MEISTER KAMMERKONZERTE INNSBRUCK PUBLICUM

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MUSIKMAGAZIN NR 02 · 2017/18 PUBLICUM MEISTER & KAMMERKONZERTE INNSBRUCK IGOR LEVIT VIRTUOSE POESIE INNIGE LIEBE BAIBA SKRIDE HOHE SCHULE HENSCHEL QUARTETT EMOTIONALER KLANG EBONIT SAXOPHONE QUARTET

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MUSIKMAGAZIN NR 02 · 2017/18

PUBLICUMMEISTER & KAMMERKONZERTE INNSBRUCK

I G O R L E V I T

VIRTUOSE POESIEINNIGE LIEBEB A I B A S K R I D E

HOHE SCHULEH E N S C H E L Q U A R T E T T

EMOTIONALER KL ANGE B O N I T S A X O P H O N E Q U A R T E T

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GOLDENE GITARRE

Es scheint so, dass die von der populären E- Gitarre verdrängte klassische Gitarre seit einigen Jahren wieder Terrain gutmacht. Darauf könnte auch der jüngste ARD-Wettbewerb in München ein Hinweis sein, wo 2017 erstmals seit einem Vierteljahrhundert auch im Fach Gitarre wieder ein Preisspiel stattfand. Dabei erlangte der 26-jährige Davide Giovanni Tomasi aus dem italienischen Pavia ex aequo mit dem Chinesen Junhong Kuang den zweiten Preis, nachdem die Jury keinen ersten Preis vergeben hatte. Das beeindruckende Final-Konzert Tomasis mit dem berühmten „Concierto de Aranjuez“ für Gitarre und Orchester des Spaniers Joaquín Rodrigo ist auf YouTube zu hören und sehen.

Auch in seinem Innsbrucker Solo-Pro-gramm wird Tomasi Musik aus dem Gitarre-Mutterland Spanien spielen: eine Sonate des genialen Ravel-Schülers Antonio José. Sein Lehrer prophezeite ihm, der bedeutendste Kom-ponist Spaniens im 20. Jahrhundert zu werden. Doch dann traten die Falangisten auf den Plan. Der 34-jährige Antonio José, Musiklehrer an der Jesuitenschule in Burgos, wurde ein Opfer der Exekutionen der Franco-Faschisten. Tomasi wird mit der drei Jahre vor Josés Ermordung

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DAVIDE GIOVANNI TOMASIGITARRE

ANTONIO JOSÉSonata

HEITOR VILLA-LOBOS5 Prelúdio

MARIO CASTELNUOVO-TEDESCONr. 18 und 24 aus:

24 Caprichos De Goya op. 195

GIULIO REGONDINr. 2 und 4 aus: 10 Studi

Introduction and Caprice op. 23

BENJAMIN BRITTENNocturnal after John Dowland op. 70

MENDELSSOHN UND WAGNER

In den Meister&Kammerkonzerten der ersten Monate 2018 rücken zwei Welten der Romantik in den Mittel-

punkt, die kontrastierender nicht sein könnten: Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy und von Richard Wagner.

Der um vier Jahre jüngere, gebürtige Leipziger Wagner sah in dem in Leipzig als Direktor der Gewandhaus-konzerte und Gründer des ersten deutschen Musik-konservatoriums wirkenden und international schon

etablierten Mendelssohn einen starken Konkurrenten. Von Wagner sind nicht nur kritische Bemerkungen über

Mendelssohns Musik überliefert, sondern in seiner Schrift über das „Judentum in der Musik“ steht auch zu lesen,

„dass ein Jude von reichster spezifischer Talentfülle“ wie Mendelssohn „ohne durch die Hilfe aller dieser

Vorzüge es je ermöglichen“ könne, „auch nur ein einziges Mal die tiefe, Herz und Seele ergreifende Wirkung

auf uns hervorzubringen, welche wir von der Kunst erwarten .“ Ein knappes Jahrhundert später verschwand

dann Mendelssohns Kunst während der Herrschaft der Nationalsozialisten aus allen Konzertsälen und

Konservatorien Deutschlands, sein Denkmal in Leipzig wurde zerstört. Ein beim Publikum so beliebtes Werk wie das Violinkonzert existierte plötzlich nicht mehr.

Längst aber ist es zurückgekehrt in unser Musik leben und wir dürfen uns darauf freuen, dass die lettische Geigerin

Baiba Skride und das Orchestre Philharmonique du Luxembourg Mendelssohns Violinkonzert am 24. Jänner

im Meisterkonzert aufführen werden. Da prallen übrigens Mendelssohn und Wagner direkt aufeinander, denn eröffnet wird der Abend mit der Ouvertüre und dem

Bacchanal aus „Tannhäuser “, jener Oper, in der Wagner seinen überwältigenden musikdramatischen Stil gefun-

den hat. Mendelssohn ist aber keinesfalls an dieser Musik erstickt, auch wenn Wagner laut einer Tagebucheintra-gung seiner Frau Cosima über Mendelssohn andeutete,

„wie der Eindruck des Tannhäuser’s ihn wohl hätte würgen können“ und er „nicht lange darauf gestorben“ sei.

Sowohl im „Tannhäuser“ als auch im „Parsifal“ hat Wagner jenes alte kirchenmusikalische Motiv des

„Dresdner Amens“ verwendet, das auch Mendelssohn schon in seiner „Reformationssymphonie“ zitierte . Es gibt also doch eine Gemeinsamkeit in der Musik der

beiden. Das Motiv wird am 28. Februar im Meisterkonzert mit Igor Levit zu hören sein, der den „Feierlichen

Marsch zum Heiligen Gral“ aus Wagners „Parsifal“ in der Klaviertranskription Liszts spielt. Eine Woche davor führt im Kammerkonzert das Henschel Quartett das a-Moll-

Streichquartett Mendelssohns auf, das er als tief empfun-denen Nachruf auf den von ihm – und in gleichem Maße

von Wagner – bewunderten Beethoven komponierte.Zumindest eine freundliche Aussage Wagners über

Mendelssohn ist überliefert, als er ihn angesichts seiner Ouvertüren als „erstklassigen Landschaftsmaler “ bezeich-nete. Eines dieser Gemälde Mendelssohns, „Meeresstille

und glückliche Fahrt“, wird im Meisterkonzert am 18. April vom Berner Symphonieorchester „ausgestellt“.

GOLDENE GITARRE.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 DAVIDE GIOVANNI TOMASI

INNIGE LIEBE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 BAIBA SKRIDE

HOHE SCHULE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6HENSCHEL QUARTETT

VIRTUOSE POESIE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 IGOR LEVIT

EMOTIONALER KLANG .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 10EBONIT SAXOPHONE QUARTET

INHALT

KARTEN

Einzelkarten sind nach Verfügbarkeit für jedes Konzert erhältlich:

www.meisterkammerkonzerte.at

Tiroler Landestheater, Rennweg 2, 6020 InnsbruckMo–Fr 10.00–19.00 Uhr und Sa 10.00–18.30 UhrT +43 512 52074-4, [email protected]

Innsbruck Information, Burggraben 3, 6020 InnsbruckMo–Fr 09.00–18.00 Uhr, Sa 09.00–12.30 UhrT +43 512 5356-0, [email protected]

U N S E R P A R T N E R B E I M T H E M A H Ö R E N

4. KAMMERKONZERT / MO 22. JÄN 2018 / TIROLER LANDESKONSERVATORIUM / BEGINN 20.00 UHR, EINFÜHRUNG 19.00 UHR

Die Gitarre löste in der klassischen Epoche die Laute als bevorzugtes Zupfinstrument ab und erfreute sich fortan in der Hausmusik und Kammermusik großer Beliebtheit. Bei den Innsbrucker Kammer-

konzerten hat die Gitarre im Jänner einen Solo-Auftritt, besser gesagt der junge Gitarrist Davide Giovanni Tomasi, der anstelle des erkrankten Thibault Cauvin im Konservatoriumssaal spielen wird.

komponierten Gitarrensonate die farbenreiche harmonische Sprache des spanischen Impressi-onisten zum Blühen bringen.

Die Gitarre verbreitete sich von Spanien aus über ganz Europa. Zentren der klassischen Gitarre waren Paris und Wien. Komponisten wie Héctor Berlioz, Niccolò Paganini und Franz Schubert spielten auch leidenschaftlich Gitarre . Paganinis Gitarrenwerke gerieten aber gegen-über seinen Violinwerken in Vergessenheit. 1830 konzertierte Paganini in Paris gemeinsam mit dem siebenjährigen Giulio Regondi, einem musikalischen Wunderkind auf der Gitarre . Später etablierte sich der Sohn einer deut-schen Mutter und eines italienischen Vaters als Gitarren virtuose und Komponist in London. Mehrere von Regondis exquisiten Gitarrestü-cken hat Davide Giovanni Tomasi in seinem Innsbrucker Programm.

Im 20. Jahrhundert brach für die klassische Gitarre dank Virtuosen wie dem Spanier Andrés Segovia und dem Engländer Julian Bream ein goldenes Zeitalter an. Für beide Großmeister auf der Gitarre schrieben viele Komponisten neue Werke. Drei davon wird Tomasi in Innsbruck zu Gehör bringen. Als der italienische Kom-ponist Mario Castelnuovo-Tedesco in Venedig Andrés Segovia kennenlernte, schloss er eine Freundschaft mit dem spanischen Musiker und komponierte eine Fülle von Gitarrenwerken für ihn, darunter 24 Caprichos nach den berühmten Zeichnungen Goyas. Zwei dieser Caprichos hat Tomasi für sein Innsbrucker Programm ausgewählt. Der brasilianische Komponist Heitor Villa-Lobos wurde von Segovia, den er in Paris spielen hörte, zu mehre-ren Gitarrestücken inspiriert, darunter jene nun von Tomasi ins Programm ge-nommenen fünf Préludios, die Villa- Lobos als Hommage an verschie-dene Volksgruppen in Brasilien und an sein musikalisches Idol Johann Sebastian Bach schrieb.

Ebenfalls an einen bedeu-tenden Komponisten der Ver-gangenheit, den englischen Re-

naissance-Lautenisten John Dowland, erinnerte Benjamin Britten, als er für seinen Landsmann Julian Bream „Reflections“ über Dowlands Lautenlied „Come, heavy sleep“ komponierte . Bream spielte 1964 bei Brittens Aldeburgh Festival die erste Aufführung von „Nocturnal after John Dowland“. Tomasi trägt nun diese zauberhafte Musik, in der Lauten- und Gitarren-kunst verschmilzt, nach Innsbruck.

Vor seinem Erfolg beim ARD-Wettbewerb hat Tomasi bereits 25 Preise bei weiteren in-ternationalen Wettbewerben errungen. Beim

„Concorso internazionale di chitarra classica“ in

Alessandria/Piemont erhielt er 2016 als „Entdeckung des Jah-res“ die „Goldene Gitarre“.

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ACHTUNG

KONZERT-

ÄNDERUNG

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4. MEISTERKONZERT / MI 24. JÄN 2018 / CONGRESS INNSBRUCK, SAAL TIROL / BEGINN 20.00 UHR, EINFÜHRUNG 19.00 UHR

DIE MELODIE SEINES LEBENS

Ein eigenes Kapitel widmet Rosemarie Marschner in ihrem neuen Roman „Good Morning, Mr. Mendelssohn“ seinem Violinkonzert. Die österrei-

chische Schriftstellerin leitet aus dem Charakter der Musik die mögliche

Inspiration für das Werk ab, dessen Entstehung in Bad Soden im Taunus während einer Sommerfrische des überarbeiteten Komponisten und

Dirigenten angenommen wird.Dort hörte er sie wieder, die

„wunderbare Melodie“, die in den zurückliegenden Jahren immer

wieder aufgetaucht war. Jetzt war sie „nur noch aufzuschreiben und

an die Welt weiterzugeben.“ „E-Moll, dachte er ... Zärtliche Töne von fast naiver Einfachheit. Nach-

denkliches Forschen. ... Rasche Triolen ... So viel Sehnsucht, leiden-

schaftlich, drängend und voller Liebe. Auch Freude, leichtfüßig und ganz unerwartet ... Danach die Rückkehr zum Drama, vermischt jedoch mit dem wunderbaren Nachklang des Vorangegangenen. ... Nun wusste

er, dass das Instrument für das Lied seines Lebens die Geige war.“

Dieses ganze Leben erzählt Marschner mit großem Einfühlungsvermögen: das Aufwachsen des Wunderknaben

im vorrevolutionären Berlin in der Großbürgerfamilie der Nachfahren

des Philosophen Moses Mendelssohn, die einzigartige Karriere Felix’, seine

innige Beziehung zu seiner kom-ponierenden Schwester Fanny, seine

vielen Reisen, seine Begegnungen mit den gekrönten Häuptern in Sachsen,

Preußen und England – und alles immer aus dem Geist der Musik und

der Künstlernatur Mendelssohns.

Good Morning, Mr. Mendelssohn

Roman von Rosemarie Marschner

in deutscher Sprache

dtv premium, München, 2017

4. MEISTERKONZERT / MI 24. JÄN 2018 / CONGRESS INNSBRUCK, SAAL TIROL / BEGINN 20.00 UHR, EINFÜHRUNG 19.00 UHR

INNIGE LIEBEBaiba Skride spielt seit ihrem vierten Lebensjahr Geige. Das populäre

Mendelssohn -Violinkonzert, mit dem sie im Jänner nach Innsbruck kommt, führte sie erstmals mit zwölf auf. Heute zählt sie zu den bedeutendsten

Geigerinnen der Welt. Sie liebt Entdeckungen und jedes Werk, das sie spielt.

PUBLICUM: Sie kommen mit einem der populärsten Violinkonzerte nach Innsbruck.

Wenn man Ihre beeindruckende Diskogra-phie durchforstet, findet man die berühm-ten Konzerte von Brahms, Tschaikowski und Sibelius und auch viele nicht so pro-minente Konzerte wie von Nielsen und Frank Martin. Aber das Mendelssohn-Violinkonzert ist nicht dabei. Hat das einen besonderen Grund?

BAIBA SKRIDE: Mir ist es immer sehr wichtig, auch viele unbekannte Werke auf CD ein-

zuspielen. Aber ich nehme auch nach und nach die

bekannten Werke auf. Mendelssohns Konzert

ist sich bis jetzt aus organisatorischen

Gründen nicht ausgegangen. Aber eine Auf-nahme davon wird bestimmt noch passieren.

Ich spiele das Werk regelmäßig

in Konzerten, allerdings halte ich damit Maß, denn es gibt so viele Geiger, die dieses Konzert so oft auf das Programm setzen.

Können Sie sich noch erinnern, wann Sie das Mendelssohn-Konzert zum ersten Mal gespielt haben ?

Ich war zwölf Jahre alt und durfte das Konzert mit einem Symphonieorchester aus Estland aufführen. Es war sehr aufregend und überhaupt das erste Mal, dass ich als Solistin mit einem großen Orchester auftreten durfte. Ein einprägsames Erlebnis.

Ein vielgespieltes Werk wie das Mendelssohn-Konzert hat eine sehr differenzierte und vielfältige Aufführungstradition. Hören Sie es sich auch mit anderen Geigern an?

Natürlich. Es macht Freude, die Ideen von anderen Musikern zu hören. Das kann auch anregend für die eigenen Überlegungen zu einem Werk sein. Aber es gibt dann einen Punkt, wo man das alles vergessen und sich darauf konzentrieren muss, was einem selber wichtig ist.

Trotz der „Sommernachtstraum“-Musik, der „Italienischen Symphonie“ und dem Oratorium „Elias“ wird Mendelssohns Name auf Anhieb zu-vorderst mit seinem Violinkonzert in Beziehung gebracht. Was macht für Sie die herausragende Stellung dieses Werkes aus?

Mendelssohns Musik ist für die Zuhörer und Musiker eine sehr emotionale, aber auch zugängliche Welt, von der die Menschen sofort berührt werden. Man fühlt sich wohl und ist keinen extremen Gefühlsschwankungen aus-gesetzt. Je mehr man das Violinkonzert hört, desto öfter will man es wieder hören. Aber ich muss doch sagen, wenn man es 20 Mal hin-tereinander spielt, ist es zu viel! Denn da ist es dann auch schwer, das Glück, das dieses Werk in sich trägt, frisch zu halten. Deshalb mache ich immer wieder Aufführungspausen bei diesem und auch anderen großen Konzerten . Die größte Herausforderung ist, dass man bei viel gespielten Werken nicht in Routine und bestimmte Traditionen verfällt, die man kennt. Vielmehr soll man immer wieder wie ein Kind an die Musik herangehen.

Wann haben Sie mit dem Violinspiel begonnen?Ich bin mit drei Jahren in Lettland in die

Musikschule gekommen. Und mit der Geige durfte ich offiziell mit vier anfangen. Ich wollte

ja unbedingt Geige spielen, so wie meine ältere Schwester. Ich fand das einfach cool. Es gab damals keine Handys und so Zeug, in Lettland auch kein Fernsehen. Gar nichts. Da war Geige spielen eine reizvolle Beschäftigung und etwas Besonderes.

Wann haben Sie erstmals die Noten von einem richtigen Solokonzert bekommen und einstudiert? Wissen Sie noch, welches Werk es war?

Ein kleines barockes Konzert. Das habe ich mit sechs Jahren gespielt. Ich wollte aber unbedingt schon Mozarts D-Dur-Konzert spie-len, die Noten habe ich in unserer riesigen Musikbibliothek zu Hause gefunden. Meine Lehrerin sagte aber: Das geht noch nicht. Wir sind immer vor der ersten Seite gesessen und nicht weitergekommen. Doch einige Jahre später gehörte dieses Konzert dann zum strikten Ausbildungsplan.

Haben sie mittlerweile alle fünf Mozart-Konzerte im Repertoire?

Ja, und noch ein weiteres Konzert, von dem man aber nicht genau weiß, ob es von Mozart ist. Jedenfalls eine Musik, die mit Mozart sehr gut befreundet ist.

Sie spielen neben Solokonzerten und der Solo-literatur für Violine auch viel Kammermusik, zum Teil mit Ihrer Schwester, der Pianistin Lauma Skride.

Das kammermusikalische Repertoire ist so wichtig für das Verständnis jedes Komponisten. Man kann doch die Konzerte von Mendelssohn oder Brahms nicht spielen, ohne dass man Kammermusik von ihnen gelernt hat. Von Mendelssohn spiele ich Klaviertrios, Sonaten und ganz oft das Streichoktett. Kammermusik ist auch so wichtig, um zu lernen, aufeinander zu hören.

Sie pflegen ein äußerst großes Repertoire und wechseln auch oft zwischen den Werken. Wie baut man zu ihnen immer wieder aufs Neue Nähe auf?

Man braucht ein Werk nicht zu spielen, wenn nicht eine innige Liebe dazu besteht. Die muss bei jedem Werk, das man aufführt, da sein! Ich liebe sehr viele Werke und ich möchte den Zuhörern meine Liebe zu diesen Werken mit-

ORCHESTRE PHILHARMONIQUEDU LUXEMBOURG

GUSTAVO GIMENO DIRIGENTBAIBA SKRIDE VIOLINE

RICHARD WAGNEROuvertüre und Bacchanal aus der Oper

„Tannhäuser“ WWV 70

FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDYKonzert für Violine und Orchester e-Moll

op. 64 MWV O 14

CLAUDE DEBUSSY„Ibéria“. Nr. 2 aus „Images“ für Orchester„La Mer“. Trois esquisses symphoniques

pour orchestre

teilen. Dabei liegt mir nicht sofort jedes Werk, das ich kennenlerne. Aber da muss man dann offen sein und die Liebe entstehen und wachsen lassen. Zum Beispiel hat es viele Jahre gedauert, zum Violinkonzert von Alban Berg eine Bezie-hung aufzubauen. Ich fand das Werk, als ich es erstmals hörte, schrecklich. Jahre später habe ich mich dann mehr damit beschäftigt und mei-ne Beziehung hat sich ins Gegenteil verändert.

Da sie gerne zwischen den Werken wech-seln: Welche anderen Konzerte spielen Sie nun im Umfeld des Mendelssohn-Konzertes?

Bergs Konzert in Leipzig, Tschaikowskis Konzert in New York, das zweite Konzert Schostakowitschs in Berlin, außerdem Korngolds Violinkonzert und viel verschiedene Kammermusik. Im Grunde genommen spiele ich jede Woche etwas anderes.

Nicht nur jedes Musikwerk trägt eine Seele in sich, auch Instrumenten spricht man eine Seele zu. Sie haben in den vergangenen Jahren mehrfach das Instrument gewechselt. Welche Geige spielen Sie zur Zeit? Und wie kommt man einem Instrument nahe und erforscht seine Besonderheiten?

Ich spiele seit eineinhalb Jahren eine Stradivari , die dem bedeutenden Geiger und Pädagogen Yfra Neaman gehörte. Es ist eine großzügige Leihgabe der Familie Neaman auf Vermittlung der Beares International Violin Society . Davor spielte ich mehrere Jahre auf einer Stradivari, die mir Gidon Kremer geliehen hat. Sie war sehr farbenreich und luftig . Dem-gegenüber ist die Stradivari von Yfra Neaman brillanter und im Klang fokussierter. Ich gehe meine Beziehung zu Instrumenten genau-so an wie zu Musikstücken. Ich lerne von jedem Instrument , bin offen und versuche, die individuellen Qualitäten herauszufinden. Man muss sich kennenlernen, das dauert seine Zeit. Man soll auf das Instrument eingehen, ihm seinen Charakter lassen und nicht nur auf seinen eigenen Vorstellungen bestehen.

Sie kommen aus einer Musikerfamilie und ha-ben nun selbst Kinder. Musizieren die auch schon?

Mein erstgeborener Sohn ist zehn Jahre alt, er spielt sehr gerne Gitarre, sowohl E-Gitarre als auch akustische. Mein jüngerer Sohn ist fünfeinhalb und übt schon Geige. Aber er hatte keine Ahnung, dass das auch Arbeit bedeutet.

Das Gespräch führte Rainer LepuschitzBA

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„Ich wollte als kleines Kind unbedingt Geige spielen. Ich fand das einfach cool. Es gab damals keine Handys und so Zeug. Da war Geige spielen

eine reizvolle Beschäftigung.“— Baiba Skride —

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IM GESPRÄCH

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5. KAMMERKONZERT / FR 16. FEB 2018 / TIROLER LANDESKONSERVATORIUM / BEGINN 20.00 UHR, EINFÜHRUNG 19.00 UHR 5. KAMMERKONZERT / FR 16. FEB 2018 / TIROLER LANDESKONSERVATORIUM / BEGINN 20.00 UHR, EINFÜHRUNG 19.00 UHR

NEUER QUARTETT-KOSMOS

Mit Track 1 dieser CD fegt eine neue Epoche der Streichquartettmusik durch

die HiFi-Boxen, wenn das Münchner Henschel Quartett die geballte Ladung von Erwin Schulhoffs erstem Quartett-satz zündet. Darin ist alles an greller

Harmonik, entfesselter Rhythmik, neuen Klangwirkungen und extremen

Spieltechniken enthalten, was die aufbrechende Moderne im frühen

20. Jahrhundert zu bieten hatte. Das Henschel Quartett holt den bis heute

fast vergessenen Prager Schulhoff mit einer dynamischen, virtuosen und alle Schattierungen brillant

aushorchenden Interpretation des 1. Streichquartetts aus dem Schatten seines viel berühmteren Zeitgenossen Béla Bartók. Das Münchner Ensemble entlockt Schulhoffs Musik ihre Klang-

magie, wie im gespenstischen und gespannten Finalsatz, und spielt

mitreißend die Vorliebe des Kompo-nisten für urtümliche volksmusika-lische Tanzformen aus. 17 Minuten dauert Schulhoffs 1. Quartett, aber nach dem Hören dieser Aufnahme

hat man das Gefühl, einen Ausflug in einen unendlichen kammermusika-lischen Kosmos gemacht zu haben.Noch weitere faszinierende Spiel-

arten frühmoderner Quartettmusik entfacht das Henschel Quartett mit

dieser CD farbenreich und fulminant: die hochexpressive lyrische Kammer-

musiksprache des finnischen Sym-phonikers Jean Sibelius im Quartett „Voces intimae“ und die spannende

Musik dramatik des mährischen Sprachmelodikers Leoš Janácek auf

16 Saiten im 1. Streichquartett , das von Tolstois Psychothriller

„Kreutzer sonate“ entzündet wurde.

Schulhoff/Sibelius/Janácek: Streichquartette

Henschel Quartett (NEOS Music)

HENSCHEL QUARTETT

ERWIN SCHULHOFFFünf Stücke für Streichquartett

FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDYStreichquartett Nr. 2

a-Moll op. 13

LUDWIG VAN BEETHOVENStreichquartett Nr. 14

cis-Moll op. 131

HOHE SCHULEMit dem Henschel Quartett kommt eines der renommiertesten

Streichquartette nach zehn Jahren wieder zu den Innsbrucker Kammer-konzerten. Das Münchner Ensemble besteht seit mittlerweile einem

Vierteljahrhundert . Cellist Mathias Beyer-Karlshøj über die Konstanz im Quartettspiel und über monumentale Erscheinungen der Quartettmusik.

PUBLICUM: Das Henschel Quartett besteht seit fast einem Vierteljahrhundert. Was muss man vor allem tun, um in dieser diffizilen Besetzungs-form kontinuierlich bestehen zu können?

MATHIAS BEYER-KARLSHØJ: Es gibt natür-lich kein verlässliches Rezept. Eine gute Vor-aussetzung sind der Wille und Wunsch, sich zu entwickeln und mit diesen enormen Meister-werken der Gattung ein Leben zu verbringen. Zum Gelingen gehört auch Glück und Gnade.

Wenn man über einen so langen Zeitraum so viel Streichquartett spielt, gibt es wohl nicht nur eine durchgängige Entwicklung, sondern auch ständig neue Schübe.

IM GESPRÄCH Man muss sich immer wieder neu erfinden als Quartett. Das ist Teil des künstlerischen Prozesses und generiert sich aus dem Zusam-menwirken von inneren wie äußeren Gege-benheiten und Einflüssen. Es ist letztlich die tägliche Arbeit mit der Musik, welche diesen Prozess für uns am Leben erhält. Aber es ist eine sehr fragile Angelegenheit.

Drei Mitglieder aus der Gründungsbesetzung – der erste Geiger, die Bratschistin und der Cellist – spielen heute noch, das ist eine enorme Konstanz, auch im internationalen Quartettvergleich. Wie gelingt es euch, über einen so langen Zeitraum Kreativität und Konstruktivität zu bewahren?

Das Streichquartettspiel ist in vieler-lei Hinsicht eine hohe Schule. Kreativität ist

sicherlich das Potenzial von individueller Ver-anlagung und Entwicklung, welches zu einer sich verändernden Bindung in einem Ensemble führt. Die Kon struktivität wächst aus meiner Sicht mit Erfahrung und Reif e.

Personelle Wechsel gab es bei eurem Quartett bisher – drei Mal – nur auf der Position der zwei-ten Violine, wo nun Catalin Desaga spielt. Wie kann sich ein Musiker in ein so lange bestehendes Kollektiv einfügen und gleichzeitig einbringen?

Wir sind sehr froh und dankbar, Catalin gefunden zu haben. Die berühmte Nadel im Heuhaufen oder eben Fügung. Interes-santerweise ist Catalin durch eine ähnliche Schule gegangen wie wir. Besonders geprägt durch seinen Lehrer, den Primarius des Voces

Quartett . Zudem war er, so wie wir, eng ver-bunden mit dem Dirigenten Sergiu Celibidache und dem Amadeus Quartett . Darüber hinaus spielt natürlich Charakter eine tragende Rolle Der Katalog von passenden Eigenschaften , die für eine Position in einem Streichquartett über das rein instrumentale und musikalische Können hinausgehen, wäre noch zu erstellen und sicherlich sehr lang.

Politisch gefragt: Bildet ein Streichquartett ein demokratisches Forum von vier gleichwertigen eigenständigen Kräften?

Das Streichquartett ist aus sich selbst her-aus eine Koalition. Und eine Kunst des Zusam-menspiels. Die Herausforderung besteht für jedes Mitglied in der Provokation durch die an-deren bei gleichzeitiger Stimulanz des Eigenen . Die Möglichkeiten einer solchen Formation liegen im ständigen Regulativ.

Ihr werdet in Innsbruck Beethovens monu-mentalem Opus 131 Werke von Schulhoff und Mendelssohn vorausschicken. Mendelssohn haftet bis heute Robert Schumanns Diktum an, der „Mozart des 19. Jahrhunderts“ zu sein. Das trifft für einige Aspekte von Mendelssohns Musik sehr wohl zu, aber hat er nicht gerade als Streichquar-tettschöpfer auch viel mit Beethoven zu tun?

Kaum ein Komponist ist an Beethoven vorbeigekommen. Schumanns Wort wiederum zielt, glaube ich, besonders auf die Leichtigkeit im Geiste, die Mendelssohns Musik ohne Zweifel mit Mozart verbindet. Nur auch hier darf man nicht vorschnell sein. Die Unbeschwertheit ist bei beiden Komponisten oft durch harte Arbeit am Material hervorgerufen. Man schaue sich nur so manches Autograph an, das wiedergibt, wie gerungen wurde ...

In Innsbruck spielt ihr Mendelssohns a-Moll-Quartett, das in Beethovens Todesjahr 1827 entstand. Welche Beethoven-Bezüge sind in dem Werk auszumachen?

Übergeordnet ist Mendelssohns Werk eine Verneigung vor dem Meister. Das zeigt sich an vielen formalen Merkmalen und Anspielungen auf das Gesamtwerk Beethovens . Im Besonderen gibt es den deut-lichen Bezug zu Beethovens Quartett op. 132 nicht nur in der Wahl der Tonart, sondern auch der Thematik und einer ganzer Reihe forma-ler Besonderheiten . Des Weiteren findet man

auch Beethovens 7. Sinfonie sowie die Klavier-sonate „Les Adieux “ zitiert. Von Mendelssohn selber stammt die Geschichte, dass bei der Aufführung seines Quartetts op.13 in Paris ein Zuhörer, der neben ihm saß, ihn anstupste und deutlich machte, dass er das gerade vorgetra-gene Werk für ein Stück von Beethoven hielt. So war offenbar die Wirkung 1830.

Ihr führt immer wieder Beethovens Streich-quartette, auch in Gesamt zyklen, auf. Habt ihr dabei das Gefühl, dass er seiner Zeit vorauskom-ponierte, ja bis heute Wege zeigt?

Beethovens monumentale Erscheinung in der Musikgeschichte ist allein schon durch die Wirkung bis in unsere Zeit ohne wirklich ein-schätzbare Dimension. Inwieweit er für heutige Komponisten als Quelle der Inspiration gilt, vermag ich nicht zu beurteilen. Ein Werk wie Opus 131, das wir in Innsbruck spielen, würde ich eindeutig als weit in die Zukunft weisend bezeichnen . Wir haben das Gefühl, dass wir beim wirklichen Verständnis dieser Musik relativ am Anfang stehen .

Beginnen werdet ihr in Innsbruck mit fünf Streichquartettstücken des Prager Komponisten Erwin Schulhoff, dessen junges Leben in einem Internierungslager der Nationalsozialisten ge-endet hat. Für ihn habt ihr Pionierarbeit geleistet und leidenschaftlich mitgeholfen, sein Quartett-schaffen der Vergessenheit zu entreißen. Welche Besonderheiten entdeckt ihr in seiner Quartett-musik? Hat er mehr an die Tradition angeknüpft oder revolutionär gewirkt?

Erwin Schulhoff ist sicher eine der heraus-ragenden Musikerpersönlichkeiten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Vielleicht war sein Schaffen weniger revolutionär als eher innovativ. Durch seine unbändige Neugier und Aufgeschlossenheit hat er sich immer neuen Ideen und Stilen verschrieben, die sein Werk prägen. Zum Beispiel war er einer der Ersten, der Elemente des Jazz in die E-Musik integ-rierte. Seine Musik ist packend, prägnant und mit einer starken Atmosphäre, der sich unserer Erfahrung nach kaum jemand entziehen kann. Wir freuen uns, diese Musik in Innsbruck zu spielen, überhaupt freuen wir uns sehr auf das Konzert!

Das Gespräch führte Rainer Lepuschitz

„Wir haben das Gefühl, dass wir beim wirklichen

Verständnis von Beethovens später Quartettmusik relativ

am Anfang stehen.“— Cellist Mathias Beyer-Karlshøj

vom Henschel Quartett —

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VIRTUOSE POESIE Ohrenzeugen berichten stets von einem außergewöhnlichen Musiker und beurteilen Igor Levit als Ausnahmeerscheinung. „Wo er spielt, hinter lässt er Verblüffte“, stellte ein Musikjour-nalist in der Wochenzeitung „Die Zeit“ über den in Nischni Nowgorod (ehemals Gorki ) geborenen und im Alter von acht Jahren mit seiner Familie nach Deutschland übersiedelten Pianisten fest . Als er 2010 in Hannover zum Studien-abschluss sein Konzert examen spielte, erhielt er die höchste Punktezahl in der Geschichte der Hochschule für Musik, Theater und Medien . Als Abschlussstück hatte Levit Beethovens fast einstündige „Diabelli-Variationen“ gewählt. In Beethovens Wirkungsort Wien beschrieb die Tageszeitung „Die Presse“ Levit als einen „Künstler, der mit Bravour alle technischen Kniffligkeiten löst. Bei aller Virtuosität macht Levit jedoch immer voll Poesie Musik.“

REVOLUTIONÄRE VARIATIONENBeides, Virtuosität und Poesie, kommt in sei-nen bisherigen CD-Einspielungen eindrucksvoll zur Geltung und kann sich auch zu poetischer Virtuosität vermischen, wie in den „Diabelli Variationen“. Er geht sie „kräftig, fast aggressiv funkelnd, mit treibendem Beat an. Was ihn nicht abhält, instrumental zu singen, Strukturen nicht nur bloßzulegen, sondern mit großbogiger Emphase aufblühen zu lassen : Gleich darauf geht die wilde Jagd weiter .“ So beurteilte der Rezensent der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ Levits Aufnahme. Der junge Pianist wagte es gleich auch, seine Interpretationen von zwei weiteren grandiosen Variationszyklen digital festzuhalten: von Bachs „Goldberg-Variatio-nen“ und den beinahe als unspielbar gelten-den Variationen „The People United Will never Be Defeated !“ von dem US-amerikanischen Komponisten und Pianisten Frederic Anthony Rzewski über das chilenische Revolutionslied „El pueblo unido“. Levit spielte alle drei Kräfte raubenden Variationszyklen mittlerweile auch live, unter anderem in der Philharmonie seiner neuen Wahlheimat Berlin.

Betreten hat Levit den schillernden inter-nationalen CD-Markt mit nichts Geringerem als dem Vermächtnis von Beethovens letzten drei Klaviersonaten. Darüber nochmals „Die Zeit“: „Levit realisiert die ,Ich-Verlassenheit‘, die Thomas Mann im ,Dr. Faustus‘ dem späten Beethoven zuschrieb.“ Da ist sie wieder er-wähnt: die Poesie , die über dem Ego des Virtu-osen steht.

Sein musikalisches Lieblingswerk konnte und kann Levit aber nicht in der Originalgestalt aufnehmen und am Klavier spielen: Beethovens „Missa solemnis“. Vorsorglich fertigte er aller-dings schon als 14-Jähriger einen Klavierauszug von der Chor-Orchester-Messe an...

Von Beethoven stammte auch das aller-erste Werk, das Igor Levit öffentlich spielte: eine „Ecossaise“, die er im Alter von vier Jahren in sei-ner Geburtsstadt vortrug. Damals unterrichtete ihn seine Mutter, eine Klavierlehrerin. Später ,

in Hannover, war einer der bedeutendsten und überaus inspirierenden Klavierpädagogen des 20. und frühen 21. Jahrhunderts sein Lehrer: Karl-Heinz Kämmerling. Auch bei einem weite-ren legendären Klavierprofessor, Hans Leygraf, hatte Levit – am Salzburger Mozarteum in der Klavierklasse für „internationale Spitzenbega-bungen“ – Unterricht. Levit gewann nicht nur die Silbermedaille beim renommierten Arthur-Rubinstein-Wettbewerb in Tel Aviv, sondern dort – als jüngster Teilnehmer – auch den Son-derpreis für Kammermusik, den Publikumspreis und den Sonderpreis für die beste Aufführung des zeitgenössischen Pflichtstücks. Bereits im Alter von 13 Jahren hatte Levit in Europa und den USA zu konzertieren begonnen. Im Jahr seines Studienabschlusses bescheinigte ihm dann eine Musikkritikerin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Dieser junge Mann hat nicht nur das Zeug, einer der großen Pianisten dieses Jahrhunderts zu werden. Er ist es schon!“

„Der faszinierendste junge Pianist der heu-tigen Klassikszene“ („Süddeutsche Zeitung“) sucht immer wieder besondere Repertoirewege. Überraschte er die internationale Musikszene schon mit der Aufnahme der „revolutionären“ Variationen, an denen er jahrelang wie besessen übte, so bringt er gleich mehrere Raritäten zu seinem Solo-Recital nach Innsbruck mit. Johannes Brahms’ faszinierende Klavierbear-beitung der Violin-Chaconne Johann Sebastian Bachs hat zumindest noch einen gewissen Bekanntheitsgrad , wenn sie auch eher selten im Konzert zu hören ist. Levit wird sein Programm mit barocken Formen fortsetzen, allerdings in der Musiksprache des 20. Jahrhunderts: So trifft

IGOR LEVIT KLAVIER

JOHANN SEBASTIAN BACHChaconne aus der Partita für Violine solo

Nr. 2 BWV 1004(Transkription für Klavier von Johannes Brahms)

DMITRI SCHOSTAKOWITSCHAus den Präludien und Fugen

für Klavier op. 87I c-Moll – II As-Dur – III f-Moll –

IV A-Dur – V gis-Moll

ROBERT SCHUMANNThema mit Variationen Es-Dur für Klavier

WoO 24 „Geistervariationen“

RICHARD WAGNER„Feierlicher Marsch zum Heiligen Gral“

aus der Oper „Parsifal“(Transkription für Klavier von Franz Liszt)

FRANZ LISZTFantasie und Fuge über den Choral

„Ad nos, ad salutarem undam“aus Meyerbeers Oper „Le Prophète“

für Orgel(Transkription für Klavier von Ferruccio Busoni)

5. MEISTERKONZERT / MI 28. FEB 2018 / CONGRESS INNSBRUCK, SAAL TIROL / BEGINN 20.00 UHR, EINFÜHRUNG 19.00 UHR

Präludium, Fuge, Parsifal, Prophet – der Pianist Igor Levit vereint in seinem Innsbrucker

Soloprogramm großartige Vertonungen alter musikalischer Formen mit großen Opernfiguren

ersehnter und selbst ernannter Erlöser. „Ein großer neuer Pianist ist angekommen“,

wurde Levit von der „New York Times“ nach einem Konzert in der Carnegie Hall als eine

Art Messias der Musik angepriesen. Es handle sich bei ihm um einen Künstler, „der zum Bleiben bestimmt ist“ („The Guardian“).

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er eine Auswahl aus den „Präludien und Fugen“ für Klavier Dmitri Schostakowitschs, zu denen der sowjetische Komponist durch einen Besuch in der Bach-Stadt Leipzig inspiriert worden war.

In eine dramatische Lebens- und Kompo-nierphase Robert Schumanns führt Igor Levit mit den „Geister-Variationen“, der letzten ab-geschlossenen Komposition des romantischen Künstlers, der während der Arbeit daran einen

Selbstmordversuch unternahm und nach sei-ner Rettung das Werk abschloss, bevor er in eine Nervenheilanstalt eingewiesen wurde. Zu dem Titel „Geister-Variationen“ kam es durch eine Tagebucheintragung der Ehefrau des Kom-ponisten, der Pianistin Clara Schumann: „In der Nacht ... stand Robert immer wieder auf und schrieb ein Thema, welches ihm die Geister Schuberts und Mendelssohns vorsangen, und über welches er für mich ebenso rührende wie ergreifende Variationen machte.“

GEWALTIGE WELLEAuch für die letzten beiden Werke seines Inns-brucker Programms bleibt Igor Levit in der romantischen Epoche. Eine von Franz Liszts grandiosen Transkriptionen für Klavier galt dem „Feierlichen Marsch zum Heiligen Gral“ aus der Oper „Parsifal“ seines Schwiegersohnes Richard Wagner. Darin transzendierte der virtuoseste Pianist des 19. Jahrhunderts die Leitmotive aus dem letzten Werk des deutschen Opernkom-ponisten zu monumentalen Akkordfolgen.

Doch Levit ist damit in seinem Konzert noch nicht am Ziel, denn auf die Gralsmusik lässt er eine weitere „heilige“ Musik folgen: den Choral der Wiedertäufer aus der Oper „Le Prophète“ Giacomo Meyerbeers. Der deutsche Komponist stellte in seinem Bühnenwerk den Anführer der revolutionären Wiedertäufer in deutschen Landen, Johann von Leyden, in den Mittelpunkt des Geschehens. Von seinen Anhängern wurde Leyden als Wiederkehr König Davids verehrt. Meyerbeer ging es mit seinem Werk um die Entlarvung Leydens als falschen Propheten.

Franz Liszt griff auch aus dieser Oper ein feierliches Thema auf und komponierte für die Orgel eine halbstündige Fantasie und Fuge über den Choral, den die Wiedertäufer singen: „Ad nos, ad salutarem undam iterum venite miseri !“ – „Zu uns, zur heilbringenden Welle kommt wieder , ihr Unglücklichen!“. Igor Levit wird eine gewaltige musikalische Welle auslösen. Er holt Liszts Orgelwerk mit der monumentalen Klaviertranskription Ferruccio Busonis ans Licht der Konzertöffentlichkeit.

5. MEISTERKONZERT / MI 28. FEB 2018 / CONGRESS INNSBRUCK, SAAL TIROL / BEGINN 20.00 UHR, EINFÜHRUNG 19.00 UHR

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„Es ist ein atemberaubendes Erlebnis , Levit zuzuhören.“

— Neue Zürcher Zeitung —

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Alle Veranstaltungen & Tickets:www.altemusik.at +43 512 53 56 0

Didone10./12./14.08.Tiroler Landestheater

Belcanto-Oper von Saverio Mercadante

La Musica notturna11.08. Schloss Ambras Innsbruck, Spanischer Saal

Luigi Boccherinis «spanische» Kammermusik

Das goldene Zeitalter17.08.Hofburg, Riesensaal

Klassische Streichquartette auf Stainer-Instrumenten

6. KAMMERKONZERT / MO 5. MÄRZ 2018 / TIROLER LANDESKONSERVATORIUM / BEGINN 20.00 UHR, EINFÜHRUNG 19.00 UHR

EMOTIONALER KLANGVierter Quartettabend in den Innsbrucker Kammerkonzerten nach dem

Leipziger, Cremoneser und Henschel Quartett. Aber diesmal kein Streich-quartett, sondern ein Saxophonquartett. Das den Streichern dennoch

nahe ist, wie Johannes Pfeuffer vom Ebonit Saxophone Quartet erklärt.

PUBLICUM: Das Saxophon wurde in der Blüte der romantischen Epoche im Jahr 1840 erfunden , doch hat es sich erst viel später auch in der klas-sischen Musik behaupten können. Was für Gründe kann das haben?

JOHANNES PFEUFFER: Betrachtet man die Entwicklung anderer Instrumente, erkennt man, dass oft Virtuosen die großen Komponisten beeinflusst haben oder selbst für ihr Instrument schrieben: Joseph Joachim, Liszt, Chopin, Paganini . Solche Musiker gab es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dann auch für das Saxophon. Den Franzosen Marcel Mule und die Amerikanerin Eliza Hall. Marcel Mule war Professor am Conservatoire National in Paris und ein Virtuose, dessen Qualitäten und Aufnahmen heute noch als Maßstab gelten. Er konnte Komponisten wie Françaix, Rivier, Glasunow und Ibert dazu inspirieren, für das Saxophon zu komponieren. Eliza Hall wiederum gab zu Beginn des 20. Jahrhunderts Saxophon-konzerte bei Komponisten wie Claude Debussy, Florent Schmitt und Vincent d’Indy in Auftrag.

Aber erst durch den Jazz fand das Saxophon eine große Verbreitung. Diesen Siegeszug des Saxophons durch die Welt der Musik konnte der Erfinder des Instruments, Adolphe Sax, nicht mehr erleben. Spielen Sie mit dem Ebonit Saxophone Quartet mehr Jazz oder Klassik?

Wir spielen klassi-sches Repertoire. Das liegt an un -

EBONIT SAXOPHONE QUARTET

ANTONÍN DVORÁKStreichquartett Nr. 12 F-Dur op. 96

„Amerikanisches Quartett“(Bearbeitung für 4 Saxophone vom

Ebonit Saxophone Quartet)

TRISTAN KEURISMusic for Saxophones

ALEXANDER GLASUNOWSaxophonquartett B-Dur op. 109

JEAN RIVIER„Grave et Presto“ für Saxophonquartett

serer Ausbildung: Wir haben alle bei dem klassischen Saxophonisten Arno Bornkamp in Amsterdam studiert und danach unsere Ausbildung an der niederländischen Streichquar-tett-Akademie fortgesetzt. Komplettiert haben wir unsere Ausbildung in Rahmen von Meister-klassen bei bedeutenden Streichquartetten wie Artemis, Belcea, Casals, Ébène, Kronos .

So kommt es also nicht von ungefähr, wenn Sie und Ihre Kolleginnen in Innsbruck eine Bearbeitung von Dvoráks „Amerikanischem“ Streichquartett spielen. Ist die Familie der Saxophone gut da-für geeignet, Streichermusik in Bläsermusik zu verwandeln ?

Das kommt ganz auf das Repertoire an. Auf unserer Debüt-CD haben wir zum Beispiel Musik von Haydn, Webern, Sibelius und Schostakowitsch aufgenommen, die sich wun-derbar für unser Instrument eignet. Aber es gibt auch Grenzen, vor allem was technische Besonderheiten wie Doppelgriffe, Pizzicato, Con Sordino angeht. So haben wir festgestellt, dass sich Mozart-Musik sehr gut für das Saxo-phon bearbeiten lässt, Beethoven-Musik jedoch nicht. In Dvoráks Streichquartett schwingt ja bereits der frühe Jazz und Blues mit, was unseren Instrumenten sehr gelegen kommt. Deswegen halten wir dieses Werk für besonders geeignet , es auf vier Saxophonen zu spielen.

Das Quartett von Glasunow, das Sie nach Innsbruck mitbringen, ist original für Saxophone komponiert . Hat der Russe die Charakteristik von Saxophonen gut erfasst?

Glasunow nutzt die Möglichkeiten des Instr uments perfekt aus: Gesanglichkeit gepaart

mit Virtuosität, außer-

dem die klanglichen Facetten . Manchmal klingt das Quartett wie eine Orgelkantate und dann wieder wie ein ganzes Orchester . Glasunow „instrumentiert “ sehr geschickt und hat uns ein echtes Meisterwerk geschenkt.

Weitere Originalwerke für Saxophone haben Sie von Jean Rivier und Tristan Keuris im Pro-gramm . Was für eine Musik darf das Publikum in Inns bruck erwarten?

Die Entstehung der Werke von Rivier und Keuris ist zwar zeitlich durch mehrere Jahrzehnte getrennt, dennoch verbindet sie ein ähnlicher Charakter. Beide Stücke sind sehr impulsiv und expressiv zugleich und verlangen von den Interpreten ein hohes Maß an Virtuosität sowie an musikalischem Einfühlungsvermögen.

Was hat es mit dem Namen „Ebonit“ auf sich? Ebonit ist das Material, aus dem die

Mundstücke für Saxophone hergestellt werden .

Wie und wo würden Sie den Klang des Saxophons im Vergleich zu anderen Blasinstru menten einordnen?

Bereits Héctor Berlioz sagte , dass das Saxophon eine Mischung zwischen

Bläsern , Streichern und der mensch-lichen Stimme sei. Ich würde es als

musikalisches Chamäleon be-zeichnen, das in der Lage ist,

jede menschliche Emotion in Klang zu verwandeln .

IM GESPRÄCH

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Impressum: Meister&Kammerkonzerte, Innsbrucker Festwochen der Alten Musik GmbH, Herzog-Friedrich-Straße 21/1, 6020 Innsbruck; E-Mail: [email protected]; Tel.: +43 512 571032; Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Markus Lutz, Eva-Maria Sens; Redaktion, Texte & Interviews: Rainer Lepuschitz; © Fotos: Felix Broede (S. 1), Alexander Wenzel (S. 3), Marco Borggreve (S. 4, 6, 10, 12), Robbie Lawrence (S. 8), Simon Fowler/Warner Classics (S. 12), Yvonne Zemke – Sony Classical (S. 12), Simon Fowler (S. 12), Jim Rakete (S. 12), Sophie Pawlak (S. 12); Konzeption & Design: Citygrafic Designoffice , citygrafic.at, Innsbruck; Druck: Alpina, Innsbruck; Druck- und Satzfehler sowie Besetzungs- und Programmänderungen vorbehalten. Offenlegung gemäß §25, Medien gesetz: Die Broschüre gibt Auskunft über die Veranstaltungen der Meister&Kammerkonzerte, Innsbrucker Festwochen der Alten Musik GmbH.

Meisterkonzerte finden im Congress Innsbruck, Saal Tirol und Kammerkonzerte im Konzertsaal des Tiroler Landeskonservatoriums statt. Einzelkarten auf www.meisterkammerkonzerte.at, bei der Innsbruck Information und im Tiroler Landestheater. Stehplatzkarten für Meisterkonzerte um € 7 jeweils an der Abendkassa. Bei Interesse an einem Abonnement der Meister&Kammerkonzerte: [email protected] oder T +43 512 571032-13 (Mo–Fr 09.00–12.30 Uhr)

4. KAMMERKONZERT, MO 22. JÄNNER 2018, 20.00 UHR

DAVIDE GIOVANNI TOMASI GITARREAntonio José, Heitor Villa-Lobos, Mario Castelnuovo-Tedesco,Giulio Regondi, Benjamin Britten

5. KAMMERKONZERT, FR 16. FEBRUAR 2018, 20.00 UHR

HENSCHEL QUARTETTErwin Schulhoff, Felix Mendelssohn Bartholdy, Ludwig van Beethoven

6. KAMMERKONZERT, MO 5. MÄRZ 2018, 20.00 UHR

EBONIT SAXOPHONE QUARTETAntonín Dvorák, Tristan Keuris, Alexander Glasunow, Jean Rivier

7. KAMMERKONZERT, DI 24. APRIL 2018, 20.00 UHR

PIOTR ANDERSZEWSKI KLAVIERWolfgang Amadeus Mozart, Leoš Janácek, Frédéric Chopin

8. KAMMERKONZERT, DO 3. MAI 2018, 20.00 UHR

QUATUOR VOCEBenjamin Britten, Wolfgang Amadeus Mozart, Leoš Janácek

KAMMERKONZERTE 2017/18Tiroler Landeskonservatorium, Einführungsgespräche 19.00 Uhr

MEISTERKONZERTE 2017/18Congress Innsbruck, Saal Tirol, Einführungsgespräche 19.00 Uhr

4. MEISTERKONZERT, MI 24. JÄNNER 2018, 20.00 UHR

ORCHESTRE PHILHARMONIQUE DU LUXEMBOURGGUSTAVO GIMENO DIRIGENT · BAIBA SKRIDE VIOLINERichard Wagner, Felix Mendelssohn Bartholdy, Claude Debussy

5. MEISTERKONZERT, MI 28. FEBRUAR 2018, 20.00 UHR

IGOR LEVIT KLAVIERJohann Sebastian Bach, Dmitri Schostakowitsch, Robert Schumann, Richard Wagner, Franz Liszt

6. MEISTERKONZERT, MI 18. APRIL 2018, 20.00 UHR

BERNER SYMPHONIEORCHESTERMARIO VENZAGO DIRIGENT · SEBASTIAN MANZ KLARINETTEFelix Mendelssohn Bartholdy, Carl Maria von Weber, Arthur Honegger, Ludwig van Beethoven

7. MEISTERKONZERT, DO 17. MAI 2018, 20.00 UHR

ROYAL SCOTTISH NATIONAL ORCHESTRAPETER OUNDJIAN DIRIGENT · MARTIN STADTFELD KLAVIERNICOLA BENEDETTI VIOLINE · JAN VOGLER VIOLONCELLOBenjamin Britten, Ludwig van Beethoven, Johannes Brahms

VORSCHAU

MEISTER & KAMMERKONZERTE INNSBRUCK

Piotr Anderszewski Martin Stadtfeld Jan VoglerNicola Benedetti Quatuor Voce Sebastian Manz

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