zu entfernen oder zu zerstören. Allerdingsmüssen bei Zuchtbullen zur Unfallvermeidung spätestens imAlter von zwölf Monaten Nasenringe eingezogen werden (Unfall-verhütungsvorschrift Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft).

Bei Mastrindern gibt es hingegen keine Notwendigkeit zumEinziehen von Nasenringen. Auch der Einsatz von Nasenlip-penringen zur Verhinderung des gegenseitigen Besaugens istunzulässig.

Mutterkühe, die dauerhaft gegenseitiges Besaugen zeigen,sollten von der Zucht ausgeschlossen werden (genetische Kom-ponente).

Tritt vermehrt gegenseitiges Besaugen auf, sollten insbeson-dere die Aufzuchtbedingungen überprüft und ggf. optimiertwerden. Lässt sich dieses Verhalten durch eine Verbesserungder Haltungsbedingungen nicht beseitigen, kann im Einzel-fall bei „Problemtieren“ zum Schutz des besaugten Tieres ein„Saugstoppring“ mit nach außen stehenden Stacheln einge-setzt werden. Dies muss so geschehen, dass nicht mehr als un-vermeidbare Schmerzen und Schäden zugefügt werden.

Manipulationen am Zungenband wie z. B. das Einziehenvon Ringen und/oder das Entfernen von Zungengewebe, umdas Rollen oder Spielen mit der Zunge zu verhindern, sindtierschutzrechtlich verboten.

12.5 KennzeichnungNach der ViehVerkV müssen Rinder spätestens sieben Tage

nach der Geburt bzw. dem Zukauf (Importtiere aus Drittland)individuell und dauerhaft mit zwei amtlichen Ohrmarken ge-kennzeichnet werden.

Die Kennzeichnung muss grundsätzlich so tierschonend wiemöglich durchgeführt werden. Bei der Anwendung von Me-thoden, die mit einer Gewebsschädigung verbunden sind,dürfen dem Tier nicht mehr als unvermeidbare Schmerzenund Schäden zugefügt werden. In jedem Fall darf die Kenn-zeichnung nur von einer sachkundigen Person mittels funkti-onstüchtiger und hygienisch einwandfreier Instrumente durch-geführt werden. Tierschutzrelevante Zustände können sichergeben, wenn die Ohrmarken falsch positioniert sind (z. B.erhöhtes Risiko des Ausreißens, schwere Augenverletzungenbei Kälbern).

Eine Kennzeichnung mittels Kalt-/Gefrierbrand ist tierschutz-rechtlich unzulässig. Hinweis: Seit dem 1. 1. 2017 ist die Durch-führung dieser Kennzeichnung zudem cross compliance-relevant.

13. Umgang mit kranken und verletzten Tieren/Töten von Tieren imlandwirtschaftlichen Betrieb

Die Tierhalterin oder der Tierhalter hat sicherzustellen,dass das Befinden der Tiere bei Stallhaltung mindestens zwei-mal täglich durch direkte Inaugenscheinnahme von einer fürdie Tiere verantwortlichen Person überprüft wird (siehe Num-mer 3 — Tierkontrolle). Dabei vorgefundene tote Tiere sind zuentfernen. Soweit erforderlich, müssen unverzüglich Maß-nahmen für die Behandlung sowie die Absonderung krankerTiere in geeignete Haltungseinrichtungen mit trockener undweicher Einstreu oder Unterlage ergriffen werden (siehe Num-mer 8.1 — Krankenbucht). Nötigenfalls muss eine Tierärztinoder ein Tierarzt für die Behandlung hinzugezogen werden(vgl. § 4 Abs. 1 TierSchNutztV).

Gegebenenfalls ist auch die Tötung kranker oder verletzterTiere zu veranlassen, beispielsweise wenn das Tier an anhal-tenden, erheblichen Schmerzen oder an einer schwerenKrankheit leidet und nach tierärztlichem Urteil keine Aus-sicht auf Heilung besteht. Voraussetzung für die Tötung einesTieres ist, dass nach Tierschutzrecht ein vernünftiger Grundfür diese Entscheidung vorliegt; wirtschaftliche Gründe alleinsind nicht ausreichend. In keinem Fall ist die Tötung eines ge-sunden Tieres zulässig, nur weil es bestimmte Rasse-, Zucht-oder Qualitätsstandards nicht erfüllt.

Ist die Notwendigkeit einer Tötung im Bestand gegeben, sowird diese beim Rind in der Regel durch die Tierärztin oderden Tierarzt mittels Injektion eines zur Tötung zugelassenenArzneimittels durchgeführt.

Nur bei Vorliegen entsprechender theoretischer Kenntnisseund praktischer Fähigkeiten sowie der erforderlichen techni-schen Ausrüstung darf die Tierhalterin oder der Tierhalter dieTötung in seinem Bestand auch selbst durchführen. Für die-sen Fall ist er verpflichtet, Vorkehrungen für eine tierschutz-gerechte Durchführung der Tötung zu treffen. Die Tierhal-terin oder der Tierhalter ist jedoch nicht befugt, ein Tier mit-tels Injektion zu töten.

Die erforderlichen Kenntnisse müssen insbesondere folgendeBereiche umfassen:— die spezifischen rechtlichen Vorgaben,— die Risiken, die mit den einzelnen Betäubungs- und Tötungs-

verfahren verbunden sind,— das im Einzelfall schonendste Verfahren,— geeignete Schutzmaßnahmen zur Schmerz- und Leidens-

vermeidung,— Anzeichen einer Fehlbetäubung und— die Überwachung von Lebenszeichen.

Als erforderliche Fähigkeiten werden praktische Erfahrungund das Geübt-Sein in der jeweiligen Methode verlangt.

Der Tötung muss grundsätzlich immer eine Betäubung vor-ausgehen. Als eine rechtlich zulässige Betäubungsmethodefür Rinder steht der Tierhalterin oder dem Tierhalter der Ein-satz eines Bolzenschussgerätes zur Verfügung. Bei der Aus-wahl des Gerätes und der Ladung ist die Größe bzw. dasGewicht des betreffenden Tieres zu berücksichtigen. Da derBolzenschuss lediglich zur Betäubung des Tieres, nicht aberzum Tod führt, muss unmittelbar anschließend ein Tötungs-verfahren durchgeführt werden.

Das gängigste Tötungsverfahren stellt die Entblutung dar,wobei zu beachten ist, das austretende Blut aufzufangen undüber die Tierkörperbeseitigungsanlage zu entsorgen ist. Dane-ben steht der Rückenmarkszerstörer als weiteres Tötungsver-fahren zur Verfügung. Bei Vorliegen entsprechender Sach-und Fachkenntnisse sowie einer für die Tierart/-größe passen-den technischen Ausstattung ist als Alternativmethode aucheine Betäubung und Tötung mittels elektrischer Kopf- und an-schließender Herzdurchströmung möglich. Für das Rind istdiese Methode aber in der Praxis wenig etabliert und bedarfzudem einer besonderen Sachkunde, da sie mit erhöhten tier-artspezifischen Risiken verbunden ist. Bezüglich der Metho-den wird auf das Merkblatt Nr. 75 der Tierärztlichen Ver-einigung für Tierschutz e. V. „Töten von Nutztieren durchHalter oder Betreuer“ verwiesen. Nach durchgeführter Betäu-bung und anschließender Tötung des Tieres muss die Tierhal-terin oder der Tierhalter grundsätzlich überprüfen, dass keineLebenszeichen einschließlich Bewegungen am Tier festzustel-len sind. Erst nachdem der Tod sicher festgestellt wurde, dür-fen weitere Maßnahmen am Tierkörper bzw. die Entsorgung,durchgeführt werden.

Hinweis zum Kugelschuss auf der Weide:Der Schuss mit der Feuerwaffe ist gemäß TierSchlV inDeutschland ein nur mit Einwilligung der zuständigen Behördezulässiges Verfahren für Rinder, die ganzjährig auf der Weidegehalten werden. Neben der Genehmigung der Veterinärbe-hörde sind dafür besondere Anforderungen nach Waffen- undOrdnungsrecht zu erfüllen.

14. TransportDie Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates vom 22. 12. 2004

über den Schutz von Tieren beim Transport und damit zu-sammenhängenden Vorgängen (ABl. EU 2005 Nr. L 3 S. 1;

Die Tierhalterin oder der Tierhalter hat sicherzustellen, dass das Befinden der Tiere bei Stallhaltung mindestens zweimal täglich durch direkte Inaugenscheinnahme von einer für die Tiere verantwortlichen Person überprüft wird. Soweit erforderlich, müssen unverzüglich Maßnah-men für die Behandlung sowie die Absonderung kranker Tiere in geeignete Haltungseinrichtungen mit trockener und weicher Einstreu bzw. Unterlage ergriffen werden.

Niemand darf ein Tier ohne vernünftigen Grund töten. Ist die Tötung gerechtfertigt, muss das Tier grundsätzlich vorher betäubt werden. Prinzipiell sollte die Tötung von einer Tierärztin oder einem Tierarzt durchgeführt werden.

Page 28: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

900

2006 Nr. L 113 S. 26; 2017 Nr. L 226 S. 31), geändert durchVerordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments unddes Rates vom 15. 3. 2017 (ABl. EU Nr. L 95 S. 1), ist seit dem5. 1. 2007 i. V. m. der TierSchTrV unmittelbar geltendes Rechtin Deutschland.

Diese Verordnungen enthalten umfassende Bestimmungenzum Schutz von Tieren während des Transportes und geltenfür alle gewerblichen Tiertransporte. Beim Transport eigenerTiere in betriebseigenen Fahrzeugen über eine Entfernungvon weniger als 50 km ab Hof müssen Landwirtinnen undLandwirte nur die allgemeinen Transportbedingungen einhal-ten. Dazu muss jede oder jeder, die oder der Tiere befördernwill, in angemessener Weise geschult oder fachlich qualifi-ziert sein. Dies bedeutet, wer mit Tieren im Rahmen desTransportes umgeht, muss die notwendigen Kenntnisse undFähigkeiten (Sachkunde) besitzen. Ab einer Distanz von 65 kmist zum Transport von Tieren zusätzlich ein Nachweis überdiese Sachkunde (Befähigungsnachweis) und eine Zulassungals Transportunternehmerin oder Transportunternehmer (Typ I)erforderlich.

Grundsätzlich darf niemand einen Tiertransport durchfüh-ren oder veranlassen, wenn den Tieren dabei Verletzungenoder unnötige Leiden zugefügt werden könnten (siehe Artikel 3der Verordnung [EG] Nr. 1/2005 des Rates). Der Transportmuss sorgfältig vorbereitet werden, und die Beförderungsdau-er ist so kurz wie möglich zu halten. Den Bedürfnissen derTiere ist während der Beförderung Rechnung zu tragen; ggf.muss ihr Befinden auch während des Transportes kontrolliertwerden. Insbesondere muss auf ein ausreichendes Platzange-bot und eine angemessene Standhöhe geachtet werden.

Rinder dürfen nur transportiert werden, wenn sie transport-fähig sind und wenn gewährleistet ist, dass ihnen keine Ver-letzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden. Eine Aus-nahme stellt der Transport verletzter oder kranker Tiere zurtierärztlichen Behandlung dar.

Transportunfähig ist ein Rind dann, wenn es nicht in derLage ist, sich schmerzfrei oder ohne Hilfe zu bewegen. Das be-deutet, dass ein Rind alle vier Gliedmaßen belastet und in derLage ist, die unvermeidbaren Bewegungen des Fahrzeugs aus-zugleichen, ohne dadurch zusätzliche Schmerzen zu erleiden.Transportunfähig sind beispielsweise Rinder mit Gelenks-und Sehnenscheidenentzündungen (diese sind abzugrenzenvon Umfangsvermehrungen der Schleimbeutel im Gliedma-ßenbereich [„Liegebeulen“] sofern diese nicht schmerzhaftsind), festliegende Rinder, Rinder, die nach Ausgrätschennicht oder nur unter starken Schmerzen gehen können, Rin-der mit Gliedmaßen- oder Beckenfrakturen oder anderenFrakturen, die die Bewegung behindern oder starke Schmer-zen verursachen, Rinder mit großen, tiefen Wunden oder star-ken Blutungen sowie Rinder mit stark gestörtem Allgemein-befinden. Sie sind weiterhin nicht transportfähig, wenn sienicht aus eigener Kraft ohne schmerzhafte Treibhilfen in dasTransportmittel gelangen oder abzusehen ist, dass sie diesesaus eigener Kraft nicht wieder verlassen können. Im Zweifels-fall muss die Transportfähigkeit durch eine Tierärztin oder ei-nen Tierarzt festgestellt und bescheinigt werden. Transport-unfähige Rinder dürfen auch nicht zur Schlachtung transpor-tiert werden.

In „normalen“ Tiertransportfahrzeugen dürfen Rinder in-nerhalb Deutschlands zu einem Schlachtbetrieb nicht längerals acht Stunden transportiert werden. Übersteigt die Trans-portdauer acht Stunden, muss das Transportfahrzeug beson-dere Anforderungen an die Ausstattung — entsprechend derFahrzeuge für Langstreckentransporte (mehr als acht Stun-den) — erfüllen (Tränke-, Lüftungssystem, Temperaturüber-wachungssystem, Datenschreiber, Navigationssystem). DieTransportzeit beginnt mit der Verladung des ersten Tieres.

Weibliche Tiere (z. B. Mutterkühe), die sich in fortgeschrit-tenem Trächtigkeitsstadium (90 % und mehr) befinden odervor weniger als sieben Tagen gekalbt haben, dürfen ebenfallsnicht befördert werden. Eine Ausnahme stellt der Transportzur tierärztlichen Behandlung dar. Darüber hinaus ist es zu-lässig, innerhalb des eigenen Betriebes ein eigenes Tier zu des-sen Schutz über eine Distanz von weniger als 50 km zutransportieren (z. B. um eine Mutterkuh einschließlich zufrüh geborenem Kalb von der Weide in den Stall zu holen).Hinweis: Es ist verboten, tragende Rinder im letzten Drittelder Trächtigkeit zum Zweck der Schlachtung abzugeben (§ 4TierErzHaVerbG). Kälber sind erst transportfähig, wenn ihreNabelwunde vollständig verheilt ist. Kälber, die jünger als 14Tage alt sind, dürfen innerhalb Deutschlands nicht transpor-tiert werden; es sei denn, Landwirtinnen und Landwirtetransportieren ihre eigenen Kälber in eigenen Transportmit-

teln über eine Entfernung von weniger als 50 km ab ihrem Be-trieb (§ 10 Abs. 4 der TierSchTrV i. V. m. der Verordnung [EG]Nr. 1/2005 des Rates).

Transportmittel müssen geeignet sein; die Tiere dürfen sichdaran nicht verletzen können, und ihre Sicherheit muss wäh-rend des Transportes gewährleistet sein.

Ordnungsgemäßes und umsichtiges Verladen trägt entschei-dend dazu bei, den Transportstress für die Tiere zu verrin-gern. Hierzu gehören der ruhige Umgang mit den Tieren undder Einsatz geeigneter Verladeeinrichtungen mit Seitenbe-grenzungen und rutschfesten Treibwegen (siehe Nummer 8.4— Verlade-/Treibvorrichtungen). Treibgänge und Transport-fahrzeuge sollten möglichst gleichmäßig ausgeleuchtet sein,da die Anpassung an unterschiedliche Lichtverhältnisse beiRindern vier- bis fünfmal langsamer ist als beim Menschen(siehe Nummer 11 — Stallklima).

Sind die Rinder durch ruhiges Umstallen während der Mast-periode ein entsprechendes „Handling“ gewöhnt, kann diesdie Stressbelastung für die Tiere beim Verladen besondersverringern.

Das Hochheben oder Hochziehen an Kopf, Ohren, Hörnern,Schwanz oder Beinen ist strikt verboten. Auf besonders emp-findliche Körperteile darf kein Druck ausgeübt werden. Eben-so wenig dürfen Tiere getreten oder geschlagen werden.Treibhilfen dürfen keine spitzen Enden haben und nur scho-nend zum Leiten der Tiere verwendet werden. Der Einsatzvon elektrischen Viehtreibern ist nur ausnahmsweise bei ge-sunden, unverletzten, ausgewachsenen Rindern zulässig, wennsie die Fortbewegung verweigern. Dabei dürfen elektrischeViehtreiber nur insoweit und in solchen Abständen angewen-det werden, wie dies zum Treiben der Tiere unerlässlich ist.Die Stromstöße dürfen nur auf der Hinterbeinmuskulatur undnur mit einem Gerät verabreicht werden, das aufgrund seinerBauart die einzelnen Stöße automatisch auf höchstens eineSekunde begrenzt. Sie dürfen nicht wiederholt werden, wenndas Tier nicht reagiert. Voraussetzung für den Einsatz vonViehtreibern ist, dass die Tiere genügend Freiraum zur Vor-wärtsbewegung haben.

Normalerweise dürfen maximal acht ausgewachsene Rin-der in einer Gruppe verladen werden. Bei Querverladung sindpro Gruppe nur sechs ausgewachsene Rinder zulässig (sieheAnlage 2 TierSchTrV). Das Anbinden von Rindern an Hör-nern oder Nasenringen ist nicht zulässig. Behornte und unbe-hornte Tiere müssen getrennt transportiert werden. Dies giltnicht, wenn sie in verträglichen Gruppen aufgezogen und an-einander gewöhnt sind.

Daher sollten Rinder soweit als möglich in ihrer Mastgruppetransportiert werden.

Das Platzangebot für die Tiere auf dem Transportfahrzeugist in Anhang 1 Kapitel VII der Verordnung (EG) Nr. 1/2005des Rates geregelt. So muss beispielsweise Rindern, dieschwerer als 700 kg Körpergewicht sind, auf dem Transport-fahrzeug eine Standfläche von mehr als 1,6 m² zur Verfügungstehen (siehe A n h a n g 10).

Rampen müssen mit einem rutschsicheren Oberflächenbe-lag (z. B. Beschichtung mit einem PVC-Granulat) ausgestattetsein sowie einen übersprungsicheren Seitenschutz aufweisen.Die Rampenneigung darf bei Rindern höchstens 50 % (26°)betragen. Ab 17,6 % (10°) müssen zusätzlich z. B. Querstegevorhanden sein. Die Böden auf dem Transportfahrzeug müs-sen rutschfest, leicht zu reinigen und desinfizieren sein. Käl-ber dürfen nur eingestreut transportiert werden.

Um Verletzungen vorzubeugen und eine natürliche Körper-haltung auch bei Kot- und Harnabsatz zu ermöglichen, ist einAbstand zur Decke und deren Bauteilen von mindestens20 cm über dem Widerrist des größten Rindes einzuhalten.Beim Gruppentransport von geschlechtsreifen männlichenRindern darf die lichte Raumhöhe allerdings 50 cm über demWiderrist nicht überschreiten, um ein Aufspringen zu ver-meiden.

Wer Tiere transportiert, muss die hierfür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten (Sachkunde) besitzen. Rinder dürfen nur transportiert werden, wenn sie transportfähig sind. Im Zweifelsfall muss die Transportfähigkeit durch einen Tierarzt festgestellt und bescheinigt werden. Trans-portunfähige Rinder dürfen auch nicht zur Schlachtung transportiert werden. Ordnungsgemäßes und umsichtiges Verladen sowie ein schonendes Transportieren tragenentscheidend dazu bei, den Transportstress für die Tiere zu verringern.

Page 29: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

901

15. Konzepte für NotfallsituationenBeim Brandschutz ist Vorbeugung von entscheidender Be-

deutung. Insbesondere bauliche Maßnahmen können imErnstfall helfen, Tiere zu retten und den Schaden gering zuhalten. Die Vorschriften der NBauO müssen beachtet werden.Danach müssen bauliche Anlagen grundsätzlich so angeord-net, beschaffen und für die Benutzung geeignet sein, dass derEntstehung eines Brandes sowie der Ausbreitung von Feuerund Rauch vorgebeugt wird. Bei einem Brand müssen die Ret-tung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbei-ten möglich sein (vgl. NBauO).

Anforderungen für Neubauten:— Tragende Wände und Decken müssen unter Berücksichti-

gung ihrer Beschaffenheit, Anordnung und Funktiondurch Bauart und Baustoffe widerstandsfähig gegen Feuersein. Dies gilt auch für Verkleidungen, Kabelisolierungenund Dämmschichten.

— Die Dachhaut muss gegen Witterungseinflüsse genügendbeständig sein. Sie muss gegen Flugfeuer und strahlendeWärme widerstandsfähig sein, soweit nicht der Brand-schutz auf andere Weise gesichert ist. Das Tragwerk derDächer einschließlich des Trägers der Dachhaut muss wi-derstandsfähig gegen Feuer sein.

— In Ställen müssen Ausgänge ins Freie in solcher Anzahl,Höhe und Breite vorhanden sein und sich so öffnen lassen,dass die Tiere bei Gefahr ohne Schwierigkeiten ins Freiegelangen können.

— Elektrische Anlagen müssen den VDE Bestimmungen für„feuergefährdete Betriebsstätten“ entsprechen und dürfennur durch eine Elektorfachfrau oder einen Elektrofach-mann installiert und instand gehalten werden. In regelmä-ßigen Abständen, mindestens jedoch alle zwei Jahre, istdie elektrische Anlage durch eine Sachkundige oder einenSachkundigen auf ihre Betriebssicherheit zu prüfen.

— Zur Brandbekämpfung muss eine ausreichende Wasser-menge entsprechend den örtlichen Gegebenheiten zurVerfügung stehen.

— Feuerlöscheinrichtungen müssen nach Art und Umfangder Brandgefährdung und der Größe des zu schützendenBereichs in entsprechender Anzahl bereitgehalten werden.Feuerlöscher müssen geprüft und zugelassen sein, d. h. siemüssen ein entsprechendes Zulassungskennzeichen tragen.

— Es müssen leicht zu öffnende, von elektrischem Strom un-abhängige Entriegelungssysteme vorhanden sein.

— Installieren und regelmäßige Überprüfung eines geeignetenBlitzschutzes.

— Sofern auf dem Gebäude eine Photovoltaik-Anlage errich-tet werden soll, ist dies der Genehmigungsbehörde mitdem Stallbauantrag mitzuteilen (Achtung: Meldepflichtbei Nachrüstung einer Photovoltaik-Anlage). Dabei sind diejeweils einschlägigen Anforderungen für diese Anlageneinzuhalten. Die Inbetriebnahme der Anlage sollte erst nachSchlussabnahme des Stallgebäudes erfolgen.

Bei alleinstehenden Stallungen können Rauchmelder füreine rechtzeitige Alarmierung der Rettungskräfte sorgen. Häu-figste Todesursache im Brandfall ist die Rauchvergiftung. Da-her ist es hilfreich, wenn die Feuerwehr über spezielleGebläse, sog. Drucklüfter, verfügt, die den Qualm aus denStällen abführen können. Das Tierverhalten im Brandfall ge-staltet sich nach den bestehenden Erfahrungen sehr unter-schiedlich, es reicht von Panik bis scheinbar teilnahmslosemErdulden. Beim Versuch, Tiere zu treiben, sollten — soweitwie möglich — gewohnte Gänge benutzt werden. Unter Um-ständen kann es hilfreich sein, zusätzliche Notausgänge in dieStallwand zu schlagen.

Es sollte ein Feuerwehrplan als Lageplan mit Wasserent-nahmestelle, Zufahrt, Türen und ggf. Brandabschnitten mitdem Bauantrag vorgelegt werden. Darüber hinaus gehendeNotfallplanungen sind im Einzelfall auf Verlangen der Geneh-migungsbehörde zu erstellen. Insbesondere für Großbeständeist es empfehlenswert, gemeinsam mit Feuerwehr und Veteri-närbehörden einen Tierrettungsplan (inklusive Pferchmög-lichkeiten) für Katastrophenfälle auszuarbeiten.

Bei der Planung von Mastrinderställen sollte in hochwas-sergefährdeten Gebieten das mögliche Auftreten von Über-schwemmungen berücksichtigt werden.

16. Weiterführende LiteraturArbeitsgemeinschaft Landtechnik und landwirtschaftlichesBauwesen (ALB) Bayern (1993): Arbeitsblatt Landwirtschaftli-ches Bauwesen-Ställe für Mutterkuhhaltung, ALB BayernArbeitsgemeinschaft Landtechnik und landwirtschaftlichesBauwesen (ALB) Bayern (2010): Haltungsformen für Mastrin-der I-Ställe mit Vollspalten, ALB BayernArbeitsgemeinschaft Landtechnik und landwirtschaftlichesBauwesen (ALB) Bayern (2010): Haltungsformen für Mastrin-der II-Tretmistställe, ALB BayernArbeitsgemeinschaft Landtechnik und landwirtschaftliches Bau-wesen (ALB) Bayern (2014): Planungsdaten für die Rinderhal-tung, ALB BayernBaubriefe Landwirtschaft 46 (2007): Kälber- und Jungviehhal-tung- Aufzucht und Mast, Landwirtschaftsverlag GmbH, Müns-ter-HiltrupBeratungs- und Schulungsinstitut für Tierschutz bei Transportund Schlachtung (BSI) Lehrfilm Kugelschuss: http://www.bsi-schwarzenbek.de/links.htmlBrade, W. und Flachowsky, G. (2007): Rinderzucht und Rind-fleischerzeugung-Empfehlung für die Praxis LandbauforschungVölkenrode FAL Sonderheft 313Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Hy-gienische Qualität von Tränkwasser-Orientierungsrahmen zurfuttermittelrechtlichen Beurteilung: https://www.bmel.de/DE/Tier/Tierernaehrung/ texte/Orientierungsrahmen-Traenkwasser.html;nn=448244Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (2014): Wasserversor-gung für Rinder, DLG-Merkblatt 399Gygax, L., H. Schulze Westerath, J. Kuhlicke und C. Mayer(2004): Liegeverhalten von Mastbullen im Boxenlaufstall: Op-timierung der Liegeboxenabmessungen, KTBL-Schrift 437,Hrsg. Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirt-schaft e.V., S. 51—58Hampel, G. (2014): Fleischrinderzucht und Mutterkuhhaltung,Ulmer Verlag, 5. AuflageHoy, S. (2009): Nutztierethologie, Verlag Eugen Ulmer, Stutt-gart, S. 79—103Kordowitzki, P. (2015): Untersuchungen zum Auftreten derSchwanzspitzennekrose bei Mastbullen, Dissertation Freie Uni-versität BerlinKTBL-Heft 81 (2008): Wasserversorgung in der Rinderhal-tung, Hrsg. Kuratorium für Technik und Bauwesen in derLandwirtschaft e. V.KTBL-Heft 91 (2008): Vorbeugender Brandschutz beim land-wirtschaftlichen Bauen, Hrsg. Kuratorium für Technik undBauwesen in der Landwirtschaft e. V.KTBL-Schrift 507 (2015): Tierschutzindikatoren-Vorschlägefür die betriebliche Eigenkontrolle, Hrsg. Kuratorium für Tech-nik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.KTBL-Sonderveröffentlichung (2016): Tierschutzindikatoren:Leitfaden für die Praxis Rind, Hrsg. Kuratorium für Technikund Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.Landwirtschaftliches Zentrum für Rinderhaltung, Grünland-wirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Würt-temberg (2015): Planungshilfen für den Rinder-Stallbau,LAZBW Rinderhaltung AulendorfMöntenich, B. (2016): Stallbau für Mutterkühe, FleischrinderJournal Nr. 4Niedersächsischer Leitfaden Biosicherheit in Rinderhaltungen(2015)Schulze Westerath, H., T. Meier, J. Kuhlicke, L. Gygax,B. Wechsler, R. Hilty, D. Herzog und Claus Mayer (2006): DerLiegeboxenlaufstall für Mastmunis, FAT-Berichte Nr. 649,Agroscope FAT Tänikon, Eidgenössische Forschungsanstaltfür Agrarwirtschaft und Landtechnik, CH-8356 EttenhausenSiegwart, R., B. Wechsler und L. Gygax (2006): Erhöhung desFlächenangebots für Mastmunis, FAT-Berichte Nr. 652, Agro-scope FAT Tänikon Eidgenössische Forschungsanstalt fürAgrarwirtschaft und Landtechnik, CH-8356 EttenhausenTroxler, J., C. Mülleder, E. Absmanner und E. Kahrer (2004):Alternative Haltungssysteme für die Rindermast unter öster-reichischen Verhältnissen unter besonderer Berücksichtigungvon Betonspaltenböden mit Gummiauflagen, Forschungspro-

Beim Brandschutz ist Vorbeugung von entscheidender Bedeutung. Deshalb müssen bauliche Anlagen grundsätz-lich so angeordnet, beschaffen und für die Benutzung geeignet sein, dass der Entstehung eines Brandes sowie der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird. Beieinem Brand müssen die Rettung von Menschen undTieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sein.

Page 30: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

902

jekt 1447; Institut für Tierhaltung & Tierschutz Veterinärme-dizinische Universität WienTVT-Merkblatt 75 (2018): Töten von Nutztieren durch Halteroder Betreuer, Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V.TVT-Merkblatt 136 (2013): Kugelschuss auf der Weide als Be-täubungs-/Tötungsverfahren zur Schlachtung von Rindern,Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V.Ulbrich, M., M. Hoffmann und W. Drochner (2004): Fütterungund Tiergesundheit, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, S. 25—32

A n h a n g 1zu Nummer 2 — Tierhaltersachkunde

Sachkundeanforderungen an die Tierhalterin oder den TierhalterDie Halterin oder der Halter von Mastrindern, ihre oder seine

Vertreterin oder ihr oder sein Vertreter muss Kenntnisse bzw.Fähigkeiten in folgenden Bereichen besitzen:— bedarfsgerechte Versorgung mit Futter und Wasser,— Grundkenntnisse der Anatomie und Physiologie,— Grundkenntnisse des Verhaltens,— tierschutzrechtliche Vorschriften,— Erhebung und Beurteilung von Tierschutzindikatoren,— sorgsamer Umgang,— Anzeichen von Gesundheitsstörungen, Verhaltensstörungen

oder Stress und mögliche Gegenmaßnahmen,— Umgang, Pflege und Versorgung kranker Tiere einschließ-

lich medizinischer Behandlungen,— Hygiene, Desinfektionsmaßnahmen und andere Methoden,

um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern,— Beurteilung der Transportfähigkeit,— Treiben, Verladen und Transportieren,— Notfallmaßnahmen,— Kennzeichnung der Tiere,— Aufzeichnungen,— Reproduktionsverhalten, Geburtshilfe, Melken (nur Mutter-

kuhhalterinnen und Mutterkuhhalter).

A n h a n g 2zu Nummer 3 — Tierkontrolle/Nummer 4 —

Gesundheitsvorsoge

Tierschutzindikatoren — Empfehlungen für die betrieblicheEigenkontrolle gemäß § 11 Abs. 8 TierSchG

Die Tierhalterin oder der Tierhalter hat durch die Erhebungund Bewertung von Tierschutzindikatoren im Rahmen derbetrieblichen Eigenkontrolle nach § 11 Abs. 8 TierSchG si-cherzustellen, dass die von ihr oder ihm gehaltenen Nutztiereangemessen ernährt, gepflegt und verhaltensgerecht unter-gebracht sind und die Möglichkeit zu artgemäßer Bewegungnicht so eingeschränkt ist, dass den Tieren Schmerzen odervermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden (§ 2TierSchG).

Die folgende Tabelle stellt eine Orientierungshilfe für diebetriebsindividuelle Auswahl geeigneter Tierschutzindikato-ren (= Hinweisgeber auf mögliche Probleme) dar. Die aufge-führten Indikatoren wurden dabei den Anforderungen des § 2TierSchG (angemessene Ernährung und Pflege, verhaltensge-rechte Unterbringung und artgemäße Bewegung), die abge-bildet werden müssen, zugeordnet. Dabei kann ein IndikatorHinweisgeber für mehrere Bereiche sein.

Es wird empfohlen, aus der Liste der hier aufgeführten, di-rekt am Tier zu erfassenden Indikatoren eine betriebsindi-viduelle Auswahl zu treffen, die die Anforderungen des § 2TierSchG wiederspiegeln und diese zeitgleich mindestenszweimal jährlich (z. B. einmal im Sommer und einmal imWinter) auf dem Betrieb zu erheben und zu bewerten. Tierver-

luste sowie tägliche Zunahmen bzw. Nettozunahmen solltenmindestens einmal jährlich ausgewertet werden. Um die An-forderungen nachweislich zu erfüllen, wird eine Dokumenta-tion der erhobenen Befunde einschließlich Bewertung underforderlichenfalls getroffener Maßnahmen empfohlen. Dabeikönnen bereits vorhandene Unterlagen, wie z. B. Bestandsbe-treuungsprotokolle von Tierärztinnen und Tierärzten oder Be-raterinnen und Beratern, die Entsprechendes belegen, Datenaus HIT bzw. ggf. vom Schlachthof zur Erfüllung der Anforde-rungen ebenfalls genutzt werden (Doppelarbeit vermeiden!).

Die gemäß § 4 TierSchNutztV vorgesehenen täglich durch-zuführenden Routinekontrollen von Tieren und Versorgungs-einrichtungen sowie die Erfassung von Antibiotika gemäß § 58AMG bleiben hiervon unberührt.

Tabelle: Tierschutzindikatoren — Empfehlungen für die be-triebliche Eigenkontrolle gemäß § 11 Abs. 8 TierSchG:

*) Nettozunahme = AusschlachtgewichtLebenstage.

Indikator (=Hinweisgeber) Frequenzder Erhebung

und Auswertung

Hinweisgeberfür

Hautveränderungen mindestens 2 mal jährlich

PflegeUnterbringung

Gelenkveränderungen (z. B. Schleimbeutel-veränderungen)

mindestens 2 mal jährlich

ErnährungPflege

Unterbringung

Schwanzspitzen-nekrose

mindestens 2 mal jährlich

PflegeUnterbringung

Körperkondition(insbesondere fürMutterkühe relevant)

mindestens 2 mal jährlich

Ernährung

tägliche Zunahmen/Nettozunahme*)

mindestens 1 mal jährlich

Ernährung

Lahmheit mindestens 2 mal jährlich

ErnährungPflege

Unterbringung

Tierverluste inklusive euthanasierte Fälle

mindestens 1 mal jährlich

ErnährungPflege

Unterbringung

Klauenzustand mindestens 2 mal jährlich

PflegeUnterbringung

Bewegung

Sauberkeit der Tiere mindestens 2 mal jährlich

PflegeUnterbringung

Verhaltensanomalien (insbesondere artge-mäßes Aufsteh- und Abliegeverhalten)

mindestens 2 mal jährlich

Unterbringung

Flächenangebot je Tier in Abhängigkeit vom Körpergewicht (ins-besondere für Altbau-ten relevant)

einmaliges Ausmessen der Buchtengröße

UnterbringungBewegung

Wasserversorgung (Nachflussgeschwindig-keit/Durchflussrate überprüfen; unab-hängig von der täg-lichen Kontrolle auf Funktionsfähigkeit)

mindestens 2 mal jährlich

Ernährung

Einsatz Antibiotika mindestens 2 mal jährlich

(entsprechend gesetzlicherVorgaben)

PflegeUnterbringung

Page 31: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

903

A n h a n g 3

zu Nummer 7.1 — Laufstallhaltung

Beispielskizzenfür die Gestaltung von Buchten

Die Haltungsbedingungen müssen so beschaffen sein, dassjedem Tier Zugang zu einer ausreichenden Menge Futter ge-währt wird. Dieses kann dadurch gewährleistet werden, dassjedem Tier ein Fressplatz zur Verfügung steht (bei rationierterFütterung muss ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1 : 1 einge-halten werden). Davon abweichend ist auch ein weiteres Tier-Fressplatz-Verhältnis möglich. Voraussetzung hierfür ist derEinsatz einer Futtermischung oder entsprechender Technik,sodass eine gleichmäßige, ausgewogene Versorgung der Tieresichergestellt ist. Nachschieben bzw. erneute Futtervorlagemüssen dabei so regelmäßig erfolgen, dass Grundfutter ständigvorliegt. Unter diesen Bedingungen kann das Tier-Fressplatz-Verhältnis auf bis zu 2 : 1 erweitert werden. Dies gilt insbe-sondere für Buchten ab einer Tiefe von 5,00 m, die eine Struk-turierung in Fress- und Liegebereich aufweisen. Darüberhinaus sind ggf. Einzelfallentscheidungen zu treffen.

Die beigefügten Skizzen stellen exemplarisch dar, wie eineBucht strukturiert sein könnte. Die genaue Gestaltung derBuchten ist einzelbetrieblich zu optimieren. Dabei haben dieAufteilung in verschiedene Mastphasen sowie die Gruppen-

größe und insbesondere in Altbauten auch die stallbaulichenRahmenbedingungen Einfluss auf die Buchtengestaltung.

Die Beispiele basieren auf einer Gruppengröße von zwölfTieren. Bei dieser Gruppengröße sind alle dargestellten Vari-anten denkbar und praktikabel umsetzbar. Werden die Grup-pen größer, so ist eher auf eine Tiefbucht und damit auf einweites Tier-Fressplatz-Verhältnis zu setzen. Werden die Grup-pengrößen deutlich kleiner (z. B. weniger als fünf Tiere) so istein engeres Tier-Fressplatz-Verhältnis von ca. 1 : 1 zu bevor-zugen. Je nach Zuschnitt der Gebäude kann die optimale Lö-sung für den Betrieb auch zwischen den dargestellten Lösun-gen liegen.

Insbesondere im Tretmistverfahren haben sich in der Ver-gangenheit auch Stallungen mit einem Tier-Fressplatz-Ver-hältnis von größer 2 : 1 bewährt.

Der große Vorteil der Tiefbucht ist eine bessere Strukturie-rung der Bucht, sodass der Liegebereich zu einer echten Ruhe-zone wird. Dies zeigt sich in der Praxis in einer großen Ruhebei den Tieren.

Beispiele:

Beispiele:

Fressplatz

4,40 m

6,8

2 m

2,7

3 m

3,30 m

9,1

0 m

3,6

5 m

6,60 m

4,5

5 m

1,8

2 m

Page 32: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

904

3,90 m

9,2

3 m

3,0

8 m

Fressplatz

5,20 m

6,9

2 m

2,3

0 m

7,80 m

4,6

2 m

1,5

4 m

9,00 m

4,6

7 m

1,3

4 m

6,00 m

7,0

0 m

2,0

0 m

4,50 m

9,3

3 m

2,6

6 m

Page 33: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

905

A n h a n g 4zu Nummer 7.1 — Laufstallhaltung

Tabelle: Orientierungswerte für unterschiedliche Laufstallsysteme für Mutterkühe:

1) Ohne Kalb.2) Laufgangbreite in Metern (m).

Für behornte Tiere ist ein entsprechend größerer Platzbedarf zu berücksichtigen.

A n h a n g 5zu Nummer 9 — Futterversorgung

Empfohlene Partikellänge in der Gesamtration ermittelt mit der Schüttelbox (modifiziert nach Kordowitzki 2015)

A n h a n g 6zu Nummer 10 — Wasserversorgung

Tabelle 1: Orientierungswerte für den Tränkwasserbedarf vonwachsenden Rindern (Richter, 2007 zitiert nach KTBL Schrift81, 2008):

Tabelle 2: Orientierungswerte für den Tränkwasserbedarf vonMutterkühen (modifiziert nach KTBL Schrift 81, 2008):

StallsystemMerkmal

Einraum-Laufstall Zweiraum-Laufstall Liegeboxen-Laufstall

Tiefstreu Tiefstreu Tretmist

Liegeflächenbedarf für Mutterkühemit Kalb (m²/Tier)

8 6 4,5 2,0 bis 2,51)

Lauffläche (m2/Tier) — 2 2 2,5 bis 3,01)2)

Strohbedarf (kg je Tier und Tag) 6 bis 10 5 bis 7 4 bis 6 0,5 bis 1

Kälberschlupf (m2/Kalb) 1,2 bis 2

Partikellänge (mm) Empfehlung DLG (2001)

EmpfehlungUlbrich (2004)

weniger als 8 40 bis 60 % 45 bis 55 %

8 bis 19 30 bis 50 % 35 bis 45 %

mehr als 19 6 bis 10 % 5 bis 19 %

Weibliche Rinder Lebendmasse Wasserbedarf in l/Tag

50 10

100 13

300 30

500 42

Mastbullen Lebendmasse Wasserbedarf in l/Tag

100 10 bis 15

300 20 bis 35

500 35 bis 60

700 50 bis 70

Mutterkühe Milchleistung Wasserbedarf in l/Tagbei Umgebungstemperatur von:

5 °C 25 °C

Trocken 40 70

15 l/Tag 58 89

Page 34: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

906

Tabelle 3: Beispiele für die Ermittlung des täglichen Tränk-wasserbedarfs bei Mastbullen nach der Schätzgleichung(modifiziert nach KTBL-Schrift Nr. 81, 2008):

A n h a n g 7zu Nummer 10 — Wasserversorgung

Orientierungswerte zur Bewertung der Tränkwasserqualität(eingespeistes und im Verteilersystem befindliches Tränkwasser) i. S. der Futter- und Lebensmittelsicherheit

(modifiziert nach dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und der Deutschen Landwirtschaft-Gesellschaft [2014])

Regressionskoeffizient Beispiel 1 Beispiel 2

+ 0,507 x mittlere Umgebungs-temperatur (°C)

11,2 22,5

+ 1,494 x mittlere Trockenmassen-aufnahme (kg/Tag)

7,7 8,5

– 0,141 x Raufutteranteil (%) 65,5 60,5

+ 0,248 x Trockenmassengehaltdes Raufutters (%)

33,3 38,0

+ 0,014 x mittlere Lebendmasseder Tiere (kg)

380,0 425,0

– 3,85

= Wasserbedarf (l/Tag) 17,7 27,1

Parameter Einheit Orientierungswert für dieEignung von Tränkwasser

Bemerkungen(mögliche Störungen)

Grenzwert fürTrinkwasser nach der Trinkwasserverordnung

Gesamtkeimzahl weniger als 100

Koliforme Keime weniger als 10

E.coli weniger als 1

pH-Wert4) mehr als 5, weniger als 9 Korrosionen im Leitungs-system

6,5 bis 9,5

ElektrischeLeitfähigkeit

µS/cm weniger als 3 000 eventuell Durchfällebei höheren Werten,Schmackhaftigkeit

2 500

Lösliche Salze, gesamt g/l weniger als 2,5

Oxidierbarkeit5) mg/l weniger als 15 Maß für Belastungmit oxidierbaren Stoffen

5

Ammonium (NH4) mg/l weniger als 3 Hinweis auf Verunreinigung 0,5

Arsen (As) mg/l weniger als 0,05 Gesundheitsstörungen,Minderleistung

0,01

Blei (Pb) mg/l weniger als 0,1 0,01

Cadmium (Cd) mg/l weniger als 0,02 0,005

Calcium (Ca)6) mg/l 500 Funktionsstörungen,Kalkablagerungen in Rohren und Ventilen

kein Grenzwertvorhanden

Chlorid (CI-) mg/l weniger als 5002) 250

Eisen (Fe)6) mg/l weniger als 3 Antagonist zu anderenSpurenelementen,Eisenablagerung in Rohren, Biofilmbildung,Geschmacksbeeinflussung

0,2

Fluor (F) mg/l weniger als 1,5 Störungen an Zähnenund Knochen

1,5

Kalium (K) mg/l weniger als 5001) kein Grenzwertvorhanden

Mangan (Mn) mg/l weniger als 4 Ausfällungen im Verteiler-system, Biofilme möglich

0,05

Natrium (Na) mg/l weniger als 5001) 200

Page 35: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

907

4) pH-Wert kleiner als 5: sauer und möglicherweise korrosiv wirkend, Zusatz organischer Säuren kann pH-Wert senken.5) Maß für organische Substanzen im Wasser (weniger als 5 mg/l für eingespeistes Wasser).6) Zusetzen von Leitungen und Nippeltränken.1) Sonstige Tierarten.2) Ruminierende Wiederkäuer.3) Kälber und andere Tierarten.

A n h a n g 8zu Nummer 10 — Wasserversorgung

Beispielskizzen für Tränkeanordnungen in Buchten

Bei Einzeltiertränken darf ein Tier-Tränke-Verhältnis von8 : 1 pro Bucht nicht überschritten werden.

In Neubauten müssen Mastrinder Zugang zu mindestenszwei Tränken pro Bucht haben. Mindestens die Hälfte der er-forderlichen Tränken müssen dabei Schalentränken sein. AlsEinzeltränken können Schalentränken, die in der Buchten-trennwand angebracht sind, zwar nicht zeitgleich von zweiTieren genutzt werden, zählen dennoch als vollwertige Tränke-stelle pro Bucht.

Bei einer empfohlenen Durchflussleistung einer Schalen-tränke von 8 l/min bis 12 l/min und einer täglichen Wasser-aufnahme von durchschnittlich 50 l pro Endmastbulle, isteine solche Tränke durch ein Tier für ca. 5 min pro Tag durchTrinken besetzt. Bei einer Buchtenbelegung von 16 Tieren,wäre die Schalentränke rechnerisch für insgesamt ca. 80 minpro Tag belegt. Allerdings nehmen Rinder ihren Tagesbedarf

an Wasser nicht auf einmal auf, sondern trinken bis zu zehn-mal täglich.

Bei der empfohlenen Durchflussleistung ist es tierschutz-fachlich vertretbar, dass eine Einzelschalentränke, die in derBuchtentrennwand angebracht ist, als vollwertige Tränkestelleangesehen wird. Ist die Durchflussleistung einer Schalentränkejedoch deutlich geringer, erhöht sich die Zeit der Tränkenut-zung um ein Vielfaches und kann z. B. Grund für Unruheund/oder Rangordnungskämpfe sein. Beispielsweise stellenDoppeltränken in der Buchtentrennwand (Beispiele D und E)eine empfehlenswerte Alternative dar und ermöglichen das zeit-gleiche Trinken von zwei Tieren aus benachbarten Buchtenan derselben Tränkestelle.

In Zweiflächenställen mit Schwenkgittern zwischen denBuchten können die Tränken am Übergang der Aktivitätsflä-che zur Liegefläche angebracht werden. Eine gefahrlose Reini-gung der Tränke ist durch Abgattern der Tiere möglich.

Nitrat (NO3-) mg/l weniger als 3002),weniger als 2003)

Risiken für Methämoglobin-bildung, Gesamtaufnahmeberücksichtigen

50

Nitrit (NO2-) mg/l weniger als 30 Risiken für Methämoglobin-bildung, Gesamtaufnahmeberücksichtigen

0,5

Quecksilber (Hg) mg/l weniger als 0,003 allgemeine Störungen 0,001

Sulfat (SO42-) mg/l weniger als 500 abführender Effekt 240

Parameter Einheit Orientierungswert für dieEignung von Tränkwasser

Bemerkungen(mögliche Störungen)

Grenzwert fürTrinkwasser nach der Trinkwasserverordnung

Tier-Tränke-Verhältnis

8 : 1

Tier-Tränke-Verhältnis

8 : 1

Tier-Tränke-Verhältnis

8 : 1

Tier-Tränke-Verhältnis

8 : 1

Tier-Tränke-Verhältnis

8 : 1

Page 36: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

908

A n h a n g 9zu Nummer 12 — Eingriffe

RdErl. des ML vom 15. 12. 2016 zur Enthornung von Kälbern

Tierschutz;Enthornen von Kälbern

RdErl. d. ML v. 15. 12. 2016— 204.1-42507/02-93 (E) —

— VORIS 78530 —

1. Grundsätzlich ist nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Tier-schutzgesetzes das betäubungslose Enthornen von Kälbernunter sechs Wochen nur zulässig, wenn der Eingriff im Einzel-fall für die vorgesehene Nutzung des Tieres zu dessen Schutzoder zum Schutz anderer Tiere unerlässlich ist.

Mit Schmerzen verbundene Eingriffe an Wirbeltieren dür-fen nach § 5 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes nicht ohne Betäu-bung erfolgen, die bei warmblütigen Wirbeltieren von einerTierärztin oder einem Tierarzt durchgeführt werden muss. Inden Fällen, in denen nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 des Tierschutzge-setzes für das Enthornen oder das Verhindern des Hornwachs-tums bei unter sechs Wochen alten Rindern eine Betäubungnicht zwingend gefordert wird, sind dennoch gemäß § 5 Abs. 1Satz 6 des Tierschutzgesetzes alle Möglichkeiten auszuschöp-fen, um die Schmerzen oder Leiden der Tiere zu vermindern.

Nach derzeitigem Wissensstand ist für das betäubungsloseEnthornen von Kälbern unter sechs Wochen die thermischeEnthornung ohne Entfernung des Gewebestücks aus tier-schutzfachlicher Sicht die Methode der Wahl. Dabei ist aufeine ausreichende Brenntemperatur (500 °C, ggf. Vorheizen)und Brenndauer (abhängig vom Alter des Tieres und des Gerä-tes), die richtige Dimensionierung des eingesetzten Geräte-brennkopfs (Umfang, Muldentiefe) sowie dessen regelmäßigeKontrolle und Reinigung (Randschärfe, Verunreinigungen/Brennreste) zu achten. Die gerätespezifische Bedienungsanlei-tung ist unbedingt zu beachten. Der Einsatz geprüfter oder ge-testeter Geräte ist zu bevorzugen.

Enthornen ist bei Rindern jeden Alters ein schmerzhafterEingriff. Der Schmerz, welcher durch den Eingriff des Enthor-nens hervorgerufen wird, ist während und nach dem Enthor-nen sachgerecht zu minimieren.

Vor diesem Hintergrund sind vor dem Eingriff zumindestein Sedativum (z. B. xylazinhaltige Präparate) und ein mindes-

tens 24 Stunden wirksames Schmerzmittel (z. B. meloxicam-haltige Präparate) in ausreichender Menge und hinreichendzeitlichem Abstand (mindestens 10 Minuten bei intramusku-lärer Applikation [xylazinhaltige Präparate], mindestens 20 Mi-nuten bei subkutaner Injektion [meloxicamhaltige Präparate])zu verabreichen. Sofern der Eingriff und die erforderlichenArzneimittelgaben durch die Tierhalterin oder den Tierhaltererfolgen, sollte diese oder dieser ihre oder seine fachliche Ein-weisung in diese Tätigkeiten durch eine tierärztliche Bestäti-gung nachweisen können.

Das betäubungslose Enthornen von Kälbern unter sechsWochen ohne Sedierung und Schmerzmittelgabe ist als Ver-stoß gegen die im Rahmen von Cross Compliance zu beach-tenden Verpflichtungen zu werten (u. a. Vorschriften des Tier-schutzgesetzes i. V. m. Artikel 11 der Richtlinie 2008/119/EGdes Rates vom 18. 12. 2008 über Mindestanforderungen fürden Schutz von Kälbern [ABl. EU 2009 Nr. L 10 S. 7] sowieArtikel 10 Abs. 2 und Nummer 19 des Anhangs der Richtlinie98/58/EG des Rates vom 20. 7. 1998 über den Schutz land-wirtschaftlicher Nutztiere [ABl. EG Nr. L 221 S. 23], geändertdurch Verordnung [EG] Nr. 806/2003 des Rates vom 14. 4. 2003[ABl. EU Nr. L 122 S. 1]).

2. Dieser RdErl. tritt am 12. 1. 2017 in Kraft und mit Ablaufdes 31. 12. 2022 außer Kraft.

Andie Region Hannover, Landkreise, kreisfreien Städteden Zweckverband Veterinäramt JadeWeserNachrichtlich:Andas Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebens-mittelsicherheitdie Tierärztekammer Niedersachsenden Landvolk Niedersachsen — Landesbauernverband e. V.die Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Page 37: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

909

A n h a n g 10

zu Nummer 14 — Transport

Mindestraumangebot für Rinder gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates

Das Raumangebot für den Straßentransport von Rindernmuss mindestens folgenden Werten entsprechen:

Tabelle: Mindestraumangebot für Rinder gemäß Kapitel VIIder Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates:

Bei diesen Ladedichten sind je nach Gewicht und Größe derTiere sowie entsprechend ihrer körperlichen Verfassung, denWitterungsbedingungen und der voraussichtlichen Beförde-rungsdauer Abweichungen möglich. Für trächtige Tiere ist10 % mehr Raum bereitzustellen.

A n h a n g 11

Übergangsfristen für Altbauten

— Spätestens zwei Jahre nach Veröffentlichung der „Tier-schutzleitlinie für die Mastrinderhaltung“ sind die o. a.Mindestanforderungen zum Aufsprungschutz auch fürAltbauten vollständig zu erfüllen (vgl. Nummer 8.7).

— Bestehende Genehmigungen in Altbauten haben grund-sätzlich Bestandsschutz. Dabei ist ein Platzangebot vonweniger als 2,7 m² Gesamtfläche pro Endmastbullen(mehr/gleich durchschnittlich 650 kg) unabhängig von be-stehenden Genehmigungen nach heutigen wissenschaftli-chen Erkenntnissen tierschutzfachlich jedoch nicht mehrvertretbar. Die Gesamtfläche pro Endmastbulle von 2,7 m²muss spätestens zwei Jahre nach Veröffentlichung derTierschutzleitlinie angepasst werden (vgl. Nummer 7.1.1).

— Da Zapfentränken als alleinige Tränken nicht zu emp-fehlen sind, sollten Altbauten spätestens fünf Jahre nachVeröffentlichung der Leitlinie mit mindestens einer Scha-lentränke pro Bucht nachgerüstet werden (vgl. Num-mer 10).

— Die für Neubauten festgelegten Mindestanforderungen fürdas Platzangebot sind spätestens zwölf Jahre nach Veröf-fentlichung der „Tierschutzleitlinie für die Mastrinderhal-tung“ auch in Altbauten einzuhalten. Um eine weitereNutzung vorhandener Buchten zu ermöglichen, kann da-bei allerdings eine differenziertere gewichtsabhängige Ab-stufung der Mastgruppen vorgenommen werden (sieheTabelle 2) (vgl. Nummer 7.1.1).

— Spätestens zwölf Jahre nach Erscheinen der „Tierschutz-leitlinie für die Mastrinderhaltung“ müssen auch in Alt-bauten Liegeflächen weichelastisch und verformbar, z. B.mit Gummiauflage, gestaltet sein und die Mindestgrößeder Liegefläche eingehalten werden (vgl. Nummer 7.1.1).

— Sofern schon vor Veröffentlichung der Leitlinie Liegeflä-chen mit Gummiauflage versehen wurden, verlängert sichdie Übergangsfrist für die in der Tabelle 2 angegebenenMindestmaße für die Liegefläche auf 15 Jahre (vgl. Num-mer 7.1.1).

A n h a n g 12

Teilnehmer Unter-AG Mastrinder

Beratungsring OsnabrückChristian de JoungAm Schölerberg 749082 Osnabrück

Landvolk Niedersachsen Landesbauernverband e. V.Martin LükingWarmbüchenstraße 330159 Hannover

Landwirtschaftskammer NiedersachsenHeidi Meine-SchwenkerMars-la-Tour-Straße 1—1326121 Oldenburg

Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz undLebensmittelsicherheitProf. Dr. Sabine Petermann, Dr. Birte BoyensRöverskamp 526203 Wardenburg

Region Hannover Fachdienst Verbraucherschutz und Veterinär-wesenDr. Michael SchimanskiHildesheimer Straße 2030169 Hannover

Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V. (TVT)PD Dr. Kathrin HerzogGeschäftsstelle der TVT e. V.Bramscher Allee 549565 Bramsche

Impressum:1. Auflage Dezember 2018

Herausgeber:Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaftund VerbraucherschutzCalenberger Straße 230169 [email protected] 120-0

Redaktion:Arbeitsgruppe Rinder des Tierschutzplans Niedersachsen

Autoren:Unterarbeitsgruppe Mastrinder des Tierschutzplans

Bilder:LAVES Tierschutzdienst (Titelbild, Abbildungen 1, 3, 4, 5, 6,7, 9, 10, 12, 13, 15, 17, 18, 19, 20, 21)ITTN, TiHo (Abbildung 2)LWK (Abbildungen 11, 17)K. Reiter (Abbildung 14)

www.ml.niedersachsen.dewww.tierschutzplan.niedersachsen.de

Kategorie UngefähresGewicht (in kg)

Fläche(in m²/Tier)

Zuchtkälber 50 0,30 bis 0,40

mittelschwere Kälber

110 0,40 bis 0,70

schwere Kälber 200 0,70 bis 0,95

mittelgroßeRinder

325 0,95 bis 1,30

ausgewachsene Rinder

550 1,30 bis 1,60

sehr große Rinder mehr als 700 mehr als 1,60

Page 38: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

910

Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser

Änderung der Satzung der „Gundlach Stiftung“

Bek. d. ArL Leine-Weser v. 23. 5. 2019 — 11741-L 13 —

Mit Schreiben vom 23. 5. 2019 hat das ArL Leine-Weser alszuständige Stiftungsbehörde gemäß § 3 NStiftG die beantragteSatzungsänderung der „Gundlach Stiftung“ zur Änderung desStiftungszwecks und zur Änderung des Namens gemäß § 7Abs. 1 und 3 NStiftG genehmigt.

Zweck der Stiftung sind nunmehr die Förderung der Kunstund Kultur, von Wissenschaft und Forschung, die Förderungder Kinder- und Jugendhilfe sowie die Unterstützung hilfs-bedürftiger Personen. Die Förderungen sollen sich im Wesent-lichen auf den Raum Hannover beschränken.

Name der Stiftung ist nunmehr „Gundlach Stiftung – initi-iert von Ursula Hansen“.

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 910

Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr

Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 UVPG;Änderungen der 380-kV-Leitung

Wilhelmshaven—Conneforde

Bek. d. NLStBV v. 21. 5. 2019— P212-05020-17 (Änderung I) —

Die TenneT TSO GmbH hat gemäß § 43 d EnWG i. V. m. § 76Abs. 1 und 3 VwVfG Änderungen an der planfestgestellten380-kV-Leitung Wilhelmshaven—Conneforde bei der NLStBV— Stabsstelle Planfeststellung — beantragt. Die Planung umfasstAnpassungen und Erweiterungen der planfestgestellten tempo-rären Baustelleneinrichtungsflächen sowie temporärer und dau-erhafter Zuwegungen. Die Masten Nummern 39 und 45 werdengeringfügig verschoben und es sind zusätzliche Seilzugflächensowie Flächen zur Aufstellung von Schutzgerüsten vorgesehen,die vorübergehend in Anspruch genommen werden. Die Maß-nahmen umfassen auch die Planungen zum Entwässerungskon-zept für die Errichtung der Masten (temporäre Wasserhaltung).

Im Rahmen der Entscheidung über diesen Antrag wurde ge-mäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 und § 7 Abs. 1 UVPG durcheine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles ermittelt, ob für

das beantragte Vorhaben die Durchführung einer Umweltver-träglichkeitsprüfung erforderlich ist. Diese Vorprüfung an-hand der entscheidungserheblichen Unterlagen hat ergeben,dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die Änderungenan der planfestgestellten 380-kV-Leitung Wilhelmshaven—Conneforde nicht erforderlich ist.

Diese Feststellung wird hiermit bekannt gemacht und ist nach§ 5 Abs. 3 Satz 1 UVPG nicht selbständig anfechtbar. Die Begrün-dung nach § 5 Abs. 2 UVPG kann unter http://www.umwelt.niedersachsen.de und dort über den Pfad „UVP-Kategorien wLeitungsanlagen und vergleichbare Anlagen w Verfahrens-typen w Negative Vorprüfungen w Änderungen der 380-kV-Leitung Wilhelmshaven—Conneforde“ eingesehen werden.

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 910

Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz

Festsetzung der Abmessungendes Hauptdeiches an der Weser

im Verbandsgebiet des I. Oldenburgischen Deichbandes,Landkreis Wesermarsch

Bek. d. NLWKN v. 23. 5. 2019— VI.11-62210-169-001 —

A. Verfügender Teil

Gemäß § 4 Abs. 1 sowie § 30 a Satz 2 NDG i. d. F. vom 23. 2.2004 (Nds. GVBl. S. 83), zuletzt geändert durch Artikel 10 desGesetzes vom 13. 10. 2011 (Nds. GVBl. S. 353), i. V. m. § 1 Nr. 2ZustVO-Deich vom 29. 11. 2004 (Nds. GVBl. S. 549) werdenfür den Hauptdeich entlang der Weser im Verbandsgebiet desI. Oldenburgischen Deichbandes folgende Abmessungen fest-gesetzt:

1. Verlauf des Deiches

Der Verlauf des linken Hauptdeiches entlang der Weser be-ginnt am östlichen Randpfeiler des Huntesperrwerks mitDeich-km 390 + 810 und endet am Ochtumsperrwerk (west-liche Außenkante des Randpfeilers der Schleuse) mit Deich-km 412 + 200. Der Deich hat eine Gesamtlänge von rd. 21,4 km.

Die Kilometrierung entspricht der Kilometrierung des Gene-ralplans Küstenschutz Niedersachsen/Bremen vom März 2007.

Page 39: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

911

2. Höhe des Deiches

Die Bestickhöhen werden wie folgt festgesetzt:

Bei Punkten mit zwei Bestickhöhen ist die niedrigere Seitekonstruktiv an die höhere anzupassen.

Die Ausbauhöhen des Deiches ergeben sich aus den o. g. Be-stickhöhen zusätzlich des Setzungs- und Sackungsmaßes.

Sofern vorhandene Deichhöhen über den Bestickhöhen liegen,bedarf ein eventuell beabsichtigter Rückbau der Zustimmungder zuständigen Deichbehörde.

3. Abmessungen des Deiches

3.1 Folgende Abmessungen werden verbindlich festgelegt,Abweichungen bedürfen der Genehmigung der zuständigenDeichbehörde:

a) Deichkronenbreite: 3,00 m mit einer mittigenBesticküberhöhung von10 cm zur ausreichendenEntwässerung,

b) Neigung der Außenböschung: 1 : 4 oder flacher,

c) Neigung der Binnenböschung: 1 : 3 oder flacher.

Auf folgenden Deichstrecken wird die Sturmflutsicherheitdurch eine Hochwasserschutzwand sichergestellt:

— in Warfleth von Deich-km 400,0 bis Deich-km 400,1,

— in Motzen von Deich-km 401,6 bis Deich-km 402,0,

— in Bardenfleth von Deich-km 402,0 bis Deich-km 403,0 und

— in Lemwerder von Deich-km 407,4 bis Deich-km 408,4.

3.2 Folgende Abmessungen sind anzustreben, Abweichungenaufgrund örtlicher Gegebenheiten sind zulässig:

a) Außendeichberme:

Breite vor dem Deichfuß: ¾ 6,00 m,Neigung: 1 : 10,Höhe der wasserseitigenBermenkante: ¾ 1,50 m über mittlerem

Tidehochwasser,

b) Binnendeichberme:

Breite vor dem Deichfuß: ¾ 6,00 m,Neigung: 1 : 10,Höhe der landseitigenBermenkante: ¾ 0,5 m über mittlerem

Tidehochwasser.

3.3 Bei Bedarf sind folgende Anlagen zu bauen:

a) Treibselräumweg:

Lage des Weges: auf der Außenberme,Höhe des Weges: w 2,0 m bis 2,5 m über

mittlerem Tidehochwasser,

Deich-km Bestickhöhe Ostwert Nordwert Ortsbezeichnung

390 + 810 NHN + 7,40 m

gleichbleibend

32464971 5900031 1 östlicher Randpfeiler des Huntesperrwerks

394 + 080 NHN + 7,40 m

ansteigend auf

32464847 5896854 2 Berne-Ohrt, Treppe Ziegeleiweg

395 + 120 NHN + 7,60 m

gleichbleibend

32465420 5895986 3 Piependamm, Deichtreppe

397 + 380 NHN + 7,60 m

ansteigend auf

32466726 5894167 4 Ranzenbüttel

397 + 550 NHN + 7,80 m

gleichbleibend

32466839 5894062 5 Bundesstraße 74, Übergang Juliusplate

397 + 780 NHN + 7,80 m

NHN + 7,70 m

gleichbleibend

32466936 5893983 6 Bundesstraße 74, Übergang Juliusplate

399 + 620 NHN + 7,70 m NHN + 7,80 m

gleichbleibend

32468166 5892847 7 Warfleth, Deichtreppe

401 + 100 NHN + 7,80 m

NHN + 7,70 m

gleichbleibend

32468625 5892806 8 Hochwasserschutzwand Kirche Warfleth

401 + 200 NHN + 7,70 m

NHN + 7,50 m

gleichbleibend

32469652 5892458 9 Ganspe, Deichtreppe

401 + 600 NHN + 7,50 m

NHN + 8,00 m

gleichbleibend

32470000 5892280 10 Hochwasserschutzwand Motzen Anfang

402 + 040 NHN + 8,00 m

NHN + 7,80 m

gleichbleibend

32470427 5894136 11 Landesstraße 875, Fähre Hochwasserschutzwand Motzen

403 + 000 NHN + 7,80 m

NHN + 7,50 m

gleichbleibend

32471287 5891848 12 Hochwasserschutzwand Bardenfleth Ende

405 + 550 NHN + 7,50 m

NHN + 7,60 m

gleichbleibend

32473290 5891061 13 Lemwerder

412 + 200 NHN + 7,60 m 32476476 5886030 14 Ochtumsperrwerk, westlich der Außenkante des Randpfeilers der Schleuse

Page 40: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

912

Breite: 3,50 m,Quergefälle: ¾ 2,5 %,technische Anforderungenan den Bau: für den Schwerlastverkehr

geeignet,

b) Deichverteidigungsweg:

Lage des Weges: auf der Binnenberme,Breite: 3,50 m,Quergefälle: ¾ 2,5 %,Höhenlage: 0,5 m über mittlerem

Tidehochwasser,technische Anforderungenan den Bau: für den Schwerlastverkehr

geeignet,

c) Deichentwässerungsgräben:

Sohlentiefe: ¾ 0,80 m,Sohlenbreite: ¾ 0,80 m,Böschungsneigung: 1 : 0,5 bis 1 : 2.

3.4 Des Weiteren sind die „Empfehlungen für die Ausfüh-rung von Küstenschutzwerken EAK 2002“ des Fachausschus-ses für Küstenschutzwerke der Deutschen Gesellschaft fürGeotechnik e. V. (DGGT) und der Hafenbautechnischen Ge-sellschaft e. V. in der derzeit geltenden Fassung zu beachten(Quelle: EAK 2002 — Empfehlungen für Küstenschutzwerkedes Kuratoriums für Forschung im Küsteningenieurwesen [DieKüste, 65, EAK 2002 korrigierte Ausgabe 2007]).

4. Grenzen des Deiches

Die wasser- und landseitige Grenze des Deiches verläuft anAbschnitten, an denen ein Deichentwässerungsgraben vorhan-den ist, an der deichabgewandten Böschungsoberkante des Gra-bens; wenn kein Deichentwässerungsgraben vorhanden ist,am Übergang der Deichböschungen in das anstehende Gelände.Schließt der Deichverteidigungsweg direkt an Nachbargrund-stücke an, verläuft die Grenze an der deichabgewandten Seitedes Deichverteidigungsweges.

5. Anlagen

Folgende Anlagen 1 und 2 sind Bestandteil der Festsetzungund werden mitveröffentlicht:

Anlage 1: Übersichtskarte (Maßstab 1 : 50 000),

Anlage 2: Höhendiagramm.

B. Begründung

Gemäß § 4 NDG sind die Abmessungen eines Deiches von deroberen Deichbehörde festzusetzen. Entsprechend der ZustVO-Deich ist der NLWKN für diese Aufgabe zuständig. Dabei istdie Höhe eines Hauptdeiches nach dem zu erwartenden höchs-ten Tidehochwasser unter Berücksichtigung des örtlichen Wel-lenauflaufs zu bestimmen.

Die Höhe der Hauptdeiche an der niedersächsischen Küsteund den einmündenden Flüssen wird vom NLWKN — For-schungsstelle Küste — gutachterlich ermittelt. Zunächst wirdanhand umfangreicher mathematischer Modellierungen derBemessungswasserstand berechnet. Maßgebende Faktoren hier-bei sind das mittlere Tidehochwasser, die maximale Springer-höhung, der maximale Windstau und ein Vorsorgemaß von0,5 m für einen zukünftigen Meeresspiegelanstieg als Folgedes Klimawandels.

Aufbauend auf den Bemessungswasserstand werden danndie Höhen des Wellenauflaufs in der Regel im 50 m Abstandaus mathematischen Modellen der Seegangsberechnung er-mittelt. Hierbei werden die Neigung der Deichaußenböschun-gen sowie die Windrichtung und die Windstärke berücksich-tigt. Aber auch die Morphologie des Deichvorlandes einschließ-lich möglicher Bauwerke kann Einfluss auf die Höhe des Wel-lenauflaufs haben.

Aus der Addition des jeweiligen Bemessungswasserstandesund der zugehörigen Höhe des Wellenauflaufs ergeben sichdie gutachterlichen Deichhöhen, die die Basis für die Festset-zung des amtlichen Deichbesticks nach § 4 Abs. 1 NDG sind.

Um die Bestickhöhen langfristig zu gewährleisten, sind fürden Bau der Deiche die Setzungs- und Sackungsmaße auf diejeweiligen Bestickhöhen zu addieren.

Für den Hauptdeich des I. Oldenburgischen Deichbandessind die Ergebnisse für den Bemessungswasserstand und dieHöhen des Wellenauflaufs in folgendem Gutachten derNLWKN — Forschungsstelle Küste — zusammengefasst:

Dienstbericht Forschungsstelle Küste 9/2003 des NLWKN —Forschungsstelle Küste — „Ergebnisse der Untersuchungenzur Sturmflutsicherheit an der Unterweser“ i. V. m. „Ermitt-lung des rechnerischen Besticks an der Unterweser bei der Be-rücksichtigung des neu festgesetzten Vorsorgemaßes für säku-laren Anstieg und Klimaänderungen“ vom 31. 10. 2007.

Gemäß § 4 Abs. 1 NDG wurde der I. Oldenburgische Deich-band als Träger der Deicherhaltung angehört.

C. Schlussbestimmungen

Diese Festsetzung tritt am 5. 6. 2019 in Kraft. Die „Bestick-festsetzung für den Hauptdeich des I. Oldenburgischen Deich-bandes — Teilstrecke des Weserdeiches vom Hunte-Sperrwerkzum Ochtumsperrwerk“ vom 28. 5. 1979 (ABl. Regierungsbe-zirk Weser-Ems S. 591) tritt mit Ablauf des 4. 6. 2019 außerKraft.

D. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Bestickfestsetzung kann innerhalb eines Mo-nats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. DerWiderspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Nie-dersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten-und Naturschutz, Geschäftsbereich VI, Direktion, Adolph-Kol-ping-Straße 6, 21337 Lüneburg, einzulegen.

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 910

Vorläufige Sicherungdes Überschwemmungsgebietes der Nette

im Landkreis Hildesheim und im Landkreis Goslar

Bek. d. NLWKN v. 5. 6. 2019 — 62023-02-32 —

Der NLWKN hat den Bereich des Landkreises Hildesheimund des Landkreises Goslar, der von einem hundertjährlichenHochwasser der Nette überschwemmt wird, ermittelt und inArbeitskarten dargestellt.

Die Arbeitskarten werden hiermit öffentlich bekannt gemacht.Das Überschwemmungsgebiet ist ab dem Tag nach dieser Bek.nach § 76 Abs. 3 WHG vom 31. 7. 2009 (BGBl. I S. 2585), zu-letzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 4. 12. 2018(BGBl. I S. 2254), i. V. m. § 115 NWG vom 19. 2. 2010 (Nds.GVBl. S. 64), zuletzt geändert durch Artikel 2 § 7 des Gesetzesvom 12. 11. 2015 (Nds. GVBl. S. 307), vorläufig gesichert. Esgelten gemäß § 78 Abs. 6 WHG die Verbote und Genehmi-gungsvorbehalte des § 78 Abs. 1 bis 4 WHG.

Das Überschwemmungsgebiet erstreckt sich auf das Gebietder Gemeinde Holle, der Stadt Bockenem und der Stadt Seesenund ist in den mitveröffentlichten Übersichtskarten (Anlagen 1und 2) im Maßstab 1 : 35 000 dargestellt. Die Arbeitskarten imMaßstab 1 : 5 000 (Blatt 1 bis 7) werden beim

Landkreis Hildesheim,Untere Wasserbehörde,Bischof-Janssen-Straße 31,31134 Hildesheim,

und beim

Landkreis Goslar,Untere Wasserbehörde,Klubgartenstraße 6,38640 Goslar,

Die Anlagen sind auf den Seiten 916—919 dieser Nummer des Nds. MBl. abgedruckt.

Page 41: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

913

aufbewahrt und können ab dem Tag nach dieser Bek. währendder Dienststunden dort kostenlos eingesehen werden. In denArbeitskarten ist die Grenze des nach § 115 Abs. 5 NWG vor-läufig gesicherten Überschwemmungsgebietes mit einer rotenLinie gekennzeichnet; das vom NLWKN ermittelte Überschwem-mungsgebiet selbst ist blau dargestellt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Bek. kann innerhalb eines Monats nach Bekannt-gabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schrift-lich oder zur Niederschrift beim

Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten-und Naturschutz,Betriebsstelle Hannover-Hildesheim,An der Scharlake 39,31135 Hildesheim,

oder beim

Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten-und Naturschutz,Direktion — Geschäftsbereich VI —,Ratsherr-Schulze-Straße 10,26122 Oldenburg,

oder beim

Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten-und Naturschutz,Direktion,Am Sportplatz 23,26506 Norden,

einzulegen.

Hinweis:

Die aktuellen Karten werden nach der Bearbeitung auf der In-ternetseite des NLWKN eingestellt unter: www.nlwkn.nieder-sachsen.de/Hochwasser- & Küstenschutz/Hochwasserschutz/Überschwemmungsgebiete/zu den Überschwemmungsgebiets-karten.

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 912

Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig

Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG;Öffentliche Bekanntmachung

(Electrocycling GmbH, Goslar)

Bek. d. GAA Braunschweig v. 6. 5. 2019— BS 18-159 —

Bezug: Bek. v. 4. 2. 2019 (Nds. MBl. S. 427)

Die Firma Electrocycling GmbH, Landstraße 91, 38664 Gos-lar, hat mit Antrag vom 1. 11. 2018 die Erteilung einer Ände-rungsgenehmigung gemäß § 16 Abs. 1 BImSchG für die Be-triebserweiterung ihrer bestehenden Aufbereitungsanlage fürElektroaltgeräte beantragt. Die bestehende Anlage soll umneue Sortierlinien erweitert und die Lagermenge für gefährli-che Abfälle soll von derzeit 190 t auf 400 t erhöht werden. Au-ßerdem wurde ein Antrag auf Zulassung des vorzeitigenBeginns der Errichtung gemäß § 8 a Abs. 1 BImSchG gestellt.

Der mit Bezugsbekanntmachung festgelegte Erörterungster-min vom

Mittwoch, dem 19. 6. 2019,Stadt Bad Harzburg, Rathaus,

Ratssaal,Forstwiese 5,

38667 Bad Harzburg,

entfällt.

Aufgrund von § 12 Abs. 1 Satz 3 der 9. BImSchV wird dieEntscheidung über den Wegfall des Erörterungstermins öffent-lich bekannt gemacht.

Diese Bek. ist auch im Internet unter http://www.gewerbe-aufsicht.niedersachsen.de und dort über den Pfad „Bekannt-machungen w Braunschweig — Göttingen“ einsehbar.

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 913

Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG;Öffentliche Bekanntmachung

(BS|Energy Braunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG)

Bek. d. GAA Braunschweig v. 21. 5. 2019— BS 18-044 —

Gemäß § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG wird die Entscheidungüber den Antrag der Firma BS|Energy Braunschweiger Versor-gungs-AG & Co. KG, Taubenstraße 7, 38106 Braunschweig, aufErteilung eines Vorbescheides gemäß § 9 BImSchG für dieModernisierung der Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugungdes Heizkraftwerks Mitte, Reiherstraße 3, 38112 Braunschweig,in der Anlage öffentlich bekannt gemacht.

Der vollständige Bescheid und seine Begründung können inder Zeit vom 6. 6. 2019 bis zum 19. 6. 2019 in den folgendenStellen zu den dort angegebenen Zeiten eingesehen werden:

— Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig, Ludwig-Winter-Straße 2, 38120 Braunschweig,

Einsichtmöglichkeit:

montags bis donnerstagsin der Zeit von 8.00 bis 15.30 Uhr,freitags und an Tagenvor Feiertagen in der Zeit von 8.00 bis 14.30 Uhr,und nach telefonischer Vereinbarung unter Tel. 053135476-0;

— Stadt Braunschweig, Abteilung Umweltschutz, Raum 126,Richard-Wagner-Straße 1, 38106 Braunschweig,

Einsichtmöglichkeit:

montags bis donnerstagsin der Zeit von 9.00 bis 13.00 Uhr,freitags in der Zeit von 9.00 bis 12.00 Uhr.

Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auchgegenüber Dritten, die keine Einwendungen erhoben haben,als zugestellt.

Der Bescheid und seine Begründung können bis zum Ab-lauf der Widerspruchsfrist (bis zum 18. 7. 2019) von den Per-sonen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oderelektronisch beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Braun-schweig, Ludwig-Winter-Straße 2, 38120 Braunschweig, an-gefordert werden.

Der verfügende Teil der Genehmigung und die Rechtsbe-helfsbelehrung werden in der Anlage bekannt gemacht.

Diese Bek. und der Vorbescheid sind auch im Internet unterhttp://www.gewerbeaufsicht.niedersachsen.de und dort überden Pfad „Bekanntmachungen w Braunschweig — Göttingen“einsehbar.

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 913

Anlage

Tenor

1. Der Firma BS|Energy Braunschweiger Versorgungs-AG &Co. KG, Traubenstraße 7, 38106 Braunschweig, wurde gemäߧ 9 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), vom17. 5. 2013 (BGBl. I S. 1274) in der derzeit geltenden Fassungin Verbindung mit Nr. 1.1 GE des Anhangs 1 der Vierten Ver-ordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutz-gesetzes (Verordnung über das Genehmigungsverfahren —4. BImSchV) vom 2. 5. 2013 (BGBl. I S. 973) in der derzeit gel-tenden Fassung am 15. 5. 2019 der Vorbescheid für die fol-gende Anlage erteilt:

Die Anlagen sind auf den Seiten 920—923 dieser Nummer des Nds. MBl. abgedruckt.

Page 42: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

914

Anlage zur Erzeugung von Strom, Dampf, Warmwasser, Pro-zesswärme oder erhitztem Abgas durch Einsatz von Brenn-stoffen in einer Verbrennungseinrichtung (hier: Heizkraftwerk)einschließlich zugehöriger Dampfkessel, mit einer Feuerungs-wärmeleistung von 504,4 MW.Standort: 38112 Braunschweig, Reiherstraße 3Gemarkung: HagenFlur: 4Flurstücke: 1/3, 1/5, 30/46, 30/47, 77/7, 78/5, 119/3, 119/4,

119/6, 119/7, 119/8, 119/9, 137/1, 137/2.

Der Vorbescheid umfasst die vorläufige positive Gesamtbe-urteilung für die geplante Modernisierung der Kraftwerksan-lagen mit Nebeneinrichtungen in folgendem Umfang:— die Errichtung und den Betrieb eines Biomasse-Heizkraft-

werkes 40 auf Basis von Altholz der Klassen A I bis A IVmit einer Feuerungswärmeleistung von 100 MW,

— die Errichtung und den Betrieb eines Gasturbinen-HKWmit einer Feuerungswärmeleistung von 150 MW,

— die Errichtung und den Betrieb eines Dampfkessels 51 aufder Basis Erdgas/Heizöl EL mit einer Feuerungswärmeleis-tung von 10 MW,

— die Errichtung und den Betrieb von zwei Heißwasserkes-seln 61 und 62 auf der Basis Erdgas/Heizöl EL mit einerFeuerungswärmeleistung von jeweils 30 MW,

— die Errichtung und den Betrieb eines Notstromaggregatesauf der Basis Heizöl EL mit einer Feuerungswärmeleistungvon jeweils 8 MW,

— die Errichtung und den Betrieb eines Elektrodenheizkes-sels (BE 70),

— die Steigerung der Feuerungswärmeleistung aller Anlagenvon bisher 450 MW auf 504,4 MW,

— die Errichtung und den Betrieb eines Brennstofflagers für ge-fährliche und nicht gefährliche Abfälle — Altholz — (Anlagegemäß Nrn. 8.12.1.1 GE und 8.12.2 V der 4. BImSchV),

— die Errichtung und den Betrieb einer Aufbereitungsanlagefür gefährliche und nicht gefährliche Abfälle — Altholz —(Anlage gemäß Nrn. 8.11.2.1 GE und 8.11.2.3 GE der4. BImSchV),

— die Stilllegung der Einrichtungen zur Kohle- und HeizölS-Versorgung sowie der Abgasreinigung des Kessels 1 ein-schließlich des Ammoniaklagers nach einer Übergangs-phase bis ein Jahr nach Aufnahme des Dauerbetriebs derNeuanlagen,

— die Ausführung des Brennstofflagers und des Biomasse-Heiz-kraftwerkes in Kombination der Varianten L 1 oder L 2(Brennstofflager) und G 1 oder G 2 (Biomasse-Heizkraftwerk).

2. Der Vorbescheid umfasst über die vorläufige positive Ge-samtbeurteilung hinaus die Feststellung des Vorliegens fol-gender Genehmigungsvoraussetzungen:— Der Standort ist geeignet.

— Schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren,erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für dieAllgemeinheit und die Nachbarschaft können nicht her-vorgerufen werden (§ 5 Abs. 1 Nr. BImSchG).

— Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und son-stige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Beläs-tigungen wird getroffen, insbesondere durch die dem Standder Technik entsprechenden Maßnahmen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2BImSchG).

— Abfälle werden vermieden, nicht zu vermeidende Abfällewerden verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohneBeeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt(§ 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG).

— Andere öffentliche Vorschriften und Belange des Arbeits-schutzes stehen der Errichtung und dem Betrieb der Anlagenicht grundsätzlich entgegen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG).

3. Bedingung

Vor Beginn der Baumaßnahmen ist durch eine Fachfirmaeine Kampfmittelerkundung nach den anerkannten Regelnder Technik durchzuführen.

4. Dieser Vorbescheid umfasst nicht die Genehmigung zurErrichtung und/oder zum Betrieb von Anlagen bzw. Anlagen-teilen.5. Im Rahmen der Antragstellung für das geplante Vorhabenist ein Ausgangszustandsbericht (AZB) vorzulegen. Das dafürerforderliche Konzept ist mit dem Staatl. Gewerbeaufsichts-amt Braunschweig abzustimmen.

Hinweis:Sollte geplant sein, z. B. aus Zeitgründen den AZB erst bis zurInbetriebnahme der geplanten Anlagen vorzulegen, ist für dieNachreichung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 5 der 9. BImSchV (NeunteVerordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutz-gesetzes [Verordnung über das Genehmigungsverfahren] vom29. 5. 1992, in der derzeit geltenden Fassung) ein schriftlicherAntrag zu stellen. Hierbei muss das ausdrückliche Einver-ständnis/Zustimmung der Antragstellerin zu einem Auflagen-vorbehalt in der Genehmigung erklärt werden, damit derGenehmigungsbescheid durch nachträgliche Auflagen bzw.Nebenbestimmungen, die sich aus der Prüfung des AZB erge-ben, ergänzt werden kann.6. Die Kosten des Verfahrens sind von der Antragstellerin zutragen.

II. Der Bescheid ist mit Auflagen und Nebenbestimmungenverbunden.*)

III. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nachBekanntgabe Widerspruch beim Staatlichen Gewerbeaufsichts-amt Braunschweig, Ludwig-Winter-Straße 2, 38120 Braun-schweig, erhoben werden.

*) Hier nicht abgedruckt.

Feststellung gemäß § 5 UVPG(BS |Energy Braunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG)

Bek. d. GAA Braunschweig v. 27. 5. 2019— BS 18-044 —

Die Firma BS |Energy Braunschweiger Versorgungs-AG &Co. KG, Taubenstraße 7, 38106 Braunschweig, hat mit Antragvom 13. 3. 2018 die Erteilung eines Vorbescheides gemäß § 9BImSchG für die umfassende Modernisierung der Anlagenzur Strom- und Wärmeerzeugung des Heizkraftwerks Mitte,Reiherstraße 3, 38112 Braunschweig, beantragt. Dazu ist ge-plant, alte Energieerzeugungsanlagen stillzulegen und durchmoderne Anlagen zu ersetzen. Die Feuerungswärmeleistung(im Folgenden: FWL) des Kraftwerks wird durch die geplantenÄnderungen von 450 MW auf 504,4 MW steigen.

Formale Voraussetzungen:

Die in dem beantragten Vorhaben zu ändernde Anlage fällt ge-mäß Nummer 1.1.1 der Anlage 1 UVPG grundsätzlich unterdie Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeits-prüfung (UVP). Für die Anlage ist im Rahmen eines Ände-rungsgenehmigungsverfahrens für eine Gas- und Dampfturbi-nenanlage im Jahr 2008 bereits eine Vorprüfung nach demUVPG durchgeführt worden.

Gemäß § 9 Abs. 1 UVPG ergibt sich für die Änderung beste-hender Vorhaben, für die eine UVP durchgeführt worden ist,eine Pflicht zur Durchführung einer UVP, wenn

1. „allein die Änderung die Größen- oder Leistungswerte füreine unbedingte UVP-Pflicht gemäß § 6 erreicht oder über-schreitet“ oder

2. „die allgemeine Vorprüfung ergibt, dass die Änderungzusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erheblichenachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann“.

Die gesamte FWL der bestehenden Anlage wird mit insge-samt 450 MW beziffert. Die geänderte Anlage soll eine gesamteFWL von 504,4 MW aufweisen. Unter Berücksichtigung derMaßgaben aus § 9 Abs. 5 UVPG (der vor Ablauf der jeweiligenUmsetzungsfristen des UVPG erreichte Bestand bleibt hin-sichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- oderLeistungswerte und der Prüfwerte unberücksichtigt) ist § 9Abs. 1 Nr. 1 UVPG nicht anzuwenden. Durch die Änderungwird der Größen- und Leistungswert von mehr als 200 MWFWL mit 50,4 MW FWL nicht überschritten.

Im vorliegenden Fall ist daher die Vorschrift des § 9 Abs. 1Nr. 2 UVPG beachtlich.

Page 43: MBl. 2019 22 (05.06.2019) - niedersachsen.de · Nds. MBl. Nr. 22/2019 875 2.3 Aus-/Fortbildung Richtlinienkompetenz für die notfallmedizinischen Aus- und Fortbildungsinhalte für

Nds. MBl. Nr. 22/2019

915

Demnach würde sich die Pflicht zur Durchführung einerUVP ergeben, wenn im Rahmen einer Vorprüfung des Einzel-falles unter Berücksichtigung der Anlage 3 UVPG ermitteltwürde, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Auswirkun-gen hervorrufen kann.

Vorprüfung des Einzelfalles:

Die von der Vorhabenträgerin vorgelegten Unterlagen zur Vor-prüfung der UVP-Pflicht entsprechen den Anforderungen derAnlage 2 UVPG.

Das Vorhaben wurde nach den Kriterien der Anlage 3UVPG bewertet.

Hierzu ergibt sich im Einzelnen:

Die bisher genehmigte FWL von insgesamt 450 MW wird durchdas Vorhaben um 54,4 MW gesteigert. In der Übergangsphase,wenn die neuen Anlagen in Betrieb genommen und die vor-handenen Anlagen heruntergefahren werden, wird sicherge-stellt, dass die bisher genehmigte Leistung nicht überschrittenwird. Neue Flächen auf dem 90 677 m² großen Betriebsgrund-stück werden geringfügig beansprucht, da die überbauten Flä-chen und befestigten Verkehrsflächen insgesamt um 1 025 m²steigen.

Eine schalltechnische Untersuchung der TÜV Nord Um-weltschutz GmbH & Co. KG hat ergeben, dass nach der Inbe-triebnahme der neuen Anlagen die Immissionsrichtwerte anallen Immissionsorten sowohl tagsüber als auch nachts ummindestens 6 dB(A) unterschritten werden.

Erhebliche nachteilige Auswirkungen durch Lärmeinwir-kungen sind daher nicht erkennbar.

Die Geruchs- und Luftschadstoffemissionen der geplantenBetriebserweiterung wurden in einer gutachterlichen Stellung-nahme der TÜV Nord Umweltschutz GmbH & Co. KG ermit-telt und bewertet. Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dassdie Immissionswerte der TA Luft für Feinstaub (PM2,5 [25 µg/m³]und PM10 [40 µg/m³]), Stickstoffdioxid (NO2), Schwefeldioxid(SO2), Chlorwasserstoff (HCl), Fluorwasserstoff (HF), Blei (Pb),Cadmium (Cd), Arsen (As), Nickel (Ni), Thallium (Tl), Queck-silber (Hg) und Staubniederschlag an allen Beurteilungspunk-ten die Irrelevanzkriterien erfüllen. Für Kohlenmonoxid wirddas gemäß der 39. BImSchV ermittelte Irrelevanzkriteriumeingehalten.

Zu den Geruchsemissionen stellt der Gutachter der TÜVNord Umweltschutz GmbH & Co. KG fest, dass die 2 %-Ge-ruchsisolinie die nächstgelegene Wohnbebauung nicht erreicht,dass mit relevanten Geruchsimmissionen nicht zu rechnen istund daher eine erhebliche Belästigung durch Gerüche auszu-schließen ist.

Erhebliche nachteilige Auswirkungen sind daher insgesamtfür den Luftpfad nicht erkennbar.

Unter Berücksichtigung dieser im Antrag dargestelltenSachverhalte ist nicht erkennbar, dass das Vorhaben erhebli-che nachteilige Auswirkungen auf die in § 2 UVPG genanntenSchutzgüter haben könnte.

Fazit:

Als Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles kannfestgestellt werden, dass auf der Grundlage der Anlage 3 UVPGkeine Umstände erkennbar waren, die Anlass zur Durchfüh-rung einer UVP geben konnten. Die Durchführung einer ver-tiefenden UVP war daher nicht erforderlich.

Diese Feststellung wird hiermit öffentlich bekannt gemacht.Sie ist nicht selbständig anfechtbar.

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 914

Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Cuxhaven

Feststellung gemäß § 5 UVPG(Bremer Energie GbR, Beverstedt)

Bek. d. GAA Cuxhaven v. 22. 5. 2019— CUX17-052-8.1-Ut —

Die Firma Bremer Energie GbR, Eisbüttelweg 1, 27616 Be-verstedt, hat mit Datum vom 7. 11. 2017 die Erteilung einerGenehmigung gemäß den §§ 4 und 19 BImSchG in der derzeitgeltenden Fassung für die Errichtung und den Betrieb einerBiogasanlage auf dem Grundstück in der Gemarkung Frels-dorf, Flur 7, Flurstück 39, beantragt.

Das Vorhaben umfasst die Umnutzung eines vorhandenenGärrestlagers zum Nachgärer, die Erhöhung der Jahresgaspro-duktion auf 2,3 Mio. Nm³ durch die Änderung der Inputstoff-mengen, die Aufstellung und den Betrieb von zwei zusätz-lichen biogasbetriebenen BHKW (BHKW 2 und 3) und einemerdgasbetriebenen BHKW (BHKW 4) — jeweils in einem Con-tainer — mit einer Feuerungswärmeleistung von zusammen2,435 MW und der flexiblen Fahrweise aller dann vorhande-nen biogasbetriebenen BHKW (BHKW 1 bis 3). Zusätzlich sinddie Aufstellung einer Biogasaufbereitung, einer Trafostation,die Errichtung und der Betrieb einer Gärresttrocknung sowieeiner Holztrocknung und die Errichtung eines Hallengebäu-des zur Lagerung der Gärreste Gegenstand des Antrags.

Das Vorhaben zeichnet sich dadurch aus, dass es am Stand-ort einer bereits baurechtlich genehmigten Biogasanlage vor-gesehen ist. Durch die Änderung dieser Biogasanlage werdenimmissionsschutzrechtlich relevante Anlagengrößen und Leis-tungswerte erstmalig überschritten, sodass ein immissions-schutzrechtliches Genehmigungsverfahren erforderlich ist.

Im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens war gemäßden §§ 6 bis 14 i. V. m. Nummer 8.4.2.2 der Anlage 1 UVPG inder derzeit geltenden Fassung durch eine Vorprüfung des Ein-zelfalles (hier: standortbezogene Vorprüfung) zu ermitteln, obfür das beantragte Vorhaben die Durchführung einer Umwelt-verträglichkeitsprüfung erforderlich ist.

Die standortbezogene Vorprüfung hat ergeben, dass eineUmweltverträglichkeitsprüfung für dieses Vorhaben nicht er-forderlich ist.

Der Standort der Anlage befindet sich außerhalb der Orts-lage Frelsdorf auf dem Betriebsgrundstück einer bestehendenlandwirtschaftlichen Biogasanlage.

Im Einwirkungsbereich der Anlage befinden sich schutz-würdige Gebiete gemäß § 30 BNatSchG sowie verschiedeneFauna-Flora-Habitat-Lebensraumtypen. Da die von der Anlageausgehenden Schallemissionen durch die Einhaltung desStandes der Technik gering gehalten werden und die räum-liche Entfernung der festgestellten Gebiete zu dem Vorhabenrecht groß ist, können erhebliche nachteilige Umwelteinwirkun-gen ausgehend von den Schallemissionen ausgeschlossen wer-den. Die von dem Vorhaben ausgehende Stickstoffdepositionwurde in Bezug auf die Auswirkungen auf die Empfindlich-keit der betroffenen schutzwürdigen Gebiete und Lebensraum-typen genauer betrachtet. Auch hierbei wurde festgestellt,dass eine Betroffenheit dieser Lebensräume oder erheblichenachteilige Umweltauswirkungen durch das Vorhaben nichtzu erwarten sind.

Diese Feststellung wird hiermit öffentlich bekannt gemacht.Sie ist nicht selbständig anfechtbar.

\— Nds. MBl. Nr. 22/2019 S. 915