Medikamente: Wechselwirkungen mit · PDF fileGenau so ist es. Prinzipiell muss man sagen, dass...

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    Grapefruitsaft schmeckt gut und ist als Vita-min C-Lieferant beliebt. Wer Grapefruitsafttrinkt, meint sich etwas Gutes anzutun. Um soerstaunlicher ist die Nachricht, dass Grape-fruitsaft gefhrlich sein kann, wenn er zusam-men mit Medikamenten eingenommen wird.Sie, Frau Dr. Paneitz, haben in Cardio News bereinen tragischen Fall von Wechselwirkungenvon Grapefruitsaft mit Medikamenten berichtet.

    Ja, ein 29-jhriger Mann, der seit einiger Zeittglich Grapefruitsaft getrunken hatte, litt unterallergischem Schnupfen. Dagegen nahm er Ter-fenadin (in: Hisfedin, Teldane, Terfedura, Ter-femundin, Terfenadin). Durch den Grapefruit-saft stieg der Spiegel von Terfenadin im Blut starkan, nmlich um das 30fache. Sein Kreislaufbrach zusammen und er starb einige Stundenspter.

    Um das Wichtigste vorweg zu nehmen: Raten SieMenschen, die Medikamente einnehmen, gene-rell davon ab, Grapefruitsaft zu trinken?

    Ja, wer Medikamente einnimmt, sollte aufGrapefruitsaft verzichten. Das gilt besondersfr Medikamente, die in der nebenstehenden Listeaufgefhrt sind. Bei ihnen ist von Grapefruitsaftdringend abzuraten, weil man davon ausge-hen muss, dass Grapefruitsaft ihre Wirkungverstrkt.

    Wie kommt es zu dieser Wirkungsverstrkung?

    Unser Krper arbeitet mit Enzymsystemen,die dazu dienen, Stoffe, die nicht krpereigensind, unschdlich zu machen oder abzubau-

    en. Das sind die sogenannten Cytochrome,abgekrzt: CYP. Sie sitzen in der Leber und derDarmschleimhaut.Wenn diese Enzyme durch eine Substanz blockiertwerden, wie z.B. durch Grapefruitsaft, arbeitensie nicht ausreichend. Dann kommt es im Kr-

    Medikamente: Wechselwirkungen mit Grapefruitsaft

    Interview mit Dr. rer. nat. Andrea Paneitz, Institut fr Pharmakologie,

    Ernst-Moritz-Arndt-Universitt Greifswald

    Auswahl von Arzneimitteln, deren Bioverfg-barkeit von Grapefruitsaft beeinflusst werdenkann:

    Wirkstoff Medikamentenname*

    KalziumantagonistenAmlodipin NorvascFelodipin ModipNifedipin AdalatNitrendipin BayotensinNisoldipin BaymycardVerapamil Isoptin

    HMG-CoA-ReduktasehemmerLovastatin MevinacorSimvastatin Zocor

    AndereCiclosporin SandimmunTerfenadin TeldaneMidazolam Dormicum

    *Die Wirkstoffe (links) sind in Medikamenten mitunterschiedlichen Namen enthalten. In derListe ist jeweils nur ein Medikament aufgefhrt.Auf der Verpackung und auf dem Beipackzet-tel sind die Wirkstoffe immer angegeben.

  • Genau so ist es. Prinzipiell muss man sagen,dass die Wirkung wahrscheinlich verstrkt ist,wenn man Medikamente gleichzeitig mit Gra-pefruitsaft nimmt. Aber wenn man den Gra-pefruitsaft vorher oder nachher trinkt, mussman ebenfalls damit rechnen, dass die Wir-kung ber den Tag hinweg bestehen bleibt.

    Wie sieht es mit den Beipackzetteln der Medi-kamente aus, die besonders betrof-

    fen sind (s. Liste S.23)? Wir inder Herzstiftung haben nach-

    gesehen und gefunden, dassdurchaus nicht alle diese

    Medikamente eine War-nung vor Grapefruitsaftenthalten, wie es eigent-lich notwendig wre.Und wenn ein Hinweisauf Grapefruitsaft gegebenwird, dann ist er oft fr

    den Laien unverstndlichoder irrefhrend.

    Ja, in der Tat sind die Bei-packzettel fr den Laien oft

    schwer verstndlich. Fr einigeder in der Liste aufgefhrtenMedikamente, wie z.B. das Ter-fenadin sind ausreichende Hin-weise auf dem Beipackzettelaufgefhrt. Meiner Meinungist es dringend erforderlich,allgemein verstndliche undgut sichtbare Hinweise in dieBeipackzettel aller Medika-

    mente aufzunehmen, bei denen entsprechen-de Wechselwirkungen zu erwarten sind.

    Wenn die Beipackzettel nicht ausreichend infor-mieren, hngt es von den rzten ab, ob diePatienten ber Grapefruitsaft Bescheid wissen.Glauben Sie, dass die rzte sie ausreichendaufklren?

    Dazu kann ich wenig sagen. Die rzte beiuns in der Klinik in Greifswald sind natrlichdurch unsere Forschungsarbeit sensibilisiertund weisen darauf hin. Was drauen in derPraxis geschieht, wei ich nicht. Aber ich frch-te, dass die Patienten oft nicht ausreichendinformiert werden. Man muss hoffen, dass dieBeipackzettel in Zukunft deutlicher und ver-stndlicher warnen.

    Wenn die Warnung vor dem Grapefruitsaftankommt, besteht dann nicht die Gefahr, dassdie Patienten Fruchtsfte nicht mehr trinkenwollen?

    Dazu gibt es berhaupt keinen Grund. Oran-gensaft ist eine hervorragende Alternative zu Gra-pefruitsaft. Es gibt sogar Studien, die unter-sucht haben, ob er die Abbauprozesse beeinflusst.Dabei ist herausgekommen, dass Orangensaftvollkommen unbedenklich ist. berhaupt soll-te sich niemand durch die Risiken des Grape-fruitsaftes scheu machen lassen. Nach wie vorgilt: Obst, Gemse, Salat sind fr die Gesund-heit von groem Wert, weil sie Vitamine undSchutzstoffe enthalten. Das haben neuere Stu-dien wieder eindrucksvoll besttigt.Nur: Medikamente sollte man immer mit Was-ser einnehmen.

    Interview: Irene Oswalt

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    D e u t s c h e H e r z s t i f t u n g

    Fr Gesundeist Grapefruitsaft ein gutes,wohlschmeckendesGetrnk. Wer aber Medi-kamente nimmt, sollte dar-auf verzichten.

    per zur Anreicherung des Arzneistoffes, derber dieses Enzym abgebaut wird. Ganz einfach:Ein Patient nimmt z.B. das Medikament X ein.Das Medikament X wird durch die CYP imDarm und in der Leber abgebaut und ausge-schieden. Deshalb muss jeden Tag eine Tablet-te genommen werden, damit der Spiegel auf-recht erhalten werden kann.Sowohl in der Darmschleimhaut als auch inder Leber findet in unterschiedlichem Ma einAbbau statt. Das ist bei jedem Medikamentanders. Nehmen wir mal an, dieser Abbau betra-ge 50% und damit erreiche ich den Wirkspie-gel, den ich brauche. Wenn ich den Abbau die-ses Medikamentes dadurch blockiere, dass ichGrapefruitsaft trinke, kommen nicht nur 50%,sondern 70 oder 80% des Medikamentes insBlut. Wie im vorliegenden Fall beschrieben,kann diese ungewollte Blutspiegelerhhungbei Medikamenten, die in hheren Dosierungengiftig sind, zu gefhrlichen Nebenwirkungenfhren.

    Wei man, was im Grapefruitsaft diese Wir-kung auslst?

    Seit fnf bis sechs Jahren hat man versuchtherauszufinden, was fr Stoffe im Grapefruitsafteinen Einfluss auf die Medikamente abbauen-den Enzyme haben. Zunchst wurde das Narin-gin, ein Flavonoid, fr diese Wirkung verant-wortlich gemacht. Nachfolgende Studien lieenvermuten, dass nicht Naringin allein fr dieWirkungsverstrkung mancher Medikamenteverantwortlich ist. In der Folge wurden mehrereInhaltsstoffe des Grapefruitsaftes auf ihre enzym-hemmende Wirkung getestet. Auch diese Unter-suchungen lieferten keine einheitlichen Ergeb-nisse, so dass man bis heute nicht sicher wei,welche Stoffe die CYP-Hemmung des Grape-fruitsaftes bewirken.

    In dem tragischen Fall, ber den Sie berichteten,war der Wirkstoffspiegel des Antiallergikumsum das 30fache erhht. Bei einer Studie angesunden Erwachsenen hat man eine viel gerin-gere Steigerung gesehen, nmlich eine dreifa-che. Wie erklren Sie den Unterschied?

    Zunchst: Die Reaktionen vonGesunden lassen sich mit denenvon Kranken nicht vergleichen.Aber hauptschlich erklrt sichder Unterschied dadurch, dassNatursfte, also auch Grape-fruitsfte, nicht standardisiertsind. Das heit: Wir wissen nicht,wie sie zusammengesetzt sindund wie stark sie verdnnt sind.Sind es Presfte? Sind es Kon-zentrate? Grapefruitsaft ist nichtgleich Grapefruitsaft. Deswegenist es auch nicht mglich anzuge-ben, von welcher Menge an derGenuss von Grapefruitsaft gefhrlichwird. Aus diesem Grund empfehlen wir,auf Grapefruitsaft ganz zu verzichten, wennman Medikamente nimmt.

    Verstehe ich Sie richtig? Es geht also nicht nurdarum, Medikamente nicht mit Grapefruitsafteinzunehmen, sondern den ganzen Tag ber kei-nen Grapefruitsaft zu trinken, wenn man Medi-kamente einnimmt.

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    D e u t s c h e H e r z s t i f t u n g