Merkblatt zur Sicherheit vor zündfähigen elektrostatischen ... · PDF file—...

3
Merkblatt zur Sicherheit vor zündfähigen elektrostatischen Entladungen Erstellt von A G 3.73 Ausgabe November 2015 Seite 1 von 3 1. Regelwerke: — IEC TS 60079-32-1, Explosionsfähige Atmosphäre - Teil 32-1: Elektrostatische Gefährdungen - Leitfaden — IEC 60079-32-2, Explosionsgefährdete Bereiche - Teil 32-2: Elektrostatische Gefährdungen - Prüfverfahren — IEC 60079-0, Explosionsgefährdete Bereiche Teil 0: Betriebsmittel – Allgemeine Anforderungen — IEC 60079-31, Explosionsfähige Atmosphäre - Teil 31: Geräte- Staubexplosionsschutz durch Gehäuse "t" — ISO 80079-3, Explosionsfähige Atmosphären - Teil 36: Nicht-elektrische Geräte für den Einsatz in explosionsfähigen Atmosphären - Grundlagen und Anforderungen — EN 13463-1, Nicht-elektrische Geräte für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen - Teil 1: Grundlagen und Anforderungen — TRBS 2153, Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen Auflistung der Abfolge von Bewertung die jeweils für Büschelentladungen (2.1), Funken- entladungen (2.2) und Gleitstielbüschelentladungen (2.3) durchgeführt werden müssen. 2. Entladungsarten 2.1 Büschelentladungen 2.1.1. Büschelentladungen von isolierenden Kunststoffoberflächen (Oberflächen- widerstand > 10 11 Ohm bei < 30 % rel. Feuchte, 23 °C, 1000 V Prüfspannung) können Gase und Dämpfe entzünden, wenn die entladene Fläche genügend groß und das Oberflächenpotenzial i.d.R. > 4 kV ist. Folgende Flächen sind maximal zulässig: I projiz. Fläche*) bzw. Breite IIA projiz. Fläche*) bzw. Breite IIB projiz. Fläche*) bzw. Breite IIC projiz. Fläche*) bzw. Breite Zone 0 100 cm² 3,0 cm 50 cm² 0,3 cm 25 cm² 0,3 cm 4 cm² 0,1 cm Zone 1 100 cm² 3,0 cm**) 100 cm² 3,0 cm 20 cm² 2,0 cm Zone 2 100 cm² 3,0 cm**) 100 cm² 3,0 cm 20 cm² 2,0 cm es sei denn, zündfähige Entladungen sind unwahrscheinlich bei Normalbetrieb einschließlich Wartung und Reinigung Zonen 20-22 III Keine Flächenbegrenzungen (seit 2003) *) Bei allseitiger leitfähiger Umrahmung können die Flächengrenzwerte vervierfacht, bei zweiseitiger Umrahmung verdoppelt werden.**) für Zapfschläuche sind 3,2 cm zulässig 2.1.2. Statt der Flächenbegrenzung ist in allen Zonen auch die Hinterlegung eines Isolators mit einem geerdeten Leiter (max. 2 mm Schichtdicke für I, IIA und IIB, max. 0,2 mm für IIC) in Kombination mit einer Schutzmaßnahme gegen Gleitstielbüschelentladungen (siehe 2.3) möglich. Beispiel: Lackierte Metallteile. Lackierte Metallteile, welche mit anderen geerdeten lackierten Metallteilen über leitfähige Verbindungsteile (Metallschrauben, Metallunterlegscheiben etc.) verbunden sind, sind i.d.R. ausreichend geerdet. Fett in dünnen Schichten ist ebenfalls i.d.R. ausreichend ableitfähig. Eloxalschichten haben eine Durchschlagfestigkeit von max. 30 V/μm und sind deshalb bis Dicken von 130 μm elektrostatisch unkritisch.

Transcript of Merkblatt zur Sicherheit vor zündfähigen elektrostatischen ... · PDF file—...

Page 1: Merkblatt zur Sicherheit vor zündfähigen elektrostatischen ... · PDF file— IEC TS 60079-32-1, Explosionsfähige Atmosphäre - Teil 32-1: Elektrostatische Gefährdungen - Leitfaden

Merkblatt zur Sicherheit vor zündfähigen elektrostatischen Entladungen 

 

Erstellt von AG 3.73

Ausgabe November 2015

Seite 1 von 3

 

1. Regelwerke: — IEC TS 60079-32-1, Explosionsfähige Atmosphäre - Teil 32-1: Elektrostatische

Gefährdungen - Leitfaden — IEC 60079-32-2, Explosionsgefährdete Bereiche - Teil 32-2: Elektrostatische Gefährdungen

- Prüfverfahren — IEC 60079-0, Explosionsgefährdete Bereiche Teil 0: Betriebsmittel – Allgemeine

Anforderungen — IEC 60079-31, Explosionsfähige Atmosphäre - Teil 31: Geräte- Staubexplosionsschutz

durch Gehäuse "t" — ISO 80079-3, Explosionsfähige Atmosphären - Teil 36: Nicht-elektrische Geräte für den

Einsatz in explosionsfähigen Atmosphären - Grundlagen und Anforderungen — EN 13463-1, Nicht-elektrische Geräte für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen -

Teil 1: Grundlagen und Anforderungen — TRBS 2153, Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen

Auflistung der Abfolge von Bewertung die jeweils für Büschelentladungen (2.1), Funken-entladungen (2.2) und Gleitstielbüschelentladungen (2.3) durchgeführt werden müssen.

2. Entladungsarten

2.1 Büschelentladungen

2.1.1. Büschelentladungen von isolierenden Kunststoffoberflächen (Oberflächen- widerstand >

1011

Ohm bei < 30 % rel. Feuchte, 23 °C, 1000 V Prüfspannung) können Gase und Dämpfe entzünden, wenn die entladene Fläche genügend groß und das Oberflächenpotenzial i.d.R. > 4 kV ist. Folgende Flächen sind maximal zulässig:

I projiz. Fläche*) bzw. Breite

IIA projiz. Fläche*) bzw. Breite

IIB projiz. Fläche*) bzw. Breite

IIC projiz. Fläche*) bzw. Breite

Zone 0

100 cm² 3,0 cm

50 cm² 0,3 cm

25 cm² 0,3 cm

4 cm² 0,1 cm

Zone 1 100 cm² 3,0 cm**)

100 cm² 3,0 cm

20 cm² 2,0 cm

Zone 2 100 cm² 3,0 cm**)

100 cm² 3,0 cm

20 cm² 2,0 cm

es sei denn, zündfähige Entladungen sind unwahrscheinlich bei Normalbetrieb einschließlich Wartung und Reinigung

Zonen 20-22 III Keine Flächenbegrenzungen (seit 2003) *) Bei allseitiger leitfähiger Umrahmung können die Flächengrenzwerte vervierfacht, bei zweiseitiger Umrahmung verdoppelt werden.**) für Zapfschläuche sind 3,2 cm zulässig

2.1.2. Statt der Flächenbegrenzung ist in allen Zonen auch die Hinterlegung eines Isolators mit einem geerdeten Leiter (max. 2 mm Schichtdicke für I, IIA und IIB, max. 0,2 mm für IIC) in Kombination mit einer Schutzmaßnahme gegen Gleitstielbüschelentladungen (siehe 2.3) möglich. Beispiel: Lackierte Metallteile. Lackierte Metallteile, welche mit anderen geerdeten lackierten Metallteilen über leitfähige Verbindungsteile (Metallschrauben, Metallunterlegscheiben etc.) verbunden sind, sind i.d.R. ausreichend geerdet. Fett in dünnen Schichten ist ebenfalls i.d.R. ausreichend ableitfähig. Eloxalschichten haben eine Durchschlagfestigkeit von max. 30 V/µm und sind deshalb bis Dicken von 130 µm elektrostatisch unkritisch.

Page 2: Merkblatt zur Sicherheit vor zündfähigen elektrostatischen ... · PDF file— IEC TS 60079-32-1, Explosionsfähige Atmosphäre - Teil 32-1: Elektrostatische Gefährdungen - Leitfaden

Merkblatt zur Sicherheit vor zündfähigen elektrostatischen Entladungen 

 

Erstellt von AG 3.73

Ausgabe November 2015

Seite 1 von 3

 

2.1.3. Sofern 2.1.1 oder 2.1.2 nicht eingehalten wird, kann auch der direkte experimentelle Nachweis erbracht werden, dass keine Zündgefahr besteht. Hierzu wird im Trockenklima (< 30 % rel. Feuchte) das Prüfmuster nach drei unabhängigen Verfahren (z.B. Tierhaartuch, Polyamidtuch, Baumwolltuch, Aufsprühen von Elektronen) möglichst hoch aufgeladen und die übertragene Ladung einer provozierten Entladung zu der Kugelelektrode eines Coulombmeters gemessen. Der gemessene Wert wird mit den Grenzwerten von 60 nC für I und IIA, 25 nC für IIB und 10 nC für IIC verglichen und bewertet. Dieser Nachweis wird vor allem für die Zonen 1 und 2 angewendet und ist die häufigste elektrostatische Prüfung. Sie ist schärfer als die geometrischen Kriterien von 2.1.1 und 2.1.2.

2.1.4. Eine Zulassung kann insbesondere in Zone 1 ebenfalls erteilt werden, wenn betriebsmäßig keine Aufladung zu erwarten ist (z.B. Kunststoffkabelschächte an der Decke, senkrechte Abflussrohre, Lampen an der Decke mit Warnaufkleber „Nur mit feuchtem Tuch reinigen“ (bei Lampen ist es im Gegensatz zu Kabelschächten zu er-warten, dass sie auch einmal gereinigt werden), Strömung von staubfreien Gasen).

2.2 Funkenentladungen

Funkenentladungen von isolierten Leitern können Gase, Dämpfe und Stäube entzünden, wenn die entladene Kapazität genügend groß und die Entladespannung genügend hoch ist (IIC > 1 kV, IIB > 4 kV, I und IIA > 7 kV). Die Kapazität wird mit einer batteriebetriebenen Kapazitätsmessbrücke gegen Erde gemessen. Zulässig sind:

I IIA IIB IIC III Zusatzbedingung Zone 0

10 pF < 3 pF < 3 pF < 3 pF - Keine hohen

Aufladungsmechanismen Zonen 1 und 2 10 pF 10 pF < 3 pF - Zonen 20,21,22 - - - 10 pF Gehäuse 50 pF 50 pF 15 pF 5 pF 50 pF handgehalten

Nach IEC TS 60079-32-1, TRBS 2153 I IIA IIB IIC III untertage 10 pF Zone 0

-

3 pF 3 pF 0 pF - Zonen 1 6 pF 3 pF 3 pF - Zonen 2 - - - - Zonen 20 und 21, MZE < 10 mJ - - - 6 pF Zonen 20 und 21, MZE > 10 mJ - - - - 10 pF Zonen 22 - - - - -

2.3 Gleitstielbüschelentladungen

Gleitstielbüschelentladungen von leitfähig hinterlegten isolierenden Materialien, welche durch schnell bewegte Teilchen aufgeladen werden, können Gase, Dämpfe und Stäube entzünden. Durch manuelle Reibung können keine Gleitstielbüschelentladungen erzielt werden. Erforderliche Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Gleitstielbüschelentladungen in allen Zonen sind:

— Ausschluss schnell bewegter Teilchen an den Oberflächen (Elektronen-bzw. Ionenwind – gibt es insbesondere beim elektrostatischen Lackieren -, pneumatisch geförderter Staub, strömende Flüssigkeiten und Tröpfchen, maschinell angetriebene Riemen, Bürsten und Folien etc.), oder

— Erhöhung des Abstands zwischen isolierender Oberfläche und leitfähiger Hinterlegung auf über 9 mm, oder

— Ersetzung der isolierenden durch nicht isolierende Materialien, oder — Durchschlagsfestigkeit von weniger als 4 kV (Mittelwert).

Page 3: Merkblatt zur Sicherheit vor zündfähigen elektrostatischen ... · PDF file— IEC TS 60079-32-1, Explosionsfähige Atmosphäre - Teil 32-1: Elektrostatische Gefährdungen - Leitfaden

Merkblatt zur Sicherheit vor zündfähigen elektrostatischen Entladungen 

 

Erstellt von AG 3.73

Ausgabe November 2015

Seite 1 von 3

 

3. Wichtige elektrostatische Regeln

Wichtige elektrostatische Regel sind: Alle Leiter müssen geerdet sein (Erdungswiderstand i.d.R. zwischen 106 Ohm (größere leitfähige Anlageteile) und 108 Ohm (Fußboden), Steckverbindungen und Ketten sind nicht zulässig). Auch ableitfähige Leiter müssen geerdet werden, es sei denn, ihr Oberflächenwiderstand liegt nahe zum isolierenden Bereich (~ 1011

Ohm bei 1000 V Prüfspannung und < 30 % rel. Feuchte, 23 °C). Glasbauteile sind zu prüfen.