Menschenrechte und Demokratie - European Parliament2017... · Parlaments und dem Referat...

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DE - 16/04/2018 KURZDARSTELLUNGEN ZUR EUROPÄISCHEN UNION Menschenrechte und Demokratie PE 600.413 1. Menschenrechte....................................................................................................... 3 2. Demokratieförderung und Wahlbeobachtung.......................................................... 9

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DE - 16/04/2018

KURZDARSTELLUNGEN ZUR EUROPÄISCHEN UNION

Menschenrechteund Demokratie

PE 600.413

1. Menschenrechte.......................................................................................................32. Demokratieförderung und Wahlbeobachtung.......................................................... 9

ÜBER DIE VERÖFFENTLICHUNG

Dieses Faltblatt enthält eine Sammlung von Kurzdarstellungen zu den verschiedenenPolitikbereichen, die von den jeweiligen Fachabteilungen des EuropäischenParlaments und dem Referat Unterstützung des wirtschaftspolitischen Handelns zurVerfügung gestellt wurden.

Die Kurzdarstellungen werden regelmäßig aktualisiert und auf der Website desEuropäischen Parlaments veröffentlicht: http://www.europarl.europa.eu/factsheets/de

ÜBER DEN HERAUSGEBER

Herausgeber: Europäisches Parlament

Verantwortlich: Referat Koordinierung von Veröffentlichungen und vonKommunikationsmaßnahmenE-Mail: [email protected]

Redaktionsschluss: April, 2018© Europäische Union, 2018

HAFTUNGSAUSSCHLUSS

Die hier vertretenen Auffassungen geben die Meinung des Verfassers wieder undentsprechen nicht unbedingt dem Standpunkt des Europäischen Parlaments.

Nachdruck und Übersetzung der Veröffentlichung – außer zu kommerziellen Zwecken– mit Quellenangabe gestattet, sofern der Herausgeber vorab unterrichtet und ihm einExemplar übermittelt wird.

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1 - MENSCHENRECHTE - [5.4.1.]

Die Europäische Union ist in ihren Außenbeziehungen einer Politik derUnterstützung von Demokratie und Menschenrechten verpflichtet, die auf ihrenGründungsprinzipien Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte undGrundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit beruht. Ziel der EU ist es, in allen ihrenPolitikbereichen und Programmen Menschenrechtsbelange zu berücksichtigen.Geht es um konkrete Maßnahmen, verfügt sie über verschiedene Instrumenteder Menschenrechtspolitik – beispielsweise können einzelne Projekte durch EU-Finanzierungsinstrumente bestritten werden.

RECHTSGRUNDLAGE

— Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV): die Werte der EU. DieWerte, auf die sich die Union gründet, sind „die Achtung der Menschenwürde,Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung derMenschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheitenangehören“;

— Artikel 3 EUV: die Ziele der EU. In „ihren Beziehungen zur übrigen Welt“leistet die EU einen Beitrag zur „Beseitigung der Armut und zum Schutzder Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur striktenEinhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrungder Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen“;

— Artikel 6 EUV: die Charta der Grundrechte und die EuropäischeMenschenrechtskonvention. Zwar nimmt die Charta der Grundrechte derEuropäischen Union (Artikel 6 Absatz 1) ausdrücklich nur auf die Durchführung desEU-Rechts Bezug, doch sind auch die Organe und Einrichtungen der EU sowie dieMitgliedstaaten verpflichtet, die Charta in den EU-Außenbeziehungen einzuhalten.Auch Länder, die der EU beitreten, müssen die Charta befolgen. In Artikel 6Absatz 2 wird die EU aufgefordert, der Europäischen Menschenrechtskonventionbeizutreten (für weitere Informationen vgl. Kurzdarstellung 4.1.2 zur Charta derGrundrechte);

— Artikel 21 EUV: Grundsätze für das auswärtige Handeln der Union. DieseGrundsätze sind Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeitund Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung derMenschenwürde, der Grundsatz der Gleichheit und der Grundsatz der Solidaritätsowie die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen von1945 und des Völkerrechts. In Artikel 21 bekräftigt die EU den Grundsatz der„Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten“, und sie verpflichtet sich,wirtschaftlichen und sozialen Rechten die gleiche Bedeutung wie bürgerlichen undpolitischen Rechten beizumessen;

— Artikel 205 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV):allgemeine Bestimmungen über das auswärtige Handeln der Union. In diesemArtikel heißt es, dass das auswärtige Handeln der EU von den in Artikel 21 EUVfestgelegten Grundsätzen bestimmt sein muss.

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MENSCHENRECHTSPOLITIK DER EU

Im Jahr 2012 verabschiedete der Europäische Rat einen Strategischen Rahmenfür Menschenrechte und Demokratie sowie einen Aktionsplan für die praktischeUmsetzung des Rahmens. In dem Rahmen werden die Grundsätze, Ziele undPrioritäten dargelegt, mit denen die Wirksamkeit und die Kohärenz der EU-Politikinsgesamt in den nächsten zehn Jahren verbessert werden sollen. Diese Grundsätzesehen vor, dass die Menschenrechte in allen Politikbereichen der EU berücksichtigtwerden (als „roter Faden“), und zwar auch dann, wenn sich interne und externePolitikbereiche überschneiden, und dass ein bedarfsgerechterer Ansatz gefundenwird. Der Aktionsplan umfasste konkrete Maßnahmen für den Zeitraum bis zum 31.Dezember 2014. Im Juli 2015 wurde ein neuer Aktionsplan für den Zeitraum von 2015bis 2019 verabschiedet, der auf der Bewertung des ersten Aktionsplans und auf denpolitischen Leitlinien des Vizepräsidenten der Kommission/Hohen Vertreters der Unionfür Außen- und Sicherheitspolitik (VP/HR) beruht.Die vom Rat der EU verabschiedeten EU-Leitlinien zum Schutz der Menschenrechtesind zwar nicht rechtlich bindend, geben aber praktische Anweisungen zu:— Maßnahmen gegen die Todesstrafe,

— Dialogen über Menschenrechte,

— den Rechten des Kindes,

— Maßnahmen gegen Folter und andere Misshandlungen,

— dem Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten,

— dem Schutz von Menschenrechtsaktivisten,

— der Einhaltung des humanitären Völkerrechts,

— der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen,

— der Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit,

— dem Schutz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen(LGBTI),

— der Förderung der Meinungsfreiheit sowohl online als auch offline.

Die EU schließt regelmäßig die Menschenrechte in die mit Drittstaaten oderregionalen Organisationen geführten politischen Dialoge ein. Außerdem führtsie mit mehr als 40 Staaten Menschenrechtsdialoge bzw. hält Anhörungen zuMenschenrechtsangelegenheiten mit diesen Staaten ab. Ferner führen fast alle 79Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean (AKP) einen Dialogmit der EU nach Artikel 8 des Cotonou-Abkommens, in dem festgelegt ist, dass derpolitische Dialog „eine regelmäßige Bewertung der Entwicklungen bei der Achtung derMenschenrechte“ einschließen sollte.Auch diplomatische Demarchen (vertraulich) und Erklärungen (öffentlich) gegenüberden Staatsorganen von Drittstaaten sind nicht zu unterschätzende Möglichkeiten, ininternationalen Beziehungen diplomatischen Druck auszuüben.Bilaterale Handelsabkommen und die zahlreichen Assoziierungs- undKooperationsabkommen zwischen der EU und Drittstaaten oder regionalenOrganisationen enthalten als zentrales Element eine Menschenrechtsklausel. Im Fall

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der Nichteinhaltung kommen verschiedene Maßnahmen (z. B. eine Einschränkungoder Aussetzung der Zusammenarbeit) zur Anwendung. Für die Beitrittsländerwurde ein robuster Konditionalitätsmechanismus eingeführt. Das Konzept des „mehrfür mehr“ (mehr Integration und mehr Geldmittel im Austausch gegen mehrReformen) wurde in die erneuerte Europäische Nachbarschaftspolitik integriert.Entwicklungsländer erhalten im Rahmen der von der EU gewährten präferenziellenHandelsregelungen (APS+) Anreize für Reformen.Die länderspezifischen Menschenrechtsstrategien gründen auf einem Bottom-up-Ansatz und zielen darauf ab, die Leitlinien oder Aktionspläne der EU zuMenschenrechten in ein einziges, kohärentes und an das jeweilige Land angepasstesStrategiedokument mit konkreten Zielen für einen Zeitraum von drei Jahren zuintegrieren.Auch mit den Wahlbeobachtungsmissionen der EU wird das Ziel verfolgt, dieMenschenrechtslage zu verbessern, indem sie von Einschüchterung und Gewaltwährend Wahlen abschrecken und die demokratischen Institutionen stärken.Darüber hinaus fördert die EU die Menschenrechte durch ihre Beteiligungan multilateralen Foren wie beispielsweise dem Dritten Ausschuss der UN-Generalversammlung, dem UN-Menschenrechtsrat, der Organisation für Sicherheitund Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und dem Europarat. Die Union unterstütztaußerdem aktiv die internationale Justiz, beispielsweise durch den InternationalenStrafgerichtshof.Mit Haushaltsmitteln von 1,3 Mrd. EUR für den Zeitraum von 2014 bis 2020unterstützt das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte(EIDHR) (hauptsächlich) Akteure der Zivilgesellschaft bei der Förderung derMenschenrechte und der Demokratie. Ein wichtiges Merkmal dieses Instrumentsbesteht darin, dass die Zustimmung der entsprechenden Regierung nicht erforderlichist. Weitere Finanzierungsinstrumente im Zusammenhang mit den Menschenrechtensind beispielsweise das Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit(DCI), das Stabilitäts- und Friedensinstrument (IcSP), das EuropäischeNachbarschaftsinstrument (ENI) und der Europäische Entwicklungsfonds (EEF). DerEuropäische Fonds für Demokratie ist eine privatrechtliche Stiftung, die von der EUund ihren Mitgliedstaaten unterstützt wird. Der Haushalt für die Gemeinsame Außen-und Sicherheitspolitik der Union (GASP) hat im Zeitraum von 2014 bis 2020 einenUmfang von 2,3 Mrd. EUR und deckt verschiedene Aktivitäten, insbesondere dasKrisenmanagement, ab.Ein vom VP/HR erstellter und vom Rat gebilligter Jahresbericht über dieMenschenrechte gibt einen Überblick über die Lage der Menschenrechte weltweitsowie über die im Berichtsjahr von der EU ergriffenen Maßnahmen.

AKTEURE

Der Europäische Rat legt die strategischen Interessen der EU und die allgemeinenLeitlinien ihrer GASP fest.Die Außenminister der EU beraten im monatlich tagenden Rat (AuswärtigeAngelegenheiten) häufig über Menschenrechtsthemen, die im Rahmen derGASP oder der Handels- oder Entwicklungspolitik der EU aufkommen. DieGruppe „Menschenrechte“ des Rates (COHOM), die hochrangig besetzte

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Debatten und Beschlüsse zu Menschenrechtsthemen vorbereitet, setzt sich ausMenschenrechtsexperten der Mitgliedstaaten und Vertretern des EuropäischenAuswärtigen Dienstes (EAD) und der Kommission zusammen.Den Vorsitz im Rat (Auswärtige Angelegenheiten) führt der VP/HR – derzeit FedericaMogherini –, der zur Ausarbeitung der GASP der Union beiträgt und dafür sorgt,dass Beschlüsse umgesetzt werden. Der VP/HR vertritt darüber hinaus die EUin Angelegenheiten der GASP und leitet den EAD sowie die EU-Delegationen inDrittstaaten. Innerhalb des EAD gibt es eine Direktion für Menschenrechte sowieglobale und multilaterale Fragen; darüber hinaus verfügt jede EU-Delegation über eine„Anlaufstelle“ für Menschenrechte.Die Kommission handelt internationale Übereinkommen aus, steuertden Erweiterungsprozess und die Nachbarschaftspolitik und verwaltetEntwicklungsprogramme und Finanzierungsinstrumente (in enger Zusammenarbeit mitdem EAD).Die Aufgabe des EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte besteht darin, dieWirksamkeit und die Außenwirkung der Menschenrechtspolitik der EU zu fördern. DerSonderbeauftragte verfügt über ein breit angelegtes und flexibles Mandat und arbeitetin enger Abstimmung mit dem EAD. Dieses Amt wird derzeit von Stavros Lambrinidiswahrgenommen, der im Juli 2012 ernannt wurde. Er ist der erste Sonderbeauftragteder EU, der für ein bestimmtes Thema zuständig ist.

ROLLE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

Das Parlament trägt zur Politik der EU bei und überwacht die Arbeit der anderen EU-Organe.Gemäß den Artikeln 207 und 218 des AEUV ist für das Inkrafttreten dermeisten internationalen Übereinkünfte die Zustimmung des Parlaments erforderlich.Beispielsweise blockierte das Parlament im Jahr 2011 in erster Linie aufgrundvon Unklarheiten im Zusammenhang mit Kinderarbeit das Textilprotokoll desPartnerschafts- und Kooperationsabkommens (PKA) zwischen der EU und Usbekistan.Es erteilte seine Zustimmung erst 2016 im Anschluss an deutliche Verbesserungen mitBlick auf Kinder- und Zwangsarbeit.Artikel 36 des EUV verpflichtet den VP/HR, das Europäische Parlament zuden wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der GASPanzuhören und es über die Entwicklung der Politik in diesen Bereichen zu unterrichten.Das Parlament kann Fragen stellen oder Empfehlungen an den Rat oder den VP/HRrichten.Die Entschließungen des Parlaments tragen zur Schaffung eines Bewusstseinsin Sachen Menschenrechtsverletzungen bei. Entschließungen können zumRechtsetzungsprozess gehören, sie können aber auch das Ergebnis einesInitiativberichts eines parlamentarischen Ausschusses oder von Dringlichkeitsdebattensein, die üblicherweise auf jeder Plenartagung in Straßburg am Donnerstagvormittagstattfinden und bei denen auf schwerwiegende Verletzungen der Menschenrechte aufder ganzen Welt hingewiesen wird (Artikel 135 der Geschäftsordnung des Parlaments).Der Unterausschuss des Parlaments für Menschenrechte ist dem Ausschuss fürauswärtige Angelegenheiten angegliedert. Ihm gehören derzeit 30 Mitglieder und26 Stellvertreter an. Er veranstaltet Anhörungen mit Interessenträgern zu einer

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Vielfalt von Menschenrechtsthemen und liefert so Informationen als Grundlage fürEntschließungen. Der Unterausschuss kümmert sich darüber hinaus um die täglicheArbeit im Bereich der Menschenrechte, und seine Delegationen besuchen regelmäßigmaßgebliche Staaten. Weitere Ausschüsse, die sich im Zusammenhang mit denAußenbeziehungen der EU mit den Menschenrechten befassen, sind der Ausschussfür auswärtige Angelegenheiten (AFET), der Ausschuss für internationalen Handel(INTA), der Entwicklungsausschuss (DEVE) und der Ausschuss für die Rechte der Frauund die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM).Die Menschenrechte sind ein zentraler Punkt bei den Zusammenkünften mitParlamenten von Drittstaaten und in regionalen parlamentarischen Versammlungen.Im Interesse der Kohärenz und der Glaubwürdigkeit der Arbeit des Parlaments wurden2011 die „Leitlinien zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten bei Reiseninterparlamentarischer Delegationen des EP in Drittstaaten“ verabschiedet und 2016aktualisiert.Dank seiner Haushaltsbefugnisse (Artikel 14 EUV und Artikel 310 Absatz 1 AEUV)hat das Parlament ein Mitspracherecht bei der Zuweisung von Mitteln an denEIDHR und andere Finanzierungsinstrumente, die der Förderung der Menschenrechtedienen. Außerdem billigt es den Haushaltsplan und stellt dadurch vollständigeRechenschaftspflicht sicher.Ferner ist das Parlament eine der Rechtsetzungsinstanzen bei denAußenfinanzierungsinstrumenten. So kann es Einfluss auf die Ziele und Prioritätendieser Instrumente nehmen, damit die Fördermittel der EU wirkungsvoll und zusätzlichfür die Förderung und den Schutz der Menschenrechte in Drittstaaten genutzt werden.Jedes Jahr verleiht das Europäische Parlament den Sacharow-Preis für geistigeFreiheit an Menschenrechtsaktivisten auf der ganzen Welt. Unter anderem wurdenNelson Mandela, Aung San Suu Kyi, Malala Yousafzai und Raif Badawi damitausgezeichnet. Die Preisträgerinnen des Jahres 2016, Nadia Murad und LamiyaAji Bashar, wurden vom sogenannten Islamischen Staat (IS) als Sexsklavinnenmissbraucht, haben jedoch überlebt und sind heute das Sprachrohr der Frauen, dieOpfer des systematischen Einsatzes von sexueller Gewalt durch den IS geworden sind.Sie setzen sich öffentlich für die Rechte der Gemeinschaft der Jesiden in Irak ein, einerreligiösen Minderheit, die im Rahmen einer Völkermordkampagne von den militantenKämpfern des IS verfolgt wurde. 2017 verlieh das Parlament den Sacharow-Preisan die demokratische Opposition in Venezuela, nämlich die Nationalversammlungdes Landes (vertreten durch Julio Borges) und alle von der Organisation „ForoPenal Venezolano“ (venezolanisches Forum zur Verteidigung politischer Häftlinge)aufgelisteten politischen Gefangenen (vertreten durch Leopoldo López, AntonioLedezma, Daniel Ceballos, Yon Goicoechea, Lorent Saleh, Alfredo Ramos und AndreaGonzález). Das Parlament hat außerdem das Netzwerk der Sacharow-Preisträgergegründet, mit dem Sacharow-Preisträger unterstützt, die Kontakte zwischen ihnenausgebaut und gemeinsame Aktivitäten gefördert werden.Das vom Netzwerk der Sacharow-Preisträger 2013 gegründete Sacharow-Stipendienprogramm für Menschenrechtsaktivisten aus Drittstaaten zielt darauf ab, dieKenntnisse der Stipendiaten über das Engagement des Europäischen Parlaments fürdie Menschenrechte zu erweitern, ihnen bei der Heranbildung ihrer Fähigkeiten undder Verbesserung ihrer Arbeit zu helfen und für den Sacharow-Preis und dessen Wertezu sensibilisieren.

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Wahlbeobachtungsmissionen der EU werden üblicherweise von einem Mitglied des EPgeleitet. Delegationen des Europäischen Parlaments zur Wahlbeobachtung gehörenMissionen der EU oder anderer internationaler Organisationen an und benutzen derenEinrichtungen und Infrastruktur (für weitere Informationen vgl. Kurzdarstellung 5.4.2 zuDemokratieförderung und Wahlbeobachtung).Der Präsident des Europäischen Parlaments unterstützt die Menschenrechte aktiv,indem er Erklärungen abgibt, Schreiben verfasst und Menschenrechtsanliegen beiTreffen mit wichtigen Persönlichkeiten erörtert.Der alljährliche Initiativbericht des Parlaments enthält Überlegungen zu derMenschenrechtspolitik der EU und dem EU-Jahresbericht, gibt einen Überblick überdie Aktivitäten des Parlaments und legt Prioritäten für die Zukunft fest.

Marika Lerch01/2018

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2 - DEMOKRATIEFÖRDERUNG UNDWAHLBEOBACHTUNG - [5.4.2.]

Die weltweite Förderung der Demokratie ist eine vorrangige Aufgabe derEuropäischen Union. Demokratie ist nach wie vor das einzige System derRegierungsführung, in dem die Menschen ihre Menschenrechte vollständigwahrnehmen können, und sie ist ein bestimmender Faktor für Entwicklung undlangfristige Stabilität. Als einziges direkt gewähltes Organ der EU setzt sich dasEuropäische Parlament in besonderem Maße für die Demokratieförderung ein.

RECHTSGRUNDLAGE

— Artikel 2 und 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV);

— Artikel 205 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

HINTERGRUND

Der Ansatz der EU für die Unterstützung der Demokratie ergänzt ihre Arbeit im Bereichder Menschenrechte.Im Jahr 2009 hat der Rat die Schlussfolgerungen zur „Demokratieförderung inden Außenbeziehungen der EU“ und den damit verbundenen EU-Aktionsplanangenommen. Darin wird eine neue Strategie zur Unterstützung der Demokratieentwickelt, die auf einem länderspezifischen Ansatz, einer größeren Kohärenz und derEinbindung aller Interessenträger basiert. Demokratie und Menschenrechte wurdenals Querschnittsaufgabe in sämtliche Politikbereiche einbezogen. In der im Jahr 2011von der Kommission vorgestellten „Agenda für den Wandel“ wurde anschließenddie Bedeutung der Unterstützung der Menschenrechte, der Demokratie und derverantwortungsvollen Staatsführung in der Entwicklungspolitik der EU hervorgehoben.Nach den Ereignissen der Arabischen Erhebung im Jahr 2011 erneuerte dieEU ihre Europäische Nachbarschaftspolitik. Es wurde eine Herangehensweisenach dem Grundsatz „mehr für mehr“ angenommen und die Unterstützung andemokratischen Wandel und eine „tiefgehende Demokratie“ geknüpft. Ländern, diebereit sind, politische Reformen durchzuführen, wurden Anreize wie eine tiefergehendewirtschaftliche Integration, mehr finanzielle Unterstützung, eine größere Mobilität derMenschen und der Zugang zum EU-Binnenmarkt geboten.Die EU bekräftigte ihr Engagement zur Intensivierung ihrer Bemühungen um dieDemokratieförderung in dem im Jahr 2012 vom Rat (Auswärtige Angelegenheiten)angenommenen „Strategischen Rahmen und Aktionsplan der EU für Menschenrechteund Demokratie“. Der Aktionsplan umfasste einen Plan für systematischereFolgemaßnahmen zu den Berichten der Wahlbeobachtungsmissionen der EU (EOM),um den gesamten Wahlzyklus zu unterstützen. Mit dem neuen Aktionsplan für denZeitraum 2015-2019, der im Juli 2015 angenommen wurde, soll gewährleistet werden,dass die Förderung der Demokratie bei vielen Zielen miteinbezogen wird.In seinen 2012 angenommenen Schlussfolgerungen mit dem Titel „Die Wurzeln derDemokratie und der nachhaltigen Entwicklung: Europas Zusammenarbeit mit der

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Zivilgesellschaft im Bereich der Außenbeziehungen“ betonte der Rat die Rolle derZivilgesellschaft.

DIE FINANZIERUNGSINSTRUMENTE

Die wichtigste Aufgabe des Europäischen Instruments für Demokratie undMenschenrechte (EIDHR) besteht darin, die Menschenrechte, demokratischeReformen sowie die politische Beteiligung und Vertretung zu fördern. Das speziellfür diese Ziele entwickelte Instrument dient der Finanzierung von Projekten,Programmen und EU-Wahlbeobachtungsmissionen sowie der Gewährung vonFinanzhilfen an zivilgesellschaftliche Organisationen, nichtstaatliche Organisationensowie Menschenrechtsverteidiger.Mit dem Europäischen Nachbarschaftsinstrument (ENI) wird finanzielle Unterstützungzur Förderung von Rechtsstaatlichkeit, politischem Dialog und Reformen,Demokratisierung, Pluralismus der Medien und Wahlbeobachtungen gewährt.Zivilgesellschaftliche Akteure in den Ländern der südlichen und östlichenNachbarregion der EU können ebenfalls mit Fördermitteln der Fazilität zur Förderungder Zivilgesellschaft im Rahmen der Nachbarschaftspolitik bei Vorhaben, Netzwerken,Schulungen und dem Austausch bewährter Verfahren unterstützt werden.Auch das Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit (DCI)bietet finanzielle Fördermöglichkeiten. Zentrales Ziel des Instruments ist zwar dieArmutsbekämpfung, doch es dient ebenfalls der Festigung und Förderung derDemokratie in den Entwicklungsländern.Unter bestimmten Umständen kann auch das Stabilitäts- und Friedensinstrument derEU (IcSP) für die Unterstützung demokratischer Institutionen genutzt werden.Mit dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), der außerhalb des EU-Haushaltstätig ist, wird die Zusammenarbeit mit Ländern in Afrika, der Karibik und dempazifischen Raum finanziert. Wie beim DCI liegt auch beim EEF der Schwerpunktauf der Armutsbekämpfung, letzterer leistet aber auch einen Beitrag zur Festigungund Unterstützung der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und verantwortungsvollenStaatsführung.Im Jahr 2012 wurde der Europäische Demokratiefonds (EED) als unabhängigeprivatrechtliche Stiftung gegründet. Sein Ziel ist die Unterstützung politischer undzivilgesellschaftlicher Akteure, die sich vornehmlich in den östlichen und südlichenNachbarregionen der EU für den demokratischen Wandel einsetzen, und er bietetindividuelle Fördermittel, die schnell, flexibel und unbürokratisch gewährt werden. DenVorsitz im Verwaltungsrat und Exekutivausschuss führen Mitglieder des EuropäischenParlaments. Zum Vorstand gehören Vertreter aus den Mitgliedstaaten und Institutionender EU, einschließlich neun MdEP.

ROLLE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

Als einziges von den Bürgern der Europäischen Union direkt gewähltes Organ derEU setzt sich das Europäische Parlament nachdrücklich für die Förderung tragfähigerDemokratien weltweit ein und hat sein Engagement in zahlreichen Entschließungendargelegt.Das Parlament unterstützt dauerhaft Wahlbeobachtungsaktivitäten sowie Aktionen zurStärkung der Legitimität nationaler Wahlprozesse und zur Festigung des öffentlichen

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Vertrauens in den Schutz von Wahlen und der Menschenrechte. Jedes Jahr entsendetes mehrere parlamentarische Delegationen zur Beobachtung von Wahlen oderVolksentscheiden in Drittstaaten. Das Parlament kann solche Delegationen vonMdEP unter der Bedingung entsenden, dass die Wahlen auf nationaler Ebenestattfinden, dass die nationalen Behörden die EU oder das Europäische Parlamenteingeladen haben und dass eine langfristige Beobachtungsmission durchgeführt wird.Die Delegationen des Parlaments sind immer in die Wahlbeobachtungsmissionender EU oder langfristige Missionen des Büros für demokratische Institutionen undMenschenrechte (ODIHR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit inEuropa (OSZE) integriert. Das Europäische Parlament wird zu der Feststellungund Planung von Wahlbeobachtungsmissionen der EU und den anschließendenFolgemaßnahmen gehört.Langfristige Wahlbeobachtungsmissionen bewerten nicht nur den Verlauf desWahltags, sondern auch den gesamten Wahlprozess, um den Stand derdemokratischen Entwicklung in einem bestimmten Land zu einem bestimmtenZeitpunkt zu beurteilen. Langzeitwahlbeobachter beginnen ihre Arbeit üblicherweisezwei Monate vor den Wahlen und verfolgen den gesamten Wahlprozessbis zur Bekanntgabe der amtlichen Ergebnisse und zum Einspruchsverfahren.Kurzzeitwahlbeobachter überwachen den Wahltag und die Auszählung der Stimmen.Der leitende Beobachter der Wahlbeobachtungsmission ist in der Regel ein MdEP.Um einen umfassenden Ansatz bei der Förderung der Demokratie sicherzustellen,wird die Wahlbeobachtung von ergänzenden Aktivitäten begleitet, darunterFolgemaßnahmen nach einer Wahl, Maßnahmen im Bereich der Menschenrechteund Initiativen zur Unterstützung der parlamentarischen Arbeit. Das EuropäischeParlament bietet Parlamenten jenseits der Grenzen der EU Unterstützung beider Stärkung ihrer institutionellen Kapazität an. Zu solchen Aktivitäten gehörengemeinsame Schulungsprogramme und Studienreisen für Mitglieder und Beamtesowie Fortbildungs-Stipendien für Mitarbeiter der Parlamente von Drittstaaten.Die im Parlament eingerichtete Koordinierungsgruppe Demokratieförderung undWahlen bietet politische Beratung für Aktivitäten zur Unterstützung derDemokratie an, einschließlich der Förderung der parlamentarischen Demokratie undWahlbeobachtungen. Die Gruppe besteht aus 15 MdEP und wird von den Vorsitzendender parlamentarischen Ausschüsse für auswärtige Angelegenheiten und Entwicklunggemeinsam geleitet.Marika Lerch02/2018

DIE EUROPÄISCHE UNION AUF EINEN BLICK Die Kurzdarstellungen sollen einen Überblick über den Prozessder europäischen Integration und den Beitrag des EuropäischenParlaments vermitteln. Die Kurzdarstellungen wurden 1979 anlässlich der ersten Direktwahlzum Europäischen Parlament eingeführt. Sie sollen Laien eineneinfachen und prägnanten, aber dennoch präzisen Überblick überdie Organe und die Politik der Europäischen Union sowie dieRolle geben, die das Europäische Parlament bei ihrer Gestaltungspielt. Die Kurzdarstellungen sind in sechs Kapitel gegliedert:

• Arbeitsweise der Europäischen Union: Informationenüber die Geschichte der EU, ihr Rechtssystem, ihre Organeund Einrichtungen, ihre Beschlussfassungsverfahren und ihreFinanzierung,

• Europa der Bürger: Beschreibung der individuellen undkollektiven Rechte,

• Binnenmarkt: Verwirklichung des Binnenmarkts undErläuterung seiner Grundsätze,

• Wirtschafts- und Währungsunion (WWU): Überblick überdie Hintergründe der WWU und Erläuterung der Koordinierungund Überwachung wirtschaftspolitischer Maßnahmen,

• Sektorbezogene Politikbereiche: Beschreibung derHandhabung verschiedener interner Politikbereiche durch dieEU,

• Außenbeziehungen der EU: Außenpolitik, Sicherheit undVerteidigung, Handel, Entwicklung, Menschenrechte undDemokratie, Erweiterung und über die Nachbarländer der EUhinausgehende Beziehungen.

Die Kurzdarstellungen werden von den Fachabteilungen und demReferat Unterstützung des wirtschaftspolitischen Handelns verfasstund das ganze Jahr über regelmäßig überarbeitet und aktualisiert,sobald das Parlament wichtige Standpunkte bzw. Maßnahmenverabschiedet.

www.europarl.europa.eu/factsheets/de

Die Kurzdarstellungen werden regelmäßig aktualisiert und in23 Sprachen auf der Website des Europäischen Parlamentsveröffentlicht.