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ISBN 978-3-85125-005-3 Proceedings der ersten österreichischen Fachtagung für Podcast « Podcasting – Educating the NetGeneration?! » « Einsatzszenarien für Podcasting in der Hochschule » « Liebe Studierende, willkommen zu meinem Podcast! » « Wie kommt die/der ProfessorIn auf mein Handy » « Wie kommt der Ton in den Podcasr? » « Wie können Podcasts die Lehre bereichern? » « Wie passt der Podcast in die Lehre? » Verlag der Technischen Universität Graz www.ub.tugraz.at/Verlag Karl Franzens Universität Graz, Anschriſt A-8010 Graz Michael Raunig T elefon: (+43 316) 380-1049 http://www.uni-graz.at Vernetztes Lernen – Zentraler Informatikdienst der TU Graz TU Graz A-8010 Graz, Steyrergasse 30 / 1 DI Dr. techn. Martin Ebner T elefon: (+43 316) 873-8540 T elefax: (+43 316) 873-108541 http://elearning.tugraz.at Virtueller Medizinischer Campus A-8010 Graz, Billrothgasse 18a DI (FH) Sigrid allinger T elefon: (+43 316) 385-72053 T elefax: (+43 316) 385-72059 http://vmc.meduni-graz.at Kunst Universität Graz A-8010 Graz, Anschriſt Winfried Ritsch T elefon: (+43 316) 389-3510 http://www.kug.ac.at Vorträge Vorträge Workshops Workshops Lifetime Podcasting Michael Raunig, Martin Ebner, Sigrid Thallinger, Winfried Ritsch (Hrsg.)

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ISBN 978-3-85125-005-3

Proceedings der ersten österreichischen Fachtagung für Podcast

« Podcasting – Educating the NetGeneration?! »« Einsatzszenarien für Podcasting in der Hochschule »« Liebe Studierende, willkommen zu meinem Podcast! »

« Wie kommt die/der ProfessorIn auf mein Handy »« Wie kommt der Ton in den Podcasr? »« Wie können Podcasts die Lehre bereichern? »« Wie passt der Podcast in die Lehre? »

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Lifetime PodcastingProceedings der ersten österreichischen Fachtagung für Podcast

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Michael Raunig, Martin Ebner, Sigrid Thallinger, Winfried Ritsch (Hrsg.)Lifetime PodcastingProceedings der ersten österreichischen Fachtagung für PodcastVerlag der Technischen Universität Grazwww.ub.tugraz.at/VerlagISBN 978-3-85125-005-31.Auflage – April 2008

Bibliographische Information der deutschen BibliothekDie deutsche Bibliothel verzeichnet diese Publikation in der DEutschen Nationalbibliografie, detail-lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...............................................................................................3

1. Die interuniversitäre Initiative und die Vorgeschichte der Fachtagung ...3

2. Die Tagung .............................................................................................................4

Podcasting – Educating the Net Generation!? .........................................7

1. Veränderungen .....................................................................................................7

1.1. Neue Generation von Lernenden ......................................................................71.2. Veränderte Rahmenbedingungen .....................................................................8

2. Podcasting .............................................................................................................9

2.1. Didaktische Vorteile des Podcasting ..............................................................102.2. Beispiele der Universität Zürich ......................................................................11

3. Theorie und Wirklichkeit .................................................................................11

3.1. Neue Lernende? ...................................................................................................123.2. Einschränkungen hinsichtlich der Mobilität ...............................................133.3. Didaktische Einschränkungen .......................................................................14

4. Abseits der rosaroten Brille ...............................................................................16

Bibliografie ...........................................................................................................18

Einsatzszenarien für das Podcasting in der Hochschullehre ..................22

1. Die InitiatorInnen ..............................................................................................22

2. Inhalte und Zielgruppen ...................................................................................23

3. Podcampus-PartnerInnen .................................................................................25

4. NutzerInnenzahlen ............................................................................................26

5. NutzerInnenverhalten .......................................................................................26

6. Optionen zur Weiterentwicklung ...................................................................27

7. Zusammenfassung ..............................................................................................27

Von der Idee zum Konzept – eine Wegleitung .......................................28

1. Zusammenfassung ..............................................................................................28

2. Einleitung .............................................................................................................28

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6 Inhaltsverzeichnis

3. Mit sechs Fragen zum Konzept .......................................................................29

3.1. Zielgruppe ............................................................................................................303.2. Didaktisches Ziel ................................................................................................303.3. Produzierende ......................................................................................................313.4. Inhalt ................................................................................................................313.5. Technisches Format ...........................................................................................323.6. Gestaltung des Inhalts .......................................................................................323.7. Konzept ............................................................................................................... 34

4. Schlussbetrachtung .............................................................................................35

Workshop KFU Graz « Wie können Podcasts die Lehre bereichern? » .37

1. Didaktische Einsatzszenarien von Podcasts in der Lehre ..........................37

1.1. Klaus Schweiger: PharmXplorer, « Arzneipod » ........................................371.2. Gilbert Ahamer: Wie können Podcasts die Teamarbeit bereichern? ......381.3. Margit Auer: Einsatz von Videos in der Verhaltensforschung ..................39

2. Zusammenfassung der Diskussion ................................................................. 40

Workshop TU Graz « Wie kommt der Professor auf mein Handy? » ....42

1. Theorie: Podcasting an der TU Graz .............................................................42

1.1. Allgemeine didaktische Überlegungen ..........................................................421.2. « So machen wir es » .........................................................................................421.3. Workflow .............................................................................................................451.4. Ausblick ................................................................................................................45

2. Praxisprotokoll ....................................................................................................45

2.1. Teil 1 ............................................................................................................... 462.2. Teil 2 ................................................................................................................482.3. Teil 3 ................................................................................................................48

Workshop MU Graz « Wie passt der Podcast in die Lehre? » ................49

1. Podcast – curriculare Integration ...................................................................49

1.1. Vergleich zwischen Podcast und anderen E-Learning-Formaten .............491.2. Podcast und Lerntypen .....................................................................................501.3. Finanzielle und organisatorische Rahmenbedingungen ............................501.4 Curriculare Anwendungen ...............................................................................51

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2. PodLearning .......................................................................................................52

2.1. Einleitung .............................................................................................................522.2. Podcasting ............................................................................................................532.3. Podcasts in der Lehre .........................................................................................552.4. Podcasting an der Universität Wien ...............................................................562.5. Contentmangementsystem für eLectures und Podcasts ...........................572.6. Wahrnehmungspsychologische Aspekte auditiver Wissensvermittlung 582.7. Podlearning und Vorlesung, Verzahnung zu einer gemeinsamen

Didaktik ...............................................................................................................59 Bibliografie ...........................................................................................................63

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Einleitung

Michael Raunig, KFU Graz

1. Die interuniversitäre Initiative und die Vorgeschichte der Fachtagung

Über vereinzelte KooperationspartnerInnenschaften und gemeinsame Projekte der Grazer Universitäten hinaus wurden in der Vergangenheit immer wieder individuelle Projekte von medieninteressierten AkteurInnen an den einzelnen Hochschulen gestartet. An der Technischen Universität Graz etwa war man herangegangen, ausgewählte Vorlesungen regelmäßig aufzuzeichnen, und auch an der Universität Graz wurden vereinzelt Podcasts zu bestimmten wissenschaftlichen Themen entwickelt.In einem Auftakttreffen der mit E-Learning und Neue Medien Betrauten der Universität und der Technischen Universität Graz wurde aufgrund gemeinsamer Interessen und den aus einer Zusammenarbeit erwachsenden Vorteilen beschlossen, die Aktivitäten im Pod-casting-Bereich am Universitätsstandort Graz zu bündeln. Neben dem Erfahrungsaus-tausch und der gemeinsamen Produktion wurde auch eine öffentliche Veranstaltung anvisiert, deren Format von der Ringvorlesung bis hin zu einer Fachtagung reichte.

Eine kleinere ExpertInnenrunde, die sich aus den Neue Medien-Kontakten rekrutierte, traf sich Mitte Dezember 2006 an der Universität Graz, um mediale Darstellungsformen im Allgemeinen und Podcasting im Speziellen zu diskutieren, ihre persönlichen Erfahrungen auszutauschen und erste Eckpunkte der Tagung zu fixieren. Das Thema Podcasting (die Produktion, Bereitstellung und ggf. auch Rezeption von Audio- oder Videosequenzen, die als Serie automatisiert aus dem Internet bezogen werden kann) an Hochschulen war zwar bereits vielerorts und seit einiger Zeit im Gespräch, es hatte sich allerdings in Österreich noch kein nennenswertes Vorzeigeprojekt etabliert. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde der einzelnen AkteurInnen von den vier Universitäten (Universität, Technische Universität, Universität für Musik und darstellende Kunst, Medizinische Universität) und einem Gast aus Wien entstand eine rege Diskussion rund um die Erfahrungen, Einsatzszenarien sowie Vor- und Nachteile von Podcasts. Schon früh kristallisierte sich heraus, dass das Team von der Technischen Universität eher an der tech-nischen Umsetzung interessiert war, während die VertreterInnen der Universität Graz eher methodische und didaktische Überlegungen fokussierten und der Aufzeichnung von ganzen Vorlesungen skeptisch gegenüberstanden. Da von den anderen Universitäten noch wenig an praktischer Erfahrung vorhanden war, sich aber – mit Medizin und Kunst – ein enormes Potential und herausfordernde Einsatzszenarien für Podcasts auftaten, lag eine regionale Vernetzung mit dem Ziel einer produktiven Zusammenarbeit nahe, in der die Perspektivenvielfalt zum gegenseitigen Nutzen aller Beteiligten beitragen sollte. Ein

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10 Einleitung

gemeinsamer Strategieentwicklungsprozess, der sich auf den gesamten Bereich Neuer Medien erstrecken sollte, wurde von allen TeilnehmerInnen als große Chance für den Universitätsstandort Graz angesehen, aber auch für die einzelnen Universitäten selbst schien im Verbund mehr realisierbar.Da bereits in informellen Vorgesprächen die Idee einer gemeinsam organisierten Fachta-gung gefallen war und die Idee des Podcasting an Hochschulen ein brandaktuelles Thema darstellte, konnte man sich schnell auf die Stoßrichtung der Tagung einigen; als Termin wurde Anfang Juli 2007 vorgeschlagen.

Neben den Vorbereitungen auf einer virtuellen Projektplattform über den Jahreswechsel traf man sich Anfang Februar erneut, um die bisherigen Ergebnisse zu diskutieren und wichtige Eckpunkte der Tagung zu fixieren. Erste Kontakte zu potentiellen ReferentInnen wurden bereits zu Jahresbeginn geknüpft, weitere Abstimmungen bezüglich des Tagungs-orts, der lokalen Koordination der Veranstaltung, des genauen Termins, der Höhe des Tagungsbeitrags sowie potentieller SponsorInnen wurden vorgenommen. Eine Tagungs-Webseite mit Anmeldungsformular sollten in den folgenden Wochen eingerichtet und ein Einladungsfolder erstellt werden. Darüber hinaus wurde die Idee geboren, einen Weblog für die gemeinsame Initiative einzurichten.In der darauffolgenden Sitzung, die Anfang März an der Technischen Universität statt-fand und die auch einer Demonstration der dortigen Podcast-Aktivitäten diente, wurde der genaue Tagungsablauf vereinbart. Zusätzlich zu den Referaten hatte man sich darauf geeinigt, dass jede der vier veranstaltenden Universitäten einen Workshop abhält, wobei die behandelten Themen dem Kompetenzbereich des jeweiligen Teams entsprechen sollten. Als Produkt der Workshops plante man, kurze Videobeiträge zu erstellen, die un-mittelbar im Anschluss als Podcasts zur Verfügung gestellt und weiters als Input für eine Podiumsdiskussion herangezogen werden könnten.Beim nächsten, nachösterlichen Arbeitstreffen wurde – neben der Feinabstimmung der Unterlagen und Texte – angeregt, eine einheitliche Bezeichnung für die Initiative zu finden, wobei man sich schließlich auf « Interuniversitäre Initiative für Neue Medien Graz (iUNIg) » einigte. Auch die Publikation eines Tagungsbandes wurde beschlossen.

2. Die Tagung

Die Fachtagung hat schlussendlich am 5. Juli 2007 nach weiteren intensiven Vorbereitun-gen und Treffen im kleineren Kreis an der Karl Franzens-Universität Graz in den Räum-lichkeiten des Resowi-Zentrums stattgefunden. Rund 120 TeilnehmerInnen (teils aus dem gesamten deutschen Sprachraum) haben sich im sommerlichen Graz versammelt, um Informationen und Erfahrungsberichte von den eingeladenen Podcast-ExpertInnen zu erhalten, sich gegenseitig über dieses aktuelle Thema auszutauschen und schließlich auch Anreize für die eigene Podcast-Produktion zu erhalten. Dank der tatkräftigen Unterstüt-

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11Die Tagung

zung eines jungen Betreuungsteams, das für die Registrierung und Auskünfte verantwort-lich zeichnete, und des technischen Supports des Zentralen Informatikdiensts der Univer-sität Graz konnte ein reibungsloser organisatorischer Ablauf sichergestellt werden.Nach der Eröffnung und einer kurzen Vorstellung der Initiative durch Alexandra Sindler (Universität Graz, Akademie für Neue Medien und Wissenstransfer) hielt Mandy Schiefner von der Universität Zürich die Vormittags-Keynote zum Thema « Podcasting – Educating the Net Generation?! », die einen höchst anregenden Auftakt für die dar-auffolgenden Programmpunkte bot. Im Rahmen der anschließenden Parallel-Workshops wurden die Fragen « Wie kommt der Professor auf mein Handy? », « Wie kommt der Ton in den Podcast? », « Wie können Podcasts die Lehre bereichern? » und « Wie passt der Podcast in die Lehre? » ausführlich thematisiert: Das Team der Technischen Universität Graz versuchte, den Weg von der Aufnahme bis zum Endgerät zu vermitteln und praktisch vorzuführen, während Winfried Ritsch von der Universität für Musik und darstellende Kunst verschiedene Aufnahmetechniken und audiospezifische Probleme erörterte. Das Team der Universität Graz hingegen diskutierte diverse Einsatzszenarien und den didaktischen Mehrwert, den Podcasts für die Hochschulforschung und -lehre bieten können. VertreterInnen der Medizinischen Universität Graz schließlich behandel-ten die Frage, inwieweit Podcasts einen Beitrag zur Organisationsentwicklung leisten und wie sie curricular integriert werden können. Bei den Workshops wurde nicht nur Wert auf Anschaulichkeit und praktische Anwendung gelegt; Ziel war es auch, die wichtigsten Ergebnisse in Form eines Videobeitrags zusammenzufassen.

Nach der Mittagspause, die den TeilnehmerInnen zur Stärkung, den Workshop-OrganisatorInnen zur Produktion des besagten Kurzvideos diente, wurde die Tagung offiziell von hochrangigen VertreterInnen der ausrichtenden Universitäten eröffnet. „Hausherr“ Vizerektor Martin Polaschek, Vizerektorin Renate Bozic von der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz, Gilbert Reibnegger, Vizerektor der Medizinischen Universität Graz und Isidor Kamrat, Leiter des Zentralen Informatikdiensts der Technischen Universi-tät Graz, begrüßten gemeinsam das Publikum und stellten kurz die Aktivitäten an ihren Hochschulen im Bereich Neue Medien vor. Wissenschafts-Landesrätin Mag. Kristina Edlinger-Ploder, deren Ressort die Tagung durch eine Förderung wesent-lich unterstützte, überbrachte Grußworte des Landes Steiermark. Um den akademischen Rahmen der Tagung mit erfrischenden Impulsen von Fernsehen und Rundfunk zu unter-malen, wurde der Nachmittag von Markus „Gonzo“ Renger moderiert.Anette Stöber und Patrick Peters vom Multimediakontor Hamburg berichteten über « Einsatzszenarien für Podcasting in der Hochschule », die sie nicht zuletzt im Rahmen des erfolgreichen podcampus-Projekts (www.podcampus.de) gewinnen konnten. Die nächste halbe Stunde war einem der SponsorInnen der Tagung gewidmet: Thomas Böhm von Apple Österreich stellte unter dem Titel « Podcasting – ganz einfach / ganz automatisch » neueste Entwicklungen von Apple im Bereich der Podcast-Software vor. Nach einer kurzen Pause gaben Thomas Korner und Andreas Reinhardt von der ETH Zürich « Eine Wegleitung von der Idee zum fertigen Podcast »; der von ihnen gewählte

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12 Einleitung

Titel « Liebe Studierende, willkommen zu meinem Podcast! » spiegelte sich auch in der Eröffnung des Vortrags wider, zu der Thomas Korner mittels einer eingespielten Video-Sequenz begrüßte.Die abschließende « PODiumsdiskussion » mit den Vortragenden des Tages und den Work-shop-LeiterInnen bot nicht nur die Gelegenheit, eine anschauliche Zusammenfassung der einzelnen Workshops zu bekommen, sondern auch offen gebliebene Fragen und Anliegen vorzubringen und mit den ExpertInnen aus mehreren Perspektiven zu diskutieren.Den abendlichen Abschluss bot auf Einladung von Landeshauptmann Mag. Franz Voves ein « kulinarischer Ausklang » im festlichen Rahmen der Aula der Universität Graz: Zu genießen waren dabei Spezialitäten aus der heimischen Küche und die Wiedergabe einer Komposition von Winfried Ritsch, die einen überaus kurzweiligen und gelungenen Tag im Zeichen des universitären Podcastings abrundeten.Besonderer Dank gilt Apple Österreich und insbesondere dem Land Steiermark für die großzügige finanzielle Unterstützung der gesamten Tagung.Die Links zu den Workshop-Videos und den Mitschnitten von den Keynotes finden Sie auf der Tagungswebseite unter http://www.iunig.at. Sollten Sie Interesse an den Aktivitäten der iUNIg haben, besuchen Sie den iUNIg-Blog unter http://iunig.tugraz.at oder wenden Sie sich an [email protected].

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Podcasting – Educating the Net Generation!?Mandy Schiefner, Universität Zürich

An die Alma Mater klopft eine neue Generation von Studierenden: Die Net-Generation. Sie zeichnet sich vor allem durch zunehmende Integration von digitalen Medien in den Alltag und « ubiquitous learning » aus. Lernen und Arbeiten ist überall möglich, neue (E)-Lerngemeinschaften finden zusammen: Mobile Learning wächst und gewinnt an Bedeutung.Ein Element, auf diese Veränderungen zu reagieren, stellt an der Universität Zürich der Einsatz von Podcasts in der Lehre dar. Doch ist damit eine adäquate Antwort gefunden? Oder wie müssen sich Bildungsinstitutionen ändern, um anschlussfähig zu bleiben? Befinden wir uns auf dem Weg zur « YouUniversity »1 oder sind wir noch gar nicht losgegangen?Diese Fragen sollen in diesem Beitrag anhand von Beispielen aus der Universität Zürich beantwortet werden. Welches didaktische Potenzial verbirgt sich hinter Podcasting als « ubiquitous learning » Technologie in der universitären Lehre? Und vor allem: Wie sieht die Realität aus? Wie und wozu werden Podcasts von Dozierenden und Studierenden ge-nutzt bzw. wo liegen Einsatzmöglichkeiten in der Hochschullehre? Der Artikel ist grob in zwei Teile gegliedert: Im ersten Teil werden sich ändernde Voraussetzungen aufgezeigt und im zweiten Teil werden diese Veränderungen an den jetzigen Gegebenheiten der Universität Zürich gespiegelt.

1. Veränderungen

1.1. Neue Generation von Lernenden

Universitäten sind nach und nach mit einer neuen Klientel von Studierenden konfrontiert. Kinder, die mit einer gewissen Selbstverständlichkeit Medien nutzen, werden verstärkt als Net Generation, Homo zappiens, Digital Learner, digital natives usw. bezeichnet. Diese Studierenden von morgen zeichnen sich durch unterschiedliche Gewohnheiten aus (Oblinger, 2005): Ihre Such- und Informationsstrategie startet nicht in Bibliotheken, Zettelkarteien oder dem Bücherregal, sondern zuerst suchen sie online in Wikipedia oder Suchmaschinen. Ihre Kommunikation findet weitgehend im Internet via MSN oder Instant Messenger statt, neue Technologien wie Twitter2 übertragen sogar infor-

1 In Anlehnung an YouTube2 Twitter (http://twitter.com) ist eine online Applikation, die Funktionen eines Blogs, von social net-

working und Instant Messaging verbindet. Twittern kann man auch als Form des Bloggens bezeichnen, aufgrund der Kürze nennt man es auch Microblogging. Es wird die Frage « Was tust du gerade? » von

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14 Podcasting – Educating the Net Generation!?

melle « Gespräche » ins Internet. Soziale Netzwerke werden für die Studierenden von morgen immer normaler, sie nutzen Plattformen wie Facebook, StudiVZ zum Ablegen des eigenen Profils, zum Treffen von FreundInnen, um Nachrichten, News oder Fotos auszutauschen.Vor allem die Synchronität von Handlungen zeichnet diese Generation aus: Multitasking-Fähigkeit, schnelle Veränderungen im Aufmerksamkeitsfokus, Zapping am Fernsehen usw. (Oblinger, 2005). Bei « Nichtgefallen » wird einfach der Kanal oder das Medium ge-wechselt. Durch die Wahl und die Selbstbestimmung des eigenen Fernsehprogramms, der Wahlmöglichkeit, durch die abonnierten Podcast-Listen ein benutzerdefiniertes Radio zu kreieren, die Möglichkeit, mittels RSS und Newsfeeds sich eine eigene News-« Zeitung » zu erstellen, werden es Lernende von morgen gewohnt sein, sich selbst ihren eigenen Inhalt ganz nach ihren Interessenslagen zusammenzustellen. User generated content, d.h. Lerninhalt, den die Lernenden selbst erstellen, wird für diese Generation zur Normalität gehören. Die Vermutungen gehen sogar so weit, dass sich durch diese « Übung » im Zapping und Multitasking Hirnstrukturen der Jugendlichen ändern und andere Areale aktiviert werden. Neben dem Internet werden diese Tendenzen durch die mobile Technologie noch verstärkt – Mobiltelephone und PDAs werden immer selbstverständ-licher in einer konvergenten Medienwelt.« Also, younger generations of learners are using mobile technologies for entertainment and socialization. These learners are using mobile devices to access information and mul-timedia materials and to communicate with friends. These new generations of learners do not see technology as something foreign. They readily accept technology and consi-der technology to be part of their lives. Moreover, the use of mobile technology is a 21st century skill that students and workers must have to function in society. » (Ally, 2007, o.S.). Die Techniknutzung und die Integration dieser in ihren Lebensalltag ist dabei nicht nur ein Sozialisationsphänomen, sondern auch eine Voraussetzung, die zum erfolgreichen Bestehen in der heutigen Lebens- und Arbeitswelt benötigt wird, um den Anforderungen hinsichtlich Mobilität und Flexibilität auch zu genügen. Das heißt, Mitglieder der Net Generation unterscheiden sich hinsichtlich ihres Mediennutzungsverhaltens, und müssen aber auch anders sein, da sich die Anforderungen an diese Generation ändern.Sie sind komplett online sozialisiert worden, eine Welt ohne das Internet ist für sie nicht vorstellbar. Diese veränderten Sozialisationsbedingungen können auch Auswirkungen auf Lehren und Lernen und den Medieneinsatz in Lehr-Lernprozessen haben.

1.2. Veränderte Rahmenbedingungen

Eine Folge der zunehmenden Globalisierung und wirtschaftlichen Veränderungen ist eine zunehmende Mobilität von Menschen. Märkte wachsen zusammen, Grenzen zwischen

verschiedenen Nutzenden beantwortet. Nutzende schreiben kleine Postings, in denen sie beschreiben, was sie gerade tun. Diese einzelnen Postings sind dann abonnierbar, so dass man sich ein Netzwerk von Bekannten zusammenstellen kann, über deren Aktivitäten man dann informiert wird.

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15Veränderungen

den Ländern verschwimmen, Menschen arbeiten weltweit verstreut und in Netzwerken miteinander. An AbsolventInnen von Hochschulen werden immer neue Anforderungen gestellt, die unter dem Stichwort des « lebenslangen Lernens » zusammengefasst werden können. Diesen Herausforderungen müssen sich auch Universitäten stellen. Die zunehmende Mobilität verlangt von Hochschulen ein gewisses Maß an Flexibilität, zum einen hinsicht-lich organisatorischer und inhaltlicher Strukturen, andererseits bezogen auf Zertifikate und Abschlüsse. Weiterhin haben Studierende auch immer mehr Verpflichtungen neben ihrem Studium, sei es eine Erwerbstätigkeit zur Finanzierung des Studiums, sei es die Kindererziehung, so dass immer mehr Studierende Teilzeit studieren und auch hier flexiblere Studienbedingungen integriert werden sollten. Diese veränderten Rahmenbedingungen hinsichtlich geränderten Arbeits- und Studienbedingungen und auf Seiten der Lernenden haben Auswirkungen für das Lernen an Universitäten und verlangen nach neuen Ausbildungs- und Lernformen; informelle Lernprozesse werden immer wichtiger.Die klassische Vorlesung scheint nicht geeignet, diesen Bedingungen gerecht zu werden: sie kommt weder den Kommunikationsgewohnheiten der Studierenden entgegen, noch ist sie zeitlich und örtlich flexibel, geschweige denn mobil. Zunehmende Mobilität be-deutet, dass Studierende nicht mehr immer gleichzeitig in einem Raum sind, Lerninhalte sollten also nicht mehr nur an einem Ort zentral angeboten werden. Lernen muss flexibler gestaltet werden. Um diesen Widerspruch zwischen Studierenden und dem traditionellen Hochschulsystem zu lösen und Lernmaterial breit zugänglich zu machen, sollte Lernressourcen flexibel ver-fügbar gemacht werden. Eine Möglichkeit, Lernressourcen breit verfügbar anzubieten und mobil zu nutzen, ist die Integration von Podcasts in die Lehre. Podcasting ist dabei die beste Lösung, weil sie den Mediengewohnheiten der Studierenden am besten entspricht. Studierende hören in ihrer Freizeit vor allem Musik über mp3-Player, mobile Endgeräte sind zahlreich unter den Studierenden existent. Warum sollte man nicht schon vorhan-dene informelle Konsum-, Kommunikations- und Distributionsstrukturen aufgreifen und sie für Lehr-Lernprozesse nutzbar machen?

2. Podcasting

Eigentlich ist Podcasting (also auditive- bzw. multimediale Elemente zum Lernen zu nutzen) nicht neu: Man denke an Schallplatten, Funkkollegs, Sprachlabore, Tonkassetten usw., die schon in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts zum Lernen und in der Weiterbildung verwendet wurden. Warum wird also Podcasting als neue Trendtechnologie gefeiert? Auditives Lernen in Funkkollegs und ähnlichen Veranstaltungsformen war sehr erfolgreich, auditive Elemente im Rahmen von Lehr-Lernprozessen über Distanzen zu integrieren hat durchaus Sinn gemacht und wurde angenommen. Podcasting eliminiert

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16 Podcasting – Educating the Net Generation!?

jetzt die Nachteile, die diese Formen mit sich brachten, nämlich das Gebundensein an feste Sendetermine und Medien. Denn das eigentlich Neue am Podcasting liegt vor allem in zwei Bereichen: in der Flexibilität hinsichtlich Zeit und Medium und der Einfachheit der Distribution.Zum einen ist die Flexibilität in der Nutzung größer geworden. Lernende sind nicht mehr abhängig von festen Sendezeiten, sondern können selbstbestimmt wählen, wann sie wel-chen Inhalt lernen möchten. Lernende sind überdies hinaus nicht mehr an ein Medium gebunden, sie können wählen, ob sie nun das Handy, den iPod, den MP3-Player oder den Computer als Abspielmedium wählen.Zum anderen liegt der Vorteil von Podcasting darin, dass Podcasts ohne große technische Hilfsmittel und Kenntnisse zu produzieren sind und über das Internet sehr einfach einem großen NutzerInnenkreis zugänglich gemacht werden können. Entstanden aus einer Alternativbewegung zum festen Radioprogramm lag am Anfang der Reiz vieler PodcasterInnen darin, zur/zum « eigenen SenderIn » zu werden. Nach und nach haben auch Universitäten den Vorteil von Podcasts entdeckt und sog. Educasts produziert, d.h. pädagogisch motivierte Podcasts zur Wissensvermittlung und zum Lernen.

2.1. Didaktische Vorteile des Podcasting

Man kann beim Podcasting zwei verschiedene Phasen unterscheiden, die ihr jeweils eige-nes didaktisches Potenzial haben: die Produktionsphase von Podcasts, in der Studierende Podcasts produzieren und die Rezeptionsphase, in der Studierende Podcasts nutzen. Produktionsphase von Podcasts: Durch die Leichtigkeit des Podcasting ist es möglich, dass Studierende selbst Podcasts produzieren. Dies hat mehrere Vorteile: durch die Produktion wird die Partizipation Studierender in Gruppenaktivitäten erhöht, Online Commmunities können entstehen und die Zufriedenheit mit der gesamten Lernerfahrung konnte erhöht werden (Woods & Keeler, 2001).Dennoch nutzen die meisten Universitäten dieses Potenzial nicht, sondern setzen Podcasting nur als Element der Vorlesungsaufzeichung ein (amerikanische Untersuchungen gehen davon aus, dass 90% der produzierten Podcasts Vorlesungsaufzeichnungen sind, eine « didaktisch orientierte » Produktion findet kaum statt).Durch das Hören von Podcasts haben die Studierenden die Möglichkeit, Lerninhalte nochmals kognitiv durchzuarbeiten. Es kommt durch das erneute « Durchdenken » zu erweiterten Formen der Wissensvermittlung und -aneignung. Neben Verständniseffekten memorieren Lernende das Material noch einmal und verankern es also strukturell im Gehirn (Gedächtniseffekte; Klee, 2006, S. 578). Das Protokollieren und Mitschreiben während einer Vorlesung entfällt bei einer Vorlesungsaufzeichnung, da die Lernenden nach der Vorlesung auf die Inhalte per Podcast zurückgreifen können. Die Vorteile des auditiven Informationskanals liegen neben der Zeit- und Ortsunabhängigkeit auf unterschiedlichen Ebenen (siehe zusammenfassend Schiefner, 2004): So ist ein größerer Ausdruck durch die menschliche Stimme möglich, was die Authentizität und Lebensnähe fördert, Emotionen sind so besser und leichter darstellbar

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17Veränderungen

(Grimm & Engelkamp, 1981). Auditives Lernen stellt für die meisten Lernenden eine ver-traute Lernsituation dar .3 Viele Menschen empfinden Lesen als anstrengend (Dick, 2000). Mittels der menschlichen Stimme ist die Aufmerksamkeit in verschiedene Richtungen lenkbar und Audioelemente beeinflussen das Aktivierungsniveau positiv (Jones, 1983).Doch Podcasts können mehr als nur Audiomaterial enthalten. Als sog. Enhanced Podcasts sieht man neben dem gesprochenen Wort Folien oder Abbildungen zum Text, auch Video ist integrierbar, so dass man Bewegtbild erhält.

2.2. Beispiele der Universität Zürich

An der Universität Zürich kommen Podcasts in unterschiedlichen Settings zum Einsatz. Folgende Formen haben sich bis heute entwickelt:

Audio-Podcasts: Das E-Learning Center der Universität Zürich produziert über das •Semester verteilt einen E-Learning Podcast. Dieser widmet sich schwerpunktmäßig einem Thema, das gerade in der aktuellen E-Learning Community diskutiert wird. Bisher sind die zwei Schwerpunkte « E-Assessment » und « Podcasting » erschienen. Er versteht sich als Informations- und Newskanal.

Enhanced Podcast: Verschiedene Dozierende der Universität Zürich (z.B. Biologie, •Informatik usw.) produzieren Podcasts, die aus den Folien ihrer Vorlesung und dem dazugehörigen auditiven Text des Dozierenden bestehen. Zum einen sind dies Aufzeichnungen aus Vorlesungen, zum anderen werden diese als ca. 10-minütige Zusammenfassung der Vorlesung extra konzipiert und produziert.

Video-Podcasts: Es gibt auch Dozierende an der Universität, die sich zusätzlich zu •den Folien und dem Audio filmen lassen und so einen Video-Podcast produzieren. Dabei nutzen die Dozierenden in den « Tafelanschriften » SmartBoards oder Tablet PCs, so dass auch die Notizen der Dozierenden übertragen und den Studierenden zur Verfügung gestellt werden.

3. Theorie und Wirklichkeit

Das bisher Gesagte stellt Podcasting als die Antwort auf die sich ändernden gesellschaft-lichen Anforderungen an eine moderne Universitätsbildung dar. Dieser Tenor spiegelt sich auch in den meisten Veröffentlichungen zum Thema Podcasting. Podcasting ist als neue Lehr-Lernform in aller Munde, wird als innovative Lösung zur Verbesserung der Hochschullehre angepriesen.Doch ist dies wirklich die didaktische Lösung, um auf zukünftige Anforderungen und sich ändernde Rahmenbedingungen zu reagieren? Und gibt es überhaupt eine neue

3 74% der Lernsituationen bis Klasse 9 sind Zuhörsituationen (Imhof, 2003)

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Generation von Studierenden, die sich fundamental im Mediennutzungsverhalten von ihren Dozierenden unterscheidet? Das bisher gesagte muss kritisch hinterfragt werden, denn Podcasting an sich ist keine Technologie, die universitäre Lehre per se verbessert und Studierende besser auf das Berufsleben vorbereitet.

3.1. Neue Lernende?

Wie Schulmeister (2007) schon kritisch anmerkt, sind die Veröffentlichungen zum Thema Net Generation methodisch meist sehr fragwürdig. Es gibt nur wenige empirische Untersuchungen zum Thema, vor allem gibt es keine Untersuchungen zu der eingangs aufgestellten These, dass sich Einstellungen und Erwartungen jüngerer Generationen an Lernen in Bildungsinstitutionen ändern. Von daher ist an dieser Stelle Vorsicht geboten.Noch viel zentraler ist aber die Frage, ob die in Kapitel eins beschriebenen Veränderungen im Mediennutzungsverhalten wirklich Veränderungen in der Gesellschaft sind, die auf unterschiedliche Alter und Sozialisationsbedingungen zurückzuführen sind, oder ob nicht das Vorhandensein von Technik und die allmähliche Durchdringung aller Lebensbereiche diese Verhaltensweisen evoziert, unabhängig vom Alter. Sicherlich gibt es einen Trend dahingehend, dass vor allem Jüngere Technologien anders nutzen. Dennoch verändern sich Handlungsgewohnheiten durch Medien (bedingt durch die gestellten Anforderungen) auf allen Altersstufen. Struktur und Individuum beeinflussen sich gegen-seitig. Von daher ist von einer Typologisierung einer Net Generation, die sich vor allem auf das Alter bezieht, eher abzuraten. Die Faktoren Alter und Gesellschaft sind bei der Art der Mediennutzung nicht eindeutig trennbar. Auch in der heutigen Studierendengeneration kann es Studierende geben, auf welche die in Kapitel eins genannten Merkmale nicht zu-treffen. Doch trifft man diese Generation jetzt schon an Universitäten, oder überschätzen wir Studierende hinsichtlich ihrer Kenntnisse, wenn wir sie als « Net Generation » be-zeichnen und behandeln?Die Frage ist, auf wie viele Studierende die Klassifikation « Net Generation » über-haupt zutreffen würde. An der Universität Zürich wurde im Sommersemester 2007 eine Umfrage zur privaten IT-Infrastruktur und zum Mediennutzungsverhalten durchge-führt. Hinsichtlich moderner Kommunikationsformen zeigen die Studierenden (n=568) eine eher traditionelle Nutzung, Podcasts zum Beispiel nutzen mehr als die Hälfte nie, 10% der Studierenden kennen noch nicht einmal Podcasts (vgl. Abbildung 1). Auch die Internetnutzung zeigt sich bei den meisten Studierenden noch sehr traditionell, eine aktive Partizipation im Internet wird nur durch 13% der befragten Studierenden wahrgenommen.4

4 Diese Untersuchung stellt nur einen sehr kleinen Ausschnitt dar und darf in ihrer Aussagekraft nicht überschätzt werden. Dennoch decken sich die Ergebnisse mit Einschätzungen anderer deutschspra-chiger ExpertInnen. In Amerika scheint die Datenlage anders zu sein (vgl. National School Boards Association, 2007).

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19VeränderungenPodcasting – Educating the Net Generation!?

Es ist davon auszugehen, dass das in Kapitel eins beschriebene Mediennutzungsverhalten auch für die meisten Studierenden (noch) nicht zutrifft. Studierende (zumindest die jetzt an der Universität eingeschriebenen) werden oft hinsichtlich ihres Medienverhaltens und -wissens überschätzt.

Abbildung 1: Nutzung von Podcasts bei Studierenden der Universität Zürich (n=568)

3.2. Einschränkungen hinsichtlich der Mobilität

Ein zweiter Aspekt betrifft die Mobilität, der Studierende immer mehr ausgesetzt sind und für die Podcasting eine Möglichkeit darstellt, flexibel und von allen Orten aus auf Lerninhalte zuzugreifen. Dazu bedarf es aber der Betrachtung zweier Fragen: Nutzen die Studierenden die Podcasts auch mobil und unter pädagogisch-psychologischen Gesichtspunkten? Kann man überhaupt mobil lernen?

« In der Diskussion um Podcasting werden immer wieder (zum Teil auch unrealistisch erscheinende) Nutzungsformen, beispielsweise das Anhören von Aufzeichnungen paral-lel zu anderen Verrichtungen oder beim Sport, angeführt » (Meier, 2007, S. 97). Doch verschiedene Studien zeigen, dass Studierende gar nicht so mobil lernen, wie oft vermutet wird. An der Universität Wisconsin z.B. rezipieren die Mehrzahl der Studierenden (75%) die Aufzeichnung zuhause, mobile Nutzungsszenarien lagen nur in einem einstelligen

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Prozentbereich (Brittain, Glowacki, Ittersum & Johnson, 2006). Ähnliche Ergebnisse konnten auch für die Studierenden der Universität Zürich nachgewiesen werden: Studierende der Wirtschaftswissenschaft (Affolter et al, 2006) und Biologie nutzen die Podcasts vor allem auf dem heimischen PC.

Doch zur zweiten Frage: Kann man überhaupt mobil lernen? Oder brauchen Lernprozesse nicht Zeit bzw. eine gewisse Kontemplation? Und wie steht es mit sozialem Lernen in Gruppen, was ist mit Lernen durch Gespräche und Kommunikation? Lernen ist aktiv, sozial, konstruktiv und situativ (Reinmann & Mandl, 2006). Genau dann machen Podcasts, in denen es vor allem um die Rezeption von Lerninhalten geht, keinen Sinn. Podcasts sollten sich an diesen Prinzipien orientieren und z.B. Studierende durch Rückfragen aktivieren, zur Problemlösung anregen, usw. Man sieht direkt, dass dies mehr Aufwand erfordert, als eine Vorlesung mitzuschneiden. Auch zum Lernen wird somit ein größerer Aufwand benötigt, denn es reicht dann nicht, sich den Lernstoff einfach nur an-zuhören. Tiefe Lernprozesse geschehen nicht einfach mal zwischen zwei Terminen oder in der Tram. Eine elaborierte Verarbeitung von Lernmaterial und die daraus resultierenden Lernprozesse brauchen Zeit.Neben Zeit benötigt Lernen vor allem zwei Dinge: Aufmerksamkeit und Motivation. Während die Motivation durchaus durch neue Technologien erhöht werden kann, sind Prozesse der Aufmerksamkeit schwerer in mobilen Situationen umzusetzen. Auch sind neben der Aufmerksamkeit vor allem für Lernen mit Medien hohe selbstregulative Lernkompetenzen (Blömecke, 2003, Brünken & Leutner, 2000) von Nöten, so z.B. Selbst-steuerungskompetenz der Lernenden, bereichsspezifisches Vorwissen, medienspezifische Kenntnisse, gutes räumliches Vorstellungsvermögen, eine positive Einstellung gegenüber neuer Technologie sowie Motivation und Interesse (Hasselhorn & Gold, 2006).Das heißt, vor allem Zeit- und Aufmerksamkeitsdefizite sowie hohe Anforderungen an Lernvoraussetzungen auf Seiten der Lernenden sind Konstanten, die das mobile Lernen eher hemmen. An dieser Stelle scheint es sinnvoller, den Begriff « mobile learning » zu ersetzen, denn eine schnelle mobile Informationsaufnahme macht durchaus in gewissen Situationen Sinn, ist jedoch von tiefen kognitiven Lernprozessen zu trennen.

3.3. Didaktische Einschränkungen

In Kapitel 2.1 wurde der Wert von Podcasting vor allem durch eigens dafür produzierte Podcasts ausgeführt. Doch oft sind universitär produzierte Podcasts in vielen Fällen ein « Nebenprodukt », als Aufzeichnung der Vorlesung, die so oder so gehalten wird. Und dieses « nebenbei » produzierte Lernmaterial, das in Form von Podcasts in den mei-sten Fällen von der Vorlesung aufgezeichnet wird, ist dann nicht mediendidaktisch aufbe-reitet, sondern eine mediale Abbildung einer Universitätsvorlesung, die auch nach vorle-sungsdidaktischen Aspekten geplant wurde. Unterrichtsmedien liegen aber andere didak-tische Konzepte zugrunde als einer Präsenzveranstaltung. Somit ist eine aufgezeichnete

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Präsenzveranstaltung noch kein gutes Unterrichtsmedium. Neben didaktischen Aspekten sind auch lernpsychologische Prozesse beim Lernen mit Medien unterschiedlich, erinnert sei hier an Untersuchungen zu Multimedia-Effekten oder an Effekte der « Cognitive Load »5 (Sweller, 2002). So sind zum Beispiel beim Podcasting die Geschwindigkeit und die Reihenfolge des Lernmaterials festgesetzt. Kognitive Überlastung kann vorkommen. Speziell auditives Lernen ist an starke Erinnerungseinflüsse gebunden und benötigt eine hohe Konzentration.In Enhanced Podcasts und Videopodcasts z.B. wird auditives und visuelles Material zeit-gleich dargeboten. Auf der einen Seite wirken multimediale Darstellungen sehr motivie-rend und lernfördernd, aber nur, wenn man sie auch didaktisch plant und aufbereitet (z.B. nach den Multimedia-Prinzipien, vgl. Mayer, 2001), denn « Hören und Sehen vergeht dem Rezipienten eigentlich nie, aber je mehr Informationen man in Text und Bild anbietet, desto weniger kann man beeinflussen, was von ihnen in welcher Weise verarbeitet wird » (Ballstaedt, 1990, S. 43). Und beim Podcasting als Vorlesungsaufzeichnung werden diese mediendidaktischen Aspekte zugunsten einer schnellen Produktion oft vernachlässigt.

Eine weitere Gefahr beim Lernen mit Podcasts stellt das Konzept der investierten mentalen Anstrengung (Salomon, 1984) dar. Je einfacher ein Medium eingeschätzt wird, desto geringer ist die mentale Anstrengung der Lernenden (« television is easy and print is tough »). Diese geringe mentale Anstrengung durch den Lernenden führt zu einer ober-flächigeren Rezeption des Podcasts und somit zu einer geringeren Lernleistung. Hinzu kommt dann noch die sog. Kompetenzillusion (Stark, 1999), d.h. durch das einfache Rezipieren von Podcasts besteht die Gefahr, dass Studierende davon ausgehen, nun auch « gelernt » zu haben, was bei näherem Hinsehen nicht unbedingt der Fall sein muss.Auch der in Kapitel zwei genannte Wegfall von Notizen als Vorteil der Vorlesungsaufzeichnung kann aus lernpsychologischer Sicht ein Nachteil sein: Notizen sind nachweisbar lernförderlich, zum einen in der Funktion als externaler Speicher (Produktionsfunktion) und als Initiierung von Kodierung (Prozessfunktion) (vgl. Kiewra, 1989). Empirische Untersuchungen wiesen positive Auswirkungen von Notizen während der Vorlesung nach (Kiewra et al, 1991), die Aufmerksamkeit erhöht sich durch Notizen (Hartley & Marshall, 1974).Aber auch inhaltlich sind Podcasts nicht in jedem Lernprozess sinnvoll und einsetzbar: « Erstens lassen sich Lehrveranstaltungen mit Seminarcharakter, die auf einer offenen, ungesteuerten Interaktion zwischen Dozierenden und Studierenden basieren, schlecht in Podcast-Form aufbereiten. (…) Zweitens kann ein Podcasting Angebot Studierende dazu animieren, an der Live Veranstaltung nicht mehr teilzunehmen. Das Podcasting würde dann zu einer passiveren Rezeption der Lerninhalte über ein Podcast-File führen, das vorher

5 Die Cognitive Load Theorie geht davon aus, dass das menschliche Kurzzeitgedächtnis über eine be-grenzte Aufnahme- und Verarbeitungskapazität verfügt. Bei der Erstellung von Lernprogrammen ist dabei zu beachten, dass diese Kapazität nicht unnötig belastet wird, damit mehr Raum für die Verarbeitung des Lernstoffes bleibt. Die kognitive Belastung während der Informationsaufnahme darf nicht zu hoch sein, sonst kommt es zu einem Overload und es finden keine Lernprozesse statt.

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von anderen ‹ erarbeitet › wurde. Drittens können Effekte ‹ inhaltlicher Verflachung › in der Lehre auftreten – wenn im Bemühen der Dozierenden um die adäquate Anspreche der ‹ Generation iPod › die Inhalte der Lehre gegenüber der Form ihrer Vermittlung in den Hintergrund treten (Stichwort ‹ Infotainment ›). » (Klee, 2006, S. 579.)

4. Abseits der rosaroten Brille

Was im vorhergegangenen Kapitel deutlich geworden ist, ist die Notwendigkeit einer dif-ferenzierten Betrachtung von Podcasts in der Lehre abseits von Hype und Verdammung. Übertriebene Erwartungen sind zu relativieren. Wichtig ist es, die richtigen Szenarien für mobiles Lernen zu finden. 90 Minuten Vorlesung auf dem iPod sind wenig sinnvoll. Wenn allerdings z.B. eine Lernaufgabe damit verbunden wird, z.B. mobil etwas herauszufinden und zu suchen, wenn die/der ProfessorIn in einem zehnminütigem Podcast die Vorlesung noch einmal zusammenfasst usw., ergeben sich neue Möglichkeiten und Chancen einer sinnvollen Integration von Podcasts in den Studienalltag.

Ähnlich wie beim E-Learning sind hier genau die Rahmenbedingungen zu analysie-ren, in dem der Einsatz von Podcasts Sinn macht. Didaktisch richtig eingesetzt, können Podcasts viele Vorteile für Studierende wie Dozierende bringen. Für Studierende sind unterschiedliche Szenarien denkbar. Zum einen können Vorlesungsaufzeichnungen dazu genutzt werden, sich verpasste Themenbereiche aus der Vorlesung nochmals anzuhören oder den Stoff für die Prüfung nochmals zu durchden-ken und zu repetieren. Dozierende können ihre Vorlesung mitschneiden und zusätzlich zur Vorlesung als Podcast zur Nachbereitung oder Prüfungsvorbereitung anbieten. Dazu muss der Podcast aber z.B. durchsuchbar sein, so dass man auch gezielt einzelne Passagen der Vorlesung nachschlagen kann und sich nicht 90 Minuten durch den Podcast hören muss, bis diejenige Stelle kommt, die man verpasst hat. Auch für ausländische Studierende ergeben sich Vorteile, da sie die Vorlesung nochmals als Podcast anhören können, sollten sie in der Vorlesung sprachliche Verständnisprobleme gehabt haben. Ein weiteres Szenario stellt die Produktion von Podcasts durch die Studierenden dar. Studierende können ihre Arbeitsergebnisse oder Präsentationen auch als Podcast produzieren und erwer-ben hierbei nicht nur Fachwissen, sondern auch überfachliche Kompetenzen wie z.B. Medienkompetenz.Dozierende können durch den Einsatz von Podcasts eine Qualitätssteigerung des eigenen Unterrichts erreichen. Zum einen haben sie bei der Integration von Videos im Unterricht eine Möglichkeit, den eigenen Unterricht und das eigene Unterrichtsverhalten zu reflektie-ren. Zum anderen kann mit Pocasts recht schnell und einfach multimediales Lernmaterial den Studierenden zur Verfügung gestellt und so die Attraktivität der eigenen Vorlesung erhöht werden. Dozierende können z.B. Interviews mit ExpertInnen führen und diese in die eigene Veranstaltung integrieren, um so den Unterricht zu bereichern. Auch eine

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Zusammenfassung der relevanten Aspekte nach ihrer Vorlesung kann als Podcast ange-boten und so als Material zur Nachbearbeitung den Studierenden zur Verfügung gestellt werden.

Aber auch Hochschulen haben Vorteile durch den Einsatz von Podcasts. Zum einen ist der Marketing- und Brandeffekt ein wichtiges Element, um sich als innovative Hochschule am internationalen Hochschulmarkt zu positionieren. Durch das Podcasting und die damit verbundene offene Distribution wird ein Marketingeffekt erreicht, der neue Studierende akquirieren kann. Wenn eine Hochschule die Podcasts zentral und offen zugänglich abgelegt hat, können Interessierte einzelne Veranstaltungen Probe hören. Podcasting ist so für Hochschulen die Möglichkeit, ihre Lehrphilosophie nach außen zu tragen. Aber auch die Produktion von Podcasts durch die Hochschule, z.B. in Form eines wöchentlichen News-Programms aus der Hochschule, ist eine Möglichkeit des Einsatzes. Überdies hinaus könnte StudienanfängerInnen mittels Audio-Podcasts auch die Angst vor dem universitären Leben genommen werden, indem ein Podcast über alle wichtigen Dinge informiert, die bei Studienbeginn zu beachten sind (Lee and Chan, 2007).Doch auch für die Lehrqualität an der Hochschule hat Podcasting Impulscharakter, denn durch das offene Angebot von Podcasts wird die Frage nach der Qualität des Materials gestellt, das an die Öffentlichkeit gelangt. Plötzlich ist die Lehre nicht mehr auf den eige-nen Seminarraum beschränkt, sondern ist überall im Internet verfügbar. Dies evoziert die Frage nach der Qualität der Lehre und stößt hier nochmals Diskussionen an. Denn einer Universität ist sehr daran gelegen, dass auch nur wirklich « gute » Lehrveranstaltungen offen im Internet distribuiert werden.

Mit einem sinnvollen Einsatz von Podcasts in der Hochschullehre ergeben sich aber auch neue Herausforderungen, z.B. müssen Kompetenzen der Lernenden und Lehrenden in diesem Bereich ausgebaut werden. Wichtig ist, dass sich auch Dozierende im Rahmen von Medienkompetenz diese neuen Technologien aneignen, damit sich keine neuen Scheren auftun. Nur mit entsprechendem Wissen, nicht nur technischem, sondern vor allem di-daktischem Wissen um die Stärken und Schwächen von verschiedenen Einsatzszenarien von Podcasting in der Lehre werden Dozierende diejenigen Möglichkeiten von Podcasting identifizieren und einsetzen können, die ihren pädagogischen Zielen entsprechen. An der Universität Zürich und der ETH Zürich wird es daher ab dem Wintersemester 2007 im Dozierendenweiterbildungsprogramm « didactica »6 einen Kurs zum pädagogischen Einsatz von Podcasts geben.

Doch die Kompetenz der Lehrenden ist nur ein kritischer Erfolgsfaktor. Christoph Meier (2007, S. 98-99) fasst die Herausforderungen für Podcasting an Hochschulen fol-gendermaßen zusammen:

6 http://www.didactica.ethz.ch/

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« Sollen Vorlesungen routinemäßig aufgezeichnet werden, so müssen Vorkehrungen •getroffen werden, die ein verlässliches Aufzeichnen nicht nur der Äußerungen der Lehrenden erlauben, sondern auch von Nachfragen aus den Reihen der Studierenden oder sich daraus entwickelnde Diskussionen.

[…] •

Es müssen Erfahrungen dazu gesammelt werden, wie sich die Aufzeichnung und •Publikation etwa von Vorlesungen auf die Präsenz der Studierenden auswirken und ob die Hörsäle deutlich leerer sein werden. Dies könnte sich negativ auf die Motivation der Lehrenden auswirken.

Ein weiterer Aspekt, der nicht vernachlässigt werden sollte, besteht im veränderten •Charakter von Veranstaltungen bezüglich ihrer ‹ Öffentlichkeit ›. Universitäre Lehrveranstaltungen finden hinter geschlossenen Türen statt und ermöglichen damit auch das pointierte Kommentieren von Sachverhalten. Sobald Veranstaltungen aufgezeichnet werden und diese Aufzeichnungen prinzipiell weitergegeben werden können, ist für die Dozierenden nicht mehr zu kontrollieren, wer ihre Äußerungen in welchem Zusammenhang hört »

Abseits vom Hype um Podcasting geht es vor allem um die realistische Integration von Podcasting in die Lehre. Und hier braucht es vor allem die Kompetenz von Dozierenden, sinnvolle Szenarien zu entwickeln und die sich bietenden Chancen neuer Technologien zu nutzen, diese aber auch ausreichend und kritisch zu reflektieren. Eine Kompetenz ist es nämlich auch, « Nein » zu neuen Technologien sagen zu können, wenn kein pädagogisch-didaktischer Mehrwert gesehen wird.

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Einsatzszenarien für das Podcasting in der HochschullehreAnette Stöber und Patrick Peters, Multimedia Kontor Hamburg

am Beispiel von Podcampus.de, der Podcasting-Plattform für Bildung, Wissenschaft und Forschung.Nie war es so einfach (und kostengünstig) wie heute, wissenschaftliche Inhalte audiovi-suell aufbereitet einem interessierten Publikum zur Verfügung zu stellen. Audio- oder Videopodcasts sind geradezu das ideale Medium für junge, internetaffine und bildungso-rientierte NutzerInnengruppen, wie sie an Hochschulen vertreten sind. Aber wie können Hochschulen die Potentiale des Podcasting effektiv nutzen?Podcasting kann didaktisch sinnvoll als Instrument der Wissensvermittlung eingesetzt werden und zur Verbesserung der Lehrqualität beitragen. So können Studierende mit-tels Podcasting Lehrinhalte intensiv und in eigenem Lerntempo nacharbeiten. Aber auch potentielle StudieninteressentInnen können sich zeit- und ortsunabhängig über Studieninhalte, -struktur und -umfeld informieren. Podcasts erreichen schnell eine große HörerInnenschaft und können weniger bekannten Studienfächern zu leistungsorientierten und motivierten BewerberInnen verhelfen oder kleinen Universitäten ein innovatives Image verleihen. In Zeiten knapper finanzieller Ressourcen kann es auch nicht von Nachteil sein, die Öffentlichkeit und potentielle MittelgeberInnen über interessante Forschungsprojekte, Ringvorlesungen oder sonstige Aktivitäten der Hochschule in zeitgemäßer Form zu informieren.

1. Die InitiatorInnen

Mit « podcampus.de – der Podcasting-Plattform für Bildung, Wissenschaft und Forschung » haben die Hamburger Hochschulen den Versuch gestartet, die Potenziale des Podcasting in der Hochschullehre gezielt auszuloten.Hinter dem Projekt stehen die Multimedia Kontor Hamburg GmbH, die Universität Hamburg, die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, die Technische Universität Hamburg Harburg, die Hochschule für Bildende Künste, die Hochschule für Musik und Theater sowie die HafenCity Universität Hamburg.Das Multimedia Kontor Hamburg ist ein gemeinnütziges Unternehmen der sechs öf-fentlichen Hamburger Hochschulen. Das MMKH hat sich bundesweit zu einem der Kompetenzzentren für IT im Hochschulbereich entwickelt. In Hamburg unterstützt das Multimedia Kontor die IT-basierte Modernisierung der Hochschulen. Seine Kompetenz als Beratungsagentur in Fragen des Campus- und IT-Management bietet das MMKH auch anderen Hochschulen und Institutionen jenseits Hamburgs an. Am 1.8.2005 hat das MMKH das Multimedia-Produktionslabor (MMlab) als zentrale Servicestelle zur Unterstützung bei der Produktion von multimedialem Lehrmaterial eingerichtet (Projektlaufzeit: zwei Jahre). Es verfügt über vier semiprofessionelle Produktionsplätze auf

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29Inhalte und Zielgruppem

PC und Macintosh-Basis, die von MitarbeiterInnen der Hamburger Hochschulen genutzt werden können. Die Produktionsbetreuung (Produktionshilfe, Einweisung in die Geräte, Schulungen) wird durch 1,5 feste Stellen sowie zwei Hilfskräfte sichergestellt. Inspiriert durch iTunesU, dem Apple-Podcast-Portal speziell für Hochschulen, wurden im MMlab in Zusammenarbeit mit WissenschaftlerInnen der Hamburger Hochschulen im Frühjahr 2006 die ersten Podcasts realisiert. Da iTunesU zum damaligen Zeitpunkt für deutsche Hochschulen nicht zur Verfügung stand und auch kein vergleichbares Portal im deutschsprachigen Raum, wurde parallel an einer eigenen Lösung gearbeitet. Im September 2006 ging der Podcampus mit drei Themenrubriken offiziell an den Start. Nach einem ersten Relaunch im März 2007 stehen den NutzerInnen jetzt 21 Themenrubriken zur Verfügung. Eine umfassende Suchfunktion ermöglicht das gezielte Auffinden bestimmter Beiträge.

Abbildung 1: Das Podcampus-Portal nach dem Relaunch im März 2007

2. Inhalte und Zielgruppen

Im Wesentlichen wurden für Podcampus drei Zielgruppen identifiziert: Die Gruppe der immatrikulierten Studierenden der Hamburger Hochschulen, die Gruppe der potenti-ellen Studierenden, die sich noch nicht für das Studium an einer bestimmten Hochschule entschieden haben sowie die Gruppe der Alumni, die bereits ein Hochschulstudium absolviert haben. Darüber hinaus wendet sich podcampus.de mit seinen Inhalten aber auch gezielt an eine an wissenschaftlichen Themen interessierte Öffentlichkeit sowie an mögliche SponsorInnen.

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30 Einsatzszenarien für das Podcasting in der Hochschullehre

Für immatrikulierte Studierende werden Vorlesungsmitschnitte zur Verfügung gestellt. Um die Datenmenge auf vertretbare Größen zu begrenzen wurde auf Video als Format gänzlich verzichtet. Vorlesungsmitschnitte werden ausschließlich als Audio-Podcast ange-boten. Ergänzendes Material wie PDF-Dokumente oder Powerpoint-Folien können eben-falls auf Podcampus veröffentlicht werden. Im Fall der Vorlesungsaufzeichnungen werden dem Audio-Podcast vereinzelt Video-Interviews beigefügt, in denen die Vortragenden die Thematik umreißen und Informationen zur ihrer Person veröffentlichen können.Ebenfalls primär an die Zielgruppe der immatrikulierten Studierenden richten sich die eigens für Podcampus produzierten Bildungsbeiträge. So wurde im Rahmen des Projektes « RUN! – eLearning in Bewegungs- und Sportwissenschaft » in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg der « Boardcast » entwickelt, eine elfteilige Video-Podcastreihe zum Thema Snowboarden. Im Zentrum stehen methodisch-didaktische Beiträge zum Erlernen und Optimieren der eigenen Bewegungsfertigkeiten auf dem Board. Darüber hinaus berichten Experten über die Entwicklung der Sportart, demonstrie-ren Möglichkeiten einer optimalen Vorbereitung auf das Boarden, geben Tipps zur Materialwahl oder führen in den verantwortungsvollen Umgang mit alpinen Gefahren ein. Insbesondere die Beiträge zur Fahrpraxis sind dafür gedacht, in der Westentasche mit auf den Berg zu gehen: Bewegungsbeschreibungen und Übungsformen ansehen, ausprobieren, vergleichen und wieder ausprobieren. Dabei geht es nicht darum, die dar-gestellten Bewegungen möglichst exakt nachzuahmen, sondern vielmehr den « Kern » einer Bewegung zu erkennen und den eigenen Möglichkeiten entsprechend immer besser umzusetzen.Der « Boardcast » wird vom Fachbereich Bewegungswissenschaft im Rahmen von Snowboard-Exkursionen praktisch erprobt.Auch potentielle Studierende sind eine interessante Zielgruppe für das Podcasting in der Hochschullehre. Der Audio-Podcast ist ein effizientes Mittel, um qualifizierte BewerberInnen auf Studienangebote der Hochschule aufmerksam zu machen. In Zusammenarbeit mit dem UniversitätsColleg der Universität Hamburg wurde eine Reihe zum Thema « Was, wie, wofür studieren an der Universität Hamburg » entwickelt. Die Reihe läuft mittlerweile im dritten Semester und stellt pro Folge einen Studiengang im Detail vor. Dem Podcast liegt ein Präsenz-Lehrangebot zugrunde, welches mit seiner Umsetzung als Audio-Podcast und der Veröffentlichung auf podcampus und in zahl-reichen weiteren Podcast-Portalen eine größere Zielgruppe erreicht. Vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wurde ein Audio-Podcast für angehende MedizinerInnen erarbeitet. Studierende gestalten hier Podcasts zur Vorbereitung auf das Biochemiepraktikum.Diese Podcasts sollen Studierenden der Human- und Zahnmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) Hintergrundinformationen über die Praktikumsversuche in der Biochemie geben. Dabei dient der Podcast als zusätzliche Informationsquelle neben dem Praktikumsskript und den begleitenden Seminaren. Bei den Beiträgen tritt eine/ein StudentIn als ModeratorIn auf, die/der durch fachliche

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31Inhalte und Zielgruppem

Beiträge Dozierender und einer technischen Angestellten unterstützt wird. Der Podcast dient auch dazu, Studieninteressierten einen Einblick in ein mögliches Studium zu geben und die Einstiegsschwelle zu senken.Speziell an ehemalige Studierende richten sich die Angebote der Wissenschaftlichen Weiterbildung auf Podcampus. Hier wird der Podcast eingesetzt, um den Kontakt zwischen Hochschule und Alumni zu unterstützen. So wurde vom MMlab in Zusammenarbeit mit der Arbeitsstelle für Wissenschaftliche Weiterbildung an der Universität Hamburg ein Audio-Podcast zum Thema « Existenzgründung » produziert.Nicht zu unterschätzen ist die Eignung des Podcast als Medium für das Hochschul-Marketing. Imagefilme der Hochschulen oder einzelner Fachbereiche, für die in den klassischen Medien kein Sendeplatz zur Verfügung steht, finden auf Podcampus ihren spezialisierten ZuschauerInnenkreis. Videodokumentationen zu Forschungsprojekten der beteiligten Institutionen sind eine gute Möglichkeit, Wege, Ideen und Ergebnisse einer vergleichsweise großen Anzahl von ZuschauerInnen attraktiv zu präsentieren.Das MMlab im Multimedia Kontor Hamburg begleitet aktuell ein Projekt von Prof. Dr. Christoph Schäfer vom Historischen Seminar der Universität Hamburg mit der Videokamera. Ziel des Projekts – in Kooperation mit dem Beschäftigungsträger Jugend in Arbeit Hamburg e.V. – ist ein authentischer Nachbau eines römischen Kriegsschiffes, wie es vor etwa 2000 Jahren durch die Flüsse Deutschlands fuhr. Anhand der Podcasts lässt sich die Entstehung des Schiffes von der Kiellegung bis zum Segelsetzen, von der Auswahl des Holzes bis zur Schulung des Teams verfolgen.

3. Podcampus-PartnerInnen

Aktuell podcasten über podcampus.de 27 PartnerInnen aus dem deutschsprachigen Raum. Darunter Hochschulen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen wie die Justus-Liebig-Universität Giessen, die International School of New Media, die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren oder die Fraunhofer Gesellschaft. Eine Podcampus-PartnerInnenschaft ist derzeit für die beteiligten Institutionen kostenlos. Das Portal verfolgt das Ziel, Podcasting als Medium für Bildung und Forschung bekannter zu machen.Ein Austausch unter den ProduzentInnen soll aktiv gefördert werden, HochschulmitarbeiterInnen sollen Anregungen für eigene Produktionen erhalten, auch ein Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse wird angestrebt. Die geplante Überarbeitung des Portals sieht vor, die Unterseiten zu den einzelnen Institutionen individuell gestaltbar zu machen, zusätzlich zu einführenden Texten und Logos soll es möglich sein, einen indi-viduellen Header zu verwenden, der der Rubrik übergeordnet wird.

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32 Einsatzszenarien für das Podcasting in der Hochschullehre

4. NutzerInnenzahlen

Nach einer dreimonatigen Testphase zur Bewertung der NutzerInnenakzeptanz des neuen Mediums Podcast in der Wissensvermittlung ging podcampus im September 2006 in den Produktivbetrieb. Zum besseren Verständnis des NutzerInnenverhaltens und der Reichweite des Mediums möchten die AutorInnen in Tabelle 1 zunächst einen kurzen Einblick in die Nutzungszahlen während des Produktivbetriebs bis einschließlich Juni 2007 geben.

Veröffentlichte Beiträge 382, davon 120 selbst produziertAbrufe von Beiträgen 100.000Traffic 1,05 TBVisits 270.000

Tabelle 1

Da Websitenutzung und Zugriffsauswertung gemäß des Gebots der Datensparsamkeit anonymisiert erfolgen, können die BetreiberInnen keine verlässlichen Aussagen über die tatsächlichen nutzenden Personen machen. Feststellen lässt sich lediglich, dass etwa 50% aller Visits (Website-Besuche) aus dem Metropolraum Hamburg erfolgen und – wenig überrraschend – etwa 45% aus dem deutschsprachigen Raum, bei steigender Nutzung aus Österreich und Schweiz. Ob jedoch die NutzerInnen der (zumindest anfänglich) intendierten Zielgruppe der Hamburger Studierenden angehören oder der erweiterten Zielgruppe wie oben dargestellt, lässt sich auf dem Wege der Website- und Logfileanalyse nicht feststellen.

5. NutzerInnenverhalten

Bei genauerer Betrachtung der NutzerInnenzugriffe auf die veröffentlichten Beiträge bemerkt man Unterschiede in der Nutzung (Download oder Anhören/Ansehen auf der Website) der angebotenen Audio- bzw. Videomaterialien wie in Tabelle 2 dargestellt.

Audio VideoBeiträge 273 109Abrufe insgesamt 70.000 30.000Ø Abrufe je Beitrag 153 209Aufrufe auf der Website 8% 60%

Tabelle 2: Abrufe von Inhalten

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33Inhalte und Zielgruppem

Diese Übersicht wirft die Frage auf, ob das ubiquitäre Element des Podcasting in der anfänglichen Euphorie über den Einzug von virtuellen Vorlesungen überbewertet wurde oder ob die nur kostenintensive Verfügbarkeit von tragbaren Videoabspielgeräten einer stärkeren mobilen Nutzung im Wege steht, da eine Mehrzahl der Abrufe von multime-dialen Inhalten auf der Website selbst erfolgte. Es bleibt zu überprüfen, ob eine stärkere Mobilnutzung einsetzt, wenn insbesondere Video-Podcasts in mehreren Formaten vor-gehalten werden und z. B. auch auf deutlich weiter verbreiteten Mobiltelefonen im 3gp-Format wiedergegeben werden können.

6. Optionen zur Weiterentwicklung

Neben der Option zur Distribution der Medien in mehreren Dateiformaten zur Vergrößerung der NutzerInnengruppen sind die BetreiberInnen des Portals bestrebt, auch die Gruppe der Podcast-ProduzentInnen zu unterstützen und weiter auszubauen. Hier stehen als mögliche Funktionalitäten eine automatisierte Aggregation von Inhalten aus be-reits bestehenden externen Podcasts zur unaufwändigen Zweitnutzung von Inhalten und auch der optische und funktionale Ausbau der Seite hin zu einem Wissenschaftsportal zur Diskussion, das BesucherInnen schneller zu den sie interessierenden Themen führt. Da das Projekt, aus dem podcampus heraus entwickelt, betrieben und mit Inhalten versorgt wird, zum Ende des Jahres 2007 ausläuft, muss die Weiterentwicklung zu einem verein-fachten Redaktionsbetrieb führen, damit Betriebsaufwände für die Pflege der Website minimiert, automatisiert oder, zumindest teilweise, auf die Podcast-ProduzentInnen verlagert werden können. Darüber hinaus wird zurzeit bewertet, ob die Website sich als Plattform für zielgruppenspezifische Anzeigen eignet, oder Kooperationen mit kommer-ziellen AnbieterInnen von hochschulnahen Produktionen oder Dienstleistungen einen sinnvollen Beitrag zur weiteren Finanzierung der Betriebskosten von podcampus leisten können.

7. Zusammenfassung

Aus Sicht der Hamburger podcampus-BetreiberInnen stellt Podcasting einen kosten-günstigen und gleichzeitig innovativen Distributionskanal für multimediale Inhalte aus dem Hochschulumfeld dar. Eine stark steigende NutzerInnengruppe macht sich den Vorteil der selbstbestimmten, zeit- und ortsunabhängigen Nutzbarkeit zu Eigen. Hochschulen, die jetzt überlegen, Podcasting in der wissenschaftlichen Ausbildung oder zur Kommunikation in der Breite einzuführen, sollten jedoch genau prüfen, welche Szenarien und Zielgruppen sie unterstützen möchten. Insgesamt erscheint das Potential für Hochschulpodcasting sowohl von AnbieterInnenseite als auch von NutzerInnenseite bisher jedoch kaum erschlossen – Raum für weitere Nutzungskonzepte ist also reichlich vorhanden.

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Von der Idee zum Konzept – eine WegleitungT. Korner, A. Reinhardt, NET-Network for Educational Technology, ETH Zürich

1. Zusammenfassung

Podcasting in der Hochschule wird heute häufig mit Vorlesungsaufzeichnung gleichge-setzt. Dies ist aber nur ein Szenario unter vielen. Welches davon zur Lehr- / Lernsituation der/des Produzierenden passt, kann nur durch ein Konzept, worin die zentralen Fragen geklärt und Ziele definiert werden, herausgefunden werden. Die entsprechend zu be-achtenden Themen sind: Zielgruppe, Lehrziele, ProduzentInnen, Inhalt, Podcastformat, Inhaltsgestaltung.In diesem Beitrag gehen wir auf diese einzelnen Punkte ein und fügen sie schließlich zu einem Konzept zusammen. Diese Wegleitung soll interessierten Dozierenden die Möglichkeit geben, schnell einen Plan zu entwickeln, um ihren Podcast wirkungsvoll einsetzen zu können.

2. Einleitung

Während sich Podcasting zur Zeit großer Beliebtheit erfreut und neue Angebote im Wirtschafts- und Freizeitbereich wie Pilze aus dem Boden schießen, steckt der Einsatz dieser Technologie im Ausbildungswesen noch in den Kinderschuhen. Dies hat wohl einerseits mit den (vermeintlichen) technischen Hürden zu tun, andererseits aber si-cherlich auch mit inexistenten Konzepten, wie man den passenden Einsatz für den ei-genen Lehr- / Lernkontext finden könnte. Bei der Planung und Inbetriebnahme des Podcastportals der ETH Zürich1 stand nicht nur die rein technische Komponente im Zentrum. Es sollte auch dafür Sorge getragen werden, dass Podcasts als didaktische Erweiterung der Lehrmöglichkeiten angesehen und genutzt würden. NET – Network for Educational Technology2, das E-Learning-Kompetenzzentrum der ETH Zürich, erweiterte aus diesem Grund seine Dienstleistungen und Kompetenzen um den Bereich Podcasting. Es bietet, neben der individuellen Beratung, auf seinen Webseiten3 eine Kurzanleitung an, um an das persönliche Szenario zu kommen.Die Aussagen in diesem Artikel stützen sich auf Erfahrungen und Einschätzungen der Autoren in ihrer täglichen Arbeit. Sie sind daher eher als Empfehlungen denn als gesicher-te Fakten zu betrachten.

1 http://www.podcast.ethz.ch2 http://www.net.ethz.ch3 http://www.net.ethz.ch/podcasting/

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35Mit sechs Fragen zum Konzept

3. Mit sechs Fragen zum Konzept

Neben der Aufzeichnung von Vorlesungen gibt es unzählige weitere Einsatzmöglichkeiten von Audio- und Videoaufzeichnungen in der Hochschullehre.Um zu demjenigen Konzept zu gelangen, das am besten zur eigenen Lehrsituation passt, sind sechs Themenbereiche zentral. Alle sechs können jeweils durch eine Frage beantwor-tet werden.

Thema FrageZielgruppe Wie sieht meine Zielgruppe aus?Ziel Welches didaktische Ziel möchte ich mit dem Podcast

erreichen?Wer Wer produziert den Podcast?Inhalt Welchen Inhalt möchte ich transportieren (lassen)?Format Welches (technische) Format soll der Podcast haben?Gestalt Inhalt Wie gestalte ich den Inhalt des Podcasts?

Tabelle 1: Die sechs wichtigen Fragen für ein erfolgreiches Podcastkonzept

Um möglichst effizient arbeiten zu können, empfiehlt es sich, die Fragen in einer be-stimmten Reihenfolge zu bearbeiten. Der von uns vorgeschlagene Weg führt vor allem auch dazu, dass nicht die Technik selbst sondern der optimale Einsatz des Podcasts im Lernkontext im Zentrum steht. Im Folgenden möchten wir etwas genauer auf die oben-stehenden Fragen eingehen und unsere Gedanken dazu erläutern.

Abbildung 1: Sechs Themenbereiche müssen auf dem Weg zu einem Podcast-Konzept geklärt werden. Das Lehrszenario ergibt sich aus den ersten drei Punkten.

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36 Von der Idee zum Konzept – eine Wegleitung

3.1. Zielgruppe

Was auf den ersten Blick einfach und klar als « die Studierenden » deklariert werden könnte, ist es wert, etwas genauer spezifiziert zu werden. Sind nur die Studierenden einer bestimmten Veranstaltung das Ziel oder soll der Podcast auch andere erreichen? Soll beispielsweise mit dem Podcast auch das Interesse am eigenen Forschungsschwerpunkt unter den Studierenden geweckt werden? Ist das Thema auch für Angehörige anderer Fakultäten und Abteilungen interessant? Oder ist es sogar ein Thema, wo der Podcast über den Hochschulbereich hinaus zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen kann? Selbst wenn man sein Zielpublikum auf die Teilnehmenden einer bestimmten Veranstaltung reduziert, kann noch weiter eingeschränkt werden. Sollen Studierende, die eine Vorlesung verpasst haben, auch vom Podcast profitieren können oder richtet er sich ausschließlich an Studierende, welche an der Veranstaltung teilgenommen haben? Oder ist es umgekehrt sogar erwünscht, dass Studierende eine Vorlesung auch zeit- und ortsun-abhängig besuchen können (Raumproblematik und Fernstudiengänge)?

3.2. Didaktisches Ziel

Erfahrungen zeigen, dass bei der ersten Konzeption eines Podcasts häufig von den technischen Rahmenbedingungen ausgegangen wird (Aufnahmetechnik, Hardware, Personal). Der eigentliche Zweck und Mehrwert eines Podcasts gerät so leicht in den Hintergrund und wird nicht selten auf die Aufzeichnung einer Lehrveranstaltung re-duziert. Das Formulieren von didaktischen Zielen hilft, den Fokus zu halten und den optimalen « Platz » des Podcast in der Lehre zu finden. Es stellt sich hier die zentrale Frage, was mit dem Podcast erreicht werden soll. Daraus lassen sich einzelne oder mehrere didaktische Ziele festhalten, d.h. Situationen, die im Kontext der Lehre geschaffen werden sollen. Ausgehend davon kann später Einsatz und Inhalt einfacher konkretisiert werden.Die Vielfalt möglicher didaktischer Ziele für Podcasts ist groß. Sie lassen sich meistens in den Bereichen Vorbereitung, Inhalt, Nachbereitung von Vorlesungen und der Instruktion ansiedeln. Häufige Ziele sind die Motivierung und Aktivierung von Studierenden, ein gesteigertes Stoffverständnis und die weiterentwickelte Medienkompetenz.Einige konkrete Beispiele von didaktischen Zielen:

Studierende werden so auf ein Thema vorbereitet, dass sie motiviert an die Sache •herangehen.

Bereits vermitteltes Material wird rekapituliert und mit neuem Inhalt verknüpft. •Dadurch werden mentale Brücken in den Köpfen der Studierenden geschlagen.

Zu einem Lernthema wird ein Überblick gegeben und damit der Stoff in den •Köpfen der Studierenden vorstrukturiert.

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Aufträge werden zusammen mit den Qualitätserwartungen bekannt gegeben. •Dabei wird auch genannt, wie diese am besten zu erfüllen sind. Studierende gehen damit zielgerichteter und selbstbewusster an die Arbeit.

Studierende werden dazu gewonnen, selber einen Podcast zu einem Thema zu •produzieren (z.B. als Ersatz für einen Vortrag, einen Audioguide, Erfahrungsberichte etc.). Neben den inhaltlichen Zielen kann hier auch das übergeordnete Ziel der Medienkompetenz eine Rolle spielen.

3.3. Produzierende

Sind Zielgruppe und didaktische Ziele definiert, muss für ein vollständiges Einsatzszenario noch geklärt werden, wer den Podcast produziert. Ist es die/der DozentIn? Ist es eine Gruppe von Studierenden? Oder ist es die/der AssistentIn? Dabei darf nicht vergessen werden, dass es in der Hand der PodcastproduzentInnen liegt, ob die gesetzten didak-tischen Ziele erreicht werden. So wirkt ein Podcast, der mit Hintergrundinformationen zur Vorlesung Studierende aktivieren soll, weniger authentisch, wenn eine/ein AssistentIn spricht. Umgekehrt können inhaltliche Podcasts zum einem bestimmten Thema anstatt von der/vom ProfessorIn durchaus auch von Studierenden produziert werden – beispiels-weise im Rahmen einer Semesterarbeit.Das aus den ersten drei Punkten (Zielgruppe, didaktisches Ziel, Produzierende) resultie-rende Podcast-Einsatzszenario beeinflusst maßgeblich, wie sich Inhalt und technisches Format gestalten.

3.4. Inhalt

Der Inhalt der meisten Podcasts besteht aus gesprochener Sprache. Übermäßig komplexes und dichtes Material aber lässt sich darüber schlecht vermitteln.Für die Zuhörenden ergeben sich mehrere Schwierigkeiten:

Das Sprechtempo ist vorgegeben. •

Die Orientierung ist nicht mit einem schriftlichen Inhaltsverzeichnis vergleichbar. •

Beim Konsum von Podcast unterwegs an mobilen Geräten ist mit Ablenkungs- •und Störfaktoren zu rechnen.

Unterwegs ist es kaum möglich, Gedanken zum Gehörten mit Notizen •festzuhalten.

Umso wichtiger ist es deshalb, sich beim Podcastinhalt auf das Wesentliche zu konzen-trieren und zielorientiert vorzugehen – ganz nach dem Motto « weniger ist mehr ». Unterhaltsame Elemente sind aber durchaus erwünscht und können zwischen den infor-

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mativen Sequenzen für willkommene Abwechslung sorgen. Warum nicht eine persönliche Anekdote der/des Vortragenden zu ihrem/seinem ersten Experiment überhaupt einbauen, wo es inhaltlich passt? Witz und Anekdoten in einem Tondokument stellen allerdings an SprecherInnen und DrehbuchschreiberInnen markant höhere Ansprüche. Solche Stilelemente dürfen auf keinen Fall aufgesetzt wirken, sondern sollten im Gegenteil Nähe und Spontaneität suggerieren beziehungsweise erzeugen.

3.5. Technisches Format

Generell stehen drei technische Formate für Podcasts zur Auswahl: Audio, Enhanced und Video. Neben dem klassischen Audioformat, das einfach aus einer Tondatei besteht, sind Enhanced- und Video-Podcasts zusätzlich mit Bildmaterial versehen. Ein Enhanced-Podcast besteht aus einer Tonspur und parallel angezeigten Bildern und Links. Eine/ein KonsumentIn eines Enhanced Podcasts wird also in Ergänzung zum Gesprochenen auf dem Computer oder dem mobilen Abspielgerät kleine Bilder anschauen können (z.B. Folien). Ein Video-Podcast ist im Wesentlichen eine periodisch erscheinende Videosequenz. Je nach Szenario kann der Produktionsaufwand zwischen einem Audio- und Video-Podcast exponentiell zunehmen. Während die Distributionsmöglichkeiten bei Audio- und Video-Podcasts vielfältig und gut sind, lässt sich ein Enhanced-Podcast aufgrund des proprietären Formats nicht auf allen mobilen Geräten abspielen.Hier ist ein Vergleich der drei gängigsten Podcastformate bezüglich Informationsgehalt, Produktionsaufwand und Distributionsmöglichkeiten.

Technisches Format Informationsgehalt Produktionsaufwand Distributionsmöglichkeiten

Audio ** ** Vielfältig (z.B. mp3)Enhanced *** *** Eingeschränkt (m4a)Video **** ***** Gut (z.B. mov)

Tabelle 2: Informationsgehalt und Produktionsaufwand verschiedener Podcastformate. Der Produktionsaufwand steigt demnach grundsätzlich mit dem Informationsgehalt an. Diese generelle Richtlinie lässt sich aber nicht unbedingt auf jeden Einzelfall anwenden.

Bei der Wahl des geeigneten Formats sind die vorhandenen Ressourcen zu berücksichtigen sowie das didaktische Ziel vor Augen zu halten. Trägt ein Videobild wesentlich dazu bei, das didaktische Ziel zu erreichen oder ist es bloß ein netter Zusatz?

3.6. Gestaltung des Inhalts

Die Gestaltung des Podcasts bestimmt in großem Maße darüber, ob der Podcast von der Zielgruppe konsumiert wird. Für die inhaltliche Gestaltung müssen Fragen zu Design und Rahmen (Länge, Struktur, Erscheinungsfrequenz) beantwortet werden.

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Design

Aus Radio und Fernsehen sind verschiedene Möglichkeiten bekannt, wie eine Sendung konzipiert werden kann: eine lockere Gesprächsrunde, ein stark strukturiertes Interview, ein Monolog, ein Disput, etc. Diese Designs stehen auch Podcasts offen. Welches nun aber die richtige Wahl ist, hängt letztlich stark vom gewählten Einsatzszenario ab.

Rahmen

Wie lange soll der Podcast dauern? Welche Struktur ist passend? Und wie oft soll er er-scheinen? Viele PodcasterInnen wählen eine Länge zwischen fünf und 30 Minuten für eine Episode. Wichtig hierbei ist, dass die Ansprüche der Zielgruppe berücksichtigt werden. Von KonsumentInnen eines aufwändig produzierten Magazins werden generell längere Spielzeiten geduldet. Hingegen kann ein über 60-minütiges, locker geführtes Interview bald einmal als ausufernd empfunden werden. Wichtig ist hierbei, dass verschiedene Episoden in etwa gleich lang sind und man diesbezügliche Erwartungen auch erfüllt.4

Bei längeren Podcasts hilft eine Struktur, die ZuhörerInnen durch die Sendung zu führen. Die einfachste Struktur ergibt sich durch ein Intro, Outro und so genannten Jingles, welche die verschiedenen Informationseinheiten voneinander trennen. Jingles sind kurze Sequenzen mit Musik oder Toneffekten. Zusammen mit dem Intro und Outro tragen sie stark zur Wiedererkennung bei. Regelmäßig auftretende Rubriken (z.B. Aussage des Monats, Komisches etc.) sind eine weitere gute Möglichkeit, wie ein Podcast strukturiert werden kann.Wie häufig ein Podcast erscheinen soll, liegt in erster Linie an den verfügbaren Ressourcen. In der Regel erscheinen längere und aufwändig produzierte Podcasts auch weniger häufig, was auch aus Sicht der Hörenden wichtig ist (Wer hat schon Zeit, jeweils täglich eine 30-minütige Podcast-Episode zu hören?). Viel entscheidender als die Publikationsfrequenz ist jedoch die Regelmäßigkeit. ZuhörerInnen erwarten von einem Podcast, dass er in re-gelmäßigen Abständen erscheint. Ist dies nicht der Fall, läuft er Gefahr, AbonnentInnen zu verlieren. Viele Podcasts erscheinen im wöchentlichen oder monatlichen Rhythmus. Eine einmal gewählte Frequenz zu ändern wird möglicherweise zu Akzeptanzproblemen führen, PodcastproduzentInnen müssen sich daher bereits zu Beginn bewusst sein, auf was sie sich einlassen.

4 Analoges lässt sich auch beim Radio beobachten: Newsmeldungen die länger als 30 Sekunden dauern werden von ZuhörerInnen als zu lange empfunden. Magazinbeiträge hingegen können durchaus länger sein.

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3.7. Konzept

Am Ende der Spirale (siehe Abb. 1) steht das Konzept, das alle sechs Themen vereinigt. Am Beispiel des E-Learning-Podcasts der ETH Zürich5 wird in Tabelle 3 gezeigt, wie ein solches Konzept konkret aussehen kann.

Zielgruppe An der Lehre interessierte Personen (vor allem aus dem Hochschulumfeld Zürich)

Ziele Podcasting-Kompetenz schaffen •

Mit einem zeitgemäßen Informationsgefäß die E-Learning- •Kompetenz des NET (Network for Educational Technology) allgemein festigen

Für einen didaktisch reflektierten Einsatz von Podcasting •speziell und von E-Learning im Allgemeinen motivieren

Wer NET-Mitarbeiter: Andreas Reinhardt und Thomas KornerInhalt E-Learning-Anwendungen der ETH (und Umfeld) mit •

Vorzeigecharakter

Interessante Einsatzmöglichkeiten von Podcasts in der •Lehre

Tipps und Erfahrungen von ExpertInnen zu ausgewählten •E-Learning-Themen

Der Inhalt wird möglichst so aufbereitet, dass er auch auf Situationen und Personen außerhalb des Hochschulumfelds Zürich übertragbar ist. Der Fokus liegt eher im Didaktischen als im Technischen.

Format Mehrere technische Formate werden parallel angeboten: m4a (Enhanced Podcast), mp3 und ogg (Audiopodcast). Der Inhalt wird so aufbereitet, dass er auch ohne die Bildinformationen des Enhanced Podcasts auskommt. Dadurch kann der Podcast auf jedem mobilen Audioplayer gehört werden.

5 http://podcast.net.ethz.ch

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Gestalt Inhalt Durchschnittlich 20 Minuten lang •

Durch Rubriken (Intro, Goodie, Hauptthema, News, •Veranstaltungen, Outro) und Jingles stark strukturierter Inhalt. Das Hauptthema besteht vorwiegend aus redaktionell aufbereiteten Experteninterviews.

Erscheint monatlich •

Tabelle 3: Das Konzept des E-Learning Podcasts der ETH Zürich

Aufwand

Der E-Learning-Podcast der ETH setzt hohe Ansprüche an die Ton- und Sprachqualität. Viele Aufnahmen finden im ETH eigenen Tonstudio statt. Der Produktionsaufwand pro Episode ist ungefähr:

Planung, Konzeption: 3 hAufnahmen/ Interview: 4 hSchneiden/publizieren: 4 h

Diese Werte sind vergleichsweise hoch, bedingt durch den hohen Anspruch und das Format, welches immer wieder externer Interviews bedarf.Ein Podcast von Dozierenden kann demgegenüber in einem Bruchteil der Zeit erzeugt werden. Eine mögliche Aufstellung einer/eines Dozierenden könnte so aussehen:

Drehbuch schreiben: 1.5hAufnahmen: 1hSchneiden/publizieren: 1h

Insbesondere die benötigte Zeit für Aufnahme und Schnitt sind aber sehr stark erfah-rungsabhängig. Für erste Aufnahmen ist mit jeweils einigen Stunden zu rechnen.

4. Schlussbetrachtung

Ein Konzept vermag den Weg von der Idee zum fertigen Podcast zu ebnen und ermöglicht es, den benötigten Technik- und Personaleinsatz abzuschätzen. Um bei den Studierenden den gewünschten (Lern-)Effekt zu erzielen ist es wichtig, die oben erwähnten unter-schiedlichen Aspekte eines Podcasts zu berücksichtigen. Ausgehend von der aktuellen Lernsituation bzw. vom erwünschten Resultat kann der Spirale folgend nach und nach die Idee zu einem umfassenden Konzept wachsen. Das Dreieck Zielgruppe, Didaktisches Ziel und ProduzentIn definiert das Einsatzszenario des Podcasts. Die gründliche Beantwortung

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42 Von der Idee zum Konzept – eine Wegleitung

dieser Fragen stellt sicher, dass der Podcast das richtige Publikum mit dem richtigen Inhalt erreicht. Ein Podcast kann professionell und innovativ sein, aber wenn das Szenario nicht der Lehr-/Lernsituation entspricht, wird das Projekt zum Scheitern verurteilt sein. Erst wenn das Szenario klar umrissen und definiert ist, darf mit der Planung von Struktur und Inhalt begonnen werden. Es ist wichtig, dass die neu eingesetzte Technologie nicht im Zentrum steht sondern schließlich nur Mittel zum Zweck ist. Damit stellt man sicher, dass der Podcast nicht nur zu Beginn als « neu » und « hype » geschätzt wird sondern längerfristige Akzeptanz und Interesse findet. Podcasts sind in der Lehre ein neues Medium, welches durch neue technologische Entwicklungen (schnellere Internetleitungen, vereinfachtes Aufnehmen von Ton- und Videodokumenten) erst möglich gemacht wurde. Doch die Technik alleine macht noch keinen guten Podcast. Dieser konzeptionelle Ansatz ist ein Werkzeug das den zielge-richteten und didaktisch reflektierten Einsatz von Podcasts unterstützen soll. Denn an Alternativen zur Vorlesungsaufzeichnung mangelt es nicht, sie müssen nur entdeckt werden.

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Workshop KFU Graz « Wie können Podcasts die Lehre bereichern? »

Jürgen Hochsam, Universität Graz

1. Didaktische Einsatzszenarien von Podcasts in der Lehre

Was ist das Potential und was der Mehrwert von Podcasts in der universitären Lehre? Können ganze Lehrveranstaltungen didaktisch sinnvoll als Podcasts aufbereitet werden? Welche Einsatzszenarien von Podcasts sind in der universitären Lehre überhaupt vor-stellbar? Was sind die Hürden und Herausforderungen beim Einsatz in der universitären Lehre? Und vor allem: Was sind eigentlich « Podcasts » und was versteht man unter « Podcasting » per Definition? Um diese und ähnliche Fragen drehte sich der Workshop « Didaktische Einsatzszenarien von Podcasts in der universitären Lehre ».Neben den Beiträgen der ReferentInnen förderten vor allem die im Vorfeld und Anschluss daran geführten regen Diskussionen der Workshop-TeilnehmerInnen neue Aspekte dieses in der universitären Lehre noch relativ neuen Mediums der Wissensvermittlung zutage. Vor allem hinsichtlich der Definition des Begriffs « Podcasting » war man sich anfangs unschlüssig. Ist es nun die Konzeption und Produktion eines Podcasts? Die Rezeption? Oder das Bereitstellen von Beiträgen zum Download? Unter der Moderation von Michael Raunig konnte man sich schließlich darauf einigen, dass wohl der gesamte Erstellungsprozess bis hin zur Bereitstellung von Podcasts mittels Feeds unter den Begriff « Podcasting » zu fallen hat.Im Anschluss wurden drei Projekte präsentiert, die den Mehrwert von Podcasts in der universitären Lehre aufzeigen sollten.

1.1. Klaus Schweiger: PharmXplorer, « Arzneipod »

Den Anfang machte Prof. Klaus Schweiger mit dem « PharmXplorer » – einer internet-basierten Informations-, Studien- und Weiterbildungsplattform, in der alle pharmazeu-tisch relevanten Daten der in Österreich zugelassenen Arzneistoffe enthalten sind.Mittels PharmXplorer werden bestimmte Lehrinhalte auf das Handy, den iPod bzw. ein medientaugliches Endgerät von UserInnen gebracht, wobei bei den Beiträgen auf einen streng didaktischen Hintergrund geachtet wird. Als Podcasts werden Laborsituationen und Arbeitsprozesse aufgezeichnet. Wichtig sei es dabei laut Schweiger, Wesentliches in der Länge eines Musikstücks, also in etwa 2-3 Minuten zu vermitteln, um die/den UserIn nicht mit zu viel Information zu überfordern. Eine reine Aufzeichnung von Vorlesungen wird von Schweiger aus diesem Grund nicht für sinnvoll erachtet.

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44 Workshop KFU Graz « Wie können Podcasts die Lehre bereichern? »

Für PharmXplorer werden aber nicht nur vertonte Videoaufzeichnungen von Laborsituationen als Podcast aufbereitet. Auch Tondokumente und mit Bildmaterial un-terlegte Tondokumente wurden im Zuge der Präsentation von Schweiger vorgestellt, was den möglichen Facettenreichtum eines Podcasts aufzeigte. Für die Erstellung der Podcasts ist bei den PharmazeutInnen hauptsächlich die Apple-Software « Garage Band » im Einsatz, wobei darauf hingewiesen wurde, dass auch genügend Windows-basierte Software und Freeware-Tools wie « Audacity » zur Produktion von Podcasts zur Verfügung stehen. Zugegebenermaßen sei der Aufwand bei der Erstellung eines Podcasts am Anfang sehr groß, jedoch werde der Großteil der Beiträge von Studierenden im Rahmen einer Lehrveranstaltung erarbeitet.(http://www.arzneipod.at)

1.2. Gilbert Ahamer: Wie können Podcasts die Teamarbeit bereichern?

Teambildende Einsatzszenarien von Podcasts für Lehre und EU-Erweiterung

Gilbert Ahamer, Lehrbeauftragter am Institut für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung der Universität Graz, präsentierte ein Projekt, bei dem in einer Radiosendung Themenbereiche einer speziellen Lehrveranstaltung eines inter-disziplinären Studiums behandelt und unter Moderation diskutiert und aufgezeichnet wurden. 21 Studierende aus sieben Fachdisziplinen haben im Zuge des Projekts drei Sendungen gestaltet. Diese wurden im Anschluss auf einer Lernplattform zum Download bereitgestellt.Dabei wurde von Ahamer betont, dass sich das Projekt noch in einer experimentellen Anfangsphase befindet und es sich auch hier nicht um Podcasts per Definition handelt, da für die Bereitstellung der Beiträge nicht die Feed-Technologie zum Einsatz kommt. Podcasts können nach Auffassung Ahamers sowohl für Input als auch für Output von Tätigkeiten verwendet werden. Der Output des Lernens kann in einem gesprochenen Podcast dargestellt werden; Input kann geschaffen werden, indem das Team Building in verteilten Projektsettings internationaler und interdisziplinärer Natur dadurch verstärkt wird.Als Vorteile von Podcasts bzw. downloadbaren Audiofiles sieht Ahamer die Förderung des Verständnisses von Lernstoff, die Förderung der Erarbeitung und Darstellung von Ergebnissen im Team sowie die Unterstützung des virtuellen Team Buildings.Als mögliche extremistische Variante des Nutzens von Podcasts führte Ahamer an, dass Podcasts nur insofern sinnvoll seien, als sie dazu da sind, die sozialen Strukturen unter den Studierenden/Lernenden zu stärken.

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45Didaktische Einsatzszenarien von Podcasts in der Lehre

Team-bildende Einsatzszenarien – Input für Lehre

Arbeitshaltung

Fachliche Nachvollziehbarkeit •

Diskursive Ergebnisfindung (Verbindlichkeit) •

Interdisziplinärer Anspruch •

Soziales Setting? Doppelter Mehrwert von Podcasts

Inhalte (Output) werden prägnant und lebendig •

Input für Projektarbeit: auch Personen werden greifbar und lebendig, verschiedene •Studierende aus verschiedenen Bereichen haben z.B. unterschiedliche Sichweisen in USW

Webgestützter Fachdiskurs

Schriftliche Arbeiten entstehen schrittweise •

Teammitglieder reviewen sich gegenseitig (über WEBCT) •

Output: Seminararbeiten

Bisher: frontale Präsentation (PPT etc…) von Thesen •

Neu: Darstellung als Dialog – Rollenveränderung, ZuhörerInnen werden •AkteurInnen, neuer Input: Radiosendung

These, Anti- und Synthese, Fachinhalte zum Dialog werden lassen, Element der •Verbindlichkeit, gesprächsweise Würdigung anderer Standpunkte

1.3. Margit Auer: Einsatz von Videos in der Verhaltensforschung

Margit Auer stellte das Diplomarbeits-Projekt « Auswirkung von Menschenhand herbeigeführtem Druck auf das Verhalten von Pferden » vor, in dem mit Hilfe von Videoaufzeichnungen Verhaltensformen von Pferden in verschiedenen Situationen ana-lysiert wurden. Das komplexe Verhalten von Tieren macht eine verbale Beschreibung von Verhaltensformen häufig zu kompliziert. Videoaufzeichnungen vereinfachen die Forschung, da in der Verhaltensforschung vor allem wiederholtes Beobachten not-wendig ist. Auch für das Testen von Beobachtungsmethoden eignen sich laut Auer Videoaufzeichnungen sehr gut.

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46

Vor- und Nachteile von Videos in Verhaltensforschung

Vorteile

Verhaltensweisen sind oft im Vorhinein nicht bekannt, deshalb werden sie •aufgezeichnet.

Eine Verringerung der Wiedergabegeschwindigkeit zur genaueren Beobachtung ist •möglich, ebenso ein

Stoppen während der Beobachtung. •

Nachteile

Durch die Beschränkung auf einen Bildausschnitt entsteht ein Informationsverlust •– das Rundherum wird am Video nicht wahrgenommen.

Die Produktion solcher Videos ist sehr zeitaufwändig. •

Bei der Aufzeichnung und Rezeption der Videos besteht die Gefahr, sich im Detail •zu verlieren.

Podcasting könnte hier jedenfalls als Einsatz von – längeren – Videos zum Zug kommen. Eine Realisierung in Form von kürzeren Videos und das Bereitstellen auf einer Lernplattform ist derzeit noch nicht umgesetzt bzw. in Sicht. Da die Aufzeichnungen nur für interne Forschungszwecke verwendet werden und keinem größeren öffentlichen BenutzerInnenkreis mittels Feed zur Verfügung gestellt werden, handelt es sich beim vorgestellten Projekt wieder um keinen Podcast per Definition. Für Auer ist aber ein Austausch zwischen Forschenden auf der ganzen Welt durch ExpertInnenforen, über die Feeds bezogen werden können, durchaus vorstellbar und wünschenswert.

2. Zusammenfassung der Diskussion

Als Ergebnis der im Anschluss an die Präsentationen geführten Diskussionen kann einer-seits einiges an Potential im Einsatz von Podcasts in der universitären Lehre festgehalten werden, andererseits stellen sich aber auch Herausforderungen ein, die es für den Einsatz im Regelbetrieb zu bewältigen gilt.

Als klare Vorteile für Studierende wurden die hohe Aktualität und natürlich die Mobilität von Podcasts gewertet. In Labors z.B. führt das Freihaben der Hände zu einer erhöhten Bewegungsfreiheit und damit einer gewissen Arbeitserleichterung. Durch die

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47Didaktische Einsatzszenarien von Podcasts in der Lehre

relativ kompakte, gebündelte Präsentation von Fachwissen eignen sich Beiträge auch als Checkliste und könnten sich somit als neue Form von Selbsttest etablieren, die etwa im Fremdsprachenbereich gut einsetzbar wären (vorsprechen – nachsprechen). Auch die aktive Einbindung von Studierenden im Erstellungsprozess wurde als Potential von Podcasts ge-sehen. Der Vorteil des breiten Zugangs könnte nur durch eine akzeptable Downloadgröße der Beiträge voll ausgeschöpft werden.

Auf verbreitete Kritik und Vorbehalte bezüglich der Sinnhaftigkeit stieß die Aufzeichnung von ganzen Vorlesungen. Schweiger wies abermals darauf hin, dass eine Vorlesung didaktisch gut vorbereitet sein müsse, um sinnvollen Einsatz als Podcast finden zu können. Die Anregung aus dem Auditorium, technisch lange Sequenzen mit Kapitelmarken und Suchfunktion zu versehen, könnte dies jedoch relativieren. Ebenso die Option, parallel zur Betrachtung der aufgezeichneten Vorlesung ergänzend in einem Buch nachzuschlagen; jedoch müsste in diesem Fall wohl auf eine mobile Rezeption von Podcasts verzichtet werden. Generell wurde jedoch die Einbettung von Podcasts in den universitären Regelbetrieb als große Herausforderung gesehen, was nicht zuletzt auch von der Wahl der Inhalte, der sinnvollen Einbettung in didaktische Szenarien und Akzeptanz dieses Mediums von Seiten der Lehrenden abhängt.

Im Anschluss an den Vortrag Auers wurde ein Hinweis eingeworfen, der bei der Produktion von Podcasts durchaus eine Rolle spielen kann: Nämlich inwiefern ein mit Ton unterlegtes Video für Gehörlose von Nutzen sein bzw. wie Podcasts generell für seh- oder hörbehinderte Menschen aufbereitet sein müssen, damit sie auch von diesen Menschen genutzt werden können. Auer wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Verhaltensforschung für Blinde oder Gehörlose allgemein schwer durchzuführen sei. Als mögliche Lösungsansätze für die Herausforderung des barrierefreien Lernens wurden in einer regen Diskussion eine Kompensation durch Interaktion über Foren oder auch das Einblenden von Untertiteln genannt. Auch das an der Universität Wien praktizierte zur Verfügung stellen von Transkripten für hörbehinderte Studierende wurde in diesem Zusammenhang zur Sprache gebracht. Einig wurde man sich jedenfalls, dass es wohl kein Patentrezept für die Lösung dieser Problematik gibt und es natürlich stark davon abhängt, welchen Inhalt man für Podcasts aufbereiten möchte. Komplexe Themen wie jenes der Verhaltensforschung seien sicherlich über Bild sehr gut vermittelbar.

Abschließend kann also gesagt werden, dass es neben dem unbestrittenen Potential von Podcasts für den Einsatz in der universitären Lehre sicherlich einer längeren Phase der Erprobung bedarf, um den technischen wie auch didaktischen Herausforderungen gerecht zu werden und einen Einsatz im Regelbetrieb zu ermöglichen.

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Workshop TU Graz « Wie kommt der Professor auf mein Handy? »

Ebner, Nagler, Saranti, Ziewer, Technische Universität Graz

1. Theorie: Podcasting an der TU Graz

1.1. Allgemeine didaktische Überlegungen

Per Definition versteht man unter einem Podcast eine Mediendatei (Audio, Video), die via Internet durch Bezug eines RSS-Feeds versandt wird.

Aufnahme gesamter Lehrveranstaltungen •Live-Mitschnitt –Aufnahme im Büro / Studio –Bei Raumproblemen / Bei LV mit großer HörerInnenzahl (blended learning –Szenarien)

Für Kurse im Bereich « LifeLongLearning » •

Bereitstellung kurzer Sequenzen • für tutorielle Aspekte – für Instruktionen – für Definitionen – für Zusammenfassungen – zur Vorbereitung für Übungen, Exkursionen, … –

Aufnahmen für ausschließlich archivarische Zwecke •

Podcasts als Teil des Übungsauftrages •

1.2. « So machen wir es »

An der TU Graz werden derzeit (seit Herbst 2006) verschiedene Anwendungsszenarien bzgl. Podcast durchgeführt und getestet:

Podcasts im Bereich LifeLongLearning: Beim Masterlehrgang « Traffic •Accident Research » erfolgt die Aufzeichnung von « Mechanik 1 » und « Verkehrspsychologie »

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49Theorie: Podcasting an der TU Graz

Aufzeichnen von Massenvorlesungen: « Einführung in die strukturierte •Programmierung »

Aufzeichnen von internetbasierten Lehrmaterialien: « Elektrische Energiesysteme •1 »

Aufzeichnung von Powerpoint-Vorträgen: « Informatik 1 » •

Die Vorgehensweise ist dabei stets die gleiche:

Vorbereitende Schritte • Hardware / Software – Voreinstellungen in der verwendeten Software (Camtasia) – « Hörsaalcheck » –

Aufnahme im Hörsaal •

Nachbearbeitung in Abhängigkeit der Aufnahmequalität •

Output von verschiedenen Formaten •

Veröffentlichen • TUGTC (TU Graz TeachCenter) – andere Plattformen –

Bezüglich Hardware und Software verwendet die TU Graz folgendes Equipment:

Equipment: Funkmikrofone (Sennheiser ew100G2) •

Screen Capturing: Camtasia4.0 (Windows-Lizenz) • Ton über Funkmikrofon – Bild über Laptop-Screen –

Nachbearbeitung Audio (Freeware): Audacity, SoX, gwc •

Nachbearbeitung Video (Freeware): Avidemux, mencoder •

Automatisierung der Nachbearbeitung: über Script (Command line), in Arbeit •

Bei der Aufnahme im Hörsaal sind folgende Schritte zu tätigen bzw. Punkte zu beachten:

Voreinstellungen Funkmikrofone – wichtig: • ggf. Frequenzband mit Hörsaal Umgebung abgleichen –

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50 Workshop TU Graz « Wie kommt der Professor auf mein Handy? »

Funkmikrofon Empfänger anschließen an Laptop bzw. Hörsaalanlage •

Funkmikrofon Sender an der/am Lehrenden – wichtig: • Position am Gewand der/des Lehrenden (Entfernung, Bequemlichkeit) – keine Übersteuerung – Popschutz –

Camtasia – Audiocheck •

Record (Short Cut Bedienung während Aufnahme möglich) •

Abspeichern •

Für die Nachbearbeitung gilt: je besser der Ton, desto geringer der Aufwand für die Nachbearbeitung. Bei einer optimalen Aufnahme wird das durch die Aufnahme erhaltene sog. *.camrec-file bei Bedarf noch nachgeschnitten; ansonsten werden folgende Formate als Standard Ausgabemedien produziert:

Flash (mit Menüfunktionen) •

AVI (Xvid) •

M4V (iPod) •

MP3 •

Bei einer Aufnahme mit beeinträchtigter Tonqualität fallen folgende Schritte für die Nachbearbeitung an:

Trennen der Audio und Videospur •

Nachbearbeitung Audio im Detail (HighPass, Noise Reduction, Click and Pop •Reduction, Remove DC-Offset, Normalise, Compressor, Fade In / fade Out)

Generieren eines AVI (Xvid) aus der Videospur und der nachbearbeiteten •Audiospur

Generieren eines MP3 aus der Audiospur •

Produzieren der weiteren Formate •

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51Theorie: Podcasting an der TU Graz

1.3. Workflow

Für eine einstündige Aufnahme kann folgender Arbeitsaufwand geschätzt werden:

Vorbereitende Schritte • Voreinstellungen in der verwendeten Software (Camtasia) 5 min – « Hörsaalcheck » 15 min –

Aufnahme im Hörsaal 60 min •

Nachbearbeitung in Abhängigkeit der Aufnahmequalität • Videoschnitt 0-60 min – Audio-Nachbearbeitung 0-90 min –

Output von verschiedenen Formaten 10-90 min •

Veröffentlichen • TUGTC (TU Graz TeachCenter) 10 min –

Minimum: 40 (100) min bis Maximum: 240 (300) min

1.4. Ausblick

Des Weiteren testet und entwickelt die TU Graz das ursprünglich an der Universität Trier am Lehrstuhl für Programmiersprachen und Übersetzer von Dr. Peter Ziewer entwickelte TeleTeachingTool für Podcasting Zwecke. Dr. Ziewer arbeitet zurzeit an der Technischen Universität München am Institut für Informatik. Größter Vorteil des TeleTeachingTools gegenüber anderen vergleichbaren Softwarelösungen ist neben technischen Unterschieden hinsichtlich des Aufzeichnungsverfahrens die integrierte Suchfunktion! Das TeleTeachingTool ist an der TU Graz bereits im Einsatz.

2. Praxisprotokoll

Titel: Wie kommt der Professor auf mein Handy?Untertitel: Podcasts: Von der Aufnahme bis zum Endgerät

Der Workshop wurde von 25 Personen besucht. Angemeldet waren lediglich zehn Personen. Daraus ergaben sich unerwartete Platzprobleme.In diesem Workshop wird der Workflow für die Erstellung eines Podcasts an Hand eines praktischen Beispiels demonstriert und durchgeführt.

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52 Workshop TU Graz « Wie kommt der Professor auf mein Handy? »

Zweck des Workshops ist es

die Erstellung und •

die Probleme bei der Erstellung eines •

Live-Mitschnitts (Vorlesung, Referat,…) den WorkshopteilnehmerInnen •

durch Beispiel und Praxis näher zu bringen. •

Verwendet wird dafür die Vorgehensweise, wie sie an der TU Graz zurzeit durchgeführt wird.

Teil 1: 45 min: Vortrag – mit Aufzeichnung in ttt od. Camtasia •

Teil 2: 60 min: Diskussion und Hands on •

Teil 3: 15 min: Rückmeldung mit Aufzeichnung •

2.1. Teil 1

Allgemeines • TU Graz Podcasting –

Aufzeichnungskriterien und Camtasia • Workflow – Hörbeispiele gelungen, nicht gelungen –

Tonnachbearbeitung mit Beispielen • Clipping – Pop – Noise –

TeleTeachingTool • Das Tool – Suche mit OCR –

Bereits während der Vorträge des Teil 1 kam es zu einer regen Beteiligung des Publikums, die sich nach einer kurzen Pause im Teil 2 des Workshops fortsetzte.

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53Theorie: Podcasting an der TU Graz

Inhalte der Vorträge

Einleitung – Martin Ebner

Kurze Vorstellung der AG Vernetztes Lernen der TU Graz mit Personen und AufgabenstellungenDarstellung der Anwendungsszenarien von Podcasts in der Lehre an der TU GrazAbspielen eines Podcast-Beispiels (Prof. Greimel)

Vortrag: Podcasting an der TU Graz – Walther Nagler

Der Vortrag wird mit Camtasia 3 aufgenommen. Darstellung der einzelnen Schritte für die Produktion eines Podcasts von den vorberei-tenden Schritten bis hin zur Veröffentlichung in der Lehr- und Lernplattform TU Graz TeachCenter unter besonderer Berücksichtigung der Gegebenheiten im « Aufnahme-Hörsaal »Auflistung der verwendeten Hard- und SoftwareDarstellung eines perfekten Workflows und eines Workflows mit Audio Nachbearbeitung im Überblick und im DetailVeranschaulichung des gesamten ArbeitsaufwandesGrundsätzliche didaktische Überlegungen und Einsatzgebiete für Podcasts an der TU Graz Beispiele und Screenshots gelungener bzw. misslungener Aufnahmen (Fickert, Ebner)

Demonstration einer Aufnahme mit Camtasia 4 – Walther Nagler

Darstellen der Grundfunktionalitäten von Camtasia 4Aufnahmeeinstellungen, Audiocheck, Aufnahme, Abspeichern, schnelle Nachbear-beitung, Indizierung mit Markern, Ausgabeformat

Demonstration Audionachbearbeitung – Anna Saranti

Vorstellung der Arbeitsweisen für Noise Reduction, Click and Pop Reduction und Remove DC Offset mit Hörbeispielen eines zu bearbeitenden Beispiels vor und nach der BearbeitungDemonstration der dazu notwendigen Software

Präsentation des TeleTeachingTools – Peter Ziewer

Darstellung von unterschiedlichen Aufnahmestrategien bzgl. Technik (komplettes Screening, incrementelle Aufnahme) Herausarbeiten der Vorteile der Aufnahmetechnik des TTT (automatische Indizierung) Präsentation des TTT mit Aufnahmeablauf und Player, Flash-Version

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54 Workshop TU Graz « Wie kommt der Professor auf mein Handy? »

2.2. Teil 2

Im zweiten Teil des Workshops wird eine Diskussionsrunde mit konkreten Fragestellungen des Workshopleiters angeboten. Gleichzeitig kann auch bei der weiteren Verarbeitung der aktuellen Aufnahme, bis hin zu den verschiedenen Ausgabeformaten mitgearbeitet werden. Der Vortrag kann somit gegen Ende des Workshops auf die mobilen Endgeräte der Teilnehmer gespielt werden.

Diskussionsfragestellungen • Allgemeine Fragen zu den Inhalten des Vortrags – Welche eigenen Erfahrungen bestehen bereits? – Welche Einsatzszenarien / Vorgehensweisen wären von Relevanz? – Besprechen von Evaluierungsergebnissen –

Weitere Verarbeitung der Aufzeichnung • mit Camtasia – mit Tonnachbearbeitung – mit TTT – OCR-Texterkennung –

Alle vier angebotenen Hands on wurden mit unterschiedlicher Beteiligung angenommen. Die Diskussionsfragestellungen wurden auch dazu genutzt, videofähige Handys und wei-tere mobile Endgeräte näher vorzustellen. Ein Interessensaustausch über Funktionalitäten und weitere Entwicklungsschritte des TTT wurden bis in die Tagungsmittagspause fort-geführt. Auch das Arbeiten mit Camtasia 4 wurde von Workshop-TeilnehmerInnen aktiv versucht. Als Ergebnis davon gibt es eine fünf-minütige Aufnahme, welche als Grundlage für die am Nachmitag stattfindende Podiumsdiskussion verwendet werden hätte sollen.

2.3. Teil 3

Als Abschluss werden noch Rückmeldungen zum Workshop von den TeilnehmerInnen eingeholt und diese für die spätere PODiumsdiskussion aufgezeichnet.

Teil 3 wurde in dieser Form nicht durchgeführt, da er schon zum Teil während der Vorträge, zum Teil während der Hands on, statt gefunden hat.

Zusammenfassend kann behauptet werden, dass der Workshop inhaltlich ein Erfolg war, bestätigt durch die große Anzahl der TeilnehmerInnen und deren reges Mittun. Organisatorisch wäre ein größerer Raum vorteilhafter gewesen. Der Ablauf selbst war gut getimt und konnte im Wesentlichen wie geplant durchgeführt werden.

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Workshop MU Graz « Wie passt der Podcast in die Lehre? »

1. Podcast – curriculare Integration

Josef Smolle, Medizinische Universität Graz

1.1. Vergleich zwischen Podcast und anderen E-Learning-Formaten

Podcast ist eine relativ neue Entwicklung der medialen Kommunikation. Seit Einführung des Begriffs gibt es jedoch schon intensive Versuche, Podcasts in der Bildung einzusetzen, d.h. Podcasts zu einem E-Learning-Format zu machen.Podcasts unterscheiden sich in einigen wesentlichen Punkten von anderen zeitge-mäßen E-Learning- Formaten, in einigen Punkten bestehen jedoch Gemeinsamkeiten. Gemeinsam sind die – zumindest theoretische – Möglichkeit der Multimedialität und der Ortsunabhängigkeit.Gravierende Unterschiede bestehen jedoch in anderen Aspekten: Ein zentrales Merkmal der meisten zeitgemäßen didaktischen E-Learning-Anwendungen ist Interaktivität, d.h. die Möglichkeit der Studierenden, Aufgaben zu bearbeiten, über das Lernsystem Eingaben zu machen und von dem Lernsystem wieder adäquates Feedback zurück zu bekommen. Eine derartige Interaktivität ist bei Podcasts nicht gegeben. Allenfalls sind längere Podcasts strukturiert und mit inhaltlich verständlich bezeichneten Sprungmarken versehen – letzt-lich lediglich eine Hilfe, um im Podcast « blättern » zu können.Ein Wesensmerkmal des E-Learnings ist üblicherweise die Zeitunabhängigkeit, d.h. dass die Studierenden die E-Learning-Angebote genau zu dem Zeitpunkt downloaden und nutzen, zu dem sie sie auch benötigen. Die RSS-Funktionen (Really Simple Syndication; Rich Site Summary) konterkarieren diese Freiheit ein wenig, indem man über ein Abonnement die Podcast-Episoden zu den gewählten Themen automatisch und damit « ungefragt » auf den PC bekommt. Somit werden einem die Inhalte anstelle der anson-sten hoch geschätzten freien Auswahl nun im Sinne einer gewissen Zwangsbeglückung aufgenötigt.Ein weiterer entscheidender Unterschied liegt in der Lernsequenz. Moderne didaktische Formate gehen von einem selbstverantworteten und selbstgesteuerten Wissenserwerb aus. Beides wird durch Podcasts eigentlich nicht unterstützt. Anstelle einer Hypertext- oder Hypermedia-Navigation ist der Podcast ein serielles Angebot, das man meist vom Anfang bis zum Ende in vorgegebener Sequenz anhören oder ansehen kann. Somit hat der Podcast per se etliche entscheidende Elemente von der traditionellen Frontalvorlesung übernommen: Mangelnde Interaktion, mangelnde Wahlmöglichkeit und vorgegebener zeitlicher Ablauf. Kollaboratives Arbeiten im Netz – eine wesentliche

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didaktische Bereicherung des E-Learning im Web 2.0 – wird nicht unterstützt, es sei denn, man sieht die technische Niedrigschwelligkeit der Podcastproduktion als Möglichkeit, dass die Studierenden – und nicht nur die Lehrenden – Beiträge veröffentlichen und austauschen.

1.2. Podcast und Lerntypen

Jedes didaktische Format kommt bestimmten Lerntypen mehr oder weniger entgegen. Soferne einzelne Personen sehr polaren Ausprägungen eines bestimmten Lerntyps angehören, werden Podcasts auch unterschiedlich effizient sein. Geht man von der Lerntypentheorie nach Vester (JAHR) aus, so kommen Podcasts sicherlich dem auditiven Lerntyp entgegen. Dies ist ein großer Vorteil, weil viele – auch multimediale und inter-aktive – Lernobjekte überwiegend text- und bildbasiert, aber nicht mit Ton angereichert sind. Bislang ist das gesprochene Wort noch großteils die Domäne des Präsenzunterrichts geblieben. Dies kann sich durch Podcasts zugunsten der auditiven Lerntypen ändern.Betrachtet man die Lernstrategietheorie nach Pask (JAHR), so bedienen die meisten aktuellen E-Learning-Formate den holistischen oder den versatilen Typ, d.h. Lernende, die sich die Sequenz ihrer Lernerlebnisse gerne selbst aussuchen. Podcasts dagegen, bei denen jede Episode einen Ablauf « vom Anfang bis zum Ende » hat, dürften eher dem serialistischen Typ entgegen kommen.

1.3. Finanzielle und organisatorische Rahmenbedingungen

Möchte man Podcasts in der universitären Lehre verwenden, so sind technische, organisa-torische, finanzielle und rechtliche Rahmenbedingungen zu klären.In technischer Hinsicht ist eine Ausstattung mit qualitativ hochwertigen Tonaufnahme-geräten, fallweise auch Videoaufnahmegeräten und auf jeden Fall eine Ausrüstung zur Nachbearbeitung erforderlich. Organisatorisch muss ein Rahmen gefunden werden, in dem Lehrende und Lehrveranstaltungen aufgezeichnet werden – entweder im Zuge einer tatsächlich gehaltenen Präsenzlehre, oder getrennt davon unter Studiobedingungen, etwa bei der Aufnahme kurzer Zusammenfassungen.Rechtlich gilt es, die Urheberrechte, die Verbreitungsmöglichkeit und die Nutzung zu klären. Hier ist es sinnvoll, vorerst Verträge mit den einzelnen Lehrpersonen abzuschließen, in Zukunft aber entsprechende Regelungen gleich in die Dienstverträge aufzunehmen. Eine besondere Frage ist die des Geschäftsmodells. Im universitären Umfeld kann ohne weiteres eine Zeit lang auch mit einem Freiwilligenmodell gearbeitet und damit an die OER-Bewegung (Open Educational Resources) angeknüpft werden. Andererseits werden manche Bildungsinstitutionen auch einen gewissen Return on Investment erwarten, was wiederum nur mit einem Interessensausgleich mit den einschlägigen Lehrpersonen mög-lich sein wird.

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1.4 Curriculare Anwendungen

Trotz der Einschränkungen, die Podcasts gegenüber vielen anderen didaktischen E-Learning-Ansätzen haben, sind curriculare Anwendungen denkbar und sinnvoll. Die traditionelle Vorlesung ist nicht ohne didaktische Meriten, und die Möglichkeit, eine solche Vorlesung zu einem individuell gewählten Zeitpunkt abzuhören oder bei der Prüfungsvorbereitung zu wiederholen, ist durchaus sinnvoll. Die Tatsache, dass das gehörte Wort mehr als das gelesene in der Lage ist, die Emotion anzusprechen, mag ein weiterer Aspekt sein, der eine solche Nachnutzung von Vorlesungen sinnvoll macht. Weiters ist daran zu denken, dass das Aufnötigen, das in gewissem Sinne mit der RSS-Funktion und der Abonnement-Möglichkeit verknüpft ist, ebenfalls einen didaktischen Mehrwert bringen kann. Das diesbezügliche Schlagwort ist « Spaced education » Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Konfrontation von Studierenden mit spezi-fischen Lerninhalten in größeren, über ein Semester verteilten Abständen den Lernerfolg deutlich fördert. Somit könnte das Podcasting zentraler Lerninhalte eines Semesters als zusätzlicher Lernweg Wissen festigen und fokussieren. Nachdem das Anhören oder Ansehen ganzer Vorlesungen von 45 oder 90 min sehr zeitintensiv ist, wäre es als Alternative denkbar, die Lehrenden mit mündlichen Kurzzusammenfassungen als Podcasts aufzunehmen und diese dann über RSS zu distributieren. Alle diese genannten Überlegungen betreffen das formelle Lernen, mit dem gezielt bestimmte Lerninhalte, die in gewissen Studienphasen und Prüfungsvorbereitungen relevant sind, vermittelt und reflektiert werden sollen. Möglicherweise könnte aber die größere Bedeutung des Podcasts im informellen, inzidentellen Lernen liegen. Dies ver-ändert natürlich die Vergleichsperspektive. Dann geht es nicht mehr darum, die didak-tische Wirksamkeit von Podcasts mit traditionellen Präsenzformaten oder modernen E-Learning-Formaten zu vergleichen. Dann kann nämlich die Bildungswirksamkeit von Podcasts als additives Element zum formellen Unterricht gesehen werden. Wenn jemand im öffentlichen Verkehrsmittel auf die Universität fährt und sich über den iPod statt Musikberieselung einen universitären Podcast anhört, dann bringt das sicherlich einen zusätzlichen Lerneffekt, gerade wenn es nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zum for-mellen Lernen geschieht.

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58 Workshop MU Graz: « Wie passt der Podcasr in die Lehre? »

2. PodLearning

Günther Friesinger, Universität Wien1

2.1. Einleitung

Die Vorlesung ist in der über Jahrhunderte entwickelten Hochschuldidaktik das Herz-stück der Wissensvermittlung. Sie ist Transportmittel für Fakten, spezifische Ansichten und Theorien, Ankerpunkt für die persönliche Beziehung Lehrender/Lernender sowie zeitlich/örtlicher Referenzpunkt. Will E-Learning als vollwertiges Werkzeug im Bündel von Methoden und Prozessen der Wissensvermittlung an Hochschulen Relevanz erlan-gen, so braucht es ebenso emotional/persönliche Zentren, die aus bloßen « Kursen im Internet »eine « hochschuladäquate Lehre » machen. Apple bietet seit 2005, vorerst aber nur in den USA über iTunes den Stoff von Universitäts-vorlesungen zum Download an. Es handelt sich dabei um eine spezielle Universitäts-Version, welche die Inhalte nur einer begrenzten UserInnen-Gruppe zur Verfügung stellt. Damit lassen sich unter anderem komplette Vorlesungen als Audio- oder Videomitschnitte per Podcast auf den iPod speichern. An diesem Pilot-Projekt hat sich zum Beispiel die Berkeley Universität (CA) beteiligt.

Abbildung 1: iTunes U Berkeley Universität 2

1 Günther Friesinger ist Bildungstechnologe am Zentrum für Lehrentwicklung der Universität Wien und Research Manager bei Team Teichenberg. Seine momentanen Forschungsschwerpunkte sind: Contentproduktion, Metadaten und Geistiges Eigentum.

2 http://itunes.berkeley.edu/ (30.11.2006)

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An der Universität Wien werden seit 1999 am Institut für Philosophie Vorlesungen als Audiofile zur Verfügung gestellt und auch über RSS als Podcast verbreitet.

Abbildung 2: Philo Podcasts 3

2.2. Podcasting

Podcasting bezeichnet das Produzieren und Anbieten von Mediendateien (Audio oder Video) über das Internet und setzt sich aus den beiden Wörtern iPod und Broadcasting (engl. für « Rundfunk ») zusammen. Ein einzelner Podcast kann als Serie von Medienbeiträgen (Episoden) verstanden werden, die über einen Feed (meistens RSS) be-zogen werden können. Die/der AbbonentIn kann nun beliebige Podcast-Kanäle in ihre/seine Empfangssoftware (Podcatcher) eingeben, wobei neu erschienene Episoden automa-tisch auf den Rechner bzw. einen mobilen Audioplayer übertragen werden können.

Podcasting stellt keine neue Technologie dar, sondern bedient sich bereits existierender Technologien. Als sogenannte Web 2.0 Anwendung erlaubt Podcasting UserInnen eine größere Freiheit in der Nutzung neuer Dienste und erleichtert die Bereitstellung und den Empfang von Audio- und Videoinhalten erheblich.

3 http://phaidon.philo.at/podcasts/ (02.01.2007)

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60 Workshop MU Graz: « Wie passt der Podcasr in die Lehre? »

Als Erfinder des Podcastings gelten Tristan Louis, der das Konzept im Jahr 2000 erstmals vorschlug, und Dave Winer, der es leicht modifiziert als Erster umsetzte.

Abbildung 3: iPodder 2.0: Aktuelle Version des ersten Podcasting-Clients4

Der Begriff « Podcast » wurde erst 2004 erfunden und 2005 verhalf Apple, deren trag-barer MP3-Spieler iPod Namensgeber war, durch die Integration in die bereits weit ver-breitete Software iTunes dem Podcasting zum Durchbruch.

Abbildung 4: Apple iTunes5

4 http://www.ipodder.de/ (31.10.2006)5 http://speakingoffaith.publicradio.org/images/podcast/7.jpg (31.10.2006)

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2.3. Podcasts in der Lehre

Folgende Vorteile von PodLearning im Bereich der niederschwelligen Wissensvermittlung sind nach Eva Kaplan-Leiserson6 entscheidend:

bieten einen erweiterten Zugang zum Lernstoff (auditiv, visuell) •

können mit Zusatzmaterialien für motivierte Lernende angereichtert werden •

können selbstgesteuertes Lernen anregen •

eignen sich für Lernende außerhalb einer Universität und die Bologna-Mobilität •

lässt Studierende aktiv werden, wenn sie ihren eigenen Podcast produzieren und so •ihre Medienkompetenz steigern

Die University of Missouri gibt in einem White Paper dazu folgenden Überblick zum Einsatz von Podcasts in der Lehre

Abbildung 5: Einsatz in der Lehre7

6 http://www.learningcircuits.org/2005/jun2005/0506_trends7 http://edmarketing.apple.com/adcinstitute/wp-content/Missouri_Podcasting _White_

Paper.pdf (05.11.2006)

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2.4. Podcasting an der Universität Wien

An der Universität Wien werden seit mehreren Jahren am Institut für Philosophie Vorlesungen als Audiofile zur Verfügung gestellt und über RSS auch als Podcast verbrei-tet. Im Wintersemester 2006/07 wurde die Ringvorlesung zum Thema « Vorlesung » anlässlich der Neueröffnung des Auditorium Maximum in einem Pilotprojekt erstmals in einem größeren Rahmen als PodVorlesung angeboten. Konzipiert im Hinblick auf die Neueröffnung des größten Hörsaals der Universität Wien, ging die Ringvorlesung zum Thema « Vorlesung » der Frage nach, inwiefern Vorlesungen heute eine zeitgemäße Form intellektueller Auseinandersetzung darstellen können: für die Hörenden wie für die Lehrenden. Langfristiges Ziel war es, aus geistes- und kulturwissenschaftlicher Sicht eine Diskussion darüber anzustoßen, was Vorlesung in den verschiedenen Fakultäten dieser Universität sein könne, wodurch sich Vorlesungen interfakultär unterscheiden und wie sie in der Konkurrenz der verschiedenen Medien jeweils zu rechtfertigen sind.

Abbildung 6: PodLearning Uni Wien8

Um aus einer Vorlesung verwertbare Podcasts zu machen bedarf es einer klaren Vorstellung über die Abläufe die zu einem optimal aufbereiteten und wiederverwertbaren E-Learning Objekt führen. Deshalb wird in der Produktion der Podcasts auf bewährte Systeme wie StreamontheFly und reLecture, die seit geraumer Zeit am Institut für Philosophie Anwendung in der Lehre finden zurückgegriffen, um einerseits die Produktionsabläufe so einfach wie möglich zu gestalten und andererseits dem Wesen der Vorlesung Rechnung zu tragen.

8 http://ringvorlesung.univie.ac.at/index.php?id=12776&showuid=1&no_cache=1 (02.01.2007)

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Abbildung 7: reLecture Portal9

2.5. Contentmangementsystem für eLectures und Podcasts

Um aus einer Vorlesung bzw. einem Vortrag eine eLecture oder einen Podcast zu machen wurde ein geeignetes Tool ebtwickelt, mit dem die damit befassten Personen möglichst niederschwellig arbeiten können. Das reLecture CMS ist ein Kernstück der Software und beinhaltet ein Toolset für die Erstellung des Transcripts und die Möglichkeit auf einfache Weise Audioschnitt, Audioprocessing, Processing in die Objektdatenbank (Indexierung) durchzuführen. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Redaktionstools für die Zusammenführung zur eLecture und die einfache Bearbeitung und Verwaltung von digitalen Lehrmaterialien.

Abbildung 8: « Von der Vorlesung zum integrierten Lernobjekt »10

9 http://www.relecture.at (19.12.2007)10 Von der Vorlesung zum integrierten Lernobjekt, Graphik Team Teichenberg

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2.6. Wahrnehmungspsychologische Aspekte auditiver Wissensvermittlung

In einer Reihe von Versuchen haben Rayner und Pollatsek (1987, 1989), Weidenmann (1997), Penney (1989), Engelkamp (1991) sowie Stiller (2001) Folgendes empirisch erhoben:

Gesprochene Texte ersparen einen störenden Blickwechsel zwischen Text und •Bild

Geschriebener Text belastet die visuelle Modalität zusätzlich. Visuell präsentierte •Texte binden die Aufmerksamkeit der BetrachterInnen und lassen somit weniger Zeit für eine intensive Verarbeitung der Bilder

Auditive Narrration erlaubt eine effizientere Steuerung der Blickbewegungen, da •gesprochene Sprache durch einen anderen Sinneskanal aufgenommen wird und daher zeitgleich mit der piktorialen Information wahrgenommen werden kann. Durch die zeitlich lineare Form der gesprochenen Sprache wird darüber hinaus eine verarbeitungswirksame Zeitvorgabe bereitgestellt.

Eine auditive Textdarstellung kann eher Monotonie und Langeweile vorbeugen, •die ansonsten zu einem Absinken der Aufmerksamkeit mit einhergehenden schlechteren Lernerfolgen führen würde.

So belegen diese Studien, dass bei einer bimodalen Präsentation (identischer, visueller und akustischer Text) der Lernerfolg signifikant besser ist als bei einer monomodalen Präsentation.

Abbildung 9: Sundar, Kalyanaraman, & Jones, 2000, July. Modality effects on memory for multi-media message

In einem Übersichtsartikel über Modalitätseffekte auf das Kurzzeitgedächtnis listet Penney (1989) eine Reihe von empirischen Studien auf. Diese zeigen, dass bei einer bimo-dalen Präsentation mehr Wörter erinnert werden als bei einer unimodalen Präsentation.

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Verbale Redundanz steigert darüber hinaus bei unterdurchschnittlichen Lesefähigkeiten das Verständnis beim Lesen, wie Montali & Lewandowski (1996) feststellten. In einem Vergleich von drei Hypertext-Umgebungen zeigten Pyter und Issing (1996), dass eine bimodale Präsentation (identischer visueller und akustischer Text) zu einem signifikant besseren Lernerfolg führte als eine rein visuelle Präsentation oder eine auditive Narrration mit stichwortartigen Texteinblendungen.

2.7. Podlearning und Vorlesung, Verzahnung zu einer gemeinsamen Didaktik

Frei nach den didaktischen Modellen von K.-H. Flechsig (1996) definieren wir die Vorlesung als eng an den Kontext der Hochschulen und Universitäten angelehnt. Lehrstoffe, Weltbilder und Wertvorstellungen werden durch die Lehrenden personifiziert. Das heißt, die/der Lehrende ist RepräsentantIn des Wissensbereiches. Neben der persona-len Wissensrepräsentation ist das Lernen durch das gesprochene Wort ein weiteres didak-tisches Prinzip. Die Informationsvermittlung geschieht durch das gesprochene Wort der/des Vortragenden und das Hörverstehen des Lernenden über einen längeren Zeitraum.

Abbildung 10: « Podlearning und Vorlesung, Verzahnung zu einer gemeinsamen Didaktik »11

Für PodLearning kommen in erster Linie Universitäten, Hochschulen und Einrichtungen der Weiterbildung in Frage. Die Wissensvermittlung bezieht sich hauptsächlich auf Fakten, Begriffs-, Prinzipien- und Bewertungswissen. Zur Zielgruppe der Vorlesung gehören StudentInnen, die in der Lage sind, einem Vortrag über einen längeren Zeitraum zu folgen

11 Podlearning und Vorlesung, Verzahnung zu einer gemeinsamen Didaktik, Graphik Team Teichenberg

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und gleichzeitig über das notwendige Wissen verfügen. Der Durchführungszeitpunkt ist flexibel gestaltbar; in allen Phasen von Lehrgängen ist die Vorlesung einsetzbar.

Podlearning erweitert (Pkt. 5) die Dimensionen der Vorlesung (Pkt. 1-4).

Die Vorführung bzw. Demonstration, d. h. mündliche Informationen werden mit •motorischen Aktivitäten kombiniert.

Der Lichtbildvortrag, d. h. der mündliche Vortrag wird durch den Einsatz von Bild- •material untermauert.

Die systematische Vorlesung. Die/der RednerIn hält sich an anerkannte Wissens- •ordnungen und Wissensauswahlen.

Die dialektische Vorlesung. Zu einem Thema werden verschiedene Standpunkte •dargeboten, die zur Reflexion und Kritik anregen sollen.

PodLearning, Eine zum Multimedia E-Learning Objekt verarbeitete Vorlesung •bietet abrufbar über eine Plattform:

Individualisierung (Gestaltung des eigenen Lernprozesses) – Interaktivität – Edutainment – Verfügbarkeit weiterer (unaufbereiteter) Quellen – Zeitunabhängigkeit – Ortsunabhängigkeit – Kommunikativität (eTutorInnen, in Communities) – Modularität –

2.7.1. Phaseneinteilung

Nach Forschungen von Team Teichenberg unterscheiden wir vier Phasen des Lernens.

konventionelle Hochschullehre PodLearning1 Vorbereitungsphase: Die/der

RednerIn bereitet ihre/seine Vorträge vor, ebenfalls beschäftigt sich die/der LernerIn schon mit den anstehenden Themengebieten, um den Vortrag opti-mal nutzen zu können.

Ein multimediales Wissensprodukt wird erstellt. Auf Basis des Vortrages der Rednerin/des Redners arbeitet eine Redaktion das Objekt aus.

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2 Interaktions-, Kommunikations-phase: Die/der RednerIn hält ihren/seinen Vortrag oder Vorlesung die/der LernerIn hört diesem zu, macht Notizen, beeinflusst den Vortrag durch Applaus, Zwischenfragen oder Zwischenrufe

Das Wissensobjekt wird als Podcast angeboten. Auf dieses Angebot rea-gieren Lernende durch Abonnements, Feedbacks, Empfehlungen, Verlinkungen

3 Erinnerungsphase: Die/der LernerIn ordnet den Vortrag längerfristig in seinen eigenen Wissenszusammenhang ein. Nützlich erweisen sich ihre/seine Aufzeichnungen und die Diskussion im Anschluss an den Vortrag

Der Podcast wird vom Lernenden abon-niert und dadurch zum eigenen mul-timedialen Handapparat. Gemeinsam mit den Präsenzphasen, persönlichen Kontakten entsteht ein Wissenskontext, der auch die digitale Aufbereitung beinhaltet.

4 Vertiefung: Der Lehrinhalt wird in einen weiteren Wissenszusammenhang eingeordnet und zu anderen Feldern verknüpft.

Das multimediale Lernobjekt wird in das multimediale Portfolio der/des Lernenden dauerhaft einbezogen, ev. verändert, ev. weitergegeben.

Abbildung 11: « Vier Phasen des Lernens »12

2.7.2. Besondere Merkmale von PodLearning

Attraktivität: Universitäre Lehre ist mehr als die möglichst effiziente Wissensvermittlung. Der universitäre Alltag ist auch ein Soziotop, ein Lebensabschnitt einer/eines Studierenden, ein Ort der Prägung und des Erlebens. Universitäre Lehre ist eingebettet in ein Netzwerk an interdependenten Attraktionen, deren PromotorInnen Studierende, Lehrende, Verwaltung, AbsolventInnen und deren Umfeld sind. Diese Attraktivitäten (oder andere, neue) entscheiden auch über den emotionalen Erfolg von E-Learning. Die Abbildung der Wissensvermittlung mittels elektronischer Hilfsmittel läuft Gefahr, die über Jahrhunderte entwickelten Formen der Attraktivierung des Wissens zu vernachlässigen. Denn eine fesselnde (und damit nachhaltige) Vorlesung ist ein multi-mediales Ereignis, dessen Dramaturgie, dessen AkteurInnen und dessen Einbettung in den größeren Kontext (Serie, Fortsetzungen, Cliffhanger) ein persönliches Erlebnis ist. PodLearning erfasst die Lehre an dieser emotional/dramaturgischen Dimension.

Personalisierung: Wir lernen nicht von anonymen Quellen. Wissen und Erfahrung hat zumeist einen benennbaren Ursprung, eine Person, eine/einen WissenschafterIn, eine

12 Vier Phasen des Lernens, Graphik Team Teichenberg

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Schule oder ein Theoriegebäude. Wir vertrauen Quellen erst dann, wenn reale Personen für diese Quellen stehen. Diese Personalisierung der wissenschaftlichen Lehre ist zugleich Verbindungsstelle zu universitärer Forschung. Herausragende Wissenschaft wird von he-rausragenden WissenschaftlerInnen gemacht. Moderne Universitäten trachten mit einer gezielten Förder- und Besetzungspolitik die Exzellenz ihrer Einrichtungen im internati-onalen Wettbewerb als USP zu fördern. Dem muss auch beim Design von E-Learning Rechnung getragen werden, wenn mit eLectoringangeboten jene Personen Präsenz in den künftigen multimedialen Angeboten bekommen, um derentwillen Studierende be-stimmte Anbote auswählen.

Archivierung: Universitäten sind Orte der Lehre, der Forschung und Archivierung von Wissen. Mit der Einführung von E-Learning in die universitäre Lehre wird von Seiten der universitären Stakeholder zurecht darauf hingewiesen, das neben der Abbildung der Lehre mit elektronischen Mitteln die Mittel, Methoden und Techniken der elektro-nischen Archivierung und Publizität erfolgsbestimmende, wesentliche « added values » darstellen. Waren es in der mittelalterlichen Universität die Originalhandschriften, auf denen die Repräsentanz vieler Lehrstühle begründet waren, so sind im multimedialen Informationszeitalter die im Rahmen von eLectoring zugänglich gemachten audiopho-nen Primärmaterialien an deren Stelle getreten. Die Wissensgesellschaft geht ihren Weg von der textlich/piktoralen hin zu einer multimedial/multikanalen Präsenz. Die konver-genten Medien haben ein Defizit an Erzählungen und O-Tönen: PodLearning kann hier die Brücken zur Mediengesellschaft schlagen.

Entlastung: Die Herausforderung der Wissensgesellschaft ist im universitären Sektor die Last der Massenuniversität. E-Learning allgemein wird als einer der Ansätze ver-standen, die es ermöglichen, bei gleichbleibender Ressourcenlage mit dem Andrang an Universitäten fertig zuwerden. Obwohl es (zumindest mittelfristig) illusorisch erschei-nen mag, dass die Einführung von elektronischen Lehrsystemen personelle Ressourcen frei machen wird (eher das Gegenteil könnte der Fall sein) so stellt doch eLectoring eine « Ausweitung des Hörsaals » dar, die besonders bei Einführungsvorlesungen, in denen sich nicht jedes Semester etwas ändert (z.B. Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten) zumindest den infrastrukturellen Druck mildern kann, und mittelfristig durch die Wiederverwertbarkeit des einmal produzierten Lehrmaterials auf mehrere Semester hinaus, mehr Zeit für das Lehrpersonal lässt, um auf die Bedürfnisse und Fragen der StudentInnen via Onlinekommunikation einzugehen.

Pioniercharakter: Obgleich PodLearning ein umfangreiches System an Redaktion, Technik und didaktischer Aufbereitung erfordert, so ist es vom Wesen her der Vorlesung eng verwandt. Damit wird PodLearning zum idealen Werkzeug der Pionierphase des E-Learnings, da:

erprobter didaktischer Ansatz der Vorlesung •

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geklärte organisatorische Einbindung in den Rahmen der universitären Lehre •

geringere emotionale Barrieren bei Lehrenden und Lernenden •

rasch herstellbare, herausragende Ergebnisse (und damit schnell erzielte positive •Impulse im Changeprozess)

Bibliografie

Engelkamp, J. (1991): Bild und Ton aus der Sicht der kognitiven Psychologie. Zeitschrift für Individual- und Massenkommunikation, 4, 278-299.

Flechsig, K. H. (1996). Kleines Handbuch didaktischer Modelle. Eichenzell: Neuland – Verlag für lebendiges Lernen.

Montali, J. & Lewandowski, L. (1996). Bimodal reading: Benefits of a talking computer for average and less skilled readers. Journal of Learning Dissabilities, 29, 271-279.

Penney, C. G. (1989). Modality effects in the structure of short-term verbal memory. Memory & Cognition, 17, 398-422.

Pyter, M. & Issing, L. J. (1996): Textrepräsentation in Hypertext. Empirische Analysevon visu-ellen versus audiovisuellen Sprachdarbietungen in Hypertext. Unterrichtswissenschaft, 24, 177-186.

Rayner, K. & Pollatsek, A. (1987): Eye movements in reading: A tutorial review. In: Coltheart, M. (Hrsg.), Attention and performance XII: The psychology of reading, London: Erlbaum.

Stiller, K. (2001): Navigation über Bilder und bimodale Textdarbietung beim computerbasierten Lernen. Zeitschrift für Medienpsychologie, 13 (N.F.1)(4).

Sundar, S.S., Kalayanaraman, S. & Jones, E. (2000), Modality effects on memory for multime-dia messages. Paper presented to the Sociology and Social Psychology Division at the 23rd General Assembly and Scientific Conference of the International Association for Media and Communication Research (IAMCR), Singapore.

Weidenmann, B. (1997b): Multicodierung und Multimodalität im Lernprozess. In: Issing, L. J. & Klimsa, P. (Hrsg.), Information und Lernen mit Multimedia, Weinheim: Psychologie Verlags Union.