Michael Mauke - Die Klassentheorie von Marx und Engels

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    Kritische Studienzur Politikwissenschaft

    HerausgeberWalter EuchnerGert SchferDieter Senghaas

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    Michael Mauke

    Die Klassentheorie von Marxund Engels

    Mit einem Nachwort von Klaus Meschkat

    Herausgegeben vonKajo Heymann, Klaus Meschkat un d Jrgen Werth

    Europischc,Vcrlagsanstalt

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    1970 by Europische Verlagsanstaltr rankfurt am MainDrude Georg Wagner, NrdlingenISBN 3 434 JOI07 o (Ln.)ISBN 3 434 3o1o8 9 (kt.)Printed in Germany

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    Inhalt

    Erstes KapitelZum Begriff de r Klassengesellschaft 7

    I. Gesellschaftliche Arbeit un d herrschaftli

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    3 Die Trennung von Eigentum und Funktion 854 Geschichtliche Entwicklung der Kapitalistenklasse

    un d ihrer Funktionen 91Finanzaristokratie und industrielle Bourgeoisie 92Klassische industrielle Bourgeoisie 9 5Aufhebung der Kapitalistenklasse au f kapitalistischerB ~ s

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    Viertes KapitelDie Arbeiterklasse I0 5

    r. Zu r klassentheoretischen Terminologie I0 5z. Die geschichtliche Entwicklung der Lohnarbeiterklasse r I I

    Charakter der modernen Eigentumslosigkeit I I . l

    Manufakturarbeiterschaft I I4Fabrikproletariat I I 6

    3 Innere Gliederung der Lohnarbeiterklasse I.l3Materielle und immaterielle Produktion u 3Stdtische und lndliche Lohnarbeiter I.l3Fabrikarbeiter, Heimarbeiter, WanderarbeiterLuxusarbeiterFachliche UnterschiedeLohnunterschiedeSchichtung der Arbeiterklasse undVerelendungstendenzDie Lohnarbeiter als KonsumentenNationale Differenzen innerhalb derLohnarbeiterklasse

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    Erstes Kapitel

    Zum Begriff der Klassengesellschaftr

    Marx ha t keine gesonderte Abhandlung seiner Klassentheoriegeschrieben. Dennoch ist der Marxismus gerade als Klassentheorie: als Lehre von Klassenherrschaft, Klassenkampfund Revolution geschichtsmchtig geworden, in der Geschichte der Arbeiterbewegung ebenso wie in den Sozialwissenschaften. Kaum eineSchrift ber Herrschaft, Klassenstruktur oder Schichtung, welchesich nicht mit der marxistischen Klassentheorie auseinandersetzte.' Die Kritik zieltvo r allem, erstens, auf die Prognose derSpaltung der kapitalistischenGesellschaft in zwei groe feindliche Lager, in Bourgeoisie und Proletariat - eine Prognose, diedurch die Entstehung einer>>neuen Mittelklasse anscheinend widerlegt ist.2 Sie zielt, zweitens, au f die theoretischen Widersprche zwischen den einzelnen Klassenanalysen -so beschreibtMarx die kapitalistische Klassenstruktur nichtnu r als dichotomisch, sondern auch als trichotomisch und sogar als pluralistisch.3 Die Kritik zielt, drittens, au f die widersprchliche Verwendungsweisedes Klassenbegriffs selbst - die ganze bisherigeGeschichte wird als Geschichte von Klassenkmpfen begriffen;andererseits aber der Kapitalismus als Klassengesellschaft vonder feudalen Stndegesellschaft und anderen vorkapitalistischenFormationen abgegrenzt.Daher ist das Fehlen einer besonderen

    * Smtliche Anmerkungen, soweit es sich nicht um bloe Zitatnachweise aus Kar! Marx, Friedrich Engels, Werke (MEW) handelt, stammen von den Herausgebern.

    x Siehe dazu als Dogmenbersicht: Erhard Wiehn, Theorien der sozialenSchichtung, Eine kritische Diskussion, Mnchen1968

    2 Die Angestellten gelten allgemein als Beweismittel der Marxkritik, derThese von der nivellierten Mittelstandsgesellschafte ebenso wie dem>ne-DimensionalMan< von Herbert Marcuse.

    3 Stanislaw Ossowski begreiftMarx' Kategorie als Synthese der dreiprinzipiellen Typen der Auffassung der Klassenstruktur, mit denenwi res in der Geschichte der europischen Ideen zu tun haben: dichotomischesSchema, Gradationsschema und funktionelles Schema. (Die Klassenstruktur im sozialen Bewutsein, Neuwied-Berlin1962, S. 93 f.)

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    Abhandlung der Klassentheorie und zumal der fragmentarischeCharakterdes Kapitels Die Klassen, welches dendritt-el}. Banddes Kapital abschliet, als eine wesentliche Schwchedes Marxismus gewertet worden, nicht nur von brgerlichen Theoretikern.4 So schreibt Georg Lukacs in Geschichte und Klassenbewutsein: . . in einer fr Theorie und Praxisdes Proletariatsverhngnisvollen Weise bricht das Hauptwerk Marx'dort ab,wo es auf das Bestimmen der Klassen losgeht. . , 5Das berhmte Kapitalfragment ist allerdings berbewertet worden; denn Marx' Theorie der Gesellschaft, die Kritik der Politischen konomie, enthlt alssolche bereits eine allgemeineKlassentheoriedes Kapitalismus.6 Das gesamte Werk von Marxund Engels, nicht nur jede einzelne historisch-konkrete Klassenanalyse, ist durch das Problem von Klassenantagonismus undKlassenkampf bestimmt und zielt, gleich dem historischen Interesse des Proletariats, auf die Umwlzung der kapitalistischenKlassengesellschaft.In dem berhmten Vorwort zur Kritik derPolitischen konomie, das von Klassen nicht expressis verbisspricht, wird dennoch von nichts anderem als von den Gesetzenund der Geschichte des Klassenantagonismus gehandelt.7Da

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    4 Vgl. Ossowski, a. a.0 . Dahrendorf, a. a.0 . Erich Thier, ber denKlassenbegriff bei Marx, in : Marxismusstudien, Dritte Folge, Tbingen1960; T. B. Bottomore, Die sozialen Klassen in der modernen Gesellschaft, Mnchen r967

    5 Georg LuHcs, Geschichte un d Klassenbewutsein, Studien ber marxistische Dialektik, Neuwied-Berlin1968, S. 218

    6 Die konomie handelt nicht von Dingen, sondern von Verhltnissenzwischen Personen und in letzter Instanz zwischen Klassen; diese Verhltnisse sind aber stetsan Dinge gebunden und erscheinen als Dinge.Friedeich Engels, (Rezension:) Kar! Marx,Zu r Kritik der Politischenkonomie, Kar! Marx, Friedrich Engels, Werke (MEW), Berlin1956 ff.,Bd. IJ, s. 476

    7 Kar! Korsch hat darauf hingewiesen, da der Satz - Eine Gesellschaftsformation geht nie unter, bevor alle Produktivkrfte entwickelt sind, frdie sie weit genug ist, und neue hhere Produktionsverhltnisse tretennie an die Stelle, bevor die materiellen Existenzbedingungen derselben im

    Scho der alten Gesellschaft selbst ausgebrtet worden sind - die abstraktere Form des Gedankens ist, den Marx polemisch gegen Proudhonformulierte: Von allen Produktionsinstrumenten ist die grteProduk-tivkraft die revolutionre Klasse selbst. Die Organisation der revolutionren Elemente als Klasse setzt die fertige Existenz allerProduktiv-krfte voraus, die sich berhaupt im Scho der alten Gesellschaft entfalten knnen. Vgl. Kar! Korsch, Kar! Marx,Frankfurt am Main 1967,S. r8 r f. - So verstanden, lst sich eine gewisse Zwiespltigkeit derMarxschen Revolutionstheorie auf. Sie besteht darin,da die Revolutiondas eine Mal ganz und gar aus der objektiven Entwicklung der materiellen Produktivkrfte abgeleitet, das andere Mal ebenso entschieden alseine wirkliche praktische Aktion der zu einer bestimmten gesellschaftli-

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    die Marxsche Theorie, die den Begriff der gesellschaftlichen Arbeit zum Zentrum hat, alle sozialen Verhltnisse und Gliederungen als Vermittlungszusammenhang der gesellschaftlichenProduktion analysiert, meist in einer konomischen Sprache,braucht sie nicht notwendig den soziologischen Begriff Klassezu verwenden. Die Klassengliederung bildet nicht eine politisch

    soziale Superstruktur der Wirtschaft, sondern ein Moment dersozialkonomischen Totalitt: die Klassenstruktur ist identischmit dem System der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit.

    I . Gesellschaflliche Arbeit un d herrschaflliche Aneignung

    Die Arbeit als Aneignung der NaturS durch die Menschen wirdvollzogen innerhalb gesellschaftlicher Verhltnisse der Menschenuntereinander. Die gesellschaftliche Vermittlungsstruktur grndet sich auf ein Substrat von Arbeitsmethoden und sachlichenArbeitsmitteln- Produktivkrften - welche das Verhltniszu rNatur organisieren. Die Produktionsverhltnisse institutionalisieren die den Produktivkrften entsprechenden Formen der Zusammenarbeit, Trennung und Vereinigung der Individuen.9 Wieimmer die gesellschaftlichen Formen der Produktion beschaffensind, Produzenten und Produktionsmittel bleiben ihre Faktoren;damit berhaupt produziert werden kann, mssensie sich verbinden. Die besondereArt und Weise, wie diese Verbindung derunmittelbaren ProduzentenNaturmacht< gegenbertritt. Im Menschen beziehen sich Arbeitsmittelund Arbeitsgegenstand aufeinander. DieNatur ist das Subjekt-Objektder Arbeit. Ihre Dialektik besteht darin,da die Menschen ihre Naturverndern, indemsie der ueren stufenweise ihre Fremdheit und li.uerlichkeit nehmen, sie mitsich vermitteln, sie zwe

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    und institutionalisiert wird, trennt bzw. verem1gt die Individuen jeder historischen Gesellschaft in bestimmter Form und unterscheidet die s o z i a l k o n o m i s c . . ~ e n Formationen der menschlichen Gesellschaft als verschiedene Formationen von Arbeitsteilung, Eigentum und Herrschaft.

    Die Geschichte der menschlichen Gesellschaft - und damit Geschichte im engeren Sinn berhaupt - beginnt dann und dort,wo die absolute Autonomie selbstgengsamer Urgemeinschaftenaufgehoben wird und grere Zusammenhnge der Arbeitsteilung und -Organisation entstehen.' 0 In archaischen Verhltnissen ist die Arbeitsteilung noch an naturwchsig gegebenen Verschiedenheiten, wie Geschlecht und Alter, krperlicher Kraft undGeschicklichkeit, orientiert; die Werkzeuge, gering an Zahl undwenig entwickelt, ben keine spezialisierende Wirkung aus, besondere Funktionen bleiben mehr oder minder austauschbar. DieArbeitsteilung differenziert die Urgemeinschaften, sobald dieEntwicklung der Werkzeuge und der gesellschaftlichen Arbeitsmethoden sie befhigt, Lebensmittel ber den eigenen Subsistenzbedarf hinaus zu produzieren und Vorrat zu halten: sobaldmehr als die unmittelbar notwendige Arbeit, Mehrarbeit geleistet wird. Die Lebensmittel-Produzenten knnen von nichtproduktiven Verrichtungen, z. B. Gemeinschaftsfunktionen,entlastet werden, deren spezialisierte Trger durch die Mehrarbeit versorgt werden. Mehrarbeit kann auch durch die Verbesserung der Arbeitsmittel und -methoden entstehen, also durchneue Produktivkrfte, welche es ermglichen, bei gleichem Aufwand an Arbeitszeit ein greres, ein Mehrprodukt zu erzeugen.Mit diesen beiden Formen des Mehrprodukts beginnt die eigentlich gesellschaftliche im Unterschied zur biologischen Arbeitsteilung." Allerdings >>ist in jenen Anfngen die Proportion der Ge-

    1 0 Vgl. hierzu die Aufarbeitung neueren Materials ber die Vorgesdtidtte

    bei Ernest Mandel, Marxistisdte Wirtsdtafl:stheorie, Frankfurt am Main196, Kapitel I . Mandel sttzt sidt wesent!idt au f den englisdten Prhistoriker Gordon Childe, der an Lewis Morgans und Friedridt Engels'Darstellung der Entwicklungsstufen Wildheit, Barbarei, Zivilisation anknpft; Gordon Childe, Soziale Evolution, Frankfurt am Main 1968

    u Die Erzeugung eines stndigen Mehrprodukts an Nahrungsmitteln istdie materielle Grundlage fr die Verwirklidtung der bedeutungsvollstenwirtschaftlichen Umwlzung, die der Mensch seit seinem Erscheinen au fder Erde gekannt hat: die Anfnge des Ackerbaus und die Zhmung undZucht von Tieren. Nach der Epoche der Vorgesdtidtte, in deren Verlaufdiese Revolution stattfindet - der Periode der gegltteten Steine oder derJungsteinzeit-, wird sie neolithische Revolution genannt . . . De r Beginndes

    Ackerbaus und der Viehzudtt fhrt brigens zu der ersten groen

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    sellschaftsteile, die von fremder Arbeit leben, verschwindendklein gegen die Masse der unmittelbaren Produzenten. Mit demFortschritt der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeitwchst diese Proportion absolut und relativ. 1 2

    In die Geschichte hher organisierter Gesellschaften sind zwar

    auch schon die theokratisch oder brokratisch regierten Wasserbauverhnde der asiatischen Gesellschaft'J, die frhen orientalischen und die amerikanischen Hochkulturen einbezogen, weil siebereits auf einem institutionellen Kontrast zwischen privilegierten,allerdings noch funktional gebundenen Mehrprodukt verfgenden und den Mehrarbeit leistenden Produzenten beruhen. AberMarx hat mehrmals den trotz aller groartigen Bau- und Organisationsleistungen stagnierenden, stationr zyklischen, geschichtslosen Zustand dieser Gesellschaften hervorgehoben'4, die

    nur durch kriegerische Eroberung und Unterwerfung sich wandelten. Erst wo das Moment gesamtgesellschaftlicher Funktionenbei der Aneignung und Verteilung des Mehrprodukts zurcktritt, wo dieses zum Kampfobjekt zwischen den Produzentenund privaten Inhabern de r sachlichen Produktionsbedingungen

    gesellschaftlichen Arbeitsteilung; neben Hirtenvlkern erscheinen Ackerbauvlker. (Mandel, a. a. 0 . S. 28 ff.)

    r2 Das Kapital, Bd. I, MEW, Bd. 23, S. 53513 Die Diskussion ber die asiatische Produktionsweise, die Marx neben

    antiken, feudalen und modernen brgerlichen Produktionsweisen alsprogressive Epochen der konomischen Gesellschaftsformation bezeichnet, resumiert Ernest Mandel in: Entstehung un d Entwicklung der konomischen Lehre von Kar! Marx {r843-r86J), Frankfurt am Main 1968,Kapitel 8

    14 Was den stationren Charakter dieses Teils von Asien, trotz aller zwecklosen Bewegung in der politischen Oberflche, vollstndig erklrt, sind die2 sich wechselseitig untersttzenden Umstnde: I. Die public-works-Sache der Zentralregierung, 2 . Neben derselben das ganze Reich, die paargreren Stdte abgerechnet, aufgelst in vi/lages, die eine vollstndigdistinkte Organisation besaen und eine kleine Welt fr sich bildeten.Marx an Engels, 14. Juni r853, MEW, Bd. 28, S. 267; vgl. Marx, Das

    Kapital, Bd. I, MEW, Bd. 23 , S. 379Die Abwesenheit des Grundeigentums ist in der Ta t der Schlssel zumganzen Orient. Darin liegt die politische und religise Geschichte. Aberwoher konnte es kommen, da die Orientalen nicht zum Grundeigentumkommen, nicht einmal zum feudalen? Ich glaube, es liegt hauptschlichim Klima, verbunden mi t den Bodenverhltnissen speziell mit den groenWstenstrichen . . . Die knstliche Bewsserung ist hier die erste Bedingung des Ackerbaus, und diese ist Sache entweder de r Kommunen, Provinzen oder der Zentralregierung. Die Regierung im Orient hatte immerauch nur drei Departements: Finanzen (Plnderung des Inlands), Krieg(Plnderung des Auslands) und traveaux publics, Sorge fr die Reproduktion. (Engels an Marx, Brief vom 6. Juni r853, MEW, Bd. 28,S.

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    und zur umstrittenen Beute zwischen herrschenden Privateigentmern selbst wird - beginnt die Geschichte der Klassengesellschaft, die Geschichte von Klassenkmpfen.Durch das Mehrprodukt kann die Gesellschaft in einen Teil, deres produziert und einen, der es aneignet und ber seine Verwendung verfgt, gespalten werden.'5 Das ist die Grundlage jederim Verlauf der Geschichte auftretenden antagonistischen Gesell-schaft, gleichgltig wie jeweils die reale Klassengliederung aussieht. Die Konsequenzen, die sich aus dem Aufkommen eines

    gesellschaftlichen Mehrprodukts und aus der Problematik seiner: Verteilung und Steigerung herleiten, sind umwlzend. In der: Entfaltung des widersprchlichen Verhltnisses zwischen der ge-. seilschaftliehen Arbeit und der partikulren Aneignung des

    Mehrprodukts liegt fr Marx der Schlssel zur Erklrung einermehrtausendjhrigen Entwicklung der Gesellschaft; von Aufstieg, Niedergang und Umwlzung verschiedener nebeneinanderbestehender und aufeinanderfolgender Klassengesellschaften.'6De r Hebel, um die Verfgung ber Mehrarbeit und ihr Resultat,das Mehrprodukt, zu erhalten, ist die Kontrolle ber die Pro-duktionsmittel (Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstnde). Inbegriff dieser Kontrolle ist das Eigentum. Als besonderes Produktionsverhltnis und als rechtliche Kategorie- legalisierte Verf

    gung ber die sachlichen Produktionsbedingungen und das Arbeitsprodukt - ist Eigentum aber immer zugleich ein wesentlichgesellschaftliches, die Menschen trennendes bzw. vereinigendes,die Gesellschaft gliederndes Verhltnis, und damit das allgemei-ne grundlegende Produktionsverhltnis, das Ensemble aller einzelnen Produktionsverhltnisse. Als Besonderheit ist Eigentum,wie Arbeitsteilung und Gterverteilung, ein Moment der dialektischen Totalitt gesellschaftlicher Verhltnisse. Als allgemeinerNenner fat es alle Kategorien und Aspekte der Sozialstruktur

    15 Nur sobald die Mensmen sim aus ihren ersten Tierzustnden herausgearbeitet, ihre Arbeit also selbst smon in gewissem Grade vergesellsmafte t ist, treten Verhltnisse ein, worin die Mehrarbeit des einen zu r Existenzbedingung des andern wird. (Marx, Das Kapital, Bd. I, MEW,Bd. 23, S. 535)

    r6 Braumt der Arbeiter alle seine Zeit, um die zur Erhaltung seiner selbstund seiner Race ntigen Lebensmittel zu produzieren, so bleibt ihmkeine Zeit, um unentgeltlich fr dritte Personen zu arbeiten. Ohne einengewissen Produktivittsgrad der Arbeit keine solme disponible Zeit frden Arbeiter, ohne solme bersmssige Zeit keine Mehrarbeit und daherkeine Kapitalistenklasse, aber aum keine Sklavenhalter, keine Feudalbarone, in einem Wort keine Grobesitzerklasse. (a. a. 0 . S. 534)

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    - vor allem also Arbeitsaufbau, Arbeitsteilung und Klassengliederung - zusammen. Entscheidend jedoch fr die Frage,werber die Produktionsmittel verfgt undwie das geschieht, istderen Art und Zusammensetzung - obes landwirtschaftliche,handwerkliche oder industrielle Produktionsmittel sind- diewiederum den Entwicklungsstand der Produktivkrfte zum Ausdruck bringt.'? Die Entfaltung der Produktivkrfte findetsolange auf gegebener Grundlage statt, wie ihnen die Form der gesellschaftlichen Produktionsverhltnisse, die jeweils herrschendeProduktionsweise angemessen ist. Sobaldsich grundlegend neueProduktivkrfte und -methoden entwickeln,die nicht mehr imalten gesellschafllichen Rahmen gemeistert werden knnen, beginnt eine Epoche sozialer Revolution.'s

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    Dieselbe Wichtigkeit, welche der Bau von Knochenreliquien fr dieEr -

    kenntnis der Organisation untergegangner Tiergeschlechter, haben Reliquien von Arbeitsmitteln fr die Beurteilung untergegangner konomischer Gesellschaftsformationen. Nicht was gemacht wird, sondern wie,mit welchen Arbeitsmitteln gemacht wird, unterscheidet die konomischenEpochen. Die Arbeitsmittel sind nichtnu r Gradmesser der Entwiddungder menschlichen Arbeitskraft, sondern auch Anzeiger der gesellsmaftlimen Verhltnisse, worin gearbeitet wird.c (a. a.0 . S. 195)

    18 Alle bisherigen Gesellschaftsformen gingen unter an der Entwiddungdes Reimtums - oder, was dasselbe ist, der gesellsmaftlimenProduktiv-krfte. Bei den Alten, die das Bewutsein hatten, wird der Reimturndaher direkt als Auflsung des Gemeinwesens denunziert. Die Feudalverfassung ihrerseits ging unter an stdtismer Industrie, Handel, moderner Agrikultur (sogar an einzelnen Erfindungen wie Pulver und Druckerpresse). Mit der Entwicklung desReidxtums - und daher auch neuerKrfte und erweiterten Verkehrs der Individuen - lsten sim die konomisdxen Bedingungen auf, worauf das Gemeinwesen beruhte, die politischen Verhltnisse der verschiedneu Bestandteile des Gemeinwesens, diedem entsprachen: die Religion, worines idealisiert augesmaut wurde. . der Charakter, Anschauung etc. der Individuen. (Marx, Grundrisse derKritik der politismen konomie, Berlin1953, S. 438 f.) - Aum der Ka -pitalismus geht unter an der Entwicklung des Reimtums, dom untersdxeidet sich seine Umwlzung von den Umwlzungen vorkapitalistismerGesellsmaften: Das Kapital setzt dieProduktion des Reichtums selbstund daher die universelle Entwicklung der Produktivkrfte, die bestndige Umwlzung seiner vorhandneu Vbraussetzungen, als Voraussetzungseiner Reproduktion. . . Die Smranke des Kapitals ist, da diese ganzeEntwicklung gegenstzlim vorsich geht und das Herausarbeiten derProduktivkrfte,des allgemeinen Reimtums etc., Wissens etc.so ersmeint,da das arbeitende Individuum selbst sim entuert. (a. a.0 . S. 440).Erst der Kapitalismus trennt die Produktivkrfte radikal von den Individuen, deren Krfte sie sind. In keiner frheren Periode hatten dieProduktivkrfte diese gleichgltige Gestalt fr den Verkehr der Individuen als Individuen angenommen, weil ihr Verkehr selbst nom einbornierter war. Dementsprechend waren alle frheren revolutionrenAneignungen borniertdurm die Besmrnktheit von Produktion und Verkehr, sie fhrten zu neuen Formen des Privateigentums und knemtender

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    Produktionsmittel, sondern auch ber die Produzenten." Da dieProduktionsmittel als exploitatives Privateigentum selbst angehuftes, akkumuliertes Mehrprodukt sind, erblickt Marx in derGeschichte antagonistischer Vergesellschaftung in den verschiedenen Formen des Privateigentums das identisch sich durchhalten

    de Verhltnis von Herrschaft der toten Arbeit ber die lebendi-ge Arbeit. Ob nun diese Herrschaft des bereits erzeugten undvergegenstndlichten Mehrprodukts ber die Mehrarbeit unddamit ber das knftige Mehrprodukt durch direkten Zwang -wie beim Sklavenhalter oder beim Feudalherrn - oder vermittelt durch den Warentauschmarkt- wie beim Kaufmann, spterbeim Fabrikanten- zur Geltung kommt: das charakterisiert undunterscheidet die Formationen naturwchsiger gesellschaftlicherArbeitsteilung. Jedem historischen Verhltnis von Herr und

    Knecht liegt bei aller Vernderung der Form und des Maesder identische Sachverhalt naturwchsiger Hegemonie gesamtgesellschaftlich ungeregelter Produktionsgewalten nicht nur berdie produzierenden Menschen, sondern auch ber die herrschenden Privateigentmer zugrunde.Sobald das Mehrprodukt in der Form exklusiven Eigentumsusurpiert wird, strukturiert sich die Gesellschaft in Klassen. Ausdem je eine Epoche bestimmenden Eigentumsverhltnis, demMehrprodukt in bestimmter Privateigentumsform, leitet sich jeweils die grundlegende Klassenstruktur ab: das Mehrproduktwird von einer herrschenden Klasse direkt oder indirekt angeeignet, akkumuliert, verteilt und - produktiv oder parasitr -konsumiert; es wird einer unterdrckten Klasse von unmittelbaren Produzenten - je nach dem Grad ihrer Unterdrckungund Ausbeutung- vom Arbeitsergebnis abgezogen.Das Erscheinungsbild der Klassengliederung ha t meist eine Pluralitt von oberen, mittleren und unteren Kasten oder Stndenoder >>Klassen enthalten- aber nicht diese Vielfalt, sondern derfundamentale Antagonismus, der ihr zugrunde liegt, begrndetdie Auffassung der Geschichte als einer Geschichte von Klassenkmpfen.

    21 grade aus der Naturbedingtheit der Arbeit folgt, da der Mensch,der kein andres Eigentum besitzt als seine Arbeitskraft, in allen GesellschaA:s- und Kulturzustnden de r Sklave der andern Menschen sein mu,die sich zu Eigentmern der gegenstndlichen Arbeitsbedingungen gemacht haben. Er kann nur mi t ihrer Erlaubnis arbeiten, also nur mi t ihrerErlaubnis leben. (Marx, Randglossen zum Programm de r deutschen Ar

    beiterpartei, MEW. Bd. 19, S. 15)

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    Klassen sind Grogruppen von Menschen, die nicht primr durchbewuten Zusammenschlu, sondern durch ein kollektives Ver-hltnis des Eigentums bzw. Nichteigentums an den sachlichenProduktionsbedingungen naturwchsig konstituiert werden. Gbe es in einer Gesellschaft nur Produzenten, die als solche - indi

    viduell oder kollektiv - im vollen Besitz ihrer Produktionsmittel sind, dann gbe es keine Klassenbildung. Klassen in primrer Entstehung und Bedeutung sind immer unterdrckende undunterdrckte, ausbeutende und ausgebeutete Klassen.Abhngige, unterdrckte und ausgebeutete Klassen sind frMarx und Engels die Sklaven der antiken und orientalischen Gesellschaften, die Leibeigenen der Feudalgesellschaft und, im hchsten Grad, die modernen Lohnarbeiter. Wenn zwar die vorkapitalistischen arbeitenden Klassen durch Nichteigentum an ge-genstndlichen Arbeitsbedingungen konstituiert werden ebensowie die modernen Lohnarbeiter, so unterscheiden sich andererseits jene von diesen dadurch, da die Trennung der Produzenten von den Produktionsmitteln bei Sklaven und Leibeigenenauf verschiedene Weise noch nicht radikal durchgefhrt ist: beide Kategorien von Produzenten befinden sich zusammen mit dengegenstndlichen Arbeitsmitteln im unmittelbaren Eigentumeines Sklavenhalters bzw. Feudalherrn. Im strengen Sinn besitztder Sklave seine Arbeitskraft nicht als sein Eigentum, er ist einfr allemal verkauft; ebensowenig kann der Leibeigene ber seine Arbeitskraft frei verfgen, wie der Name schon sagt. Erstdie modernen >>freien

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    Diese politische Organisation der Klassengesellschaft ist derStaat. Sein Apparat wird aus dem Mehrproduktsfonds unterhalten. Da im allgemeinen die herrschenden Privateigentmer inkonkurrierende, divergierende oder sogar gegeneinander kmpfende Gruppierungen auseinanderfallen; und da die arbeitstei

    lig zersplitterte Gesellschaft zur Unterdrckung systemsprengender Tendenzen und fiir allgemeine Dienstfunktionen ein vereinheitlichendes Organ bentigt, so erfhrt der Staat als Oberbaueine mehr oder weniger entwickelte Verselbstndigung gegenber der Basis sozialkonomischer Verhltnisse. Seine konkretehistorische Erscheinungsform resultiert aus den Machtverhltnissen zwischen den verschiedenen Klassen. Die Zerschlagung desstaatlichen Unterdrckungsapparats und die Etablierung neuerMachtorgane als Hhepunkt des Klassenkampfs der unterdrck

    ten gegen die herrschende Klasse ist ein notwendiges Mittel inder Umwlzung einer alten und der Institutionalisierung einerneuen Produktionsweise.Das Zeitalter der antagonistischen Gesellschaft wird durch dieAufhebung des Mehrprodukts abgeschlossen, wie es von diesemhervorgerufen und - durch verschiedene Formen partikulrerAneignung - in seinen historischen Formationen determiniertwurde. Das Reich der Freiheit, wie Marx das gesellschaftlicheZeitalter nach dem Abschlu der Vorgeschichte der Mensch

    heit nennt, kann erst dann durch die revolutionre Aktion derLohnarbeiterklasse begrndet werden, wenn das Mehrproduktdurch den Produktivittsfortschritt der gesellschaftlichen Arbeitso umfangreich geworden ist, da zur Erzeugung der materiellenLebensmittel nur noch ein geringer, bis auf einen kleinen Restschrumpfender Teil der gesellschaftlichen Arbeitszeit gebraucht,wenn die Freistellung aller Gesellschaftsmitglieder fr >>hhereArbeit

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    kommt und nicht mehr der privilegierten Aneignung einer Minderheit von Grobesitzern unterliegt - so erlischt seine Bedeutung als Kategorie sozialkonomischen Gegensatzes. An seineStelle tritt das in selbstbewuter Kollektivitt produzierte undaugeeignete soziale Gesamtprodukt der klassenlosen Gesellschaft.

    2 . Klasse als geschichtlicher Begriff

    Wenn das Kommunistische Manifest die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft als Geschichte von Klassenkmpfen bezeichnet,so ist damit nicht gemeint, alle frheren sozialen Konflikte ->>Freier und Sklave, Patrizier und Plebejer, Baron und Leibeige-

    lner, Zunftbrger und Gesell, kurz, Unterdrcker un d Unterdrckte standen in stetem Gegensatz zueinander, fhrten einenbald versteckten, bald offenen Kampf 2 3 - a l l e sozialen Kmpfeseien Auseinandersetzungen zwischen Klassen im modernen Sin-ne gewesen. In der deutschen Ideologie erklren Marx undEngels: Alle Kollisionen der Geschichte haben . . . nach unsererAuffassung ihren Ursprung in dem Widerspruch zwischen denProduktivkrften und der Verkehrsform

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    gene moderne brgerliche Gesellschaftha t die Klassengegenstzenicht aufgehoben. Sie ha t nur neue Klassen, neue Bedingungender Unterdrckung, neue Gestaltungendes Kampfes an die Stelle der alten gesetzt.Unsere Epoche, die Epoche der Bourgeoisie, zeichnetsich jedochdadurch aus, dasie die Klassengegenstze vereinfacht hat. Dieganze Gesellschaft spaltetsich mehr und mehr in zwei groefei.udti.c.b.e L a . ~ e r ,i.u t.wei. ~ t o e ,ei.ua.uder direkt 'bel{,en.iibet'i.t:l!-hende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat.2 SDer Klassen- und Klassenkampfcharakter frherer antagonistischer Gesellschaften ist erst vom Blickpunkt der entwickelten kapitalistischen Produktionsweise aus sichtbar geworden. Das istnicht im Sinne ideologischer Reprojektion zu verstehen - derart,wie die klassische politische konomie alle Wirtschafl: als brgerlich begriff. Erst die Entfaltungdes Kapitalismus bewirkt,da die Gesellschafl: in zwei groe feindliche Lager auseinandertritt, offen zwei einander entgegengesetzte Interessenpole herauskristallisiert, berkommene Verhllungen, wie die Restbestnde archaischer Gemeinschaft auf dem Lande und selbstndigeMittelschichten in der Stadtbeseitigt- also den gesellschafl:lichenAntagonismus unverhllt erscheinen lt. Erst dann werdenauch die vergangeneil Klassenverhltnisse als solche begrifflichfabar. In der Form des Klassengegensatzes kapitalistischerProvenienz setztsich der vordem verborgene und mystifizierteInhalt der Klassengesellschafl: durch: der Antagonismus vonge-sellschafl:licher Arbeit und privater Aneignung wird aus der entscheidenden geschichtlichen Determinante zur Struktur der Gesellschaft. In den modernen Klassen Bourgeoisie und Proletariattreten sich gesellschaftliche Arbeit und private Aneignung alsKlassen gegenber.Die Formbestimmung der Klassen, ihr spezifisches Erscheinungsbild ist bis zu ihrer industriekapitalistischen Ausprgung in einem Wandel begriffen, dersich innerhalb der brgerlichen Gesellschafl: infolge des Polarisierungsprozesses mit beschleunigterDynamik fortsetzt. Die Klassenformen der Feudalzeit unterscheiden sich sehr von denendes Kapitalismus, aber selbst dieseunterliegen Umwlzungen von unentwickelten zu entfaltetenAggregationen, in der durch die Produktionsweise gesetztenRichtung. Der Wandel der Klassenformenist abhngig von der

    25 Marx, Engels, Manifest, MEW, Bd.4, S. 462 f.

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    Entwicklungsstufe der gesellschaftlichen Arbeit; die MarxscheAuffassung wird aus den Ausfhrungen ber die Geschichtlichkeit der Kategorie Arbeit deutlich.Arbeit, heit es in der Einleitung zur Kritik der politischen konomie; 6 scheint eineganz einfache Kategorie. Auch die Vorstellung derselben in dieser Allgemeinhei t- als Arbeit berhaupt - ist uralt. 2 7 Dennoch,konomisch in dieser Einfachheit gefat, ist >Arbeit< eine ebenso moderne Kategorie wie die Verhltnisse, die diese einfacheAbstraktion erzeugen. >>Arbeit berhauptKlasse ins gesellschaftliche Bewutsein.)Ja So nennt Marx es einen groen

    26 Marx, Grundrisse, S. 24

    27 Ebenso alt ist die Vorstellung des Gegensatzes vo n Arbeitenden undNicht-Arbeitenden, Armen und Reichen, Unterdrd

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    Fortschritt, wenn die merkantilistischen Okonomen die Quelledes Reichtums aus dem Gegenstand in die subjektive Ttigkeit setzen, obwohl diese Ttigkeit in der Begrenztheit alsgeldmachend aufgefat wird. Ebenso einseitig au f eine besondere Ttigkeit bezogen, impliziert die Theorie der Physiokraten doch einen weiteren Fortschritt, weil sie zwar allein die Agrikultur als Reichtum schaffende Arbeit gelten lt, aber dasObjekt selbst nicht mehr in der Verkleidung des Geldes, sondernals Produkt berhaupt, als allgemeines Resultat der Arbeit definiert. Die entscheidende Wendung, >>jede Bestimmtheit derreichtumzeugenden Ttigkeit fortzuwerfen, wird Adam Smithzuerkannt. >>Mit der abstrakten Allgemeinheit der Reichtumschaffenden Ttigkeit nun auch die Allgemeinheit des als Reichtum bestimmten Gegenstandes, Produkt berhaupt oder wiederArbeit berhaupt, aber als vergangne, vergegenstndlichte Arbeit.

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    der reichsten konkreten Entwicklung, wo eines vielen Gemeinsam erscheint, allen gemein. Dann hrt es auf, nur in besondrerForm gedacht werden zu knnen.

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    d. h. der zunehmenden Reduktion komplexer individueller Ttigkeiten auf einfache Arbeit, bloe Arbeitskraftverausgabung.Ein immer grerer Teil der Produzenten wird in>>freieSo kam die brgerliche konomie erst zum Verstndnis der feudalen, antiken, orientalen, sobald die Selbstkritik der brgerlichen Gesellschaftbegonnen>Die brgerliche Gesellschaft ist die entwickeltste und mannigfaltigste historische Organisation der Produktion. Die Kategorien, die ihreVerhltnisse ausdrcken, das Verstndnis ihrer Gliederung, gewhren daher zugleich Einsicht in die Gliederung und die Produktionsverhltnisse aller der untergegangnen Gesellschaftsformen, mit deren Trmmern und Elementensie sich aufgebaut,von denen teils noch unberwundne Restesich in ihr fortschleppen, bloe Andeutungensich zu ausgebildeten Bedeutungen entwickelt haben.

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    schichte von Klassenkmpfen ist: die Begriffe Klasse und Klassenkampf, >>trotz ihrer Gltigkeit - eben wegen ihrer Abstraktion - fr alle Epochen, sind doch in der Bestimmtheit dieserAbstraktion selbst ebensosehr das Produkt historischer Verhltnisse, nmlich der kapitalistischen Produktionsweise, un d besitzen ihre Vollgltigkeit nur fr und innerhalb dieser Verhltnisse.l7Der dialektische Charakter des Klassenbegriffs- welcher spezielldie >>Klassen im modernen SinneMit dem Moment, wo die Zivilisation beginnt, beginnt die Produktion sich aufzubauen au f denGegensatz der Berufe, der Stnde, der Klassen, schlielich aufdem Gegensatz von angehufter und unmittelbarer Arbeit. Ohne Gegensatz kein Fortschritt; das ist das Gesetz, dem die Zivilisation bis heute gefolgt ist. Bis jetzt haben sich die Produktivkrfte aufgrund dieser Herrschaft des Klassengegensatzes entwickelt. J BDer Klassengegensatz: zwischen angehufter und unmittelbarer,'zwischen toter und lebendiger Arbeit, zwischen herrschaftlicherAkkumulation und gesellschaftlicher Produktion des Mehrprodukts - der Klassengegensatz im allgemeinen Sinn determiniertund strukturiert die orientalische Kasten-, die feudale Stnde-,die frhbrgerliche Klassengesellschaft, aber erst in der Formder direkt antagonistischen Klassen im modernen Sinne>KlassenMit dem

    Moment, wo die Zivilisation beginnt, beginnt die Produktionsich aufzubauen au f den Gegensatz der Berufe, der Stnde, derKlassen, schlielich auf dem Gegensatz von angehufter und unmittelbarer Arbeit. Die przise Unterscheidung der Formendes Klassengegensatzes geht ebenso aus folgender Passage hervor: >>Die Bedingung der Befreiung der arbeitenden Klasse istdie Abschaffung jeder Klasse, wie die Bedingung der Befreiungdes dritten Standes, der brgerlichen Ordnung, die Abschaffung

    37 A. a. 0 . S. 2538 Marx, Das Elend der Philosophie, MEW, Bd. 4, S. 91 f.

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    aller Stnde war.>Stndehier im historischen Sinn der Stnde des Feudalstaats, Stndemit bestimmten und begrenzten Vorrechten. Die Revolution derBourgeoisie schaffte die Stnde samt ihren Vorrechten ab. Diebrgerliche Gesellschaft kennt nur noch Klassen. Es war daher

    durchaus im Widerspruch mit der Geschichte, wenn das Proletariat als vierter Stand bezeichnet worden ist.Klasse>Stand>Klas-sen abhebenden - Begriff zu ersetzen: im KommunistischenManifest ist alternativ fr >>Klassen im modernen Sinne

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    3 Eigentum und Arbeitsteilung

    Der scheinbare theoretische Widerspruch zwischen dichotomischem Klassenantagonismus und einer vielfltigeren, differenzierter abgestuften Gliederung der Gesellschaft bildet einen Angelpunkt der Kritik an der marxistischen Klassentheorie. Dietrichotomische oder pluralistische Gliederung in untere, mittlereund obere Kasten, Stnde oder Klassen scheint mit der Theorieder >>in zwei groe feindliche Lager

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    ausgesagt wirdsind Teilung der Arbeit und Privat-eigentum identische Ausdrcke.

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    pen und Fraktionen sich verselbstndigen, ob die Klasse durchdas Medium ihrer Teile nicht nur als Kompositum zusammengesetzt, sondern als konkrete Totalitt erzeugt und reproduziertwird - das bestimmt sich nach dem Ma, in welchem Arbeit und

    Aneignung sich gesellschaftlich verallgemeinern. Gegenber derFlle besonderer Relationen in der gesellschaftlichen Produktionsetzt sich das Allgemeine in Gestalt verdinglichter abstrakterArbeit erst im Kapitalismus durch.Sofern gegenber den Hauptklassen des Kapitalismus Nebenklassen oder Zwischenschichten bestehen, welche nicht ein v e r ~selbstndigtes spezielles Produktionsverhltnis verkrpern, dasder herrschenden Produktionsweise selbst angehrt (wie diekapitalistischen Grundeigentmer des 19. Jahrhunderts die Ver

    selbstndigung des Grundeigentums gegenber der Industrieverkrperten) - so stehen sie in einem ungleichzeitigen, ausuntergegangenen Produktionsweisen noch fortexistierenden, jedoch amalgamierten Produktionsverhltnis, das sich in rckstndigen Zweigen bzw. Arten der Produktion noch aufrechterhalten lt (wie die einfachen Warenproduzenten und kleinenHndler).In der Geschichte der gesellschaftlichen Arbeitsteilung gewinnensoziale Vermittlungsdienste gegenber unmittelbarer Produktionsttigkeit zunehmend den Charakter einer eigenen Dimension. Unmittelbare Produktionsarbeit - Arbeit unmittelbarerProduzenten - ist stets materielle Produktion, stoffumformendeTtigkeit. Sie ist die Grundlage der Warentauschkonomie undMehrwertproduktion, aber kann auch im kapitalistischen Sinne

    . unproduktiv sein. Sofern sie innerhalb eines greren Arbeitsensembles geleistet wird, bedarf sie zu ihrer Realisierung undKontinuitt spezifischer Vermittlungsarbeit,44 die als verselb-

    . stndigte Arbeitsfunktion geschichtlich jngeren Datums is t alsunmittelbare Produktionsarbeit. Sie ergnzt, rationalisiert undbeherrscht diese von Anfang an, vermittelt Arbeitsprozesseinnerhalb von Gruppen (Kooperation, Leitung), zwischen Gruppen (Zirkulation, Staat), aber auch zwischen Gruppen und einzelnen Individuen bzw. zwischen Individuen (Dienstleistungen).Erst in der kapitalistischen Gesellschaft wird sie zur unmittel-

    44 Whrend unmittelbare Produktionsarbeit den Stoffwemsei mit der Natur,bettigt Vermittlungsarbeit den geseilschafllichen Stoffwechsel un d Ver-kehr, also Verteilung und Austausm der Produkte, Ttigkeiten undIdeen.

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    baren Produktivkraft, welche die Produktivkraft unmittelbarerProduktionsarbeit am Ende verdrngt.Schon in der archaischen Periode kristallisieren sich gewissesoziale Dienstfunktionen heraus, die im Rahmen kleiner Ge

    meinschaften zu keiner Durchbrechung der sozialen Egalittfhren, aber im Zusammenhang der frhen Hochkulturen sichzu despotischen Regierungsapparaten verselbstndigen.45 In diesem Fall ha t dann aber schon die grundlegende Arbeitsteilungder bisherigen Geschichte, die Arbeitsteilung zwischen Stadt undLand stattgefunden. In Gesellschaften, wo das Mehrprodukt inPrivateigentum verwandelt wird, erhlt diese Trennung ihreeigentlich umwlzende Bedeutung: die Nabelschnur zum Landewird durchschnitten, die Stadt als autonome, wenn auch noch

    lange stark mit dem Lande verknpfte Lebens- und Arbeitssphre etabliert. 46Die Arbeitsteilung zwischen Stadt und Land ha t Konsequenzenim Sinne beider Grundaspekte der Arbeitsteilung: die Stadtwird Knotenpunkt einer ganzen Reihe von Differenzierungendes gesellschaftlichen Arbeitsprozesses. Einerseits dient sie - immittel- oder unmittelbaren Interesse von Herrschaft - der Zen-

    45 Die Spaltung der Gesellschaft in eine ausbeutende und eine ausgebeutete,eine herrschende und eine unterdr

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    tralisation allgemeiner Dienst- und Repressionsfunktionen (Verwaltung, Militr, Justiz, zentrale Kultsttten, Pflege von Wissenschaft und Kunst etc.); fr die vom Privateigentum bestimmte Gesellschaft wird ebenso oder in noch strkerem Mae die

    Zentralisation des Handels, d. h. des Austausches, der Zirkulation von Erzeugnissen verschiedener Produktionszweige wesentlich. Andererseits trennen sich durch die Grndung der Stdtein zunehmendem Ma die nichtlandwirtschaftlichen Produktionsarbeiten vom Land und konzentrieren sich als Handwerksproduktion in den Mauern der Stadt. Die Handelsstdte treibendiese Konzentration des Handwerks zugleich mit seiner wachsenden Spezialisierung voran. Das Produktionsverhltnis derlandwirtschaftlichen un d der handwerklichen Produzenten ist jenach der herrschenden Arbeitsteilungs- und Eigentumsform verschieden. In der antiken Gesellschaft47 beherrscht die Stadt mitHilfe der Sklavenarbeit das flache Land, geht aber an ihr zugrunde, weil die durch nackte Gewalt erzwungene Sklavenproduktion die Arbeit selbstndiger Handwerker und Bauerneliminiert, sie aber nur quantitativ, nicht qualitativ ersetzenkann. Das europische Mittelalter48 ist durch die Herrschaft desLandes, d. h. des grundbesitzenden Adels ber die Stdte gekennzeichnet; die Gesellschaft besteht zum groen Teil austributpflichtigen Fronbauern, die Stdte mit ihren Handwerkernund Kaufleuten sind Fremdkrper und wenn nicht dem Adelsstand untertan, dann doch von ihm abhngig. In der brger-

    47 Vgl. Michael Rostovzeff, Die hellenistische Welt, Gesellschaft und Wirt-schaft, Bd. II , Stuttgart 195), S. 9 4 ~ :Das bauerneigene Land, das frdas Griechenland des fnften Jahrhunderts so kennzeichnend war, verlor allmhlich an Bedeutung. Das Land ging aus den Hnden der Kleinpchter und -bauern au f verschiedene Krperschaften ber: Stdte, Unterteilungen von Stdten, . . . Tempel und verschiedene Vereinigungen,sowie auf Grundbesitzer, die in der Stadt wohnten . . . c Vgl. auchRostovzeff, Bd. I, S. 142 ff.

    48 In seiner Kritik an Sombart, der hervorhob, da vor allem die dauerndeNiederlassung von Grundherren, die hier ihre Grundrenten verzehren,einen Ort zur Stadt erwachsen lt, rumt ]osef Kulischer zwar ein, wiebedeutend fr manche Stdte die Bischfe und geistlichen Anstalten waren, die von ihrer Grundrente lebten, bezweifelt aber, da dies auch frDeutschland zutrifft, w o die Stdte dem Adel fters verboten haben,in ihren Mauern zu wohnen. (Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichtedes Mittelalters und de r Neuzeit, Bd. I, Berlin 1958, S. 167 f.). Vgl. Motte

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    liehen Gesellschaf!:49 wird die Stadt endgltig zur dominierendenLebens- und Arbeitswelt: der Lohnarbeiter wird allgemein derreprsentative Produzententyp. Vom Beginn der MehrproduktErzeugung an sind Versuche der exploitierenden Privateigen

    tmer zu betrieblicher Arbeitsteilung zu verzeichnen, die aberin der Unentwickeltheit der Produktivkrfte beschrnkt bleiben:bei Sklaven wie Leibeigenen war auf verschiedene Weise keineTrennung zwischen Produzent und Produktionsmittel gegeben;der selbst zum instrumentalen Objekt reduzierte Sklave kooperierte auf primitive Weise unter unmittelbarem Zwang; derFronbauer besa seinen eigenen Grund und Boden; leibeigenesGutsgesinde befand sich in einem patriarchalischen Abhngigkeitsverhltnis zum Grundherren: beides begrenzte die Mglich

    keiten betrieblicher Kooperation auerordentlich. Sie wurde erstunter dem Verhltnis von Lohnarbeit und Kapital mglich.soMit der Trennung des unmittelbaren Produzenten von den Produktionsmitteln, die in der Form des Kapitals unmittelbar exploitatives Mehrprodukteigentum werden, wird die letzte bedeutende Schwelle des geschichtlichen Arbeitsteilungsprozessesberschritten: die unmittelbare Produktionsarbeit wird maximalvon geistigen Funktionen gelst und aus dem berlieferten Zusammenhang komplexer und komplizierter Ttigkeiten auf

    habitualisierte krperliche Bewegung, auf Teilttigkeit odereinfache Arbeit reduziert.

    49 Zu r modernen brgerliclten Gesellscltaft vgl. Engels, Die Lage der arbeitenden Klasse in England, Die groen Stdte, MEW, Bd. 2, S. 256 ff., vo rallem S. 257

    so Die Kooperation im Arbeitsproze, wie wir sie in den Kulturanfngender Menschheit bei Jgervlkern oder etwa in der Agrikultur indischerGemeinwesen vorherrschend finden, beruht einerseits au f dem Gemeineigentum an den Produktionsbedingungen, andrerseits darauf, da das einzelne Individuum sich von der Nabelschnur des Stammes oder des Ge

    meinwesens noch ebensowenig losgerissen hat, wie das Bienenindividuumvom Bienenstock. Beides unterscheidet sie von der kapitalistischen Kooperation. Die sporadische Anwendung der Kooperation au f groemMastab in der antiken Welt, dem Mittelalter und den modernen Kolonien, beruht au f unmittelbaren Herrschafts- und Knechtsschaftsverhltnissen, zumeist au f der Sklaverei. Die kapitalistische Form setzt dagegenvon vornherein den freien Lohnarbeiter voraus, der seine Arbeitskraftdem Kapital verkauft. Historisch jedoch entwickelt sie sich im Gegensatzzur Bauernwirtschaft und zum unabhngigen Handwerksbetrieb. Ihnengegenber erscheint die kapitalistische Kooperation, nicht als eine besondere historische Form der Kooperation sondern die Kooperation selbstals eine dem kapitalistischen Produktionsproze eigentmliche und ihnspezifisch unterscheidende historische Form. (Marx, Das Kapital, Bd. I,MEW, Bd. 23, S. 353 f.)

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    4 Qualifikation un d Ttigkeitsstruktur der Arbeit

    Der qualitative Aspekt von Arbeit, der in der Marxschen Werttheorie offenbar nur insofern eine Rolle spielt, als alle hhere

    Arbeit auf multiplizierbare durchschnittliche einfache Arbeitsleistung bezogen wird,P umfat drei Gesichtspunkte: die Probleme der Ttigkeitszusammensetzung, der Ausbildung sowiedes Verhltnisses von krperlicher und geistiger Arbeit.Einfache un d zusammengesetzte Arbei t. Im Gegensatz zur k o m ~plizierten handwerklichen Arbeit sowie auch noch zur s p e z i a l i ~sierten Manufakturarbeit stellt die Fabrikarbeit vorherrschendmonotone, krperlich erschpfende, nur aus einem oder wenigenRoutinehandgriffen bestehende, mehr oder minder auswechsel

    bare Arbeit dar. Die Ausbreitung dieses Arbeitstyps ist dadurchbedingt, da die industrielle Produktionsmaschinerie zunehmenddie kompliziertere Handarbeit berflssig macht. Dieser Proze der Reduktion auf einfache Arbeit liegt im Interesse derKapitalverwertung, weil einfache Arbeit sowohl intensiver alsauch extensiver produziert und die tendenzielle Austauschbarkeit der Arbeitenden nicht nur elastische, marktkonforme Pro-

    . duktionsumstellungen begnstigt, sondern auch strkeren Druckauf die Lhne ermglicht.

    Alle Arbeit, wird einfache Arbeit oder kann in Einheiten einfacher Arbeit zerlegt werden, wie es sich auch in der Praxis derArbeitsbewertung erweist. Zusammengesetzte Arbeit produziert in einer Zeiteinheit je nach dem Grad ihrer Komplexittdas mehrfache Wertprodukt einfacher Durchschnittsarbeit. Stattder einen routinemigen Bewegung des maschinellen Starrzersverrichtet der einen Apparat bauende Feinmechaniker ein ganzesSystem von Bewegungen. Das Wertprodukt je Zeiteinheit istzwar beim komplexen Arbeiter grer als beim einfachen Arbeiter, aber dieser produziert rationeller und damit billiger.Ein groer Teil der zusammengesetzten Arbeit wird in den>>unproduktiven Sphren der gesellschaftlichen Arbeitsteilungim Kapitalismus verrichtet.In der Ausbreitung der >>einfachen Arbeit sieht Marx keineswegs das Nonplusultra der industriellen Produktionstechnik,sondern ein Durchgangsstadium zur Automation. Schon in der

    5I Vgl. Roman Rosdolsky, Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen >Ka-

    pitalKapital< x857-58, Bd. l l , Frankfurt amMain 1968; Kap. 31: Das Problem der qualifizierten Arbeit.

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    bergangszeit wird einfache - bis zum uersten rationell vereinfachte Arbeit - schlielich immer wieder durch Maschinerieabgelst und berflssig gemacht,so da am Endedes Industrialisierungsprozesses ihre Aufhebung steht.Einfache Arbeit ist identisch mit gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit, der quantitativen Substanzdes Wertes. Einewesentliche Erhhung dieses Durchschnittsniveaus ber den Standder einfachen Arbeit bedeutetf r Marx, da die Wertformunddamit Warenproduktion und Kapitalismus nicht mehr aufrechterhalten werden knnen. Der bergang komplexer industriellerArbeit aus einer minoritren zu einer majoritren Erscheinungin der Automationskonomie bedeutet berfluproduktion undAufhebung des Bildungsprivilegs: Das Kapitalregime ist dannnur noch mit Gewalt aufrechtzuerhalten.PQualifizierte un d unqualifizierte Arbei t entsprechen als Begriffspaar der Unterscheidung von >>einfacher>skilled und >>unskilled labour,SJ also nicht um die

    52 V gl. zum Widerspruch zwischen technologischer Entwicklung und Qualifikation der Arbeitskraft: Das Kapital, Bd. I, MEW, Bd.23, S. 509-512;Grundrisse. . . S. 582-592, besonders S. 587 f.; zum Widerspruch zwischender Grundlage der brgerlichen Produktion (Wertma) und ihrer Entwicklung der Produktivkrfte: Grundrisse. . . S. 592-594, sowie S. 595-597; zur Aufhebung des Gegensatzes zwischen freier Zeit und Arbeitszeit: Grundrisse. . . S. 599 f . - Helmut Steiner (Soziale Strukturvernderungen im modernen Kapitalismus,Zur Klassenanalyse der Angestellten in Westdeutschland, Berlin1967) bezieht sich au f die angegebenenAbschnitte aus den Grundrissen,vor allem in dem Kapitel ber die Verwissenschaftlichung derProduktion, (Steiner, a. a. 0 . S. 71-96). - EbensoHerbert Marcuse bei der Untersuchung der Automation als zentrifugaler Tendenz, in: Der eindimensionale Mensch, Neuwied - Berlin1967,S. 55 ff., sowie im Vorwort zur Kultur und Gesellschaft I, Frankfurt amMain 1965. - Ebenso Andre Gorz (Zur Strategie der Arbeiterbewegungim Neokapitalismus, Frankfurt am Main 1967) bei der Analyseder erweiterten Reproduktion der Arbeitskraft (vgl.S. 126). Steinerund Gorz kommen darin berein, da die neue Arbeiterklasse bzw. dietechnischen Angestellten nachInhalt und Substanz ihrer Arbeit die Perspektive aller Produktionsttigkeit verkrpern

    53 Der Unterschied zwischen hherer und einfacher Arbeit,>skilled< und>unskilled labour

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    vollzogene oder vollziehbare Arbeitsleistung, nicht um dieStruktur der Arbeitsverrichtung, sondern um die Qualitts- undWertunterschiede der Arbeitskraft selbst geht. Der Wert der unqualifizierten mehr oder weniger nur einfache Arbeit leistenden

    Arbeitskraft ist keine unverrckbare, sondern eine von Land zuLand, von Epoche zu Epoche varierende historisch-kulturelleGre. Diese umfat eine bestimmte Summe von Waren undDienstleistungen, die unter bestimmten Verhltnissen zur Reproduktion der Arbeitskraft im doppelten Sinne von Selbsterhaltung und Fortpflanzung fr unabdingbar gelten. Je mehreine Arbeitskraft durch Kenntnisse und ausgebildete Fhigkeitenangereichert ist, um so hher steigt ihr Wert ber das kulturelleExistenzminimum, weil die Ausbildung hhere Reproduktions

    kosten der Arbeitskraft, vor allem hinsichtlich ihres Nachwuchses,bedingt. Im Gegensatz z u r hheren Arbeitskraft ist die unqualifizierte infolge ihrer Zahl, Austauschbarkeit und Notlagevon vornherein in einer schlechteren Marktposition, so da sienicht nur das gesellschaftliche Lebensminimum reprsentiert, sondern in der Gefahr schwebt, bei Krisen unter ihrem Wert bezahlt zu werden und bis auf das physische Lebensminimum undauch darunter zu verelenden. Die privilegierte Stellung, die diehher qualifizierte Arbeitskraft auf Grund ihrer Seltenheit undder damit verknpften starken Marktposition geniet, eineStellung, die ja u. U. Monopolaspekte haben und mehr aus demLohnfonds ziehen kann als dem Verhltnis der hheren Ausbildung entspricht, diese Stellung wird durch die Verwohlfeilungder Ausbildungskosten unterminiert, die mit dem Auf- und Ausbau des ffentlichen Volksbildungssystems (Schulpflicht etc.)eintritt: die Produktions- und Reproduktionskosten der qualifizierten Arbeitskraft sinken und werden zugleich damit freine grere Zahl von Arbeitskrften erschwinglich, die einanderKonkurrenz machen, so da der Charakter privilegierter Lohnarbeit schwindet. Diese Entwicklung entspricht andrerseits ganzden technisch-konomischen Bedrfnissen der sich ausbreitendenzentralisierenden kapitalistischen Produktionsweise. Nicht zuletzt wird damit der primre bzw. der sekundre Lohnfonds zugunsten des Gesamtprofits der Kapitalisten-Klasse beschnitten.Im Verhltnis zu dem von ihr erzeugten Wertprodukt stehtzwar der Qualifikationsgrad der Arbeitskraft, aber nicht ihr Wertbzw. Lohn; dieser ist, um es zu rekapitulieren, von den Lebensund Ausbildungskosten des Lohnarbeiters abhngig, die durch

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    objektive und subjektive Sozialfaktoren bedingt und sehr wandelbar sind: ihr Anteil am erzeugten Neuwert - und das istdie umfassende Gre, der zu verteilende>>Kuchen.

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    tonte Arbeit in der eigentlichen Produktionssphre gegenber,von der geistige Leistungen - Disposition, Geschick, Phantasie -infolge der gering entwickelten betrieblichen Arbeitsteilung nochnicht vllig abgetrennt sind.Die kapitalistische Produktionsweise verndert das Verhltnisgrundlegend: sowohl die geistige als auch die physische Arbeitin ihrer tradierten Form unterliegen der revolutionierenden Gewalt des Tauschverhltnisses, werden kommerzialisiert und kapitalisiert. Die Ttigkeit der alten >>ideologischen Stnde

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    zu Agenturen, die das Allgemeine wenigstens als>>Superstruktur>ideologischen Stnde

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    durch Bromaschinen. In diesem Stadium ist der Begriff dergeistigen Arbeit>Produktivkraft Wissenschaft

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    Zirkulationsfunktionen schonvor Jahrtausendenund endet mitder Aufhebung unmittelbarer Produktionsarbeit.In der prkapitalistischen ra ist die gesellschaftlicheUnterscheidung dieser beiden Aspekte noch relativ unentwickelt, zugleich aber mit der Trennung vonStadt und Land eindeutigsichtbar. Den unmittelbaren Produzenten>materiellen Produktion>unmittelbaren Produzenten getrennt; in der SphrederDienstleistungen gibtes im allgemeinen keine Stoffverwandlungsttigkeit; diese ganze Sphre gilt im Sinne der spterenkapitalistischen Profit-Rson als unproduktivProduzenten>unmittelbare Produzenten ab; andererseits jedoch differenziert

    er die funktionalen Rollen innerhalb eines solchen Produktionsensembles in solche, dieunmittelbar mit der Umwandlung desArbeitsgegenstandesbefat sind, die also an den materiellenStoffwechsel gekettet sind,und andere, die von der Dreck-undFeuerlinie des Produktionsprozesses mehr oder weniger entferntsind und fr den funktionalen Zusammenhang der unmittelbaren Produktionsarbeiterzu sorgen haben.Das Charakteristische fr denvon Marx analysierten Punktionswandel der Produktionsorganisation durch diekapitalistische Industrialisierung ist,da nun im Gegensatz zu denstatischen Verhltnissen des vorkapitalistischen Zeitalters einestndige Gewichtsverlagerung im Verhltnis der beidenPunktionskategorien stattfindet, je weiter die Produktivkrfteder>>groen Industrie>unmittelbarenProduzenten

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    gischen Produktionspotenzen und derWissenschaft: als P r o d u k ~tivkrafl:. Schlielich wird der unmittelbare Produzent alsv o r ~herrschender Typ aus der Produktionssphre verschwinden, undan seine Stelle tr i t t der Typ des Regulators, der Techniker,der nicht an, sondern neben den Maschinen steht und die Produktion als Ganzes reguliert.Mit der Automation ergibtsich die umwlzende Konsequenz,da die Abschaffung der unmittelbaren Produktionsarbeit, alsojener schweitreibenden, zermrbenden und mhevollenP l a k ~kerei, die seit alttestamentarischen Zeiten immer Los und Fluchder groen Mehrheit sowie Herrschaftsbasis einer privilegiertenund ausbeutenden Minderheit gewesen ist, als Abschlu derIndustrialisierungsepoche mglich wird.In einer Industriewirt

    schaft:, deren Gesamtproduktionsproze nicht mehr von einfacher Handarbeit, sondern von gewaltigen, gesellschaftlichverzahnten Maschinensystemen determiniert wird; wo komplexetechnologisch-wissenschaftliche Arbeitsleistung, die auf immergrere Produktionszusammenhnge bezogen ist und deshalbimmer weniger quantifiziert werden kann, vorherrscht; in einersolchen immer grere Betriebseinheiten und immer direktereGesellschafl:lichkeit bedingendenkonomie der Massen- undberfluproduktion wird das Wertverhltnis unhaltbar. Unterdiesen Umstnden, die ber den Betrieb hinaus geplante Arbeitsteilung sowie regulierte Verteilungdes Reichtums erfordern, istdas Wertverhltnis kein adquates Regulativ mehr. DieProduktion nach Bedarf und die Einteilung der Arbeiten nachFhigkeit, Ausbildung und Qualifikation, von den durch dasKapital entfalteten gesellschaftlichen Produktivkrften erheischt,wird nur noch durch das staatlich regulierte Kapitalregime verhindert. Auf dieser Stufe, die Marx als Endpunktdes absolutenund relativen Wachstumsdes konstanten Kapitals innerhalb derkapitalistischen Produktionsweise voraussieht, ist die Preiskonkurrenz selbstndiger Produktionsunternehmen in Kapitalformeffektiv nicht mehr mglich. Immer mehrwird das Funktionieren der kapitalistischen konomie, im exploitativ-repressivenInteressedes Kapitals, manipuliert und reglementiert. Die neuengesellschaftlichen Produktivkrfte und vergesellschafteten Produktionsprozesse knnen nur noch durch unmittelbare herrschaftliche Kontrolle und Aneignung innerhalb der antagonisti

    schen Ordnung gehalten werden: die Bewegungen von Produktion und Verteilung werden Objekt staatlicher Eingriffe. Der

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    Kapitalismus kehrt unter die herrschaftlich-brokratische Pro-tektion zurck, von der er einst ausgegangen war und konstituiert einen neuen Absolutismus, der gleichermaen sein letztesun d hchstes Stadium wie die Mglichkeit des Obergangs zurrealen Gemeinwirtschaft darstellt. Von dieser Phase des Kapi-

    talismus ha t Marx vorhergesagt, da in ihr alle Greuel und alleUnterdrckung vorkapitalistischer Barbarei potenziert zurckkehren knnen.

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    Zweites Kapitel

    Die Entstehungder Klassen der kapitalistischenGesellschaft

    Die Klassenim modernen Sinne haben eine lange Entstehungsge-.schichte, den bergang von der feudalen Stndegliederungzummodernen Industriekapitalismus.

    1 . Das feudale Stndesystem

    Das herrschende Produktionsverhltnis der Feudalordnung inallen ihren Varianten ist das Grundeigentum in Form derHerrschaft der Grundherren ber lndliche Produzenten, die alsLeibeigene selbst zum Grundeigentum gehren. Die feudaleExploitation der leibeigenen Bauern vollzogsich durch Aneignung von Fronarbeit, Naturalabgaben oder Geldrente.' DieVerwendung des feudalen Mehrprodukts durch die adligenGrundherren bestand neben dem Unterhalt gemeinschaftlicherwie repressiver Institutionen, zumal der Kirche, in luxuriser

    r Unterm Aspekt der Genesis der kapitalistischen Grundrente untersuchtMarx die drei Formen der Feudalrente in: Das Kapital,Dritter Band,MEW, Bd. 25, 47 Kap. - Wo die Arbeits- oder Naturalrente abgelstwird durch die Geldrente, befindetsich der Feudalismus bereits in Auflsung durch die Entfaltung der Warenproduktion.I n der feudalen Mu

    sterwirtschaft des frhen Mittelalters war fr das Geld kaumPlatz

    gewesen. Der Feudalherr bezog von seinen Leibeigenen alles, was er brauchte;entweder in der Form von Arbeit oder in der von fertigemProdukt . . .Jede Feudalherrschaft gengtesich selbst; sogar die Kriegsleistungen wurden in Produkten eingefordert; Verkehr, Austausch war nicht vorhanden,Geld berflssig. . . das Geld (hatte) damals weit weniger eine gesellschaftliche als eine blo politische Funktion. . . Es diente zum Steuerzah-len und wurde hauptschlich erworben durchRaub.c (Engels, Ober denVerfall des Feudalismus und das Aufkommende r Bourgeoisie, MEW,Bd. zr , S. 393) - Aneignung des lndlichen Mehrprodukts in der Form derFronarbeit ist charakteristisch fr die frhe Stufe der meisten Klassengesellschaften; sie kommt, ebenso wie Naturalrente, nichtnu r im europischen Mittelalter vor. Vgl. E. Mandel, Marxistische Wirtschaftstheorie,5. IO I ff.

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    Verschwendung, ja Zerstrung des angehuften Oberflusses anGebrauchsgtern. Die Immobilitt des Grundeigentums bedingtestrikte persnliche Fixierung der Herrschenden wie der Beherrschten an den Boden, in Form von Vasallitt, Hrigkeit undLeibeigenschaft. Sie determinierte auf dem Lande, aber auch inder Stadt, eine Sozialordnung rechtlich kodifizierter Zwnge,Bindungen und Abstufungen 2 , die nicht einmal generationsweiseaustauschbar waren. Die stndische Gliederung wurde durchtradierte Stellungen und Aufgaben der Herrschaft - beim Adelund Klerus - und durch tradierte konkrete Arbeitsfunktionen -bei Bauern und Brgern - bestimmt. Jede besondere Rolle imSystem gesellschaftlicher Arbeitsteilung fhrte zu r rechtlichenAbsonderung und sozialen Einstufung in einer stndischen Kr

    perschaft. Die herrschende Klasse gliederte sich in die beidengroen Stnde Adel und Klerus, diese wieder in die groenFrsten, in Ministeriale und Ritterstand einerseits, in die Kirchenfrsten, die hheren Wrdentrger und in den Mnchsstandandererseits. Auch die arbeitende Klasse war >>stndisch parti-kularisiert durch proprietre und rechtliche Differenzierung, inFreie, Halbfreie, Hrige und Leibeigene, Kron- und KlosterGuts- und Domnenbauern etc.3 Die von Zeit zu Zeit zusammentretenden Reichsstnde oder Landstnde zerfielen selbstwieder in stndische Untergliederungen.

    2 Das mittelalterliche Recht beruht au f dem Lehnswesen, de r Organisationsform der herrschenden Klasse, welche den Zusammenschlu der einzelnenGrundeigentmer zu militrischen Zwecken sicherte; au f den vielen ver-schiedenen Arten der Mehrproduktaneignung (Zehnten, Glten, Grund-zinsen, Zinskorn u. v. a.) und des Knechtschaftsverhltnisses (das beschrnkte Eigentum des Feudalherrn an den unmittelbaren Produzentenkennt die verschiedensten Grade der Freiheitsbeschrnkung). Da die unmittelbaren Produzenten im Feudalsystem zwar Eigentum des Grund-herrn sind, als Zubehr des Bodens, aber zugleich Besitzer der Produk-

    tionsmittel, Ackerbau und lndliches Handwerk selbstndig betreibend,spielt der auerkonomische Zwang in dieser Gesellschaft eine beherrschende Rolle: sein Ma steigt in direktem Verhltnis zu r Hhe der Ar-beits- oder Naturalrente. - Das Zunftrecht, in der Fest!egung der Hierar-chie von Meistern, Gesellen un d Lehrlingen und der Vergabe des Meistertitels dem Lehnsrecht nachgebildet, spiegelt andererseits die genossenschaftliche Vereinigung un d Selbstverwaltung des mittelalterlichen Brgertums, eine frhe Organisationsform der brgerlichen Klasse. Mi t derEntfaltung von Warenproduktion und Handel wurde das rmische Recht,seinem Charakter nach antifeudal un d juristischer Ausdruck des reinenPrivateigentums, wiederaufgenommen und zu einem mchtigen Hebel derAusbildung der brgerlichen Gesellschaft.

    3 Im ersten Kapitel von Der deutsche Bauernkrieg beschreibt Engels diefeudale Klassengliederung (MEW, Bd. 7, S. 330 ff.) Vgl. ferner: MareBloch, Feudal Society, London r96r

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    Die Herrschaft einer agrarischen Grobesitzerklasse bedeuteteim europischen Mittelalter zugleich die Hegemoniedes Landesber die Stadt. In der Arbeitsteilung und im Antagonismuszwischen diesen beiden Sphren, deren eine das immobile Eigentum als Inbegriff naturaler Produktionsbeziehungen, unmittel

    barer Gewaltanwendung und persnlicher Herrschafts- undKnechtsschaftsverhltnisse, deren andere das mobile Eigentumals Grundlage tausch-vermittelter Produktionsbeziehungen reprsentiert, erblickt Marx einen ganz entscheidenden Gegensatzklassengesellschaftlicher Geschichte:>>Man kann sagen, da dieganze konomische Geschichte der Gesellschaftsich in der Bewegung dieses Gegensatzes resumiert.4 Die Autonomie derStadtwirtschaft,au f das mobile Eigentum stdtischerHandwerker und Kaufleute gegrndet, ist zunchst durch ihre konomische und politische Einordnung in Sozialstruktur undHerrschaftsverhltnisse des Landes bis tief ins eigene Formgeprgehinein relativiert. >>Bei Vlkern von festsitzendem Ackerbau -dies Festsetzen schon groe Stufe- , wo dieser vorherrscht wiebei den Antikenun d Feudalen, hat selbst die Industrie und ihreOrganisation und die Formendes Eigentums, die ih r entsprechen, mehr oder minder grundeigentmlichenCharakter; ist[sie] entweder ganz von ihm abhngig wie bei den lteren

    Rmern oder, wie im Mittelalter, ahmt [sie] die Organisationdes Landes in derStadt und ihren Verhltnissen nach. Das Kapital selbst im Mittelalter-soweit es nicht reines Geldkapital ist -als traditionelles Handwerkszeug etc.hat diesen grundeigentmlichen Charakter.5Die starre hierarchische Einteilung der Stadtgesellschaft (inPatrizier, Brger und plebejischen Pbel), die korporative Verbindung von Handwerken und politischer Organisation in dendurch Privilegien, Monopolrechte und Reglementierungen gegen

    einander abgeschirmtenZnften und Gilden; die patriarchalischePrgung der Arbeitsverhltnisse (zwischen Handwerksmeister,Gesellen und Lehrlingen); die Vererbung und Unauswechselbarkeit des politisch-konomischen Status; die lokale Selbstgengsamkeit und Beschrnktheit - all das entsprach den feudalenProduktions- und Herrschaftsverhltnissen auf dem Land, denensich die stdtische konomie als Enklave anzupassen hatte. Die

    4 Marx, Das Kapital, Bd.I, MEW, Bd. 23, S. 373; vgl. Marx/Engels, Die

    deutsche Ideologie, MEW, Bd.3, S. 505 Marx, Grundrisse,S. 27

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    Stadtgesellschaft als tendenziell antifeudales Element extstterteinnerhalb der feudalen Umwelt gleichsam als genossenschaftlichorganisierter Kollektivfeudalist, als>>Stand>Burg

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    werk und Gewerbe in der mittelalterlichen Stadt, und fr diedamaligen Arbeitsverhltnisse und sozialen Gliederungsformenallgemein: Die Teilung der Arbeit war in den Stdten zwischenden einzelnen Znften noch [ganz naturwchsig] und in denZnften selbst zwischen den einzelnen Arbeitern gar nicht durch

    gefhrt. Jeder Arbeiter mute in einem ganzen Kreise von Arbeiten bewandert sein, mute alles machen knnen, was mitseinen Werkzeugen zu machen war; der beschrnkte Verkehrund die geringe Verbindung der einzelnen Stdte unter sich, derMangel an Bevlkerung und die Beschrnktheit der Bedrfnisselieen keine weitere Teilung der Arbeit aufkommen, und dahermute jeder, der Meister werden wollte, seines ganzen Handwerks mchtig sein. Daher findet sich bei den mittelalterlichenHandwerkern noch ein Interesse an ihrer speziellen Arbeit und

    an der Geschicklichkeit darin, das sich bis zu einem gewissen bornierten Kunstsinn steigern konnte. Daher ging aber auch jedermittelalterliche Handwerker ganz in seiner Arbeit auf, hatteein gemtliches Knechtschaftsverhltnis zu ihr und war vielmehr als der moderne Arbeiter, dem seine Arbeit gleichgltig ist,unter sie subsumiert. sDas mobile Eigentum der stdtischen Handwerker war kaumweniger unbeweglich als das Grundeigentum, solange es -wegenunentwickelten Verkehrs und. mangelnder Zirkulation - nichtin Geld realisierbar und in beliebige Objekte transferierbar war.Es mute sich vom Vater auf den Sohn forterben, weil es unmittelbar mit der bestimmten Arbeit des Besitzers zusammenhing, von ihm nicht zu trennen und insofern stndisches Eigentum war. Die Produktionsarbeit in der Feudalgesellschaft, dieder Bauern wie die der Handwerker, blieb wesentlich P r i v < ~ . t -arbeit von einzelnen9, die meist zugleich Produzenten und Eigentmer der Produktionsmittel waren, auf Selbstversorgung

    gerichtet und nur teilweise fr den Verkauf bestimmt. Mit derEntfaltung des Handels durch den Stand der Fernhandelskauf-

    8 Marx/Engels, Die deutsche Ideologie, MEW, Bd. 3, S. p9 Der konomische Hauptwiderspruch im Feudalismus ist der Widerspruch

    zwischen dem individuellen Charakter des Produktionsprozesses und demgroen Feudaleigentum; hnliche Form hat der Widerspruch zwischendem vereinzelten Charakter des Handwerks und dem Verleger-Kaufmann, der die Entfaltung der Warenproduktion vorantreibt. Vgl. den Bericht ber eine Diskussion sowjetischer Historiker ber das konomische

    Grundgesetz der feudalen Gesellschaftsformation, in : Sowjetwissenschaft,Gesellschaftswissenschaftliche Abteilung, Hef t 6, Jg. 1955, S. 82.4 ff.

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    Ieute, der sich vom Handwerk absonderte, beginnt auch dessenstatischer und stndischer Charakter zersetzt zu werden.Whrend die auf drftigen Produktivkrften basierende stndische Sozialordnung durch das Grundeigentumsverhltnis strukturiert wurde; whrend die dominierende Naturbeziehung

    bewirkte, da die Arbeitsprodukte nur partiell - lokal bzw.peripher- als ~ r e nausgetauscht wurden, die Arbeitenden selbstaber berhaupt nicht,- so herrscht in der kapitalistischen Gesellschaft, in welcher das Kapital allen brigen Verhltnissen Rangund Einflu zuweist und zum sozialkonomischen Grundverhltnis geworden ist, nicht mehr die Naturbeziehung, sonderndas gesellschaftlich, historisch geschaffene Element der Warentauschbeziehung. o

    2 . Umwlzung des Feudalismus und Manufakturepoche

    Die Tauschwirtschaft verallgemeinert und befestigt sich durchVerwandlung der Arbeitskraft in Ware. Das kapitalistische Privateigentum basiert auf der bereits vorhandenen Entfremdungder Arbeiter von den Arbeitsmitteln: Massen verfgbarer Arbeitskrfte, die frei von unmittelbarer Knechtschaft wie voneigenen Produktionsmitteln sind, bilden seine historische Vor

    aussetzung. Diese allein bewirkt aber noch nicht das Aufkommender kapitalistischen Produktionsweise. Marx hat auf das Gegenbeispiel der sptrmischen >>proleswhite thrash

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    stischen Lohnarbeitern. Diese prozessierende Einheitvon Pro-duktivkrftenund Produktionsverhltnissenwird an der besonderen Entwicklung Westeuropas,am bergang von der feudalenzur kapitalistischen Produktionsweise deutlich.Das mittelalterliche Gewerbe grndeteau f wenig produktivenArbeitsmethoden, dieim Rahmen der Zunftordnung, welche dieberufliche Arbeitsteilungund den Absatz streng reglementierte,Spielraum zur Entfaltung nur durch Absonderung neuerHand-werke in neuen Znften hatten. Es unterliegt keinem Zweifel,>>da im 16. und 17. Jahrhundert die groen Revolutionen, diemi t den geographischen Entdeckungen imHandel vorgingenun d die Entwicklung des Kaufmannskapitals rasch steigerten,ein Hauptmoment bilden in der Frderung des bergangs der

    feudalen Produktionsweise in die kapitalistische. Die pltzlicheAusdehnung des Weltmarkts, die Vervielfltigung der umlaufenden Waren, der Wetteifer unter den europischen Nationen,sich der asiatischen Produkte un d der amerikanischen Schtzezu bemchtigen, das Kolonialsystem, trugen wesentlich beizu rSprengung der feudalen Schranken der Produktion. Indes entwickelte sich die moderne Produktionsweise, inihrer erstenPeriode, der Manufakturperiode, nur da, wo die Bedingungendafr sich innerhalb des Mittelalters erzeugthatten.u

    tionskrfte (Waffentechnik), wie von Formen zentralistisch organisierterKooperation groer Menschenmassen; als Instrument der Aneignung undals Verbraucher von Mehrprodukt, schlielich als Mittel der Lsung derWidersprche zwisd1en Klassen, Nationen, Staaten oder politischen Gruppen (Mao Tse-tung). - Die organisierte Einheit bewaffneter Menschenals besondere, ffentliche Gewaltgegenber der Masse der Bevlkerung,- die Basis des Staats; in allen Klassengesellschaften als Militrkaste Bestandteil oder selbst Organisationsform der herrschenden Klasse - bildetden genuinen Bereich zentraler Planung, daher die sozialkonomischeRolle des Militrwesens. Marx beschreibt (Brief an Engels vom2 5. Sept.

    1857, MEW, Bd. 29, S. 192) einmal die Armee als Laboratorium: Die Geschichte der army hebt anschaulicher als irgendetwas die Richtigkeit unsererAnschauung von dem Zusammenhang der Produktivkrfte und der sozialen Verhltnisse hervor. berhaupt ist die army wichtig fr die konomische Entwiddung. Z.B. Salr zuerst in der Armee entwickeltbei denAlten. Ebenso bei den Rmern daspeculium castrense erste Rechtsform,worin das bewegliche Eigentum der Nichtfamilienvter anerkannt. Ebenso das Zunftwesen bei der Korporation der fabri. Ebenso hier erste Anwendung der Maschinerie im Groen. Selbst der besondere Wert der Metalle und ih r use als Geld scheint ursprnglich. . . auf ihrer kriegerischenBedeutung zu beruhn. Auch die Teilung der Arbeit innerhalb einer Branche zuerst in den Armeen ausgefhrt. Die ganze Geschichte der brger

    lichen Gesellschaften ferner sehr schlagend darin resmiert.u Marx, Das Kapital, Bd.III, MEW, Bd. 2 5 , S. 345; vgl. das 2 0 . Kapitel,

    Geschichtliches ber das KaufmannskapitaL Zur Bandesrevolutionder

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    Der bergang aus der feudalen Produktionsweise stellt sichindoppelter Gestalt dar: >>Der Produzent wird Kaufmann undKapitalist, im Gegensatz zur agrikolen Naturalwirtschallundzum znfl:ig gebundenenHandwerk der mittelalterlichen stdtischen Industrie. Dies ist der wirklich revolutionre Weg.Oderaber, der Kaufmann bemchtigtsich der Produktion unmittelbar.

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    In der Folge dieser maximalen Ausschpfung der in handwerklicher Technik enthaltenen Produktionspotenzen tritt das antagonistische Verhltnis von Lohnarbeit und Kapital in aller Formin Erscheinung. Das Kapital als Produktionsverhltnis institutionalisiert die stndige Expansion der Produktivkrfte und damit der Iohnabhngigen Bevlkerung, so da die beiden Haupt-klassen der kapitalistischen Gesellschaft zunehmend die gesellschaftliche Gliederung bestimmen.Die historisch spezifische Einheit von Produktivkrften und Produktionsverhltnissen, welche der Entstehung von Kapital undLohnarbeit in Westeuropa vorausgesetzt war, erweist sich ebensoin der Geschichte dieser Klassen. Das Spezialistentum des Lohnarbeiters in der Manufakturperiode bedingt fachliche und rt-

    liche Fixierung und eine gnstige Arbeitsmarktlage; da seinespezialisierte und qualifizierte Ttigkeit die entscheidende Produktionsbedingung darstellt, wird das Kapital in seiner Expansion durch diese Schranke behindert. Der geringen Mobilitt derLohnarbeit entspricht die monopolistische und staatsprotektionistische Organisation des Manufakturkapitals.'5Im Unterschied zum stndischen Verhltnis zwischen dem Zunftmeister und den wenigstens formell zu beruflicher Selbstndigkeit bestimmten Gesellen ist das Verhltnis von Manufaktur

    arbeiter und -kapitalist bereits ausgebildeter Gegensatz vonLohnarbeit und Kapital; ein kapitalistisches Klassenverhltnis,oft patriarchalisch tingiert, aber in der Geldbeziehung begrndet.'6 Der Klassengegensatz tritt jedoch noch partikularisiert inErscheinung: in jedem Produktionszweig bzw. rtlich-betrieblich stt eine fachlich spezifizierte Arbeiter->>Sorte

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    abstrakter Arbeit) mit dem traditionell-fachlichen Verhltnis.Die manufakturkapitalistische Klassengliederung der Produktionssphre ergnzt sich durch eine Pluralitt weiterer Klassenanalog-fachlich-partikularen Charakters: (1) Die Geld- un dHandelskapitalisten. Sie nehmen in der Manufakturperiode gegenber den industriellen Kapitalisten eine dominierende Position ein. (z) Die >>Klasse

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    ner Nationen vernichtete. Sie . . . lste alle naturwchsigen Ver-hltnisse in Geldverhltnisse auf . . . Sie zerstrte, wo sie durch-drang, das Handwerk und berhaupt alle frheren Stufen derIndustrie. Sie vollendete den Sieg der Handelsstadt ber dasLand. Ihre erste Voraussetzung ist das automatische System.'9De r

    allseitige Handelsverkehr - als Folge und zugleich als Antrieb der groen Industrie - schuf gesellschaftlich vollstndig insich vermittelte Nationalwirtschaften, die sich durch internationale Konkurrenz weiter miteinander verzahnten. So werden frdie Warentauschkonomie und den Arbeitsmarkt

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    agonismus nicht mehr zu verhllen und tritt in offener Polaritthervor. Die Dominanz der konkreten Arbeit verschleiert alsoden Klassengegensatz, whrend die Dominanz der abstraktenArbeit ihn konkret herausarbeitet und auch in der Geschichtenachtrglich transparent macht. Der Warencharakter der Arbeitskraft ermglicht berhaupt erst das Kapital als herrschendeEigentumsform: >>Es entsteht nur, wo die Besitzer von Produktions- und Lebensmitteln den freien Arbeiter als Verkuferseiner Arbeitskraft auf dem Markt vorfindet . . . Was also diekapitalistische Epoche charakterisiert, ist, da die Arbeitskraftfr den Arbeiter selbst die Form einer ihm gehrigen Ware erhlt. Andererseits verallgemeinert sich erst in diesem Augenblickdie Warenform der Arbeitsprodukte.>ZU einer gesellschaftlichen Kategorie wird, die dieGegenstndlichkeitsform sowohl der Objekte wie der Subjektejn der so entstehenden Ge.sellschafl, jhrer Bezjehung zu r Natur,der in ihr mglichen Beziehungen der Menschen zueinander entscheidend beeinflut. Verfolgt man den Weg, den die Entwicklung des Arbeitsprozesses vom Handwerk ber Kooperation,Manufaktur zur Maschinenindustrie zurcklegt, so zeigt sichdabei eine stndig zunehmende Rationalisierung, eine immerstrkere Ausscheidung der qualitativen, menschlich-individuellenEigenschaften des Arbeiters. Einerseits, indem der Arbeitsproze in stets wachsendem Mae in abstrakt rationelle Teiloperationen zerlegt wird, wodurch die Beziehung des Atbeiters zumProdukt als Ganzem zerrissen . . . wird. Andererseits, indem inund infolge dieser Rationalisierung die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, die Grundlage der rationellen Kalkulation,

    zuerst als blo empirisch erfabare, durchschnittliche Arbeitszeit,spter durch immer strkere Mechanisierung und Rationalisierungdes Arbeitsprozesses als objektiv berechenbares Arbeitspensum,das dem Arbeiter in fertiger und abgeschlossener Objektivittgegenbersteht, hervorgebracht wird. 2 3Auch die qualifizierten Lohnarbeiter unterliegen vollstndig derBestimmung der abstrakten Arbeit; denn ihre Zusammenge-

    22 Marx, Das Kapital, Bd. I, MEW, Bd. 23, S. r8423 G. Luk:ics, Gesdtidtte und Klassenbewutsein, a. a. 0 . S. 26"3

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    setzte>einfachen

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    ber sachliche un d persnliche Produktionsbedingungen (Verfgung ber lebendige un d vergegenstndlichte unbezahlte Arbeit zwecks Steigerung des Mehrwerts); Zirkulationsverhltnis,Tauschproze Geld-Ware-Geldzuwachs (G-W-G'); und - alsKern des kapitalistischen Zirkulationsverhltnisses (Kauf de r

    Ware Arbeitskraft) sowie des Produktionsverhltnisses (Exploitation der in Kapital verwandelten Arbeitskraft): Lohn-Arbeitsverhltnis. Lohnarbeit und Kapital stellen also das zentrale Verhltnis dar, aus dem alle sozialkonomischen Kategorien ableitba r sind und auf das alle brigen Klassen sich beziehen. Sobaldsich de r Antagonismus von Lohnarbeit und Kapital herauskristallisiert hat, werden innerhalb de r Kapitalistenklasse allespeziellen Unterscheidungen, etwa nach Anlagesphre, Industriezweig, fachlicher Bestimmung und Funktion gleichgltig gegenber der allgemeinen Qualitt des Kapitals, Mehrwert ansetzender Wert zu sein; ebenso werden innerhalb der Lohnarbeiterklasse alle Besonderheiten wie Beruf, Ausbildung, Begabung,Leistungsvermgen, Funktion, Ttigkeitsform un d Persnlichkeit au f den egalisierenden un d quantifizierenden Tauschwert(Geld- )Nenner gebracht. Ohne die Existenz de r Lohnarbeiterschaft als gesellschafllicher Gesamtarbeiter, d. h. als tendenzielldisponible un d mobile gesellschaftliche Arbeitskraft fr alle Pro

    duktionssphren wre die Existenz des Kapitals als gesellschaflliches Gesamtkapital, das - ebenso tendenziell mobil un d disponibel - unter dem Konkurrenzdruck der allgemeinen Profitrate sich ber alle Anlagesphren variabel verteilt, nicht mglich.Im Zusammenhang der Polaritt vo n Proletariat und Bourgeoisie unterscheidet Marx zwei komplementre Trichotomien:erstens, Kapitalisten - Grundeigentmer- Lohnarbeiter; zweitens, Mehrwertaneignet - kleine Warenproduzenten - Mehrwerterzeuger.25 Beide Dreigliederungen basieren auf der grund

    legenden Dichotomie der Kapitalisten- un d der Lohnarbeiterklasse. Bevor auf die Prozesse innerhalb dieser Hauptklassen

    25 Vgl. Stanislaw Ossowski, a. a. 0 . , S. 97-109; die erste, aus der klassischenpolitischen Okonomie bernommene Dreigliederung unterscheidet dieKlassen funktionell, als Reprsentanten der drei Produktionsagentien Kapital, Grundeigentum und Arbeitskraft. Die zweite Dreigliederung knnteman mit Ossowski als gradatives Schema bezeichnen; Marx geht es abernu r beilufig um graduelle Unterschiede von Besitz, Einkommen und Status, sondern um den historisch-konomischen Charakter der Mittelschich

    ten: die Stellung zu r kapitalistischen Produktionsweise, vgl. den fnftenAbschnitt dieses Kapitels.

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    eingegangen wird, sollen die von ihnen geprgten brigen Klassen untersucht werden: die Grundeigentmer und die einfachenWaren produzen ten.

    4 Die Grundeigentmerklasse

    Obwohl die Grundeigentmer nicht mit dem kapitalistischenProduktionsproze befat sind, betrachtetsie Marx als die drittetragende Klasse. Sie entsteht dort, wo feudaler Grogrundbesitz als Privateigentum in der brgerlichen GesellschaftPlatzund Form erhalten hat, und die Nutzungdes Bodens fr Landwirtschaft, Bergbau und gewerbliche Zwecke einem kapitalisti

    schen Pchter berlt,>>der

    die Landwirtschaft nur als ein besonderes Exploitationsfelddes Kapitals, als Anlage seines Kapitals in einer besonderen Produktionssphre betreibt. DieserPchter-Kapitalist zahlt dem Grundeigentmer. . . in bestimm-

    . ten Terminen, z. B. jhrlich, eine kontraktlieh Festgesetze Geldsumme . . . fr die Erlaubnis, sein Kapital in diesem besonderenProduktionsfeld anzuwenden. Diese Geldsumme heit Grundrente . . . Die Grundrente ist also hier die Form, worinsich dasGrundeigentum konomisch realisiert, verwertet. Wir habenferner hier alle drei Klassen, welche den Rahmen der modernenGesellschaft konstituieren, zusammen und einander gegenber -Lohnarbeiter, industrieller Kapitalist,Grundeigentmer.6Durch ihr Monopol an Bodenbesitz ist die Grundeigentmerklasse in der Lage, am gesellschaftlichen Mehrwertprodukt zupartizipieren. Obwohl der Boden ansich keinerlei Wert besitzt,erhlt er doch im Verhltnis zu der auf seine Gre undQualittentfallenden Grundrente einen Ausdruck in Geld (Tauschwert),

    einen Preis und wird zu einer veruerlichen Ware. Damit istdie fr feudale Produktionsverhltnisse charakteristische Bodenstndigkeit des Grundeigentmers aufgehoben; denn mit derbertragbarkeit der Rente, die durch das Marktgesetz determiniert ist, wird auch das Grundeigentum selber bertragbar,institutionalisiertsich gegenstndlich und lstsich gnzlich von

    26 Marx, Das Kapital, Bd.III, MEW, Bd. 25, S. 631 f.; ber die Formverwandlung von Grundeigentum in spezifisch kapitalistisches Grundeigen

    tum siehe ebd., das siebenunddreiigste Kapitel, besondersS.

    627-632;S. 805 ff. ber die Geldrente als die letzte Form und zugleich Form derAuflsung der Feudalrente.

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    der Person eines bestimmten Besitzers. Noch strlter als dieKapitalistenklasse erweist sich so die Grundeigentml'!rklasse alsbloe Personifikation eines Monopols von Produktionsbedingungen gegenber allen konkreten, fachlichen Bestimmungen gleichgltig. Ihre einzige sozialkonomische Funktion besteht in der

    Konsumtion.Die Integration des Grundeigentums in die brgerliche Eigentumsordnung ist - am frhesten in England - Resultat einesKompromisses zwischen Bourgeoisie und Aristokr

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    sind vom Ausbeutungsertrag der Kapitalisten abhngig, denensie nur auf Grund ihrer rechtlich gewhrleisteten Monopolposition einen Tribut abringen knnen. Wird durch Selbstbewirtschaftung des Grundeigentums dessen Trennung vom fungierenden Kapital aufgehoben, so nur als Ausnahme. Zwar erhlt derselbst bewirtschaftende Kapitalist den gesamten auf seinen Betrieb quotierten Mehrwert, aber das Grundeigentum is t in seinerDifferenz zum Kapital im Westeuropa des 19. Jahrhunderts sosehr ein gesellschaftlich objektiviertes, von derartigen Ausnahmen kaum zu beeindruckendes Produktionsverhltnis, da jenerKapitalist die eingesparte, ihm nach gesellschaftlichem Durchschnittsma Zufallende>ein nutzloses, berflssiges Ding in dem Getriebe de rbrgerlichen Produktion ist, gilt ihm die Abschaffung de r pri-vaten Grundrente und ihre Verstaatlichung als >>Stein de r Weisen. Aber durch Verwandlung der Grundrente in Steuer, diedem Staat gezahlt wird, eignet sich das Kapital diese Rente alsKlasse zu r Bestreitung seiner Staatsausgaben an.29 Die gegen dieGrundeigentmerklasse gerichteten Forderungen von industriel

    len Kapitalisten und kleinbrgerlichen Utopisten3 antizipierennichtsahnend den wichtigsten Grundzug des Kapitalismus, nm-lich die Reduktion de r unmittelbar in de r Produktion beteiligtenKlassen auf Kapitalisten und Lohnarbeiter mit Ausschlu desGrundeigentmers.Au s dem Umstand, da die Grundeigentmer eine groe Klassedarstellen, folgt nicht, da sie eine de r wesentlichen Klassen de rkapitalistischen Produktionsweise ist. Offensichtlich hat Marxam Beispiel der englischen Grundaristokratie in dem modern-sten industriekapitalistischen Land seiner Zeit die Bedeutungund Notwendigkeit einer solchen in Reinkultur hervortreten-den Klasse f r die kapitalistische Produktionsweise berschtzt.Der theoretische Widerspruch, da die Grundherren bei Marxeinmal als tragende Klasse, zu m anderen als Fraktion des Kapi-tals figurieren, erklrt sich aus dem realen Widerspruch zwischendem funktional als Produktionsagentium objektivierten Eigen-

    29 Brief von Marx an Sorge, 20. Juni r88r, MEW, Bd. 35, S. 199 f.30 A. a. 0 .

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    tumsverhltnis und der personellen Klassenstruktur. Der Siegdes kapitalistischen ber das feudale Eigentum fhrte nicht unmittelbar zur Integration des letzteren in die neueProduktionsweise, sondern fand seinen Ausdruck, neben derUmwandlungder Natural- in Geldrente, in der fortschreitenden personellenVerknpfung beider funktionalen Produktionsagenten. Sie vollendet sich mit dem bergang des Kapitalsin die Form derAktiengesellschaft.J'

    5 Die Mittelklasse der kleinen Warenproduzenten

    Aufgrund der ungleichmigen Ent