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Donnerstag, 20. Oktober 2016 16h15 MEDIENMITTEILUNG WIEDERGUTMACHUNG IM STRAFRECHT NUR NOCH UNTER ERSCHWERTEN VORAUSSETZUNGEN MÖGLICH Die Bundesversammlung — Das Schweizer Parlament 07.11.2016 Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates eröffnet die V ernehmlassung zu einer Änderung des Strafgesetzbuches, die sie im Rahmen einer parlamentarischen Initiative ausgearbeitet hat. Eine Strafbefreiung als Folge einer Wiedergutmachung soll in Zukunft nur noch unter erschwerten Voraussetzungen möglich sein. Damit möchte die Kommission dem Eindruck entgegen wirken, dass man sich von Strafe f reikaufen kann. Hat ein Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen, kann von einer Bestrafung abgesehen werden, sofern die Voraussetzungen für eine bedingte Strafe erfüllt sind und das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung gering sind (Artikel 53 des Strafgesetzbuches). Bisher kam eine Wiedergutmachung somit bis zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren in Frage. Die Kommission will die geltende Obergrenze absenken und stellt zwei Varianten zur Diskussion. Nach einer Mehrheit der Kommission soll eine Wiedergutmachung nur noch möglich sein, wenn als Strafe eine bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Frage kommt. Die Minderheit der Kommission möchte die Obergrenze noch stärker absenken und zwar auf eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse. Die Kommission schlägt unabhängig von den beiden Varianten vor, dass der Täter überdies den Sachverhalt eingestehen muss, damit Artikel 53 Strafgesetzbuch künftig angewendet werden kann. Das Vernehmlassungsverfahren dauert bis zum 3. Februar 2017. Die Parlamentsdienste werden bei der Durchführung der Vernehmlassung vom Bundesamt für Justiz unterstützt. Die Stellungnahmen sind in elektronischer Form einzureichen ( [email protected]). Die Vernehmlassungsunterlagen können auf der Website der Bundesversammlung und jener der allgemeinen Bundesverwaltung abgerufen werden.

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Donnerstag, 20. Oktober 2016 16h15

MEDIENMITTEILUNG

WIEDERGUTMACHUNG IM STRAFRECHT NUR NOCH UNTER ERSCHWERTEN VORAUSSETZUNGEN MÖGLICH

Die Bundesversammlung — Das Schweizer Parlament 07.11.2016

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates eröffnet die Vernehmlassung zu einer Änderung des Strafgesetzbuches, die sie im Rahmen einer parlamentarischen Initiative ausgearbeitet hat. Eine Strafbefreiung als Folge einer Wiedergutmachung soll in Zukunft nur noch unter erschwerten Voraussetzungen möglich sein. Damit möchte die Kommission dem Eindruck entgegen wirken, dass man sich von Strafe freikaufen kann.

Hat ein Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen, kann von einer Bestrafung abgesehen werden, sofern die Voraussetzungen für eine bedingte Strafe erfüllt sind und das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung gering sind (Artikel 53 des Strafgesetzbuches). Bisher kam eine Wiedergutmachung somit bis zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren in Frage. Die Kommission will die geltende Obergrenze absenken und stellt zwei Varianten zur Diskussion. Nach einer Mehrheit der Kommission soll eine Wiedergutmachung nur noch möglich sein, wenn als Strafe eine bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Frage kommt. Die Minderheit der Kommission möchte die Obergrenze noch stärker absenken und zwar auf eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse. Die Kommission schlägt unabhängig von den beiden Varianten vor, dass der Täter überdies den Sachverhalt eingestehen muss, damit Artikel 53 Strafgesetzbuch künftig angewendet werden kann.

Das Vernehmlassungsverfahren dauert bis zum 3. Februar 2017. Die Parlamentsdienste werden bei der Durchführung der Vernehmlassung vom Bundesamt für Justiz unterstützt. Die Stellungnahmen sind in elektronischer Form einzureichen ([email protected]).

Die Vernehmlassungsunterlagen können auf der Website der Bundesversammlung und jener der allgemeinen Bundesverwaltung abgerufen werden.

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AUTOR

RK-N Sekretariat der Kommissionen für Rechtsfragen CH-3003 Bern [email protected]

AUSKÜNFTE

Jean Christophe Schwaab, KommissionspräsidentSimone Peter, Kommissionssekretärin, Tel. 058 322 97 47

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2002–...... 1

10.519

Parlamentarische Initiative Modifizierung von Artikel 53 StGB

Vorentwurf und erläuternder Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates

vom 13. Oktober 2016

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Übersicht

Aufgrund der anhaltenden Kritik soll die Möglichkeit einer Wiedergutmachung eingeschränkt werden. Zum einen wird die geltende Obergrenze von zwei Jahren Freiheitsstrafe gesenkt und zum anderen muss der Täter den Sachverhalt einge-stehen.

Artikel 53 des Strafgesetzbuchs (StGB) ist im Jahr 2007 mit der Revision des Allge-meinen Teils eingeführt worden und sieht eine Strafbefreiung vor, wenn der Täter Wiedergutmachung leistet. Die geltende Fassung der Bestimmung gelangt unter an-derem zur Anwendung, wenn die Voraussetzungen für eine bedingte Strafe nach Ar-tikel 42 StGB erfüllt sind. Danach kann eine bedingte Strafe maximal zwei Jahre Freiheitsstrafe betragen. Der Wortlaut von Artikel 53 StGB verlangt ferner nicht, dass der Täter in tatsächlicher Hinsicht geständig ist.

Es sind Fälle bekannt geworden, die den Eindruck aufkommen liessen, dass die An-wendung der fraglichen Bestimmung einem „Freikauf von Strafe“ gleichkomme. Dies führt zur Feststellung, dass Artikel 53 StGB in gewissen Fällen nicht im wohl-verstandenen Sinn angewandt wird. Als Reaktion darauf gab es Bestrebungen, die fragliche Bestimmung ganz aus dem StGB zu streichen. Das Parlament hat aber ei-nen entsprechenden Vorstoss im Jahr 2012 abgelehnt. Die Kommission schlägt da-her einen engeren Anwendungsbereich der Bestimmung vor. So soll die geltende Obergrenze von zwei Jahren Freiheitsstrafe gesenkt werden. Die Kommission stellt zwei Varianten zur Diskussion. Nach einer Mehrheit der Kommission soll eine Wie-dergutmachung nur noch möglich sein, wenn als Strafe eine bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Frage kommt (Vari-ante 1). Eine Minderheit der Kommission möchte die Obergrenze noch stärker ab-senken und zwar auf eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse (Variante 2). Unab-hängig von den beiden Varianten muss der Täter überdies den Sachverhalt eingeste-hen.

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Bericht

1 Entstehungsgeschichte

1.1 Parlamentarische Initiative

Am 14. Dezember 2010 reichte Nationalrat Daniel Vischer eine parlamentarische Initiative ein, mit der er eine Änderung und Ergänzung der Wiedergutmachung nach Artikel 53 des Strafgesetzbuchs1 (StGB) verlangt, und zwar dergestalt, dass einerseits eine bedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr in Aussicht steht sowie andererseits, dass der Täter die vorgeworfene Tat gestanden und sich für schuldig erklärt hat.

Am 11. November 2011 prüfte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates die Initiative vor und beschloss mit 18 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung, ihr nach Artikel 109 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20022 (ParlG) Folge zu geben. Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates stimmte diesem Beschluss am 18. Juni 2012 mit 8 zu 4 Stimmen bei keiner Enthaltung zu (Art.109 Abs. 3 ParlG). 1.2 Arbeiten der Kommission

Die Kommission befasste sich am 11. Oktober 2012 und 3. Oktober 2013 mit dem weiteren Vorgehen in Bezug auf die parlamentarische Initiative. Am 11. Oktober 2012 entschied sie, diese losgelöst von den Arbeiten zur Revision des Sanktionensystems zu behandeln und zunächst Anhörungen von Personen aus der Praxis durchzuführen. Infolgedessen wurden am 3. Oktober 2013 Repräsentanten der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren und der Konferenz der Strafverfolgungsbehörden (neu: Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz) angehört. Im Nachgang dazu wurde die Verwaltung mit der Ausarbeitung eines Vorentwurfs beauftragt. Am 20. Februar 2014 beschloss die Kommission, diese Arbeiten bis zum Vorliegen der Revision des Sanktionenrechts auszusetzen. Am 12. November 2015 wurden die Arbeiten wieder aufgenommen und die Ausarbeitung einer Vorlage beschlossen. An ihrer Sitzung vom 18. August 2016 entschied die Kommission mit 14 Stimmen zu 1 bei 9 Enthaltungen, der Variante 1 (Mehrheit) den Vorzug zu geben und die Variante 2 (Minderheit) ebenfalls in die Vernehmlassungsvorlage aufzunehmen. Den vorliegenden Bericht genehmigte die Kommission anlässlich ihrer Sitzung vom 13. Oktober 2016.

Zu diesem Vorentwurf mit den zwei Varianten wird nach dem Vernehmlassungsgesetz vom 18. März 20053 (VlG) eine Vernehmlassung durchgeführt. Die Kommission wurde bei ihrer Arbeit gemäss Artikel 112 Absatz 1 ParlG vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement unterstützt.

1 SR 311.0 2 SR 171.10 3 SR 172.061

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2 Grundzüge der Vorlage

2.1 Ausgangslage im geltenden Recht

Artikel 53 StGB trat am 1. Januar 2007 in Kraft. Eingereiht im Allgemeinen Teil des StGB, ist die Bestimmung auf sämtliche Delikte des StGB und des Nebenstrafrechts anwendbar. Artikel 53 StGB nennt die Wiedergutmachung als einen von drei möglichen Strafbefreiungsgründen neben dem fehlenden Strafbedürfnis in Artikel 52 StGB und der Betroffenheit des Täters durch seine Tat in Artikel 54 StGB.

Artikel 53 StGB sieht vor, dass von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung abzusehen ist, wenn der Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen, sofern die Voraussetzungen für die bedingte Strafe nach Artikel 42 StGB erfüllt sind und das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung gering sind.

Als erstes Element setzt die Anwendung von Artikel 53 StGB alternativ voraus, dass die beschuldigte Person den entstandenen Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen zur Ausgleichung des von ihr bewirkten Unrechts unternommen haben muss. Die Schadensdeckung kann in Form einer Schadenersatzzahlung erfolgen, sofern überhaupt ein Naturalersatz möglich ist oder ein bezifferbarer Schaden vorliegt. Sind Personen finanziell nicht in der Lage, den vollen Schadenersatz zu leisten, so sind sie nicht grundsätzlich von der Strafbefreiung ausgeschlossen: Ihnen steht der Nachweis offen, dass sie durch zumutbare Anstrengungen das bewirkte Unrecht auszugleichen versuchen. Es ist insbesondere auch an alternative Formen der Wiedergutmachung zu denken. In Betracht fallen beispielsweise die Publikation einer Berichtigung bei Ehrverletzungen, das Wiederherstellen eines rechtmässigen Zustands (z. B. durch die Reparatur oder die Reinigung einer beschädigten oder beschmutzten Sache) oder einfache Gesten wie Entschuldigungen, Versöhnungsgesten oder Geschenke. Auch die Erbringung einer Leistung, die dem Geschädigten zugutekommt, ist denkbar, wie etwa die Erbringung von Transporten eines Unfallopfers o. ä.4

Als zweite Voraussetzung nennt Artikel 53 StGB das Erfordernis, dass die fragliche Tat mit einer bedingten Strafe bestraft werden kann (vgl. Art. 42 StGB). Hier müssen sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen erfüllt sein. Wiedergutmachung ist somit bis zu einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren möglich. Hingegen ist unklar, was für Übertretungen gilt. Nach dem Wortlaut der Bestimmung sind Übertretungen von einer Wiedergutmachung ausgeschlossen, denn diese können nach Artikel 105 Absatz 1 StGB nicht bedingt ausgesprochen werden. Gleiches gilt für Unternehmensbussen nach Artikel 102 StGB. In der Literatur wird mehrheitlich die Meinung vertreten, dass auch in diesen beiden Konstellationen eine Wiedergutmachung möglich sein soll, sofern keine ungünstige Prognose nach Artikel 42 StGB vorliegt.5

Als dritte Voraussetzung verlangt Artikel 53 StGB sodann ein geringes Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung.

4 Vgl. zum Ganzen Franz Riklin, in: M. A. Niggli / H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Auflage, Basel 2013, Art. 53 N 9 ff.

5 Vgl. zum Ganzen Franz Riklin, a.a.O., Art. 53 N 25 f. m. w. N.

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Die Wiedergutmachung findet sich wörtlich ebenfalls im Militärstrafgesetz vom 13. Juni 19276 (MStG), dort als Artikel 45 MStG. Auch das Jugendstrafgesetz vom 20. Juni 20037 (JStG) kennt eine Bestimmung zur Wiedergutmachung. Allerdings ist diese gegenüber dem Erwachsenenstrafrecht bereits heute deutlich enger gefasst, indem eine Strafbefreiung als Folge einer Wiedergutmachung nur dann möglich ist, wenn als Strafe lediglich ein Verweis nach Artikel 22 JStG in Betracht kommt. Weiter hat der Jugendliche den Schaden so weit als möglich durch eigene Leistung wiedergutzumachen (vgl. Art. 21 Abs. 1 Bst. c JStG). 2.2 Die vorgeschlagene Neuregelung

Die Kommission ist der Meinung, dass der Anwendungsbereich von Artikel 53 StGB enger gefasst werden sollte und stellt zwei Varianten zur Diskussion. Die Mehrheit schlägt vor, dass eine Wiedergutmachung nur noch möglich sein soll, wenn als Strafe eine bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Betracht kommt (Variante 1). Eine Minderheit der Kommission möchte die Obergrenze noch stärker senken und beantragt, als Obergrenze eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse vorzusehen (Variante 2). Mit der Aufnahme der Busse in Artikel 53 StGB möchte die Kommission in beiden Varianten präzisieren, dass eine Wiedergutmachung auch bei Übertretungen und Unternehmensbussen nach Artikel 102 StGB möglich sein soll.

Weiter möchte die Kommission in beiden Varianten die Anwendung von Artikel 53 StGB von einer neuen Voraussetzung abhängig machen. Anders als heute soll der Täter den Sachverhalt eingestehen.

Alle genannten Neuerungen sollen in gleicher Weise auch in das MStG aufgenommen werden. Hingegen soll nur die neue Voraussetzung, wonach der Täter den Sachverhalt eingestanden hat, ins JStG Eingang finden (vgl. Ziff. 3.2).

Die Kommission erhofft sich, mit den erwähnten Neuerungen dem Anschein entgegenzuwirken, dass sich solvente Personen von Strafverfolgung und Strafe freikaufen können. 2.3 Regelungsverzicht

Die Kommission hat weiter die Eintragung von sanktionslosen Urteilen und Einstellungsverfügungen, denen eine Wiedergutmachung vorausgegangen sind, ins Strafregister geprüft. Unabhängig von diesem Geschäft hat der Bundesrat in der Botschaft zum Strafregistergesetz8 dem Parlament einen Vorschlag für die Eintragung von allen sanktionslosen Urteilen (Art. 19 Abs. 1 Bst. c Ziff. 1 E-StReg) und Einstellungsverfügungen nach den Artikeln 53, 54 oder 55a Absatz 3 StGB

unterbreitet (Art. 23 Abs. 1 E-StReg). In den anschliessenden Debatten hat es aber das Parlament abgelehnt, Einstellungsverfügungen im Strafregister zu erfassen. Wesentlicher Grund dafür war, dass die Unschuldsvermutung höher gewichtet wurde als die Strafverfolgungsinteressen. Insbesondere könne sich ein allfälliger

6 SR 321.0 7 SR 311.1 8 BBl 2014 5713

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Beschuldigter nicht gegen eine Einstellungsverfügung zur Wehr setzen.9 Die Schlussabstimmung zum Strafregistergesetz fand am 17. Juni 2016 statt.10 Angesichts dieses erst vor Kurzem getroffenen Entscheids wird vorliegend darauf verzichtet, die Frage des Strafregistereintrags nochmals zu behandeln. 3 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

3.1 Strafgesetzbuch11

Art. 53 Bst. a

Neue Obergrenzen

Nach geltendem Recht ist eine Wiedergutmachung bis zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren möglich. Diese Obergrenze erachtet die Kommission als zu hoch, da selbst bei relativ schweren Straffällen eine Wiedergutmachung möglich ist. Die parlamentarische Initiative forderte eine Reduktion der Obergrenze auf ein Jahr Freiheitsstrafe bedingt. In Bezug auf die Absenkung der Obergrenze stellt die Kommission zwei Varianten zur Diskussion.

Variante 1 (Mehrheit)

Die Mehrheit der Kommission schliesst sich der von der parlamentarischen Initiative geforderten Reduktion der Obergrenze an und schlägt vor, dass eine Wiedergutmachung nur noch möglich sein soll, wenn als Strafe eine bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Betracht kommt.

Variante 2 (Minderheit)

Demgegenüber will eine Minderheit der Kommission die Obergrenze auf eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse beschränken. Mit dieser noch stärkeren Absenkung der Obergrenze wird insbesondere der früher geäusserten Kritik12 an der Bestimmung teilweise Rechnung getragen. Im Wesentlichen wird damit die Anwendbarkeit der Wiedergutmachung eingeschränkt und dem Anschein des Freikaufs entgegengewirkt. Die tiefere Obergrenze entspricht der Strafbefehlskompetenz der Staatsanwaltschaft. Es ist aber zu beachten, dass im Bereich der Bagatellfälle, bei denen Schuld und Tatfolgen geringfügig sind, bereits der Strafbefreiungsgrund von Artikel 52 StGB (fehlendes Strafbedürfnis) existiert. Bei der Variante 2 nähern sich daher die Anwendungsbereiche der beiden Bestimmungen stark an.

Revidiertes Sanktionenrecht (beide Varianten)

Die in beiden Varianten gewählten Formulierungen berücksichtigen bereits die vom Parlament am 19. Juni 2015 beschlossene Änderung des Sanktionenrechts13, welche

9 AB 2016 N 394 ff.; AB 2016 S 302 ff. 10 BBl 2016 4871 11 SR 311.0 12 Pa. Iv. Joder vom 15. Dez. 2010 (10.522 «Abschaffung der Wiedergutmachung nach

Artikel 53 StGB»); keine Folge gegeben am 7. März 2012. 13 BBl 2015 4899

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am 1. Januar 2018 in Kraft tritt. So beträgt die Geldstrafe neu grundsätzlich höchstens 180 Tagessätze (Art. 34 Abs. 1 nStGB) und sie kann weiterhin bedingt ausgesprochen werden (Art. 42 Abs. 1 nStGB). Ebenfalls kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen (Art. 41 Abs. 1 nStGB). Damit besteht der Vorrang der Geldstrafe gegenüber der Freiheitsstrafe weiter. Entsprechend ist es nicht erforderlich, auf die Möglichkeit der kurzen bedingten Freiheitsstrafe anstelle der bedingten Geldstrafe hinzuweisen, so wie auch bei den Strafdrohungen darauf verzichtet wurde. Das ändert aber nichts daran, dass eine Wiedergutmachung auch bei einem Wechsel von der bedingten Geldstrafe zur bedingten Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten im Sinne von Artikel 41 Absatz 1 nStGB möglich sein soll. Wie im geltenden Recht kommt es nicht auf die Art der Sanktion an, sondern massgebend ist der bedingte Vollzug der Strafe (Art. 42 Abs. 1 nStGB).

Weitere Änderungen (beide Varianten)

Weiter besteht im geltenden Recht Unklarheit darüber, ob die Wiedergutmachung auch für Übertretungen und Unternehmensbussen nach Artikel 102 StGB möglich sein soll. Bei der Unternehmensbusse geht es letztlich um die Frage, welchem Deliktstyp Artikel 102 StGB zuzuordnen ist.14 Es ist durchaus einzuräumen, dass die Verantwortlichkeit des Unternehmens in verschiedener Hinsicht einen Spezialfall innerhalb des StGB darstellt. Artikel 102 StGB bezeichnet die angedrohte Sanktion jedoch in allen drei offiziellen Sprachversionen ausdrücklich als Busse, und es gibt keine stichhaltigen Gründe, die Strafnorm als etwas anderes als eine Übertretung zu qualifizieren. Für Bussen ist eine Einstellung wegen Wiedergutmachung nicht möglich, weil diese immer unbedingt ausgesprochen werden und entsprechend die Voraussetzungen für eine bedingte Strafe nach geltendem Recht nicht erfüllt sind.

Dessen ungeachtet kommt es in der Praxis zu Einstellungen wegen Wiedergutmachung für Übertretungen und Unternehmensbussen; dies auch weil in der Literatur teilweise die Meinung vertreten wird, dass der Gesetzgeber die Übertretungsstraftäter nicht habe von der Wiedergutmachung ausschliessen wollen. Es sei störend, dass für Verbrechen und Vergehen die Wiedergutmachung zulässig sei, nicht aber für Übertretungen und Unternehmensbussen. Das geltende Recht sei so zu verstehen, dass auch bei Übertretungen und Unternehmensbussen eine Wiedergutmachung in Frage komme, wenn trotz der (unbedingten) Busse eine günstige Prognose im Sinne von Artikel 42 StGB gestellt werden könne.15 Durch die explizite Erwähnung der Busse wird Klarheit geschaffen.

Art. 53 Bst. c

Soweit die parlamentarische Initiative die Einstellung davon abhängig machen will, dass die beschuldigte Person sich selber für strafrechtlich schuldig erklärt, ist zu bedenken, dass nur ein Sachverhalt anerkannt werden kann. Die rechtliche

14 Vgl. zum Ganzen Marcel Alexander Niggli / Diego R. Gfeller in: M. A. Niggli / H. Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Auflage, Basel 2013, Art. 102 N 40 ff. und N 348 f. m. w. N. Aus dem Umstand, dass als Anlasstaten ausschliesslich Verbrechen und Vergehen in Frage kommen, lässt sich nichts für die Typisierung von Art. 102 StGB ableiten, denn die Anlasstat ist objektive Strafbarkeitsbedingung; das Unternehmen setzt eigenes Unrecht durch mangelhafte Organisation.

15 Vgl. zum Ganzen Franz Riklin, a.a.O., Art. 53 N 19 und 26 m. w. N.

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Qualifikation des Verhaltens kann dagegen nicht Gegenstand eines Geständnisses sein; so ist z. B. die Zurechnungs- oder Schuldfähigkeit keinem Geständnis zugänglich. Zudem können Unsicherheiten bezüglich der Subsumtion des Sachverhalts unter eine Strafbestimmung bestehen, weil im Untersuchungsverfahren der Sachverhalt nicht abschliessend geklärt ist. Aus den dargelegten Gründen ist die entsprechende Formulierung in der parlamentarischen Initiative problematisch.

Stattdessen wird die Formulierung von Artikel 352 Absatz 1 Strafprozessordnung16 (StPO) übernommen. Der Täter muss den Sachverhalt eingestehen. Das heisst, er muss die Darstellung der objektiven und subjektiven Tatumstände anerkennen. Zu diesem Zweck muss der Sachverhalt hinreichend geklärt sein.17 3.2 Jugendstrafgesetz vom 20. Juni 200318

Art. 21 Abs. 1 Bst. c

Die Wiedergutmachung im Jugendstrafrecht ist im Vergleich zum Erwachsenenstrafrecht enger gefasst: Erstens beschränkt sich die Strafbefreiung auf Fälle, in denen als Strafe nur ein Verweis nach Artikel 22 JStG in Betracht kommt, namentlich wenn ein Verweis im Einzelfall voraussichtlich genügt, um den Jugendlichen von weiteren Straftaten abzuhalten. Zweitens hat der Jugendliche den Schaden so weit als möglich durch eigene Leistung wiedergutzumachen. Diese Sonderregeln sollen unverändert belassen werden. Von den vorgeschlagenen Änderungen in Artikel 53 VE-StGB wird daher nur das Geständnis im JStG übernommen (vgl. Art. 21 Abs. 1 Bst. c Ziff. 3). 3.3 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 192719

Art. 45 Wiedergutmachung

Diese Bestimmung lautet im geltenden Recht gleich wie Artikel 53 StGB. Um die Übereinstimmung zu bewahren, gelten die in Artikel 53 VE-StGB vorgeschlagenen Änderungen gleichermassen auch für diese Bestimmung. 4 Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die vorgeschlagenen Änderungen haben keine finanziellen oder personellen Aus-wirkungen.

16 SR 312.0 17 BGE 137 I 16 E. 2.3 18 SR 311.1 19 SR 321.0

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5 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die vorgeschlagenen Änderungen sind mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. 6 Rechtliche Grundlagen

6.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 123 Absatz 1 der Bundesverfassung20, der dem Bund die Kompetenz zur Gesetzgebung auf dem Gebiet des Straf- und Strafprozess-rechts gibt. 6.2 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Entwurf enthält keine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen. 6.3 Erlassform

Beim vorgeschlagenen Entwurf handelt es sich um die Revision von Bundesgeset-zen.

20 SR 101

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2015–...... 1

Bundesgesetz über die Änderung der Wiedergutmachungsregelung (Änderung des Strafgesetzbuchs, des Jugendstrafgesetzes und des Militärstrafgesetzes) Vorentwurf

Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

nach Einsicht in den Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom [Datum des Entscheids der Kommission]1 und in die Stellungnahme des Bundesrates vom [Datum]2,

beschliesst:

I

Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert:

1. Strafgesetzbuch3

Art. 53

Wiedergutmachung Hat der Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen, so sieht die zuständige Behörde von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab, wenn:

a. (Variante 1, Mehrheit) als Strafe eine bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Betracht kommt;

(Variante 2, Minderheit) als Strafe eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Betracht kommt;

b. das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung gering sind; und

c. der Täter den Sachverhalt eingestanden hat.

2. Jugendstrafgesetz vom 20. Juni 20034

Art. 21 Abs. 1 Bst. c 1 Die urteilende Behörde sieht von einer Bestrafung ab, wenn:

c. der Jugendliche den Schaden so weit als möglich durch eigene Leistung wieder gutgemacht oder eine besondere Anstrengung unternommen hat, um das von ihm begangene Unrecht auszugleichen, und wenn:

1. als Strafe nur ein Verweis nach Artikel 22 in Betracht kommt,

2. die Strafverfolgung für die Öffentlichkeit und den Geschädigten nur von geringem Interesse ist, und

3. der Jugendliche den Sachverhalt eingestanden hat;

3. Militärstrafgesetz vom 13. Juni 19275

Art. 45

1. Gründe für die

Strafbefreiung.

Wiedergutmachung

Hat der Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen, so sieht die zuständige Behörde von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab, wenn:

a. (Variante 1, Mehrheit) als Strafe eine bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Betracht kommt;

(Variante 2, Minderheit) als Strafe eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Betracht kommt;

b. das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten

SR .......... 1 BBl ... 2 BBl ... 3 SR 311.0 4 SR 311.1 5 SR 321.0

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Strafgesetzbuch, Jugendstrafgesetz und Militärstrafgesetz

2

an der Strafverfolgung gering sind; und

c. der Täter den Sachverhalt eingestanden hat.

II

1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

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101-04/10.519n/RK--CAJ

N a t i o n a l r a t

C o n s e i l n a t i o n a l

C o n s i g l i o n a z i o n a l e

C u s s e g l n a z i u n a l

Kommission für Rechtsfragen

CH-3003 Bern

www.parlament.ch

[email protected]

An die politischen Parteien die Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete die Dachverbände der Wirtschaft die interessierten Kreise

20. Oktober 2016 Adressaten: die politischen Parteien die Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete die Dachverbände der Wirtschaft die interessierten Kreise

10.519 Parlamentarische Initiative. Modifizierung von Artikel 53 StGB - Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens

Sehr geehrte Damen und Herren

In Umsetzung der genannten parlamentarischen Initiative 10.519 hat die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates an ihrer Sitzung vom 13. Oktober 2016 einen Vorentwurf zur Änderung der Bestimmung über die Wiedergutmachung im Strafrecht angenommen. Wir unterbreiten Ihnen diese Vorlage hiermit zur Stellungnahme im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens. Sie sind eingeladen, zum Vorentwurf und zum erläuternden Bericht Stellung zu nehmen. Die Vernehmlassungsfrist dauert bis zum 3. Februar 2017.

Es sind Fälle bekannt geworden, die den Eindruck aufkommen liessen, dass die Anwendung von Artikel 53 des Strafgesetzbuchs (StGB) einem „Freikauf von Strafe“ gleichkomme. Dies führt zur Feststellung, dass Artikel 53 StGB in gewissen Fällen nicht im wohlverstandenen Sinn angewandt wird. Als Reaktion darauf gab es Bestrebungen, die fragliche Bestimmung ganz aus dem StGB zu streichen. Das Parlament hat aber einen entsprechenden Vorstoss im Jahr 2012 abgelehnt. Die Kommission schlägt daher einen engeren Anwendungsbereich der Bestimmung vor. So soll die geltende Obergrenze von zwei Jahren Freiheitsstrafe gesenkt werden. Die Kommission stellt zwei Varianten zur Diskussion. Nach einer Mehrheit der Kommission soll eine Wiedergutmachung nur noch möglich sein, wenn als Strafe eine bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Frage kommt (Variante 1). Eine Minderheit der Kommission möchte die Obergrenze noch stärker absenken und zwar auf eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse (Variante 2). Unabhängig von den beiden Varianten muss der Täter überdies den Sachverhalt eingestehen.

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2

Die Vernehmlassungsunterlagen können bezogen werden über die Internetadresse: https://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/pendent.html#PK oder https://www.parlament.ch/de/organe/kommissionen/sachbereichskommissionen/kommissionen-rk/berichte-vernehmlassungen-rk Die Parlamentsdienste werden bei der Durchführung der Vernehmlassung vom Bundesamt für Justiz unterstützt. Im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG; SR 151.3) sind wir bestrebt, barrierefreie Dokumente zu publizieren. Wir ersuchen Sie daher, Ihre Stellungnahme, wenn möglich, elektronisch einzureichen (bitte nebst einer PDF-Version auch eine Word-Version) innert der Vernehmlassungsfrist an folgende Email-Adresse zu senden:

[email protected]

Für weitere Auskünfte stehen Ihnen seitens des Sekretariats der RK-N Frau Simone Peter (058 322 97 47) sowie seitens des Bundesamtes für Justiz (BJ) Herr Gilbert Mauron (058 462 78 02) gerne zur Verfügung. Für Ihre Stellungnahme danken wir Ihnen im Voraus bestens.

Mit freundlichen Grüssen

Jean Christophe Schwaab Kommissionspräsident

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1

Liste der Vernehmlassungsadressaten

Liste des destinataires consultés

Elenco dei destinatari della consultazione 1. Kantone / Cantons / Cantoni ........................................................................................... 2

2. In der Bundesversammlung vertretene politische Parteien / partis politiques représentés à l'Assemblée fédérale / partiti rappresentati nell' Assemblea federale 4

3. Gesamtschweizerische Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete / associations faîtières des communes, des villes et des régions de montagne qui œuvrent au niveau national / associazioni mantello nazionali dei Comuni delle città e delle regioni d montagna .............................................................................................. 6

4. Gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft / associations faîtières de l'économie qui œuvrent au niveau national/ associazioni mantello nazionali dell'economia .................................................................................................................... 6

5. Übrige Organisationen und Institutionen / Autres organisations et institutions / Altre organizzazioni ed istituzioni ............................................................................................ 7

Stand: 20. 10. 2016

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2

1. Kantone / Cantons / Cantoni

Staatskanzlei des Kantons Zürich Neumühlequai 10 Postfach 8090 Zürich [email protected]

Staatskanzlei des Kantons Bern Postgasse 68 3000 Bern 8 [email protected]

Staatskanzlei des Kantons Luzern Bahnhofstrasse 15 6002 Luzern [email protected]

Standeskanzlei des Kantons Uri Rathausplatz 1 6460 Altdorf [email protected]

Staatskanzlei des Kantons Schwyz Regierungsgebäude Bahnhofstrasse 9 Postfach 1260 6431 Schwyz [email protected]

Staatskanzlei des Kantons Obwalden Rathaus 6061 Sarnen [email protected]

Staatskanzlei des Kantons Nidwalden Dorfplatz 2 Postfach 1246 6371 Stans [email protected]

Staatskanzlei des Kantons Glarus Rathaus 8750 Glarus [email protected]

Staatskanzlei des Kantons Zug Seestrasse 2 Regierungsgebäude am Postplatz 6300 Zug [email protected]

Chancellerie d'Etat du Canton de Fribourg Rue des Chanoines 17 1701 Fribourg [email protected] [email protected]

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3

Staatskanzlei des Kantons Solothurn Rathaus Barfüssergasse 24 4509 Solothurn [email protected]

Staatskanzlei des Kantons Basel-Stadt Marktplatz 9 4001 Basel [email protected]

Landeskanzlei des Kantons Basel-Landschaft Regierungsgebäude Rathausstrasse 2 4410 Liestal [email protected]

Staatskanzlei des Kantons Schaffhausen Beckenstube 7 8200 Schaffhausen [email protected]

Kantonskanzlei des Kantons Appenzell Ausserrhoden Regierungsgebäude 9102 Herisau [email protected]

Ratskanzlei des Kantons Appenzell Innerrhoden Marktgasse 2 9050 Appenzell [email protected]

Staatskanzlei des Kantons St. Gallen Regierungsgebäude 9001 St. Gallen [email protected]

Standeskanzlei des Kantons Graubünden Reichsgasse 35 7001 Chur [email protected]

Staatskanzlei des Kantons Aargau Regierungsgebäude 5001 Aarau [email protected]

Staatskanzlei des Kantons Thurgau Regierungsgebäude Zürcherstrasse 188 8510 Frauenfeld [email protected]

Cancelleria dello Stato del Cantone Ticino Palazzo delle Orsoline 6501 Bellinzona [email protected]

Chancellerie d’Etat du Canton de Vaud Place du Château 4 1014 Lausanne [email protected]

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4

Chancellerie d’Etat du Canton du Valais Planta 3 1950 Sion [email protected]

Chancellerie d’Etat du Canton de Neuchâtel Le Château Rue de la Collégiale 12 2000 Neuchâtel [email protected]

Chancellerie d’Etat du Canton de Genève Rue de l'Hôtel-de-Ville 2 Case postale 3964 1211 Genève 3 [email protected]

Chancellerie d’Etat du Canton du Jura 2, rue de l’Hôpital 2800 Delémont [email protected]

Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) Conférence des gouvernements cantonaux (CdC) Conferenza dei Governi cantonali (CdC)

Sekretariat Haus der Kantone Speichergasse 6 Postfach 3001 Bern [email protected]

2. In der Bundesversammlung vertretene politische Parteien / partis politiques représentés à l'Assemblée fédérale / partiti rappresentati nell' Assemblea federale

Bürgerlich-Demokratische Partei BDP Parti bourgeois-démocratique PBD Partito borghese democratico PBD

Postfach 119 3000 Bern 6 [email protected]

Christlichdemokratische Volkspartei CVP Parti démocrate-chrétien PDC Partito popolare democratico PPD

Generalsekretariat Klaraweg 6 Postfach 3001 Bern [email protected]

Christlich-soziale Partei Obwalden csp-ow Frau Linda Hofmann St. Antonistrasse 9 6060 Sarnen [email protected]

Christlichsoziale Volkspartei Oberwallis CSPO Geschäftsstelle Postfach 132 3930 Visp [email protected]

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5

Evangelische Volkspartei der Schweiz EVP Parti évangélique suisse PEV Partito evangelico svizzero PEV

Nägeligasse 9 Postfach 3001 Bern [email protected]

FDP. Die Liberalen PLR. Les Libéraux-Radicaux PLR.I Liberali Radicali

Generalsekretariat Neuengasse 20 Postfach 3001 Bern

[email protected]

Grüne Partei der Schweiz GPS Parti écologiste suisse PES Partito ecologista svizzero PES

Waisenhausplatz 21 3011 Bern [email protected]

Grünliberale Partei glp Parti vert’libéral pvl

Laupenstrasse 2 3008 Bern [email protected]

Lega dei Ticinesi (Lega) Via Monte Boglia 3 Case postale 4562 6904 Lugano [email protected]

Mouvement Citoyens Romand (MCR) Case postale 1211 Genève 17 [email protected]

Partei der Arbeit PDA Parti suisse du travail PST

Postfach 8640 8026 Zürich [email protected]

Schweizerische Volkspartei SVP Union Démocratique du Centre UDC Unione Democratica di Centro UDC

Generalsekretariat Postfach 8252 3001 Bern [email protected]

Sozialdemokratische Partei der Schweiz SPS Parti socialiste suisse PSS Partito socialista svizzero PSS

Zentralsekretariat Spitalgasse 34 Postfach 3001 Bern [email protected]

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6

3. Gesamtschweizerische Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete / associations faîtières des communes, des villes et des régions de montagne qui œuvrent au niveau national / associazioni mantello nazionali dei Comuni delle città e delle regioni di montagna

Schweizerischer Gemeindeverband

Laupenstrasse 35 3008 Bern [email protected]

Schweizerischer Städteverband

Monbijoustrasse 8 Postfach 3001 Bern [email protected]

Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete

Seilerstrasse 4 Postfach 3001 Bern [email protected]

4. Gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft / associations faîtières de l'économie qui œuvrent au niveau national/ associazioni mantello nazionali dell'economia

economiesuisse Verband der Schweizer Unternehmen Fédération des entreprises suisses Federazione delle imprese svizzere Swiss business federation

Hegibachstrasse 47 Postfach 8032 Zürich [email protected] [email protected] [email protected]

Schweizerischer Gewerbeverband (SGV) Union suisse des arts et métiers (USAM) Unione svizzera delle arti e mestieri (USAM)

Schwarztorstrasse 26 Postfach 3001 Bern [email protected]

Schweizerischer Arbeitgeberverband Union patronale suisse Unione svizzera degli imprenditori

Hegibachstrasse 47 Postfach 8032 Zürich [email protected]

Schweiz. Bauernverband (SBV) Union suisse des paysans (USP) Unione svizzera dei contadini (USC)

Laurstrasse 10 5201 Brugg [email protected]

Schweizerische Bankiervereinigung (SBV) Association suisse des banquiers (ASB) Associazione svizzera dei banchieri (ASB) Swiss Bankers Association

Postfach 4182 4002 Basel [email protected]

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7

Schweiz. Gewerkschaftsbund (SGB) Union syndicale suisse (USS) Unione sindacale svizzera (USS)

Monbijoustrasse 61 Postfach 3000 Bern 23 [email protected]

Kaufmännischer Verband Schweiz Société suisse des employés de commerce Società svizzera degli impiegati di commercio

Hans-Huber-Strasse 4 Postfach 1853 8027 Zürich [email protected]

Travail.Suisse Hopfenweg 21 Postfach 5775 3001 Bern [email protected]

5. Übrige Organisationen und Institutionen / Autres organisations et institutions / Altre organizzazioni ed istituzioni

Centre patronal Case postale 1215 1001 Lausanne [email protected]

Demokratische Juristinnen und Juristen der Schweiz (DJS)

Juriste Démocrates de Suisse (JDS) Giuristi e Giuriste Democratici Svizzeri (GDS)

Postfach 5850 3001 Bern [email protected]

Interkantonale Arbeitsgemeinschaft der Geschädigten- und Opfervertretung IKAGO

c/o Franziska Schnyder Effingerstrasse 4a Postfach 3001 Bern

Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) Conférence des directrices et directeurs des départements cantonaux de justice et police (CCDJP) Conferenza delle direttrici e dei direttori dei dipartimenti cantonali di giustizia e polizia (CDDGP)

Haus der Kantone Speichergasse 6 Postfach 690 3000 Bern 7 [email protected]

Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz (KKPKS) Conférence des commandants des polices cantonales de suisse

(CCPCS) Conferenza dei comandanti delle polizie cantonali della svizzera (CCPCS)

Haus der Kantone Speichergasse 6 Postfach 444 3000 Bern 7

Lantana - Fachstelle Opferhilfe bei sexueller Gewalt Aarbergergasse 36 3011 Bern [email protected]

Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz SSK Conférence des procureurs de Suisse CPS Conferenza dei procuratori della Svizzera (CPS)

Rolf Grädel Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern Maulbeerstrasse 10 3001 Bern

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8

Schweizerische Verbindungsstellen-Konferenz OHG (SVK-OHG)

Conférence suisse des offices de liaison de la loi fédérale sur l'aide aux victimes d'infractions (CSOL - LAVI)

c/o Veronika Neruda Speichergasse 6 Postfach 3000 Bern [email protected]

Schweizerische Arbeitsgruppe für Kriminologie (SAK) Groupe suisse de travail de criminologie (GSC) Gruppo svizzero di lavoro di cirminologia (GSC)

c/o Dr. Niklaus Oberholzer Schweizerisches Bundesgericht Av. du Tribunal fédéral 29 1000 Lausanne 14

[email protected]

Schweizerische Kriminalistische Gesellschaft (SKG) Société Suisse de droit pénal (SSDP) Società svizzera di diritto penale (SSDP)

Herrn Christoph Winkler, Sekretär c/o Staatsanwaltschaft des Kantons Zug Postfach 1356 6301 Zug [email protected]

Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter (SVR)

Association suisse des Magistrats de l'ordre judiciaire (ASM) Associazione svizzera dei magistrati (ASM)

c/o Miro Dangubic Bundesstrafgericht Viale Stefano Franscini 7 Postfach 2720 6501 Bellinzona

[email protected]

Schweizerische Vereinigung für europäisches und internationales Strafrecht (SVEIS)

Association suisse de droit pénal européen et international (ASDPEI) Associazione svizzera di diritto penale europeo e internazionale (ASDPEI)

c/o Prof. Dr. Schwarzenegger, Universität Zürich Rämistrasse 74/17 8001 Zürich [email protected]

Schweizerische Vereinigung für Jugendstrafrechtspflege (SVJ) Société suisse de droit pénal des mineurs (SSDPM) Società svizzera di diritto penale minorile (SSDPM)

c/o Marcel Riesen-Kupper Leitender Oberjugendanwalt des Kantons Zürich Tösstalstrasse 163 8400 Winterthur

Schweizerischer Anwaltsverband (SAV)

Fédération suisse des avocats (FSA) Federazione svizzera degli avvocati (FSA)

Marktgasse 4 Postfach 8321 3001 Bern

[email protected]

Section Suisse de la Commission Internationale de Juristes

c/o Europa-Institut Hirschengraben 56 Postfach 718 8025 Zürich

[email protected]

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9

Universität Basel

Juristische Fakultät der Universität Basel Peter Merian-Weg 8 Postfach 4002 Basel

Universität Bern

Juristische Fakultät Schanzeneckstrasse 1 Postfach 8573 3001 Bern

Universität Luzern

Hirschengraben 31 6003 Luzern

Universität St. Gallen Dufourstrasse 50 9000 St. Gallen

Universität Zürich

Rechtswissenschaftliche Fakultät Rämistrasse 74/2 8001 Zürich

Université de Fribourg

Juristische Fakultät Miséricorde 1700 Freiburg

Université de Genève

Faculté de droit 40, Boulevard du Pont-d Avre 1211 Genève 4

Université de Lausanne Faculté de droit 1015 Lausanne

Université de Neuchâtel

Faculté de droit Avenue du 1er mars 26 2000 Neuchâtel

Vereinigung Schweizerischer Unternehmensjuristen (VSUJ)

Association Suisse des Juristes d'Entreprises (ASJE)

Massimo Chiasera c/o UBS AG Europaallee 21 8004 Zürich [email protected]

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Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement EJPD

Bundesamt für Justiz BJ

Direktionsbereich Strafrecht

3. April 2017

10.519 Parlamentarische Initiative

Modifizierung von Artikel 53 StGB

Bericht über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens

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Ergebnisbericht Vernehmlassung Modifizierung von Artikel 53 StGB

Referenz/Aktenzeichen: COO.2180.109.7.211315 / 250.1/2017/00013

2/11

Inhalt

1 Allgemeines ............................................................................................................... 3

2 Verzeichnis der eingegangenen Stellungnahmen .................................................. 3

3 Übersicht über die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens ........................ 3

3.1 Ziele der Vorlage................................................................................................ 3 3.2 Generelle Einschätzung ..................................................................................... 4

4 Stellungnahmen zu den einzelnen Bestimmungen des Vorentwurfs .................... 5

4.1 Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 ......................................................... 5 4.1.1 Artikel 53 Buchstabe a; Herabsetzung der Obergrenze .......................... 5 4.1.2 Artikel 53 Buchstabe a; Wiedergutmachung für Übertretungen und

Unternehmensbussen nach Artikel 102 StGB ......................................... 5 4.1.3 Artikel 53 Buchstabe c; Anerkennung des Sachverhaltes ....................... 6

4.2 Jugendstrafgesetz vom 20. Juni 2003 ................................................................ 7 4.3 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 .................................................................. 8 4.4 Weitere Anregungen .......................................................................................... 8

5 Einsichtnahme ........................................................................................................... 8

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Ergebnisbericht Vernehmlassung Modifizierung von Artikel 53 StGB

Referenz/Aktenzeichen: COO.2180.109.7.211315 / 250.1/2017/00013

3/11

Zusammenfassung

Die Vernehmlassung zur Änderung der Wiedergutmachungsregelung wurde vom 20. Oktober

2016 bis zum 3. Februar 2017 durchgeführt.

Die Revisionsvorlage wird von einer grossen Mehrheit begrüsst. Sowohl zustimmende als

auch ablehnende Stellungnahmen ziehen jedoch die zwingende Notwendigkeit der Revision

in Zweifel. Hinsichtlich der Herabsetzung der Obergrenze wird grossmehrheitlich die Variante

1 bevorzugt. Gleiches gilt für die Anerkennung des Sachverhaltes durch den Täter und die

explizite Erwähnung, dass die Wiedergutmachung auch für Übertretungen anwendbar ist.

1 Allgemeines

Das Vernehmlassungsverfahren der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates zum Vor-

entwurf Modifizierung von Artikel 53 StGB dauerte vom 20. Oktober 2016 bis zum 3. Februar

2017. Zur Teilnahme eingeladen wurden die Kantone, die in der Bundesversammlung vertre-

tenen politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte

und Berggebiete und der Wirtschaft sowie weitere interessierte Organisationen.

Stellung genommen haben 26 Kantone, 5 politische Parteien und 10 Organisationen und wei-

tere Teilnehmende. Insgesamt gingen damit 41 Stellungnahmen ein.

3 Organisationen1 haben ausdrücklich auf eine Stellungnahme verzichtet.

2 Verzeichnis der eingegangenen Stellungnahmen

Eine Liste der Kantone, Parteien, Organisationen und Personen, die geantwortet haben, findet

sich im Anhang.

3 Übersicht über die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfah-rens

3.1 Ziele der Vorlage

Die Kommission ist der Meinung, dass der Anwendungsbereich von Artikel 53 Strafgesetzbuch

(StGB; SR 311.0) enger gefasst werden sollte, und stellt zwei Varianten zur Diskussion. Die

Mehrheit schlägt vor, dass eine Wiedergutmachung nur noch möglich sein soll, wenn als Strafe

eine bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in

Betracht kommt (Variante 1). Eine Minderheit der Kommission möchte die Obergrenze noch

stärker senken und beantragt, als Obergrenze eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse vor-

zusehen (Variante 2). Mit der Aufnahme der Busse in Artikel 53 StGB möchte die Kommission

in beiden Varianten präzisieren, dass eine Wiedergutmachung auch bei Übertretungen und

Unternehmensbussen nach Artikel 102 StGB möglich sein soll.

Weiter möchte die Kommission in beiden Varianten die Anwendung von Artikel 53 StGB von

einer neuen Voraussetzung abhängig machen. Anders als heute soll der Täter den Sachver-

halt eingestehen.

1 Schweiz. Städteverband, Schweiz. Arbeitgeberverband, Schweiz. Vereinigung der Richterinnen und Richter.

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Ergebnisbericht Vernehmlassung Modifizierung von Artikel 53 StGB

Referenz/Aktenzeichen: COO.2180.109.7.211315 / 250.1/2017/00013

4/11

Alle genannten Neuerungen sollen in gleicher Weise auch in das Militärstrafgesetz (MStG,

SR 321.0) aufgenommen werden. Hingegen soll nur die neue Voraussetzung, wonach der

Täter den Sachverhalt eingestanden hat, ins Jugendstrafgesetz (JStG, SR 311.1) Eingang

finden.

Die Kommission erhofft sich, mit den erwähnten Neuerungen dem Anschein entgegenzuwir-

ken, dass sich solvente Personen von Strafverfolgung und Strafe freikaufen können.

3.2 Generelle Einschätzung

Von den 41 Vehrnehmlassenden unterstützen 23 die Revisionsvorlage und 14 lehnen sie ab.

Zu den Befürwortern gehören 14 Kantone2, 5 in der Bundesversammlung vertretene politische

Parteien3, ein gesamtschweizerischer Dachverband der Wirtschaft4 und 3 Organisationen5. 4

Vernehmlassende lehnen die Vorlage nicht ab, stehen ihr aber kritisch gegenüber, da sie die

Notwendigkeit einer Revision anzweifeln6. Abgelehnt wird die Vorlage von 8 Kantonen7 und 6

Organisationen bzw. Institutionen8.

Zu den einzelnen Punkten der Vorlage haben die Vernehmlassenden wie folgt Stellung ge-

nommen:

Herabsetzung der Obergrenze der Wiedergutmachung (Art. 53 Bst. a VE-StGB)

Für die Variante 1 (bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr, bedingte Geldstrafe oder Busse)

zur Herabsetzung der Obergrenze der Wiedergutmachung sprechen sich 18 Vernehmlas-

sende aus9.

Die Variante 2 (bedingte Geldstrafe oder Busse) wird von 4 Vernehmlassenden bevorzugt10.

Von den ablehnenden Vernehmlassenden haben sich für den Fall, dass an der Revision fest-

gehalten wird, 811 für die Variante 1 ausgesprochen; niemand war für die Variante 2.

Nennung der Bussen (Art. 53 Bst. a VE-StGB)

Die explizite Erwähnung der Busse wird von 14 Vernehmlassenden12 befürwortet und von 313

abgelehnt.

Anerkennung des Sachverhaltes (Art. 53 Bst. c VE-StGB)

Die neue Anforderung der Anerkennung des Sachverhaltes wird von 19 Vernehmlassenden14

gutgeheissen und von 915 abgelehnt.

2 AI, BS, FR, GL, JU, LU, OW, SH, SO, TG, TI, UR, ZG, ZH. 3 CVP, FDP, glp, SP, SVP. 4 SGV. 5 CP, KKPKS, SVJ. 6 BE, BL, NW, SZ. 7 AG, AR, GE, GR, NE, SG, VD, VS. 8 Bär & Karrer, KKJPD, SKG, SSK, UNIGE, UNIL. 9 AI, BS, FR, GL, JU, LU, OW, SH, SO, TI, UR, ZG, ZH, FDP, glp, SP, SGV, KKPKS. 10 TG, CVP, SVP, CP. 11 AG, AR, GR, NE, SG, KKJPD, SKG, SSK. 12 BE, BS, GE, LU, OW, SO, SZ, UR, VD, ZH, CVP, Bär & Karrer, UNIGE, UNIL. 13 JU, NE, SSK. 14 BE, BS, GL, JU, LU, NE, SO, SZ, TI, UR, VD, VS, ZH, CVP, FDP, glp, SP, SGV, KKPKS. 15 FR, GE, GR, OW, Bär & Karrer, SKG, SSK, UNIGE, UNIL.

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Ergebnisbericht Vernehmlassung Modifizierung von Artikel 53 StGB

Referenz/Aktenzeichen: COO.2180.109.7.211315 / 250.1/2017/00013

5/11

4 Stellungnahmen zu den einzelnen Bestimmungen des Vorent-wurfs

4.1 Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 193716

Artikel 53

Hat der Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen,

um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen, so sieht die zuständige Behörde von ei-

ner Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab, wenn:

a. (Variante 1, Mehrheit) als Strafe eine bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr,

eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Betracht kommt;

(Variante 2, Minderheit) als Strafe eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in

Betracht kommt;

b. das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung ge-

ring sind; und

c. der Täter den Sachverhalt eingestanden hat.

4.1.1 Artikel 53 Buchstabe a; Herabsetzung der Obergrenze

Die Befürworter der Vorlage unterstützen mit grosser Mehrheit die Variante 117. Zwar solle der

Anwendungsbereich eingeschränkt werden, dies jedoch nicht in dem Masse, wie dies Variante

2 vorsehe. Einige Vernehmlassende halten fest, dass die Wiedergutmachung nicht den Baga-

telldelikten vorbehalten sein soll, da Bagatelldelikte mit geringfügigen Tatfolgen und geringfü-

giger Schuld bereits vom Strafbefreiungsgrund des fehlenden Strafbedürfnisses nach Artikel

52 StGB erfasst werden18.

Einige Vernehmlassende erachten die Obergrenze gemäss Artikel 53 StGB in seiner heutigen

Fassung als sachgerecht und bezeichnen eine Änderung als überflüssig19. Andere lehnen die

Vorlage explizit ab20. Sein Anwendungsbereich solle nicht enger gefasst werden, um den Er-

messensspielraum der Strafbehörden nicht weiter einzuschränken21. Der Vorwurf des „Frei-

kaufs von Strafe“ sei unzutreffend, da auch nichtfinanzieller Unrechtsausgleich erlaubt sei und

die Wiedergutmachung gemäss Artikel 53 Buchstabe b StGB nur möglich sei, wenn das Inte-

resse der Öffentlichkeit und der Geschädigten an der Strafverfolgung gering sei22. Zudem hätte

diese Obergrenze in der Praxis nicht zu Problemen geführt23. Weiter wird vorgebracht, dass

der Täter-Opfer-Ausgleich in unserem Strafrecht weiterhin bestehen soll24.

4.1.2 Artikel 53 Buchstabe a; Wiedergutmachung für Übertretungen und Un-ternehmensbussen nach Artikel 102 StGB

Nahezu alle Vernehmlassenden begrüssen, dass die Möglichkeit der Wiedergutmachung für

Bussen ausdrücklich im Gesetz vorgesehen wird25. Dies diene der Klarheit und entspreche

der Praxis26. UNIGE unterstützt die Änderung, macht aber darauf aufmerksam, dass es para-

dox sei, einerseits eine Herabsetzung der Obergrenze der Wiedergutmachung anzustreben,

16 SR 311.0 17 AI, BS, FR, GL, JU, LU, OW, SH, SO, TI, UR, ZG, ZH, FDP, glp, SP, SGV, CP, KKPKS. 18 BS, GL, JU, NW, SO, UR, ZG, ZH, SGV. 19 AG, AR, BE, BL, NW, SZ, VD, KKJPD, SKG. 20 GE, GR, NE, SG, VS, Bär & Karrer, SSK, UNIGE, UNIL. 21 GE, GR, SSK, UNIL. 22 GE, NE, SG, Bär & Karrer, UNIL. 23 SG, Bär & Karrer, UNIL. 24 NE, SP, ähnlich SG. 25 BE, BS, GE, LU, OW, SO, SZ, UR, VD, ZH, CVP, Bär & Karrer, UNIGE, UNIL. 26 BE, BS, GE, LU, OW, SO, SZ, UR, VD, Bär & Karrer, ähnlich UNIL.

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andererseits aber die Anwendung der Wiedergutmachung auf Unternehmen ohne jegliche

Obergrenze zu erlauben.

JU ist der Meinung, dass Artikel 53 StGB nach geltendem Recht nicht für Übertretungen an-

wendbar sei und eine Änderung das Risiko eines erheblichen Mehraufwands mit sich bringen

würde. Übertretungen seien vorwiegend Massendelikte, die einen schnellen Prozess verlan-

gen. Wäre die Wiedergutmachung für ebensolche Massendelikte möglich, müssten jedoch

Untersuchungen durchgeführt werden, um zu überprüfen, ob die Bedingungen der Wiedergut-

machung erfüllt seien.

NE sowie SSK halten die Änderung für unnötig, da die Wiedergutmachung für Übertretungen

und Unternehmensbussen nach Artikel 102 StGB schon nach der heutigen Gesetzgebung

möglich sei.

4.1.3 Artikel 53 Buchstabe c; Anerkennung des Sachverhaltes

Die neue Anforderung der Anerkennung des Sachverhaltes27 wird grossmehrheitlich be-

grüsst28. Einige Vernehmlassende halten fest, dass zumindest eine implizite Anerkennung des

Sachverhaltes schon heute vom Täter verlangt wird29. UR bringt vor, dass diese neue Rege-

lung dazu führe, dass der Sachverhalt hinreichend geklärt werde und wenigstens polizeiliche

Ermittlungen durchgeführt werden. Dies schaffe für alle Beteiligten und die Öffentlichkeit

Rechtssicherheit. VD befürwortet die Vorlage, bemerkt aber, dass es sachgerechter wäre,

gleich wie in Artikel 358 Absatz 1 Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) zu verlangen, dass

der Täter den Sachverhalt, der für die rechtliche Würdigung wesentlich ist, anerkennt.

GR lehnt die Vorlage ab, da Einigungen, in denen der Verzeiger eine sogenannte „Desinteres-

serklärung“ abgebe, während der Verzeigte zivilrechtliche Ansprüche anerkenne, ohne jedoch

die Erfüllung der objektiven und subjektiven Tatumstände eines Straftatbestandes anzuerken-

nen, behindert würden.

Mit dieser zusätzlichen Voraussetzung werde Artikel 53 StGB nach Ansicht von OW für viele

Fälle nicht mehr anwendbar sein. Einerseits lasse bei einem Verzicht auf eine Strafverfolgung

die mangelnde Beweislage überhaupt keinen gesicherten Sachverhalt zu, der anerkannt wer-

den könnte, und anderseits seien viele Beschuldigte aus persönlichen Gründen nicht bereit,

mit einem Geständnis auch die privatrechtlichen Folgen eines Deliktes zu tragen. Da formell

kein Strafverfahren durchgeführt werde, existierten keine Beweismittel und es gelte die Un-

schuldsvermutung.

Bär & Karrer bringen vor, dass das Erfordernis eines Eingeständnisses sich für die betroffene

Person als prohibitiv erweisen könne, da neben strafrechtlichen Sanktionen regelmässig auch

administrative Massnahmen treten und die Gefahr einer zivilrechtlichen Verantwortlichkeit be-

stehe30. Zudem sei nicht klar, ob nur der Sachverhalt bestätigt oder auch die Erfüllung sämtli-

cher objektiver oder gar auch subjektiver Tatbestandsvoraussetzungen eingestanden werden

müsse31. Ein Eingeständnis des subjektiven Tatbestands erweise sich in der Praxis als beson-

27 Die Bezeichnung „Anerkennung des Sachverhaltes“ wird dem Begriff „Geständnis“ vorgezogen. Vorliegend werden die in den

Stellungnahmen verwendeten Begriffe wiedergegeben. 28 BE, BS, GL, JU, LU, NE, SO, SZ, TI, UR, VD, VS, ZH, CVP, FDP, glp, SP, SGV, KKPKS. VS widersetzt sich der Vorlage

nicht („ne s’oppose pas“). 29 BE, NE, UNIGE. BE erachtet es als zentral, dass sowohl vor den Strafverfolgungsbehörden als auch vor den Gerichten nur

der Sachverhalt an sich, nicht aber die rechtliche Qualifikation des Verhaltens, Gegenstand des verlangten Eingeständnisses bilden kann.

30 Ähnlich UNIL. 31 Ähnlich GE. Die Interpretation und die Anwendung führe zu Problemen wenn es um technische Begriffe eines strafbaren

Verhaltens gehe. So sei zum Beispiel nicht klar, ob der Täter eines Betrugs auch Tatelemente wie die Arglist eingestehen müsse. Oder ob es genüge, wenn er eingestehe fahrlässig gehandelt zu haben.

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ders problematisch, da die Wiedergutmachung oftmals vor einer Eröffnung des Strafverfah-

rens zum Zuge komme und vielfach unklar sei, ob der subjektive Tatbestand überhaupt erfüllt

sei.

SKG bemerkt, dass es begrifflich nicht möglich sei, einen noch unbekannten Sachverhalt ein-

zugestehen. Folglich werde in diesen Fällen die Anwendbarkeit von Artikel 53 StGB ausge-

schlossen. Demgegenüber müsse auch in klarsten Fällen zwecks Ermittlung des Sachverhal-

tes zwingend eine Strafuntersuchung eröffnet werden.

SSK ist der Meinung, dass die neue Bedingung unnötig sei, da sie vom Bundesgericht und

von der Lehre schon als unabdingbar unter dem Aspekt des öffentlichen Interesses gelte.

UNIGE fügt an, dass die Vorlage zu einem verfahrenstechnischen Problem führe. Lege die

beschuldigte Person ein Geständnis ab und entscheide sich die Staatsanwaltschaft in der

Folge aber gegen eine Anwendung von Artikel 53 StGB, würde dies zu Schwierigkeiten mit

den verbotenen Beweiserhebungsmethoden nach Artikel 140 StPO führen. Man sei in diesem

Fall in einer ähnlichen Situation wie beim abgekürzten Verfahren, das nur grundrechtskonform

sei, wenn bei einer Ablehnung die Erklärungen, die von den Parteien im Hinblick auf das ab-

gekürzte Verfahren abgegeben worden sind, nicht verwertet werden.

Nach Ansicht der UNIL gibt es eine Inkohärenz, wenn die Wiedergutmachung zu einer Einstel-

lungsverfügung führt. Diese Einstellungsverfügung kommt einem freisprechenden Entscheid

gleich und dieser sei per Definition nicht kompatibel mit einem Schuldeingeständnis.

4.2 Jugendstrafgesetz vom 20. Juni 200332

Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe c 1 Die urteilende Behörde sieht von einer Bestrafung ab, wenn:

c. der Jugendliche den Schaden so weit als möglich durch eigene Leistung wieder

gutgemacht oder eine besondere Anstrengung unternommen hat, um das von ihm

begangene Unrecht auszugleichen, und wenn:

1. als Strafe nur ein Verweis nach Artikel 22 in Betracht kommt,

2. die Strafverfolgung für die Öffentlichkeit und den Geschädigten nur von gerin-

gem Interesse ist, und

3. der Jugendliche den Sachverhalt eingestanden hat;

Von den vorgeschlagenen Änderungen in Artikel 53 VE-StGB wird nur die Anerkennung des

Sachverhaltes im JStG übernommen, dies weil die Wiedergutmachung im JStG im Vergleich

zum Erwachsenenstrafrecht wesentlich enger gefasst. Entsprechend hat sich ein Grossteil der

Vernehmlassenden nicht zur Änderung des JStG geäussert. Die übrigen Vernehmlassenden

haben die gleiche Stellungnahme wie zu Artikel 53 VE-StGB abgegeben (vgl. Ziff. 4.1.3).

Der SVJ erscheint die neue Anforderung nicht als dringlich, da ihr in der Praxis bereits heute

nachgelebt werde. Da die neue Bestimmung aber Klarheit schaffe, wird sie vom SVJ trotzdem

begrüsst.

AG stimmt der Änderung zu, sofern die Anerkennung nicht auch die Zivilforderung umfassen

muss.

32 SR 311.1

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4.3 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 192733

Artikel 45

Hat der Täter den Schaden gedeckt oder alle zumutbaren Anstrengungen unternommen,

um das von ihm bewirkte Unrecht auszugleichen, so sieht die zuständige Behörde von ei-

ner Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer Bestrafung ab, wenn:

a. (Variante 1, Mehrheit) als Strafe eine bedingte Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr,

eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in Betracht kommt;

(Variante 2, Minderheit) als Strafe eine bedingte Geldstrafe oder eine Busse in

Betracht kommt;

b. das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung ge-

ring sind; und

c. der Täter den Sachverhalt eingestanden hat.

Artikel 45 MStG lautet gleich wie Artikel 53 StGB. Aus diesem Grund haben die Vehrnehmlas-

senden entweder auf eine ausdrückliche Stellungnahme zu Artikel 45 VE-MStG verzichtet oder

im Wesentlichen die gleiche Stellungnahme wie zu Artikel 53 VE-StGB abgegeben (vgl. Ziff.

4.1).

4.4 Weitere Anregungen

OW beantragt, bei der Revision von Artikel 53 StGB die Frage des Strafregistereintrags noch-

mals zu prüfen.

SG regt an, eine klare Regelung zu schaffen, die es ermöglicht, der beschuldigten Person bei

einer Einstellung nach Artikel 53 StGB die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

TG könnte sich vorstellen, die Anwendung der Wiedergutmachung im StGB und im MStG auf

Fahrlässigkeitsdelikte zu beschränken. Wenn eine Person vorsätzlich ein Delikt begehe und

dadurch jemandem einen Schaden zufüge, mute es etwas seltsam an, wenn sich diese Person

durch Wiedergutmachung des Schadens quasi eine Strafbefreiung erkaufen könne.

ZG weist darauf hin, dass beide Varianten von Artikel 53 Buchstabe a VE-StGB dazu führen,

dass in weniger Fällen von einer Strafverfolgung, einer Überweisung an das Gericht oder einer

Bestrafung abgesehen werden könne als nach geltendem Recht. Daher würden zwangsläufig

mehr Fälle als bisher von den Gerichten zu bearbeiten sein. Auf diese zu erwartende Mehrbe-

lastung der Strafjustiz müsse im erläuternden Bericht hingewiesen werden.

CVP regt an, dass die Möglichkeit zur Wiedergutmachung für Wiederholungstäter ausge-

schlossen wird.

5 Einsichtnahme

Gemäss Artikel 9 des Bundesgesetzes vom 18. März 2005 über das Vernehmlassungsverfah-

ren (SR 172.061) sind die Vernehmlassungsunterlagen, nach Ablauf der Vernehmlassungs-

frist die Stellungnahmen der Vernehmlassungsteilnehmer, und nach Kenntnisnahme durch die

Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats der Ergebnisbericht, öffentlich zugänglich.

33 SR 321.0

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Anhang / Annexe / Allegato

Verzeichnis der Eingaben Liste des organismes ayant répondu Elenco dei partecipanti

Kantone / Cantons / Cantoni

AG Aargau / Argovie / Argovia

AI Appenzell Innerrhoden / Appenzell Rh.-Int. / Appenzello Interno

AR Appenzell Ausserrhoden / Appenzell Rh.-Ext. / Appenzello Esterno

BE Bern / Berne / Berna

BL Basel-Landschaft / Bâle-Campagne / Basilea-Campagna

BS Basel-Stadt / Bâle-Ville / Basilea-Città

FR Freiburg / Fribourg / Friburgo

GE Genf / Genève / Ginevra

GL Glarus / Glaris / Glarona

GR Graubünden / Grisons / Grigioni

JU Jura / Giura

LU Luzern / Lucerne / Lucerna

NE Neuenburg / Neuchâtel

NW Nidwalden / Nidwald / Nidvaldo

OW Obwalden / Obwald / Obvaldo

SG St. Gallen / Saint-Gall / San Gallo

SH Schaffhausen / Schaffhouse / Sciaffusa

SO Solothurn / Soleure / Soletta

SZ Schwyz / Svitto

TG Thurgau / Thurgovie / Turgovia

TI Tessin / Ticino

UR Uri

VD Waadt / Vaud

VS Wallis / Valais / Vallese

ZG Zug / Zoug / Zugo

ZH Zürich / Zurich / Zurigo

Parteien / Partis politiques / Partiti politici

CVP Christlichdemokratische Volkspartei CVP Parti Démocrate-Chrétien PDC Partito Popolare Democratico PPD

FDP FDP. Die Liberalen PLR. Les Libéraux-Radicaux PLR. I Liberali Radicali PLD. Ils Liberals

glp Grünliberale Partei glp Parti vert'libéral pvl

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SP Sozialdemokratische Partei der Schweiz SP Parti Socialiste Suisse PS Partito Socialista Svizzero PS

SVP Schweizerische Volkspartei SVP Union Démocratique du Centre UDC Unione Democratica di Centro UDC

Gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft / Associations faîtières de l’éco-

nomie qui oeuvrent au niveau national / Associazioni mantello nazionali dell‘economia

SGV Schweizerischer Gewerbeverband SGV Union suisse des arts et métiers USAM

Unione svizzera delle arti e mestieri USAM

Interessierte Organisationen und Privatpersonen / Organisations intéressées et

particuliers / Organizzationi interessate e privati

Bär & Karrer Bär & Karrer Rechtsanwälte

CP Centre patronal

KKJPD Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren KKJPD Conférence des directrices et directeurs des départements cantonaux de justice et police CCDJP Conferenza delle direttrici e dei direttori dei dipartimenti cantonali di giustizia et polizia CDDGP

KKPKS Konferenz der kantonalen Polizeikommendanten KKPKS Conférence des commandants des polices cantonales CCPCS Conferenza dei comandanti delle polizie cantonali CCPCS

SKG Schweizerische Kriminalistische Gesellschaft SKG Société suisse de droit pénal SSDP Società svizzera di diritto penale SSDP

SSK Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz SSK Conférence des procureurs de Suisse CPS Conferenza dei procuratori della Svizzera CPS

SVJ Schweizerische Vereinigung für Jugendstrafrechtspflege SVJ Société suisse de droit pénal des mineurs SSDPM Società svizzera di diritto penale minorile SSDPM

UNIGE Université de Genève

UNIL Université de Lausanne

Verzicht auf Stellungnahme

Schweizerischer Städteverband Union des villes suisses Unione delle città svizzere

Schweizerischer Arbeitgeberverband Union patronale suisse Unione svizzera degli imprenditori

Schweizer Vereinigung der Richterinnen und Richter

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Association suisse des magistrats de l’ordre judiciaire Associazione svizzera dei magistrati