Methodisches zur Registrierung von Darmbewegeungen

6
Aus der Chirurglsehen Universit/~tsklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. E. Rehn.) Methodisches zur Registrierung yon Darmbewegungen. Von Ernst Bors und Hans 1)olano. Mit 8 Textabbildungen. (Eingegangen am 3. VI. 1932.) Die im folgenden mitgeteilte ]~[ethodik zur Registrierung yon Dttnn- darmbewegungen beim Hun@ erftillt zwei Aufgaben: 1. Der Zusammen- hang zwischen Darm- und TierkSr- ! per b]eibt gewahrt. 2. Die durch Narkose und Fesselung des Ver- \, / suchstieres bedingten Einwirkungen " / auf den Darm werden vermieden. Wir bedienten uns der Hautdarm- )~ ~f , J sehlauehmethode in Anlehnung an " (~'/ ~ Biebls Versuche. ~ ~ ~ / Die Operationstechnik ist aus , f/if? den beigeffigten Bildern ersiehtlieh ,~ ~1 (Abb. 1--5). ~-;/~ % Norphin- Xthernarkose, halbe Seitenlage. Von dev Flanke zuin I-Iinterlauf zieht eine Hautfalte. Sie ist ffir die Aufnatmle des Darmsehlau- ches bestiinmt. Von einein medial- konvexen Sehnitt wird die Falte yore lateralen Rand her bis zum halben Urn- fang des ktinftigen Kautsehlauehes In0- Abb. 1. 8chnittfiihrnng. bilisiert. Dana erfolgt die ErSffnung der BauchhShle init Vorlagerung einer Darmsehlinge. Das Mesenterium wird an einer gefhl~arinen Stelle nur gekerbt, ein etwa stOrendes radiates Gefhg wird nahe am Stainm unterbunden. Es folgen: Verankerung der Darinsehenkel am Peritoneum, und Versehlug der

Transcript of Methodisches zur Registrierung von Darmbewegeungen

Page 1: Methodisches zur Registrierung von Darmbewegeungen

Aus der Chirurglsehen Universit/~tsklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. E. Rehn.)

Methodisches zur Reg i s t r i erung yon Darmbewegungen .

Von

Ernst Bors und Hans 1)olano. Mit 8 Textabbildungen.

(Eingegangen am 3. VI. 1932.)

Die im folgenden mitgeteilte ]~[ethodik zur Registrierung yon Dttnn- darmbewegungen beim Hun@ erftillt zwei Aufgaben: 1. Der Zusammen-

hang zwischen Darm- und TierkSr- ! per b]eibt gewahrt. 2. Die durch

Narkose und Fesselung des Ver- \, / suchstieres bedingten Einwirkungen " / auf den Darm werden vermieden.

Wir bedienten uns der Hautdarm- )~ ~f , J sehlauehmethode in Anlehnung an " (~ ' / ~ Biebls Versuche.

~ ~ ~ / Die Operationstechnik ist aus , f/if? den beigeffigten Bildern ersiehtlieh

,~ ~1 (Abb. 1--5).

~ - ; / ~ % Norphin- Xthernarkose, halbe Seitenlage. Von dev Flanke zuin I-Iinterlauf zieht eine Hautfalte. Sie ist ffir die Aufnatmle des Darmsehlau- ches bestiinmt. Von einein medial- konvexen Sehnitt wird die Falte yore lateralen Rand her bis zum halben Urn- fang des ktinftigen Kautsehlauehes In0-

Abb. 1. 8chni t t f i ihrnng. bilisiert. Dana erfolgt die ErSffnung der BauchhShle init Vorlagerung einer

Darmsehlinge. Das Mesenterium wird an einer gefhl~arinen Stelle nur gekerbt, ein etwa stOrendes radiates Gefhg wird nahe am Stainm unterbunden. Es folgen: Verankerung der Darinsehenkel am Peritoneum, und Versehlug der

Page 2: Methodisches zur Registrierung von Darmbewegeungen

~[ethodisches zur Registriermlg yon Darmbewegungen. 239

BauchhShle zwischen den Darmschenkeln in zwei Schichten. Der vorgelagerte Darm mil~t etwa 10--12 cm und ~4rd in den eingangs mobilisierten Kautlappen

Abb. 2. PeritonealhShle erSffnet. Mesenterium gekerbt, ein Mesenterialgefa6 durchtrennt.

eingerollt. Der Hautschlauch wird durch einen zweiten medialen, lateral konvexen Schnitt gebildet. Die geilungsdauer betragt etwa S -6 Wochen.

/

Abb, 3. Darm verankert~ Peritonealmuskelwunde zwischen den eingen~thten Darmscheakela verschlossen.

Die Versuchsanordnung zur Registriemng ist folgende: Der Hund wird in Seitenlage mit lockeren Bindentouren festgehalten,

welche so wenig stSren, dal~ h~ufig ~lattirlicher Schlaf eintritt. Die Re- gistrierung wird mit Lultiibertragung auf die ~a reysche Kapsel vor- genommen. Zur Ableitung verwendeten wit eine Pelotte, die aus einem

1 6 .

Page 3: Methodisches zur Registrierung von Darmbewegeungen

240 E. Bo~s und H. Po~.~-o:

Metallgeh~use, einer Kondomgummib]ase und e~nem Biigel besteht (Abb. 6).

Abb. 4. l Iautsehlaucl l gebildet , Beginn der Defek tverk le inerung an den Wundwinkeba.

Der Bagel ist gegen das Geh~use verstellbar und wird unter dem Darm- hautschlauch durehgeffihrt. Die riehtige Fgllung der Gummiblase ist wiehtig far die I-iShe der Ausschlgge. Je geringer der Widerstand der Gummiblase ist und je breiter sie gleiehzeitig dem Hautschlaueh an]iegt, desto grSIBer werden die Kurven.

Abb. 5. l{autsehlaueh gebildet. Defek tnah t tei lweise beendet.

Geschrieben wurde auf die Rul~trommel eines ]angsam laufenden Kymographions. Ein Umlauf dauerte 15--16 Minuten.

Die angestellten Beobachtungen stammen yon einer ~nteren Jejunal- schlinge.

Page 4: Methodisches zur Registrierung von Darmbewegeungen

Methodisehes zur Registrierung yon Darmbewegungen. 241

In den erzielten Kurven sind nur Kurvenberge zu werten, welehe, ent- spreehend der Langsamkeit der Darmbewegungen, runde Giiofel aufweisen. Alle j~hen und spitzen Erhebungen sind Kunstprodukte, welehe yon der Thtigkeit der Skelettm~lsku- latur (z. B. Bauehpresse) her- rithren.

Die Atembewegungen stSren die Registrierung der Darmt~tigkeit nieht(Abb.7).

Wir beobaehteten kleine Wellen, Niveauerhebungen und grolge Wellen (Abb. 8, S. 242). Wir glauben, diese

............. II'I " .... '"~',___ Jlj

\,

Abb. 6. P Pelotte~ G Gummiblase~ B verstellbarer Bagel.

Erscheinung den yon anderen Autoren (C. Ludwig , P. T rende len - burg , L. H i r sehbe rg ) besehriebenen drei Grundfornaen der Darm- bewegung gleiehsetzen zu k6n- nen: Pen@l- und Misehbewe- gung, Tonussehwankung, Peri- staltik. Die Bewegungsfre- quenz betr~gt etwa 15 Minuten, b mehr bei Pendel- und XV[isehbe- wegung, weniger bei Peristaltik.

Diese Beobaehtungen ent- spreehen den Angaben anderer Autoren, z. B. fiir I-Iund nnd Katze 1 ~ 1 2 (P. Trendelen- burg), fiir den Itund 15,5 (Stein- c haus, Stanwood, Slater u. S e h e u e h e n p f l u g ) , 10--14 (0kuda u. Maeda mittels Ak- tionsstrom).

Das Niiehterntier zeigte vor- Abb. 7. a Darmbewegnngen, b Zeitsehreibang 10 Sek., c Atembewegtmgen.

nehmlieh Pen@l- und Niseh- bewegungen, ~ seltener Tonussehwankungen, niemNs natiirlieh Peristaltik; ferner Perioden der Ruhe und solehe der Bewegung. Die Ruhepausen betrugen 15 3{inuten und mehr (s. aueh Hukuha ra ) . Demgegeniiber zeigte das satte Tier in allen drei Bewegungsformen eine fast ununter- broehene T~tigkeit. Die Tonussehwankungen traten bei soleher unaus- gesetzten Bewegung weniger hervor.

1 tIergestellt yon A. Lantzseh, pharmak. Inst i tut Freiburg i. B.

Page 5: Methodisches zur Registrierung von Darmbewegeungen

242 E. BoRs und H. POT.ANO:

Naeh einmaliger Fiitterung des Niiehterntieres trat eine mittel- kraftige Darmt~tigkeit ein, bevor noah die Nahrung die in Beobaehtung stehende Darms':ehlinge erreieht haben konnte. Diese Darmbewegungen hielten nicht solange an wie jene des satten Tieres. Die im natiirliehen, kurzdauernden Sehlaf angestellten Beobaehtungen waren nieht eindeutig: Tonussehwankungea und Peristaltik waren meist geringer, manehmal herrsehte vSllige Ruhe. Einmal war der Sehlaf ohne Einflug auf den naeh der Def~kation stark t~tigen Darm.

In einigen Versuehen priiften wir die Darmt~itigkeit naeh Einfiihren eines Darmrohres, Lufteinblasung, Einlauf und Blasenfiillung. Nit dem

Abb. 8. 1 Grofle Wellen, 2 Niveauschwankungen, 3 kleine Wellen, Zeitschreibung 10 Sek.

Einlegen des Darmrohres war manehmal iein kurzdauernder Diinndarm- hemmungsreflex verbunden, er war jedoeh nieht konstant, ttingegen war jede st~irkere Dehnung des Rektum oder Sigma yon einer t temmung gefolgt. So dauerte z. B. die Parese des Diinndarmes naeh Lufteinblasung bis zu 6 Ninuten. Dabei trat die Wirkung erst bei Luftmengen auf, die mehr aIs 50 eem betrugen. Nehrfaehe Wiederhohng des Versuehes liel~ den Effekt sehwinden. Naeh Entweiehen der eingeblasenen Luft setzte eine krgftige Darmt~ttigkeit (in allen drei Formen) ein; sie war etwa so stark wie naeh abgesehlossener Defgkation.

Die Wasserfiillung des Enddarmes (Klysma oder Tropfeinlauf) war erst bei 100--150 eem wirkungsvoll. Das Ablassen hatte eine vermehrte Darmtgtigkeit mit Defgkation zur Folge. Der Tropfeinlauf war weniger wh'kungsvoll als alas Klysma; neben der die Def~kation ausliisenden Wirkung verst~irkte er manehmal die Tonussehwankungen. Defgkation, Dehnung des Nastdarmes und der HarnrShre hemmen die Diinndarm-

Page 6: Methodisches zur Registrierung von Darmbewegeungen

~Iethodisches zur tlegistrierung von Darmbewegtmgen. 243

bewegung (P. T r e n d e l e n b u r g ) . Auch in unseren Versuchen trat vor

und wahrend der Defitkation ein Diinndarmstillstand ein, nach der De- fiikation Erh6hung der Tonuswellen mit vermehrter Peristaltik. Diese gesteigerte Aktivit~t wurde durch eine neuerlich einsetzende Def~kation nur kurzdauernd unterbrochen.

Die Versuehe bei Blasenffillung ergaben ahnliehe Befunde wie bei ~[astdarmftillung. Naeh l~bersehreiten der Blasenkaioazit~it (bei 150 bis 180 eem) t ra t reflektoriseh ein Dfinndarmstillstand ein. Naeh spontanem oder ktmstliehem Abflu6 der Ft~llungsflttssigkeit t ra t lebhafteste Aktivitat (besonders Tbnuswellen und PeristMtik) ein. Dieser Versuch liel~ sieh leicht mit gleiehem Erfolg wiederholen. Die Temperatur der Ftillungs- flt~ssigkeit (Zimmer- his KSrpertemioeratur) war far den Ablauf des Ver- suches belanglos. - -

Die Ballonmethoden sind h~tufig verwendet worden, bisher ermSg- liehten sie, den Darminnendruek naeh au6en zu iibertragen (Bay l i s s u. S t a r l i n g , G a n t e r , T e m p l e t o n u. L a w s o n , W e i t z u. Vol le rs ) . Die Verwendung eines yon auSen an einem Darmhautsehlaueh angreifen- den Ballons hingegen ist neu. Deshalb besteht die Verbesserung unseres Verfahrens gegent~ber der Bieb lsehen Nethode nieht so sehr in der Ver- ~nderung der operativen Teehnik, als vielmehr in dieser Art der Schreib- ttbertragung.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Die oben gesehilderte Methodik entsprieht den eingangs gestellten Forderungen. Sie gestattet, unter physiologisehen, gleiehbleibenden Be- dingungen zu ~arbeiten, Ergebnisse naeh versetiiedenen Eingriffen an demselben Versuehstier zu vergleiehen und somit aueh den Kliniker interessierende Fragen zu 15sen.

Literatur. Bayliss, W. 5i. u. E. H. Starling: Amer. J. of Physiol. 24 (1899); 26 (1900/1901);

70 (1924). - - Biebl, ~{ax: Dtsch. Z. Chit. 218 135. Klhl. Wsehr. 1930, Nr 36, S. 1674. -- Gan~er, G.: Pfliigers Arch. 201, 101 (1923). - - Hirschberg, Louis: Z. exper. Med. 62, 381--390. - - Hukuhara: Pfliigers Arch. 226, 518 (1931). -- Ludwig, C. : Zit. nach P. Trendelenbm'g. - - Okuda u. Maeda: J. of Biophysics 2, Nr 1, 27 (1927). Rona Ber. 45, 363 (1928). - - Steinhaus, A., Stanwood, Ch. B., Slater, J., Slater, F. u. G. Scheuchenpflug: Rona Ber. 46, 413 (1928). - - Templeton, IR. D. u. H. Lawson: Amer. g. of Physiol. 96, 667 (1931). 1Rona Ber. 61, 705 (1931). -- Trendelenburg, Paul: In Bethe-Bergmanns Handbueh 3, 452--467 u. 520--543. -- Weitz, Wilh. u. W. Vollers: Arch. Verdgskrkh. 41, 311--320 (1927).