Messen, was kaum messbar ist - werth.de · Die am Berliner Ferdinand-Braun-Institut gefertigten...

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Messen, was kaum messbar ist © Carl Hanser Verlag, München. 2011. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe dieses Sonderdrucks und der Übersetzung behält sich der Verlag vor. Sonderdruck aus der Fachzeitschrift QZ Qualität und Zuverlässigkeit 5/2011 Werth Messtechnik GmbH Siemensstr. 19 35394 Gießen Telefon: +49-(0)641-7938-0 Telefax: +49-(0)641-7938-719 E-Mail: [email protected] Internet: www.werth.de Anwenderreportage Ferdinand-Braun-Institut Leibnitz-Institut für Höchstfrequenztechnik

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Messen, was kaummessbar ist

© Carl Hanser Verlag, München. 2011. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der photomechanischen

Wiedergabe dieses Sonderdrucks und der Übersetzung behält sich der Verlag vor.

Sonderdruck aus der Fachzeitschrift QZ Qualität und Zuverlässigkeit 5/2011

Werth Messtechnik GmbHSiemensstr. 1935394 GießenTelefon: +49-(0)641-7938-0Telefax: +49-(0)641-7938-719E-Mail: [email protected]: www.werth.de

Anwenderreportage Ferdinand-Braun-InstitutLeibnitz-Institut für Höchstfrequenztechnik

Die am Berliner Ferdinand-Braun-Institut

gefertigten Wafer für Diodenlaser und

Hochfrequenzverstärker müssen exakt

auf eine definierte Schichtdicke geläppt

werden. Diesen Prozess überwachen die

Mitarbeiter im Reinraum mit einem

Multisensor-Koordinatenmessgerät von

Werth Messtechnik, Gießen. Das Gerät

ist mit einem chromatischen Sensor be-

stückt, der berührungslos und präzise die

erforderlichen Messwerte ermittelt.

Besucher des Ferdinand-Braun-Instituts,Leibniz-Institut für Höchstfrequenztech-nik in Berlin, kurz FBH genannt, treffendort auf Hightech pur (siehe Kasten Seite131). 220 Mitarbeiter, darunter 110 Wis-senschaftler entwickeln und produzierenunter anderem Diodenlaser für die Mate-rialbearbeitung, die Medizintechnik unddie Präzisionsmesstechnik. Ein weiterer

Schwerpunkt liegt in der Fertigung vonHochfrequenz-Bauelementen für dieKommunikationstechnik, Leistungselek-tronik und Sensorik.

„Diodenlaser aus dem FBH zeichnensich durch geringe Baugröße verbundenmit hoher Präzision,Brillanz und Leistungaus“ erläutert Dr. Andreas Thies, wissen-schaftlicher Mitarbeiter in der AbteilungProzeßtechnik. Obwohl ein solcher Lasernicht größer als ein Reiskorn ist, bringt eres auf eine Leistung von bis zu 20 Watt im Dauerstrichbetrieb beziehungsweise100 Watt im Kurzpulsbetrieb. Zur Ver-deutlichung: Das sind ungefähr die 5 000-bis 25 000-fachen Werte eines Lasers imCD-Player.Diese Eigenschaften in Verbin-dung mit der hohen Zuverlässigkeit unterextremen Bedingungen führen dazu, dassdie FBH-Laser weltweit geschätzt werdenund sich auch im Weltraum bewähren,

beispielsweise in Atomuhren von GPS-Satelliten der neuen Generation.

Die Einsatzgebiete der Lichtquellensind vielfältig. In der Medizintechnik hel-fen sie bei der fotodynamischen Krebsthe-rapie, indem sie bei einer exakt definier-ten Wellenlänge ein in Tumorzellen ange-reichertes Medikament aktivieren – diebefallenen Zellen werden zerstört. Weite-re Anwendungen liegen bei optischen Prä-zisionsmessungen, in der industriellenMesstechnik und der Materialbearbeitung(Schweißen, Löten, Beschriften).

Wafer durchlaufen verschiedeneBearbeitungsprozesse

Die Forschungs- und Entwicklungsarbei-ten in der Mikrowellentechnik und Opto-elektronik finden auf der Grundlage vonBasistechnologien statt. Auf Wafern ent-

MESSEN UND PRÜFEN Dimensionelle Verfahren

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MULTISENSOR-KMG ERMITTELT SCHICHTDICKE VON WAFERN

Messen, was kaum messbar ist

© Carl Hanser Verlag, München QZ Jahrgang 56 (2011) 5

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Wafer zuständig. Er wurde speziell für diegenaue, berührungslose Messung vonglänzenden, spiegelnden und für sicht-bares Licht transparenten Materialienentwickelt. Der Sensor eignet sich daherinsbesondere für optische Bauelementewie Spiegel und Linsen.

Um auch Halbleiter wie beispiels-weise Wafer, die im Normalfall für wei-ßes Licht nicht durchlässig sind, messenzu können, wurde eine spezielle Varian-te mit einem Strahlungsspektrum imInfrarotbereich eingesetzt, deren Lichtdas Halbleitermaterial durchdringenkann (Bild 3). Durch den physikalischenEffekt der Vorder- und Rückflächenre-flexion an den jeweiligen Grenzflächender Materialien entstehen Interferenzen,die zur Bestimmung der Schichtdickeausgewertet werden. Der entscheidendeVorteil dieses Sensors ist, „dass er exaktdas Wafermaterial misst und die Klebe-schicht ignoriert ebenso wie etwaigeMetallschichten sowie elektrische Struk-turen auf der Vorderseite“, erklärt An-dreas Thies.

Die Messung ist schnell vorbereitetund durchgeführt. Zunächst posi-

Bauelemente im ReiskornformatDas Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Insti-

tut für Höchstfrequenztechnik (FBH) ist ei-

nes der international führenden Institute

für anwendungsorientierte und industrie-

nahe Forschung in der Mikrowellentechnik

und Optoelektronik. Es ist Teil des For-

schungsverbunds Berlin e.V., gehört zur

Leibniz-Gemeinschaft und ist in zahlreiche

Netzwerke eingebunden. Auf der Basis

von III/V-Verbindungshalbleitern realisiert

das FBH Hochfrequenz-Bauelemente und

Schaltungen für die Kommunikationstech-

nik, Leistungselektronik und Sensorik.

Außerdem entwickelt das Institut leis-

tungsstarke Diodenlaser für die Material-

bearbeitung, Medizintechnik und Präzi-

sionsmesstechnik. Die enge Zusammen-

arbeit des FBH mit Industriepartnern, For-

schungseinrichtungen und Universitäten

soll eine schnelle Umsetzung der Entwick-

lungen in die Praxis garantieren. Für sei-

nen erfolgreichen Technologietransfer wur-

de das Institut mehrfach ausgezeichnet.

www.qm-infocenter.de

Diesen Beitrag finden Sie online unter

der Dokumentennummer: QZ110364

stehen mittels Epitaxie (Abscheidungeinkristalliner Halbleiterschichten aufeinkristalliner Unterlage) hauchdünneSchichten mit den gewünschten Material-eigenschaften. Mit industriekompatiblen,modernen Anlagen werden die Wafer wei-ter verarbeitet. Die Prozesskette umfasstfotolithografische Verfahren, nass- undtrockenchemische Ätzprozesse sowieMetallisierungsschritte. Auf einen 4-Zoll-Wafer passen etwa 2 000 Chips mit Mikro-wellenschaltungen oder 10 000 Laserchips.

Bevor die Techniker die Chips aus demWafer trennen und sie zu optoelektroni-schen oder Hochfrequenz-Bauelementenmontieren, muss der Wafer jedoch nochgedünnt werden. Dazu wird er auf einTrägermaterial geklebt und anschließendauf ein definiertes Maß geläppt. Dr. An-dreas Thies ist am FBH Spezialist für Pro-zesstechnik und als solcher für die Arbeitim Reinraum zuständig. Er erklärt: „DieDicke des Wafers ist ein wichtiges Krite-rium für die Einsetzbarkeit des Bauteils.In der Regel wird der Wafer von einerAusgangsdicke von 350 µm auf Maße biszu 100 µm heruntergeschliffen, je nachspäterer Anwendung.“ Bei 4-Zoll-Wafernaus Galliumarsenid (GaAs) oder Galli-umnitrid (GaN) – für Hochfrequenzan-wendungen die bevorzugten Materialien– dauert das etwa zwei Stunden für GaAs,für GaN deutlich länger.

Um die exakte Zieldicke zu erreichen,muss der Wafer wiederholt gemessenwerden. Bis vor Kurzem fand dieser Vor-gang ausschließlich taktil durch Diffe-renzmessen statt.

Diese Methode funktioniert folgen-dermaßen: Man misst die Dicke des Wa-fers, bevor dieser auf einen Träger geklebtwird. Durch ein erneutes Messen nachdem Kleben ergibt die Differenz der bei-den Werte die ungefähre Kleberschicht-dicke. Mit deren Hilfe lässt sich die je-weilige Dicke des Wafers nach dem Ma-terialabtrag durchs Läppen errechnen.

Da dieses Verfahren nicht besondersgenau ist, beschlossen die Verantwort-lichen,ein spezielles Messgerät anzuschaf-fen, das exaktere Ergebnisse liefern undmöglichst berührungslos arbeiten sollte.Die Wahl fiel auf einen VideoCheck-IP400 x 200 x 200 3D-CNC mit einem Chro-matic-Focus-Probe(CFP)-Sensor (Bild1). Dieses 3D-CNC-Multisensor-Koor-dinatenmessgerät von Werth Messtech-nik, Gießen, ist laut Hersteller zum einendurch sein einzigartiges spannungskon-stantes Führungssystem sehr genau, zumanderen erlaubt es das modulare Geräte-konzept der Video Check-Baureihe, ver-schiedene Sensoren anwendungsbezogenzu kombinieren (Bild 2). Neben dergrundsätzlich vorhandenen Bildverar-beitungssensorik können verschiedenemechanisch berührende Tastersysteme,der patentierte 3D-Mikrotaster WerthFiber Probe sowie diverse Abstandssen-soren eingebunden werden.

Chromatischer Fokussensormisst nur das Wafermaterial

Der integrierte Werth Chromatic FocusProbe ist für die Dickenmessung der

Dimensionelle Verfahren MESSEN UND PRÜFEN3

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Bild 1. Im Reinraum: Die Mitarbeiter setzen ein 3D-CNC-Multisensor-Koordinatenmessgerät

mit chromatischem Fokussensor zur Wafer-Dickenmessung ein.

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machen und diesen gegebenenfalls auf derLäppmaschine weiterbearbeiten.

Berührungsloses Messen verhindert Beschädigungen

Bei den empfindlichen Wafern kommtes immer wieder vor, dass während derBearbeitung ein kleiner mechanischerSchaden auftritt, zum Beispiel ein feinerRiss. Taktiles Messen würde dem Waferdann durch den entstehenden Druckweiteren Schaden zufügen und ihn gänz-lich unbrauchbar machen. Wenn dieMessung jedoch berührungslos vor-genommen wird, lässt sich der Prozesstrotz des kleinen Schadens fortsetzen.In den meisten Fällen ist dann zumin-dest ein großer Teil der auf dem Wafer befindlichen Chips noch brauchbar.

Im FBH-Abdünnlabor wird nicht nurder CFP-Sensor genutzt.Der Video Check-IP verfügt standardmäßig über einenMikroskopstrahlengang, mit dem sich dieWafer in hoher Auflösung und Genauig-keit inspizieren lassen. Das Zoomobjektivkann dazu sowohl CNC-gesteuert als auchvon Hand per Joystick positioniert undfokussiert werden. Zur Einstellung der ge-wünschten Vergrößerung stehen entspre-chende Zoomstufen zur Verfügung.Durchunterschiedliches Ausleuchten des Prü-flings lassen sich verschiedene Aufgaben

lösen. Schräges Beleuchten mit dem Dun-kelfeld-Auflicht MultiRing betont zumBeispiel die Kanten, sodass man auchderen Rauheit beurteilen kann. Durchsenkrechtes Beleuchten mit dem Hellfeld-Auflicht prüft man beispielsweise, ob dieOberfläche mit Partikeln verschmutzt ist.

Andreas Thies hat das flexible Toolauch schon zum „Fotografieren“ genutzt:„In wenigen Minuten habe ich mit derFunktion Rasterscanning vollautomatischein extrem hoch aufgelöstes Bild des zuinspizierenden Wafers erzeugt. Dazu wer-den in einem definierbaren Raster sehrviele Einzelaufnahmen gemacht und anschließend zu einem großen Bild zusammengefügt. Auf diesem Weg lassensich Bilder erzeugen, auf denen der Waferbis ins kleinste Detail zu sehen ist. Dies ist eine hervorragende Grundlage für wissenschaftliche Diskussionen.“ �

� Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut

für Höchstfrequenztechnik

Telefon: +49-(0)30-6392-2600

[email protected]

www.fbh-berlin.de

Werth Messtechnik GmbH

Telefon: +49-(0)641-7938-0

[email protected]

www.werth.de

Bild 3. Beim Scannen: Mit dem Bildver-

arbeitungssensor werden Wafer auf Ver-

unreinigungen mit Partikeln inspiziert.

tioniert der Anwender den zu messen-den Wafer in einer der vorbereitetenAufnahmen auf dem XY-Tisch. Am PCruft er die WinWerth-Messsoftware auf,wählt dort die entsprechende Positionan und fügt die benötigten Basisinfor-mationen zu Größe und Material desWafers ein. Andreas Thies präzisiert:„Wir können Galliumarsenid, Gallium-nitrid, Saphir, Silicium und Silicium-carbid messen, das sind unsere haupt-sächlichen Werkstoffe. Für andere Ma-terialien lässt sich der Brechungsindexeingeben. Die Eingabe einer ungefährenDicke des Prüflings (geschätztes Maß± 50 µm) beschleunigt die nachfolgendeMessung.“

Jetzt muss der Anwender nur noch aufStart drücken, und das Gerät beginnt mitdem Messvorgang. Dazu scannt der Sen-sor den Wafer in zwei Spuren über die Mit-te, einmal in X- und einmal in Y-Richtung.Die jeweils gemessene Schichtdicke wirdam Bildschirm angezeigt. Als ausgespro-chen praktisch empfinden es die Mitarbei-ter, dass die Auswertung der Daten direktim Geräte- PC möglich ist.Über eine selbstgeschriebene Routine wird dort dieSchichtdickenverteilung errechnet undgrafisch dargestellt.Die Messung dauert beieinem 70-mm-Wafer etwa zwei Minuten.Dann kann sich der Anwender ein exaktesBild von der Dickeverteilung seines Wafers

Bild 2. Im Sensorverbund: Anwendungsbezogen können verschiedene Sensoren kombiniert

werden. a) Chromatischer Sensor, b) Bildverarbeitungssensor mit telezentrischer Optik,

c) Fasertaster, d) Fasertaster-Parkstation

MESSEN UND PRÜFEN Dimensionelle Verfahren

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